Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.
Fundstücke
1) Trump says he will fire labor statistics chief after weak jobs report
Präsident Trump hat die Leiterin des Bureau of Labor Statistics (BLS) entlassen, nachdem das unabhängige Regierungsamt schwache Beschäftigungszahlen für Juli und die Vormonate veröffentlicht hatte. Er warf der Behörde vor, fehlerhafte Daten geliefert und eine massive Abwärtskorrektur der Mai- und Juni-Zahlen vorgenommen zu haben, was jedoch zum normalen Vorgehen des BLS gehört. Diese Revisionen zerstörten das Bild einer robusten Trump-Wirtschaft und deuteten auf künftige Risiken hin. Der Vorsitzende des Council of Economic Advisers, Stephen Miran, erklärte zwar, er vertraue den Zahlen, betonte jedoch, dass die Behörde „frische Augen“ brauche, und wiederholte nicht Trumps unbelegte Vorwürfe politischer Manipulation. Trumps Entscheidung, die Kommissarin zu entlassen, sorgte im Senat für Aufsehen und wurde als Angriff auf eine unabhängige Statistikbehörde kritisiert, während die Debatte um die Glaubwürdigkeit der Arbeitsmarktdaten weiter zunimmt. (Neil Irwin, Axios)
Klassischer Autokratenmove, 4/5 Sternen. Rudi Bachmann hat genau das übrigens vorhergesagt, Kudos an der Stelle. Wie viel das Trump nützen wird, sei einmal dahingestellt. Wie Jonathan Chait schreibt, haben die guten Zahlen Biden und Harris nicht geholfen, weil Zahlen irrelevant sind. Es geht um Gefühle. Und wenn die Leute das Gefühl haben, dass die Wirtschaft schlecht läuft, kann Trump noch so viele Leute feuern und Loyalisten einstellen. Die Ostblockstaaten haben ständig super Zahlen veröffentlicht, ohne dass sich die Bevölkerung davon hätte täuschen lassen. Natürlich ist es bislang nicht so, als würden die Republicans ihre Erwartung in Einklang mit der Realität bringen, aber das kann ja noch passieren. Wenn sich Trumps permanente Realitätsbeugung irgendwann gegen ihn wendet, dann wird er sie mit noch so viel Lügen nicht wieder hereinbringen. Die Frage ist nur, ob das irgendwann passiert. Siehe dazu auch Fundstück 2.
2) The Mystery of the Strong Economy Has Finally Been Solved
Der Artikel von The Atlantic beschreibt, dass die vermeintlich robuste US-Wirtschaft unter Präsident Trump ins Wanken gerät. Neue Daten des Bureau of Labor Statistics zeigen, dass der Arbeitsmarkt im letzten Quartal den schwächsten Wert seit 2010 verzeichnete – abgesehen von der Pandemiephase. Frühere positive Zahlen wurden stark nach unten korrigiert, sodass sich ein deutlich schwächeres Bild ergibt. Besonders betroffen sei das verarbeitende Gewerbe, während der Gesundheitssektor als einziger Bereich Stellen aufbaut. Die Entwicklung setzt Trumps aggressive Zollpolitik unter Druck. Nach mehreren Runden hoher Importzölle hatten viele Beobachter erwartet, dass die Wirtschaft früher einbrechen würde. Als dies zunächst ausblieb, feierte sich die Regierung und verschärfte ihre Maßnahmen. Die neuen Zahlen deuten jedoch auf eine mögliche Stagflation hin: schwaches Wachstum, steigende Arbeitslosigkeit und anhaltend hohe Inflation. Trumps Reaktion schwanke zwischen Schuldzuweisungen an Behörden und die US-Notenbank sowie der Abwertung der Statistik. Experten warnen, dass Unternehmen langfristig Kosten an Verbraucher weitergeben oder Personal abbauen könnten, was die Lage weiter verschärfen würde. (Rogé Karma, The Atlantic)
Auch hier sehen wir wieder, dass die Realität der Volkswirtschaft und ihre Wahrnehmung völlig auseinanderfallen können. Die Zahlen unter Biden waren immer ziemlich gut, aber es hat sich halt nicht so angefühlt (wie bei Obama übrigens auch), unter anderem wegen der unnachgiebig negativen Berichterstattung. Bei Trump ist es genau andersrum; die Situation ist nicht sonderlich gut, aber weil völlig anders darüber geredet wird, fühlt es sich auch anders an. Dazu kommt, dass die Wählenden der Republicans wesentlich stärker von der Realität entkoppelt und deswegen weniger anfällig für Realitäten sind. Das muss, wie in Fundstück 1 angesprochen, nicht so bleiben, aber aktuell ist es eine Stärke der GOP. Wenn sich das jemals dreht, wird es ein Mühlstein, aber ob das passiert, steht in den Sternen.
3) Die Richter sind offenbar blind für die Realitäten des Kontinents
Der Kommentar von Andreas Rosenfelder kritisiert scharf ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Migration. Er argumentiert, dass die europäische Rechtsprechung zunehmend den politischen Handlungsspielraum einschränke und sich dabei von der gesellschaftlichen Realität entkoppele. Konkret habe der EuGH entschieden, dass ein Staat nicht als „sicherer Herkunftsstaat“ eingestuft werden dürfe, wenn er nicht der gesamten Bevölkerung ausreichenden Schutz biete. Dies sei in der Praxis kaum nachweisbar und verhindere wirksame Maßnahmen gegen illegale Masseneinwanderung. Rosenfelder spricht von einer „Gutmenschenjustiz“, die die Rechte von Nicht-EU-Bürgern maximal verteidige, während die Rechte europäischer Bürger auf Sicherheit, Sozialstaat und stabile Bildungssysteme ignoriert würden. Diese Haltung impliziere, dass Europa als einziger wirklich sicherer Ort der Welt allen Einreisewilligen offenstehen müsse. Der Autor warnt, dass solche Entscheidungen das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat untergraben könnten. Wenn sich der Eindruck verfestige, Europa sei in einem „Rechtsgeflecht“ handlungsunfähig, würden die Wähler andere politische Kräfte mit veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen wählen. (Andreas Rosenfelder, Welt)
Ein weiteres Beispiel dafür, dass die rechtliche Lage immer dann besonders flexibel sein muss, wenn man mit ihr nicht einverstanden ist. Wenn irgendeine Richterin die Möglichkeit äußert, dass die rechtliche Lage beim Klimaschutz oder bei Abtreibungen vielleicht nicht so ganz den Erfordernissen entspricht, bricht bei der Welt blanke Panik aus, aber wenn ein Gericht die Rechtslage bei Migrant*innen umsetzt, dann wird der Ruf nach dem gesunden Volksbewusstsein laut. Aber ein Rechtsstaat funktioniert entweder in alle Richtungen gleich unbequem, oder man kann es lassen. – Im Grundsatz bin ich übrigens völlig bei Rosenfelder. Es IST ein gigantisches Problem, wenn der Staat handlungsunfähig erscheint, wenn der Eindruck von Handlungsunfähigkeit entsteht. Nur halt bei allen Themen, nicht nur bei denen, die einem gerade in den Kram passen.
Der Kommentar von Sven-Felix Kellerhoff thematisiert die umstrittenen Äußerungen von Jette Nietzard, der scheidenden Sprecherin der Grünen Jugend. In einem Interview hatte Nietzard auf die Frage, wie man reagieren solle, falls die AfD 2029 regiere, gefragt, ob ein Widerstand dann „intellektuell“ oder „vielleicht mit Waffen“ geführt werde. Kellerhoff zieht eine deutliche Parallele zu den Worten von Gudrun Ensslin aus den 1960er Jahren, die später den RAF-Terror mitbegründete. Er erinnert daran, dass auch Ensslin zunächst eine Radikalisierung der Sprache vollzog, die schließlich in Gewalt mündete. Solche Äußerungen senkten die Hemmschwelle zur Gewalt, „Zentimeter für Zentimeter“. Der Autor weist darauf hin, dass das Grundgesetz zwar ein Widerstandsrecht kennt, dieses jedoch nur dann gilt, wenn keine andere Abhilfe möglich ist. Öffentlich über bewaffneten Widerstand zu spekulieren, untergrabe die ohnehin fragile demokratische Ordnung. Kellerhoff sieht in Nietzards Worten eine „unreflektierte Faszination für Gewalt als politische Methode“ und warnt vor den Gefahren dieser Rhetorik. (Sven-Felix Kellerhof, Welt)
Grundsätzlich sehe ich die Gefahr von gewalttätiger Rhetorik genauso wie Kellerhof, weswegen ich das auch strikt ablehne. Ich habe null Verständnis oder Geduld mit Antifa oder solchen Leuten, unter anderem aus dem Grund. Einmal davon abgesehen, wie unpraktikabel das alles ist. In ihrer Revolutionsromantik stellen die sich dann immer so einen Barrikadenmoment vor, in dem zu episch anschwellender Hintergrundmusik die mobilisierten Massen auflaufen und die Gegenseite die Bajonette furchtsam fallen lässt. Dass historisch die Bajonette meist Massaker anrichteten und umgekehrt die aufständischen Massen auch nicht eben Kinder von Traurigkeit waren, was das Begehen von Gräueltaten angeht, geht bei dem Blödsinn gerne unter. Ich finde allerdings, dass Kellerhof mit dem direkten Ensslin-Vergleich deutlich überzieht, so weit sind wir dann doch noch nicht. Wenn man nicht will, dass die AfD ständig Faschisten und Nazis genannt werden, kann man nicht jede ACAB-Idiotie gleich mit der RAF gleichsetzen.
Ich schreibe einfach mal Teile dieses Artikels um, dann wird vielleicht das Problem deutlich. „Robert Habeck nervt viele Menschen in Deutschland. Denn der Bundesminister für Wirtschaft und Energie hat eine Mission: Der Grünen-Politiker will die lahmende Exportnation wieder zurück an die Weltspitze bringen. Dagegen hat niemand etwas. Doch weil Habeck ein paar unbequeme Wahrheiten ausspricht, schlägt ihm Wut entgegen. Und sein „Parteifreund“ Winfried Kretschman, Chef des mächtigen Landesverbands Baden-Württemberg, spricht dem Norddeutschen gar die Eignung als Wirtschaftsminister ab.
Habeck hat sich auf das verminte Terrain der Klimaschutzpolitik vorgewagt. Eine veränderte Heizungsstruktur sei angesichts der Fossillast und der CO2-Emissionen zwingend notwendig, so der Minister. […] Der forsche Gründe lässt sich auch nicht davon beirren, dass SPD, FDP und Grüne im Koalitionsvertrag festgeschrieben haben, die Schuldenbremse einzuhalten. Für den Herbst kündigt Habeck eine Überprüfung aller Subventionen für fossile Industrien an.
Die FDP, die mit Christian Lindner das Finanzressort besetzt, will allerdings Habeck aus der Reformarbeit heraushalten und rät dem Grünen, sich „auf seine Kernaufgaben als Wirtschaftsminister zu konzentrieren“. Doch Habeck definiert seine Rolle zu Recht als ordnungspolitisches Gewissen der Regierung. Seine Zugriffsmöglichkeiten mögen begrenzt sein. Doch die Bedeutung des Amtes reicht weit darüber hinaus. Alles Regierungshandeln, das Einfluss auf die ökonomische Performance hat, tangiert das Wirtschaftsressort.“ Ich könnte weitermachen, aber ich glaube, es wird klar, worauf ich raus will.
Resterampe
a) Der Fall Ballweg – rechtsstaatlich ein Flurschaden (Welt). Ohne die Details zu kennen, aber dass Leute in U-Haft sitzen und der Fall dann am Ende mit Freispruch endet passiert häufiger? Deswegen ist es ja UNTERSUCHUNGShaft?
b) Studie: Früheste Bildung prägt – wohl noch stärker als bislang angenommen (News4Teachers).
c) Bundeswehr: Immer mehr junge Menschen wollen sich Streitkräften anschließen (Spiegel). Widerspricht völlig gängigen Narrativen, by the way.
d) Das EU-Verbrennerverbot muss fallen (Welt). Warum sollte sich auch irgendwer an irgendwelche Absprachen halten?
e) Why South Park Did an About-Face on Mocking Trump (The Atlantic). Ich mag South Park überhaupt nicht, aber wen’s interessiert….hier ein Artikel.
f) ICE’s Mind-Bogglingly Massive Blank Check (The Atlantic).
g) Streit um Sommerferien-Termine: Welche Vorteile Früh- und Spätstarter haben (News4Teachers).
h) Gotha – Angriffe auf Grünen-Politiker: Verängstigt, frustriert, ratlos (Spiegel). Da schweigt man im konservativ-liberalen Spektrum auch höflich.
i) Deutschland ruiniert seinen Ruf (Welt). Der außerhalb Deutschlands keinen interessiert.
j) Dieser Artikel zur Rente lässt mich etwas ratlos zurück. (Spiegel) Als wären Beamte von Lebensarbeitszeitverlängerungen ausgenommen…?
k) Der Kritik an der Scheißbehördensprache in Deutschland kann man nur zustimmen. (Spiegel)
Fertiggestellt am 02.08.2025
Zu 3)
Das Problem löst sich von selbst, da bin ich opti-, streiche, pessimistisch: Wenn deutsche und europäische Gerichte europäische Regierungen weiterhin zwingen, alle Eiwanderer zu nehmen, die zu uns wollen, übernehmen in Europa – durch demokratische Wahlen (!) – rechtsradikale Regierungen, die auf Gerichte und deren Urteile sch*. Und das (politisch) verständlich und berechtigt.
Gruss,
Thorsten Haupts
find ich inzwischen auch.
In Frankreich ist genau das ein Punkt, der Konservative auf die Palme bringt. Thema: Die europäischen Gerichte versus die Demokratie. Das sind eben keine Rassemblement National Freaks und das macht es für Wahlen echt gefährlich.
Verfassungsfeind!!elf!1!
Nicht mehr lange bei den Verfassungs“freunden“, die wir haben.
Soso, «deutsche und europäische Gerichte zwingen europäische Regierungen, alle Eiwanderer zu nehmen, die zu uns wollen»? Sie und der Peitsch sind komplett von der Realität entkoppelt, da hat ein rationaler Diskurs keine Chance mehr.
Sind Sie zu einer argumentativen Unterfütterung Ihrer Rundumschläge eigentlich überhaupt in der Lage?
Economy Approval/Disapproval Rating bei Nate Silver ist seit Monaten 41,6% : 54% . Not good. Inflation noch einige Tacken schlimmer.
https://www.natesilver.net/p/trump-approval-ratings-nate-silver-bulletin
4) Warum nicht „Denken wie Georg Elser“ ? Der entscheidende Schlüssel ist das Schlagwort „Nazi“. Wenn ich echt und ehrlich davon überzeugt bin, dass eine Partei derart menschenverachtend ist, dass Sie Millionen Menschen ermorden oder einen Weltkrieg vom Zaun zu brechen, dann wäre jede(!) Form des Bekämpfens legitim oder sogar geboten. Aber ich glaube nicht, dass sich jemand dessen „über alle Zweifel erhaben“ sicher ist. Daher würde mich Ralfs Meinung interessieren, da er hier regelmäßig mit dem N-Wort hantiert.
5) Auch wenn du es als Satire gemeint hast, vergleichbare Lobhudeleien hatte ich zu den grünen Ministerys der vergangenen Regierung durchaus gelesen. Es wäre unabhängig von der Gesäßgeographie schön, wenn es insgesamt da mehr kritische Distanz gäbe.
a) Prof Kinzig (Uni Tübingen) hatte sich für 2013 die Zahlen angesehen. Er kam (bei ca. 6 Millionen Strafverfahren) auf 27.000 Freisprüche und nur 300 Freisprüche nach Untersuchungshaft. (Darüber hinaus soll nach stPO Untersuchungshaft über mehr als 6 Monate sowieso eine absolute Ausnahme sein) Dass ausgerechnet bei einem politisch aufgeladenen Verfahren diese 0,05% Chance zufällig eintritt, ist sehr unglaubwürdig.
c) Und wie viele davon Minderjährige? Das verschweigt der Spiegel leider.
j) Beamte der Geburtsjahrgänge bis 1964 können noch vor 67 abschlagsfrei in Rente. Außerdem sind die Abschläge für Pensionen bei früherer Verrentung großzügiger (0,3%/Monat statt 0,4%/Monat)
k) Behördensprache ist vor allem eins: verbindliche Sprache. Es geht um klare Kategorienzuordnung ohne Grauzonen. Ich glaube, dass das der Hauptgrund ist warum Journalistys (die eigentlich sprachlich firm sein sollten) so sehr damit fremdeln. Es ist exakt das Gegenteil von dem möglichst unverbindlichen Politsprech mit dem sie sonst hantieren.
5) Ich finde nicht, dass es – unabhängig von der politischen Gesäßgeografie – viel Lobhudelei gibt. Kritik überwiegt DEUTLICH.
a) Danke für die Zahlen.
c) Keine Ahnung.
j) Ok, aber das differenziert der nicht.
k) Hm, ja. Aber man kann verbindlich UND verständlich sein, oder?
a) Ein besonders interessanter Aspekt ist die self-fulfilling prophecy: Bei der Untersuchungshaft ging es um die Fluchtgefahr. Aber stell dir vor, du glaubst wirklich, dass das Land zu einem autoritären Staat „gekippt“ ist. Dann kommt die Staatsanwaltschaft mit einer Anklage, obwohl du unschuldig bist. Dann würdest du auch so schnell wie möglich das Land verlassen wollen.
c) 2024 waren über 10% der neuen Rekruten Kindersoldaten, jetzt sind es wohl noch mehr. Frag doch den nächsten PR-Soldaten, der an eure Schule kommt, danach.
k) Das Problem ist Präzision und Informationsdichte. Nim das Bürokratenwort Umsatzsteuersondervorauszahlung. Da hast du drin, worum es bei der Zahlung (1) geht: Steuer (2), und zwar Umsatz-Steuer (3) , was es ist -eine Voraus-Zahlung (4) und zwar nicht die monatliche sondern eine zusätzliche: die Sonder-VZ (5) –> 5 Informationen in einem einzigen Wort. Das macht natürlich Angst, wenn es sowieso „fremde“ Vokabeln sind.
Zu k) Ich glaube, dass das der Hauptgrund ist warum Journalistys (die eigentlich sprachlich firm sein sollten) so sehr damit fremdeln.
Nein! Ich habe beruflich wie privat viel mit Behördensprache zu tun und brauche fast immer jemanden, der mir die dort verwendete Sprache in verständliches Deutsch übersetzt. Und das kann´s bei allem Verständnis für die Notwendigkeit gerichtsfester Begrifflichkeiten nicht sein.
Gruss,
Thorsten Haupts
Ist das Problem nicht eher Juristen- statt Behoerdensprache? Ich hab ja Anfang des Jahres ne Wohnung gekauft, wie im UK ueblich auf Leaseholdbasis. Und ohne Anwaelte, die die wichtigsten Punkte in normales Englisch uebersetzt haben, haette ich den original Leasevertrag auch nicht verstanden.
Da ist was dran. Schriftwechsel mit Unternehmen (Verträge, Angebote etc.) sind auch nicht unbedingt durch einfache Sprache gekennzeichnet.
Ich habe letztens eine Versicherung gebeten, mir eine Vereinbarung zu erklären und selbst bei der angeblich erklärenden Antwort hatte ich mehr Frage- als Ausrufezeichen.
Das soll nicht heißen, dass das nicht auch verständlicher gehen sollte. Aber es ist kein exklusives Behördenproblem.
True. Ich hab für eine neue Versicherung gerade auch einen Stapel von über 100 Seiten AGB bekommen. Und die Taschengeldkonten der Kids haben auch jeweils über 40 Seiten Juristendeutsch, sieben Unterschriften von mir und 1,5h Termin auf der Bank gebraucht.
Stimmt zumindest teilweise.
Zu b)
Bin tatsächlich irritiert – ich hielt das immer für eine der Erkenntnisse, die wir schon seit den siebzigern des letzten Jahrhunderts haben, also seit 50 Jahren? Wurde bei uns am Gymnasium bereits gelehrt.
Und ist immer noch nicht umgesetzt.
Ja, ich weiss. Bitter!
Dafür ist mMn maßgeblich die Familien-Ideologie der frühen Jahre der BRD mit verantwortlich. Kein staatlicher Eingriff in die Familie! Die Eltern wissen am besten, was gut ist für ihr Kind! Kita-Pflicht ist Sozialismus. Inzwischen fordert das sogar die FDP, aber die Strukturen wirken nach.
Zwar gibt es inzwischen eine Vielzahl von Förder- und Hilfsangeboten. Allerdings sehr unübersichtlich und schwer erreichbar für diejenigen, die es am dringendsten brauchen. Das Problem der Behörden- bzw. Juristensprache ist hier noch gravierender. „Haben Sie Einkommen nach § x Einkommensteuergesetz Abs. y Ziffer z“?
Der Blick nach Norden könnte helfen, auch die Unterschiede bei den Bildungsvergleichen zu verstehen:
https://www.zeit.de/2025/33/kinderversorgung-finnland-familien-gesundheit-gleichheit
Aber hierzulande pflegt man immer noch die Rhetorik vom bevormundenden, übergriffigen, überbordenden (Sozial-) Staat.
Wenn ich mich richtig erinnere, waren Sie ein vehementer Gegner einer derartigen Kindergartenpflicht für Kinder mit gravierenden Entwicklungsrückständen. Soweit ich Sie richtig verstanden hatte lag Ihnen da nicht das Kindeswohl am Herzen, sondern die Sorge, die Eltern könnten sich diskriminiert fühlen.
Artikel 13 Grundgesetz:
1) Die Wohnung ist unverletzlich.
(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.
Einer der Artikel, der insbesondere Liberalen und Linken heilig ist. Der Staat hat in der eigenen Wohnung nichts zu suchen und selbst bei schweren Straftaten ist er gehandicapt.
Artikel 6 Abs. 2 Grundgesetz:
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.
Dieser Artikel ist Linken überhaupt nicht heilig, obwohl er genauso konstruiert ist wie Artikel 13. Womit für den Staat eigentlich exakt die gleichen Beschränkungen gelten. Aber da machen Linke wie Sie gerne Unterschiede.
Ich bin wie gesagt durchaus für eine Kita-Pflicht. Unter bestimmten Bedingungen. Für eine allgemeine Pflicht, die sämtliche Kinder erfassen würde, hat der Staat gar nicht die Ressourcen, zumal schon heute staatliche Einrichtungen oft bloße Verwahranstalten sind – was man weiß, wenn man die Berichte von Fachleuten und Brancheninsidern ernst nehmen würde. Würde der Staat tief in die Grundrechte der Bürger eingreifen ohne überhaupt im Gegenzug eine bessere Qualität der Betreuung und Erziehung als im Elternhaus gewährleisten zu können, wäre das nicht nur amoralisch. Der Staat würde grob verfassungswidrig handeln.
Wäre für Linke natürlich auch kein Problem.
Völlig richtig, das Problem könnte man am besten mit einer Umgestaltung des Kindergartens zur Vorschule und mit einer Kindergartenverpflichtung für bildungsferne Haushalte (Näherungswert dafür: Einkommen) lösen. Ist mit einem Teil unseres politischen Spektrums absolut nicht zu machen, während eine allgemeine Kindergartenpflicht bei einem anderen Teil auf massive Ablehnung stösst.
Und solange das so bleibt, wird das Problem nicht wirksam angegangen. Ist in gewisser Weise ein Vorbote der heute aktuellen Lage, in der Kompromisse zwischen politischen Lagern als Niederlage verstanden werden und deshalb zunehmend vermieden werden. Selten zum besten der jeweils betroffenen Gesellschaften.
Gruss,
Thorsten Haupts
Ich wäre sofort dafür.
offtopic
Ich habe für einen meiner rants auf twitter gegen uninformiertes deutsches Milei Fandom ein like von einem Research Director des Kieler Weltwirtschaftsinstituts und chairman der Hayek Society bekommen. Manche Liberale haben halt bei dem Thema ihr Gehirn noch nicht ausgeschaltet.
Der Fall von Evo Morales & friends oder besser gesagt ex-friends ist bodenlos. Wahlprognosen geben dem Kandidaten des erfolgreicheren MAS Zweig 2%. Wahnsinn!!! Sonntag ist erste Runde der Präsidentschaftswahl. Zwei Kandidaten der vor Morales herrschenden weißen Oligarchie sind uneinholbar vorne. Die nächsten 3 Kandidaten kommen auch eher aus der Ecke. Evos Movimiento al Socialismo (MAS) hat bolivianische Wahlen 2005 bis 2021 mit bis zu 2/3 der Stimmen immer im ersten Wahlgang gewonnen. Bolivien ist neben Guatemala der einzige amerikanische Staat mit Indigener Mehrheit (62%). [Bolivien hat nur 12,5 Mio Einwohner. Kinder pro Frau 1950 6,2; 2023: 2,5]. Ein argentinischer Journalist hat sich mitte der 90er als 18-jähriger in ein beef mit dem bolivianischen strongman Banzer verstrickt und wurde mit den Jahren zum Vertrauten von von Morales. Martin Sivak. Links, unideologisch, sympathisch, nachdenklich [Als Zentrist finde ich manche Rinke oder Lechte gut]. Der hat nun ein Buch geschrieben. 350 Seiten, bin auf 45. Bisher page turner. Sehr cool so ein Buch zu schreiben, wenn der „Held“ dabei ist zu verglühen.