Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.
Fundstücke
1) Macht die Schulen endlich hitzefest – oder verlängert die Ferien!
Der Kommentar von Miriam Olbrisch thematisiert die zunehmenden Hitzebelastungen in deutschen Schulen und kritisiert, dass die Diskussion um Sommerferientermine am eigentlichen Problem vorbeigehe. Sie führt aus, dass Klassenzimmer immer häufiger überhitzen, da die Gebäude weder mit Klimaanlagen noch mit effektiven Lüftungs- oder Verdunkelungssystemen ausgestattet seien. Auch moderne Schulbauten mit großen Glasfronten würden sich stark aufheizen. „Hitzefrei“ sei dabei keine Lösung, da viele Eltern berufstätig seien und Schulen aufgrund des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung künftig nicht einfach schließen könnten. Olbrisch betont, dass fehlende Anpassungen an den Klimawandel langfristig zu Leistungseinbußen bei Schülerinnen und Schülern führen könnten. Sie fordert deshalb Investitionen aus dem 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen in die Modernisierung der Schulen, insbesondere in Klimaanlagen, Lüftung und Beschattung. Alternativ verweist sie auf längere Sommerferien wie in Italien oder Schweden, sieht aber hier erhebliche Probleme bei der Kinderbetreuung. „Deutschland muss seine Schulen endlich hitzefest machen“, fasst sie zusammen. (Miriam Olbrisch, Spiegel)
Die Langlebigkeit dieser Feriendiskussion erstaunt mich ehrlich gesagt etwas, aber dann gebe ich gerne auch noch mal meinen Senf dazu. Die Hitzefestigkeit der Schulen ist ein Dauerproblem; Unterricht bei über 30 Grad Innentemperatur ist einfach unzumutbar und führt auch zu nichts; da ist niemand leistungsfähig. Das hat aber mit den Ferienterminen nur insofern zu tun, als dass der einzige Weg darum herum Sommerferien von 2-3 Monaten Länge wären. Das kann man natürlich machen, aber ich halte es für Quatsch; meine bevorzugte Lösung (wenn mich jemand fragte) wäre tatsächlich eine Kürzung der Sommerferien um 2 Wochen und Verlängerung von Herbst- und Faschingsferien um je eine Woche für mehr Konsistenz und Kohärenz. Grundsätzlich aber ignorieren alle diese Lösungen und Diskussionen um Erntehelfer*innen die von Olbrisch hier angesprochene Betreuungslösung. Denn noch viel mehr als vom Erntekalender hingen bisherige Ferientermine von der Annahme ab, dass Mama zuhause ist und die Kinder betreut. Die Realität in immer mehr Familien ist aber eine doppelte Vollerwerbstätigkeit, in der 14 Wochen Ferien nicht abgebildet werden können. DAS allerdings ist eine Frage, die die Politik verschämt umgeht.
2) Unsere Demokratie kann eine solche Kraft aushalten. Warum wird das nicht gesagt?
Der Meinungsbeitrag von Jürgen W. Falter und Eckhard Jesse warnt vor einer zunehmenden Einschränkung des demokratischen Diskurses in Deutschland. Sie erklären, dass eine „illiberale Verdachts-, Bevormundungs-, Einschüchterungs- und Denunziationskultur“ den freien Austausch von Argumenten untergrabe. Staatlich geförderte zivilgesellschaftliche Organisationen und Meldeportale würden den Meinungskorridor verengen und parteipolitische Neutralität missachten. Besonders kritisch sehen die Autoren staatliche Maßnahmen wie Ausreiseverbote gegen Mitglieder der Identitären Bewegung und die Verschärfung von Gesetzen gegen „Hass und Hetze“. Solche Schritte erinnerten an autoritäre Praktiken und könnten die Legitimität der Demokratie schwächen. Auch der Umgang mit der AfD sei problematisch: Das Errichten einer „Brandmauer“ und die Ächtung der Partei könnten ihre Radikalisierung fördern. Die Autoren betonen, dass ein demokratischer Staat mit stabilen Institutionen eine solche Partei aushalten könne. „Man muss sie nicht achten, aber muss man sie ächten?“, fragen sie und plädieren für mehr Liberalität im Umgang mit politischen Rändern. Eine lebendige Demokratie zeige sich nicht durch Ausgrenzung, sondern durch fairen Wettbewerb der Argumente. (
Ich bin beeindruckt von der Sicherheit, mit der Falter und Jesse ihre Prämisse hier vertreten. Es ist sehr gut möglich, dass unsere Demokratie eine solche Kraft aushalten kann, keine Frage. Aber es ist schlicht nicht sicher. Die Frage ist, wie mir mit dieser Unsicherheit umgehen wollen. Wir können sagen, dass wir es riskieren, weil die Kosten einer aggressiven Bekämpfung (Brandmauer, Parteiverbot („fixe Idee einer Minderheit“ (auch Welt)), etc.) zu hoch sind. Wir können sagen, dass uns das Risiko zu hoch ist, und dass wir deswegen entsprechend bekämpfen wollen. Aber Falter und Jesse haben hier die Prämisse, dass die AfD eine grundsätzlich demokratische Partei ist und nehmen die als gegeben. Genau das wissen wir aber nicht. Denn der „faire Wettbewerb der Argumente“ macht nur dann Sinn, wenn alle nach demokratischen Regeln spielen. Mein Punkt ist: wir bewegen uns hier in einer Unschärfe, und diejenigen, die behaupten sicher zu sein dass die Gefahr nicht besteht (wie Jesse und Falter) oder dass sie garantiert ist (wie diverse Befürworter*innen eines Verbots) schreiben in meinen Augen Schecks, die sie nicht einlösen können.
3) Zwischen Christdemokratie und Rechtspopulismus
Der Artikel von Andreas Püttmann analysiert die ideelle Krise der CDU unter Friedrich Merz. Er stellt dar, dass die Partei sich zunehmend vom Gründungsprinzip der Christdemokratie entfernt und in konservativ-rechtspopulistische Muster abrutscht. Püttmann erinnert daran, dass das „C“ der CDU ursprünglich für eine Haltung stand, die liberale, soziale und konservative Elemente im Lichte des christlichen Menschenbildes vereinte. Unter Merz werde dieses Fundament verwässert: Das Christliche diene nur noch als identitätspolitisches Label, während konservative und wirtschaftsliberale Positionen dominieren. Die Union habe sich programmatisch stärker nach rechts bewegt, dabei aber Wähler an die AfD verloren und bei jungen Menschen massiv eingebüßt. Püttmann kritisiert insbesondere die Übernahme rechter Rhetorik, Kooperationen mit der AfD sowie ein populistisches Auftreten, das die Partei innerlich entkerne. „Merz’ Projekt, die AfD zu halbieren, ist krachend gescheitert“, heißt es. Der Autor warnt, dass die CDU Gefahr laufe, ihre christdemokratische Seele zu verlieren und so die demokratische Mitte weiter zu schwächen. (Andreas Püttmann, Blätter)
Ich liebe dieses Artikel-Genre von „Partei XY verliert den wahren Weg, den ich noch kenne“. Ich habe ja erst im letzten Vermischten diesen Welt-Artikel zur „freiheitlichen Kampfeinheit“ FDP verlinkt, aber ich kenne das Genre gut aus linker Kritik an der SPD, pazifistischer Kritik an den Grünen oder eben christkonservativer Kritik an der CDU wie hier. Aber Parteien ändern sich nun mal. Die CDU hat sich von ihren christlichen Wurzeln schon alleine deswegen so weit entfernt, weil die Grundlagen dafür nicht mehr existieren. Die starke Verwurzelung der Amtskirchen und ihre große Rolle in der Bevölkerung existiert nicht mehr. Christkonservativ zu sein in einer Welt, in der 70%-80% der Bevölkerung wöchentlich zur Messe geht, ist etwas anderes, als wenn das keine 10% mehr tun und die Kirchenaustritte konsistent auf Rekordniveau sind. Dasselbe gilt ja für die SPD: wenn 30% aller Arbeitnehmenden „Arbeiter“ sind, kann ich das wesentlich eher zur ideellen und programmatischen Grundlage machen als wenn das für keine 10% mehr gilt. Und so weiter.
4) The Dangers of Weaponizing Antisemitism
Der Artikel von Howard W. French in Foreign Policy warnt vor den Gefahren, den Antisemitismusvorwurf politisch zu instrumentalisieren. Er beschreibt, dass in den USA parallel zur israelischen Offensive in Gaza ein Kulturkampf um die Grenzen der Meinungsfreiheit tobe. Kritiker Israels würden zunehmend durch eine erweiterte Definition von Antisemitismus unter Druck gesetzt. Die Trump-Regierung nutze diesen Vorwurf, um Universitäten stärker zu kontrollieren, Visa zu entziehen und die öffentliche Debatte einzuschränken. French betont, dass Sicherheit jüdischer Studenten selbstverständlich gewährleistet sein müsse, dass aber das Streben nach „Komfort“ nicht zu Zensur führen dürfe. Er nennt Beispiele wie die Absage einer Harvard-Publikation über Palästina und verweist auf verschärfte Sprachregelungen in Medien und im Wahlkampf. Vor dem Hintergrund wachsender humanitärer Katastrophen in Gaza, darunter Hunger und massives ziviles Leid, sei offene Kritik an Israels Politik „wichtiger denn je“. Wer diese Debatte unterbinde, gefährde nicht nur die Menschenrechte der Palästinenser, sondern auch zentrale demokratische Prinzipien der Vereinigten Staaten. (Howard French, Foreign Policy)
Ich habe bereits letzthin im Podcast mein unwohles Gefühl thematisiert, dass diese ganze Israel-Debatte gerade kippt. Ich habe das Gefühl, die Riege der Israel-Verteidiger*innen – pars pro toto die Springerpresse und verbundene Kräfte – durch ihren Absolutismus denselben Fehler macht, den sie (nicht zu Unrecht) den Progressiven in der ganzen Rassismus- und Sexismusdebatte vorwerfen: nur Schwarz und Weiß zu sehen und eine Debatte auszuschließen. Denn tatsächlich ist es in Deutschland praktisch unmöglich, Kritik an der israelischen Regierung zu üben. Der Antisemitismusvorwurf ist immer sofort und hoch aggressiv an der Hand. Und ich nehme sowohl bei mir als auch in meinem Umfeld einen wachsenden Unmut darüber wahr. Und ich bin Team Israel! Ich habe seit dem 7.10. ein ums andere Mal bekräftigt, wie gerechtfertigt Krieg gegen die Hamas ist. Aber die Stimmung kippt. Man nehme nur das aktuelle Spiegelcover oder diesen Spiegel-Leitartikel – vor einem halben Jahr wäre das noch unvorstellbar gewesen. Und wir wissen aus der Übernahme rechtsradikaler Narrative in der ganzen Cancel-Culture/Meinungsfreiheit-Debatte, welche Gefahren das mit sich bringen kann. Wenn alle Zwischentöne ausgeblockt werden, reduziert sich die Debatte irgendwann auf zwei Positionen und forcieren eine Einteilung in Lager. Das kann nicht der Sinn der Übung sein. Wir sehen die Instrumentalisierung des Antisemitismusvorwurfs etwa an Trumps Angriffen auf die Columbia-Universität (siehe auch Adam Tooze). Das ist alles gar nicht gut.
5) Zuerst das Land – dann seine Zuwanderungsgeschichten!
Der Kommentar von Till-Reimer Stoldt in der WELT kritisiert Migrantenquoten in Politik und Verwaltung als verfassungsrechtlich problematisch und betont, dass Zuwanderungsgeschichte allein keine Qualifikation für politisches Amt sei. Am Beispiel von Alexander Omar Kalouti, CDU-Oberbürgermeisterkandidat in Dortmund, wird dargestellt, wie Politiker mit Migrationshintergrund einen Beitrag leisten könnten: Sie könnten glaubwürdig vor einer Überbetonung der Herkunft warnen und stattdessen die gemeinsame Verantwortung für das Land betonen. Kalouti argumentierte, dass politische Arbeit „nicht um einzelne Bevölkerungsgruppen“ kreisen dürfe, sondern das Gemeinwesen im Blick haben müsse. Migrantenquoten würden nur identitäre Gräben vertiefen und seien mit dem Gleichheitsgrundsatz schwer vereinbar. Der Autor hebt hervor, dass Integration ein „Sich-Einlassen auf die Mehrheitskultur“ erfordere und die Bedeutung der aufnehmenden Kultur Vorrang haben müsse, um gesellschaftliche Zerklüftung zu vermeiden. Kalouti nutze seine eigene Herkunft zudem, um offen kulturell bedingte Probleme in manchen Milieus anzusprechen. Der Kommentar schließt mit der Forderung, den Migrationshintergrund nicht zum zentralen politischen Maßstab zu erheben. (Till-Reimer Stoldt, Welt)
Ich zitiere mal den Teaser: „Können Politiker mit Zuwanderungsgeschichte das Land bereichern? Und wie! Glaubwürdig wie wenige können sie gegen Migranten-Quoten argumentieren, auf problematische kulturelle Eigenarten migrantischer Milieus hinweisen […]“ Der Artikel geht genauso weiter. Ich möchte gar nicht dagegen argumentieren, dass das total wertvoll ist, aber Stoldt reduziert den Wert von Zuwanderungsgeschichten ausschließlich darauf, ob sie Mitte-Rechts-Positionen stützen. Wenn sie das tun, sind sie wertvoll, wenn nicht, nicht. Und das ist höchst problematisch. Ich muss ja, wenn ich Zuwanderungsgeschichten will, sowohl eine Biografie wie Serdar Somuncu oder Ahmad Mansour wertschätzen können als auch einen Aladdin el-Mafaalani oder Stephan Anpalagan. In dem Moment, in dem ich „wertvolle“ oder „korrekte“ Zuwanderungsgeschichten danach sortiere, ob sie meine politische Haltung stützen, habe ich ein riesiges Problem. Das geht übrigens auch in beide Richtungen des politischen Spektrums. Problematisch sind nur solche Haltungen, die sich nicht mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung vereinen lassen: Salafisten, Hamas-Sympathisanten, etc. Diese mangelnde Differenzierung ist glaube ich für viele Probleme und Vergiftungen des Diskurses verantwortlich, und erneut: von links wie rechts.
Resterampe
a) Wir finden mal wieder „Einsparpotenzial“ bei den Schwächsten. (T-Online) Und mein Gott, das sind exakt dieselben Debatten wie vor 15 Jahren. Wir drehen uns echt komplett im Kreis.
b) Guter Artikel zu Cannae (War on the Rocks).
c) SPD-Politiker Daniel Born: »Ich werde mir nie verzeihen, dass ich so versagt habe« (Spiegel). Das übliche Muster. Niemals wäre jemand von der AfD zurückgetreten.
d) Zusammensetzung der Schuldenbremsenreformkommission (Spiegel). Das sieht nicht so gut aus…
e) “Einser-Abi-Flut”: Hat Deutschland eine Bestnoten-Inflation? Bildungminister hält die Diskussion für beleidigend (News4Teachers) Wenn nicht die exakt gleiche Diskussion mit den exakt gleichen Dokumenten ständig neu geführt werden würde…
f) Wie die Koalitionäre wieder von den Bäumen kommen können (Welt). Stimme völlig zu, mit Ausnahme des unnötigen Diss wegen FBGs Nachnahmen.
g) Die Drohung der Arbeitgeber. (Twitter)
Fertiggestellt am 28.07.2025
4) Nun gut. Wir haben es als Menschheit geschafft ein muehsam geschaffenes, zwar nicht perfektes aber funktionales internationales Sicherheitssystem zur Verhinderung von Kriegen zu zerstoeren.
Aber selbst Nahost-Experten, die deutlichst auf der Seite Israel stehen, sehen keinen Sinn mehr in der Fortfuehrung dieses Gemetzels. Israel haette spaetestens nach den beeindruckenden Angriffen auf Iran die Aktion als erfolgreich beenden koennen.
1) Die Hamas kann ihre gefallenen Fuehrungskader immer durch neue ersetzen.
2) Der Zustrom neuer Kaempfer versiegt durch diese Art der Kriegsfuehrung nicht.
3) Ich finde es komplett unverstaendlich wie sich weite Teile der politisch interessierten Jugend Deutschlands in den Konflikt einspannen laesst, aber in Laendern mit Kolonialisierten-Erfahrung ist das noch schlimmer und noch deutlicher auf Seiten Palaestinas. Aehnlich wie bei maga duerfte es mit Sicht auf die Zukunft unklug sein, sich zu viele Feinde zu machen. Die naechste Generation von Politikern wird durch ihre Jugend-Emotionen waehrend all dieser Konfklikte gepraegt sein.
Mal wieder sehr interessant zum Thema: https://www.youtube.com/watch?v=dN2WGZZG-x0
a) Nicht alle >55 jaehrigen mit Anspruechen auf Arbeitslosenversicherung gehoeren zu den Schwaechsten. Menschen mit koerperlichen Problemen sind es. Ich bin es nicht und ich zahle freiwillig in die Arbeitslosenversicherung ein.
Leute, die durch Jahrzehnte koerperlicher Arbeit nicht mehr koennen, muessen geschuetzt werden. Ansonsten denke ich, dass wir im Idealfall alle Einschraenkungen akzeptieren muessen. Ueber Schulden lassen sich die neuen Anforderungen an Sicherheit gegenueber Barbaren und eine Umstellung auf eine umweltvertraegliche Lebensweise nur fuer eine gewisse Zeit finanzieren.
Mein „Schwächste“ bezog sich auf politisch schwächste.
Bürger jenseits der 50 zählen zu der politisch stärksten und wirkungsmächtigsten Wählergruppe.
Ich weiß?
Warum schreibst Du dann etwas von den Schwächsten?
zu a) Man muss sich wahrhaftig nicht wundern, wenn wir demnächst einen AfD-Kanzler haben.
@DerDieDas 31. Juli 2025, 09:36
a) Wir finden mal wieder „Einsparpotenzial“ bei den Schwächsten. (T-Online)
Man muss sich wahrhaftig nicht wundern, wenn wir demnächst einen AfD-Kanzler haben.
Zustimmung.
3) Zwischen Christdemokratie und Rechtspopulismus
Ich liebe dieses Artikel-Genre von „Partei XY verliert den wahren Weg, den ich noch kenne“.
Schön, dass Du Spaß hast. Aber Du nimmst dieses Thema nicht ernst genug.
Wenn ich das anekdotisch betrachte, begann mein politisches Interesse mitten in oder kurz nach der Pubertät. Damals war ich extrem durch Idealismus geprägt: Ausreichend intelligent, um über Probleme nachzudenken, aber zu wenig Lebenserfahrung, um sie beurteilen zu können. Damals war ich sehr für Veränderungen (was ich allerdings im Rückblick nicht als „progressiv“, sondern als „mutierend“ einstufen würde), und die Gesellschaft veränderte sich aus meiner Wahrnehmung viel zu langsam.
Mit zunehmendem Alter, ersten Jobs, Frau und Kindern wuchs meine Lebenserfahrung, veränderten sich Herausforderungen, und mein persönliches Tempo verlangsamte sich. Ich stellte nicht mehr alles in Frage, wollte nicht mehr alles verändern, nur um es zu verändern. Mein „Sweet Spot“ war die Zeit bzw. mein Alter von etwa zwischen 35 bis 50 Jahren; in dieser Phase korreliert mein Wunsch nach Veränderung mit der Entwicklung der Gesellschaft. Es passte alles.
Aber die Welt dreht sich natürlich weiter. Trotz bedeutender politischer Ereignisse (Zusammenbruch der Sowjetunion, 09/11, Zuwanderung, Trump, Ukraine), wirtschaftlicher Erschütterungen (etwa durch dot.com-, Immobilien- bzw. Staatsschulden- oder Euro-Krise, Corona) oder neuen Technologien (PC, Internet, Social Media, KI, Elektro-Mobilität) nicht unbedingt schneller als zuvor, aber definitiv schneller als mein sich immer weniger veränderndes Ich. Je älter, je fertiger ich wurde (in den fünf Jahren von 60 bis 65 habe ich mich sicherlich deutlich weniger verändert als in den fünf Jahren von 15 bis 20 oder von 20 bis 25), umso stärker empfand ich das schnelle Tempo der Gesellschaft als kräftezehrend.
Die Jugend drängt immer noch auf Veränderung (die sie wie auch ich damals fälschlicherweise stets als „Fortschritt“ bezeichnet, selbst wenn es auch mal im Kreis bzw. rückwärts geht). Die Älteren unter uns, oft mit mehr Lebenserfahrung ausgestattet, erkennen nicht alles, was man verändern möchte, als Verbesserung an, vielleicht mögen sie auch manches einfach nicht. Deshalb klammern sie sich die „gute,
altebequeme Zeit“.Auf die eine oder andere Art geht ein jeder von uns diesen Weg und klammert sich mit zunehmendem Alter an politische Vorstellungen und gesellschaftliche Verhältnisse, die in jüngeren Jahren geprägt wurden. Mag je nach Thema auch heute noch passen, aber das sind dann Zufälle.
Um auf meinen Eingangssatz zurückzukommen, dass Du dieses Thema „Partei XY verliert den wahren Weg, den ich noch kenne“ nicht ernst genug nimmst: Unsere Gesellschaft altert dramatisch, und die Zahl der Menschen, denen Vieles zu schnell oder zu weit geht, denen Vieles zu hektisch ist und nicht durchdacht genug scheint, oder die sich einfach nur an eine Zeit klammern, die sie nicht so angestrengt und ausgelaugt hat, nimmt drastisch zu. Diese Menschen werden in Zukunft in die eine oder andere Richtung die bestimmende politische Kraft sein, oder sind es bereits.
Das ist übrigens genauso ein Problem der SPD, die unter Druck der LINKEn, der Grünen oder des BSW steht. Das sprichst Du zwar gelegentlich an, aber eigentlich nimmst Du – als Mitte-Linker – die dortige Entwicklung bei weitem nicht so als Problem wahr wie die zu Gunsten der AfD schrumpfende Union. Doch beides lässt die „demokratische Mitte“ schrumpfen.
Sich darüber lustig zu machen ist nur so lange unterhaltend, wie man meint, auf der „jungen“ Seite zu stehen. Aber diese Entwicklung ist aus meiner Erfahrung hochproblematisch, weil die Generation der Baby-Boomer so unglaublich viele Menschen sind. Und unser Land kann sich die 30 Jahre, in der diese Menschen vielleicht zu alt sind, um die erforderlichen Entwicklungen mitzugehen, nicht leisten. Denn diese Menschen sind immer noch jung und zahlreich genug, um dagegen zu votieren. Und sie werden eine solche Attitüde nicht dulden.
Wir kämpfen mit einer erheblichen Transformationsgeschwindigkeit und die Umwälzungen sind derart epochal, dass die Politik gar nicht mehr hinterherkommt zu regulieren, geschweige denn die Probleme zu verstehen.
Schauen wir rein innenpolitisch wäre das Thema demographischer Wandel für sich schon eine erhebliche Herausforderung – dieser stellt die Grundsatzfrage für die auf dem Generationenvertrag basierenden sozialen Sicherungssystemen. Es ist das Versagen einer ganzen politischen Generation und der Wähler diese klar absehbare Entwicklung so lange ignoriert zu haben. Dieses Warten und Zögern wird jetzt unglaublich teuer, sowohl finanziell, wie auch politisch.
Dann kommen die außenpolitischen Schocks – Migrationswellen durch Kriege an der europäischen Peripherie und russische Imperialgelüste stellen die Gesellschaft wieder vor erhebliche Herausforderungen. Ich habe als Vater echter Horrorvorstellungen, dass meine Söhne ggf. tatsächlich wieder in einen echten Krieg gezogen werden könnten. Darüber hinaus hat die Migration die ohnehin schon überlastete Infrastruktur vielerorts überfordert und den gesellschaftlichen Zusammenhalt erodiert. Nicht zuletzt verschlingt die nun notwendige Wiederaufrüstung Geld und politisches Kapital, dass eigentlich notwendig wäre um den beiden anderen TRasnformationen zu begegnen
Der Klimawandel und die KI-Revolution werden unsere alltägliche Welt massiv verändern. Extremwetterereignisse und die Notwendigkeit der ökologischen Energietransformation setzen Bürgern und Unternehmen sehr zu. Es gibt große Unsicherheit und die Politik verdaddelt sich in ideologischen Scharmützeln. In nicht weniger als zwei Jahren werden KI Roboter und KI Agents so weit sein, dass diese massiv Arbeitsplätze verdrängen werden. Schon heute zögern Unternehmen die EInstellung von jungen Menschen heraus, weil diese durch den KI Praktikanten ersetzt werden. Eine riesige Automatisierungs- und Rationalsierungswelle dorht.
Ja, diese Veränderungen machen Angst und ich will wir gar nicht ausmalen, wie viel Angst man hat, wenn man eben kein gutes Einkommen hat und die Auswirkungen um so spürbarer werden. Aber es wird nicht mehr langsamer, die Veränderung wird sich stetig beschleunigen und die Unsicherheit bleibt. Lernen diese auszuhalten, damit umzugehen und in diesen veränderten Rahmenbedingungen gut leben zu können, ist die Aufgabe, die unserer Genration (ich selber bin jetzt Mitte 40) gestellt wird.
Die Politik tut aber immer noch so, als könne man diese Umwälzungen von den Bürgern fernhalten. Es wird ein ganz böses Erwachen.
@ Soeren Schmitz 31. Juli 2025, 11:29
Die Politik tut aber immer noch so, als könne man diese Umwälzungen von den Bürgern fernhalten. Es wird ein ganz böses Erwachen.
Ja. Denn auch die Politiker klammern sich an die gute alte Zeit.
„In nicht weniger als zwei Jahren werden KI Roboter und KI Agents so weit sein, dass diese massiv Arbeitsplätze verdrängen werden“
Darauf hat auch Eric Schmitt gerade eindringlich hingewiesen. Das wird massive Auswirkungen auch auf das Rentensystem haben. Lt. Stefan Pietsch existieren diese Verwerfungen aber nur in meinem Kopf. Verwirrend.
Ich bin bereit, dagegen zu wetten 🙂 .
Ich auch.
Wenn der Ex-Chef von Google recht hat, werden wir es bald wissen: In 3 bis 5 Jahren.
Dieser Wandel ist sehr viel schneller als der in den ersten beiden Industriellen Revolutionen. Diesmal werden nicht körperliche oder monotone Arbeiten ersetzt, sondern kognitiv anspruchsvolle. Lt. Schmidt vor allem Programmierer, Mathematiker, Analysten. Time will show.
KI wird die Arbeit verändern, aber nicht verdrängen. Die Debatten hatten wir schon Ende der Neunzigerjahre und die haben wir bei jeder technischen Revolution.
Tatsächlich gehen Forscher seit langem davon aus, dass wie bei früheren technologischen Revolutionen die Art des Arbeitens sich verändern wird. Der Chirurg bekommt mit Modellen ein besseres Gefühl für die bevorstehende Operation, KI steuert präziser einzelne Vorgänge. Damit wird aber nicht der Operateur überflüssig.
Im Finanzbereich wird die relativ stupide Arbeit des Erfassens und Verbuchens von Rechnungen und Lieferungen obsolet. Die Mitarbeiter können für mehr analytische Tätigkeiten und Kontrollfunktionen eingesetzt werden, die gerade in kleinen und mittleren Unternehmen selten ausgeübt werden. Beispiel: Die automatische Erfassung und Abgleich von Eingangsrechnungen mit Bestellungen würde auch mittelständischen Unternehmen jährlich einen höheren fünfstelligen Betrag sparen. Doch weder haben sie bisher die technischen Möglichkeiten noch die Zeit, solche effizientverbessernden Aufgaben auszuüben.
Schon Marx – schlechtes Zeichen, wenn man Linke an den sozialistischen Vordenker erinnern muss – wusste, dass Arbeiter durch die Zusammenarbeit mit Kapital (Maschinen) produktiver werden. Und jeder, der mit geöffneten Augen durch die Welt geht, sieht, dass in Berufen mit hohem technologischen Einsatz viel höhere Einkommen erzielt werden als in einfachen, technisch wenig anspruchsvollen Berufen.
Und diese Jahrhunderte alte Erkenntnis der Menschheit soll plötzlich gegen alle Regeln auf den Kopf gestellt werden?
Das ist grundsätzlich auch meine Annahme. Man sollte aber nicht vergessen, dass das natürlich nur für die Volkswirtschaft als Ganzes gilt; die Disruption wird für Individuen auf jeden Fall krasse Brüche bedeuten.
War das je anders? Anfang der Neunzigerjahre wollte ich Wirtschaftsprüfer werden. Dann stellte ich fest, dass die Veränderungen der Branche nicht zu meinem Charakter passten. Also wurde ich Controller und blieb es knapp ein Jahrzehnt. Aber das stellte mich zufrieden, ich wollte mehr, also übernahm ich das Rechnungswesen und wuchs zum Kaufmännischen Leiter. ich entwickelte mich zu einem Turnaround-Manager, was in der WP-Branche nicht erkenntlich war. Inzwischen sortiere ich mich wieder neu und werde so etwas wie Investor.
Die einen heiraten fünfmal, andere gründen drei Unternehmen, wieder andere scheiden mit Mitte dreißig aus dem Erwerbsleben aus. Das Leben ist disruptiv und das macht es so spannend.
Nö, ich sage nur, dass das den meisten Leuten echt gar nicht behagt, dass viele sich verschlechtern und dass man das nicht ignorieren sollte.
Die Geschichte lehrt, man verschlechtert sich im Kapitalismus selten. Auch nicht individuell.
Äh…das ist schlicht Quatsch.
Wenn das Quatsch, warum geht es den Menschen immer besser?
Den Menschen geht es im Aggregat immer besser, aber das heißt nicht, dass nicht Leute zurückfallen könnten.
Ja, es gibt im Leben immer Gewinner und Verlierer, meist aus eigener (In-) Kompetenz. Nur war das nicht das Thema. Das Thema war, dass sich die meisten (nicht alle) Mittel- und langfristig besser stellen, weil der Mensch sich verbessern will – so ihn das System lässt und nicht behindert.
Ja, das meine ich. Aber wenn du ein Facharbeiter bist in einem Bereich, der durch den Wandel seine Daseinsberechtigung verliert, wirst du aller Wahrscheinlichkeit nach ein Verlierer sein. Die wenigsten Bergarbeiter haben sich nach ihrem Karriereende bei den Bergbaugesellschaften verbessert, beispielsweise.
Auch das gilt nicht so einfach. So sind die meisten Ostdeutschen nach dem Zusammenbruch der DDR besser in der Bundesrepublik angekommen. Mir sind da ein paar Lebensläufe bekannt. Im übrigen Osteuropa gilt das umso mehr.
@ Erwin Gabriel
Welche Attitüde meinst Du?
Die SPD steht nicht nur unter dem von Dir genannten Druck der anderen Parteien. Analog zur CDU (Christen, Kirchen) ist ihr das Fundament (Arbeit/nehm/er) abhandengekommen. Auch mir wird sie immer fremder.
Ich verstehe die Kritik an Stefans Darstellung nicht – was würde denn aus „ernst nehmen“ folgen?
@ CitizenK
Welche Attitüde meinst Du?
Diese „Früher war alles besser? Ja, nee, is‘ klar – brauche ich nicht ernst nehmen“-Attitüde.
Ich habe ein Problem mit einer Prämisse, die ich aus deinem Kommentar herauslese. Die Grünen sind keine Mitte-Partei. Sie in einem Atemzug mit BSW, AfD und LINKEn zu packen ist…problematisch. Ich stell die FDP ja auch nicht mit der AfD als Randpartei gleich.
Ansonsten: ja, junge Menschen neigen eher zu Veränderung (wie du sagst nicht festgelegt in welche Richtung; die NSDAP war auch eine „junge“ Partei). Aber wir haben gerade eher eine Gruppe älterer Menschen, die disruptiv sind, als junge. Das blendest du aus. Ich weise auch die Annahme zurück, dass man im Alter weiser sei und deswegen zu seinen Positionen komme; wir sind letztlich immer in unserer aktuellen Wahrnehmung gefangen, die daher nicht zwingend besser, schlechter, weiser oder naiver sein muss (auch wenn natürlich junge Leute oft unausgegorene Ideen haben; ich als Student, brrrrr).
Mich amüsiert diese Art Artikel halt, weil ich mich ansonsten aufregen müsste. Das Genre ist völlig gleich, egal, welche Seite es schreibt.
Prima, damit hast Du nolens volens eingeräumt, dass die LINKE mit der AfD auf einer Stufe steht. Warum bist Du dann dafür, sie bei Entscheidungen über Richterwahlen einzubeziehen, die AfD aber nicht?
Grundsätzlich, da wiederhole ich mich: Wer kontinuierlich verliert, macht etwas ziemlich falsch. Um wieder erfolgreich zu werden, muss er etwas ändern.
Die SPD wäre ohne ihre Hochburgen Hamburg, mit Abstrichen Berlin und NRW längst im einstelligen Bereich. Das ist so weit von einer Volkspartei entfernt wie eine Partei nur sein kann.
Marine Le Pen wollte die AFD nicht in der EU Parlament Koalition von Rassemblement National haben.
Die SPD ist keine Volkspartei, ich glaube, das ist durch. Und die CDU ist bald keine mehr.
Das müsste aber nicht so sein. Man muss sich immer an den eigenen Ansprüchen messen lassen und danach muss die SPD eben viel falsch machen.
Ich glaube, die können ehrlich gesagt nicht viel richtig machen. Sieht man ja auch international, das ist ja kein SPD-exklusives Problem.
@ Stefan Sasse 1. August 2025, 08:53
Die Grünen … in einem Atemzug mit BSW, AfD und LINKEn zu packen ist…problematisch. Ich stell die FDP ja auch nicht mit der AfD als Randpartei gleich.
Du denkst halt immer im Links-Rechts-Schema. Du hast an der Stelle sicherlich bei den Grünen ein deutlich breiteres Spektrum zwischen links und rechts als bei der AfD, der Linken, oder dem Zwitter BSW. Aber es gibt halt Punkte, wo sich (vorsichtig formuliert) die Grünen ohne große Rücksicht auf Verluste WEIT aus dem Fenster lehnen. Sie machen das nur nicht auf der typischen Links-Rechts-Schiene.
Tut das nicht jede Partei?
@ Stefan Sasse 2. August 2025, 11:06
Tut das nicht jede Partei?
Die LINKE: ja, nach links
Das BSW: ja, nach links und rechts gleichzeitig
Die AfD: ja, nach rechts
Die Grünen: ja, in Richtung Klimaschutz
Die SPD: eingeschränkt ja, in Richtung soziale Absicherung
Die FDP: eingeschränkt ja, in Richtung Wirtschaft (als sie noch eine Stimme war)
Die Union: kann ich nicht erkennen (da erkenne ich gerade gar nichts)
nur meine Wahrnehmungen
Was genau meinst du mit „aus dem Fenster lehnen“? Vielleicht reden wir da aneinander vorbei.
@ Stefan Sasse 4. August 2025, 11:03
Was genau meinst du mit „aus dem Fenster lehnen“? Vielleicht reden wir da aneinander vorbei.
In etwa das: „sich überdurchschnittlich weit in eine bestimmte Position oder Richtung zu Lasten anderer Politikfelder zu orientieren“.
Korrekt, die SPD tut das eigentlich nicht. Die CDU macht es unter Merz wieder mehr, aber sicher auch weniger als die Rand- und Milieuparteien. Nur scheint es ihnen ja so viel auch nicht zu helfen…? Passt zu meiner anderen Skepsis: eventuell sind das einfach so große Dynamiken, dass die Einzelhandlungen gar nicht so wichtig sind.
@ Stefan Sasse 1. August 2025, 08:53
Aber wir haben gerade eher eine Gruppe älterer Menschen, die disruptiv sind, als junge.
Wie so häufig scheinen mir Deine Ausführungen unscharf. Wen genau meinst Du mit „einer Gruppe älterer Menschen, die disruptiv sind“?
Die älteren Leute (50+) sind eher diejenigen, die die disruptiven Kräfte wählen, von UKIP/Reform zu Trump zu AfD.
@ Stefan Sasse 4. August 2025, 11:02
Die älteren Leute (50+) sind eher diejenigen, die die disruptiven Kräfte wählen, von UKIP/Reform zu Trump zu AfD.
Zur UKIP kenne ich mich nicht aus, Trump ist nicht vergleichbar.
AfD: Die CDU hat damals einen Linksschwenk gemacht, den der rechte Flügel (= AfD-Gründung) nicht mitgemacht hat. Kann stehenbleiben disruptiv sein? Und wenn die Älteren die „Bösen“ sind – warum hat sie dann so viele junge Wähler?
LINKE: Diese Partei spricht gerade sehr viele junge Menschen an, und rappelt sich damit gerade zu einer Stärke auf, dass ihre disruptive Kraft wirksam wird.
Ist vielleicht ein bisschen schlicht,Dein Argument? 😉
Nur weil du mein absichtlich neutral gewähltes „disruptiv“ als „böse“ übersetzt. Aber deine „vielleicht ein bisschen schlichte“ These war, dass die jungen Leute besonders disruptiv seien, dem setze ich den genannten Datenpunkt entgegen. Disruption kann gut oder schlecht sein. Ich halte, wenig überraschend, die von der AfD für nicht so gut, aber das kann man durchaus anders sehen.
4) The Dangers of Weaponizing Antisemitism
Ich habe das Gefühl, die Riege der Israel-Verteidiger*innen – pars pro toto die Springerpresse und verbundene Kräfte – durch ihren Absolutismus denselben Fehler macht, den sie (nicht zu Unrecht) den Progressiven in der ganzen Rassismus- und Sexismusdebatte vorwerfen: nur Schwarz und Weiß zu sehen und eine Debatte auszuschließen.
Hhhm …
Ich kenne wirklich niemanden, gut findet, was Israels Armee im Gaza-Streifen (und, meist unter dem Radar, imWestjordanland) abzieht – niemanden!
Ich kenne anti- und pro-israelische Haltungen:
Die Anti-Israel-Fraktion banalisiert und rechtfertigt ständig die Taten der Hamas, empfindet die über 1.100 Toten durch den Überfall der Hamas am 07. Oktober 2023 irgendwie als „gerecht“, die ständigen Bombardierungen und Terroranschläge gegen Israel als „Notwehr“, akzeptiert das Verstecken der islamischen Terroristen hinter Krankenhäusern, Kindergärten und Zivilisten als logisch („was sollen sie sonst tun – sich einfach erschießen lassen?“).
In dieser Fraktion sind eigentlich alle so unterwegs, dass sie die Auslöschung Israels wünschen oder billigend in Kauf nehmen.
In der Pro-Israel-Fraktion gibt es zwei Gruppen: Die einen sagen „Ja, Israel wurde angegriffen und darf sich verteidigen, aber keinesfalls so“, die andere Gruppe sagt „Israel wurde angegriffen und geht extrem brutal vor, aber einen anderen Weg, die Bedrohung durch den Hamas-Terror auszuschalten, sehe ich nicht“.
Keiner aus diesen Gruppen fordert die Auslöschung und Vernichtung der Palästinenser, jeder würde eine Zwei-Staaten-Lösung oder irgendeine andere Lösung akzeptieren, die Frieden bringt.
Schwarz-weiß debattiert nur die erste Gruppe.
So sehe ich das auch.
Keiner aus diesen Gruppen fordert die Auslöschung und Vernichtung der Palästinenser,
Naja, es gibt diese Gruppe in der israelischen Regierung und diese prägt diese inzwischen nicht mehr tolerierbare Kriegspolitik der israelischen Regierung. Und diese Truppe, hat kein Interesse an der Zwei Staaten-Lösung.
Das Kriegsziel der völligen Unterwerfung wird nicht zu erreichen sein (zumindest nicht auf eine Art, die eine Fortführung der Beziehungen zwischen Deutschland und Israel ermöglichen würde) Solange aber die USA keinen Druck ausüben, wird das Sterben in Gaza weitergehen.
Klitzekleine Korrektur:
Wenn die Hamas-Regierung des Gaza-Streifens morgen ihre Waffen niederlegt, kapituliert und die restlichen (wahrscheinlich toten) Geiseln übergibt, endet das Sterben. Warum übersieht jede/r gegenüber der Hamas generös diese Option????
Nicht meine Wahrnehmung. Und ich nehme mich dezidiert da raus, ich habe ja jahrelang grundsätzlich gar nichts zum Konflikt geschrieben, weil ich es für so fruchtlos halte. Ich sammle gerade Material für eine Podcastfolge, brauche nur noch einen Gast 😀 Dann mehr zum Thema.
5) Zuerst das Land – dann seine Zuwanderungsgeschichten!
Ich möchte gar nicht dagegen argumentieren, dass das total wertvoll ist, aber Stoldt reduziert den Wert von Zuwanderungsgeschichten ausschließlich darauf, ob sie Mitte-Rechts-Positionen stützen. Wenn sie das tun, sind sie wertvoll, wenn nicht, nicht. Und das ist höchst problematisch.
Ich lese das nicht so heraus wie Du. Es geht dem Autoren nicht um Migranten, die Mitte-Rechts-Positionen stützen, sondern um Migranten, die akzeptieren, dass sie zu Gast in einem fremden Land sind, und dass es nicht ihre primäre Ausgabe ist, dieses Land zu ihrem Land zu machen und die bisherigen Bewohner zu geduldeten Gästen.
Sie unterliegen einem alten wie fremdenfeindlichen Irrtum. Es geht hier um Menschen, welche die deutsche Staatsbürgerschaft haben, ja hier geboren sind. Sie sind keine „Gäste“. Deutschland ist genauso ihr Land wie es Ihres und meines ist.
@ Narf 31. Juli 2025, 12:23
Sie unterliegen einem alten wie fremdenfeindlichen Irrtum.
Eine gewagte Aussage, mir Fremdenfeindlichkeit zu unterstellen. Aber von mir aus; ich nehme bei Ihnen einen vergleichbaren Irrtum in die andere Richtung wahr.
Es geht hier um Menschen, welche die deutsche Staatsbürgerschaft haben, ja hier geboren sind. Sie sind keine „Gäste“. Deutschland ist genauso ihr Land wie es Ihres und meines ist.
Was ändert das an meiner Aussage? Wenn ich mich in Saudi-Arabien einbürgern lasse, bin ich zwar von Gesetz wegen saudischer Staatsbürger. Ich sollte trotzdem nicht biertrinkend in der Öffentlichkeit herumlaufen. Wenn nun Saudi-Arabien mein neues Heimatland ist und ich Teil der dortigen Gesellschaft bin, sollte ich mich trotzdem nicht so benehmen, als wäre ich es nicht.
Falls ich mich hier nicht ausreichend klar ausgedrückt haben sollte, lesen Sie bitte ergänzend meinen Kommentar zu Beitrag 3) weiter oben, um besser einordnen zu können, was ich meine.
es grüßt
E.G.
Wenn man in Saudi-Arabien öffentlich Alkohol trinkt, wandert man zunächst mal in den Knast, da solche Aktivität dort illegal ist.
S-A ist allerdings ein schlechtes Beispiel, da es eine monarchistische Diktatur ist. Die Menschen sind dort Untertanen, keine Bürger.
Gehen wir aber mal – grob gesagt – von einem demokratischen Land mit Freiheits- und Bürgerrechten aus, indem das Trinken von Alkohol in der Öffentlichkeit illegal ist. Dort würde man für die Handlung zwar auch verurteilt werden, aber gerade als Staatsbürger hätte man das gute Recht, für eine Gesetzesänderung einzutreten, die das Trinken von Alkohol in der Öffentlichkeit nicht mehr unter Strafe stellt. Man ist kein „Gast“, also nicht zu Besuch. Man lebt in diesem Land und ist damit unweigerlich Teil der Gesellschaft. Eingebürgerte Menschen als „Gäste“ zu bezeichnen, ist daher definitiv fremdenfeindlich. Das gleiche gilt mMn für Menschen, die zwar keine Staatsbürger sind, aber in diesem Land ihren Lebensmittelpunkt haben. Sie genießen ebenfalls gewisse, wenn auch nicht so umfangreiche, Rechte, die Richtung der Gesellschaft mitzubestimmen, und sind keine „Gäste“.
Das Eingliedern in eine Gesellschaft heißt nicht, dass man sich dieser um jeden Preis unterordnen muss.
Nun lassen Sie mal die Kirche im Dorf. Eugen sprach von „Migranten“ und Migranten haben eine Reihe von Jahren nicht die Staatsbürgerschaft des Landes, in das sie eingewandert sind. Und es hat seinen Grund, warum Migranten über teils viele Jahre keinen dauerhaften Aufenthaltsstatus erhalten und die Staatsbürgerschaft typischerweise erst nach einer intensiven persönlichen Prüfung verliehen wird. Offensichtlich doch um zu sehen, ob sich derjenige „unterordnet“.
Das Seltsame auch bei klassischen Einwanderungsländern ist nämlich, dass sie es nicht mögen, wenn ihr Land durch Migranten auf links gedreht wird.
Sicher, in Deutschland haben wir aufgrund des Einflusses der Kleinpartei die Grünen und woker Medien ein etwas anderes Verständnis. Zumindest in Berlin wird die deutsche Staatsbürgerschaft inzwischen per Internet-Klick vergeben, persönliches Vorsprechen ist nicht mehr erforderlich. Wer will schon wissen, wer hier zukünftig alle Rechte als deutscher Staatsbürger hat?
Im Ausgansartikel geht es um Politiker_innen mit Zuwanderungsgeschichte – diese Migrant_innen haben also einen deutschen oder einen EU-Pass.
Der Einwand von Narf ist damit völlig korrekt. Jemand mit deutschem Pass ist kein Gast. Im Übrigen hat Erwin dieser Klarstellugn von Narf nicht widersprochen, sondern ist der Meinung es verändere seine Aussage nicht.
@ David 1. August 2025, 14:08
Im Ausgansartikel geht es um Politiker_innen mit Zuwanderungsgeschichte – diese Migrant_innen haben also einen deutschen oder einen EU-Pass.
Vielleicht liegt hier einfach nur ein Mißverständnis vor.
Ich habe mich auf den folgenden Satz von Stefan Sasse bezogen:
„Ich möchte gar nicht dagegen argumentieren, dass das total wertvoll ist, aber Stoldt reduziert den Wert von Zuwanderungsgeschichten ausschließlich darauf, ob sie Mitte-Rechts-Positionen stützen.“
Ich habe das aus dem Artikel nicht herausgelesen, sondern verstanden, dass der Autor (grund)gesetzkonformes Verhalten angesprochen hat, ohne sich explizit auf einer politischen Rechts-Links-Schiene zu bewegen.
Wenn der Streit nun darüber entbrennt, ob ich jemanden mit Migrationshintergrund, der bereits eingebürgert wurde, mit der Bezeichnung „Gast“ einfach mitgemeint und deshalb nicht klar genug ausgedrückt habe, oder ob das bereits Ausdruck rassistischer Gesinnung meinerseits ist, stehe ich ein bisschen staunend vor der Situation, aber entschuldige mich gerne.
Natürlich ist jeder Eingebürgerte ein Bürger dieses Landes, mit allen Rechten – aber auch mit allen Pflichten.
@ Narf 1. August 2025, 12:02
Wir haben seit vielen Jahren eine Zuwanderung aus Gegenden der Welt, in der die Rechte von Frauen, die Toleranz gegenüber anderen Religionen oder sexuellen Orientierungen nicht ganz so hoch gehalten wird wie im Rest der Gesellschaft. Die Folgen dieser Art von Intoleranz lässt sich in Zeitungen oder in Statistiken nachlesen.
Wer als Zuwanderer seine Religion über den Staat stellt, Gewalt gegen Andersgläubige ausübt, Frauen massiv unterdrückt und in ihrer Freiheit einschränkt etc., sollte in unserer Gesellschaft – ob eingebürgert oder nicht – keinen Platz eingeräumt bekommen. An dieser Stelle finde ich, dass der Staat mit dem Einbürgern bestimmter Menschen teilweise vorschnell gehandelt hat.
Wiederum:Wenn frisch zugereiste, sich schon länger hier aufhaltende, eingebürgerte oder hier Geborene andere Menschen achten und sich in die Gesellschaft einbringen, sind sie herzlich willkommen.
Wenn Sie darauf bestehen, diese Meinung „rassistisch“ zu nennen, kann ich das auch nicht ändern. Ich werde mich deswegen nicht von der Türschwelle stürzen.
Der Unterschied liegt genau wo? Ich meine, ihr habt doch immer den Linken vorgeworfen, dass sie genau die Haltung nicht haben?
@ Stefan Sasse 1. August 2025, 08:55
Der Unterschied liegt genau wo? Ich meine, ihr habt doch immer den Linken vorgeworfen, dass sie genau die Haltung nicht haben?
Mein ewiges Thema: Wer sein Verhalten an den Werten des Grundgesetzes orientiert, ist von mir hier wohlgelitten. Wer nicht, der nicht.
Mir ging es nur um den Punkt, den Du angesprochen hast: Nach meinem Verständnis ging es dem Autoren nicht ums Abfeiern nur von konservativen Politikern (mit Migrationshintergrund). Ich habe nicht herausgelesen, dass er andere ausschließt.
a) Wir finden mal wieder „Einsparpotenzial“ bei den Schwächsten. (T-Online)
Und mein Gott, das sind exakt dieselben Debatten wie vor 15 Jahren. Wir drehen uns echt komplett im Kreis.
Ganz ehrlich – was erwartest Du, wenn man lange bekannte Probleme nicht löst? Dass sie verschwinden? Natürlich dreht man sich da im Kreis, und wird es auch die nächsten zehn Jahre tun.
b) Guter Artikel zu Cannae (War on the Rocks).
Spannend; Danke!
g) Die Drohung der Arbeitgeber. (Twitter)
Ja, und? Die „Arbeitgeber“ werden ständig bedroht durch Wort und Tat.
Spannend wird es noch nicht einmal dann, wenn „einige die Systemfrage stellen“, sondern erst, wenn konkreteMaßnahmen eingeleitet werden.
1) Macht die Schulen endlich hitzefest – oder verlängert die Ferien!
Mich ödet echt diese deutsche Nabelschau an. 65 Millionen Deutsche (abzüglich Migranten und Ausländer) sehen sich als der Mittelpunkt der Welt.
Nur wenige Länder zerfetzen die Schulzeit wie die Deutschen. Welchen Sinn das hat? Keinen. Wer erinnert sich nicht: In der Zeit zwischen den Ferienpunkten musste immer Gas mit den Klassenarbeiten gegeben werden. Direkt danach und davor konnte ja nicht geschrieben werden.
Die Menschen nehmen 40-60 Prozent ihrer ihnen zustehenden Urlaubszeit in den Sommermonaten. Was macht es auch für einen Sinn im November oder Januar zu urlauben oder gar zu verreisen (Skifahrer ausgenommen)? Es macht aus diesen Gründen Sinn, die Sommerferien auf 2-2 1/2 Monate auszuweiten und die übrige freie Zeit zu kürzen.
Dann behauptet der Artikel falsche Tatsachen. Gut 70 Prozent der Frauen sind überhaupt erwerbstätig, doch die Hälfte ist in Teilzeitbeschäftigung. Frauen arbeiten 32 Stunden im Schnitt, Männer 38 Stunden. Letztere wollen ihre Arbeitszeit in der Tendenz deutlich verkürzen. Gleichzeitig bleibt die Geburtenrate bestenfalls stabil auf niedrigem Niveau. Warum Kinder da mehr Fremdbetreuung brauchen, liegt allein von den Daten nicht auf der Hand.
2) Unsere Demokratie kann eine solche Kraft aushalten. Warum wird das nicht gesagt?
Die schlichte Tatsache ist: Ein wesentlicher Teil der Wähler wird aufgrund ihrer Einstellungen von der politischen Teilhabe ausgeschlossen. Hier sind es 25 Prozent AfD-Anhänger, dort 4 Prozent FDP-Parteigänger, dort 5 Prozent BSW-Sympathisanten und noch ein paar andere. Die Akzeptanz der Demokratie wird durch den breiten Ausschluss von Bürgern an der politischen Teilhabe beschädigt, nicht durch deren Teilhabe. Eine repräsentative Demokratie lebt von der Repräsentanz. Das ist in diesem Deutschland völlig in Vergessenheit geraten.
Linke verstehen zunehmend unter „die Demokratie verteidigen“ ihre eigenen Ansichten durchsetzen, notfalls gegen eine Mehrheit der Bevölkerung. Man kann in einer Demokratie Wähler nicht bekämpfen, es sei denn man sperrt sie ein. Dann ist es aber keine Demokratie mehr.
Wo werden FDP-Anhänger wegen ihrer Einstellung von politischer Teilhabe ausgeschlossen?!
Wenn ich richtig informiert bin, ist die FDP an der Sperrklausel des Wahlrechts gescheitert.
Ja, und inwiefern werden die dann wegen ihrer Einstellung ausgeschlossen und nicht, weil sie eine Wahl verloren haben?
Stefan, Du weißt hoffentlich, was eine repräsentative Demokratie ist? Das bedeutet, Wähler werden durch Abgeordnete vertreten, also Politiker, die sie wählen. Die FDP-Wähler haben FDP-Politiker gewählt, die sie nun nicht vertreten können. Vertreten heißt, im Parlament an der Gesetzgebung mitzuwirken.
Wir hatten diese Debatte ausführlich: Die Sperrklausel ist ein technisches Konstrukt des Wahlrechts im Widerspruch zum Demokratieprinzip. Karlsruhe hat an dem Sachverhalt auch nie Zweifel gelassen. Das ist so lange hinzunehmen (und dagegen spreche ich nicht!), so lange es wirklich der Funktionsfähigkeit des Parlaments dient und nicht „zu viele“ Stimmen von der Teilhabe ausgeschlossen werden.
Aber zweifellos sind die ursprünglichen FDP-Wähler von der Repräsentanz ausgeschlossen.
Ja, aber nicht „wegen ihrer Einstellung“. Du wirfst das mit der AfD in einen Topf, wo Leute im Parlament sitzen und man sie von Kooperation ausschließt. Das ist aber für die FDP nicht der Fall. Die hatte nicht genug Leute, die sie wählen wollten. Tragisch, aber kein demokratisches Problem. 4,9% der BSW-Wählenden sind ja auch nicht repräsentiert (zum Glück).
@ Stefan Pietsch 31. Juli 2025, 12:07
2) Unsere Demokratie kann eine solche Kraft aushalten. Warum wird das nicht gesagt?
Die schlichte Tatsache ist: Ein wesentlicher Teil der Wähler wird aufgrund ihrer Einstellungen von der politischen Teilhabe ausgeschlossen.
Da habe ich jetzt sehr lange darauf herumgekaut. Ich kann mich aber dieser Sicht nicht anschließen.
Wenn beim Kochen alle mitentscheiden, was in den Kopf kommt, wird es nachher niemandem schmecken – man braucht einen Koch. Ich denke, dass Politik eine halbwegs erkennbare Richtung braucht. Wenn Du also allen Bürgern / Wahlberechtigten dieses Landes eine gleichwertige Stimme gibst, kommt nichts dabei raus, da sie sich gegenseitig neutralisieren. Eine Fünf-Prozent-Hürde halte ich für sinnvoll und angebracht. Wer die nicht schafft, hat mit seinen Ideen und Argumenten zu wenig Bürger überzeugen können.
Außerdem kann ich eine Nicht-Teilhabe von anderen als den Regierungsparteien nicht erkennen. Die AfD beispielsweise ist trotz aller „Ausgrenzung“ sehr präsent, und auch die Grünen oder die LINKE schaffen es durchaus, sich bemerkbar zu machen, und alle drei beeinflussen die Gesetzgebung mit. Meiner Befürchtung nach wird die AfD beim nächsten Mal stärkste Fraktion, spätestens beim übernächsten Mal sogar in der Regierung sitzen.
Und so sehr ich die Grundrichtung der FDP, unseren mittelständischen Unternehmen und Selbstständigen ein besseres Umfeld zu bieten, von ganzem Herzen unterstütze, scheinen offenbar nicht einmal diese Zielgruppen die Partei für überzeugend genug zu halten, um sie zu wählen. Diese Politik aufs Abstellgleis zu schieben, wird natürlich Konsequenzen haben, die man nicht mag. Aber wie so oft in der Politik wird das Gros der Wähler die Konsequenzen erst dann erkennen, wenn es zu spät ist (und sie vermutlich nicht mal mit ihren Wahlentscheidungen in Verbindung bringen).
Aber so ist das nun mal, so ist es immer gewesen.
Ja, das sehe ich auch so.
Das oberste Prinzip ist das demokratische. Das steht in der Verfassung. Ein Verfahren, ein Prozess ist nur dann demokratisch, wenn jede Stimme gleich zählt. Ein Gemeinwesen, in dem die Stimme bestimmter Bürger – nach Einkommen, Herkunft, Status – mehr zählt als die anderer ist nicht demokratisch. Das Prinzip lernen wir bereits als Kinder: One man, one vote.
Das Bundesverfassungsgericht hat regelmäßig Wahlen verworfen, wenn dieser Grundsatz verletzt wurde. So musste in Berlin die Bundestagswahl wiederholt werden, weil einzelne Bürger einen Informationsvorprung vor anderen hatten und andere Stimmen (vermutlich) nicht gezählt wurden.
Jedes Prinzip kann zwar eingeschränkt werden, darf aber in seinem Wesenskern nicht verletzt werden. Die Sperrklausel steht nicht im Grundgesetz, sondern im Wahlgesetz. Sie ist eine politische Konvention, keine verfassungsrechtliche Notwendigkeit. Sie kann und muss herabgesetzt oder aufgehoben werden, wenn sie dem demokratischen Grundprinzip eklatant widerspricht. So gilt für Wahlen zum Europaparlament keine Sperrklausel, weil der eigentliche Sinn – Arbeitsfähigkeit des Parlaments – durch sie nicht herbeigeführt wird.
Überleg‘ selbst: Wäre eine Sperrklausel denkbar, nach der 50 Prozent der abgegebenen Stimmen nicht im Parlament ihre Repräsentanz finden würden, weil die eigentlich gewählten Parteien an einer Sperrklausel scheitern würden? Beantworte erst diese Frage für Dich. Wahrscheinlich ist sie einfach, denn es leuchtet ein, dass eine solche Regel unserem inneren Empfinden eklatant entgegensteht.
Bei den meisten Bundestagswahlen blieben nur 4-6 Prozent der Wählerstimmen von der parlamentarischen Teilhabe ausgeschlossen. Das galt immer als hinnehmbar. Aber dieser Anteil wächst seit zwanzig Jahren. Die Ampelregierung wollte weitere Wählerstimmen ungültig stempeln, weshalb ihr Wahlgesetz teilweise scheiterte. Die regierenden Parteien können nicht beliebig Wählern die parlamentarische Repräsentation verwehren. Und es gibt nicht das verfassungsrechtliche Prinzip „Pech gehabt“.
Gesetze werden vom Parlament erlassen. Nicht von der Bundesregierung und schon gar nicht von Parteien außerhalb des Parlaments. Gesetze sind die Vorschriften, an die sich alle Bürger halten müssen. Dann sollten nach den demokratischen Regeln auch alle darüber abstimmen. FDP- und BSW-Wähler müssen sich auch an diese Gesetze halten, obwohl ihre Vertreter überhaupt kein Mitspracherecht haben.
Dem steht die Koalitionsfreiheit nicht entgegen. Abgeordnete und Fraktionen dürfen sich zusammenschließen, solange dies freiwillig geschieht. Deswegen widerspricht ein formaler Fraktionszwang auch dem Demokratieprinzip. In der Union ist dies ausdrücklich ausgeschlossen, die Abgeordneten sind bei Abstimmungen frei. Konvention in der Fraktion ist nur, dass Abgeordnete, die anders abstimmen wollen, sich am Vorabend bei der Führung melden („Beichtstuhl“).
Wie relevant das ist, sieht man an den Alternativen. Wären FDP und BSW im Bundestag, gäbe es keine schwarz-rote Bundesregierung mit sehr klarem linken Einschlag, sondern eine Deutschland-Koalition mit stärkerem wirtschaftsliberalem Gewicht, so wie die Mehrheit der Wähler auch abgestimmt hat. Stefan sagt, so ist es im lieber. Aber, was hat das mit dem Demokratieprinzip zu tun?
Die AfD ist ohne relevanten Einfluss. Sie ist Oppositionsführerin, führt aber keinen einzigen Ausschuss, in dem die Gesetze vorbereitet werden. Das ist gegen alle parlamentarischen Regeln, denn in Demokratien obliegt z.B. die Führung des Haushaltsausschusses meist der größten Oppositionspartei. In der Legislaturperiode 2017-2021 mit den Pandemiejahren beschnitten sich die oppositionellen Fraktionen der Grünen und der FDP sogar freiwillig in ihren Rechten. So scheiterte die FDP mehrmals mit dem Begehren einer Normenkontrollklage vor dem Bundesverfassungsgericht, weil die Grünen ihre Unterstützung verweigerten und die Liberalen nicht die Stimmen der AfD haben wollte. Wenn heute die Grünen klagen, dass die Regierung ihr nicht bei der Wahrung von Oppositionsrechten hilft, weil sie in der gleichen Zwickmühle sind, sollten sie sich an diese Zeiten erinnern.
Das alles ist nicht im Sinne der parlamentarischen Demokratie und nicht des Wählerwillens. Das lässt sich nun wirklich nicht behaupten. Und das nur, weil man die AfD in jeder Form von der Teilhabe fernhalten will.
Die AfD als „ohne relevanten Einfluss“ zu bezeichnen halte ich für gewagt.
Dann benenne ihn doch einfach statt herumzumurmeln. Wohlgemerkt, es geht nicht um die politische Relevanz – Berichterstattung, vermutete Reaktionen anderer Parteien – sondern das, wofür ein Parlament gewählt wird: Gesetzgebung, Kontrolle der Regierung (Untersuchungsausschüsse, Normenkontrollklagen etc.). All das übrigens, was außerparlamentarischen Parteien auch verwehrt ist.
@ Stefan Pietsch 4. August 2025, 20:08
Dann benenne ihn doch einfach statt herumzumurmeln. Wohlgemerkt, es geht nicht um die politische Relevanz – Berichterstattung, vermutete Reaktionen anderer Parteien – sondern das, wofür ein Parlament gewählt wird: Gesetzgebung, Kontrolle der Regierung (Untersuchungsausschüsse, Normenkontrollklagen etc.). All das übrigens, was außerparlamentarischen Parteien auch verwehrt ist.
Es gibt Parteien, die im Bundestag und in der Regierung sind; es gibt Parteien, die im Bundestag sind, aber nicht in der Regierung; es gibt Parteien, die es nicht in den Bundestag geschafft haben. Jede dieser Gruppen hat andere Wirkmöglichkeiten. It’s not a bug, it’s a feature – das soll so sein.
Ansonsten tritt einen Schritt von Deinen eigenen politischen Vorstellungen zurück, und schau dann nochmal auf das Prinzip (das tust Du trotz aller Beteuerungen nämlich nicht). Ich nehme an, dass es Dir ganz recht ist, dass die LINKE mit ihren immer wieder aufpoppenden Enteignungsphantasien nicht mit in der Regierung sitzt?
Zustimmung.
Da Du nie als Vorstand gearbeitet hast, ist Dir da eine Lebenserfahrung entgangen, die Dir hier hätte nützlich sein können.
Der Deutsche Bundestag ist eine Verfassungsinstitution. So wie der Deutsche Bundesrat und das Bundesverfassungsgericht. Anders als der Bundespräsident und der Bundeskanzler handelt er gemeinschaftlich. Seine Entscheidungen können wie bei Bundesrat und Bundesverfassungsgericht nur durch die Summe ihrer Mitglieder, also per Mehrheitsentscheid, getroffen werden.
Es ist undenkbar, dass man einzelne Länder von der Abstimmung im Bundesrat ausschließt oder bei Abstimmungen nur so tut, als hätten sie ihre Stimme nicht abgegeben (neutral stellen). Genauso undenkbar ist es, das Votum einer Richtergruppe auszublenden, in dem sich die anderen verabreden, in jedem Fall anders zu entscheiden.
Im Deutschen Bundestag tun die anderen Parteien genau das mit der AfD. Es darf keinen Beschluss geben, an dem die AfD mitgewirkt hat. Gibt es eine Mehrheit, aber sind hier AfD-Abgeordnete miteingeschlossen, gilt er de facto nicht. Sogar Gespräche zwischen den Abgeordneten darf es nach Ansicht der linken Parteien im Plenum nicht geben.
Auch der Vorstand einer Kapitalgesellschaft handelt immer gemeinschaftlich. Es gibt juristisch keine Mitglieder erster und zweiter Ordnung. Und wenn der Eigentümer, die Hauptversammlung, 50 Vorstände haben will, dann ist das so und vom Vorstandsvorsitzenden wie dem CFO hinzunehmen.
Übrigens ist es prinzipiell auch nicht hinnehmbar, dass die Stimme von Aktionären, die nur eine Aktie besitzen, nicht gezählt und nicht im Aufsichtsrat berücksichtigt wird, sozusagen mit einer Sperrklausel.
Die Frage, ob die Sperrklausel auch dann noch verfassungskonform ist, wenn die Wählerstimmen auf sehr viele Parteien gesplittet werden, beschäftigte mich schon im zweiten oder dritten Semester Öffentliches Recht. Das war Mitte der Achtzigerjahre. Die heutige Situation war damals nicht in Ansätzen absehbar. Und die Frage ist wie so oft damit zu beantworten: Es kommt darauf an. Und zwar, Erwin, nicht ob es irgendjemanden politisch gefällt, sondern ob das demokratische Prinzip gewahrt bleibt und nicht zur Farce verkommt.
Der Wähler Stefan P. hat keinen gewählten Vertreter im Parlament, muss sich aber dennoch an alle dort getroffenen Beschlüsse halten. Das ist ein demokratisches Problem.
Und noch etwas: Das Parlament wählt die Regierung. Auch da konnten meine Vertreter nicht mitwählen. Wer im Parlament sitzt und wer in der Regierung, das sind zwei Paar Schuhe. Man muss auch nicht Aktionär sein, um Vorstand eines Unternehmens zu werden.
@ Stefan Pietsch 4. August 2025, 12:22
One man, one vote.
Ist in der Regel gegeben.
Überleg‘ selbst: Wäre eine Sperrklausel denkbar, nach der 50 Prozent der abgegebenen Stimmen nicht im Parlament ihre Repräsentanz finden würden, weil die eigentlich gewählten Parteien an einer Sperrklausel scheitern würden?
Wenn 50 Kleinstparteien mit je 1 % Stimmanteil nicht ins Parlament kommen, wäre ich dankbar für die Sperrklausel.
Wären FDP und BSW im Bundestag, gäbe es keine schwarz-rote Bundesregierung mit sehr klarem linken Einschlag, sondern eine Deutschland-Koalition mit stärkerem wirtschaftsliberalem Gewicht, so wie die Mehrheit der Wähler auch abgestimmt hat.
Hätte, hätte, Fahrradkette …
Das ist nur eine Vermutung. Ebenso wahrscheinlich wäre, dass SPD und FDP nach dem Ampel-Desaster nicht zusammen könnten. Eine Mehrheit, mit der AfD zusammenzugehen, hätten sie intern auch nicht bekommen; haben sie ja nicht mal mit dem Versuch, die Grenzen dichtzumachen.
Vielleicht wäre das Ergebnis eine Koalition von SPD, Linken, Grünen und BSW geworden? Wer weiß das schon …
3) Zwischen Christdemokratie und Rechtspopulismus
Die CDU des Helmut Kohls hätte nie mit der LINKEN verhandelt. Die CDU der Achtzigerjahre stand für Steuersenkungen und Schuldenbegrenzungen, während unter dem Neo-Konservativen Merz ohne Wiedervereinigung die Schulden gigantische Höhen erklimmen und Steuersenkungen ein feuchter Traum alter Parteigänger ist. Die damalige CDU vertrug einen Manfred Kanther und nominierte einen Paul Kirchhoff für das Bundesverfassungsgericht. Die Merz-CDU hat Angst, die SPD könnte ihr Kram sein wenn sie eine linksradikale Juristin nicht wählt.
Wenn der Autor das so sieht, dann liefert er jenen das Argument, die die AfD als die neue CDU verkaufen wollen.
Die CDU Helmut Kohls musste sich der Frage schlicht nie stellen.
Sorry, Stefan, aber das Personal spricht schon dagegen. Du hast Alfred Dregger, Manfred Kanther, Rupert Scholz, Stoltenberg, Walter Wallmann und andere nicht gekannt, aber das wäre mit ihnen nicht machbar gewesen.
Merz selbst hat im Wahlkampf angekündigt, in einem solchen Fall der Fälle in die Opposition zu gehen. Wir sehen, was von seinen Worten zu halten ist.
@ Stefan Sasse 1. August 2025, 08:57
Die CDU Helmut Kohls musste sich der Frage schlicht nie stellen.
Oh doch. Es ist das große Verdienst Helmut Kohls als Parteiführer, dass er diese Frage über lange Zeit lösen konnte.
Es gab in der CDU diesen großen Kern in der Mitte ohne spezifische politische Vorstellungen; denen das große, warme Bett aus ein bisschen Konservatismus, ein bisschen Kirche, West-Bindung, Wirtschaftsfreundlichkeit etc. genügte. Die waren weniger geprägt von dem, was sie wollten, sondern eher dadurch, was sie nicht wollten; sie „eilten“ unter der Führung von Kohl den Veränderungen unserer Gesellschaft eher auf Rufweite hinterher.
Es gab aber auch einen sehr ausgeprägten „sozialromantischen“ Flügel in Richtung der christlich geprägten Gewerkschaften mit Vertretern wie Rita Süssmuth, Hans Katzer und Norbert Blüm („die Rente ist sicher“), genauso einen rechten, konservativen Flügel, mit Vertretern wie Alfred Dregger, Manfred Kanther oder später Roland Koch. Kohl hat beiden Flügeln eine Stimme (und Positionen) gegeben, ohne sich je vereinnahmen zu lassen.
Merkel hat die Union weiter nach links (bzw. in die Mitte, die von ihr als Position zwischen klassischer CDU und klassischer SPD angestrebt wurde) ziehen wollen. Dazu hat sie nicht die ganze Partei bewegt, sondern den konservativen Flügel abgeschnitten; deren Stimmen verstimmten in der CDU. Einige maßgebliche Vertreter dieser Richtung haben dann die AfD gegründet.
Die CDU war nie eine „rechte“ Partei gewesen, genauso, wie früher die SPD keine „linke“ Partei gewesen war; beides Parteien der Mitte mit unterschiedlichen Schwerpunkten, die es aber schafften, die Ränder mitzunehmen. Und wo die Union heute darunter leidet, dass Angela Merkel die Konservativen vergrault hat, leidet die SPD darunter, dass Gerhard Schröder die Linken vergraulte.
Aber die Fragen stellten sich früher durchaus, sie wurden nur deutlich anders gelöst.
Ich gehe bei der Zustandsbeschreibung mit, bin aber etwas unsicher, ob in der Analyse da nicht quasi aus der Retrospektive argumentiert wird. Was ich meine: WEIL unter Kohl und Scharping/Lafontaine/Schröder die beiden noch Volksparteien waren, die größere Flügel integrierten, und das heute NICHT mehr der Fall ist, MUSS der Grund in den spezifischen Aktionen Merkels und der ganzen SPD-Riege seither zu suchen sein. Das ist aber nicht zwingend so. Was mich skeptisch stimmt ist, dass das eine weltweite Bewegung ist; fast alle konservativen und sozialdemokratischen Parteien leiden unter dieser Entwicklung. Eine rein deutsche Ursache scheint mir daher zu kurz gegriffen.
@ Stefan Sasse 4. August 2025, 19:55
WEIL unter Kohl und Scharping/Lafontaine/Schröder die beiden noch Volksparteien waren, die größere Flügel integrierten, und das heute NICHT mehr der Fall ist, MUSS der Grund in den spezifischen Aktionen Merkels und der ganzen SPD-Riege seither zu suchen sein.
Ja, zutreffend. Gerhard Schröder hatte die bestehende systemische Verkrustung aufbrechen wollen, und inszenierte sich als „Genosse der Bosse“. Er (bzw. zutreffender Franz Müntefering, der wirklich kluge Kopf hinter Schröders Erfolg) wollte damit auf die sich verändernden gesellschaftlichen Entwicklungen reagieren. Daraufhin ist Oskar Lafontaine, seit jeher zu intellektuell fürs Pragmatische und eher der Theorie verschrieben, ausgestiegen. Damit war der linke Flügel tot bzw. wanderte in eine linkere Partei ab, die SPD wurde endgültig eine Partei (nur noch) der Mitte.
Auch Angela Merkel hat gemerkt, dass sich die früher geltende politische Geographie auflöste, auch sie strebte stärker in die Mitte. Auf den schwächer werdenden rechten Flügel nahm sie keine Rücksichten und schickte deren Vertreter (bis auf Schäuble) in die Wüste. Da es rechts der CDU nix mehr gab, wurde hier eine Partei neu gegründet.
Was mich skeptisch stimmt ist, dass das eine weltweite Bewegung ist; fast alle konservativen und sozialdemokratischen Parteien leiden unter dieser Entwicklung. Eine rein deutsche Ursache scheint mir daher zu kurz gegriffen.
Wo ist der Widerspruch?
Natürlich hast Du in anderen Ländern teilweise gleiche Entwicklungen.Wenn der allgemeine Wohlstand zu hoch ist, um auf Klassenkampf zu machen, sterben die Klassenkampf-Parteien aus. Die italienische Democrazia Cristiana hat die Entwicklungen verpasst; es reichten wie beim sozialdemokratischen Gegenstück, der Partito Socialista Democratico Italiano, ein paar Skandale, um beide in die Auflösung zu treiben.
Da hast Du auf der einen Seite parallele Entwicklungen in unterschiedlichen Gesellschaften, aber unterschiedliche Verhalten und Ergebnisse.
Ja, da kann ich mitgehen. Mir ist nur „Merkel ist an allem Schuld“ in deinen Worten „vielleicht ein bisschen schlicht“ 😉
„Die Merz-CDU hat Angst, die SPD könnte ihr Kram sein wenn sie eine linksradikale Juristin nicht wählt.“
Hast Du da Anführungszeichen vergessen oder war das tatsächlich eine ernstgemeinte Einstufung?
(Bitte um Entschuldigung, ich weiß nicht wie hier zitiert werden kann)
Nun, Die SPD hat zwei Juristinnen nominiert, die sowohl vom linken Flügel der Grünen als auch von der Fraktion die LINKE positiv aufgenommen wurden. Mit ihren Positionen zu Verstaatlichungen, Abtreibung, Gendern stehen sie eher in der Mitte dieser Milieus. Die sind aber schon sehr weit von der politischen Mitte entfernt. Brosisus-Gersdorf hat ja selbst zu ihrer Verteidigung zugegeben, dass sie mit ihrer Position einen Schritt neben der seit Jahrzehnten geltenden Rechtslage und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes steht, an das sie berufen werden will.
In diesem Sinne „linksradikal“, ja.
Ich bin sehr sicher, dass du ganz genau weißt, dass „linksradikal“ absolut übertrieben und falsch ist.
Deine Antwort bringt auch kein Argument für eine solche Einstufung.
Politische Mitte ist ein diffuser Begriff, in welchem die meisten Parteien und Abgeordneten sich gerne selbst verorten – eine Entfernung von der Mitte, egal in welche Richtung, macht aber niemand zu [richtung]-extrem.
Die politische Mitte selbst kann jedoch links oder rechts sein, in Deutschland konnten wir in den letzten Jahren eine starke Verschiebung der politischen Mitte nach rechts sehen. Dadurch wird gerne mal links von der Mitte als extrem bezeichnet, das wird dadurch aber nicht richtig.
Grüne und SPD haben vor einem Dreiviertel Jahr einen Kandidaten abgelehnt, weil dieser die Position des Grundgesetzes und der Dublin-Regeln vertrat. Er war so betrachtet aus ihrer Warte zu radikal. Wenn das radikal ist, war ist dann, wenn eine Kandidatin einräumt, mit ihrer Position einen Schritt neben der langjährigen Rechtsprechung zu stehen?
Mitte ist kein feststehender Begriff, so wie im Sport Angreifer und Abwehrspieler nach Spielverlagerung bewertet werden. Die politische Mitte definiert sich durch den Common Sense einer Gesellschaft, dort, wo die Schnittmengen liegen. Radikalität und Extremismus definieren sich durch die Entfernung von diesem Common Sense. Und das ist in jeder Gesellschaft anders. Was in den USA Mitte ist, ist hier häufig eher Rand.
Woran machen Sie die Verschiebung ab wann fest? Ich habe in vor einiger Zeit eine Studie aus den USA gelesen, wo die Forscher die Einstellungen auf wesentlichen politischen Feldern der vergangenen 20 Jahre gegenüberstellten. Überraschung: Die Mehrheit hat sich praktisch nicht bewegt, die Einstellungen sind nach Prozentwerten im wesentlichen gleich geblieben.
Ähnliches vermute ich für Deutschland. Die Ampelregierung hat zahlreiche linke Reformen auf den Weg gebracht, nur hatten diese zu keinem Zeitpunkt eine Mehrheit. Im Gegenteil, die Ablehnung zur Verkürzung der Wartezeit für die Staatsbürgerschaft, Selbstbestimmungsgesetz, Cannabis-Freigabe, Heizungsgesetz, Kreditaufnahme des Staates war hoch.
Übrigens: Auch in den USA ist die Sympathie für die hohe Staatsverschuldung überschaubar, so eine aktuelle Umfrage. Es ist wie überall: Zieht ein Lager zu sehr in eine Richtung, haut das Gummiband zurück. Probieren Sie das mal zuhause aus. 🙂
So linksradikal, dass alle CDU- und CSU-Führungsfiguren sie wählen wollten.
Die Parteiführung, richtig. Aber am Ende sind Parteien und Fraktionen demokratische Organisationen, die nicht wie Unternehmen von vorne, sondern von der Basis aus geführt werden müssen.
Das Problem ist ja, dass die Fraktionsführung der Union etwas dem Koalitionspartner zugesagt hatte, was sie gar nicht halten konnten, weil sie nicht in ihre Fraktion reingehört hatten.
Nimm‘ den Grünen-Parteitag von 2023, als die gesamte Parteiführung in die Bütt musste, um ein negatives Votum gegen den europäischen Migrationskompromiss zu verhindern. Die Grüne Jugend hatte eine erfolgreiche Kampagne angezettelt und das Herz der Delegierten getroffen. Eine Ablehnung durch die zweitgrößte Regierungsfaktion im größten EU-Land hätte eine tiefe Regierungskrise und wahrscheinlich das frühe Scheitern der Ampel zur Folge gehabt.
Merz könnte die Fraktion auf Linie bringen, aber dazu müsste er sein ganzes Gewicht sowohl als Parteichef als auch als Kanzler in die Waagschale werfen. Dieser Preis ist einfach viel zu hoch angesichts der Petitesse, um die es geht.
Klar, das würde ich als die andere Seite auch so sehen.
@ David 1. August 2025, 13:09
(Bitte um Entschuldigung, ich weiß nicht wie hier zitiert werden kann)
Für den Zitat-Anfang nimm das folgende Steuerzeichen:
Für das Zitat-Ende das hier:
Die Punkte in den spitzen Klammern musst du aber weglassen.
i = italic (kursiv)
b = bold (fett)
Wenn Du in html Steuerzeichen darstellen willst, musst Du sie üblicherweise maskieren (weiss nicht, ob sich Wordpress – die hieseige Blogsoftware – daran hält). Sonst sind sie weg – wie hier.
Beispiel (vom google LLM):
Ein Text, der Dies ist ein Absatz. enthält, sollte in HTML so dargestellt werden: <p>Dies ist ein Absatz.</p>, damit der Browser den Text als „Dies ist ein Absatz.“ anzeigt, anstatt ihn als HTML-Element zu interpretieren.
@ Thorsten Haupts 3. August 2025, 18:20
Danke, konnte man offensichtlich merken, dass meine Darstellung nicht funktioniert hat.
@ David
Wenn Du aus dem Beispiel von Thorsten das „p“ durch ein „i“ ersetzt, sieht der Text so aus:
Dies ist ein Absatz.
Nimmst Du stattdessen vorne ein „b“ bzw. hinten ein „/b“ in die spitzen Klammern setzt, kommt Folgendes heraus:
Dies ist ein Absatz
Zu g)
Ah. Darauf hinweisen, dass einige (der eigenen Mitglieder) die Systemfrage stellen könnte ist also eine Drohung. Ich merk mir das für das nächste Mal, wenn in den ÖRR oder den anderen „Qualitätsmedien“ jemand darauf hinweist, einige (beliebiges einsetzen) könnten wegen (Beliebiges einsetzen) die Systemfrage stellen – und darf das dann als Drohung verstehen?
Der twitter-Autor hat doch einen an der Waffel …
Gruss,
Thorsten Haupts
Ich teile das auch nicht, mein Punkt ist eher, dass man da von der anderen Seite auch etwas Nachsicht haben könnte. Wenn die Grünen-Jugend-Vorsitzende einen ACAP-Pulli trägt, ist das vielleicht auch nicht gleich Merkmal einer grundgesetzwidrigen Gesinnung, die nur einen Schritt vom Deutschen Herbst entfernt ist.
„All Cops are bastards“ ist selbstverständlich direkt und für jedermann sichtbar Ausdruck einer gesetzeswidrigen Haltung. Diese steckt im selbst gewählten Motto der Kleidung, die ein Individuum bewusst und freiwillig trägt. Kann man trotzdem tolerieren, wenn man will, abder zu bestreiten, dass da steht und gemeint ist, was da in Grossbuchstaben steht, ist auch schräg.
a) Wir finden mal wieder „Einsparpotenzial“ bei den Schwächsten. (T-Online) Und mein Gott, das sind exakt dieselben Debatten wie vor 15 Jahren. Wir drehen uns echt komplett im Kreis.
Und wieder wird völlig faktenfrei argumentiert. Die Begrenzung des Arbeitslosengeldes auf zwölf Monate folgte der Arbeitsmarktforschung, dass Erwerbsfähige im ersten Jahr die besten Chancen haben, eine neue Beschäftigung zu finden. Danach sinken Job- und Einkommenschancen exponentiell und dauerhaft. Menschen die Illusion zu geben, sie hätten unbegrenzt Zeit in ihrem Bemühen um eine Arbeit, ist das Gegenteil von sozial.
Auf Druck des selbsternannten Arbeiterführers Rüttgers, der sich damals im Wahlkampf in der SPD-Domäne NRW befand, wurde die beliebte Weiterzahlung im Alter wieder eingeführt. Sie ist deswegen beliebt, weil sie älteren Erwerbstätigen einen eleganten, frühen Übergang ins Rentnerdasein bietet.
Zu 4) Denn tatsächlich ist es in Deutschland praktisch unmöglich, Kritik an der israelischen Regierung zu üben.
Nach meiner Wahrnehmung – die natürlich verzerrt sein kann – bestreiten sehr viele Israel“kritiker“ nach postkolonialer universitärer Indoktrination das Existenzrecht Israels, kritisieren niemals die Hamas, marschieren gemeinsam mit Leuten, die „Tod allen Juden“ skandieren und sind schlicht und deutlich erkennbar „Antisemiten“. Und ja, der wächst wegen der arabischen Zuwanderung und dem postkolonialen und Critical Whiteness Bullshit an Lehranstalten im Westen gerade wieder massiv an. Und nicht in erster Linie wegen eine Krieges Israels gegen einen Gegner, der sich einfach weigert, nach einer verheerenden Niederlage schlicht zu kapitulieren.
Gruss,
Thorsten Haupts
Es gibt diese Leute, aber ich halte genau dieses „in einen Topf werfen“ wie du das gerade mit dem unreflektierten Postkolonialismus-Einwurf machst, für genau das Problem, das ich anspreche.
„kritisieren niemals die Hamas“
Im Gegenteil – sie laufen mit deren Fahne herum und hängen sie aus dem Fenster. Die Unterstützung von Mördern (die sich ihrer Taten öffentlich rühmen) ist in Deutschland gesellschaftsfähig geworden.
Geschichte widerholt sich halt doch häufiger: Die heutigen Palästinenserfreunde sind genauso bereit, sich hinter eine widerwärtige Terroristenbande zu stellen, wie es Teile der europäischen Linken in den sechzigern bei den Vietcong machten. Die Entschuldigung ist, dass die unterstützten Gruppen angeblich antikolonial/antiimperialistisch waren/sind – und dann kann man über jede Form von Grausamkeit grosszügig hinwegsehen.
Kein Widerspruch. Aber die implizite Gleichsetzung aller Kritiker*innen mit „Palästinenserfreund*innen“ ist ein echtes Thema.
Wer mit der Kufiya herumläuft, die Fahne mit dem Hamas-Dreieck schwenkt oder es an Häuserwände sprüht, ist nicht nur „Kritiker“.
Kritik an manchen Praktiken und Plänen der israelischen Regierung ist angebracht. Gibt es in Israel ja auch. Aber muss sich Deutschland da hervortun – auch noch mit Bezug auf „unsere Geschichte“?
In unserer Nachbarschaft massenhaft auf Boden und Wänden gesprüht: „Gaza is starving“ – nirgends „Sudan is starving“.
Dass die UN Hilfsgüter massenhaft verrotten lässt – keine Meldung wert. Ausgangspunkt war Thorstens „keine Kritik an Hamas“, die – wie er zu recht anmerkt – den Krieg binnen eines Tages beenden könnte. Wird öffentlich nicht thematisiert.
Ich halte die derzeitige „Israel-Kritik“-Welle für eine kollektive Hysterie, einschließlich der staatlichen Anerkennung von „Palästina“ durch westlich-demokratische Staaten. Letztere zumindest teilweise aus innenpolitischen Gründen. Da ist viel Heuchelei – und verdeckter Antisemitismus.
Warum nicht Sudan? Weil der keine Sau interessiert. Aber ich verstehe das Argument nicht, dass anderswo auch Leute verhungern. Und ja, ich werde jederzeit anerkennen, dass die Hamas ein Haufen von terroristischen Drecksäcken ist. Aber das muss doch nicht bedeuten, dass man auf der anderen Seite nicht auch kritisieren darf, was Kritikwürdig ist.
Jederzeit! Mein Einwand ist – wie der manch anderer – ganz einfach: Wenn man sich nur und ausschliesslich zum Sterben in Gaza äusert und nur und ausschliesslich Israel dafür verantwortlich macht, geht es einem sehr wahrscheinlich NICHT um zulässige Kritik. Genau das trifft aber auf die mehrheit der sich öffentlich äussernden, geschweige denn demonstrierenden, „Israelkritiker“ zu, und dann gilt qed.
Und die Hamas ist ein Haufen terroristischer Drecksäcke, aber leider (für die Palästinenser) nun einmal die amtierende und anerkannte Regierung des Gaza-Streifens. Es liegt in ihrer Hand, das Sterben morgen zu beenden – sie muss nur kapitulieren. Niemand hätte im März 1945 gefordert, die Deutschen oder Japaner mit Lebensmittel oder ärztlich zu versorgen, bevor sie kapitulierten – er wäre auch weltweit für einen Spinner gehalten worden.
Gruss,
Thorsten Haupts
Völlig bei dir. Meine These ist, dass sich genau das gerade dreht: Es wird vermehrt Kritik von denen laut, die eben bislang keine Kritik an Israel, sondern nur an Hamas äußerten. Und wenn man die in dasselbe Lager steckt, führt das zu einem Problem.
Jein. Im März 1945 zu fordern, dass die Amerikaner etwa die Kölner*innen versorgen, war durchaus angetan – das hatten sie ja erobert. Du bist nicht verpflichtet, Feindesland zu versorgen, aber Blockaden sind mWn an und für sich völkerrechtswidrig. Dazu die Frage: gibt es da überhaupt eine Armee oder Regierung, die kapitulieren kann? Ich bin da zu wenig Gaza-Experte.
Das frage ich mich auch.
Gibt es eine Adresse für die Regierung, mit Telefonnummer für Macron? Sitzen die in einem Tunnel? Wo würde der französische Botschafter residieren? Und: Wenn – nach der Anerkennung – Vertreter (Botschafter?) des Regimes als Mörder oder Vergewaltiger identifiziert werden? Fragen über Fragen, die sich Macron und Carney offenbar noch nicht gestellt haben. Was für ein absurdes Theater.
Ergänzung (nach der Lektüre des von Stefan Pietsch zitierten Fleischhauer). Nicht nur von der Geiselhaltung (ein besonders infames Verbrechen, das in die Seele von Israelis/Juden zielt) ist kaum noch die Rede. Die Hamas erklärt offen die Opfer der Zivil?bevölkerung im Kampf gegen Israel für gerechtfertigt. Auch dieser grausige Zynismus ist kaum je Gegenstand von Kommentaren.
Den Linken, hier wie anderswo, sind in der Frage die Maßstäbe völlig abhandengekommen.
Ich glaube, das ist auch ein Aufmerksamkeitsding. Nach dem 7.10. war die Grausamkeit von Hamas permanent Thema. Inzwischen ist der neue heiße Scheiß Israels „Genozid“. Das sind normale Aufmerksamkeitszyklen.
Die radikale Linke hat zu keinem Zeitpunkt sonderlich viel Aufmerksamkeit auf die Hamas gelegt, diese Kritik teile ich 100%. Aber ich sage noch mal explizit, um die geht es mir nicht.
d) Zusammensetzung der Schuldenbremsenreformkommission (Spiegel). Das sieht nicht so gut aus…
Das (alte, abgewählte) Parlament hat gerade der Regierung einen Blankoscheck für die Staatsverschuldung erteilt. Damit kann die Politik wie der interessierte Beobachter erkennen kann, so ziemlich alles finanzieren außer Tiernahrung und Steuersenkungen. Für eine „Reform“ der ohnehin ausgesetzten Schuldenbremse müsste die eigentlich rechte Mehrheit im Deutschen Bundestag einen Bückling vor der extremen Linken machen. Eigentlich ein absurder Gedanke, aber Merz ist inzwischen alles zuzutrauen.
Was soll bitte dabei herauskommen, wenn LINKE und Grüne bei der Novellierung der Verschuldungsregel das Zünglein an der Waage sind?
Wäre schön, wenn man die LINKE nicht bräuchte, aber die Mehrheitsverhältnisse sind, wie sie sind, und Merz hat sich dem Vorschlag verwehrt, es mit dem alten BT zu machen. Hatte gute Gründe, aber jetzt muss er halt mit diesem leben.
Bitte korrigiere mich, aber meines Wissens nach ist auch die AfD im Bundestag vertreten. Und sie würde einen konservativ-rechten Richterkandidaten wählen, die LINKE aber nicht und die Grünen nur sehr bedingt. Umgekehrt soll die Union Richterkandidatinnen wählen, die vor allem auch der Linkspartei gefallen. Das sind z.B. solche, die weite Möglichkeiten für Enteignungen sehen. Wie soll das zusammengehen, Stefan?
Es gibt gute Gründe, Bundesrichter mit Zweidrittelmehrheit zu wählen. Du selbst lieferst sie doch immer mit Blick auf die USA. Warum findest Du hier gut, was Du dort schlecht findest? Weil die Demokraten da unterliegen?
By the way: Die Grünen haben die Blockade konstruiert.
Nun ja, es geht so zusammen, dass man a) entsprechende Absprachen getroffen hat und b) der AfD da kein Mitwirkungsrecht einräumen will. Wie übrigens bis zu dieser Legislatur (!) auch der LINKEn nicht.
Das geht schon faktisch nicht, wenn man in einem Parlament für Fragen, wo eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist, diese nicht selbst erbringen kann. Aus Sicht der Wähler und Parteimitglieder von Union und FDP sind die LINKEN mindestens so radikal und extremistisch wie die AfD. Die CDU hat dazu auch einen Unvereinbarkeitsbeschluss in ihrer Satzung.
Schon daraus folgt, dass man die entsprechenden Mehrheiten frei im Parlament wird suchen müssen. Denn für jede Vereinbarung, die eine Fraktion schließt, muss sie, das ist so in der Demokratie, einen politischen Preis zahlen.
Warum sollte sie einen an die LINKE entrichten?
Weil sie ihn entweder an AfD oder LINKE entrichten MUSS.
Dass die LINKE gebraucht wird, liegt am Dogma der „Brandmauer“. Den freiwilligen Respekt der Union dazu zu benutzen, dezidiert linke Anliegen durchzuboxen, ist etwas … das man machen kann. Allerdings nicht sehr lange.
g) Die Drohung der Arbeitgeber. (Twitter)
Die Fakten sind eigentlich klar und für jeden, der ideologisch nicht völlig blind ist auf der Hand liegend. Deutschland zeigt seit Jahren kein Wachstum mehr, die Produktivität geht sogar zurück, während der Anteil der Arbeitnehmerentgelte am Volkseinkommen auf Rekordhöhen steht. Die Regierung bejammert derweil, dass die Steuereinnahmen nicht mehr so schnell wachsen wie eigentlich gedacht, was die öffentlichen Haushalte in bedenkliche Schieflagen bringt. EU und Trumps Zollabkommen belasten die Wirtschaft einseitig.
Ist es da wirklich eine Drohung darauf hinzuweisen, dass Unternehmer und Konzerne nicht so dumm sind sich unbegrenzt von der Politik melken zu lassen? Derjenige, der ausgesaugt wird, soll das bitte noch unkommentiert hinnehmen. Klar. Man möchte ja weiter träumen.
De-Industrialisierung hat einen stark daempfenden Effekt auf die Produktivitaet des Faktors Arbeit. In Fabriken wird halt viel hergestellt. Chile weist fuer die letzten 16 Jahre eine stagnierende Arbeitsproduktivitaet auf, trotzdem gab es zumindest fuer die ersten 8 Jahre noch recht starkes Wachstum. In den USA gab es in dem Zeitraum von 2004 bis 2022 eine jaehrliche Erhoehung der Produktivitaet je Arbeitsstunde von nur 1,5% und bei voller Biden-economics 2023 von 2,7% -> https://www.economicstrategygroup.org/publication/in-brief-us-labor-productivity/
chatgpt: „growth with diminishing labour productivity“
Nicht offensichtlich, aber so selten auch nicht und interessant.
Wie an anderer Stelle geschrieben geht es mir mehr darum, dass du bei deinen ideologischen Gegnern sofort eine demokratiefeindliche Haltung attestieren würdest.
Nein. Ich lebe in diesem Land seit meiner Geburt. Ich kenne die Mentalität meiner Landsleute und ich akzeptiere ich. Allerdings tun sich die meisten sehr schwer, die Konsequenzen ihres Tuns und ihrer politischen Positionen.
Die meisten wollen einen gut bezahlten Job, aber immer weniger wollen selbständig sein und Arbeitgeber werden. Das passt denklogisch nicht auf Anhieb zusammen. Für Steuerzahlungen sind auch immer die Reichen, Unternehmer und Selbständige zuständig um keine Abstriche an den eigenen Sozialleistungen hinnehmen zu müssen.
Ich habe in meinem Leben nur wenige Menschen kennengelernt, die nur einen Schritt weiter denken konnten. Die meisten denken in einer Aktion und rechnen gar nicht damit, dass andere Menschen überhaupt reagieren könnten. Das ist das Denken eines Einzellers.
„Die meisten wollen einen gut bezahlten Job, aber immer weniger wollen selbständig sein und Arbeitgeber werden. Das passt denklogisch nicht auf Anhieb zusammen.“
Was genau passt daran nicht zusammen?
Umgekehrt, viele Unternehmer nutzen freudig jegliche Möglichkeit das Risiko ihrer Unternehmung auf andere abzuwälzen während sie selbiges beim Gewinn niemals akzeptieren.
Wenn jeder Arbeitnehmer sein will, wer soll dann Arbeitgeber sein? Eine Marktwirtschaft kann theoretisch ohne Arbeitnehmer funktionieren, aber niemals ohne Unternehmer. Und es ist auch in einer Marktwirtschaft so, dass die Knappheit den Preis (und die Bedingungen) bestimmt.
Je weniger Unternehmen und Unternehmer, desto weniger Jobs und damit sinkt der Preis der Arbeit. Aktuell merken wir das in Deutschland nicht so stark, weil der demographische Trend kompensierend wirkt.
Erfolg definiert sich durch die Begrenzung von Risiken und das Nutzen von Chancen. Laufen Sie mal zwischen zwei Häusern über ein ganz schmales Brett. Kann gutgehen. Wenn Sie das aber ohne Fallschirm oder gespanntes Netz machen, sind Sie tot wenn Sie abstürzen. Die meisten sichern sich ab, wenn sie irgendetwas Riskantes machen. Warum gerät das Menschen zum Vorwurf, die hohe unternehmerische Risiken eingehen?
Am Kapitalmarkt werden Risiken gehedgt. Das heißt es muss einen anderen geben, der zu einem auszuhandelnden Preis ein Gegengeschäft als Kompensation eingeht. Ich habe das die Tage anhand der Bauern erklärt: Wenn der Bauer im Herbst sät, braucht er eine gewisse Preisgarantie fürs Frühjahr. Er kauft also Derivate, die genau das tun. Machen Sie dem Bauern einen Vorwurf, weil er sein Risiko „abwälzt“?
Zu b)
Für Laien ein wirklich interessanter Artikel. Aber die eigentliche Lehre aus Cannae – dass selbst ein spektakulärer taktischer Erfolg für den Kriegsausgang bedeutungslos sein kann – wurde von schwächeren Staatsmännern und Feldherren im Laufe der Zeit immer wieder vergessen.
Um das an einem Beispiel aus jüngerer Zeit zu illustrieren: Selbst wenn die Japaner im Zweiten Weltkrieg bei Midway die komplette verbliebene amerikanische Flotte gestellt und vernichtet hätten, wäre ihnen nur 2 Jahre später eine erneuerte amerikanische Flotte mit überwältigender materieller und waffentechnischer Überlegenheit begegnet. Ähnliches gilt für die Schlacht von Tannenberg 1914, in der zwei komplette russische Armeen ausgelöscht wurden. Taktisch brilliant, strategisch bedeutungslos.
Gruss,
Thorsten Haupts
Exakt, deswegen finde ich Deveraux auch eine so wichtige Stimme in der Debatte. Hast du seine Serie zu Sparta und der Fremen-Mirage gelesen?
1) „Unterricht bei über 30 Grad Innentemperatur ist einfach unzumutbar…“ Da wir im letzten Vermischten (FS j) das Beispiel eines Studenten, der aufgrund der Folgen „unzumutbarer Arbeitsbedingungen“ einen sehr hohen Betrag von seinem Arbeitgeber einklagen konnte, schlage ich dir vor, diesen Weg zu gehen. Da bei Raumtemperatur über 30° der Arbeitgeber verpflichtet ist, „geeignete Maßnahmen“ zu ergreifen, um die Hitze erträglich zu machen (etwa Abdunklung oder angepasste Arbeitszeiten), könnt ihr diese auch anfordern. Insbesondere der Betriebsrat (ihr habt doch einen?!) sollte da tätig werden.
@ cimourdain 31. Juli 2025, 13:22
1) „Unterricht bei über 30 Grad Innentemperatur ist einfach unzumutbar…“
Da wir im letzten Vermischten (FS j) das Beispiel eines Studenten, der aufgrund der Folgen „unzumutbarer Arbeitsbedingungen“ einen sehr hohen Betrag von seinem Arbeitgeber einklagen konnte, schlage ich dir vor, diesen Weg zu gehen.
I like.
Jeder Lehrer verbringt die Sommer in den nächsten Jahren wegen unzumutbarkeit daheim und bekommt 100.000 pro Nase ausgezahlt. Wäre doch mal ein Schritt nach vorne für unser Bildungssystem.
Ich will ja gar nicht nicht arbeiten, ich will Räume, in denen man arbeiten kann.
@ Stefan Sasse 1. August 2025, 09:04
Ich will ja gar nicht nicht arbeiten, ich will Räume, in denen man arbeiten kann.
Das wollte besagter Student auch – nur nicht zu den vorgegebenen Bedingungen.
Also hol Dir Deine 100 Riesen 🙂
😀 😀 😀 Damit greife ich den ganzen operativen Gewinn meines Arbeitgebers ab, fürchte ich.
zu 2) “Demokratie hält Nationalsozialisten aus”
Die Autoren betonen, dass ein demokratischer Staat mit stabilen Institutionen eine solche Partei aushalten könne.
Die Prämisse ist schon völlig falsch. Wir sind kein Staat mit stabilen Institutionen. Das Misstrauen der Bevölkerung in die großen Institutionen war noch nie so stark. Deren Legitimationsgrundlage war deshalb noch nie so schwach. Gerade erst vor wenigen Wochen ist eine Regierung vor Ablauf der Legislaturperiode zerbrochen. Gewerkschaften, Kirchen, Parteien bluten seit Jahrzehnten Mitglieder und sind dramatisch geschrumpft. Die Parteienlandschaft ist zersplittert. Kaum noch regierungsfähig. In mehreren Ostbundesländern sind Allparteienkoalitionen das letzte Aufgebot, das sich den Nationalsozialisten noch entgegenwirft. Mittlerweile stehen die nahe bei einem Drittel der Wähler im Osten und bei 20 Prozent in Deutschland – Nazis als zweistärkste Kraft. Das Rechtssystem ist überfordert. Extremistische Straftaten nehmen zu. In Sachsen ist nicht immer klar, auf welcher Seite die Polizei eigentlich steht. Im Gefängnis sitzt eine Bundestagsabgeordnete der Nationalsozialisten wegen ihrer Beteiligung an einem Putschversuch, bei dem sie den Todeshäschern die Tür ins Parlament hätte öffnen sollen.
Wo bitte sind wir ein Staat mit stabilen Institutionen?
Klitzekleine Korrektur: Es gibt in Deutschland keine politisch relevante Kraft, die man mit irgendeinem Recht als „Nazis“ bezeichnen kann!
Mit 23-25% zweitstärkste Kraft im Bundestag zu sein, darf man wohl guten Gewissens als “relevant” bezeichnen.
Klar. Nur sind das keine Nationalsozialisten.
Parteien, die Hitlers Schreckensreich wiedererrichten wollen, sind angemessen als Nationalsozialisten bezeichnet.
Es gibt im deutschen Bundestag keine Partei, die Hitlers Schreckensreich wiedererrichten will. Und damit überlasse ich Sie Ihren Horror-Illusionen – Sie scheinen sie zu brauchen.
Bei Parteien, die wiederholt und stolz mit SA-Parolen Wahlkampf machen, die mit Reichsbürgern paktieren, die Spitzenkader aus der Neonaziszene rekrutieren und bei denen Bundestagsabgeordnete wegen eines gewaltsamen Umsturzversuchs im Gefängnis sitzen, darf man davon ausgehen, dass sie Hitlers Schreckensreich wiedererrichten wollen.
Sie dürfen ausgehen, wovon Sie wollen. Nur Ihre Evidenz für die Wiedererrichtung des Dritten Reiches ist an den Haaren herbeigezogen, aber das muss Sie ja nicht stören.
Ich nehme schlicht ernst, was uns die Nationalsozialisten offen sagen und zeigen. Wer etwa wiederholt SA-Parolen tönt, der ist offensichtlich SA-Anhänger. Wer Mitglied einer Putschisten-Clique wird, ist offensichtlich ein Putschist.
Nehmen Sie auch das ernst, was Neo-Kommunisten offen sagen und zeigen?
Lassen Sie mich raten … die Neokommunisten sind die Grünen? Oder die Jusos?
Nein. Die Kommunisten. Sie sind nicht dumm, das ist nicht schwer.
Ok – um auf Ihre Frage zu antworten: Ja, ich nehme auch ernst, was DKP und MLDP erzählen. Ich habe keine Zweifel, dass die meinen, was sie predigen. Würden die an die Macht kommen, befürchte ich die Abschaffung der Demokratie. Aus meiner Sicht gehören solche Parteien, die die freiheitlich demokratische Grundordnung in unserem Land fundamental bekämpfen, grundsätzlich verboten.
Absolut!
Gut, entweder mangelt es Ihnen an Ernsthaftigkeit, dann wundern Sie sich nicht, wenn Sie bei solchen Themen einfach nicht ernstgenommen werden. Bereits Thorsten Haupts hat dazu alles Notwendige in seiner klaren Art gesagt. Oder Sie stellen sich aus ideologischen Gründen dumm, dann sind Sie nicht satisfaktionsfähig.
Sie wissen, dass die Partei die LINKE gemeint ist. Und vielleicht schaffen Sie ja eine ernsthafte Antwort.
Nehmen Sie als alternatives Beispiel eine extreme Partei wie die FDP. Wenn die mit einer absoluten Mehrheit an die Macht käme, würde ich vor Wut und Ärger die Wände hochgehen. Eine FDP-Regierung würde vermutlich die Steuern für die Reichsten senken, den Sozialstaat für die Ärmsten abbauen, Subventionen an Apotheker, Hoteliers und Zahnärzte ausschütten und den Verbrennungsmotor fördern. Aber eines – und da habe ich fundamentales Vertrauen in die FDP – würde die Partei nicht tun. Sie würde nicht die Demokratie einschränken, nicht die Wahlen abschaffen, nicht die Gerichte manipulieren. Die FDP würde mir die Wahl geben, sie nach vier Jahren Legislaturperiode wieder in die Wüste zu schicken.
Und genau dasselbe gilt auch für die Linke. Über deren hypothetische Regierung wäre ich übrigens auch nicht happy. Es ist zwar Unsinn zu behaupten, dass es sich hier um Kommunisten handelt – und das wissen Sie auch selbst. Aber die Partei würde einen ohnehin aufgeblähten Sozialstaat noch weiter aufblähen. Sie würde wahrscheinlich Steuern für die Mittelklasse erhöhen und Leistung damit unattraktiver machen. Sie würde wichtige Investitionen in die Verteidigung verweigern und einen “Dialog-Kurs” mit Russland fahren, den ich für sinnlos und gefährlich halte. Aber auch die Linke wird eines nicht tun: Sie wird nicht die Demokratie gefährden. Weder Reichinnek noch Gysi, weder Bartsch noch Van Aken, weder Ramelow noch Wissler würden Wahlen abschaffen, die Opposition verhaften oder das Bundesverfassungsgericht neutralisieren. Nach vier Jahren hätte ich die Wahl die Partei wieder abzuwählen.
Und das ist eben der Unterschied zu Parteien, die unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung fundamental ablehnen. Eine hypothetische Machtergreifung durch Nationalsozialisten oder durch echte Stalinisten würde das irreversible und totale Ende unseres Rechtsstaats, unseres Systems und unserer Freiheiten bedeuten. Das Abgleiten in einen mörderischen Gewaltstaat wäre unausweichlich und unumkehrbar. Viele viele Menschen wären ihres Lebens nicht mehr sicher.
Deshalb verbietet sich hier jeder ideologisch motivierte Vergleich mit Parteien, deren Politik man halt einfach nicht mag – sei es die Linke oder sei es die FDP.
Ich hinterfrage nur Ihre eigenen Worte und versuche Sie daran zu messen:
Ich nehme schlicht ernst, was uns die Nationalsozialisten offen sagen und zeigen.
Meine Frage war: Gilt das generell und nicht nur für diejenigen, die Sie als „Nationalsozialisten“ bezeichnen. Ich bezweifle das und damit sind Sie der beste Zeuge gegen sich selbst.
+ Sie zeichnen eine Karikatur der FDP-Positionen, die nichts mit Programm und politischen Äußerungen wie Reden von Parteivertretern zu tun haben. Ernst nehmen, was andere sagen? Eher nicht.
+ Seit Generationen bekennen sich die Parteispitzen der LINKEN zum „demokratischen Sozialismus“. Das an sich ist ein Euphemismus, der überall, wo er versucht wurde, in der Diktatur endete. Auch Chavez, ein früheres Idol der Partei (ist nicht so lange her) begann an Volkstribun und führte Venezuela in die Diktatur ohne freie Wahlen.
+ Die aktuelle Parteiführung fordert von Neumitgliedern, den Begründer des Kommunismus, Marx, gelesen zu haben. Zusammen mit der Fraktionsführung bekennen sie sich zum Revoluzzertum. Revolutionäre haben in der Geschichte nie die Macht freiwillig wieder hergegeben.
+ Die frühere Parteivorsitzende Janine Wissler war bis zur Übernahme der Parteiführung bei Marx21 aktiv, eine trotzkistische Organisation innerhalb der Partei, die vom Verfassungsschutz als demokratiefeindlich beobachtet wird. Es ist nicht die einzige.
+ Der frühere Parteichef antwortete auf die ungeheuerliche Aussage eines Parteimitglieds auf einer öffentlichen Veranstaltung, man wolle die Millionäre nicht vernichten, sondern nur einer nützlichen Verwendung (Anmerkung: Nazi-Jargon) zuführen.
Das zählt für Sie alles nicht, obwohl von der AfD-Führung nicht im Ansatz solche Aussagen in ihrem Extremismus überliefert sind. Sie werten Gleiches oder Ähnliches völlig unterschiedlich und bewerten extrem subjektiv die Parteien nach ihrer Gefährlichkeit für die Demokratie.
Deswegen meine Eingangsfrage, die Sie ins Lächerliche gezogen haben.
Die FDP hat nach meiner Einschätzung – und auch der parteiinternen – noch höchstens eine Überlebenschance von 30 Prozent und das auch nur, wenn sie bei den Wahlen nächstes Jahr in Rheinland-Pfalz und vor allem Baden-Württemberg den Umschwung schafft. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie also aus dem Kanon der wählbaren Parteien mit Erfolgsaussichten ausscheidet, ist sehr groß.
Das Spektrum, dass sie eigentlich abdeckt, ist es aber auch. Wirtschaftsliberale und liberal-konservative Menschen machen je nach Zählweise 15-23 Prozent der Bevölkerung aus. Bei der Bundestagswahl wendeten sie sich fast ausschließlich der Union zu und ließen die FDP ins politische Abseits stürzen.
Nun sind dies Milieus ziemlich erschüttert über die Politik der Union. Alle bisherigen Entscheidungen der Regierung treten diesen Wählern ins Kreuz. Sie werden politisch heimatlos. Wenn die FDP tot ist und die CDU die Interessen mit Füßen tritt, dann erscheint die AfD zunehmend als Alternative, die ja mal als konservative Wirtschaftspartei gegründet wurde.
Das ist alles ziemlich dumm. Übrigens auch von jenen, die qua Sozialisation alles „Rechte“ bis ins Mark bekämpfen.
Die FDP gefällt Ihnen. Deshalb stören Sie sich nicht an deren extremeren Positionen. Die LINKE gefällt Ihnen nicht. Deshalb wühlen Sie deren extremere Positionen auf. Beide Parteien werden aber in naher und möglicherweise auch mittlerer Zukunft keine wahrscheinlichen Regierungsfraktionen sein. Deshalb ist die Diskussion ohnehin rein hypothetisch und symbolisch. Dass beide Parteien – wären sie denn in einer Regierung – Deutschland schweren Schaden zufügen würden, ist auch klar. Aber – und das muss man beiden Parteien zugute halten – sie sind keine Gefährder der Demokratie. Bei beiden Parteien dürfen wir davon ausgehen, dass sie sich an geltendes Recht halten und die Verfassung respektieren werden. Bei beiden Parteien dürfen wir davon ausgehen, dass die Opposition nicht verhaftet oder ermordet würde. Weder Millionäre noch Arme noch die Bürger in der Mitte müssten um ihr Leben fürchten. Klar – beide Parteien würden unserem Land Schaden zufügen, der möglicherweise langfristig und nachhaltig sein wird. Aber beide Parteien würden dem Wähler nach einer vierjährigen Legislaturperiode die Option zum Wechsel an der Wahlurne geben.
Und das ist der fundamentale Unterschied sowohl zu den stark gewachsenen Nationalsozialisten als auch zu den Kleinstparteien der Stalinisten.
Es geht und ging nicht um Sympathien für eine Partei. Ich halte Ihnen in dem Kreis auch nicht die Ihren für die LINKE vor, mit der Sie lange konform waren. Wobei ich es für ein Unding halte, dass Sie ausgerechnet diese beiden Parteien in einem Atemzug nennen. Die LINKE hat eine diktatorische Vergangenheit, zahlreiche ihrer Positionen stehen im Konflikt mit dem Grundgesetz, viele ihrer Mitglieder und Funktionäre pflegen Umgang mit Extremisten bis hin zu Terroristen. Das ist eine ganz andere Kategorie.
Ich messe Sie an Ihren Worten und Sie können anscheinend nichts dagegen einwenden, dass Sie bei der AfD etwas in der nahen Zukunft sehen, was von führenden Parteigrößen nicht einmal im Ansatz gesagt oder nur angedeutet wurde und bei der LINKEn nehmen Sie Äußerungen der Parteiführung und Verhalten der Funktionäre nicht zum Nennwert, sondern blenden sogar aus.
Sie blenden aus, wie gemein sich Anhänger, Mitglieder und Führungskader mit der „Free Palistine“-Szene machen, die für eine neue Judenverfolgung in Deutschland sorgt, Juden bedroht und terrorisiert. Jan Fleischhauer hat dazu in seiner wöchentlichen Kolumne eindrückliche Anschauungen. Das ist beklemmend und das ist die Linkspartei. Zu glauben, diese würde die Macht wieder abgeben sollte sie mal wie in der DDR sie in die Hände bekommen, ist angesichts der Geschichte und dem extremistischen Fundament der Partei bestenfalls naiv.
https://www.focus.de/politik/deutschland/seht-euch-vor_95de6d0f-06a9-42ee-906a-5cc5c9b992f1.html
Wenn Sie die Kolumne lesen, bin ich sicher, schämen Sie sich für jeden Unterstützer.
Ich stimme zu, dass FDP und LINKE nicht in einen Atemzug gehören, aber den Schuh musst du dir bei Grünen und AfD selbst anziehen.
Wir haben die LINKE jahrelang als führende Kraft in Thüringen gesehen und als kleineren Koalitionspartner in zahlreichen weiteren Landesregierungen. Nichts deutet darauf hin, dass es sich hier nicht um eine durch und durch demokratische Partei handelt – eine demokratische Partei mit Positionen, die ich kritisiere und die Sie kritisierten. Aber nicht Ihrer Meinung zu sein, macht jemanden nicht zum Verfassungsfeind.
Die Nationalsozialisten zeigen uns in ihrer Rhetorik hingegen offen, dass sie das Hitlerreich als Vorbild sehen. Sie agieren in enger Allianz mit Neonazis, Reichsbürgern und extremistischen Burschenschaften. Und nochmal: Im Gefängnis sitzt eine Frau, die noch vor Kurzem Bundestagsabgeordnete war. Wegen der Planung eines gewaltsamen Umsturzes, bei dem ihre Funktion gewesen wäre den Mördern die Türen zum Bundestag zu öffnen. Die Partei distanziert sich übrigens kein Stück von der Terroristin, sondern hält aktiven Kontakt:
https://www.derstandard.at/story/3000000204581/afd-politiker-mit-besuchsgenehmigung-f252r-terrorverd228chtige
Bodo Ramelow ist nicht die LINKE und kann nicht für sie sprechen. Das ist gerade in den letzten Monaten überdeutlich geworden und das wissen Sie.
Ich will nicht die AfD weiß waschen, sondern verhindern dass die LINKE weiß gewaschen wird. Auch Abgeordnete der LINKEN halten Kontakt zu Linksterroristen, wenn Sie das eine verurteilen, müssen Sie das andere verurteilen, was Sie nicht tun.
Darüber hinaus liefern Sie keinen Beleg für Ire Behauptungen. Da muss bei solchen Vorwürfen mehr kommen, wenn Sie an die Umsturzpläne glauben. Und dann müssen Sie das den aufgezählten Äußerungen der LINKEN-Spitze gegenhalten, was Sie nicht tun. Sie ignorieren und tun so als wäre das nicht so gemeint. Bei der AfD sind Sie aber nicht nur sicher, dass die Phantasien einiger Parteispinner so gemeint sind, sondern sie es gegen jede Institution und Rechtslage auch umsetzen würden.
Nur zur Erinnerung: Dieser Tage brachte die Vorsitzende der Grünen Jugend Waffengewalt gegen gewählte Regierungen in der Zukunft ins Spiel.
Ich vergleiche AfD und Grüne in politologischer Hinsicht. Sie markieren die Gegenpunkte des Parteienspektrums. Die anderen Parteien positionieren sich dazwischen. So ist es eine demoskopische Tatsache, dass Grüne und AfD als einzige praktisch keinen Wähleraustausch haben. Auch die unterstützenden Milieus sind entgegengesetzt positioniert, leben aber ähnlich abgeschottet in Blasen.
Außerdem marschieren Grüne und Linke sehr oft in den gleichen Demos unter dem gleichen Bahner, starten gemeinsame Initiativen und pflegen einen intensiven Wähleraustausch. Bemerkenswert war auch, das die Fraktionsführung der Grünen Friedrich Merz als erstes empfahl mit der LINKEN über die Aufweichung der Schuldenbremse zu verhandeln, bevor es zu dem Manöver mit dem alten Bundestag kam.
Die Grünen sehen bei weit weniger Anlass eine strategische Zusammenarbeit von Union und AfD.
Bei der AfD reden wir von Führungskadern, die sich eindeutig positionieren. Nochmal: Im Gefängnis sitzt eine ehemalige Bundestagsabgeordnete. Das ist die höchste Ebene, auf die man in einer Partei aufsteigen kann. Und mehrere Mitglieder der Bundestagsfraktion halten aktiv den Kontakt zu der Terroristin – per Dauerbesuchsgenehmigung – und zeigen damit auf welcher Seite sie stehen und welche Methoden sie bei der Beseitigung des Staates goutieren.
Wir machen hier einen Punkt, da Sie zum Eigentlichen nichts sagen wollen. Und das sind die Widersprüche in Ihrer Aussage. Ich habe keine Lust unendliche Diskussionen über die angeblichen schlimmen Finger der AfD zu führen. Debatten leben davon, dass auf Argumente Gegenargumente folgen.
Die Terroristen und ihre Absichten und Unterstützer sind nicht “angeblich”. Sie sind real.
Sehe ich nicht so.
Korrekter wäre wohl Faschisten. Es ist aber auch eindeutig, dass niemand meint die AfD wäre eine zeitreisende Partei aus der NS-Zeit.
Ich halte selbst Faschisten für falsch, aber „Nazis“ ist eine mir unerträgliche Verharmlosung eines todessüchtigen, judenhassenden, vernichtungskriegführenden, paranoiden Verbrecherregimes.
Treffend beschrieben. Aber die bekannten Anzeichen vom „Vogelschiss“ über die Bewunderung für die „Leistungen“ der Wehrmacht bis zur 180-Grad-Wende der Erinnerung sollte schon zur Vorsicht mahnen. Auch der Schulterschluss mit Orban und Trump. Beides keine Nazis, noch. Aber der slope ist ziemlich slippery.
Ich höre Sie, aber ich komme nicht mit.
Autoritäre Rechts- wie Linksideologen gab und gibt es wie Sand am Meer. Echte Faschisten oder Sozialisten schon deutlich weniger. Und echte Nationalsozialisten, Maoisten oder Stalinisten sind ziemlich selten.
Wenn man seinen politischen Gegner/Feind nicht halbwegs präzise einordnen kann, wird die Wahrscheinlichkeit weit höher, gegen ihn zu verlieren. Bisher ist die AfD alles mögliche, aber bisher sind es KEINE Nationalsozialisten. Dazu fehlt ihnen so zienlich alles, was diese ausmachten: Eine darwinistische Überlebenskampf-Rassenideologie, der Wille zur Weltherrschaft, Wille und Fähigkeit zum physischen Strassenkampf gegen alle politischen Gegner, Judenhass, Führerkult.
Die von Ihnen gewählten Beispiele für den Weg in den Abgrund sind ohnehin schwierig. Mit vielen anderen Militärhistorikern halte bspw. ich die Wehrmacht des Jahres 1942 für die militärisch wohl beste Armee dieses Planeten, dieses Urteil ist völlig unabhängig davon, für welche politischen Ziele sie eingesetzt wurde und welcher Kriegsverbrechen sie sich dabei schuldig machte. Auch Dschinghis Khans Armee war zu ihrer Zeit die militärisch beste Streitmacht der Welt.
Gruss,
Thorsten Haupts
Stimme dir zu.
Aus Neugier: warum 1942? Ich hätte die auf dem Stand 1940/41 für besser eingeschätzt, relativ sowieso.
1942 hatten die meisten ihrer Einheiten reichlich Kampferfharug und sie musste unter hohem Druck und zahlenmässig/materiell zunehmend unterlegen (Ostfront, Kanal, Afrika, Atlantik etc.) kämpfen. 1940 hattte sie (auch) viel Glück.
Ich habe immer für die These des „Wehrmacht hat Glück“ argumentiert. Aber 1942 scheitert sie eigentlich überall. Mein Hauptargument gegen 1942 ist aber ein anderes: die hohen Verluste von Unternehmen Barbarossa haben dazu geführt, dass die Kampferfahrung 1942 bereits auf einem absteigenden Ast war.
Würde ich so nicht sagen. Die Wehrmacht verlor während Barbarossa bis Ende Dezember 1941 etwa 840.000 Mann (Tote, Verwundete, Kriegsgefangene). Davon ca. 60% Verwundete, von denen im Schnitt die Hälfte nach genesung wieder kriegsverwendungsfähig war. Etwa 13% ihrer Einmarschstärke endgültig. Das sind hohe Verluste, aber noch keine zermürbend hohen mit massivem Einfluss auf die Kampferfahrung. 1943 verlor sie alleine an der Ostfront das knapp doppelte, hinzu kamen noch die ebenso exorbitanten Verluste in Afrika/Italien. 1943 brach der Wehrmacht das Genick, nicht 1941.
Gruss,
Thorsten Haupts
Klar, aber es ging ja nicht um Genickbruch – da bin ich bei dir, auch wenn das Ding STRATEGISCH im Winter 1941 durch war – sondern den Moment größter Performance. Und da sind 13% Einbußen schon relevant. Aber letztlich ist das nicht dramatisch. Let’s split the difference: 1941/42 auf dem Höhepunkt, danach a) rapider Abstieg und b) massives Aufholen der Gegner.
Ich geh nicht mal da mit, ehrlich gesagt.
Ist die AfD einfach das Böse, oder entfalten sie nicht vielleicht deshalb eine solche Wirkung, weil die Widersprüche unserer Kultur tatsächlich gewachsen sind? Ich sehe nicht, dass sie wirkliche Lösungen anbieten. Aus diesem Grund lehne ich sie ab. Natürlich gibts in der AfD wirre Volkstümelei, aber Nazis sind sie nicht. Insgesamt vertreten die keine wirklich geschlossene Ideologie. Da könnten die demokratischen Kräfte ansetzen, aber dafür müsste man die besser verstehen und auch ernster nehmen.
Ist die AfD einfach das Böse, oder entfalten sie nicht vielleicht deshalb eine solche Wirkung, weil die Widersprüche unserer Kultur tatsächlich gewachsen sind?
War die NSDAP einfach das Böse? Oder hat sie nicht vielleicht deshalb eine solche Wirkung entfaltet, weil die Umstände mit verlorenem Ersten Weltkrieg, Weltwirtschaftskrise und Demokratieablehnung damals halt so waren, wie sie waren?
Ich gewinne langsam den Eindruck, dass wir mehr in einer Huntington Welt leben, als sich das viele in Deutschland vorstellen und ich lange Zeit gedacht habe.
Westliche Werte wie Saekularisierung und unser Verstaendnis von Demokratie und auch Menschenrechte ist aktuell auf viele andere Kulturen nicht wirklich uebertragbar. Sie werden nicht als global angenommen. Wenn es diese von Huntington beschriebenen Konflikte zwischen Kulturen, die die ideologischen Konflikte abgeloest haben, werden wir vielleicht international nachvollziehbarer, wenn wir egoistischer im Sinne der Staerkung unserer eigenen Kultur agieren.
Wobei mir Huntingtons Konzept ein wenig starr erscheint. Natuerlich gibt es in China Personen, die sich fuer unser Verstaendnis von Menschenrechte oder Demokratie einsetzen, aber diese Kraefte sind zu schwach. Ich sehe da ein „por ahora“ wie Hugo Chavez gesagt haette, das heisst aktuell nicht, aber vielleicht in einer spaeteren Zeit.
Bonus-Punkt: Lateinamerika ist uns dabei irgendwie auch nah. Selbst wenn die Latinos 2026 von Feuerland bis einschliesslich Bolivien und Brasilien rechte Regierungen ins Amt gewaehlt haben, gibt es effektive Grenzen, dass dies nicht zu einem Verfall von Demokratie und Menschenrechten fuehrt.
Progressive Projekte scheitern. Lieferkettengesetz bei voelligen Desinteresse im Trikont. Chiles neue progressive Verfassung wurde von 62% oder so abgelehnt. Die Movimiento Al Socialismo Bewegung in Bolivien ist am Ende. Ich lese Wahlprognosen, die im einzigen suedamerikanischen Land mit indigener Mehrheit fuer Oktober eine Stichwahl zwischen 2 weissen Oligarchen erwarten laesst. 10% Inflation und eine Staatsverschuldung von fast 100% BIP.