Zentristische KI auf Bluesky leistet einen fairen Pflichtdienst – Vermischtes 11.09.2025

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.

Fundstücke

1) If AI lifts off, will living standards follow?

Im Artikel wird diskutiert, ob Künstliche Intelligenz dauerhaft das Wirtschaftswachstum steigern könne. Manche Institute prognostizierten bis zu 20 Prozent Wachstum jährlich, andere wie Daron Acemoglu rechneten lediglich mit 0,1 Prozentpunkten zusätzlich. Bei 7 Prozent pro Jahr würde sich eine Volkswirtschaft in zehn Jahren verdoppeln, bei 20 Prozent sogar drei Mal in einem Jahrzehnt – Szenarien, die theoretisch durch selbstverbessernde KI möglich erschienen. Allerdings werde bezweifelt, ob KI tatsächlich fähig sei, bessere KI zu entwickeln und zugleich strategische, körperliche oder emotionale Arbeit zu übernehmen. Zudem gebe es Grenzen durch Energiebedarf und strukturelle Schwächen („O-Ring-Effekt“), bei denen einzelne Fehler ganze Systeme unbrauchbar machten. Auch der „Baumol-Effekt“ verhindere, dass Produktivitätsgewinne in Sektoren wie Bildung oder Pflege in gleichem Maße realisiert würden. Die historische Erfahrung zeige, dass trotz technischer Revolutionen das Wachstum seit den 1970ern eher schwach blieb. Die Schlussfolgerung laute, dass selbst 1 Prozent Wachstum schwer zu sichern sei. (Tim Harford, Financial Times)

Ich bin extrem skeptisch gegenüber diesen Verheißungen – in beide Richtungen. Weder glaube ich an eine baldige goldene KI-Zukunft (diese liegt vielleicht in einigen Jahrzehnten, aber ich sehe nicht, dass ich sie noch erleben werde), noch an eine Dystopie, in der menschliche Arbeit nicht mehr benötigt wird. Diese im Artikel genannten Extreme in der Einschätzung von Wachstumspotenzialen sind vor allem Clickbait. Die realistischere Einschätzung scheinen mir die 0,1% Wachstumspotenzial zu sein – was ja auch schon eine Menge wäre. Die Skepsis, die Hardford äußerst, scheint mir daher mehr als angebracht.

2) Centrist Democrats Are the Actual Traitors to Their Party

Im Beitrag wird argumentiert, dass nicht progressive, sondern zentristische Demokraten die eigentlichen „Parteiverräter“ seien. Anlass ist die Bürgermeisterwahl in New York, bei der der progressive Kandidat Zohran Mamdani die Vorwahl klar gewann, während Parteigrößen wie Hakeem Jeffries oder Chuck Schumer ihre Unterstützung verweigerten und Andrew Cuomo trotz Niederlage als Drittparteikandidat antritt. Kritisiert wird, dass etablierte Demokraten bei Niederlagen Prinzipien wie „Vote Blue No Matter Who“ missachteten, obwohl sie dieses Mantra sonst nutzen, um linke Parteiflügel zur Loyalität zu zwingen. Beispiele aus 2016 und 2020 würden zeigen, dass Bernie Sanders und seine Anhänger Hillary Clinton und Joe Biden nach Vorwahlniederlagen klar unterstützten, während die „Uncommitted“-Kampagne 2024 trotz Kritik an Bidens Israel-Politik letztlich öffentlich zum Votum gegen Trump aufrief. Daraus folge, dass Progressiven mehr Loyalität nachgesagt werden könne als dem Parteiestablishment, das seine Bindung an Kontrolle über die Partei höher gewichte als an deren Einheit. (Aaron Regunberg, The New Republic)

Ich halte das für eine fruchtlose Debatte. Man kann ja gerne irgendwelche Primaries zählen, aber letztlich kommt dabei wenig herum, schon allein, weil die Unterscheidung zwischen Kandidat*innen und Aktivist*innen künstlich ist und je nach persönlicher Präferenz das Ergebnis verzerrt. Nimmt man nur Kandidat*innen, klar, dann sind die Zentristen die „Verräter*innen“. Aber von denen gibt es halt auch wesentlich mehr. Nimmt man die Aktivist*innen mit rein, sieht die Lage schon wieder sehr anders aus. Beständig die Clinton-Primaries zu relitigieren ist auch nicht sonderlich produktiv. Das ist jetzt über acht beziehungsweise schon fast zwanzig Jahre her und hat für heute keine große Bedeutung mehr. Die Democrats erleben eine Basisrevolte, die sich allerdings noch wesentlich kleiner und handzahmer ausnimmt als die, die die alte GOP seit 2008 hinweggefegt hat. Ich gebe den Zentristen gute Chancen, den innerparteilichen Machtkampf für sich zu entscheiden, schon allein, weil die Linke traditionell viel zu doof ist, sich die Macht zu sichern.

3) Pflichtdienst? Ja, aber für alle!

In dem Meinungsbeitrag wird die aktuelle Debatte um Wehr- und Pflichtdienste aufgegriffen und ein generationenübergreifendes Modell vorgeschlagen. Beschrieben wird, dass derzeit vor allem zwei Varianten diskutiert würden: die Wiedereinführung der alten Wehrpflicht oder eine soziale Pflichtzeit nur für junge Menschen. Beide Modelle seien jedoch entweder nicht geschlechter- oder nicht generationengerecht. Stattdessen plädiere der Autor für eine zweijährige Pflichtzeit, die je zur Hälfte vor dem Berufseinstieg und nach dem Renteneintritt abzuleisten sei. Dabei könnten Tätigkeiten flexibel gewählt werden, von Militär über Katastrophenschutz bis hin zu Pflege oder Sozialarbeit; auch bereits absolvierte Dienste oder Care-Arbeit sollten angerechnet werden. Ziel sei es, sowohl den Personalmangel in Bundeswehr und Sozialbereichen zu lindern als auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt zwischen Jung und Alt zu stärken. Eine ausschließliche Belastung der Jugend wäre „ungerecht und ein verheerendes Signal“. Stattdessen müsse eine faire, gemeinsame Lösung durch breite gesellschaftliche Debatte gefunden werden. (Jörg Tremmel, Welt)

Ich bin in der Debatte insofern agnostisch, als dass ich keine Ahnung habe, wie sinnvoll so ein Pflichtdienst generell ist. Mein Stand ist, dass weder Bundeswehr noch die sozialen Dienste die Kapazitäten haben, diese ganzen Pflichtdienstleistenden überhaupt aufzunehmen (und auch nie hatten; Wehrgerechtigkeit gab es ja nicht einmal in den Hochzeiten des Kalten Krieges). Deswegen scheint mir das weniger an realen Bedarfen orientiert, sondern eher weltanschaulich geprägt. Die Frage ist vor allem, welchen gesellschaftlichen Effekt man sich erhofft. Und hier wäre meine Vermutung, dass alle Hoffnungen und Befürchtungen übertrieben sind. Weder würde eine Wehrpflicht Deutschland militarisieren noch würde ein Pflichtdienst irgendwie den gesellschaftlichen Zusammenhalt wesentlich stärken. Man kann das machen, aber man sollte sich nicht die tollen Effekte erhoffen, die hier erhofft werden, und auf viel sinnlose Beschäftigungstherapie und eine größere Verteilungsbürokratie vorbereitet sind. Nur bei einem bin ich nicht agnostisch: wenn man das macht, dann tatsächlich erstens für beide Geschlechter (was in meinen Augen flankierende familienpolitische Maßnahmen erfordert) und zweitens in einer Art wie Tremmel das hier vorschlägt generationengerecht.

4) Wie eine faire Erbschaftsteuer aussehen könnte

In der Kolumne wird erläutert, dass die Erbschaftsteuer in Deutschland seit Jahren unverändert sei und Reformbedarf bestehe. Zwar fordere Markus Söder eine Senkung um 50 Prozent und die Möglichkeit regionaler Steuersätze, doch lehne Kanzler Merz dies ab. Angesichts anhängiger Klagen beim Bundesverfassungsgericht sei jedoch wahrscheinlich, dass eine Anpassung komme. Derzeit profitierten vor allem Großvermögen von Ausnahmen: Während Milliardenerben im Schnitt nur 2,8 Prozent zahlten, läge die Belastung kleinerer Erben bei rund neun Prozent. Kritisiert werde, dass die bestehenden Privilegien für Unternehmen und Immobilien Ungleichheit verstärkten. SPD-Vertreter verlangten daher höhere Steuern für Millionenerben, die Union sei intern gespalten. Als „Königsweg“ wird ein Modell mit sehr niedrigen, aber einheitlichen Steuersätzen ohne Ausnahmen vorgeschlagen – etwa drei Prozent, zahlbar auch in Raten. Dies wäre einfach, gerecht und transparent und knüpfe an Merz’ alte Idee der Steuerreform auf dem Bierdeckel an. (Ursula Weidenfeld, Spiegel)

Diese Flatratesteuermodelle haben immer das Problem, dass sie an der politischen Realität scheitern. Klar, das könnte man so machen, aber ich sehe nicht, wie man an den Partikularinteressen vorbeikommt und jemals eine ausnahmenfreie Steuer hinbekommt. Man sieht das ja auch an der Aufstellung der im Artikel genannten Interessensgruppen. In der Bevölkerung ist die Frage des Eigenheims absolut virulent; eine Erbschaftssteuerreform, die nicht große Freibeträge für selbst genutzten Wohnraum gestattet, scheint mir eine politische Totgeburt. Und eine Steuer, die ausnahmslos alle Familienbetriebe besteuert könnte vielleicht eine absolute Mehrheit der LINKEn durchsetzen, aber eine andere politische Formation sehe ich dafür nicht.

5) What is Blueskyism?

Nate Silver diagnostiziert den Niedergang von Bluesky und prägt dafür den Begriff „Blueskyism“: eine online-tribale Haltung, die politische Überzeugungsarbeit toxisch mache. Netzwerkeffekte hätten Bluesky nie über die Startrampe gebracht; nach einem Hoch um die Wahl 2024 seien die täglichen Poster von ~1,5 Mio. auf ~0,6–0,66 Mio. gefallen, die täglichen Follower von ~3,1 Mio. auf <0,4 Mio. X bleibe trotz Problemen um Größenordnungen größer. „Blueskyism“ sei weniger Ideologie als Habitus, der vor allem in stark weißen, hochgebildeten Milieus (D.C., Vermont, Oregon) verbreitet ist und schon 2019/20 auf Twitter prägenden Einfluss hatte. Silver beschreibt drei Kerneigenschaften: (1) „Smalltentism“ – aggressives Grenzziehen und Moralpandemien gegen Abweichler nahe der eigenen Position (NYT, zentristische Liberale), was Reichweite verenge; (2) „Credentialism“ – Berufung auf akademische/identitäre Autorität statt Argumente, bis hin zu Doppelmoral (etwa Pandemieregeln vs. Proteste 2020); (3) „Catastrophism“ – humorlose Alarmstimmung als Tugend, die eher Resignation als Mobilisierung erzeuge. Diese Muster hätten auf Twitter zeitweise funktioniert, seien aber in der „Ideen-Marktwirtschaft“ unattraktiv und erklärten, warum Bluesky vor allem „für die Eigenen“ sende. Politisch zähle Popularität und das Gewinnen neuer Anhänger; Subkulturen, die Dissens scheuen, schrumpften. Silvers Fazit: Bluesky werde wohl als kleine Nischen-Community überleben, aber nicht überzeugen – wer Mehrheiten will, braucht Offenheit statt Abschottung. (Nate Silver, Bulletin)

Ich bin unglücklich mit Silvers Versuch, seine Beobachtungen auf Bluesky zu kaprizieren. Ich weiß, dass er es nur als Beispiel nimmt, aber genauso wie die Meckerliesen über Twitter geht er davon aus, dass seine Erfahrung repräsentativ ist. Ich verstehe beispielsweise nie Leute, die bei Twitter ihren Feed vom Algorithmus sortieren lassen. Mich hat die Musk-Übernahme deswegen von dem, was ich sehe, nie tangiert: ich sehe nur die Accounts, denen ich folge, und sonst keine. Und würden die nicht so viel Dreck retweeten, würde ich auch den nicht mitkriegen. Dasselbe gilt für Bluesky: wenn man da nicht den Radikalinskis folgt, dann kriegt man deren Kram auch nicht mit. Dass jemand mit Nate Silvers Reichweite dem nicht so gut entgehen wie ich glaube ich sofort; ich muss ja hier in den Kommentaren auch mehr Kram lesen, als ich manchmal will. Aber das ist halt der Preis der Reichweite. Wo Silver allerdings Recht hat sind die Netzwerkeffekte: diese Atomisierung sorgt für einen rapiden Nützlichkeitsverlust und die Verinselung und Radikalisierung von Gruppen. Ein Beispiel aus meinem eigenen Umfeld ist das Twitterlehrerzimmer: das existiert nicht mehr, weil eine radikale Bubble nach Bluesky und der Rest ganz weg ist. Auf Bluesky erzählen sich da jetzt diverse Leute, wie Recht sie haben, aber das war es auch schon.

Resterampe

a) Mao lesen – und die Lage in Gaza verstehen (Welt). So ein Quatsch. Als ob Mao das erfunden hätte. Man muss den echt nicht größer machen, als er ist. Aber vermutlich ging es auch nur darum, vage wieder alles Schlechte mit „links“ zu verbinden.

b) Florida Decided There Were Too Many Children (The Atlantic). Elefanten im Porzellanladen der Zivilisation.

c) Der Verbotsfetischismus bedroht unsere stolze Autonation (Welt). Bei solchen Schlagzeilen frage ich mich immer, ob da irgendjemand Satire schreibt.

d) Zur Debatte ums inhaltliche Stellen der AfD. (Welt) Siehe auch in der ZEIT.

e) Thread zu Milei und Argentinien. (Twitter)

f) Der Schutz der Meinungsfreiheit geht weiter. (Netzpolitik)


Fertiggestellt am 06.09.2025

{ 76 comments… add one }
  • Stefan Pietsch 11. September 2025, 08:42

    1) If AI lifts off, will living standards follow?

    Nach dem gestrigen Börsentag, der den Gründer von Oracle, Larry Ellison, zum reichsten Mann der Welt machte, bin ich da nicht mehr so skeptisch. Die Aktie des Softwareherstellers stieg bis auf ein Rekordhoch von rund 345 Dollar, was einem Plus von über 40 Prozent entsprach.

    • Hias 12. September 2025, 09:39

      Ernsthafte Frage: Was genau soll dieser Kurssprung aussagen in Bezug auf den volkswirtschaftlichen Nutzen von KI?

      • Stefan Pietsch 12. September 2025, 10:25

        An der Börse wird die Zukunft verhandelt. Fraglos neigt die Börse zu Übertreibungen, aber hier investieren Menschen ihr eigenes Vermögen, weil sie an bestimmte Szenarien und Annahmen glauben. Zwar flaute zuletzt der KI-Boom um Nvidia & Co. etwas ab, die neuesten Unternehmensnachrichten haben aber das Zeug, die Prognosen auf ein neues Level zu heben. Dass ein Riese wie Oracle binnen eines Handelstages um gigantische 40 Prozent zulegt, ist völlig außergewöhnlich.

        Ich habe die Neigung, Menschen mehr zu glauben, die ihr eigenes Geld investieren als solchen, die in Blogs oder auch in der Politik nichts und oft nicht einmal ihren Namen riskieren.

        • CitizenK 12. September 2025, 10:42

          „An der Börse wird die Zukunft verhandelt.“

          Wohl nicht nur. Aber selbst wenn: Wie passt dann die Entwicklung des Dax zu den Untergangsszenarien für die deutsche Wirtschaft?

          • Stefan Pietsch 12. September 2025, 11:13

            Was denn sonst?

            Nun, auch die US-amerikanischen Indizes zeigen nichts von den Schleifspuren der abkühlenden Wirtschaft. Der DAX wird auch von der US-Börse gezogen. Das gilt heute umso mehr, da die großen Investoren Billionen umschichten und nach Europa und hier vor allem Deutschland verlagern. Nicht, weil die schwarz-rote Koalition so eine tolle Wirtschaftspolitik macht, sondern weil Trump die Unsicherheit befeuert.

            Ich habe mir wieder die Kapitalisierung in den USA und Deutschland angesehen. Selbst Schwergewichte wie SAP sind gegenüber mittelgroßen US-Konzernen nur Leichtgewichte, die zum Frühstück verspeist werden. Wenn US-Investoren nur 1 der 60 Billionen in deutsche Aktien stecken, dann gibt das hier ein Feuerwerk, das wir meinen wieder in den Sechzigerjahren zu sein.

            Der DAX bildet die Wertentwicklung der 40 größten deutschen Aktienunternehmen ab. Aber gerade die machen nur einen Bruchteil ihres Geschäft und erst Recht des Gewinns in Deutschland. Sie sind vor allem nicht repräsentativ für die deutsche Wirtschaft, die anders als in den USA sehr wenig an der Börse vertreten ist.

        • Hias 12. September 2025, 15:09

          Ja, alles schön und gut, aber sie scheinen hier eher den Sommer aus einer Schwalbe herauszulesen, während Stefan Sasse über die volkswirtschaftliche Einflüsse gesprochen haben:
          1.) Es ist nur ein Tech-Wert, nicht eine ganze Reihe von Werten, die diesen Sprung gemacht haben. Oracle hat scheinbar eine Reihe von guten Verträgen gemacht, bei den anderen Tech-Werten ist der Boom dagegen etwas abgeflaut (wie Sie selbst schreiben).
          2.) Betriebswirtschaft ist nicht Volkswirtschaft. Selbst wenn KI nur einen Wachstumsbeitrag von 0,1% zum US BIP beiträgt, dann reden wir hier von gut 30 Mrd. US-Dollar. Das ist volkswirtschaftlich wenig, aber für einzelne Firmen eine Menge Holz.

          PS: Oracle hat, soweit ich das sehe, schlicht und einfach eine Reihe von Großaufträgen für sein Cloud-Infrastrukturgeschäft in kurzer Zeit bekommen. Und die Tech-Konzerne reservieren sich mit viel Geld Service- und Fertigungskapazitäten. Das was Oracle da mE gerade erlebt hat, ist nur eine Nachholung der Entwicklung, die zB Siemens Energy in den letzten 12 Monaten gemacht hat.

          • Stefan Pietsch 12. September 2025, 17:30

            Oracle ist kein singuläres Ereignis. Der Nasdaq – der Index der technologielästigen Aktienunternehmen – steht auf einem absoluten Rekordwert und steigt gerade weiter. Sie vergessen Nvidia, Super Micro Computer, AMD, Palantir usw. Die knallen gerade wieder alle nach oben.

            Ich habe keine Glaskugel. Ich bin Analytiker und versuche Prognosen zu bewerten. Wie Stefan auf 0,1 Prozent Wachstumsbeitrag kommt, weiß ich nicht. Wahrscheinlich Glaskugel. Aber ich vertraue Menschen und Institutionen mehr, wenn sie selbst mit ihrem Vermögen und ihrer Glaubwürdigkeit im Feuer stehen als wenn jemand nur dahin philosophiert.

            Wie z.B. 2019 mit dem potentiellen Erfolg der E-Auto-Palette von VW…

            • Thorsten Haupts 12. September 2025, 20:02

              Ist Ihr Argument jetzt allen Ernstes „Weil die Aktienmärkte KI nahe Unternehmen besonders hoch bewerten, MUSS KI einen erheblich höheren Beitrag zur Produktivitätssteigerung liefern, als Stefan vermutet“?

              Wenn das so ist, habe ich mit meiner Lebenserfahrung einen klitzekleinen Einwand: Ich habe bereits zweimal das vollständige Versagen der Aktienmärkte in ganz grossem Masstab beobachten dürfen: In der DotCom Blase Anfang der 2000er und in der Subprime-Krise, die im Finanzkollaps 2008 mündete. Von daher würde ich Aktienkurse als Pädikatoren nicht so hoch bewerten.

              Hinzu kommt: Solange die Nachfrage nach KI-Dienstleistungen anhält, werden davon die Technikzulieferer (NVidia et al) profitieren. UNABHÄNGIG davon, ob der KI-Hype sich als nachhaltig erweist. Die Kurse werden durch aktuell (und in naher Zukunft erwartete) hohe Nachfrage getrieben.

              Inhaltlich bin ich im Ergebnis weit näher bei Stefan S. als bei Ihnen.

              Gruss,
              Thorsten Haupts

              • Stefan Pietsch 12. September 2025, 21:43

                Nö. Mein Argument ist, ich habe keine Glaskugel, aber im Zweifel neige ich eher jenen zu, die ihr Vermögen verwetten als jenen, die herumphilosophieren. Und wenn‘s daneben geht, haben sie ja nix gesagt. Die Experten von den Zuschauerrängen eben.

                Das Internet wie die Digitalisierung haben der globalen Wirtschaft einen gigantischen Push versetzt. Also, außerhalb Deutschlands, weil wir ja immer der Ansicht waren, das bringt nichts außer Jobverlusten. Während die Amerikaner Unternehmen wie Palantir Technologies im Dutzend entwickeln, wissen wir immerhin, dass das gar nicht geht. Felix Germania!

                Ich leide mit Ihnen: Sie haben nur die Abstürze 2001 und 2008 erlebt, nicht aber die Boomphasen danach. Dabei weiß man doch, wenn man investiert: Die Börse übertreibt immer wieder, dann kommt es zu Korrekturen, und dann geht es mit erhöhter Geschwindigkeit, bereinigt um die faulen Äpfel, weiter.

                Schon heute setzen amerikanische und asiatische Unternehmen viel mehr auf AI. Das ist der Grund, warum wir so wenig davon mitbekommen und die Möglichkeiten wie Chancen völlig falsch einschätzen.

                Was der Bauer nicht kennt, kann er auch nicht bewerten. Oder so ähnlich.

            • Hias 13. September 2025, 11:34

              Kann man so sehen, aber ihre These hat dennoch zwei Lücken:
              1.) sie können sich nicht sicher sein, ob die Investoren nur den Hype kurzfristig mitgehen wollen, oder wirklich an die langfristige Entwicklung glauben.
              2.) selbst wenn sie langfristig investiert sind, bedeutet das noch lange nicht, dass sie an einen überwältigenden Erfolg glauben. Nvidias Chips, Oracles Cloud-Infrastruktur und die Gasturbinen von Siemens Energy wird man mit weltweiter zunehmender Digitalisierung so oder so benötigen, egal wie der Trend bei KI weitergeht.

              Und von wegen Deutschland schläft. Wenn sogar der bayerische Rundfunk eine Brezn-KI einführt 😉
              https://www.br.de/index.html

              • Stefan Pietsch 13. September 2025, 12:23

                1) Nein, weiß ich nicht. Aber woher wissen es andere? Aber die meisten an der Börse investieren langfristig. Sie sind keine Spekulanten. Sie denken sich etwas dabei, wenn sie sich an Unternehmen XY beteiligen. Und von irgendwoher kommt ja der Hype.

                Die Vorstellung der meisten Deutschen ist dagegen: Da gibt es in den USA einen neuen Guru und der redet den Leuten etwas ein. Bis sie nach Jahrzehnten konstatieren müssen, dass da doch große, reiche Konzerne entstanden sind – natürlich nur mit unseriösen Geschäftspraktiken und Armaden voller Steuertrickser.

                Wir reden von SAP und denken, das ist so wie in den USA Apple. Und verstehen nicht – so wie Sie das ja auch schreiben – dass in 20 Jahren nicht Nvidia das größte Unternehmen sein wird, sondern irgendein anderes, von dem wir heute noch nichts gehört haben.

                2) Was ist Siemens Energy? Ein derzeit ziemlich überbewertetes Unternehmen. TSMC und ASML sind keine Kürzel für vegane Kochrezepte, wie unser leichtgewichtiger Wirtschaftsminister unter der Ampel-Regierung wahrscheinlich meinte, der lieber versuchte, das 2002 größte Unternehmen zu subventionieren, und nicht merkte, dass man ihm wie so oft eine Bruchbude andrehte.

                Wie rückständig Deutschland nicht nur in Politik und Gesellschaft ist, sondern noch mehr im Denken, zeigte mir vor kurzem ein schöner Vergleich. 2002 digitalisierte die Regierung Schüssel in Österreich (hallo Ralf, das waren die mit der FPÖ in der Regierung!) radikal die Verwaltung. Wir reden knapp ein Vierteljahrhundert später noch davon, dass man das vielleicht mal angehen müsse.

                Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man sich jeden Tag über das Sicherheitsdenken in diesem Land nur totlachen.

    • Florian 18. September 2025, 22:55

      Das ist ja schon fahrlässig, wie ignorant du über Dinge schreibst, von denen du keine Ahnung hast.

      Einfach mal pivot-to-ai oder wheresyouredat lesen für ein paar Einordnungen. Dann

  • Stefan Pietsch 11. September 2025, 08:47

    3) Pflichtdienst? Ja, aber für alle!

    Mein Stand ist, dass weder Bundeswehr noch die sozialen Dienste die Kapazitäten haben, diese ganzen Pflichtdienstleistenden überhaupt aufzunehmen (und auch nie hatten; Wehrgerechtigkeit gab es ja nicht einmal in den Hochzeiten des Kalten Krieges).

    Nun, ersteres lässt sich ja herstellen, zweitens stimmt so nicht. Mitte der Achtzigerjahre wurde meiner Erinnerung nach der Großteil der Jahrgänge gezogen. Die Frage ist ohnehin falsch gestellt. Wir betrachten die Dinge nicht vom Ziel her, sondern vom Startpunkt. Deutschlands Armee ist derzeit auch zahlenmäßig in einem lächerlichen Zustand. Mit purer Freiwilligkeit lässt sie sich nicht zum größten stehenden Heer in Kontinentaleuropa ausbauen. Und wenn das das Ziel ist, sind Diskussionen „Ja“ oder „Nein“ zur Wehrpflicht müßig.

    • Stefan Sasse 11. September 2025, 10:19

      Nicht korrekt. Selbst in den 1960er Jahren war die Wehrgerechtigkeit im Sinne von „alle müssen“ bei weitem nicht erfüllt. https://de.wikipedia.org/wiki/Wehrgerechtigkeit

      • derwaechter 11. September 2025, 11:31

        3)
        Wehrgerechtigkeit hat m.W. hauptsächlich in Deutschland überhaupt diesen Stellenwert und ist m.E. ein untergeordnetes Thema. Das liesse sich durch eine Verfassungsänderung, die wir wohl eh bräuchten, auch gut regeln.

        Man sollte doch vom Bedarf aus denken und diesen möglichst gut decken. Also alle erfassen, die mit dem meisten Potential gründlich Mustern, und dann die besten nehmen. Fertig. Das ist das viel genannten schwedische Model. Oder auch das norwegische.

        Noch deutlich schräger finde ich das Thema Generationengerechtigkeit.

        Bis zur Aussetzung 2011 waren doch alle Männer wehrpflichtig. Warum soll es denn gegenüber den jetzt Jungen ungerecht sein, wenn sie das gleiche wie fast alle anderen machen müssen als diese jung waren?

        Da bleibt dann nur noch die Kohorte seit 2011, also stand heute 14 Jahre. Wenn man so wie früher die Heranziehungsgrenze bei 25 Jahren zieht würden die Jüngeren aus diesem Zeitraum auch noch herangezogen. Am Ende haben wir also ein Lücke von nicht mal 10 Jahren in denen alle „fein raus“ waren. Damit kann man doch wohl leben, oder?

        • Stefan Sasse 12. September 2025, 07:21

          Kann man, klar. Ich sage nur, dass Wehrgerechtigkeit nie erreicht war, auch früher nicht.

          Es gibt eine Menge Argumente, dass eine Dienstpflicht alle treffen sollte. Du kannst das ja recht easy machen. Früher war halt Wehrpflicht, und es wurde eingezogen, und rund die Hälfte machte dann Zivildienst. Wer nicht eingezogen wurde, hatte Glück. Aber du kannst das ja andersrum aufziehen: Pflichtdienst für alle, der Bundeswehr sein kann. Dann kannst du problemlos auch beide Geschlechter einbeziehen. Das ist das Thema, IMHO.

          • derwaechter 12. September 2025, 09:26

            Pflichtdienst für alle und Wehrpflicht sind m.E. Themen die getrennter diskutiert werden sollten. Und in Moment ist die Wehrfähigkeit und wie diese erreicht werden kann das viel drängendere Thema. Durch das Vermischen erschwert man das Finden einer Lösung.

            Um beide Geschlechter einzubeziehen braucht es auch keinen Pflichtdienst. Das sind ebenfalls getrennte Themen. Schwedisches und norwegisches Model bezieht beide Geschlechter ein, es gibt dort keinen Pflichtdienst.

            Meinst du mit „für alle“ immer noch alle Alter?

            • Stefan Sasse 12. September 2025, 11:27

              Ich bin agnostisch. Wie du sehe ich das grundsätzlich als zwei nicht identische Themen. Aber getrennt diskutieren kannst das nicht. Wenn wir jetzt die Wehrpflicht für Männer wieder einführen, schließt das die Debatte für einen Pflichtdienst.

              • derwaechter 12. September 2025, 14:02

                „Wenn wir jetzt die Wehrpflicht für Männer wieder einführen, schließt das die Debatte für einen Pflichtdienst.“
                Das hat wirklich nichts mit nur Männer oder nicht zu tun. siehe oben.

                Ich bin auch nicht der Meinung, dass das die Debatte schließen würden. Es würde sie vielleicht sogar eher befeuern.
                Wenn wir die Wehrpflicht wieder einführen würden, wie sie war (also die Aussetzung zurücknähmen), hätten wir ja praktisch ein Pflichtjahr für Männer. Da wäre der Schritt zum Pflichtjahr gar nicht so weit.

                Aber wie gesagt, das ist alles zweitrangig hinter der Frage, wie die Bundeswehr genug Leute bekommen kann um ernsthaft Abwehrbereit zu sein.

                • Thorsten Haupts 12. September 2025, 14:58

                  Aber wie gesagt, das ist alles zweitrangig hinter der Frage, wie die Bundeswehr genug Leute bekommen kann um ernsthaft Abwehrbereit zu sein.

                  Yup. Das einzige, was mich an der Wehrpflichfrage interessiert.

  • Stefan Pietsch 11. September 2025, 08:52

    4) Wie eine faire Erbschaftsteuer aussehen könnte

    Habe ich da irgendwo Steuerentlastung gelesen? Nein? Okay, forget it!

    So lange der Staat nur bemüht ist, von den Bürgern noch mehr Geld abzuknöpfen – wie seit Jahrzehnten unter dem Siegel der garantierten Gerechtigkeit – jetzt jede Debatte sinnlos. Dann sagt doch einfach, ihr wollt die Steuern erhöhen.

    Anscheinend ist es den meisten immer noch nicht aufgegangen: Der Wert der meisten deutschen Unternehmen definiert sich durch den Unternehmergeist und die Risikobereitschaft der Eigentümer. Ist der Weg, saust der Wert nach unten. Die Erbschaftsteuer auf Unternehmen besteuert wie die Wegzugsteuer das, was mal war – nicht das, was ist. Zudem haben familiengeführte Unternehmen seit langem große Probleme, die Nachfolge zu regeln.

    Und der Staat könnte das besser? So wie er bisher noch jedes Unternehmen zerlegt hat?

  • Stefan Pietsch 11. September 2025, 08:57

    c) Der Verbotsfetischismus bedroht unsere stolze Autonation (Welt). Bei solchen Schlagzeilen frage ich mich immer, ob da irgendjemand Satire schreibt.

    Wieso brauchen wir in der EU ein Verbrennerverbot und der Rest der Welt nicht? Da ist doch das Verbot die Satire, nicht die Kritik daran.

    e) Thread zu Milei und Argentinien. (Twitter)

    Bekanntlich kann ich zu Argentinien wenig sagen. Aber wie der Kommentator die Situation vor Milei schönredet, ist unerträglich. Argentinien ist eines der ärmsten Länder der Welt, heruntergewirtschaftet vom Peronismus. Die Inflationsraten traditionell im Bereich irre, die Staatsverschuldung stetig am Bankrott, die Armut jeden Drittweltlandes würdig. Das alles hat sich unter Milei binnen nur etwas mehr als einem Jahr erheblich verbessert.

    Was haben da eigentlich die Regierungen davor gemacht und warum hat man die nicht kritisiert?

    • Lemmy Caution 11. September 2025, 10:43

      e) Milei. Versuche kuerz
      Argentinien ist ganz sicher nicht eines der aermsten Laender der Welt. Argentinische Regierungen wurden IMMER in den Medien kritisiert. Alle argentinischen Star-Oekonomen und Finance-Experten haben die Kirchner-Regierungen kritisiert. Fast alle dieser Star-Oekonomen greifen heute die Milei Regierung heftig an. Die anderen 3 sitzen in der Regierung.
      Seit 2012 haben wir ungefaehr Null-Wachstum.
      Der Links-Peronismus erzielte in den ersten Jahren grosse Wachstumssteigerungen, aber wie so oft in Argentinien folgen die keinem nachhaltiges Modell.
      Die Peronisten haben nach dem WK II weniger als die Haelfte der Zeit regiert, 38 Jahre. Davon muss man die 10 Jahre Menem mit einer sehr liberalen Wirtschaftspolitik wirklich abziehen, womit wir bei 1/3 waeren. Die peronistische Regierung Menem galt damals Musterschueler des Washington Consensus. Es gibt 2 recht aktuelle Buecher auf Spanisch ueber die vielen Krisen Argentiniens seit 1954. Miguel Kiguel, Las crisis económicas argentinas und Luzzi, M und Wilkis, A, El dólar: Historia de una moneda argentina. Hochinteressant, aber eben auch komplex.
      Liberale Oekonomen haben an dem Desaster massgeblich mitgewerkelt. Kreative komplexe Geld- und Finanzpolitik Ideen, die nach dem Scheitern kostspielige staatliche Rettungsoperationen erfordern, um einen voellige Zerstoerung des Finanzmarkts zu verhindern.
      Trotz des Ueberschusses im Primaerhaushalt wird Argentinien nach Milei mit mehr Schulden dastehen als vorher. Warum? Leliqus. Was ist das? Inzwischen hochverzinste Peso-Papiere, die Banken und Unternehmen halten, um sie nicht anzuruehren. Hoert sich nicht nur voellig irre an, es ist voellig irre.
      Wenn sich unter Milei so viel gebessert hat, warum waehlen dann die Einwohner der Provinz Buenos Aires 13% mehr die Peronisten als die Regierungsvertreter? Schreib unten noch mehr ueber die Probleme des Wirtschaftsprogramms, das auch liberale und libertaere Oekonomen scharf kritisieren. In Argentinien treten in den Medien wesentlich mehr Oekonomen als in Deutschland auf.
      2 gute juengere liberale Oekonomen auf tuiter:
      https://x.com/AmilcarCollante
      https://x.com/naty_motyl

      • destello 11. September 2025, 17:46

        „Argentinien ist ganz sicher nicht eines der aermsten Laender der Welt“
        Das ist sowieso eine Frage, die mich umtreibt. Seit wirklich vielen Jahren gibt es nur richtig schlechte Nachrichten aus Argentinien. Mehrere 100% Inflation, Armut, etc. Da kann man schon das Gefühl bekommen, es hier mit einem der ärmesten Länder der Welt zu tun zu haben. Aber wenn man sich das BIP per Capita von 2023 ansieht, stehen sie gar nicht so schlecht da: $13,823. Damit sind sie von den großen lateinamerikanischen Ländern das Reichste. Nur die alten Bekannten wie Uruguay, Chile, Costa Rica und Panama sind reicher. Wie kann das sein?

        • Thorsten Haupts 11. September 2025, 23:53

          Von einem (weltweit) hohen Niveau gefallen? AFAIR waren Argentinien und Chile um 1910 bereits einmal auf westeuropäischem Niveau. Und dafür sind die 13.823 grottenschlecht (zum Vergleich Niederlande 2023: 64.500).

          • Lemmy Caution 12. September 2025, 19:25

            Ich denke, dass man so Entwicklung nicht definieren kann.

            Chile war 1910 ärmer als Argentinien, aber man hatte Salpeterminen, der unter unmenschlichen Bedingungen von Quasi-Sklaven in der trockendsten Wüste der Welt gefördert wurde. 1917 gelang es deutschen Chemikern, Salpeter künstlich herzustellen. Das stürzte Chile in eine jahrzehntelange Wirtschaftskrise.
            Wenn Du nur etwa 100 km südlich der Hauptstadt zwischen 2 Städten mit Pferd, Fuhrwerk oder zu Fuß gereist bist, wurdest du mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer Räuberbande ausgeraubt. In Santiago gab es kein Gebäude über 3 Stockwerke. Das Land hatte 3,5 Mio Einwohner. Viele lebten noch auf dem Land, das von den alten Haciendas beherrscht wurde. Es sollte noch fast 50 Jahre dauern, bis der Staat einheitliche Wahlzettel druckte. Vorher hat die einfach der Hacendado Patron drucken lassen, der die dann auch direkt fuer alle seine Abhängigen ausfüllte. Selbst in den Provinzstädten gab es noch viele Analphabeten. Europäische Nonnen gründeten Schulen. Chile hatte vor den 1930er Jahren eine der größten Kindersterblichkeitsraten der Welt, bevor ein Gesundheitsminister namens Salvador Allende eine sehr effektive Reform des Gesundheitswesens durchführte.

            Buenos Aires war seit 1880 eine boomende Stadt, aber es gab praktisch keine Industrie. Bis 1916 waren alle Wahlen hochgradig gefälscht. Man lebte sehr gut vom Rindfleischexport nach England. Der Reichtum war aber sehr ungleich verteilt, obwohl Argentinien viele südeuropäische Auswanderer anzog. Die Lebensbedingungen waren aber in Sizilien oder Spanien auch nicht so toll.

        • Lemmy Caution 12. September 2025, 08:18

          Alte Bekannte stimmt nicht so.
          Chile befand sich bis Anfang der 90er im Mittelfeld der Region, d.h. in den 60ern und 70ern wirtschaftlich deutlich weniger entwickelt als Argentinien. Bip pro Kopf oft 50% ueber Chile. Chile hatte sein starkes Wachstum in den 90ern. Nach dieser Kurve fand das Ueberholen in den fruehen 00ern statt. Aber diese Daten verzeichnen die Realitaet immer. Kaufkraftparitaet, Verfuegbarkeit von oeffentlichen Guetern spielen auch eine Rolle.
          Aber erst 50% mehr zu haben als das Nachbarland und irgendwann 20% weniger ist in jedem Fall ein relativer Abstieg. Argentiniens Wirtschaftsgeschichte hatte neben den Bust-Phasen auch immer wieder Booms.
          https://datosmacro.expansion.com/paises/comparar/argentina/chile?sc=XE34
          Bis in die 00er Jahre gab es in Chile keine wirklichen 2-spurigen Autobahnen, waehrend Argentinien ein gutes Autobahnnetz hatte.
          Panama ist eher neureich, seitdem denen der Kanal gehoert.
          Wirtschaftliche Entwicklung ist ein langsamer Prozess. Paraguay hat v.a. auch dank Soja seit 20 Jahren eine sehr gute Entwicklung, aber sie waren halt so arm, dass das Aufholen sehr lange dauert.

          Noch mal zu boom. Der Milei Boom dauerte nur ein paar Monate. Aktuell gehen offenbar Arbeitsplaetze im regulaeren Sektor verloren bei sinkenden Realloehnen. Derweil wird Phillip Bagus Jubelbuch „Die Aera Milei“ in immer mehr Sprachen uebersetzt. Ich hatte mir das guenstige spanische ebook gekauft… und nach wenigen Seiten aufgehoert zu lesen, weil ich wusste was kommt. Ich hab mir aber schon die Italienische und Russische Version vorgemerkt. Wenn ich irgendwann Zeit finde, diese Sprachen zu lernen, will ist ja gerade Material, wo ich weiss was inhaltlich kommt 😉 . Man kann sich dann besser auf Grammatik und Vokabeln fokussieren.

    • cimourdain 11. September 2025, 11:07

      c) Wie bei so vielen „Nur bei uns“ Argumenten ist das nicht ganz korrekt. Beim Glasgow Abkommen („Verbrennerverbot“) sind ebenfalls Japan, Südkorea oder Kanada bis 2035 dabei, Norwegen und Island bis 2030 (Norwegen wollte sogar schon 2025 ein Verkaufsverbot einführen), Schwellenländer wie Indien, Mexiko oder Türkei folgen 2040.

      • Johnson 11. September 2025, 22:12

        @cimourdain:

        Please. Iceland and Norway as examples of a global convention that will have any impact? Both countries together have the population of a mid sized American metropolitan area. Iceland could gift each and every one of its citizes an OG Hummer and it wouldn’t even make a blip in global emissions.

        Norway – well, if on the one hand you have cheap hydro electricity to spare, and on the other hand have gotten crazy rich by selling those evil, very bad hydrocarbons you are trying to eliminate at home to the world, it’s easy to virtue signal all day long.

        Canada just „paused“ its EV mandate for 2026 and I’ll take any bet that there will be a similar message in 2027 or 2028 for the 2030 and then 2035 target(s). Unless they manage to climb out of that recession they’re in on time.

        Japan – different landscape re private cars vs public transit than Europe or North America, and what they’re (supposedly) saving via EV’s they’ll blow by increasing their LNG/natural gas imports and consumption.

        South Korea – see Japan

        And India (!), Turkey (!) and Mexico will for sure heave to the agreements they entered into for 2040, come hell or high water? If you believe that I have some very nice swampl…erm, I mean coastal property to sell you.

  • DerDieDas 11. September 2025, 08:57
  • DerDieDas 11. September 2025, 09:06

    Entgegen der hier in den Kommentaren üblich verbreiteten Lügen, fallen laut «OECD-Wirtschaftsberichte: Deutschland 2025» im gesamtstaatlichen Steueraufkommen einige Dinge auf:
    «Im Steuermix liegt das Gewicht stark auf der Arbeitsbesteuerung. Der Beitrag, den Steuern auf Grundeigentum, auf Kapitaleinkünfte und Unternehmensgewinne sowie auf den Verbrauch zumGesamtsteueraufkommen leisten, ist hingegen deutlich geringer als in anderen OECD-Ländern». Beispiele:
    – Steuern auf Unternehmensgewinne: D 6 % vs. 12 % OECD-Durchschnitt (!)
    – Steuern auf Grundeigentum: D 2 % vs. 5 % OECD-Durchschnitt (!)
    – Arbeitnehmerseitige Sozialversicherungs-beiträge D 17 % vs. % 10 OECD-Durchschnitt (!)
    Des weiteren wird festgestellt:
    – Für Einkünfte aus der Veräußerung oder Vermietung von Bestandsimmobilien gibt es großzügige Steuervergünstigungen.
    – Immobilienbestand von mehr als 299 Wohnungen gilt automatisch als Betriebsvermögen und ist damit von der Erbschaftsteuer befreit!.
    – Gewinne von Immobilienunternehmen sind vollständig von der Gewerbesteuer befreit; die dadurch entstehenden Einnahmeausfälle belaufen sich auf rd. 5 Mrd. EUR
    – Dank Steuerschlupflöchern können Immobilien-Holdings außerdem die Grunderwerbsteuer umgehen
    – Zusammen mit den niedrigen Zinssätzen hat die großzügige steuerliche Behandlung von Immobilien zahlreiche institutionelle und private Anleger an den deutschen Immobilienmarkt gelockt und so zu einer Fehlallokation von Kapital geführt. (Von wegen, die Ausländer sind Schuld!)
    – Die Steuerfreibeträge für Schenkungen an Familienangehörige gehören zu den höchsten im OECD-Raum.
    – Die großzügigen Befreiungen von der Erbschaft- und Schenkungsteuer für Betriebsvermögen einschließlich Aktien resultieren zudem in Steuervergünstigungen von bis zu 10 Mrd. € jährlich, die stark regressiv sind.
    (Quelle: OECD-Wirtschaftsberichte: Deutschland 2025, S. 49 – 51.)
    Aktuell:
    Nach aktuellen Daten des Statistischen Bundesamtes wurden im Jahr 2024 für 45 Großerben Erbschaft- oder Schenkungsteuern erlassen – deutlich mehr als im Vorjahr (26 Fälle). Dabei wurden begünstigte Vermögen von rund 12 Milliarden € übertragen. Zwar setzten die Finanzämter darauf zunächst Steuern von 3,5 Milliarden € fest, doch rund 95 % davon wurden nachträglich erlassen. Effektiv zahlten die Erben damit nur rund 180 Millionen € (etwa 1,5 %). Insgesamt verzichtete der Staat durch die Erlasse auf Einnahmen in Höhe von 3,4 Milliarden € – ein Anstieg um 1,3 Milliarden gegenüber 2023.
    Addiert man zu dem Erlass für die Großerben von 3,4 Milliarden Euro noch die Steuerbegünstigungen für Unternehmensvermögen unterhalb von 26 Millionen Euro, wurden bei den Unternehmensübertragungen im vergangenen Jahr rund 7 Milliarden Euro Steuern erlassen (eigene Berechnungen auf Basis der Steuerstatistik). Damit stellen die Erbschaftsteuer-Ausnahmen für Unternehmen die größte Steuersubvention in Deutschland dar.

    • CitizenK 11. September 2025, 19:22

      @DerDieDas
      Lass doch bitte den ständigen „Lügen“-Vorwurf. Lügen bedeutet: bewusste Täuschung. Eine interessegeleitete Sichtweise ist keine Lüge. Wer im Internet unter Klarnamen auftritt (was durchaus eine Portion Mut erfordert), wird sein Umfeld (vor allem sein berufliches) mitdenken. Was der deliberation natürlich Grenzen setzt – wie andererseits auch Lügen-Unterstellungen.

  • Lemmy Caution 11. September 2025, 09:06

    e) Milei
    Ich finde den Austro-Peronisten Koepl nach wie vor unmoeglich, aber Milei steht vor dem Abgrund. Inzwischen wird der Praesident in grossen konservativen Medien laecherlich gemacht. In Spanisch: https://x.com/jmtelechea/status/1965736637813690641
    Koepl hat den Korruptionsskandal recht gut beschrieben. Das ist voellig der schamlose Stil der alten Kaste. Das ganze eroeffnet auch Fragen zur Sicherheit. Teile der Aufnahmen stammten direkt aus dem Praesidentenpalast.

    Deutsche Milei Versteher
    Deutsche Milei-Versteher rekurrieren immer wieder auf die angeblichen ueber 5% Wachstum dieses Jahr, die von mehreren Prognosen internationaler Banken stammen. Prognosen irren sich. Ich habe das anhand von Zahlen der argentinischen Statistikbehoerde wiederlegt. Seit Maerz gibt es im Vergleich zum Vormonat kein Wachstum mehr. Das ist aber im volatilen Kontext entscheidend. https://x.com/LemmyCaution/status/1965680675228635448
    Die in Deutschland oft zitierte Senkung der Armutszahlen ist auch bullshit, aber dazu habe ich gerade keine Zeit.
    Ich bin schockiert, dass in Zeiten der real existierenden Desinformation der politisierte Teil der Menschen in einer Demokratie wie Deutschland keine Statistiken mehr lesen kann.

    Politik
    Milei reiste oft zu seiner Fan crowd in den USA und West-Europa. Zu Hause stiess er Reihenweise moegliche Verbuendete vor den Kopf, die ihn auch schon mal kritisierten. Im foederalen System Argentiniens brauchst du solche Unterstuetzer auf Ebene der Provinzen (wie Bundeslaender in Deutschland). Vor allem sein Verhalten gegen die gewaehlten Gouverneure, d.h. sowas wie Ministerpraesident von NRW in Deutschland. Allein verbal war das selbst fuer lateinamerikanische Verhaeltnisse ungewoehnlich: Ratten, das Letzte der Politik, Stalin Kueken, Zar der Armut, Eunuchen-Esel, etc. Nach der viel staerker als ertraeglich verlorenen Regionalwahl in der Provinz Buenos Aires, zu der die gleichnamige Stadt NICHT gehoert, aber in der 38% der Argentinier leben, will die Regierung politisch konzilianter werden. Nach dem in diesem Jahr zerschlagenem Porzelan hat das wenig Aussicht auf Erfolg. Niemand traut denen. Im Oktober will Milei Stimmen in mid-term elections fuer die Sitze in beiden Haeusern des Parlaments gewinnen. Zwar wird es in anderen Provinzen als der Provinz Buenos Aires weniger katastrophal laufen, aber vermutlich auch nicht gut. Politisch halte ich es mittelfristig fuer wahrscheinlich, dass ein Stabilisierungsprogramm in anderer Form unter jemand anders als Milei fortgefuehrt wird. Der bei Nicht-Beruecksichtigung des Schuldendienstes ausgeglichene Haushalt und die Senkung der Inflation auf 30% pro Jahr war gut und notwendig.

    Ich schreibe spaeter noch was zu dem Thema Wirtschaft. Ich habe mich ueber Jahrzehnte mit vielen Lateinamerikanischen Stabilisierungsprogrammen beschaeftigt. Ein guter Indikator ist der Wert fuer Laenderrisiko, der direkte Auswirkungen auf die Kreditvergabe von v.a. auslaendischen Banken hat. Der Wert sank in 2024 beachtlich und stieg 2025, zuletzt dramatisch.

    • Hias 12. September 2025, 10:36

      Danke für die Einschätzung. Welche guten (im Idealfall englischen) Quellen gibt es zu der Situation in Argentinien?

  • Thorsten Haupts 11. September 2025, 14:33

    Zu 3)

    Ein Grossteil der Boomergeneration hat bereits gedient! An dem Vorschlag, sie erneut einzubeziehen, ist also nichts gerecht – und das wissen auch alle, die das vorschlagen. Es ist letztlich der erkennbare Versuch, die Einführung der Wehrpflicht auf Umwegen zu verhindern.
    Und das Irre daran ist – das ist gar nicht notwendig. Wir sind als Gesellschaft so durchdringend bequemlichkeitspazifistisch geworden, dass wir uns einem Angreifer sofort unterwerfen würden. Das geradezu klassische Endstadium einer zivilisierten Gesellschaft und möglicherweise mit ihr unvermeidbar verbunden.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • Stefan Sasse 12. September 2025, 07:22

      Ich würde nicht zustimmen, dass das ein Versuch ist, die Wehrpflicht zu verhindern. Das lässt sich an keiner Stelle herauslesen. Die Interessen hier sind andere. Man kann das Argument, das du hast, gerne bringen (und es ist auch ein gutes), aber der Vorwurf ist nicht sachdienlich.

      • Thorsten Haupts 12. September 2025, 15:00

        Ist meine Wahrnehmung. Hat auch was mit den Leuten zu tun, von denen diese seltsamen Virschläge kommen.

  • Thorsten Haupts 11. September 2025, 14:37

    Zu f) … Teil der Zivilgesellschaft ein, der für demokratische Werte und gegen den Rechtsruck kämpft

    Pruuuust. Gelungene Satire!

    • Thorsten Haupts 12. September 2025, 17:47

      Und danke für die Formatierungskorrektur.

  • Lemmy Caution 11. September 2025, 22:03

    Oekonomie Milei

    Milei wird hier massiv ueberschaetzt. Die Geld/Wirtschafts/Finanzpolitik wird massgeblich von Luis Caputo bestimmt. Milei gefaellt sich aus meiner Sicht eher als der Rocker, der sich von Rechten und Libertaeren in Europa und den USA abfeiern laesst. Getrieben scheint er mir eher von aberglaeubischen Ueberzeugungen als von Rationalitaet. Da gleicht er uebrigens Menem, dem liberalen Peronisten der 90er. Libertaere Europaer interpretierten da wohl Dinge rein, die vielleicht gar nicht vorhanden sind.

    Derweil schraubt der Finanzexperte Caputo an seinen Spielchen, die manchmal funktionieren und manchmal auch nicht. Der Ergebnis erinnert an die gescheiterte Regierung Macri. Der wirkliche Denker, der Milei in die Austrian Economics eingefuehrt hat, Diego Giacomini, wurde bereits vor der Wahl Mileis zum Praesidenten zu dessen schaerfsten Kritiker.
    Ich habe Giacomini lange unterschaetzt, obwohl mir 2 Wochen vor der Wahl klar war, dass all das Gerede von dem Sprengen der Zentralbank und der Dollarisierung leer war. Deutsche bekannte Austrians sehen das wohl auch so. Das erst 2012 gegruendete Deutsche Mises Institut zerstritt sich ueber die Frage, ob man Milei eine Medaille verleihen sollte. 3 von 5 Vorstandsvorsitzende sind zurueckgetreten. Mir ist das egal, weil ich die Leute eh nicht mag.
    Wir befinden uns in einer aehnlichen Lage wie in der zweiten Haelfte der Praesidentschaft Macris. Der Peso wird mit vom IWF gepumpten Dollars in Stuetzungskaeufen ueberbewertet gehalten, damit die Inflation nicht wieder ansteigt. Vor wenigen Wochen erklaerte man noch in einem seltsamen Propganda-Stunt, dass sich der Wechselkurs selbst tragen wuerde. https://www.youtube.com/watch?v=TjgMXjyLiq8
    Wenige Wochen spaeter hat die Zentralbank dann zunaechst Dollar-Futures gekauft und am Ende dann auch direkt. Laecherlich. Dabei werden diese Dollars dringendst als Reserven in der Zentralbank benoetigt.
    Ein weiteres sich aus dem ueberbewerteten Peso ergebendes Problem ist, dass man den Kurs auch dadurch haelt, indem man die Zinsen fuer Pesos auf Phantasiepreise angehoben hat. 79%. Dies fuehrt dazu, dass Kleine und Mittlere Unternehmen grosse Problemen haben, sich zu refinanzieren. Man fuerchtete den Wiederauflammen der Inflation wegen der midterm elections beider Haeuser des Parlaments im Oktober. Macri hatte damals diese midterm Wahl sehr ueberzeugend gewonnen, bevor dann die Wirtschaft Schiffbruch erlitt und er die eigentlich wichtige Wiederwahl zum Praesidenten verlor.
    In Argentinien treten liberale Oekonomen viel haeufiger in den Medien auf als in Deutschland. Fuer mich sind das kompetente und glaubwuerdige Experten. Deren Kritik an Milei wurde in den letzten Wochen immer heftiger.

    • CitizenK 14. September 2025, 20:26

      Im Netz gibt es ein flammendes Pro-Israel-Statement von Milei. Ist das echt?

  • Thorsten Haupts 13. September 2025, 17:59

    Lose zu 3)

    Die Einschläge kommen näher, wie der Drohnentest der Russen gegen Polen zeigt. Möchte jemand hier die Wette mit mir halten, dass wir trotzdem tun werden, was wir am besten können: Nichts?

    • pannaKraweel 14. September 2025, 14:57

      „Möchte jemand hier die Wette mit mir halten…“

      Lieber nicht, brauch mein Geld für die Notauswanderung 🙂

      Danke für die ausführliche Antwort zur Kohl-Ära kürzlich, ich war ein paar Tage weg.

      • Thorsten Haupts 14. September 2025, 19:48

        My pleasure 🙂 .

  • Ralf 13. September 2025, 18:58

    zu 2)

    Ich halte das für eine fruchtlose Debatte. Man kann ja gerne irgendwelche Primaries zählen, aber letztlich kommt dabei wenig herum

    Verstehe nicht, was Du hier fruchtlos findest oder weshalb Du Primaries zählst. Die Grundthese des Textes ist doch klar: Progressive versammeln sich, wenn sie gegen Zentristen unterliegen, hinter dem ehemaligen Gegner für das gemeinsame Ziel. Zentristen hingegen versammeln sich in umgekehrter Situation nicht hinter dem Progressiven, sondern bekämpfen den Freund im eigenen Lager mit allen Mitteln weiter – auch wenn das heißt, dass am Ende der gemeinsame Gegner gewinnt.

    Kommt übrigens nicht nur in den USA vor. Die gegenwärtige Staatskrise in Frankreich hat einen ganz ähnlichen Ursprung.

  • Thorsten Haupts 13. September 2025, 22:05

    … Freund im eigenen Lager …

    Entweder man akzeptiert, dass Rechtsradikale keine Freunde rechter Zentristen sind. Dann gilt das gleiche für Linksradikale und linke Zentristen. Oder man akzeptiert das nicht – dann bitte für beide Lager. Ich bezweifle energisch, dass Links- oder rechtsradikale jemals "Freunde" von Zentristen sind oder sein können.

    • Ralf 13. September 2025, 22:33

      Niemand redet von Rechts- oder Linksradikalen. Die Rede ist von Progressiven und Zentristen.

      • Lemmy Caution 14. September 2025, 12:35

        Dann ist aber die Frage, wen man als Linksradikal oder Radikal einordnet. Das haengt dann viel von lokalen Details ab, die im Ausland nicht rezepiert werden. Allgemeine Regeln wie „Zentristen machen das…“, „Rechtsradikale machen dies“ oder „Progressive machen jenes…“ sind problematisch.
        Jean-Luc Mélenchon und La France Insoumise (LFI) sind fuer mich Radikale. Ich lese gerade das viel beachtete Buch „La Meute“ (Das Rudel) von 2 Journalisten, einer von dem progressiven Le Monde, einer von der Linken Liberation, die die harte Hand und die hierarchisch autoritaere Struktur des LFI thematisieren. Viele Progressive teilen die Sicht des Buchs, andere nicht. Der wichtige yt Kanal Blast etwa nicht.
        Aber was bedeutet „Franzoesischer Zentrist“?
        Ich bin der Meinung, dass Frankreich dringend sparen muss. Sonst muss die Regierung in naeherer Zukunft mit dem IWF reden. Der IWF wird seine Politik aber wieder haerter machen muessen, weil die gerade dabei sind WIEDER 22 Mio USD Kredite in Argentinien zu VERSENKEN. Argentinien gibt naemlich viel mehr Geld fuer eine absolut irre, fehlgeleitete und teure Wechselkurspolitik aus als dass sie fiskalpolitisch in der Realwirtschaft einsparen, was ich nur noch mit einem musikalisch unterlegtem Filmschnippsel kommentieren kann. https://www.youtube.com/watch?v=CIrvSJwwJUE
        DAS IST VOELLIG IRRE. Milei hat mal gesagt, er wolle die Zentralbank zerstoeren. LASST UNS DEN IWF ABFACKELN UND MILEI, CAPUTO und STURZENEGGER vorher da irgendwo ANBINDEN.
        Fuer die Sparpolitik steht Macron und er kann sich damit nicht durchsetzen. Ich kann aber Macron aber wegen seiner Unfaehigkeit zu Koalition und seiner Selbstueberschaetzung auch nicht leiden.

        Man kann sich super in die Politik eines anderen Landes vertiefen, wenn man die Sprache hinreichend versteht. Youtube liefert einen dichten Teppich aus unterschiedlichen Positionen. Das braucht man. Die traditionellen Medien, neue Medien Kanaele, Privatpersonen, Akademia, Unternehmer, Protestler, etc. Das geht in Richtung von Walter Kempowskis „Das Echolot“ Projekt, von dem ich viel gelesen habe. Echolot behandelt nur kein anderes Land sondern eine andere Zeit.
        Zum Lernen von Sprachen gibt es immer bessere Tools. Mein neuester Favorit ist das hier: https://www.youtube.com/watch?v=DZhzOwNUgww . Der erzeugt waehrend des Abspielens eines Videos den Text. Man kann einzelne Vokabeln mit Mausklick anklicken und sich ganze Saetze in Englisch uebersetzen lassen. Ich versteh auch ohne das Tool etwa 90%. Ich brauch das nur noch zum „tiefen Verstehen“ Modus, d.h. jeder Satz. Gibt da 80:20 Regel, d.h. 20% der Saetze verursachen 80% der Verstaendnis-Arbeit. Kostet 7 Euro im Monat.
        Beispiel:
        Frz: „on fait dire un peu ce qu’on veut aux chiffres.“
        Deutsch: „wir sorgen dafür, dass die Zahlen ein wenig das aussagen, was wir wollen.“ (Struktur sehr anders zu Frz)
        Engl: „we make the numbers say a bit what we want.“ (Struktur sehr effizient, aber nochmal anders zu Deutsch und Frz)

        • Ralf 14. September 2025, 13:15

          Ich halte nichts von Thorstens Differenzierung zwischen “Radikalen” und “Extremisten”. Für mich sind letztere das gleiche. Und sie unterscheiden sich von legitimen politischen Playern dadurch, dass sie die Systemfrage stellen, also nicht graduell reformieren, sondern unser System abschaffen wollen. Beispiele sind die Nationalsozialisten auf der rechten und Parteien wie DKP oder MLPD auf der linken Seite.

      • Thorsten Haupts 14. September 2025, 14:03

        Progressive sind Linksradikale.

        • Stefan Sasse 14. September 2025, 15:19

          Ich bezeichne mich als Progressiven, aber ich bin sicher nicht Linksradikal. In dem Fall wären Liberale und Konservative Rechtsradikale.

          • Thorsten Haupts 14. September 2025, 19:46

            Du bist auch ein ausgesprochen moderater Progressiver. Die anderen würden mich gerne einsperren, umerziehen oder an der Diskussionsteilnahme hindern, meistens alles gleichzeitig.

            • Stefan Sasse 14. September 2025, 22:21

              Danke für die Blumen, aber es gibt in dem Land genug Progressive, die nicht radikal sind. Habeck, Baerbock, Ricarda Lang (alles has beens, ich weiß, aber wer kann sich die Namen der aktuellen Leute merken…). Auch gute Teile der SPD sind progressiv und sicher nicht linksradikal. Da vergaloppierst du dich schlicht.

            • CitizenK 15. September 2025, 14:09

              All das geschieht gerade in den USA (bzw. wird glaubhaft angedroht) mit Progressiven – weil sie mit Linksradikalen gleichgesetzt werden. So fängt es an.

        • Ralf 14. September 2025, 15:25

          Progressive sind Linksradikale.

          Das ist Unsinn. In dem von Dir gezeichneten Szenario wärst Du dann rechtsradikal. Und Mutter Beimer und Frank Elstner wären vermutlich die einzig “normalen” Mittigen.

          • Thorsten Haupts 14. September 2025, 19:47

            Das ist Unsinn, aber da werden wir uns kaum einig.

        • Lemmy Caution 14. September 2025, 15:50

          Kannst du Progressive spezifizieren?
          a) Jagoda Marinić
          b) Katrin Göring-Eckardt
          c) Robert Habeck

          Für mich sind das keine Linksradikale.

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