Bohrleute – Vermischtes der Woche 40/2025

Ariane und ich wenden uns einer neuen Folge mit Vermischtem zu. Wir sprechen über den Extremismus der LINKEn, den Umgang mit der AfD, den Herbst der Reformen und die Sozialstaatsdebatte und einiges mehr.

Shownotes

Übersichtsartikel über Pflegegrad 1

Was ist der Pflegegrad 1, was umfasst er und was würde eine Streichung bedeuten?

Der Rotstift ist ein mieser Ratgeber

Die Pflegeversicherung in Deutschland steht vor einem Finanzloch von 3,5 Milliarden Euro. Als Lösung wird über die Abschaffung des Pflegegrads 1 diskutiert – einer Leistung für Menschen mit leichten Einschränkungen, die oft vor allem wegen der monatlichen Geldpauschale genutzt wird. Kritiker sehen darin aber nur eine kurzfristige Sparmaßnahme ohne langfristiges Konzept. Grundsätzlich fehlt es an einer vorausschauenden Reform des Pflegesystems, das durch den demografischen Wandel stark unter Druck steht. Es braucht klare Prioritäten, nachhaltige Finanzierung und echte Strukturreformen statt einzelner Kürzungen.

Die Krisen tun noch lange nicht weh genug

Nikolaus Blome zeichnet ein düsteres Bild der aktuellen Lage in Deutschland: Wirtschaftlich geht es abwärts – Stellenabbau bei Großunternehmen, über drei Millionen Arbeitslose – und sicherheitspolitisch wächst die Bedrohung durch Russland. Gleichzeitig fehlt es in der Bevölkerung an Reaktionsbereitschaft: Viele wollen Teilzeit statt Vollzeit arbeiten, junge Menschen lehnen die Wehrpflicht ab, obwohl internationale Spannungen zunehmen. Blome kritisiert eine Wohlstandsverwahrlosung und fehlendes Pflichtbewusstsein. Er warnt: Ohne mehr Eigenverantwortung und Einsatz – in Arbeit wie Verteidigung – droht Deutschland wirtschaftlich und sicherheitspolitisch den Anschluss zu verlieren. Es sei Zeit, die Realität wieder ernst zu nehmen.

Grenzfälle in Serie

In der Linkspartei kam es wiederholt zu antisemitischen Vorfällen – etwa durch Hamas-nahe Auftritte, israelfeindliche Posts und fragwürdige Slogans. Zwar verweist die Parteiführung auf den Hallenser Beschluss (2024), der Hamas-Terror wie auch israelisches Vorgehen kritisiert, doch intern fehlt es an klarer Abgrenzung und konsequenter Umsetzung. Teile der Basis verharmlosen antisemitische Narrative oder vermischen Kritik an Israels Politik mit pauschaler Ablehnung des Existenzrechts. Die Partei muss klar zwischen legitimer Kritik und Antisemitismus unterscheiden – und ihre antifaschistischen Grundsätze auch nach innen durchsetzen.

Auftakt Kabinettsklausur Schwarz-Rot 

Bei der ersten Kabinettsklausur der schwarz-roten Bundesregierung stand offiziell die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und der Abbau von Bürokratie im Mittelpunkt, tatsächlich habe die Runde jedoch stark über die schlechte Stimmung im Land diskutiert. Laut Teilnehmern sei Vizekanzler Klingbeil zitiert worden, der „die Laune“ als Hauptgegner bezeichnet habe und vor einer „negativistischen Haltung“ warnte, die von der AfD politisch instrumentalisiert werde. Verteidigungsminister Pistorius habe gefordert, Visionen statt bloßer Verordnungen zu präsentieren, und es sei über eine mögliche „neue Ruck-Rede“ des Kanzlers gesprochen worden. Kanzler Merz betonte, die „überfällige Modernisierung des Staates“ müsse nun schnell vorangetrieben werden. Konkrete Beschlüsse seien jedoch erst für den zweiten Tag angekündigt, unter anderem eine Agenda mit rund 80 Einzelmaßnahmen, die Bürokratiekosten um ein Viertel senken solle. Geplant sei etwa ein einheitliches Online-Portal für die Kfz-Zulassung sowie ein digitales Meldesystem für Bürokratieabbau. Überschattet wurde das Treffen von zwei Vorfällen: Verkehrsminister Schnieder erlitt einen Kreislaufzusammenbruch, Kulturstaatsminister Weimer musste wegen eines Trauerfalls abreisen. Insgesamt sei die Klausur nach fünf Monaten Koalition eher als Positionsbestimmung denn als Aufbruch verstanden worden. (Benjamin Großkopff, tagesschau)

Transkript

00:00.67 Stefan Sasse

Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von den Bohrleuten. Ich bin wie immer euer Host für eine neue Folge Vermischtes und habe mit mir meine treue Co-Pilotin, die Trash-Kolumnistin der Herzen. Hallo Ariane.

00:12.05 Ariane

Hallo Stefan, hallo liebe HörerInnen.

00:15.50 Stefan Sasse

Sogar korrekt gegendert, ich bin beeindruckt.

00:17.57 Ariane

Aber hallo. Ja, ich wollte mich ja revanchieren. Letztes Mal hast du ja random Schlagworte reingeschmissen und ich sollte da ganz spontan meine Meinung zu sagen. Jetzt habe ich mal fünf Schlagworte für dich und bin gespannt, was du sagst.

00:34.96 Stefan Sasse

Okay. Ja, oben.

00:35.84 Ariane

Ich starte mit Gaza-Friedensplan. Hat der Krieg jetzt ein Ende?

00:40.90 Stefan Sasse

Selbstverständlich. Jetzt Frieden, Wohlgefallen, Land des Milch und Honig. Ich habe keine Fähigkeiten, das abzuschätzen, aber ich bleibe skeptisch.

00:51.75 Ariane

Diese Woche ist der 3. Oktober noch. Ist Deutschland wieder vereint?

00:57.11 Stefan Sasse

Geht das jetzt in diese tolle Ost-West-Debatte wieder? Da ist letztens wieder so ein Buch rausgekommen. Ja und nein. Also ich würde sagen, ja, wir sind vereint, aber Osten und Westen sind schon definitiv unterschiedlich.

01:09.20 Ariane

Wir haben das Kurs angesprochen im Vorgespräch. KI wird jetzt alles anders.

01:14.53 Stefan Sasse

Nein.

01:14.72 Ariane

Im positiven wie im negativen.

01:17.27 Stefan Sasse

Ganz schlicht nein.

01:18.21 Ariane

Ach so, das ist ja langweilig. Die USA, werden sie eine Militärregierung?

01:25.07 Stefan Sasse

Nein.

01:27.44 Ariane

Letzter Punkt. Du machst das so kurz. Ich habe mir Mühe gegeben, ich habe Minimum zwei Sätze gesagt.

01:30.72 Stefan Sasse

Okay, Entschuldigung, nein, die werden keine Militärregierung. Wenn, dann werden sie weiter in den autokratischen Bereich rutschen. Aber ich sehe nicht, dass Militär die Macht übernehmen oder jemanden wie Trump oder Vance mit dem Militär als vordringlichster Sache regieren. Also das wird keine Militärdiktatur. Wenn, dann eher sowas nach Orban-Putin-Style oder so. Aber die würde ich auch nicht als Militärdiktatur qualifizieren. Ich sehe in den USA keinen General, die Macht übernehmen. Das ist mein Punkt.

01:56.81 Ariane

Okay, letzter Punkt. Drohnenalarm. Russland schickt wahrscheinlich, also wahrscheinlich Russland, genau weiß man es ja nicht, Drohnen ohne Ende Kopenhagen. Heute war großer Drohnenalarm überall in Schleswig-Holstein. Hast du dazu eine Meinung? Muss da mehr passieren dagegen? Bringt das überhaupt was? Ich habe mit vielen darüber geredet, weil in den 80ern im Kalten Krieg hieß es, Satelliten können eine Malbrowschachtel am Boden erkennen.

02:23.53 Stefan Sasse

Okay. Also du meinst, ob Drohnen quasi nützlich sind in dem Sinne?

02:26.90 Ariane

Genau, lohnt das. Okay, ich bin durch. Was hast du heute vor?

02:29.21 Stefan Sasse

Ja, mit Sicherheit. Also ja, definitiv. Muss man was dagegen tun? Zu deiner Frage definitiv auch. Also unsere Fähigkeiten zur Drohnenabwehr sind woefully inadequate, wie das so schön heißt. Bedingt abwehrbereit ist Deutschland quasi, um mal auf diesen berühmten Spiegelzettel von 63 anzuspielen, ja. Ich bin mir erinnert. Ja, wir haben heute, wie so häufig, eine Packung für Mischtes, in der wir diverse Themen zusammengetragen haben, über die wir kurz sprechen wollen. Und ich würde gerne beginnen mit einer Debatte, die tatsächlich weniger gerade die Republik beschäftigt, als dass sie bei uns auf dem Blog in den Kommentaren einige Aufmerksamkeit bekommen hat. Und zwar ist es diese Frage, ist die Linke extremistisch, Teil A sozusagen, und B, ist sie gleichwertig radikal slash extremistisch mit der AfD? Und ich bin ja da der Meinung, nein, im Endeffekt zu beidem. Ich würde die Linke als radikal bezeichnen. Also linksradikal bin ich sofort dabei. Linksextremistisch scheinen die mir nicht zu sein. Und ich sehe auch ehrlich gesagt in dem Programm und in den Äußerungen der entsprechenden Parteifunktionäre und Funktionärinnen jetzt keine Sachen, die mich dazu bringen würden, zu sagen, da muss doch Verfassungsschutz her und ein Verbotsverfahren. Über ein solches ist ja bei der Linken auch überhaupt keine Diskussion, also nicht mal im Ansatz. Deswegen würde ich da in meinen Augen sagen, da muss man einen Unterschied machen. Also wenn jemand linksextrem ist, das wäre die MLPD zum Beispiel, so von wegen kommunistische Weltrevolution und Kram. Weil wenn ich die Linke als linksextrem bezeichne, dann habe ich keinerlei Eskalationsspielraum mehr und da ist halt schon noch echt viel Platz nach links. Und Wörter haben halt einfach eine Bedeutung. Und deswegen radikal von mir aus Aber extremistisch mit Sicherheit nicht. Wie siehst du das? Aber 100 pro.

04:24.61 Ariane

Ja, würde ich auf jeden Fall zustimmen. Also radikal würde ich auch sagen, extremistisch. Nicht als Partei. Also ich würde durchaus, es gibt da bestimmt einzelne Mitglieder, die extremistische Tendenzen haben. Das ist aber was anderes, als wenn die Partei da ist. Eigentlich finde ich sogar, also sie wurde ja auch vom Verfassungsschutz beobachtet. Also ich finde, sie hat sich da in den letzten Jahren sogar deutlich gemäßigt. Und ich glaube, sie hat auch tatsächlich jetzt ein bisschen dazugewonnen. Das muss man vielleicht langfristig abwarten, dass durch das BSW viele extreme Ränder abgewandert sind, die Freaks, die schwierigen Menschen. Also ich glaube, genau, ja, du sagst es, die Clowns und Freaks sind abgehauen.

05:08.52 Stefan Sasse

Der Spinnerflügel ist weg.

05:14.74 Ariane

Und ich glaube, ich würde zwei Sachen noch nennen, die ich Bisschen positiv, wie ich glaube. Gerade die Parteispitze versucht da sich schon noch mehr zu mäßigen. 05:25.100 Ariane Also sie versuchen dieses, was auch bei uns immer das größte Hauptthema war in der Kritik, Diese Russlandnähe und diese extremen Pazifisten und so, da sind sie ziemlich von weg. Das versuchen die ziemlich klein zu halten. Sie sind auch, versuchen, was wir auch schon oft angesprochen haben, antisemitische Tendenzen in ihrer Partei, versuchen sie da ein bisschen einzudämmen. Die gibt es trotzdem noch. Aber ich glaube, es ist halt wichtig, ob die Partei dahinter steht oder ob sie dagegen vorgeht. Also die Linke hat zum Beispiel, ich hatte da auch eine Sache in den Shownotes, die haben ganz klar einen Beschluss gefasst. Sie haben zum Beispiel auch wegen dieser antisemitischen Tendenzen, haben sie zum Beispiel, glaube ich, darauf verzichtet, an der Palästina-Demonstration in Berlin teilzunehmen, sondern haben eine Ersatzveranstaltung zusammen mit jüdischen Einrichtungen geplant. Ich weiß gar nicht, ob die schon stattgefunden hat. Das würde ich zumindest positiv sehen. Wie gesagt, es gibt da bestimmt einzelne Extremisten und Antisemiten und weitere problematische Leute, aber nicht in der Partei als Ganzes. Und wie gesagt, auch, dass sie, ich glaube, dass sie sich jetzt mehr auf die Innenpolitik fokussieren, das tut ihnen gut, dass die Spinner weg sind. Und das Zweite ist, dass ich schon das Gefühl habe, auch gerade in den letzten Jahren, dass sie auch wirklich an pragmatischer Regierungsarbeit betrachten.

06:49.96 Stefan Sasse

Vielen Dank.

06:50.68 Ariane

interessiert sind. Nicht so wie die AfD, die einfach alle Scheiße findet. Oder früher war die Linke auch so. Das war eine reine Protestpartei, die einfach nur Sachen verhindern wollte. Da habe ich das Gefühl, da haben sie wirklich die Sachen, wo sie mit der CDU jetzt zusammenarbeiten mussten, Die Richterwahl, ich glaube, als März durchgefallen ist bei der Kanzlerwahl, ich glaube, es gab noch diese Kommission jetzt wegen der Schuldenbremse. Das funktioniert total geräuschlos. Die CDU hat damit Probleme. Aber in der Linken habe ich überhaupt nichts davon gehört. Die Linke hat da überhaupt nicht, die hat keine, also hat sie vielleicht, aber keine großen Forderungen gestellt. Es gab keinen Aufstand. Die brauchen halt jemanden, der ihnen da die Mehrheit beschafft, damit sie mehr als am gleichen Tag noch zum Kanzler wählen können. Anscheinend redet irgendwer mal kurz, alle sagen, ja, fertig ist die Kiste. Also komplett geräuschlos und das sehe ich positiv.

07:38.74 Stefan Sasse

Ja, geht mir genauso. Ich habe auch dieses Gefühl, die wollen sich letzten Endes deutlich mehr integrieren als früher, weil eben ein Großteil der Akteure, die das machen, was du beschreibst, nämlich diese Fundamentalopposition, die gar nicht Verantwortung übernehmen wollen, die quasi davon leben, in dieser ständigen Antihaltung zu sein, die sind jetzt halt im Bündnis Sarah Wagenknecht. Also mit denen kannst du keinen Staat machen, das ist überhaupt keine Frage. Ich halte die Linke weiterhin auch für problematisch. Da sind einfach nur manche Positionen drin.

08:07.74 Ariane

Vielen Dank.

08:07.87 Stefan Sasse

Und die haben immer wieder diese Ausschläge und neigen da dazu, dann quasi ein bisschen zu sehr auf die alte Trommel zu hauen. Aber insgesamt scheint mir da tatsächlich dieser Moderationsprozess stattzufinden und zumindest der Wille, da zu weitgehend da zu sein. Das klappt nicht immer hundertprozentig. Aber ich denke auch, da muss man den sprechenden Punkt machen. Und auch, was du gesagt hast, Einzelne in der Partei, sind definitiv immer noch Problemfälle. Die schlagen teilweise bis ins linksextreme Spektrum aus. Aber in der CDU sind auch Leute, die hin und wieder in den rechtsradikalen Bereich kommen, ohne dass das die CDU rechtsradikal machen würde. Das sind halt vereinzelte Leute. Und eine Äußerung, die quasi in diese Richtung geht, ist halt häufig auch mehr so ein Abdecken des Randes quasi, dass du dein Team beieinander hältst letzten Endes. Das heißt ja dann bei diesem Deutschland ist Gilamos und ähnlichen Bullshit, was da immer wieder abläuft, das kennt man ja auch aus anderen Parteien. Und auch die FDP spricht, wenn sie zu ihrer Basis spricht, deutlich radikaler, als sie es tut, wenn sie die Wählendenschaft generell oder eben im Bundestag arbeitend redet. Deswegen denke ich, ist da tatsächlich ein Moderationsprozess zu beobachten.

09:21.68 Ariane

Ja, sehe ich auch so. Keiner muss sie ja geil finden. Es gibt auch genug, was ich zu kritisieren habe, aber ich sehe in ihnen eigentlich keine Gefährlichkeit für die Demokratie.

09:32.48 Stefan Sasse

Das bringt uns zu der anderen Stichpunkt, Gefährlichkeit für die Demokratie. Das wäre das zweite Thema, was ich mir auf den Zettel geschrieben habe, das Umgang mit der AfD. Und ich muss ehrlich sagen, an und für sich, ich kann das Thema nicht mehr hören. Weil egal, was passiert, ich lese jeden Tag Minimum einen Artikel, egal ob Spiegel, Zeit, Welt, whatever. Es ist immer so XYZ hilft nur der AfD. Diese Strategie funktioniert nicht, macht stattdessen meine Strategie. Und letzten Endes, ich muss sagen, ich habe es einfach über. Mein Grundgefühl aktuell ist, man sollte die Bande einfach ignorieren, was sie als Phänomen angeht und sich mit dem auseinandersetzen, was die wollen und was sie müssen tatsächlich. Also weniger, auch tatsächlich weniger von diesen Warnungen, dass die der Untergang der Demokratie sind und ähnliches. Entweder hast du diese Botschaft mittlerweile vernommen und glaubst sie oder du glaubst sie eh nicht. Aber sie noch zigtausendfach zu wiederholen, taugt an der Stelle nichts mehr. Da schreist du eigentlich nur noch in den Wind. Und offensichtlich überzeugt es, Minimum 25 Prozent in Deutschland nicht. Und das ist ein Problem. Aber das wird halt nicht besser, wenn man es ständig wiederholt. Und diese ständige Fokussierung sozusagen, was macht XYZ mit der AfD, das ist halt Quatsch. Macht das Zeug, aber fragt nicht ständig, was es mit der AfD tut. Ich frage ja auch nicht bei jeder politischen Maßnahme, hilft das der FDP? Who gives a shit? Wir fragen auch nicht bei jeder Sozialstaatsreform, was macht das jetzt mit den Umfragewerten der SPD? Die haben da so eine Sonderstellung und diese Sonderstellung muss weg. Das wäre mein wichtigster Ratschlag gerade für den Umgang mit der AfD. Behandelt die tatsächlich wie eine normale Partei? Aber das tut ja auch keiner. Auch die, die sagen, wir müssen sie als normale Partei behandeln, tun das ja nicht. Die geben dir ja auch immer noch eine Sonderstellung die ganze Zeit.

11:19.72 Ariane

Genau, das ist auch ein bisschen dieses, was nützt der AfD? Selbst die, die das mitmachen wollen, das ist ja genau das Gleiche. Und ich finde auch, es ist immer ein bisschen, sowohl die, die für die Zusammenarbeit sind, als auch die, die komplett dagegen ist, das ist ein bisschen wie so ein Kaninchen, das auf eine Schlange starrt. Was macht das mit der AfD? Hilft das denen, wenn wir dieses Programm auflegen, ist das gut oder schlecht für die Umfragewerte der AfD? Ich fand es auch bei der NRW-Kommunalwahl ganz extrem. wir haben da ja letztes Mal, wo wir zusammen gepodcastet haben, auch drüber gesprochen, weil erst so, oh, die AfD ist total hoch, die waren einfach im Bundesschnitt. Es war eigentlich komplett langweilig, denn, oh, große Erleichterung, die Stichwahlen haben sie alle verloren. Ja, Mensch, das hätte ich euch wahrscheinlich vorher sagen können, das war jetzt eigentlich nicht die krasse Überraschung, aber es war, ich habe echt gesagt, ich sehe da keine News drin. Das war, wie gesagt, komplett im Bundesdurchschnitt, aber alle, boah, das muss aber dringend erwähnt werden und Da passiert einfach gar nichts. Und wie du auch sagst, ich bin dafür, dass es lehnt einfach. Wenn du überall raufguckst, was macht die AfD? Hat die heute ein Prozent mehr als die CDU oder doch ein Prozent weniger? Das ist scheißegal. Klar ist das symbolisch wichtig, aber ob sie nun mitten, es gibt gerade keine Wahl, ein Prozent mehr oder ein Prozent weniger haben, jedes Mal kommt noch dieses Mensch, März wollte die vor 100 Jahren mal halbieren. Das hat jetzt irgendwie nicht geklappt. Selbst das ist schon total ausgelutscht. Ich finde das Leben. Wie gesagt, man soll seinen eigenen Kram machen. Man kann ja mit der AfD ganz normal umgehen. Vielleicht auch nicht. Aber ich glaube, man darf sich von denen nicht so dominieren lassen. Und das Zweite, was mich ein bisschen ärgert, ist, also A, diese ganzen Rezepte. Wenn man macht, was man will, dann ist die Lösung schon zum Greifen nah. Dann ist sie morgen halbiert und jeder hat andere Pläne. Und das bringt es, glaube ich, auch nicht. Ich glaube, man muss da seinen eigenen Kram machen und sich da nicht so dominieren von lassen. Und das Zweite ist, was mich manchmal ein bisschen ärgert, was ich persönlich, wie gesagt, jeder, der das erzählt, hat recht, finde, Die AfD setzt halt extrem auf Emotionalität. 13:39.100 Ariane Und das ist, glaube ich, etwas, wenn man da nur, das ist halt ein bisschen auch ein Dilemma. 13:43.100 Ariane Ich glaube, man muss auf dem Feld spielen, auf dem auch die AfD ist. Wenn man da versucht, ganz nüchtern mit irgendwelchen Fakten zu kommen, das verpufft total. Dann muss man eben auch auf diese emotionale Weise reagieren oder es ignorieren. Aber ich glaube, mit so einem, ich hasse ja zum Beispiel, das erinnert mich immer an diese Faktenchecks. Die machen alles eher schlimmer, als dass es irgendwie weiterhilft. Und das ist falsch. Wenn man das machen will, muss man auf das Feld gehen, das die AfD beackert. Und das ist das Emotionale. Und wenn man seine pragmatische Politik machen will, dann muss man dabei bleiben. Aber man darf es nicht vermischen.

14:22.30 Stefan Sasse

Ja, bin ich völlig bei dir. Ich meine, zu diesen Scheiß-Fakten-Checks, da könnte ich quasi eine ganze Episode dazu machen, so sehr nerven mich die Dinger. Aber ich würde auch sagen, zu deinem normalen Umgang, wir gehen ja auch mit der Linken nicht um wie mit jeder anderen Partei, aber wir gehen auch mit ihr nicht so um wie mit der AfD.

14:36.08 Ariane

Okay.

14:38.24 Stefan Sasse

Also da gibt es offensichtlich ein größeres Feld, innerhalb dessen man da argumentieren und operieren kann. Das wäre quasi der Punkt. Und was du ansprichst mit der Emotionalität, Das haben wir auch im Blog letzten schon wieder Thema gehabt im Vermischten. Ich finde, das ist ein Riesenproblem, dass diese Konzentration auf Verwaltungsabläufe, auf rechtlichen Kram und so weiter, das ist halt komplett emotionslos. Und wir haben immer diese Techniker der Macht da oben laufen. Aber die erzählen keine Story. Also die machen irgendwelche Dinge, die haben da ihr Sondervermögen und dann investieren sie irgendwo Kohle. Und ich habe das ja im Blog auch geschrieben, was wir brauchen, ist ein riesiges Schild. Überall, wo irgendwelches Geld reingeht, tauert bei Sondervermögen oder sowas. Weil du musst ja quasi den Leuten zeigen, dass du irgendwas tust. Da muss ja irgendwas damit verbunden werden.

15:26.57 Ariane

Vielen Dank.

15:28.54 Stefan Sasse

Das heißt, wenn dann das örtliche Schwimmbad mit irgendwelchen Sonderfondsgeldern renoviert wird oder sowas, dann musst du es den Leuten auch sagen. Tu Gutes und rede darüber, heißt es ja immer so schön. und musst sagen, was willst du eigentlich machen? Hier, wir tun positive Dinge sozusagen. Wir machen was, wir wollen auch irgendwas erreichen. Aber stattdessen hört man immer nur dieses ganze Negativgelaber. Der Standort Deutschland ist gefährdet und wir werden alle den Gürtel enger schnallen müssen und wir müssen uns gegen Putin verteidigen und hast du nicht gesehen.

15:58.40 Ariane

Vielen Dank.

16:01.11 Stefan Sasse

Alles ist immer Abwehr, Abwehr, Abwehr, alles wird scheiße, aber mit uns wird vielleicht ein kleines bisschen weniger scheiße als mit den anderen. Nee, nee, das begeistert mich. Also ich will mal wieder gerne eine Wahlentscheidung für etwas treffen, anstatt eine Wahlentscheidung gegen irgendwas. Aber die lassen mich ständig gegen was wählen. Die CDU wählst du, damit die Grünen nicht rankommen. Die Grünen wähle ich, damit die AfD nicht rankommt. Die SPD wähle ich, damit Hartz IV nur 20 Euro gekürzt wird statt 60 und so weiter. Aber ich wähle niemanden für was und das nervt.

16:36.48 Ariane

Ja, absolut. Ich hatte in den Shownotes, das war der Auftakt für diesen Koalitionsgipfel, den sie jetzt haben. Und ich habe nur einen Satz darunter geschrieben, weil die Hauptdiagnose beim Auftakt war, der Hauptgegner ist die schlechte Laune. Und da hieß es eigentlich, die AfD ist schuld, aber wo ich nämlich auch an deinen Block im Vermischten denken musste, weil die Botschaft ist einfach, es ist beschissen, es wird alles noch beschissener, bitte beschwert euch nicht darüber, sonst wird es noch mehr beschissener. Also das ist echt auch ein Grund, wo ich manchmal zu Politikverdrossenheit neige, weil mich das einfach dermaßen ankost, dass da überhaupt, sonst ist da keine Botschaft mehr, außer Gürtel-Eingangaschnallen, beschwert euch nicht. Übrigens, morgen sind wir aus verschiedenen Gründen tot oder erst arbeitslos. Also genau weiß man es nicht, aber das steht uns bevor. Und das kannst du einfach nicht machen. Also wie gesagt, das ist einfach von der Botschaft her echt grausam. Also das finde ich, das ist ja total frustrierend und es gibt da auch irgendwie keinen Ausweg. Also wie gesagt, es gibt da nicht Powered by Schuldenbremse, Reform, nee, Sondervermögen, so rum. Sondern wenn, dann kommt, was du auch sagst, hier technokratisch 300 Seiten, wo die Bild drei Sachen rausfischt, die sie scheiße findet, worüber die anderen in der Koalition, das ist ja ein Problem, das ist ja die Regierung. Wenn die Opposition das macht, okay, ist irgendwie deren Aufgabe. Dürfen das nicht zu schön färben. Aber gerade die Regierung braucht ja irgendwie was, woran man sich festhalten kann, was positiv sein soll. Was schwer genug ist, weil Merz hat das Problem, dass er auch schon in der Opposition gesagt hat, jetzt ist der Untergang da und nun sitzen sie da und beklagen die schlechte Stimmung im Land. Während sie verkünden, was sie alles streichen wollen. Also das ist ein bisschen traurig.

18:38.78 Stefan Sasse

Ich habe da eine total tolle Überleitung, aber bevor wir die machen, möchte ich noch auf einen Punkt von dir eingehen, weil du gerade sagtest, die schlechte Laune sei die Schuld der AfD. Nein, definitiv nicht. Die AfD ist die einzige gute Laune-Partei zusammen mit der Linken.

18:51.20 Ariane

Ja, genau.

18:52.44 Stefan Sasse

Wenn du die AfD wählst, da wird alles geil. Da sind keine Ausländer mehr da, alle essen nur noch Wurst. Du kannst dein blondes Kind wieder sicher über deutsche Straßen laufen lassen, über saubere Alleen. du musst nicht gendern, du bist auf gar keinen Fall mit irgendwelchen Gedanken konfrontiert, die für dich ein Problem sein könnten. In der Schule musst du dir nichts mehr über den Holocaust anhören. Wenn man da drauf steht, ist das eine total positive Erzählung. Die sagen mir,

19:19.43 Ariane

Bei der Linken andersrum genauso.

19:21.35 Stefan Sasse

Genau, bei der Linken, da kriege ich Mietkontrollen, da kriege ich billige Wohnungen, da kriege ich Arbeitsplätze für alle, wir schröpfen die Reichen, wir können auch nur Steuern senken und Sozialleistungen für alle gibt es auch noch einen Top. Und das Klima retten wir nebenbei auch, weil, ich weiß nicht warum, aber auf jeden Fall passiert es quasi automatisch und Weltfrieden, nicht zu vergessen. Also auch hier, da kriege ich positive Sachen und das sehe ich bei den anderen überhaupt nicht. Was die mir an… Ja, sorry.

19:44.56 Ariane

Und ich würde sagen, halt auch noch ein Change. Da ist noch Aktion drin.

19:49.70 Stefan Sasse

Ja.

19:50.98 Ariane

Das andere ist, es bleibt übrigens beschissen, aber vielleicht sterben wir nur zehn Jahre später mit oder ohne Arbeitslosigkeit vorher. Also da ist ja auch nicht, wir tun jetzt was, damit gute Dinge passieren.

20:02.61 Stefan Sasse

Total.

20:03.49 Ariane

Aber die anderen tun jedenfalls was.

20:05.97 Stefan Sasse

Und jetzt kann ich mal eine coole Überleitung bringen, weil das ist das Thema, das du uns in die Shownotes geschrieben hast. Der Herbst der Reformen, er ist da. Wir spüren ihn überall um uns herum. Er wurde uns angekündigt in schwarz-roter Einigkeit sozusagen. Und da hast du ja auch schon so ein paar Sachen zusammengeschrieben in den Shownotes, worüber da gerade diskutiert wird. Und das läuft ja hauptsächlich die Reformen, wie immer, wenn von Reformen die Rede ist, da geht es eigentlich nur um Streichungen. Ich finde, es ist auch so eine Perversion des Wortes, weil bei einer Reform würde man eigentlich erwarten, dass irgendwas grundlegend verändert wird, aber einfach nur Leuten Geld wegnehmen, das finde ich jetzt weniger reformmäßig. Also wenn ich sage, hey, mein Sohn, wir reformieren jetzt mal ganz massiv unser Verhältnis, ich kürze dein Taschengeld um 10 Euro, wird der mich, glaube ich, auch ein bisschen angucken.

20:49.10 Ariane

Vielen Dank.

20:52.02 Stefan Sasse

Ja. Und aktuell haben sie ja jetzt ganz lange auf die Bürgergeldempfangenden eingeschlagen. Das ist ja quasi der Klassiker. Die Arbeitslosen kriegen viel zu viel. Frau Lebande und so weiter. Und auf der anderen Seite, das habe ich nicht kommen sehen, ehrlich gesagt, fangen sie jetzt an mit der Pflegeversicherung und wollen da dran rumspielen. Und ich glaube, da hast du ein bisschen mehr Infos dir herangeholt in deiner exzessiven Vorbereitungsarbeit für die Episode. Weil es wird ja darüber gesprochen, diesen Pflegegrad inszustreichen. Und ich frage da jetzt mal ganz naiv, was zur Hölle ist das und was bedeutet das eigentlich?

21:27.19 Ariane

Genau. Also ich bin da auch keine Expertin. Ich habe mich da ein bisschen eingelesen. Also erstmal muss man wissen, die gibt es noch gar nicht so lange. Der wurde 2017 erst eingeführt. Also auch ein Grund übrigens, vielleicht mal etwas Konstanz in diese Regierungsarbeit zu bringen. Und der wurde extra eingeführt für Leute mit psychischen Einschränkungen, hauptsächlich Demenzkranke oder beginnendes Alzheimer oder leichte körperliche Einschränkungen. So ein bisschen als Präventivmaßnahme. Da wurde der Notfallknopf im Haus installiert. Es gibt, ich glaube, 130 Euro im Monat kann man bekommen für Putzhilfen und ähnliche Sachen, dass das Haus ein bisschen umgebaut wurde. Und man höre und staune, das war auch die Absicht, das hat den Kreis der Empfangsberechtigten vergrößert. Das war übrigens auch der Sinn der Sache. Und… Also grundsätzlich, vielleicht ist das ja vielleicht nötig, den zu streichen. Vielleicht macht das Sinn, weil jetzt wird ja auch gesagt, ach, vielleicht ist das für viele nur ein Mitnahmeeffekt, weil den Leuten geht es noch nicht schlecht genug. Ja, weiß ich nicht genau. Das Problem ist, weswegen ich mir das auch so rausgezogen hatte, wie du auch sagst, es ist keine Reform, es wird einfach sinnlos gestrichen. Es ist nämlich so, die haben eine akute Lücke von zwei Milliarden. Und wenn dann den Pflegegrad streicht, dann hat man diese Summe. Das sind schon 1,8 Milliarden. Und genau so wirkt das auch. Das ist so, als wenn ich Sparpläne zusammen mache und meine Ausgaben kontrolliere und denke, Mensch, die Miete ist aber der höchste Posten, den streiche ich mal weg. Und genau so wirkt das hier. Also das ist ja keine Reform, es ist auch nicht durchdacht beim Bürgergeld. Jedes Mal die Diskussion mit den Wohnkosten. Oh, die sind ja gestiegen in letzter Zeit, das ist ganz schön teuer. Äh, Das liegt ja nicht daran, dass die Bürgergeldleute fauler geworden sind. Das ist ja einfach eine Folge der erhöhten Wohnkosten.

23:20.30 Stefan Sasse

willst du mir jetzt ernsthaft sagen, dass die auch die Preise bezahlen, die ich bezahle?

23:24.87 Ariane

Ja, nee. Du zahlst ja keine Miete, du hast ja ein eigenes Haus. Das ist natürlich der beste Sparplan. Bitte hör auf zu mieten, sondern kauf dir was. Aber da gab es auch gerade eine Studie drüber. Also es gibt schon einen enorm hohen Prozentsatz, wo vom eigentlichen Regelsatz was abgezweigt wird, um deine Miete zu zahlen. Und wie gesagt, jetzt wird ja gesagt, die Wohnkosten sind so hoch. Aber das hat leider andere Ursachen. Also es wirkt total erratisch irgendwie. Es wird einfach nur irgendwas gestrichen. Ach ja, das Dritte war, die Krankenkassenbeiträge sind ja so teuer. Lass mal die Zahnbehandlung einstellen. Und Kieferorthopädie braucht man ja nicht. Ja, wenn man keine Ahnung, andere Sachen einstellt, kann man auch einsparen. Also das ist ja auch leichter Sparen. Wie gesagt, man nimmt sich irgendwelche Posten und sagt, braucht man bestimmt gar nicht. Aber ich wollte gerade sagen, man spart immer gerne da, wo man nicht betroffen ist, wo nachher bitte, keine Ahnung, Skiunfälle scheißteuer, das mal streichen.

24:16.53 Stefan Sasse

Das sagen halt immer die Leute mit der privaten Zahnzusatzversicherung. Soll ich mal ein richtiges Triggerwort verwenden?

24:29.51 Ariane

Die sollen das schön selber machen, können sich nur reiche Leute da irgendwo in den Schnee fahren. Und einen Berg braucht man auch noch, das mache ich zum Beispiel nie. Das finde ich super zum Einsparen. Aber insgesamt ist das schon traurig. Ja.

24:45.32 Stefan Sasse

Streichung der Pendlerpauschale. Dienstwagenprivileg. Dienstwagenprivileg.

24:47.81 Ariane

Ja. Genau. Nie, obwohl ich pendle, ja. Oh ja, stimmt. Dienstwagenprivileg. Ne, die Bonzen, das brauchen die nicht. Wer hat dann schon einen Dienstwagen? Was übrigens gestrichen wurde, wo ich auch dachte, das ist so… Das Zweite, was ich mir dazu aufgeschrieben hatte, weil das Einzige, was im Moment durchkommt, sind Leute für rüstige Rentner mit Geld. Denn das Einzige, was bisher durchgekommen ist, ist die Mütterrente. Und was jetzt gerade durchkommt, ist die Aktivrente. Was gestrichen wurde, ist dieses Strompreis-Klimbim. Eigentlich sollten ja für alle die Strompreise günstiger werden, aber leider haben wir kein Geld dafür. Und das Zweite, was eigentlich angedacht war, war die Steuerfreiheit für Überstundenzuschläge. Was mir persönlich scheißegal ist, ich kenne leider keinen einzigen Menschen, der Geld für Überstunden kriegt. Ich kenne nur Leute wie mich, die die einfach mit sich herumschleppen und hoffen, dass sie die irgendwann abbummeln können.

25:44.45 Stefan Sasse

Ja, das ist beinahe so, als würde das nach der politischen Macht der jeweiligen Interessengruppen gehen.

25:51.39 Ariane

Ja, es ist krasses Lobbying, muss ich echt sagen. Und das sehe ich hier halt auch. Es ist eine enorme Schieflage. Ja.

26:01.77 Stefan Sasse

Was mich viel mehr annäzt, ich weiß ja nicht, wie es dir geht, aber ich habe da einfach so dieses täglich grüßt das Murmeltier-Ding, weil wir sind durch die gleichen Scheißdebatten mit den gleichen Scheißargumenten in den 2000er Jahren durchgegangen, ja. Dieses Sozialstaats-Ding, ich kann die Überschriften und die Artikel im Endeffekt eins zu eins kopieren, wenn ich da einen beliebigen Spiegelartikel oder sowas nehme von, ich sag mal so 2006, 2007 rum oder sowas. Das kannst du mir nicht erzählen, aus welchem Jahr der ist. Weil das ist immer das fucking selbe. Und es ist auch immer konjunkturell. Also immer wenn die Konjunktur schlecht läuft, fällt den Leuten auf, dass der Sozialstaat jetzt plötzlich mehr Geld kostet.

26:39.48 Ariane

Vielen Dank.

26:42.17 Stefan Sasse

Beinahe, als würde in einer schlechten Konjunktion mehr Leute auf den Sozialstaat angewiesen sein. Das ist verrückt, wie das manchmal zusammengeht. Und irgendwie vergessen die Leute diesen Zusammenhang dann immer. Ich verstehe es nicht. Genauso wie sie dann immer wieder, wenn es schlecht läuft, entdecken sie den demografischen Faktor wieder. Und dass wir immer älter werden. Ja, no shit. Das ist doch keine Neuheit. Aber diese Rumstreicherei, die ändert ja auch nichts. Es ist ja nur noch rechte Tasche, linke Tasche. weil das dauert nicht mehr lange, da kannst du an der staatlichen Rente im Endeffekt, da kannst du die auch auf null reduzieren, weil es keinen Unterschied macht, weil ihr alle nur noch die Basisrente kriegt.

27:14.53 Ariane

Okay.

27:15.96 Stefan Sasse

Ich meine, so weit ist es noch nicht. Aber letzten Endes fallen immer mehr Leute da entsprechend raus. Das heißt, da ist einfach ein hartes Limit. Und wir haben schon oft genug darüber gesprochen, dass die Bundesverfassungsgerichtsrechtsprechung auch extrem harte Limits setzt für diese ganzen Streichorgien, die die da immer wieder durchdenken und die dann an der Realität krachend zerschellen. Es ist auch komplett unseriös. Also von daher nervt mich das einfach nur. Und stattdessen echte Reformen in irgendeiner Art werden ja tatsächlich überhaupt nicht angegangen. Das ist echt faszinierend. Das letzte Mal, als wir das hatten in diesem Landwirt 2003, die Agenda 2010. Seither hat keiner mehr in irgendeiner Art und Weise grundlegende Änderungen irgendwo betrieben. Das ist alles immer nur so ein Rumschrauben an winzigen Stellschräubchen letzten Endes.

28:05.30 Ariane

Ja, also gerade auch mit dem konjunkturell, das ist ja das, was ich eben am Anfang auch bemängelt habe. Da ist überhaupt keine Konstanz drin. Der Pflegegrad 1 wurde 2010, hat man ja aus einem Grund eingeführt. Man hatte gerade Geld und wusste nicht, wohin damit, sondern es hatte ja seine Gründe. Wie gesagt, den gibt es noch keine zehn Jahre. Das Bürgergeld, ich weiß gar nicht, das ist auch vor fünf Jahren oder so, hat man das Grundlegend nochmal aufgrund zweier Verfassungsurteile komplett reformiert. Die Pläne, die es jetzt vorsehen, wie gesagt, ich frage gar nicht erst, ob das rechtlich funktionieren kann, aber theoretisch sehen die sehr viele Dinge vor, die zum ursprünglichen Zustand davor wieder zurückkehren. Also das ist ja dieses Hin und Her, das funktioniert ja genauso konjunkturell. Und es wirkt auch, finde ich, deswegen… Ja, wenn ich mich damit beschäftige, regt es mich auch. Aber es ist halt auch dieses, was ich auch sagte, da ist keine Aktion. Du weißt genau, man schleppt sich einfach die nächste Legislaturperiode hin und versucht, grundlegende Änderungen irgendwie zu umgehen. Soll sich jemand anderes mit beschäftigen. Und das finde ich, und das ist hier ja klar, weil jeder weiß doch, die Pflegekasse hat größere Probleme, als ob es den Pflegegrad 1 gibt oder nicht. Ja. Da weißt du genau, für einen Haushalt hilft das vielleicht, dass man sich da zurechtricksen kann und dann hast du im nächsten Jahr wieder das Problem und dann stehst du wieder vor derselben Problematik. Und keiner traut sich da an irgendwas ran und ein bisschen kann ich das verstehen, das ist auch nicht einfach, aber keiner traut sich daran, irgendwie was Grundlegendes zu machen. Mit echten Überlegungen, wie gesagt, man kann ja nicht einfach eine Liste mit Zahlen nehmen und sagen, ach guck mal, hier sind die zwei Milliarden, dann streichen wir hier mal was, dann haben wir die ein Jahr wieder. Und zwar auf beiden Seiten, sowohl die Ausgaben- als auch die Einnahmenseite. Das wäre ja nämlich auch eine Idee, weil wie gesagt, auch mit der Demografie, dass das vielleicht nicht auf Dauer geht, dieses Umlagesystem und man da entweder den Kreis vergrößern muss oder das in ein System umwandeln und so. Das wäre ja auch eine Überlegung. Aber ich weiß ja auch manchmal immer wieder, die SPD kommt ja dann immer mit ihrer Bürgerversicherung, die sie glaube ich schon seit 20 Jahren mal kurz hochhält und nie passiert was. Und wie gesagt, ich finde es ist halt deswegen auch frustrierend, weil es auch dieses, es wird beschissener, aber in langsamen Schritten. Es ist so ein allmählicher Niedergang sozusagen.

30:40.30 Stefan Sasse

Ja, was mich auch stört an der Debatte ist, dass immer so getan wird, als ob diese Sozialstaatsleistungen irgendein Luxus wären. Also gerade, ich meine, bei Arbeitslosenversicherungen und so, da hast du wenigstens noch dieses Bild von jemandem, der eigentlich arbeiten könnte und halt stattdessen faul ist. Okay, ich sehe den Punkt, ja. Aber spätestens, wenn es zum Pflege geht. Ich meine, niemand ist freiwillig Pflegefall. Ja, das ist ja nicht so, dass ich mir sage, so hey, ich hole mir jetzt mal so eine richtig ordentliche Ladung Alzheimer, damit ich im Pflegefall werde oder so.

31:09.54 Ariane

Vielen Dank.

31:10.83 Stefan Sasse

Und dann kriege ich die richtig dicken Kohlen. Vor allem, weil dieses Pflegegeld, das geht ja eh nur an die Angehörigen gegebenenfalls. Die Leute machen sich da auch teilweise überhaupt keine Vorstellung, was das eigentlich bedeutet, wenn man diese Sachen wirklich streicht. Weil das macht die Leute ja nicht weniger pflegebedürftig. Das klingt in der Debatte so, du streichst diesen Pflegegrad und dann sind diese Leute geheilt. Aber das ist ja nicht so. Das ist ja genauso, wenn du in der Krankenversicherung da irgendwelche Leistungen rausnimmst. Ich meine, manches davon ist sicher einigermaßen Luxus. Also ja klar, du brauchst keinen Tiefbeautokate zwingend. Die Leute könnten auch ohne Zahnspangen auskommen. Nur… die meisten dieser Sachen sind ja schon reale Krankheiten in dem Sinne. Und da kommst du dann ziemlich schnell in diese Argumentation, die man ja leider Gottes da auch häufiger mal hört. Und das ist halt quasi, wenn du jemand bist, der ist jetzt 86 oder sowas und braucht ein künstliches Hüftgelenk, dann hast du halt Pech. Weil du bist nicht wertvoll genug, in Anführungszeichen. Ja, wärst du mal 76, dann hättest du noch genug Lebenserwartung übrig, sozusagen. Solche Geschichten. Und das kann eigentlich in einer Gesellschaft und in einem System, wie wir es haben, gar nicht funktionieren. Also ich wüsste nicht, wie auch hier mal wieder das übliche deutsche Argument, die Rechtssicherheit, aber ich wüsste gar nicht, wie du das machen willst. Gleichbehandlungsgrundsatz und so weiter. Also du kannst nicht so eine Triage einbauen in den Sozialstaat.

32:30.24 Ariane

Vielen Dank.

32:31.16 Stefan Sasse

Das sind im Endeffekt reine Ressentiment-Debatten. Da werden diese Ressentiments jedes Mal geweckt. Dann werden Szenarien aufgebaut, wie viel Kohle man da sparen kann. Und dann hockt sich irgendjemand mal mit Sachkenntnis hin, stellt fest, da geht gar nicht so viel. und alles, was bleibt, ist das Ressentiment, das dann da hängen bleibt. Und letzten Endes, wenn du darauf gehofft hast, enttäuschte Erwartungen oder sowas. Aber ich sehe da einfach den Sinn nicht. Vor allem eben, weil das ja nicht das erste Mal ist. Wie du schon sagst, diese Bürgergeld-Debatte ist ja total albern. Da haben sie Hartz IV eingeführt, dann haben sie über ein Jahrzehnt oder sowas Hartz IV immer weiter zurückreformiert auf den Stand des alten Arbeitslosengeldes. dann haben sie die Sanktionen abgeschafft und das ganze Bürgergeld genannt und jetzt stellen sie fest, ja, dann kriegen das ja alle. Sehr komisch.

33:18.74 Ariane

Der Name soll ja auch wieder verschwinden.

33:21.09 Stefan Sasse

Genau, und dann kommen sie auf die radikale neue Idee, dass man die Leute ja sanktionieren und ihnen Arbeitspflichten geben könnte, was man gerade erst wegreformiert hat. Also es ist ja nicht so, als hätten wir keine Erfahrungen damit oder so, als wäre da irgendwas neu oder so. Das sind einfach immer dieselben Vorschläge, die sich da einfach nur im Kreis bewegen mit der jeweiligen wirtschaftlichen und Aufmerksamkeitskonjunkturspirale.

33:44.34 Ariane

Ja, also das Dritte, was da fehlt, ist ja auch, was auch so ähnlich ist, ist ja die Krankenversicherung auch teilweise. Das ist ja auch anscheinend, das wird ja auch so dargestellt, so vorurteilsbesessen, als hätten die Leute das größte Hobby ist, bei irgendwelchen Ärzten drum zu sitzen und sich dann noch krank zu melden. Nicht das auch noch in ihrer Freizeit zu tun. Und jetzt haben wir, wie damals mit diesen 10 Euro Praxisgebühr, jetzt haben wir eine Masse an Vorschlägen, dass man erst mal

34:10.80 Stefan Sasse

Ich kann mir das slide.

34:12.97 Ariane

50 Euro pro normalen Arztbesuch heute, gerade eben gelesen, wenn man zum Facharzt will, soll man spontan erst mal 300 Euro auf den Tisch legen. Ich weiß ja nicht, wie das gehen soll, weil, danke, Frauen müssen einmal im Jahr zum Gynäkologen. Ich weiß nicht, ob ich da jetzt 300 Euro Eintritt zahlen soll oder als was hier. Anscheinend ist das, die es übrigens nicht gibt. Also A, wird das auch so dargestellt, als wenn das ein Hobby wäre, anstatt dass die Leute krank sind. Und für viele Krankheiten muss man auch einen Facharzt nehmen. Das wird von irgendwelchen Hausärzten gar nicht genommen. Nebenbei gibt es Ärger, weil die Leute, die dann keinen Arzt finden, sind in irgendwelchen Notaufnahmen. Und das Dritte, was du auch sagst, wir hatten diese ganze Diskussion schon. Wir rennen immer wieder in die gleiche Problematik rein, dass das Probleme eher verschlimmert. Deswegen wurde die Praxisgebühr ja teilweise auch schon wieder abgeschafft. Weil A, war das Ganze kompliziert und blöd, Weil dann fällt einem ja ein, Mensch, aber Vorsorge ist ja total wichtig. Wenn du nie zum Arzt gehst, hast du am Ende irgendwelche schlimme Krankheiten, musst ins Krankenhaus und bist fünfmal teurer, als hättest du dir rechtzeitig irgendwie einen Arzttermin geschnappt oder deine Vorsorgeuntersuchung gemacht. Aber das ist genau die gleiche Diskussion. Und wie du auch sagst, das ist mit ganz vielen Vorurteilen, oh nee, das machen die Leute nur, weil sie keinen Bock haben. Und ach ja, wenn ich… Wenn man sich krank meldet, soll man das auch noch selber bezahlen. Genau, ist ja auch noch mit drin.

35:39.61 Stefan Sasse

Ich kann dir das aus meiner eigenen Erfahrung bestätigen, gerade wo du die Praxisgebühr erwähnst. Die war ja in den 2000er Jahren immer diesen 10 Euro pro Quartal, die man da immer zahlen musste. Und ich war damals armer Student. 10 Euro waren für mich eine riesige Summe letzten Endes. Und ich habe deswegen versucht zu vermeiden, zum Arzt zu gehen, wenn ich das kann. Und ich habe damit an diversen Stellen im Endeffekt Vorsorge- oder Nachsorgetermine letzten Endes geskippt. die schon praktisch gewesen wären und die dann später für massive Kosten gesorgt haben. Die dann aber eben von der Versicherung getragen worden sind, letzten Endes. Und ich möchte mich darüber nicht beschweren, weil ich bin ja der Nutznießer davon. Aber hätten die die scheiß Praxisgebühren nicht gehabt, wäre ich halt damals einfach hingegangen und hätte es machen lassen.

36:24.36 Ariane

Ja.

36:24.68 Stefan Sasse

Und ich weiß nicht, wie vielen anderen Leuten das auch so geht. Und das ist einfach Quatsch. Das fliegt auch ins Gesicht von allem, was man über Psychologie weiß. Also ja, klar hat es dann den Effekt, die Leute abzustrecken, zum Arzt zu gehen. Nur ist es clever, ist die Frage an der Stelle. Und ich meine, wir haben Probleme im Krankenversicherungssystem. Gerade die Zahl der Krankschreibungen zum Beispiel. Ich meine, das ist eine absolute Zahl, die kannst du ja messen. Also die hat zugenommen. Das ist überhaupt keine Frage. Nur weiß ich jetzt halt nicht, was A, ist es zwingend schlecht. Also hatten wir vielleicht auch früher das Problem, dass viele Leute sich ins Geschäft geschleppt haben, die da nicht hätten hin sollen oder sowas. Mag auch sein. Und B, woran liegt es eigentlich? Und womit kann ich das am effizientesten bekämpfen? Und ich habe halt das Gefühl, dass dieser Analyse-Schritt auch komplett fehlt, weil man eben immer nur in diese Ressentiment-Geschichten reinläuft. Und Leute, und auch da sind wir wieder bei der Frage, wer führt diese Debatte bei diesen Streichungsdebatten? Und es ist halt auch die Art von Leuten, die üblicherweise keine Krankheitstage nehmen. Also wenn ich so ein CEO von einer Firma bin oder sowas, dass die keine großen Krankheitstage beieinander haben, das ist mir schon auch klar.

37:30.63 Ariane

Vielen Dank.

37:34.73 Stefan Sasse

Oder dass so ein Minister oder Bundeskanzler oder was weiß ich, dass die sehr wenig Krankheitstage haben, einfach weil die Belastungen einerseits so hoch sind und weil die halt auch diese gigantische Motivation an dem Ding haben und weil diese Jobs halt auch so demanding sind und auf der anderen Seite halt auch entsprechend natürlich vergütet, ob jetzt in Geld oder Aufmerksamkeit oder was auch immer die Währung ist. Das ist ja für Otto-Normalverbraucherinnen quasi kein Konzept. Das sehe ich ja auch bei dieser Rentendebatte beispielsweise oder wenn es um die wöchentliche Arbeitszeit geht. Da habe ich letztens auf dem Blog ja auch mal verlinkt, das fand ich eine super wertvolle Perspektive, wo jemand gemeint hat, diese Debatte über signifikant mehr als 40 Wochenstunden arbeiten. Das ist ja letzten Endes eine reine Luxusdebatte, weil wenn ich eine Wochenarbeitszeit habe von 60 oder 70 Stunden, dann bedeutet das ja automatisch, dass in meinem Leben ansonsten praktisch nichts passiert. Das heißt, ich habe so gut wie kein Sozialleben außerhalb des Berufs, weil Freunde brauchen Zeit. Und ich habe auch keine Zeit für Familie eventuell und für Haushalt und so weiter schon gleich dreimal. Das heißt, so ein verheiratetes CEO mit zwei Kindern, der 80 oder 90 Stunden in der Woche reinballert, der hat irgendjemanden, der ihm das ermöglicht. Weil ansonsten könnte diese Arbeitszeit nicht aufgebracht werden.

38:52.39 Ariane

Nicht nur ein.

38:54.68 Stefan Sasse

Ja, genau. Also da gibt es Leute, die das im Endeffekt übernehmen, ob bezahlt oder unbezahlt. Das ist erstmal relativ egal. Aber das ist kein in die Breite wirksames Konzept. Das kann nicht funktionieren. Und das gilt für viele von diesen Debatten. Das gilt für diese Krankgeschichte sozusagen. Wenn du natürlich der Herr über deine eigene Zeit bist, sozusagen, letzten Endes, und du kannst da flexibel drum herum arbeiten, und letzten Endes hängen alle von dir ab, dann kann ich da völlig anders an die Sache rangehen. Wenn ich da so ein Büro habe und da ist so ein super bequemes Schlafsofa, dann kann ich da gegebenenfalls halt auch mal im Büro zwei Stunden mich ausruhen und kann damit auch mit Krankheit arbeiten.

39:25.65 Ariane

Vielen Dank.

39:31.15 Stefan Sasse

Das kann ich halt nicht tun, wenn ich am Band irgendwo arbeite oder auf dem Bau. Das funktioniert einfach nicht. Und manche Tätigkeiten erlauben mir das halt auch eher als andere. Also auch hier körperlich arbeiten, da bist du halt mit krank einfach raus. Oder so ein Job wie meiner. Wenn ich heißer bin, dann kann ich nicht mehr arbeiten. Das geht einfach nicht, weil ich muss ja reden. Und manche müssen das halt nicht. Wenn ich irgendein Finanzbroker bin und da den ganzen Tag irgendwelche Zahlen in Excel-Sheets reinhau oder sowas, das kann ich auch mit einer Erkältung. Also manche Leute sind da einfach in einer anderen Lage als andere. Und das kommt aber in diesen Debatten überhaupt nicht vor. Da bin ich krank, weil es mein Hobby ist.

40:06.14 Ariane

Ja, ein Random Fact, eigentlich ein Fun Fact so ein bisschen zu den erhöhten Krankheitstagen. Ein Teil, das habe ich neulich gelesen, ist übrigens ein reiner Entbürokratisierungsaufwand, weil früher bekam man immer die Zettel und die musste man selber zur Krankenversicherung schleppen.

40:23.25 Stefan Sasse

Mhm.

40:23.39 Ariane

Und ich fühle mich angesprochen, viele haben das nicht gemacht. Das ist jetzt automatisch. Das heißt, die Krankenversicherung Das ist jetzt nicht mehr, du kriegst irgendeinen Zettel und musst noch hinfahren oder einen Brief schicken, sondern es wird jetzt elektronisch übermittelt. Deswegen werden sozusagen 100 Prozent aller Krankentage auch bei der Krankenversicherung gezählt. Da sind sehr, sehr viele früher weggefallen, weil einfach irgendein Zettel, mir doch egal, ich kriege ja mein Gehalt, was soll die Krankenkasse damit, sind irgendwo und ich nehme mich da nicht aus. Ich habe da, den sind auch nicht ganz verstanden. Die fliegen bei mir bestimmt auch noch in irgendeiner Schublade rum, während ich heute gar keine Zettel mehr kriege, sondern einfach irgendwas auf meiner Karte. gespeichert wird und dann wird das irgendwo übermittelt und dann läuft das von selber. Manchmal hat es wirklich so banale Gründe und Deutschland ist nicht von einem auf den anderen einfach fauler geworden. Was ja einfach auch so eine Lieblingsbegründung ist. Ach, die Leute sind einfach faul, deswegen geht es, als wenn das einfach klong von heute auf morgen ist, die Jugend, die alten Leute,

41:18.58 Stefan Sasse

Ja.

41:19.90 Ariane

Die natürlich nicht, aber die Jugend hat das. Und mir fehlt das nämlich auch. Das hat vielleicht gerade meine eigenen Vorurteile. Ein Nikolaus Blume oder Niklas Blume, ich weiß gar nicht, wie er heißt. Den habe ich auch, weil es liegt übrigens auch daran, die Jugend ist einfach so verwöhnt. Die Krisen sind noch nicht schlimm genug. Und Mensch, die wollen einfach nicht mehr 60 Stunden die Woche arbeiten, sondern weniger. Und so geht das alles nicht.

41:42.81 Stefan Sasse

Und jede Studie widerlegt es.

41:43.01 Ariane

Ja.

41:44.36 Stefan Sasse

Und es ist nicht totzukriegen. Also es fliegt in das Gesicht der kompletten Studienlage.

41:48.50 Ariane

Vielen Dank.

41:48.95 Stefan Sasse

Aber es interessiert Kölzau. Was du gerade ansprichst, ist übrigens auch noch ein super wichtiger Punkt in diesen Debatten. Weil gerade diese Entbürokratisierung und Digitalisierung, die ja von den Leuten immer vorangetrieben wird, die sorgt ja gerade dafür, dass die Zahl der Anspruchsberechtigten steigt. Wenn ich diese Systeme vereinfache, Stichwort Bürgergeld, dann kommen da mehr Leute rein. Das ist ja so gedacht. Genauso, wenn ich einen Pflegegrad einführe, dann gibt es danach zu pflegende Leute. Das ist ja völlig klar. Und so ist es eben auch, wie du gerade schon schön dargestellt hast, für diese Krankheitstage zum Beispiel. Wenn ich dieses System digitalisiere, dass das so quasi, wie viele Leute arbeiten, ungefähr 50, 60 Millionen, dass ich halt quasi nicht mehr 60 Millionen Leute brauche, die diese Informationen von A nach B schleppen, sondern dass es halt nur noch, lass es 100.000 sein, die in diesen Verwaltungen arbeiten oder 200.000 sind, dann reduziere ich natürlich die Fehlübertragungen an der Stelle und kriege dann insgesamt akkurateres, aber höheres Bild von Krankheitstagen. Wir haben das bei uns im Unternehmen auch da. Da ist das System immer noch nicht so komplett rund, weil wir müssen uns bei uns immer an zwei Stellen krank melden. Nämlich einmal direkt quasi bei uns im Betrieb sozusagen, damit er dann für Vertretung gesorgt wird und so weiter. Und einerseits beim Konzern in der Personalabteilung. Und wenn man halt den zweiten Schritt vergisst, weil was habe ich mit den Leuten aus der Personalabteilung zu tun, dann bin ich zwar an dem Tag nicht da und es passt alles, aber ich werde offiziell immer nur als Arbeiten geführt. Das heißt, da ist die Zeit der Krankentage auch niedriger, als sie eigentlich sein sollte. Das heißt, es ist teilweise ein statistisches Artefakt sozusagen, das jetzt halt Stück für Stück ausgegraben wird. Das ist wie wenn irgendwelche neuen Sachen diagnostiziert werden. Wenn Leute zum Beispiel sagen, Depressionen nehmen immer mehr zu, nee, wir werden besser darin, die zu diagnostizieren. Und vielleicht sind auch teilweise so Lebensmittelunverträglichkeiten oder sowas, die diagnostizieren wir halt inzwischen. Früher waren die halt einfach undiagnostiziert. Das heißt nicht, dass die Leute jetzt alle spaßeshalber Glutenunverträglich sind, sondern wir stellen es nur fest. Aber das sind so elementare Zusammenhänge, die dann da ignoriert werden. Und dann werden weitreichendste politische Forderungen erhoben auf Basis von grotesk schlechtem Lesen von Zahlen. Und absolut im Unverständnis über Basics von den jeweiligen Bereichen. Und das ist das, was mich wahnsinnig macht.

44:05.79 Ariane

Ja, wie du auch sagst, diese Unlogik. Wie gesagt, keiner ist ja nun plötzlich, ich meine, die Statistiken sprechen auch dagegen, aber es ist ja auch komplett unlogisch, dass innerhalb von fünf Jahren ist die Jugend plötzlich faul geworden. Also theoretisch ist die Jugend natürlich schon seit 2000 Jahren faul, weil das wird schon seit 2000 Jahren erzählt, aber das ist ja so voll unlogisch und wie gesagt, das steht auch sämtlichen Debatten im Weg, weil man kommt da auch nicht raus. Jedes Mal dreht man sich wieder im Kreis und die Leute sind halt faul. Sie müssen den Gürtel enger schneiden und sich mehr anstrengen. Hat ja Herr Blome auch gesagt. Und dann kommst du in die Dilemmata, denn ich, gerade als Frau, hier Care-Arbeit, bla bla bla, soll bitte hier nicht irgendwie Teilzeit arbeiten, sondern bitte Vollzeit, am besten 42 Stunden oder vergessen wir doch die Wochenarbeitszeit, 50 Stunden geht auch noch, aber leider ist ja von meinen jetzt älteren Eltern der scheiß Pflegegrad 1 gestrichen worden. Das heißt, was mache ich denn damit? Natürlich bin ich immer noch das Kind. Ich mache das umsonst neben der Arbeit, ohne irgendeine Kompensation. Dummerweise in meinem Alter, ich jetzt nicht, aber normalerweise hat man dann auch noch kleine Kinder. Die muss man ja auch noch irgendwie betreuen, weil leider funktioniert das mit Schule ja auch nicht alles so vor sich hin. Und das ist halt die Problematik, die ja gerade diese Konservativen haben. Grundsätzlich sollen alle 50 Stunden arbeiten, vor allem die Frauen sind ja faul und arbeiten gefälligst nicht ordentlich. Aber um die Familie soll man sich auch noch selber kümmern. Man fühlt sich ja in diese Dilemmata ein und dann ist man erstaunt, dass das alles nicht funktioniert und kommt auf den Kurzschluss, Mensch, weil die Leute halt so faul sind. Früher hat man sich da nicht beschwert. Früher hatte man ein Minimum und das weiß ich noch aus meiner eigenen Kindheit,

45:44.73 Stefan Sasse

Ja, für mich.

45:48.48 Ariane

Und das hat man heute weniger. Früher hatte man Minimum eine oder mehrere Frauen, die Hausfrauen waren oder Großeltern. Meine Mutter hätte nicht arbeiten können früher, wenn ich meine Oma und zwei meiner Großtanten schon im Rentenalter gewesen sind. Da hätte ich sechs Jahren müssen und in die Schule gehen können. Und das ist halt so, das hat man heute nicht mehr. Ich hätte das auch nicht. Das macht wahnsinnig viel aus.

46:16.06 Stefan Sasse

Ja, und dazu sind halt auch unsere Ansprüche inzwischen einfach andere, wo du gerade Kinder und so weiter erwähnst. Wir investieren halt so viel Zeit im Kindesaufzug sozusagen wie noch nie zuvor.

46:22.46 Ariane

Vielen Dank.

46:28.90 Stefan Sasse

Wir haben mittlerweile ganz, ganz andere Standards. Also was da früher gelaufen wäre, sozusagen diese Kinderbetreuung, die Frauen früher gemacht haben oder Familien. Ich meine, die Väter waren ja quasi meistens nicht da. Aber das war halt, Da würden heute alle Kindesmisshandlungen, Kindesmullgefährdung schreien. Dieses Geh mal raus auf die Straße und spiel. Das macht ja heute auch keiner mehr. Insgesamt ist die Zeit, die Leute tatsächlich aktiv mit ihren Kindern verbringen, eben auch deutlich weiter gestiegen. Und das ist ja auch, was wir haben wollen.

46:58.05 Ariane

Ich wollte gerade sagen, was ein wahnsinniger Fortschritt ist. Das ist eigentlich nichts zum Jammern. Das ist super.

47:01.87 Stefan Sasse

Aber das ist halt alles nicht umsonst. Und das ist halt der Punkt, wir haben Fortschritte gemacht, aber die sind nicht kostenlos und das muss einem halt klar sein. Und unsere Debatte sollte halt nicht sein, oh mein Gott, das kostet Geld, das muss weg, sondern man müsste sich halt ernsthaft hinstellen und sagen, wollen wir das haben und ist uns das gegebenenfalls das Geld wert? Also die Debatte kann ja quasi nicht sein, der Pflegegrad 1 kostet uns so und so viel und wir haben eine Finanzierungslücke, sondern die Frage ist ja, ist es uns diese Kohle wert? Und dann können wir darüber reden, wie wir die Finanzierungslücke schließen. Ja, aber wenn wir dann sagen, ja, nee, das ist eigentlich Luxus, dann ist klar, da muss man streichen.

47:32.72 Ariane

Vielen Dank.

47:33.61 Stefan Sasse

Aber wenn man eben sagt, wir wollen irgendetwas behalten, beispielsweise Kita-Ganztagesprogramm oder sowas aus nachvollziehbaren Gründen, dann muss man halt auch ehrlich genug sagen, ja, dann kostet es halt Geld. Ja, und genauso kann man ja sagen, wollen wir das Rentenniveau halten auf dem aktuellen Stand, auch um den Preis von steigenden Rentenversicherungsbeiträgen beispielsweise. Das wäre eine ehrliche Debatte. Und dann könnte ich gegebenenfalls ja oder nein sagen. Und dann könnten sich Parteien dazu positionieren. Aber das passiert nicht. Die verstecken sich alle einerseits hinter den Ressentiments und dann auf der anderen Seite ist es irgendwelcher technischer Scheiß mit Anpassung von Punkten und Inflationsausgleich und haste nicht gesehen. Aber da ist dann auch wieder keinerlei Entscheidungsfindung drin. Und stattdessen müsst ihr halt einfach mal klar auf den Tisch, was sind denn eigentlich überhaupt unsere Optionen? Und dann könnte man dafür auch entsprechend eintreten oder halt auch nicht und es abwägen.

48:23.03 Ariane

Und dann wäre man halt mal einen Schritt weiter. Jetzt habe ich wie gesagt das Gefühl, man bleibt am ersten Punkt stecken. Jeder weiß, man macht jetzt irgendwas, man streicht vielleicht was, das reicht für fünf Jahre und dann macht man wieder irgendwas anderes. Aber ich finde, wir kommen einfach nicht zu diesem Punkt zwei. Was du sagst, das Priorisieren, dass der zweite Schritt wäre, wie bezahlen wir das? Streichen wir dieses? Erhöhen wir die Einnahme beides oder nicht? Oder keins von beiden oder was weiß ich? Aber irgendwie bleibt man da komplett stecken. Und dann tritt schlechte Laune auf, weil das Einzige, weil man auch in diesem Ressentiment bleibt. Ich finde, das ist ja auch irgendwie ganz grausam, wenn man dann alle streichen und wenn man fragt, warum? Weil die Leute jetzt faul sind. Ganz ehrlich, das ist ja super unterkomplex auch irgendwie. Und man kommt da einfach aus dieser Spirale nicht mehr raus, habe ich das Gefühl.

49:11.08 Stefan Sasse

Ja, arme Puzzis.

49:11.40 Ariane

Außer dann sitzen sie in ihrem Koalitionsgipfel und jammern, weil die Laune schlecht ist. Ja.

49:17.52 Stefan Sasse

Das wäre jetzt auch mein letzter Punkt. Den hast du schon mal angestrichen, quasi so im Vorbeigehen, aber ich möchte noch mal deutlicher machen. Alle diese Sachen, die wir haben sozusagen, alle Regulierungen, alle Regelungen, alle Leistungen, all dieser ganze Kram, der wurde ja mal mit einem Sinn und Zweck eingeführt.

49:25.68 Ariane

Vielen Dank.

49:33.79 Stefan Sasse

Das tut ja was. Und jedes Mal, wenn ich das wegnehme, dann tut es das nicht mehr. Ich meine, das ist jetzt erstmal eingängig, aber scheinbar nicht manchmal. Und manche von diesen Sachen mögen inzwischen hinfällig sein. Also wenn wir irgendwo noch eine Regulierung rum haben über Kutschenverkehr oder sowas, dann kann der vielleicht weg. Aber manche von diesen Sachen erfüllen halt durchaus einen Zweck und da muss man sich eben ernsthaft die Frage stellen, ist es wert oder eben nicht? Aber auch das, das passiert nicht. Das bleibt alles immer so im abstrakten Rahmen. Und jedes Mal, wenn man dann an eine konkrete Maßnahme geht, stellt halt irgendjemand fest, wir finden die aber gut, weil wir haben damals schon dafür lobbyiert und wir wollen sie immer noch behalten. Und es gibt ja nie eine Lobby, um es wegzumachen. Deswegen passiert das Zeug ja auch nie. Aber erneut, da müsste man halt wirklich diese Kosten-Nutzen-Rechnungen machen und auf den Tisch packen. Und mir fehlt dieses Systematische. Aber das wäre jetzt auch quasi mein Wort zum Sonntag.

50:26.49 Ariane

Ja, also was mir dazu noch das Problem ist, ja man geht dann wirklich auf den Weg des geringsten Widerstands, weil ich hatte ja dieses Auftakt zur Koalition und man will erstmal sehr viel Geld einsparen, weil man alles digitalisieren will und also vielleicht hat man ja noch andere Pläne, aber das will man tun, indem man einfach Verwaltungsstellen streicht. Dadurch findet die Digitalisierung automatisch statt sozusagen. Also ich hoffe, es gibt da noch weitere Pläne. Aber ich habe ja auch so einen Job und ich spreche ständig mit diesen Leuten. Das Problem ist, dass es teilweise, den kannst du, wenn du da ständig im Kundenkontakt bist, kannst du das übrigens auch keine 50 Stunden die Woche machen, weil du hast dann nach drei Wochen Burnout. Und das ist so, ich weiß das gerade, wenn ich dann mit öffentlichen Stellen habe, Das ist teilweise so eine Arbeitsverdichtung. Wenn du irgendwelche Baum-Fellgenehmigungen brauchst, gibt es hier im ganzen Landkreis einen Menschen, der das macht. Wenn der morgen krank ist, dann macht das einfach keiner mehr. Und dann beschweren sich alle Menschen. Das ist ja aber gar nicht so gut. Das dauert ja ein Jahr, bis man mal eine Entscheidung zu irgendeinem Baum hat. Wenn man Glück hat, fällt er in der Zeit nicht um und schlägt jemanden oder so. Und das ist halt keine Lösung. Wir digitalisieren jetzt und sparen ein, indem wir einfach, das ist auch dieses Vorurteil, die Menschen machen da einfach nichts. Die schieben Papier von links nach rechts, die machen da gar nichts. Aber dummerweise, wie du auch sagst, das ist wie mit Regelungen, die wurden mal zu einem Sinn und Zweck eingeführt und auch Verwaltungsleute verwalten ja irgendwas. Vielleicht verwalten sie Unsinniges. Dann muss man aber die unsinnige Regelung streichen und nicht den Menschen, der das macht, weil das Problem ist, es muss trotzdem noch gemacht werden. Wir sind ja in Deutschland, wir lieben Papier, wir müssen uns an Regeln halten. Dann wartet man halt drei Jahre, bis irgendein Baum gefällt werden darf. Und das ist halt… Das ist halt ein Vorurteil, ach, die arbeiten eh nichts, die kannst du einfach streichen und dann haben wir das Problem gelöst. Das ist halt keine echte Lösung. Also dieser zweite Schritt, sich das mal anzugucken und dann wirklich auch, und es gibt auch Ärger. Und ich bin die Erste, die sich hinsetzt und einen Podcast mit dir mache, wie scheiße ich das alle finde. Aber das ist halt dann auch irgendwie mal nötig.

52:33.86 Stefan Sasse

Ich glaube, damit haben wir es auch ganz gut abgebunden. Ariane, ich danke dir wie immer und an alle Zuhörenden ebenfalls vielen Dank. Ihr kennt das Ding, Werten weitergeben, Geld spenden und so weiter. Wir haben gar kein Spendenkonto, müssen wir mal einführen.

52:45.90 Ariane

Wir haben nichts. Aber Kritik an Stefan, Lob an mich. Ich sammle die Herzchen ein als Spendenkonto.

52:51.64 Stefan Sasse

Das machen wir. Dann bis zum nächsten Mal. Danke dir.

52:54.13 Ariane

Dankeschön. Tschüss.

{ 0 comments… add one }

Leave a Comment

I accept that my given data and my IP address is sent to a server in the USA only for the purpose of spam prevention through the Akismet program.More information on Akismet and GDPR.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.