Merkel verkündet Ende digitaler Abtreibung in der STIKO und Steuersenkungen für Norbert Röttgen – Vermischtes 06.12.2021

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Sie werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten.

1) Endlich konservative Digitalpolitik

Das kolossale Versagen der Merkeljahre in Sachen Digitalisierung und digitale Bürgerrechte ist vor allem das Versagen der Unionsparteien (unterstützt durch die Schwäche der Sozialdemokraten). Wobei auch die FDP sich in der schwarz-gelben Koalition nicht mit Ruhm bedeckte und etwa einen Breitband-Universaldienst verhinderte, mit dem es heute womöglich weniger weiße Flecken auf der Netz-Landkarte gäbe. […] 16 Jahre Merkel, das war fürs Digitale eine bleierne, lähmende Zeit. Ein ums andere Mal machten Regierungen Netzgesetze, die dann das Verfassungsgericht wieder kassieren musste. Netzpolitik war in diesen 16 Jahren fast immer: Überwachungs-, Gängelungs- und Repressionspolitik. Die anlasslose Massenüberwachung durch NSA und Co. wurde ausgesessen, der Breitbandausbau verschlafen, digitale Spiele verteufelt, Hacker pauschal kriminalisiert, digitale Plattformen erst ignoriert und dann hilf- und zahnlos reguliert. […] Tatsächlich sind die größten Antagonisten innerhalb des Dreierbundes, Grüne und FDP, sich vermutlich nirgends näher als beim Thema digitale Bürgerrechte. In Deutschland gibt es schon seit vielen Jahren eine Art informellen, überparteilichen Club der verzweifelten Digitalpolitiker und -politikerinnen, die immer wieder mit ihren Ideen an den Bleiministern aus CDU und CSU scheiterten. Einige von ihnen saßen jetzt gemeinsam in der Arbeitsgruppe »Digitale Innovation und digitale Infrastruktur«. […] Der Name eines weiteren FDP-Unterhändlers kommt ihnen möglicherweise bekannt vor, und seine Präsenz in dieser Runde sagt vielleicht am deutlichsten, wie weit weg von den Merkeljahren die deutsche Digitalpolitik der kommenden vier Jahre sein könnte: Bernd Schlömer war früher einmal Bundesvorsitzender der Piratenpartei. (Christian Stöcker, SpiegelOnline)

Ich muss ehrlich sagen, ich hatte diese ganzen Desaster schon wieder fast verdrängt. Von der Leyens „Stoppschild“ fällt mir da gerade wieder ein, um nur ein Beispiel dieses üblen Diskurses wieder aufzugreifen. Deswegen bin ich auch so froh, dass die CDU aus der Regierung ist: wie Stöcker richtig schreibt, war sie immer der große Blocker, Verhinderer, Zerstörer, was das Digitale anbelangt. Dank der Neuerfindung der FDP als Digitalpartei (ein mehr als cleverer Zug Lindners) ist hier auch wirklich auf ernsthafte Besserung zu hoffen, weil die SPD vor allem aus Phlegmatismus, nicht aus Überzeugung Handlanger der CDU in diesen Dingen war. Es zeigt auch einmal mehr die miesen politischen Fähigkeiten bei den Grünen, dass sie sich dieses Thema haben von der FDP abnehmen lassen. Als 2013/14 die Piratenpartei zerfiel, lag es auf der Straße. Es ist nachvollziehbar, dass Leute wie Schlömer nicht Grüne wurden, aber auf der anderen Seite konnten die Grünen Talente wie Marina Weisband nicht für die Politik und ihre Reihen gewinnen, die stattdessen derselben ganz den Rücken kehrten. Aber: da das Thema den Grünen grundsätzlich auch wichtig ist und diese da sehr wie die FDP ticken, steht die Hoffnung, dass die beiden zusammen die „alte Tante SPD“ da vor sich her treiben werden.

2) Ein bestürzender Aufstieg

Als Angela Merkel nach 1989 in die Politik kam, erwies sich die habituelle Bandbreite für Frauen in wichtigen Posten noch als sehr eingeschränkt. Die wenigen Journalistinnen, Chefinnen, Politikerinnen mussten sich an einem ambiguitätsintoleranten Idealtypus messen, der disziplinierte und bei Fehlverhalten dafür sorgte, dass Frauen schrill und lächerlich wirkten. In der berühmten Elefantenrunde vom September 2005 wurde diese Haltung durch Gerhard Schröder wie in einer Karikatur vorgeführt. Der Sozialdemokrat verhöhnte Angela Merkel für die scheinbar vollkommen absurde Idee, sie könne Kanzlerin werden. Und ja, sie passte nicht in die bundesrepublikanische Politik, diese Frau mit ihrer unmöglichen Frisur, mit zu viel Ost und zu wenig Bürgertum, mit ihrer notorischen Unfähigkeit zum Poltern. Sie war machtbewusst, aber nicht aggressiv. Konservativ, aber ohne Perlenkette. Angela Merkels Aufstieg war bestürzend. Alle Befürchtungen des sexistischen Bekannten hatten sich erfüllt. Die Männer keiften und höhnten; selbstverständlich begleitet von einigen Frauen. […] Merkel hat diese Transformation kaum bewusst gepusht. In zahlreichen anderen Ländern vollzogen sich ähnliche Metamorphosen. Aber neben vielem anderen trug eben auch die kompetente Frau an der Spitze eines mächtigen Staates dazu bei. Und doch: Die „Verweiblichung“ eines Berufsfeldes – etwa bei Lehrkräften in den Schulen oder beim Beruf der Geistlichen – geht in aller Regel mit einem Sinkflug des Prestiges und zuweilen auch des Einkommens einher. Am Anfang von Angela Merkels Kanzlerinnenschaft stellte die Historikerin Angelika Schaser die Frage, ob eine Frau an der Regierungsspitze von Emanzipation zeuge oder vom Niedergang der Politik. Vielleicht ist beides richtig. Und vielleicht tut es der Politik gut, die frohlockenden Höhen männlicher Prätention hinter sich zu lassen und tiefer in die Niederungen menschlicher Zumutungen zu sinken. (Hedwig Richter, FAZ)

Ich denke an dieser Charakterisierung ist viel dran. Ein Merkel-Fan werde ich deswegen noch lange nicht. – Ich mag übrigens Richters beläufiges „selbstverständlich begleitet von einigen Frauen“, denn internalisierte Mysogynie ist ein ernsthaftes Thema, das besonders feministisch veranlagte Menschen gerne vor ein Problem stellt, das sie nicht in ihren Kopf kriegen. Ebenfalls super relevant ist der Gedanke, dass das Vordringen von Frauen in männliche Sphären diese „entwertet“. Es wird spannend sein zu sehen, welche Auswirkungen das auf Spitzenpositionen haben wird.

3) STIKO-Chef Mertens räumt Fehler ein

Warum die STIKO so lange für ihre Entscheidung brauchte, erklärte Mertens in Panorama damit, „dass wir erst definieren, welche Daten brauchen wir, um zu einer Empfehlung kommen zu können. Und wenn das festgelegt ist, dann müssen diese Daten erhoben, erarbeitet werden. Und wenn diese Daten vorliegen, dann fängt die STIKO an, diese Daten zu diskutieren.“ […] Im Interview mit Panorama betonte Mertens zudem, es sei nicht Aufgabe der STIKO, die „Umsetzung der Impfung“ zu organisieren oder darüber zu befinden, „wie die Impfstoffe beschafft werden, wie die Impfstoffe verteilt werden. Das sind alles Dinge, die die STIKO überhaupt nicht betreffen“. Gleichzeitig räumte er allerdings ein, dass genau solche Faktoren Einfluss auf die STIKO hätten: „Das sehen Sie an der Frage der Empfehlung der über-70-Jährigen“, so Mertens. „Da nicht absehbar war, dass wir in unserer Bevölkerung so schnell wie in Israel eine Durchimpfung vornehmen können, musste man auf jeden Fall zunächst die Menschen schützen, die auch ein hohes Risiko für schwere Erkrankung haben. Und das war der Hauptgrund für diese Empfehlung.“ Demnach hat die STIKO allerdings nicht aufgrund der reinen Datenlage zugunsten der über 70-Jährigen entschieden, sondern auch aufgrund der schlechten deutschen Impf-Infrastruktur. Diese wurde während der vergangenen Monate durch die bundesweite Schließung der Impfzentren sogar weiter abgebaut – ohne, dass die Kommission öffentlich dagegen protestiert hätte. (Johannes Edelhoff/Andrej Reisin/Caroline Walter, NDR)

Grundsätzlich: Es ist gut, dass Fehler eingeräumt werden. Es ist nicht so, als hätte Jens Spahn sich dazu bisher herabgelassen. Es ist allerdings in tiefstem Maße beunruhigend, auf welcher Basis die STIKO ihre Empfehlungen trifft. Die können nicht auf der einen Seite sagen, dass sie rein auf wissenschaftlicher Basis operieren und nicht politisch sind, und auf der anderen Seite aber in ihren Empfehlungen die politischen Realitäten antizipieren. Entweder oder. Denn egal wie fähig die sein mögen, die Impffrage wissenschaftlich zu analysieren, sie sind mit Sicherheit nicht kompetent darin, Gesundheitspolitik zu betreiben. Genau das aber machen sie in dem Moment. Es ist ein vorgetäuschtes unpolitisch Sein, und das ist die schlimmste Art. Ganz oder gar nicht.

4) The End of Roe

Today’s oral argument signaled that the Court is poised to reverse Roe outright when it decides Dobbs, probably sometime in June or early July. That would be one of the most significant reversals of Supreme Court precedent in American history. Roe v. Wade has been the law for 50 years. Even Brett Kavanaugh spent much of his confirmation hearing proclaiming his fidelity to precedent.Today’s oral argument signaled that the Court is poised to reverse Roe outright when it decides Dobbs, probably sometime in June or early July. That would be one of the most significant reversals of Supreme Court precedent in American history. Roe v. Wade has been the law for 50 years. Even Brett Kavanaugh spent much of his confirmation hearing proclaiming his fidelity to precedent. […] But the six conservatives did not appear worried about precedent. Chief Justice John Roberts, known for his concern about the Court’s institutional legitimacy, seemed to think that the Court could respect precedent while eliminating the viability line—a boundary that he argued has nothing to do with freedom of choice, which is what Roe protects. Roberts’s suggestion of this compromise approach was not surprising—the Court would not have taken this case if it did not plan to get rid of viability. What was surprising was that no one but Roberts really seemed interested in the viability compromise. […] The clearest big-picture development is that what passes for a compromise on abortion law has changed fundamentally. Roberts thought that the Court would go for superficially preserving Roe while allowing states to ban most (if not all) abortions, but that does not seem to be enough for this Court. Instead, we seem to be headed toward the idea of “compromise” that Kavanaugh hinted at: a Supreme Court that immediately reverses Roe now that its membership has changed, without qualification or apology. That, Kavanaugh suggests, will be the ultimate compromise: a neutral, apolitical Court. Good luck convincing anyone of that. (Mary Ziegler, The Atlantic)

Es ist genau das, was wir Progressive prophezeit haben, als die Republicans Radikale wie Gorsuch, Kavanaugh oder Barrett in den SCOTUS prügelten. Ich erinnere mich an die Diskussionen hier im Blog, wo mir hemmungsloses Übertreiben, Hysterie und Aktivismus vorgeworfen wurde. Und nun sehen wir: wir hatten Recht. Gorsuch und seine Spießgesellen haben in den Anhörungen schlicht gelogen, genauso wie wir es gesagt haben.

Und wie lächerlich ist denn bitte Kavanaughs Argumentation? Die holen 1:1 die alten Argumentationslinien aus dem 19. Jahrhundert wieder raus, als mit „state’s rights“ die Sklaverei begründet wurde. Einzelne Republicans haben sogar schon explizit den Vergleich zu Plessy v Ferguson gezogen, was an Zynismus auch nicht zu überbieten ist. Dazu kommt, dass er bewusst verschweigt, dass 22 Staaten „trigger-laws“ haben, die automatisch Abtreibungen illegal machen, wenn Roe v Wade fällt. Diese ganze Chose ist so ekelhaft.

Den besten Kommentar zum Thema hat Trevor Noah, übrigens.

5) Busting the Merkel Myth

From Poland to Peru, clear majorities profess a favorable view of the East German physicist-turned-politician, whose 16-year tenure running Europe’s largest country draws to a close next week. In contrast to her best-known contemporaries, who span ex-U.S. president George W. Bush to Italy’s Silvio Berlusconi and Russia’s Vladimir Putin, Merkel is as popular abroad as she is at home. That positive glow has also spread across Germany. The country is “held in the highest esteem we’ve ever measured,” the consultancy Gallup recently reported. While there’s no disputing Merkel’s global standing, the reasons for it are less clear. Beyond the obvious — she didn’t start any wars or lay claim to other countries’ territory — the origin of her popularity is something of a riddle. One common explanation is that Merkel’s seriousness, integrity and no-frills approach to politics offer a powerful antidote to the “big swinging dicks” dominating the global power game. And yet, the woman-is-the-message logic isn’t the whole story. Unlike other towering political figures of the recent past, be it Ronald Reagan, Margaret Thatcher or even Barack Obama, Merkel can claim no signature achievement. The historic milestones of her era — German reunification and the deepening of the European Union — occurred long before she came to power. Even the economic renaissance Germany enjoyed during her tenure came as the result of reforms undertaken by her predecessor. (Matthew Karnitschning, Politico)

Gestatten, dass ich das Rätsel auflöse: Merkel hat so hohe Beliebtheitswerte, WEIL sie nichts Signifikantes gemacht hat. Ihre Beliebtheitswerte stürzten immer ab, wenn sie sich tatsächlich mal zu irgendwas festgelegt hat. Wie man in einem Artikel, der in der Überschrift behauptet, Merkel-Mythen zerplatzen lassen zu wollen, direkt an den Anfang den Mythos stellen kann, ihre Beliebtheitswerte seien mysteriös, ist mir unbegreiflich. Merkel hat nie jemandem Grund gegeben, sie zu hassen (außer 2015). Ihre gesamte politische Strategie war immer darauf ausgelegt, so unkontrovers wie möglich zu sein (asymmetrische Demobilisierung, wer erinnert sich?). Das ist kein Mysterium, das sind 16 Jahre harte politische Arbeit seitens der Kanzlerin.

6) John Kerry Is Mad as Hell (Interview mit John Kerry)

Do you think part of what may need to factor into this process of regaining our standing is stepping back a little from the idea of the United States as this exceptional, indispensable nation?
I think you always have to have humility. In my speech at [this year’s] Democratic National Convention, I emphasized strength and humility, because I think Barack Obama and Joe Biden and those of us on the team believe that you have to act with a measure of humility in today’s world. This is not the world of immediately after World War II where you walk into the room and you tell everybody, “Here’s Pax Americana and this is what we’re going to do.” We’re living in a different world because many people have achieved exactly what we wanted them to achieve. We wanted them to develop, to grow the middle class in their societies, to become partners in various endeavors around the world. We should not be surprised that having done that, and some of them having established an even better standard of living, that they’re going to demand a seat at the table. So you cannot approach these things with arrogance. You have to approach them with thoughtfulness and strategically and sensitively. America is not exceptional because we beat our chests and say we’re exceptional. We’re exceptional because we do exceptional things. I use the example at Normandy where soldiers gave up their lives for freedom, to beat fascism, and to build a new world. That’s exceptional. That is what we do. We go to the moon. We create the internet. We cure diseases. That is America. I think Joe Biden has spoken very eloquently about his desire to be that country again, to do these things. I think the country is thirsty to do these things again. […]

Vladimir Putin was quoted last year as saying that liberalism is obsolete. Do you feel like the ideals of liberalism and democracy that have shaped the modern world can survive without the U.S. carrying the torch the way it has for the past 75 years?
I believe any country can seek to carry the ball, and any country can stick by the virtues of democracy, because they are virtuous and because they believe in them and they love them and they want to protect them. Any country can stand up and do that. Will they be able to do it with the force and effect of the United States? Probably not, because we are the world’s largest economy, the most powerful military, and we have traditionally been looked to as the leader of the free world. The sad reality of Donald Trump is there is at this moment no leader of the free world. Joe Biden can restore that. He can come back and be that leader. I think the world feels like they need that leadership, because people in many parts of the world are not going to bed at night worried about why the United States is there; they’re worried about what happens if the United States isn’t there. There are lots of places like that in the world. I think that’s why humility is so critical. We have to talk to our friends. We have to bring them into the process. They have to be shared partners in doing these kinds of things. (Ryan Bort, New York Magazine)

Es gehört schon eine Menge Chuzpe dazu, einen Absatz lang die Bedeutung der Bescheidenheit zu betonen, die man angeblich habe, um dann im gleichen Satz zu erklären, dass die Welt Führung von einem selbst erwarte. Dieses „the world is looking to the United States for leadership“ gehört zu den Standardphrasen amerikanischer Politiker*innen, aber sie sind schlicht Bullshit. Die Rede von „leader of the free world“ mag ja noch angehen – wer auch sonst? – aber „die Welt“ schaut sicher nicht hoffnungsvoll darauf, dass die USA irgendwie vorangehen. Schon gar nicht, seit das Land so dysfunktional ist.

Nein, da lügen sich die Amerikaner*innen wirklich gerne selbst in die Tasche, und ich frage mich, ob ein erfahrener Außenpolitiker und Diplomat wie Kerry diese Phrasen einfach nur aus Gewohnheit absondert oder ob er high on his own supply ist. Jedenfalls betrachten große Teile der Welt die USA weder als ihren Anführer noch als Vorbild. Das tut vor allem „der Westen“, sprich: die NATO-Staaten, weil wir unsere Sicherheitspolitik komplett von den USA abhängig gemacht haben. Da hört das dann aber auch auf.

7) Belastung mit Steuern und Sozialabgaben seit 1986 gesunken

Die Belastung der Bruttoeinkommen mit Steuern, Solidaritätsbeitrag und Sozialabgaben hat seit 1986 fast kontinuierlich abgenommen. Das hat das ifo Institut errechnet. „Ob es sinnvoll ist, diesen Trend hin zu geringerer Einkommensteuerbelastung fortzusetzen, ist fraglich. Immerhin hat Deutschland sich vorgenommen, in den kommenden Jahren massiv in den Klimawandel, in die Digitalisierung und in die Bildung zu investieren,“ sagt Andreas Peichl, Leiter des ifo Zentrums für Makroökonomik und Befragungen. Die Entlastung betrifft laut ifo Institut alle Einkommensgruppen. So wird ein Single-Haushalt mit einem realen Bruttoeinkommen von 50.000 Euro (in 2015er Werten) heute durchschnittlich mit 39,8 Prozent für Steuern und Sozialabgaben belastet. Vor 35 Jahren betrug der Durchschnittssteuersatz noch 43,0 Prozent. Das Bruttoeinkommen dieses Musterhaushaltes wird heute also mit 1.600 Euro weniger Steuern und Sozialabgaben pro Jahr belastet. „Am deutlichsten fiel über diesen langen Zeitraum die Entlastung bei Spitzenverdienern aus“, erläutert Peichl. Sie profitierten besonders von der Verringerung des Spitzensteuersatzes von 57 auf 42 Prozent. Die Reform aus dem Jahr 1990 verringerte vor allem die Belastung mittlerer Einkommen durch die Abschaffung des sogenannten Mittelstandsbauchs. Für Geringverdiener war die Senkung des Eingangssteuersatzes von 22 Prozent im Jahr 1986 bis heute auf 14 Prozent positiv. Die Studie zeigt außerdem, dass die moderaten Erhöhungen der Sozialversicherungsbeiträge in diesem Zeitraum diesem Trend kaum entgegenwirken. Dennoch sorgen sie für ein weniger progressives Steuersystem, da sie Geringverdiener im Verhältnis stärker belasten als Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenzen. Die Studie stellt die Entwicklung in acht verschiedenen Musterhaushalten vor. (ifo)

Für mich ist das mal wieder so ein Beispiel, wo die Nennung der Zahlen und das magische Wort „Studie“ überhaupt nichts tut, um die Lage zu klären (vergleiche die aktuelle Bertelsmann-Studie zur Mittelschicht, Fundstück 10). Klar, die Zahlen geben diese Interpretation her. Ich hab hier im Blog aber von Leuten wie Stefan Pietsch, R.A. und anderen aber auch schon oft genug die ebenso durch Zahlen zu belegende Gegenthese gehört, dass der Staat Rekordsteuereinnahmen habe (auch inflationsbereinigt) und die Steuerquote daher mitnichten gesunken sei. Was stimmt davon? Ich hab nicht die geringste Ahnung. Und ich frage mich oft genug, ob überhaupt jemand eine hat und nicht alle nur die ihnen genehmen Zahlen rauspicken und dann damit auf den Gegner eindreschen. Mein Verdacht wäre das ja. Und dagegen immun bin ich natürlich auch nicht, bevor jemand glaubt, ich behauptete das.

8) Fossil Fuel’s Downfall Could Be America’s Too

Realizing decarbonization is a one-way bet for Europe and Asia changes the oil and gas industry’s competitive game. So long as they could plan for the long term, OPEC and Russia could afford to contemplate a modus vivendi with shale. Once Eurasian decarbonization begins to accelerate in earnest, it will no longer makes sense for OPEC and Russia to continue the game. Faced with the fossil fuel endgame, a final price war is their best strategy. The result will be a massive shock to oil and gas prices. And this time, as demand for fossil fuels progressively shrinks, low prices will be permanent. […] When the United States celebrated and encouraged the shale sector’s expansion, it gave fortune a hostage. A proactive, foresighted policy would have sought, if not to bar the industry’s expansion, then at least to warn against its risks and remove any incentive to the misallocation of capital. Instead, first the Obama and then the Trump administration cheered the expansion on. At its peak, the industry added a full percentage point to U.S. growth. Now, according to Nature Energy paper, it is not a question of whether but only of when those assets become stranded. How will the United States react? On the side of the fossil fuel lobby, the inclination is clearly to dig in. Insofar as there is a strategic vision, it seems to be one of protectionist defense. It would not be the first time. The history of the United States’ energy industry in the 20th century is not one of free market capitalism. Between 1959 and 1973, America’s domestic oil market was comprehensively insulated against competition from low-cost Middle East oil. (Adam Tooze, Foreign Policy)

Vieles aus diesem ebenso langen wie brillanten und empfehlenswerten Artikel liese sich praktisch genauso auch für Deutschland beschreiben, wie ich in meinem Artikel Finis Baden-Wuerttembergiae schon 2017 geschrieben habe. Natürlich produzieren wir keine fossilen Brennstoffe aus Fracking, aber ich bin ebenfalls extrem skeptisch, dass wir zu den Gewinnern der Transformation gehören werden. Dazu sind die Interessen der fossilen Industrie viel zu gut vernetzt, überparteilich. Ob CDU oder FDP, SPD oder Grüne, sie alle beugen ihr Haupt und stampfen ihre noch so inkrementellen Pläne ein, sobald die Autoindustrie mit dem Finger wackelt. Die Grünen in Baden-Württemberg kriegen ja aus Deferenz vor Daimler nicht mal Fahrradwege in Stuttgart gebaut, wie glaubt da irgendjemand, dass da je ein Strukurwandel rauskommen soll? Nein, ich sehe düstere Zeiten auf uns zukommen, und einen durch aggressiven Protektionismus verlängerten Abstieg in Agonie über Jahrzehnte. Wenn wir Glück haben…

9) Here’s how to win elections in a bad economy

One of the most consistent results in political science is that bad economies are bad for incumbents. It’s not even a matter of voters explicitly blaming anyone in particular for bad times. It’s just that bad economies make people unhappy, and unhappy people generally figure that a new face might be worth taking a chance on. That’s uncontroversial. What’s less obvious is whether incumbents stuck with a bad economy can do themselves any good by talking about the economy. I’m pretty sure the answer is no. I mean, what can an incumbent say?

  • „We’re working hard on it.“ That just makes you sound ineffective.
  • „We need to make big changes.“ So why haven’t you done that already?
  • „The economy is better than you think.“ Makes you sound out of touch.
  • „We’ll get through it.“ Makes you sound like you’re doing nothing.

There’s really no good message. The best thing an incumbent can do is change the subject and hope for the best. After all, Ronald Reagan didn’t win a landslide reelection because of his happy talk on the economy. He won a landslide reelection because the actual economy was booming by 1984. Lucky guy. (Kevin Drum, Jabberwocky)

Die Bedeutung der Konjunktur, für die ein Präsident (Kanzler*in, Premierminister*in, whatever) nur in den seltensten Fällen etwas kann, für die Ergebnisse von Wahlen ist etwas, das gerne unterschlagen wird. Ich habe darauf auch in meinem Artikel zur Analyse von Trumps Wahlanalyse hingewiesen; der Amtsinhaber hatte einen riesigen Vorteil, den er praktisch weggeworfen hat. Umgekehrt segelte etwa Bill Clinton 1996 auf Basis einer starken Konjunktur in die zweite Amtszeit, nachdem er 1992 seine erste vor allem deswegen gewann, weil eine kurze Rezession mit dem Wahltermin zusammenfiel. So kann es oftmals gehen.

Drums Analyse, dass es keine guten Optionen für Amtsinhaber*innen gibt, wenn die Wirtschaft schwächelt, stimme ich völlig zu. Da geht einfach gar nichts. Das ist auch nicht auf die Wirtschaft beschränkt: wenn es schlecht läuft, sieht die Regierung immer schlecht aus. Wenn sie Glück hat, kann die Opposition nichts draus machen, aber es ist sehr, sehr selten, dass es ihr gelingt, sich dann als Hoffnungsträgerin zu etablieren. Eigentlich muss immer das Narrativ geändert und ein anderes Thema in den Vordergrund gesetzt werden.

10) Das gebrochene Aufstiegsversprechen // Der Mythos der bröckelnden Mittelschicht

Die Mittelschicht ist in den vergangenen 25 Jahren deutlich geschrumpft – und dies in keinem vergleichbaren Industrieland so stark wie in Deutschland, selbst in den USA nicht. Das zeigt eine neue Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der Bertelsmann Stiftung. Vor allem die untere Einkommensschicht ist deutlich gewachsen. Trotz Wirtschaftsbooms in den 2010er-Jahren hat das Armutsrisiko in Deutschland zugenommen. […] Die Zahlen und Fakten sprechen eine klare Sprache […] Der Anstieg der Polarisierung und die schrumpfende Mitte unserer Gesellschaft seien zum Teil durch die starke Zuwanderung von Ausländerinnen zu erklären. Diese Menschen hätten nun mal häufig geringe Qualifikationen und würden somit die Gruppe der Geringverdiener vergrößern. Aber auch dieses Argument ist nicht stimmig und zeugt von einem sehr ungewöhnlichen Bild der Gesellschaft. (Marcel Fratzscher, ZEIT)

Das Interessante an dem Befund: Zwar ist die Mittelschicht zwischen 1995 und 2005 sichtbar geschrumpft – von 70 auf 64 Prozent der Bevölkerung –, seitdem ist sie aber nahezu stabil. Die beteiligten Wissenschaftler betonen in ihrer Studie zwar mehrere aus ihrer Sicht bedenkliche Tendenzen. Im Kern widerspricht ihre Analyse aber der oft zitierten These, dass in Deutschland immer mehr Menschen in Armut abrutschen. […] Während die Autoren der Bertelsmann Stiftung kritisch anmerken, dass die Mittelschicht trotz des vor Corona lang anhaltenden Aufschwungs nicht wieder gewachsen sei, betonen Peichl und Niehues, dass dies auch mit der stärkeren Zuwanderung zusammenhänge. Der Beschäftigungsaufschwung habe ausgleichend gewirkt, die Zuwanderung von im Schnitt eher geringer qualifizierten Menschen habe die Ungleichheit verstärkt. (Johannes Pennekamp, FAZ)

Die beiden obigen Artikel beziehen sich auf die exakt selbe Studie und kommen, ganz „objektiv“ auf Basis der Zahlen und Fakten, zu diametral entgegengesetzten Ergebnissen. Ich habe willkürlich einige Stellen nebeneinander gestellt; es lohnt sich, beide Artikel komplett zu lesen und parallel zu vergleichen. Ich will hier gar nicht so sehr darauf raus, wer hier nun Recht haben könnte (ihr könnt raten, wessen Interpretation ich mehr zuneige), sondern vielmehr einmal mehr darauf hinweisen, dass eine Studie oder irgendwelche Zahlen und Fakten einfach keine Totschlagargumente sind, egal, wie sehr Leute sich das immer einreden wollen. Man kann sich das Zeug endlos an den Kopf schmeißen und dreht sich doch nur im Kreis, weil die „Fakten“ eh nur als Munition benutzt werden. So auch hier.

11) „Die Realität wird beunruhigend sein“ (Interview mit Norbert Röttgen)

Sie haben das Prinzip „Wir wollen mit Entscheidungen wieder vor die Krise kommen“ zum zentralen Thema Ihrer Kandidatur für den Parteivorsitz gemacht. Was heißt das konkret?

Das 21. Jahrhundert ist schon jetzt von dramatischen Veränderungen und Krisen geprägt, die sich alle durch ihren vernetzten Charakter auszeichnen. Darauf müssen wir mit Vernetzung antworten. Deshalb brauchen wir dringend eine Reform der öffentlichen Verwaltung und Regierung, die sich an der Art und Struktur der Probleme von heute ausrichtet.

Und wie?

Es muss einen dauerhaften Krisenpräventionsstab geben, der tut, was derzeit niemand wirklich macht: Strategische Vorausschau betreiben. Also permanent beobachten, wie sich die Welt entwickelt und wo Gefahren entstehen. Nehmen wir ein Beispiel: Vieles spricht dafür, dass das nächste Virus nicht biologisch, sondern digital sein wird und beispielsweise unsere Stromversorgung außer Kraft setzt. Sind wir darauf vorbereitet?

Unser Problem ist doch weniger die Erkenntnis als deren Umsetzung.

Deshalb müssen wir vernetzte Probleme endlich vernetzt lösen. Nehmen wir den Ausbau der erneuerbaren Energien: Wenn nicht alle Regierungen in Bund und Ländern und alle Behörden an einem Strang ziehen, wird es nach endlosen politischen Diskussionen weiterhin endlose Verwaltungsschleifen und anschließend endlose Gerichtsschleifen geben. Dann wird auch die nächste Regierung daran scheitern. (Sven Böll, Sebastian Späth, T-Online)

Es sind Ideen wie die obigen, die mich schon in der letzten Runde klar Röttgen bevorzugen ließen, auch wenn der kaum eine Chance hat. Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob er ernsthaft kandidiert oder nur sein Profil für einen späteren Ministerposten schärft, aber in dem was er sagt gibt es gute Anknüpfungspunkte zu FDP und Grünen. Zukunftskoalition und so.

Ein Meta-Punkt zu dem Interview: es ist etwa zehnmal so lang wie der zitierte Ausschnitt hier, und praktisch der gesamte Rest ist „sondern Sie bitte Wahlkampfphrasen zu CDU, Ampel, Merz und Söder ab“. Erkenntnisgewinn null. Der spannende Teil, nämlich wie Röttgen politisch denkt und was seine Ziele sind, kommt wesentlich zu kurz, ist aber wesentlich spannender als seine Einschätzung, ob die CDU-Regierung insgesamt gut war (überraschenderweise ja). Mehr von dem oben und weniger von dem dummen Fluff, bitte.

{ 136 comments… add one }
  • Dennis 6. Dezember 2021, 09:55

    Wieso geht ab 7) alles so komisch nach rechts (ich meine ja nur die Formatierung) ?

    und in 7) im Übrigen
    Zitat:

    „…und ob…nicht alle nur die ihnen genehmen Zahlen rauspicken und dann damit auf den Gegner eindreschen.“

    Damit ist die ultimative Antwort auf die viel diskutierte Frage „was sagt uns eigentlich der große Zahlensalat“? doch gefunden. So isses. Der Salat wird ja zunächst mal angerichtet – unter Weglassung von allem, was nicht schmeckt. Wenn manfrau normative Vorstellungen (dies und das soll/möge so sein/werden) mit Zahlenfriedhöfen garniert sieht das so aus wie „bewiesen“; das ist der Sinn der Sache.

    Der Staat (oder die Sozialversicherung als öffentlich-rechtliche Institution) nimmt Steuern und Abgaben ein. Mit der Abgrenzung/Nichtabgrenzung hat manfrau schon mal das erste Einfallstor für kreatives Gestalten. Angebliche Standardfälle (irgendwas mit Durchschnitt) sind dann der nächste Fall. Und so weiter und so weiter. Mit indirekten und direkten Steuern kann manfrau auch noch rumspielen. Mal weglassen, mal einbeziehen, je nach dem. Wenn manfrau zum Beispiel freudig „die ganz Kleinen da unten zahlen doch gar keine oder nur wenig Steuern“ verkaufen will, empfiehlt es sich die indirekten Steuern zu ignorieren. Im Verhältnis wozu? ist dann das nächste Ding. da gibt es Möglichkeiten ohne Ende.

    Jedenfalls ist dauerhaft für Unterhaltung gesorgt. Die Kindeskinder deiner Kinder war das auch noch beschäftigen.

    • Stefan Pietsch 6. Dezember 2021, 10:49

      Zahlen die indirekten Steuern nur die unteren Einkommen?

      • Dennis 6. Dezember 2021, 11:33

        Gute Frage: Im Verhältnis zum Einkommen die „Unteren“ üblicherweise relativ mehr, weil der Anteil, der in den steuerpflichtigen Konsum geht, höher ist. „Im Verhältnis zu was“ bzw. das Bilden von Relationen ist natürlich immer der Knackpunkt. Je nachdem, was manfrau da aussagen will, muss manfrau entsprechend basteln. Natürlich kann manfrau die Verhältnisbildung zum Einkommen bei den indirekten auch unterlassen. Das ist aus Ihrer Sicht wahrscheinlich praktischer.

        • Stefan Pietsch 6. Dezember 2021, 12:07

          In meinem Studium hatte ich mich mit amerikanischen Studien zur Wirkung der indirekten Besteuerung beschäftigt. In der Tendenz kam man in der Summe zu einer eher linearen Wirkung. Das war auf die USA bezogen. In Deutschland, wo die wichtigste Steuer in dem Bereich, die Umsatzsteuer, stark ausdifferenziert wurde (seit Mitte der Neunzigerjahre wurde zwar der Höchstsatz mehrmals angehoben, nicht jedoch die beiden ermäßigten Tarife), wird das nicht anders sein, ggf. eher sogar eine progressive Wirkung.

          Das ist leicht vorzustellen: Geringverdienerhaushalte geben oft 80% und mehr ihres Einkommens für ermäßigte Produkte aus, für Miete fällt sogar überhaupt keine Umsatzsteuer an. Der Warenkorb der Besserverdiener dagegen enthält zum Großteil Produkte, die dem vollen Steuersatz unterliegen.

          Transferempfänger sind aus der Betrachtung auszuschließen, denn sie zahlen de facto keine Steuern.

        • Erwin Gabriel 6. Dezember 2021, 13:28

          @ Dennis 6. Dezember 2021, 11:33

          Im Verhältnis zum Einkommen die „Unteren“ üblicherweise relativ mehr, weil der Anteil, der in den steuerpflichtigen Konsum geht, höher ist.

          Diffizil: Je weniger Geld ich habe, um so eher lande ich bei Produkten mit reduzierten Mehrwertsteuersatz.

        • cimourdain 6. Dezember 2021, 18:23

          Das DIW hat 2015 eine Studie über die kombinierte Wirkung von direkten, indirekten Steuern und Sozialabgaben gemacht und ist zu diesem Ergebnis gekommen:
          https://www.diw.de/sixcms/media.php/37/Grafik_Kolumne_MFratzscher.png
          Die indirekten Steuern wirken stark degressiv von 23% im untersten Dezil bis unter 8% im obersten.
          Der entscheidende Faktor ist, dass im unteren Einkommensbereich faktisch das gesamte Einkommen für Konsumausgaben verwendet wird (Im untersten Dezil fällt wegen der staatlichen Übernahme häufig sogar keine Miete an).

          • Stefan Pietsch 6. Dezember 2021, 19:00

            … dann kann das nicht gerechnet werden. Es ist de facto steuerfreies Einkommen. Wie gesagt, man kann nicht Transferbezieher heranziehen, denn deren Steuerlast wird von den anderen Steuerzahlern übernommen. Das Auslassen dieses Teils ist systematischer Schmu.

            Rechnen Sie selbst:
            a) Einkommen von 1.000 Euro. Anteil der Wohnkosten 50%, reduzierter Steuersatzanteil 30%, voller Steuersatz 20%. Das ergibt eine Belastung mit Umsatzsteuer von 6,3%.

            b) Einkommen von 6.000 Euro. Wohneigentumskosten 28%, voller Steuersatz. Ermäßigter Steuersatz 1.000 Euro, 2.000 Euro voller Steuersatz. Sparen: 1.200 Euro. Macht eine Belastung mit Umsatzsteuer von 14,5%. Wobei die Berücksichtigung von Sparen nicht richtig ist, handelt es sich dabei nur um aufgesparten Konsum.

            Die Autoren schreiben übrigens selbst:
            Gesamtsteuerbelastung bei Niedrigeinkommen regressiv und erst ab mittleren Einkommen progressiv
            https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.549401.de/16-51-1.pdf

            Interessant auch, woher die Regression kommt, nämlich nicht von der Umsatzsteuer, wie Sie suggerieren:
            Besonders regressiv wirken die Genussmittelsteuern auf
            Tabak, Alkohol und Glücksspiel. Die unteren Einkommensgruppen geben dafür einen relativ größeren Teil
            ihres Geldes aus als Personen mit höherem Einkommen. Aber auch die Energiesteuern und die EEG-Umlage belasten vor allem die niedrigen Einkommen

            Die Regression lässt sich also deutlich reduzieren, wenn die unteren Einkommen weniger sich besaufen und ihr Weniges verzocken würden. Aber das wollten Sie sicher nicht sagen. 😉 Und wie Liberale schon immer sagten: die EEG-Umlage ist eine höchst unsoziale Abgabe, sie verteilt Einkommen von Unten nach Oben. Es ist eine Originalidee der Grünen und ihres Umweltministers Jürgen Trittin – der mit der Eiskugel.

            • Dennis 6. Dezember 2021, 22:33

              Zitat Stefan Pietsch:
              „Die Regression lässt sich also deutlich reduzieren, wenn die unteren Einkommen weniger sich besaufen und ihr Weniges verzocken würden“

              Klingt nett, nur sagen die ANTEILE im Bezug zum Einkommen nichts darüber aus, wieviel unten im Vergleich zu oben für’s Saufen oder Zocken per capita absolut ausgegeben wird. Bei gleichbleibender Saufintensität unten und oben sinkt der einschlägige Steueranteil nach oben dennoch. Oben könnte ferner saufanteilig mehr Wein konsumiert werden (keine Verbrauchsteuer)^.

              Wie dem auch sei, moralische Beurteilungen der Einkommensverwendung kann manfrau natürlich reinpacken, wenn sonst nix mehr passt. Dass oben die Konsumgewohnheiten moralisch höherwertiger sind, versteht sich sowieso von selbst. Alles kann manfrau interpretatorisch oder schon bei den Ausgangsbedingungen der Betrachtung reinpacken (oder bei Bedarf rauspacken), deswegen bedeuten solche Zahlenfriedhöfe ja auch so wenig.

              Zitat:
              „die EEG-Umlage ist eine höchst unsoziale Abgabe, sie verteilt Einkommen von Unten nach Oben.“

              Richtig. Jetzt muss nur noch geklärt werde, warum diese Verteilungswirkung in diesem Fall ausnahmsweise giltet und zu beanstanden ist, bei anderen bezüglich der Verteilung wirkungsgleichen Konsumsteuerfällen aller Art aber nicht.

              • Stefan Pietsch 7. Dezember 2021, 01:56

                Klingt nicht nur nett, ist auch nett gemeint. Vor allem vom Staat. Denn wenn Moral irgendwo ihre Berechtigung hat, dann beim Rauchen und Saufen. Denn der Fiskus will dieses Geld eigentlich nicht. Deswegen erhebt er Lenkungssteuern, die schon wieder so hoch sind, dass man sie prohibitiv nennen könnte. Also so hoch, dass eigentlich niemand mehr das Produkt kauft.

                Das ist der Sinn der Sache. Das Dumme: einige sind doch tatsächlich so dumm und kaufen trotzdem. Während viele sich lenken lassen – gerade im intelligenten Segment – bekommt andernorts Dummheit einen Aufschlag verpasst. Dumm gelaufen. Rechnen Sie die Steuern raus, die der Staat eigentlich nicht will und die Sache sieht schon deutlich besser aus. Alternativ können Sie auch gegen den Unsinn von Lenkungssteuern plädieren, aber dann wird’s lustig. Die linken Parteien haben nämlich dafür ein ganz großes Faible.

                Würden Sie mich öfter lesen (also versuchen zu verstehen), dann hätten Sie eine Chance meine Intensionen zu verstehen. Wissen Sie noch, wie ich gegen der Verteilung der Sozialausgaben gewettert habe? My God, habe ich Haue von der linken Seite bekommen. Waren Sie nicht auch dabei?

                • Stefan Sasse 7. Dezember 2021, 07:28

                  Ich kenne niemand, der je Rauchen und Trinken wegen der Steuern aufgegeben hätte.

                  • Stefan Pietsch 7. Dezember 2021, 12:44

                    Du bist halt jung. 😉

                    Mit der Methode hoher Lenkungssteuern wurde Jugendlichen die Lust auf Alkopops sehr weit verleidet. Und auch beim Rauchen hat sich die Lenkungswirkung bemerkbar gemacht. Es gibt durchaus einige, die sich den Glimmstengel abgewöhnt haben, weil es zu teuer ist.

                    Wie gesagt, Lenkungssteuern sind dafür da, dass sie sich selbst abschaffen. Das Konzept kann man mögen oder nicht, aber man sollte es in der Argumentation berücksichtigen. Rauchen und Alkohol sind vor allem in unteren und mittleren Einkommensschichten beliebte Genussmittel.

                    Um die Belastung mit indirekten Steuern zu betrachten, wäre es sinnvoll sie auf reine Konsumsteuern zu begrenzen. Ansonsten stellt sich die Frage, warum Lenkungsabgaben gerade im linken politischen Spektrum sich einer solchen Beliebtheit erfreuen, wollen diese Parteien doch angeblich die unteren Einkommensschichten schützen.

                    Auch die von den Grünen so geschätzte Ökosteuer wird vor allem Ärmere stärker belasten. Während Einkommensstarke schon jetzt deutlich auf E-Autos umschwenken, sind Einkommensschwache an ihre Benzinstinker gebunden. Und zahlen die Ökosteuern.

                    • Stefan Sasse 7. Dezember 2021, 14:16

                      Jede Konsumsteuer belastet Gerinverdienende mehr als Hochverdienende. Alkopops wurden auch durch die Altershochsetzung verleidet (16 auf 18), aber ja, die Steuer spielte auch eine Rolle. Und dermaßen jung bin ich leider auch wieder nicht.

                    • Stefan Pietsch 7. Dezember 2021, 16:04

                      Wie kommst Du darauf? Ich habe doch gestern anhand der Umsatzsteuer gezeigt, dass Konsumsteuern auch linear oder progressiv wirken können.

                      Und es ist dieses ewige Geschimpfe auf „die Reichen“. Wo steht, dass Steuern immer so ausgestaltet sein müssen, dass die Besserverdiener mehr belasten? Dafür ist schließlich die Einkommensteuer da. Und nur zur Erinnerung: Deutschland besteuert Einkommen relativ hoch, Konsum aber mittelprächtig. Ein Gerechtigkeitsthema ist da nicht auszumachen.

                      Aber Linke bekommen das ja immer hin. Im eigenen Land kann die Belastung von Immobilienbesitzern nicht hoch genug sein, nur um Verständnis zu zeigen, dass in Spanien und Griechenland der gleiche Adressatenkreis rücksichtsvoll behandelt wird.

                      Seit Neuem sind Wohlhabende als jene ausgemacht, die den größeren CO2-Abdruck hinterlassen würden. Mit ihren SUVs verbrauchen sie viel mehr Benzin und emittieren das klimaschädliche Gas. Da scheint ganz vergessen zu werden, dass SUV-Fahrer, wenn sie denn ein deutliches Mehr an CO2 abblasen, zufällig auch ein deutliches Mehr an Mineralölsteuer, CO2-Abgabe und Umsatzsteuer darauf zahlen. Aber das gilt dann natürlich nicht.

                    • Stefan Sasse 7. Dezember 2021, 20:09

                      Umsatzsteuer ist doch keine Konsumsteuer!? Und ich hab doch gar nicht geschimpft.

                    • CitizenK 7. Dezember 2021, 16:44

                      Deshalb ja die Forderung nach sozialem Ausgleich, z. B. durch Rückerstattung der „Steuern, die der Staat nicht will“ (gut formuliert!) nach Schweizer Vorbild.

                    • Stefan Pietsch 7. Dezember 2021, 18:55

                      … was im Grunde Unsinn ist. Als Liberaler plädiere ich nur aus einem einzigen Grund für die Rückgabe: der massive Entzug von Finanzmitteln verringert die Möglichkeiten der Bürger, Lösungen zu schaffen.

                      Aber es ist Quatsch, Umweltschädigern mehr Entschädigung zu zahlen als sie zuvor als Strafsteuer entrichten mussten. Das ist aber die Denke der linken Parteien, was zeigt, dass sie gar nicht so sehr an Umweltschutz interessiert sind.

                      Man muss wissen, was man will. Es ist nicht möglich, zwei völlig gegensätzliche Ziele zu erfüllen.

                    • Stefan Pietsch 7. Dezember 2021, 21:05

                      Es gibt drei Arten von Steuern: Steuern auf Einkommen und Ertrag, Vermögensteuern (zu denen auch jene auf Grund und Boden zählen) und Konsumsteuern. Die Umsatzsteuer wird auf Güter des Konsums erhoben, innerhalb des Produktionsprozesses sind die gezahlten Steuern als Vorsteuer anrechenbar.

                      Die Umsatzsteuer ist die bedeutendste Konsumsteuer.

                    • Stefan Sasse 8. Dezember 2021, 10:15

                      Ah, dann haben wir das anders definiert. Ich meinte damit Steuern, die auf den Erwerb von Konsumgütern gezahlt werden, also Mehrwertsteuer, Tabaksteuer, so Kram.

                    • Stefan Pietsch 8. Dezember 2021, 10:32

                      Die Tabaksteuer, die Sektsteuer, die Mineralölsteuer usw. gehören auch zu den Konsumsteuern.

                      Die Kernbrennstoffsteuer war deswegen verfassungswidrig, weil sie sich eben nicht einordnen ließ. Sie war weder Steuer auf Einkommen & Ertrag, noch Vermögen noch auf Konsum. So sieht es das Grundgesetz vor. Steuern, die da nicht reinpassen, verstoßen gegen das Grundgesetz.

                    • Stefan Sasse 8. Dezember 2021, 14:30

                      Aber die von dir genannten belasten doch auch niedrige Einkommen stärker als höhere…?

                    • Stefan Pietsch 8. Dezember 2021, 15:33

                      Das kommt darauf an, siehe Umsatzsteuer. Und geringere Einkommen können ihre Steuerlast einfach drücken, in dem sie nicht rauchen und nicht trinken.

                      Der Sinn von Konsumsteuern ist, den Verbrauch einer Sache zu belasten, eben das Konsumieren. Der Sinn es nicht, die Steuererhebung nach Einkommen zu staffeln, also für Ärmere den Konsum günstiger zu machen.

                      Du kannst sagen, „ich finde Konsumsteuern ungerecht“. Aber darüber zu lamentieren, dass sie den Konsum belasten, ist so ähnlich als darüber zu jammern, dass die Sonne abends untergeht.

                    • Stefan Sasse 9. Dezember 2021, 12:16

                      Ich muss ehrlich gesagt sagen ich hab den Faden verloren wo wir uns eigentlich ursprünglich uneins waren. Mir ist klar, dass das genauso funktioniert, und ich bejammere das gar nicht.

                    • Erwin Gabriel 8. Dezember 2021, 22:50

                      @ Stefan Sasse 7. Dezember 2021, 14:16

                      Jede Konsumsteuer belastet Gerinverdienende mehr als Hochverdienende.

                      Dann schaffen wir Konsumsteuern ab. Das würde Geringerverdienenden mehr bringen als Hochverdienenden.

                      Klingt nach einem guten linken Projekt 🙂
                      (sorry, der Satz wollte unbedingt raus)

                    • Stefan Sasse 9. Dezember 2021, 12:18

                      Das war ja auch historisch ein linkes Projekt. Früher haben sich Staaten ja ausschließlich über Konsumsteuern (und Zölle auf Konsum) finanziert; die Einkommenssteuer ist ja eine reichlich linke Idee, um genau das zu ändern. Ebenso Erbschaftssteuern, Kapitalertragssteuern, Vermögenssteuern, etc. Das hat halt Dampf verloren in der Zwischenzeit…

                    • Stefan Pietsch 9. Dezember 2021, 13:26

                      Ich hab‘ ihn gefunden! 😉

                      Der Aufsatz war, dass die Aussage, untere Einkommen würden wenig zum Steueraufkommen beitragen, falsch sei. Über indirekte Steuern trügen sie sogar mehr bei. Das ist zwar trotzdem nicht richtig, denn auch wer aus wenig etwas überproportional zur Kasse gebeten wird – es bleibt wenig.

                      Sind indirekte Steuern (Konsumsteuern) tendenziell sozial ungerecht? Aus wissenschaftlicher Sicht ist die Frage kaum zu beantworten. Jede Steuer belastet und nimmt Einfluss auf das Verhalten der Bürger. Das lässt sich kaum vermeiden. Der Staat belastet deswegen gern an den Stellen, wo der Bürger sich aufgrund der geringen Preiselastizität der Nachfrage der Steuer kaum entziehen kann. Geringe Elastizität ist für Ökonomen dort gegeben, wo Preisveränderungen kaum Einfluss auf die Nachfrage haben. Benzin ist so ein Produkt, aber eben auch Tabak und in Teilen Alkohol.

                      Die Gerechtigkeitsfrage lautet also eher, kann sich der Bürger der Steuer entziehen? Bei Steuern auf Einkommen und Ertrag gilt das nicht, denn die Verringerung von Einkommen führt nicht nur zu weniger Steuern, sondern vor allem geringeren Möglichkeiten. Die Steuer muss als sehr hoch empfunden werden, damit umfangreiche Ausweichtendenzen sichtbar werden – Reduzierung der Arbeit, Schwarzarbeit, Steuerhinterziehung, Verlagerung von Einkommen. Es hängt von der eigenen Einkommensposition ab.

                      Konsumsteuern haben häufig einen erzieherischen oder gar bestrafenden Effekt. Das gilt für die in manchen Ländern erhobene Luxussteuer, die es z.B. auch in Norwegen gibt, und den Preis von Autos praktisch verdoppelt. Es gilt aber auch für die Tabak- und Mineralölsteuer.

                      Der generellen Umsatzsteuer kann sich niemand entziehen, denn sie gilt auf alle Produkte. Anders verhält es sich mit Spezialsteuern, wo man der Steuer durch Verlagerung seines Konsums ausweichen kann. Das ist meist von den Fachministern gewünscht, von den Finanzministern eher nicht.

                      Deswegen ist die EEG-Umlage auch eher sozial ungerecht als die Tabaksteuer. Die eine Steuer lässt sich nicht vermeiden, die andere schon.

                    • Stefan Sasse 9. Dezember 2021, 14:13

                      – Steueraufkommen: klar, das ist selbst-evident.
                      – Gerechtigkeit: generell werden regressive Steuern als ungerecht empfunden, progressive als gerecht. Ist natürlich nicht universal, aber üblicherweise ist das die annahme.
                      – Entzug: Korrekt. Das ist aber weitgehend ein Problem weiter oben (mit Ausnahme Schwarzarbeit natürlich).
                      – Strafender Effekt: korrekt.
                      – Verlagerung: Korrekt.
                      – EEG: korrekt. Aber das spricht ja nicht gegen EEG.

                    • Stefan Pietsch 9. Dezember 2021, 19:27

                      Das wäre mir neu. Konsumsteuern sind nicht ungerecht. Sie besteuern den Konsum, denn der Staat will vernünftigerweise an allen Vorgängen partizipieren, um die Steuerlast für alle möglichst niedrig halten zu können. Es wäre irre, die indirekten Steuern auf die Einkommensteuer aufzuschlagen.

                      Und warum sieht man besonders progressive Steuern wie den Soli oder Vermögensteuern aus Deiner Warte nicht als ungerecht an? Lass mich raten: weil es eben die „Reichen“ trifft? Nein, das Ideal des modernen Staates ist nicht die Robin Hood Kultur, der anscheinend viele anhängen. Ein Gemeinwesen soll auch von allen finanziert werden. Prinzipiell zu gleichen Teilen. Wenn das überfordert, sind Teilrabatte okay. Aber zwischenzeitlich darf man wie Nottingham mal nachdenken, ob die Abgaben vielleicht zu hoch sind. Wenn wir ein Gemeinwesen haben, wo die Steuerlast zu 90% von den oberen 50% getragen wird, ist das schädlich für die Demokratie. Denn ganz offensichtlich wissen Teile der Gesellschaft nicht mehr, wie sich Steuerbelastung wirklich anfühlt. Da kann man problemlos für Steuererhöhungen für die oberen 10% stimmen.

                      Wie passt das eigentlich zu Deinem Mantra, die gesellschaft müsse diverser werden und Minderheiten mehr in Ämtern gespiegelt werden?

                      Sich der Belastung entziehen ist auch, wenn Geringverdiener Zusatzarbeit ablehnen, weil es sich für sie nicht lohnt. Und es sind vor allem die mittleren Einkommensschichten, die mit Work-Life-Balance-Forderungen um die Häuser ziehen, Home Office und Arbeitszeitverkürzungen bis zu Frühverrentungen einfordern. Aufgrund der hohen Abgabenlast ist es nicht attraktiv, weiter zu verdienen, wenn es auch mit weniger geht. Und wenn Rentner (nicht Millionäre) nach Thailand und Spanien auswandern, dann auch, um sich dabei den deutschen Belastungen zu entziehen.

                      Du hältst es für richtig, Menschen unabhängig von ihrem Einkommen für die Solardächer von jenen zahlen zu lassen, die sich das Unnütze auch ohne Subvention leisten können? Denn hier gibt es eine direkte Verbindung: Die EEG-Umlage fließt Hausbesitzern der vermögenderen Art von jenen zu, die sich das eben nicht leisten können.

                      Komisches Sozialverständnis präsentierst Du da. Die EEG-Umlage wird abgeschafft. Eine soziale Sauerei, für die die Grünen stehen, wird damit erledigt.

                  • Derwaechter 7. Dezember 2021, 13:26

                    Gerade (ehemalige) Raucher reden doch oft darüber wieviel sie für ihr Laster bezahlen (jetzt sparen).

                    Und als Bewohner eines Landes mit sehr sehr hohen Alkoholpreisen, kann ich berichten, dass das sehr wohl Auswirkungen auf den Konsum hat.

    • Stefan Sasse 6. Dezember 2021, 15:26

      Hab die Formatierung korrigiert, danke.

  • Stefan Pietsch 6. Dezember 2021, 10:38

    7) Belastung mit Steuern und Sozialabgaben seit 1986 gesunken

    Ein Kernproblem bei Steuervergleichen über Jahrzehnte ist, dies anhand von Steuersätzen – also relativen Belastungssätzen auf eine Bemessungsgrundlage – zu tun. Die Bemessungsgrundlage wird sich über einen so langen Zeitraum ändern. Sie ist wichtige Spielmasse in der Politik. Wenn der Staat beispielsweise ein höheres Aufkommen generieren will ohne die Steuersätze als sichtbares Zeichen dieser unpopulären Maßnahme anzutasten, streicht er Ausnahmetatbestände.

    Dies geschah nach 1998 in umfangreicher Weise. Die Vorlage für die sogenannte Verbreiterung der Bemessungsgrundlage lieferte 1994 die berühmte Bareis-Kommission, die dem Finanzminister Theo Waigel eine Blaupause für die Reform des Einkommensteuerrechts geliefert hatte. Die letzte Kohl-Regierung besaß nicht mehr die politische Kraft, dies umzusetzen. In der Folge bedienten sich die SPD-Finanzminister Hans Eichel und Peer Steinbrück an den Ausarbeitungen der Wissenschaftler, umd die rechnerischen Ausfälle der Steuerreform von 2001-2005 auszugleichen. Wer glaubt, Regierungen erließen ihren Bürgern Steuern, ist nicht von dieser Welt.

    Ein Indikator für die Gesamtbelastung ist der Bezug der Steuereinnahmen – also das, was tatsächlich entrichtet wird – auf das Gesamterwirtschaftete, das Bruttoinlandsprodukt (BIP). Mehr Erwerbstätige führen zu einer höheren Gesamtwirtschaftsleistung und erbringen dabei mehr Steueraufkommen.

    Die Zahlen die OECD, zu denen Deutschland stets die nationalen Zahlen liefert, zeigen, dass die Belastung der persönlichen Einkommen von 1980 von 10,4 auf 10,6% im Jahr 2019 leicht gestiegen ist. Das Niveau blieb in den Achtzigerjahren und sank in den Neunzigerjahren teils erheblich auf einen mittleren Wert von 9,5%. Seit 20 Jahren klettert sie von ihrem Tiefpunkt um inzwischen 3%-Punkte auf besagte 10,6%.

    Die Sozialabgaben hatten dabei eine ungutere Tendenz, sie nahmen in den 40 Jahren von einstmals 12,5% auf heute 14,7% des BIP zu. Die Gewinnbelastung blieb mit 2% praktisch konstant. Eine Entlastung der Bürger lässt sich anhand dieser Zahlen wirklich nicht ausmachen.

    Deutschland ist hier übrigens einen Sonderweg gegangen. Im Schnitt der Industriestaaten sank die Belastung der persönlichen Einkommen von 9,9% auf zuletzt 8,1%. Zwar steigt seit 10 Jahren die Belastungskurve insgesamt wieder an, Deutschland dreht aber deutlich stärker an dem Rad. Das ist schon deswegen ungewöhnlich, weil einige Länder der OECD mit enormen Staatsschulden zu kämpfen hatten und in solchen Phasen das Rad immer etwas angezogen wird. Für Deutschland galt das aber nicht, wir erlebten eine historisch einmalige Aufschwungdekade, in der eigentlich die Belastung hätte sinken müssen.
    https://data.oecd.org/tax/tax-on-personal-income.htm#indicator-chart

    Die neue Bundesregierung wird also bald vor dem Problem stehen, Steuerentlastungen anzusteuern, denn so, wie in den letzten 15 Jahren kann es unmöglich weitergehen. Gleichzeitig hat Angela Merkel ein schwieriges Erbe hinterlassen, prassten ihre Regierungen doch mit den üppig geflossenen Steuer- und Beitragsmilliarden. Nun ist die Kasse leer, der Bedarf aber hoch. Lässt sich präziser eine miserable Regierungsbilanz beschreiben?

  • Stefan Pietsch 6. Dezember 2021, 10:46

    7) Belastung mit Steuern und Sozialabgaben seit 1986 gesunken

    Der gesamte Steuerertrag stieg übrigens von 1980 (36,4%) auf heute 38,8% und damit um 2,4%-Punkte. Mit anderen Worten, der Staat nimmt jedem Bürger im Vergleich zu vor vierzig Jahren einen Tausender im Jahr mehr ab.

    Es gibt einige, für die das sehr viel Geld ist.

    • Stefan Sasse 6. Dezember 2021, 15:28

      Das ist für mich auch viel Geld. Die Frage ist natürlich, was damit gemacht wird. Deine polarisierende Sprache von „Abnehmen“ und „Wegnehmen“ insinuiert immer, man hätte nichts davon.

      • Stefan Pietsch 6. Dezember 2021, 16:06

        Ich habe im Zweifel auch nichts davon. Denn zum einen steht die Frage, ob das politische Ziel (welches eigentlich??) auch ohne den Tausender extra erreichbar wäre. Beispiel die Eingriffe bei der Rente: sie haben kein einziges soziales Problem gelöst oder nur gemindert, ein paar einen früheren Vorruhestand besorgt, während Unternehmen die Last zu tragen hatten. Aber es hatte keinen gesellschaftlichen Nutzen, wo die materiellen und immateriellen Benefits die Kosten aufgewogen hätten. Das ist ein klassisches Beispiel von Verschwendung.

        Zum anderen könnten die Bürger z.B. auch etwas Nützliches mit dem Geld anfangen. Pauschal jedem 1.000 Euro überlassen, könnten sie das in eine kapitalgedeckte Rente anlegen und hätten damit wesentlich mehr Einkommen im Alter.

        Und dann sind da ja noch die Verwaltungskosten, die Du so gerne vergisst. Das Geld muss verwaltet, verteilt, seine Verwendung überprüft werden. Dafür braucht es weitere Staatsdiener, die keinen Nutzen stiften, aber kosten. Diese Verwaltungskosten werden im Schnitt zwischen 10 und 30 Prozent angesetzt. Mit anderen Worten: von den 1.000 Euro, die die Bürger zusätzlich entrichten, werden 300 Euro durch den Schornstein gefeuert.

        • CitizenK 6. Dezember 2021, 17:02

          Ein „Tausender“ in 40 (!) Jahren – im Durchschnitt. Potzblitz.
          Bekanntlich können eine Menge Gelder für Projekte (z. B. der EU) nicht abgerufen werden, weil Personal fehlt in den Ämtern. Die Digitalisierung der Schulen kommt aus dem gleichen Grund nicht voran.
          P.S. Was ist die männliche Form von „Milchmädchenrechnung“?

          • Stefan Pietsch 6. Dezember 2021, 17:25

            Nicht in 40 Jahren. Legen wir die Maßstäbe des Jahres 1980 zugrunde, so zahlen wir nicht nur Inflationsausgleich und Produktivitätsfortschritt, sondern noch ein Extra-Entgelt von 1.000 Euro pro Jahr für die Leistungen des Staates. Das ist also das Sahnehäupchen per anno.

            Sie haben ein Einkommen von 4.000 Euro. Sie können 2.000 Euro für sich und 2.000 Euro für den Staat geben. Dann macht der Dinge, die Sie nur noch über Wahlen beeinflussen können. Sie können auch sagen, der Staat bekommt nochmal 100 Euro mehr, dann haben Sie 100 Euro weniger. Wenn Sie die nicht zufällig frei haben, müssen Sie die irgendwo abknapsen. An der Vorsorge für die Waschmaschine z.B. Das ist keine Milchmädchenrechnung, das ist Haushaltsbuchführung.

            Knapp die Hälfte der Deutschen hat im Monat weniger als 100 € frei verfügbar. Ich verstehe nicht, woher von Leuten wie Ihnen immer diese Großzügigkeit gegenüber dem Staat kommt. Wenn Sie sagen, dann kann es auch mal ein Urlaub weniger sein, dann sage ich, es kann auch mal ein Amt weniger sein. Dann fehlt auch kein Personal.

            Nehmen wir Bauwirtschaft. In 20 Jahren sind die Vorschriften für den Bau von Häusern von 7.000 auf 22.000 angewachsen. Finden Sie ernsthaft, dass wir heute so viel besser wohnen als zu Beginn des Jahrtausends? Und diese zusätzlichen 15.000 Vorschriften müssen geschrieben, verwaltet und überwacht werden. Sie sagen selbst, der Staat hat dafür nicht die Leute. Ach nee, vielleicht sollte man sich das wie vernünftige Menschen einmal vorher überlegen?! Was nützen Vorschriften, die nicht administriert werden können? Was für einen Sinn ergibt das?

            Professionelle Investoren können das händeln. Die schlagen die Kosten für die Spezialisten auf den Gewerbepreis drauf. Der private Bauherr kann das schon weniger, seine Bauanträge sind teurer geworden und manchmal muss er deswegen aufs Bauen verzichten. Nicht weil er kein Grundstück hätte, sondern weil er die Vorschriften nicht zu angemessenen Kosten erfüllen kann. Und die Ämter? Die ersaufen und schieben die Anträge auf die lange Bank.

            Das ist Ihr Deutschland, wie Sie es wollen. Und dafür wollen Sie einen Tausender mehr abdrücken.

            • CitizenK 7. Dezember 2021, 13:23

              Um einen Punkt herauszugreifen: Ja, wir wohnen heute besser. Durch Holzschutzmittel wurden viele Menschen sehr krank, auch ein Verwandter von mir. Feuerschutz-Vorschriften retten Menschenleben. Schallschutz-Vorschriften helfen, Nerven zu schonen. Umwelt-Vorschriften sind demokratisch legitimiert.

              All das macht Bauen teuerer und langwieriger, keine Frage.
              Soll das alles wieder weg? Kaum. Durchforsten nach unnnötigen Vorschriften – ja. Hier kann die FDP dem Bau-Ministerium ja Vorschläge machen.

              • Stefan Pietsch 7. Dezember 2021, 13:46

                Tatsächlich? Dreimal besser als vor 20 Jahren? Wer würde das ernsthaft behaupten? Gab es 2001 keine Feuerschutzvorschriften? Keine Schallschutzvorschriften? Kaum zu glauben…

                Das Ergebnis solche Besserhuberei ist, dass in Deutschland sich kaum Menschen Wohneigentum leisten können. Sie sagen, macht nichts, dafür wohnen sie ja besser. Ja, aber auch ärmer, wie die internationalen Statistiken immer wieder zeigen. Das gefällt Ihnen dann auch nicht. Eigentlich gefällt Ihnen das Ergebnis Ihrer eigenen Politikvorschläge nicht.

                Eigentlich wäre es konsequent, die große Vermögensungleichheit zu verteidigen, denn, wir haben ja Gegenwerte dafür: Wohnen ist luxuriöser, und der Staat hat mehr Einnahmen. Stattdessen mosern Sie. Verstehe ich nicht.

                • CitizenK 8. Dezember 2021, 06:38

                  Ach, Herr Pietsch. Kenne ich novh aus eigener Erfahrung. Eine Zentralheizung mit Warmwasserversorgung ist „besser wohnen“ als Einzel-Ofen-Heizung mit Badewasser aus dem kohlebeheizten Kessel. Dichte Fenster („German Windows“) sind im Winter angenehmer als zugige, auch wenn es dann keine Eisblumen mehr gibt. Und eine Elektro-Verkabelung, bei der man den Toaster auch bei laufender Waschmaschine benutzen kann, ist „besser“.
                  Kostet halt auch mehr.

                  • Stefan Pietsch 8. Dezember 2021, 08:54

                    Was wollen Sie mir sagen? Dass es vor zwanzig Jahren keine Zentralheizungen gab? Oder das es seine Berechtigung hat, dass sich nur wenige Wohneigentum leisten können?

                    • CitizenK 8. Dezember 2021, 09:24

                      Mit dem „Komfort“-Standard vor 50 Jahren könnten sich sicherlich mehr Menschen „Wohneigentum leisten“. Wollen Sie das?

                      Und weil Sie immer fragen wo das Steuergeld der Leistungsträger geblieben ist: Bis 1961 gab es noch die „Fürsorge“ – ohne Rechtsanspruch. Kein BaföG. Keinen Mietzuschuss. Bei Krankheit wurde man nach 6 Monaten „ausgesteuert“ – kein Krankengeld mehr – betteln gehen bei der Armenfürsorge oder der Kirche. Nur ein paar Beispiele.

                      Auch heute noch gilt noch der Satz von J. K. Galbraith: Es gibt viel privaten Reichtum bei öffentlicher Armut. Kommunen kürzen die Gelder für Jugendhilfeeinrichtungen und schließen Schwimmbäder. Klar, wer den Pool im Garten oder im Keller (oder im Hotel) hat, braucht die nicht. Aber für die anderen lebt es sich damit besser – und ggf. länger: Viele Schulkinder haben keinen Schwimmunterricht mehr. https://deutsches-schulportal.de/kolumnen/schwimmunterricht-warum-viele-kinder-nicht-schwimmen-lernen/

                    • Stefan Pietsch 8. Dezember 2021, 10:29

                      Sie büxen wiederholt aus. Seit Tagen reden wird nur von dem Zeitraum von 20 Jahren. Seit Anfang des Jahrtausends sind die Bauvorschriften von gut 5.000 auf 22.000 angewachsen. Die Frage: sind unsere Wohnungen dadurch dreimal besser geworden? Und wie verträgt sich das mit dem Erfordernis, günstigen Wohnraum zu schaffen? Architekten sagen, es sei heute fast unmöglich, Wohnungen für 9€ den Quadratmeter oder günstiger zu bauen. Politisch sagen wir, das muss aber sein, schaffen aber Regeln, die den Mietmarkt in die andere Richtung zwingen. Und Sie nicken vor Begeisterung dazu.

                      Brauchen wir wirklich Gesetze und Vorschriften, um Wohlstand zu treiben? Das denken Etatisten, ich weiß, Sie und Stefan und noch viele andere. Das ist zwar gegen die immer erlebte Wirklichkeit, aber dann ist halt die Realität falsch.

                      Der Staat darf und soll mit der ökonomischen Entwicklung der Volkswirtschaft wachsen und sich entwickeln. Stabile Staatsquoten stehen dafür in der Theorie. So wie die Privaten mit Wachstum über mehr Mittel und Know-how verfügen, so fließt auch dem Staat mehr zu. Dagegen ist nicht das Geringste einzuwenden. Nur ist es im Vergleich zu 1980 anders. Der Staat nimmt sich 1.000 Euro mehr, wodurch dem Bürger dieser Betrag fehlt um wachsen zu können.

                      Dennoch kann der Staat in seiner Entwicklung nicht mit dem in der Volkswirtschaft mithalten. Er ist weit träger und das liegt an seinen Beamten und Staatsdienern, die eben weniger davon angetrieben sind, besser zu machen, sondern mehr zu bekommen. Beamte verlieren keine Bürger, wenn sie langsam sind und falsche Auskünfte geben. Unternehmen schon.

                      Dafür benötigt der Staat immer mehr Geld, um die Trägheit seines Apparats zu kompensieren. Das Mehr muss überdecken, dass es an Engagment fehlt. Sie werden das nie eingestehen, weil Sie Teil des Systems sind. Aber es ist die einzige Erklärung, warum der Staat diese 1.000 Euro zusätzlich benötigt und dennoch so dysfunktional daherkommt.

              • Stefan Sasse 7. Dezember 2021, 14:22

                Exakt.

              • Erwin Gabriel 9. Dezember 2021, 00:15

                @ CitizenK 7. Dezember 2021, 13:23

                Durch Holzschutzmittel wurden viele Menschen sehr krank, auch ein Verwandter von mir.

                Mag sein. Aber das hat nichts mit „Bauen“ zu tun, sondern mit Giften in irgendwelchen Lasuren, die man auf Holzdecken, Holzregale, Gartenzäune oder Garagentore auftrug oder eben nicht. Gab es auch früher ohne Gifte. War halt billiger mit.

                Feuerschutz-Vorschriften retten Menschenleben.

                Die wurden einerseits nicht erst nach 2000 eingeführt, und andererseits vom Gesetzgeber heftig durch andere Maßnahmen konterkariert (siehe weiter unten).

                Schallschutz-Vorschriften helfen, Nerven zu schonen.

                Anstatt dass sich Leute angemessen in ihrer Wohnumgebung bewegen, zwingt man andere, sich vor Lärm zu schützen. Wie auch beim Brandschutz gab es früher schon gute Regeln, die nur weiter verschärft wurden; man hat auch hier nicht bei Null begonnen.

                Umwelt-Vorschriften sind demokratisch legitimiert.

                Prozesstechnisch richtig, sagt aber nichts über die Sinnhaftigkeit solcher Entscheidungen.

                All das macht Bauen teurer und langwieriger, keine Frage.

                Keine Frage. Hierzu ein paar Beispiele:
                • Der Staat schreibt vor, dass bei einer Veränderung der Außenhaut eines Hauses von mehr als 10 % der Außenfläche gleich das komplette Haus wärmegedämmt werden muss. Das bedeutet für viele Häuser in der Praxis, dass schon der Austausch der vorhandenen alten Fenster gegen energiesparende, wärmegedämmte Fenster eine komplette Wärmedämmung für das ganze Haus (Minimum 30.000 Euro, eher das Doppelte) nach sich zieht.
                Wer sich das nicht leisten kann, lässt die alten Fenster drin und damit die Wärme weiter nach außen. Oder er riskiert eine saftige Strafe mit der Auflage, die kostenintensive Dämmung nachzuholen.
                Wer sich das halbwegs leisten kann, nimmt die billigste zugelassene Wärmedämmung – Styropor. Er klebt sich also einen Brandbeschleuniger auf die Wand, der mit extrem giftigen Brandhemmern getränkt ist. Diese Brandhemmer, die natürlich krebserzeugend sind und im Brandfall u.a. Dioxin in die Luft abgeben, landen zum Großteil nach ein paar Jahren im Grundwasser. Sollte mal irgendeine Reparatur erforderlich sein, kann man diesen hochgiftigen Sondermüll nicht normal entsorgen – ist Sondermüll, wie Asbest.
                • Ein Beamter der EU legte für Mauerwerk eine neue Grenze für Wärmeisolierung fest. Sein Nachfolger hielt dieses Thema für abgehakt, also setze er die Latte für den Schallschutz hoch.
                Problem: Um die Wärmeisolierung (beispielsweise von Ytong) zu erhöhen, muss mehr Luft in den Stein; um den Schallschutz zu erhöhen, muss mehr Material in den Stein. Um beides zu verändern, müsste man die Abmessungen verändern: Mehr Luft im Stein, der wird entsprechend dicker gemacht.
                Aber für die Abmessungen gibt es Normen und Standards (etwa 11,5 cm Dicke für nicht tragende Innenwände), die dann nicht mehr eingehalten werden können. Und verändert man das Material, wird eine neue Zulassung fällig, bis zu deren Erhalt der Stein nicht benutzt werden darf. Es sei denn, dass der Bauunternehmer das Risiko für die vorschriftsmäßige Herstellung des Steins die Haftung übernimmt – aber warum sollte er das tun?
                Derart gelagert sind (neben den von Stefan erwähnten zigtausend Vorschriften) die Umstände, die Bauen in den letzten Jahren extrem verteuert haben.

                Dass man nebenbei Hunderttausende Wohnungen braucht und bauen will, die alle diesen modernen Standards zu entsprechen haben, dann aber mit Sozialmieten nicht mehr finanzierbar sind, ist ein weiterer „Catch-22“. Zugegeben – die Erklärung, dass sich die Reichen bereichern wollen, ist etwas leichter zu akzeptieren und weniger komplex als die Realität.

                Wie in vielen anderen Bereichen auch (etwa bei der Energiewende, bei Corona oder den sozialen Leistungen) heißt „gut gemeint“ nicht „gut gemacht“. Aber hier wie dort scheint Dich der Unterschied nicht zu berühren.

                • Stefan Pietsch 9. Dezember 2021, 11:50

                  Prima Antwort. Was CitizenK anscheinend nicht verstehen will: mehr Vorschriften machen Bauen, damit Wohnen und Mieten teurer. Der Nutzen der Vorschriften wird dabei auch von ihm nur angenommen. Klar, warum sollte man sonst Vorschriften erlassen? Dass Regeln sich auch widersprechen können, anders bereits der Nutzen gegeben ist oder vielleicht auch nur in Frage steht – in der Welt nicht vorgesehen.

                  Auf die wirklich einfache Frage, ob CitizenK überzeugt ist, dass wir heute dreimal sicherer und besser wohnen als vor 20 Jahren kamen Allerweltsfloskeln. Wie auch hier: ohne Vorschriften stürzen Häuser ein. Is‘ klar.

                  Da die Komplexität nicht verstanden wird, wird am Ende halt auf gierige Investoren geschimpft, die nicht in der Lage oder Willens sind, Wohnungen für en Appel und en Ei anzubieten. Dann muss halt der Gesetzgeber mit neuen Vorschriften hin. Und Beamten, die die Einhaltung überwachen. Nur verschafft das alles nicht mehr Wohneigentum und damit Vermögen. Aber auch da macht man lieber böse Reiche verantwortlich. Einfache Antworten.

                  Im Ahrtal kommt man derweil auch nicht weiter. Die Leute sind wahrscheinlich zu gierig. Die meisten Leute, gerade in Berlin, leben in Wohnungen, die weit älter sind als 20 Jahre. Die müssen jetzt echt Angst haben, dass ihnen das Dach über dem Kopf zusammenfällt.

                  • Erwin Gabriel 10. Dezember 2021, 18:47

                    @ Stefan Pietsch 9. Dezember 2021, 11:50

                    Dass Regeln sich auch widersprechen können, anders bereits der Nutzen gegeben ist oder vielleicht auch nur in Frage steht – in der Welt nicht vorgesehen.

                    Theorie und Praxis …

                    Auf die wirklich einfache Frage, ob CitizenK überzeugt ist, dass wir heute dreimal sicherer und besser wohnen als vor 20 Jahren kamen Allerweltsfloskeln.

                    Kaum. Eine Spur mehr Brandschutz (falls nicht mit Styropor gedämmt wurde), etwas weniger Lärm (wobei die Baustoff-Fortschritte gelegentlich durch dünnere Wände kompensiert werden), sparsameres Heizen in jedem Fall.

                    Aber für die Investition, die meine Heizkosten um 20 oder 30 Euro pro Monat reduziert, muss die Miete um 100 oder 200 Euro erhöht werden.

                    Da die Komplexität nicht verstanden wird, wird am Ende halt auf gierige Investoren geschimpft, die nicht in der Lage oder Willens sind, Wohnungen für en Appel und en Ei anzubieten.

                    Was mich an dieser Art der Diskussion stört: Es gibt kein Schwarz-Weiß. Man hat immer alle Schattierungen dazwischen. Es gibt Unternehmen mit zehntausenden Wohnungen, die die Mieten hochtreiben und die Buden verlottern lassen, und es gibt Rentner. Die nicht nur die Wohnung an die alleinerziehende Mutter vermieten (ist halt finanzielles Risiko – wenn sie nicht mehr zahlen kann, kriegst Du sie trotzdem nicht gegen einen solventen Mieter ausgetauscht), sondern sich auch noch um das Kind kümmern, wenn die Mutter arbeiten ist.

                    Ich sehe oft (meine Frau macht das beruflich), dass Leute sich auf eine billige Wohnung mit Schwächen bewerben. Kaum sind sie drin, wird über die Schwächen gemault und die Miete gekürzt, als sei die Wohnung zu regulärer Miete vergeben worden. Die kommen vor Gericht in der Regel durch, egal, was vorher ver- oder abgesprochen wurde. Wird dann renoviert, und die Kosten anteilig auf den Mieter umgelegt, geht das Geschrei wieder los. Ich habe einen Hausbesitzer kennengelernt, der sein Haus mit ordentlichem Abschlag verkauft hat, nur um den prozessfreudigen Mieter herauszukriegen. Der verklagte inzwischen seinen neuen Vermieter, hat sich also nichts geändert.

                    Einfache Antworten.

                    CitizenK. hat ja teilweise Recht, aber teilweise eben auch krass Unrecht. Wenn ich ihm etwas negativ anrechne, dann nicht seine idealisierte Grundeinstellung, sondern dass er immer das gleiche Schwarzweiß-Schema hernimmt. Er sollte aus seinen eigenen Erfahrungsbereichen wissen, wie komplex die Welt sein kann.

          • Erwin Gabriel 6. Dezember 2021, 21:33

            @ CitizenK

            Wenn der Staat aus Personalmangel nicht in der Lage ist, EU-Fördermittel zu verarbeiten, warum dann höhere Steuern?

            Ist wieder aus der Schublade „wir machen unsere Probleme zu Euren“.

            • CitizenK 7. Dezember 2021, 13:28

              Um die erforderlichen Stellen zu besetzen? Wie nötig das ist, zeigt die Bahn – um u. a. über zwanzigtausend Brücken zu sanieren.

              Die Bahnlinien zwischen HD und MA muss dringend ausgebaut werden. Dort liegen zwar noch rostende Gleise als Überbleibsel der „Verschlankung“ durch das Management-Genie Mehdorn. Züge rollen darauf aber erst ab 2033 (kein Schreibfehler), weil Planungskapazitäten fehlen.

              Stuttgart 21 ist kein Gegenargument, das wurde durch Volksabstimmung beschlossen.

              • Erwin Gabriel 9. Dezember 2021, 00:19

                @ CitizenK 7. Dezember 2021, 13:28

                Um die erforderlichen Stellen zu besetzen?
                … weil Planungskapazitäten fehlen.

                Weißt Du auch, warum die Planungskapazitäten fehlen?

                • Stefan Sasse 9. Dezember 2021, 12:20

                  Weil man die abgebaut hat, um das Ganze schlanker und effizienter zu machen? 🙂

                  • Stefan Pietsch 9. Dezember 2021, 13:00

                    Woran erkennst Du den Abbau? Heute arbeiten knapp 200.000 Menschen mehr für den Staat als vor 20 Jahren.
                    https://www.der-oeffentliche-sektor.de/rund-ums-geld/zahlen-daten-fakten#:~:text=Personal%20im%20%C3%B6ffentlichen%20Dienst.%20Der%20%C3%B6ffentliche%20Sektor%20umfasst,und%20rund%201%2C702%20Mio.%20stehen%20in%20einem%20Beamtenverh%C3%A4ltnis.

                    Aus der Mathematik: Abbau hat ein Minus vor der Zahl, Aufbau ein Plus. 😉

                    • Stefan Sasse 9. Dezember 2021, 14:11

                      Heißt ja nicht, dass sie dort arbeiten. Ich kann ja eine Abteilung auf- und eine andere abbauen.

                    • Stefan Pietsch 9. Dezember 2021, 19:58

                      Ja, aber dafür kannst Du doch nicht den Steuerzahler verantwortlich und haftbar machen! Der Öffentliche Dienst hat 200.000 mehr Bedienstete. Die Behördenleiter müssen schon selbst wissen, wie sie das Personal einsetzen und welche Qualifikationen sie brauchen. Wenn statt eines Bauingenieurs ein Müllkehrer eingestellt wird, lässt sich darauf nicht begründen, dass man jetzt auch noch einen Bauingenieur braucht.

                      Du redest dauernd der Verschwendung das Wort, um das Nicht-Können des Öffentlichen Dienstes zu verteidigen. Nirgends, Stefan, gibt es Überfluss. Als Unternehmensleiter, Bereichsleiter verhandele ich ein Budget und bekomme ein Budget. Und mit diesem Budget muss ich die gestellten Aufgaben erfüllen und kann mich nicht verteidigen: Ihr müsst mir halt unendliche Mittel geben, damit ich meinen Job machen kann.

                    • Stefan Sasse 10. Dezember 2021, 07:50

                      Nehmen wir als Beispiel NRW. Dort wurden, explizit mit Sparmaßnahmen begründet, massiv solche Planungsstellen abgebaut. Man hat, in ideologischer Verblendung der Schuldenbremsideen, geglaubt, ohnehin nicht mehr viel zu machen (erledigt ja künftig alles der Privatsektor…). Das war ein teurer Irrtum. Da man für diese Stellen Expert*innen braucht, kann man die auch nicht einfach wieder aus dem Boden stampfen.

                    • Stefan Pietsch 10. Dezember 2021, 08:49

                      Nein, wir nehmen nicht einmal. Was hast Du denn für ein seltsames Vorgehen??

                      Der Staat hat den höchsten Stand an Beschäftigten (Wiedervereinigung und Bahn rausgenommen). Da ist nirgends Sparpolitik. Und Du bist der letzte, der aufbegehren würde, wenn in einer Behörde ein Waschbär eingestellt würde, der nicht gebraucht wird. Aber der Mann hat dann halt ein Dach über dem Kopf.

                      Die Politik entscheidet auch nicht, wer eingestellt wird. Sie genehmigt einen Personalschlüssel und ein Personalbudget, das ihr die Verwaltung vorlegt. Es sind offensichtlich die Behörden- und Abteilungsleiter, die unfähig sind, Personal nach Bedarfen auszuwählen.

                      Private Unternehmen unterscheiden sich da nicht. Auch der Eigentümer wählt nicht das Personal aus, er gibt nur die Rahmendaten in Abstimmung mit dem Management vor. Und das geht Top-down. Du kannst den Bürger als Wähler nur verantwortlich machen, wenn seine Steuerzahlungen so gering sind, dass wenig Personal beschäftigt werden kann. Du kannst die Politik nur für Kürzungen verantwortlich machen, wenn die Mittelgenehmigungen dieses erzwingen.

                      Du kannst Bürger und Politik aber nicht dafür verantwortlich machen, wenn die falschen Leute eingestellt und die falschen Qualifikationen vorhanden sind. Das ist die Verantwortung der Leitungen vor Ort.

                      Du beschuldigst die Politik, weil Du die Tatsachen nicht anerkennen willst: der Anteil an Pfeifen in den öffentlichen Verwaltungen ist exorbitant hoch. Der Staat ist aufgrund der Bequemlichkeit seiner Staatsdiener nicht in der Lage, sich in der gleichen Geschwindigkeit wie die private Wirtschaft zu entwickeln und benötigt deswegen immer mehr von dem, was dort erwirtschaftet wird.

                      Wir sollten mal anfangen, den Laden auf links zu kehren statt Staatsdienern eine lebenslange Beschäftigungsgarantie nebst üppiger Pension für Anwesenheit (oder Abwesenheit) zu zahlen.

                    • Erwin Gabriel 10. Dezember 2021, 19:11

                      @ Stefan Sasse 10. Dezember 2021, 07:50

                      Nehmen wir als Beispiel NRW. Dort wurden, explizit mit Sparmaßnahmen begründet, massiv solche Planungsstellen abgebaut.

                      Warum waren an diesen Stellen Einsparungen nötig?

                      Man hat, in ideologischer Verblendung der Schuldenbremsideen, geglaubt, ohnehin nicht mehr viel zu machen (erledigt ja künftig alles der Privatsektor…).

                      Sorry, Stefan, das ist Quatsch hoch drei.
                      Ich hatte das Schema, nachdem beispielsweise der Bund den bau von Bundesstraßen regelt, ausführlich erläutert. Das hat auch nichts mit der Schuldenbremse zu tun; wenn ich pro Jahr 5 Prozent inflationsbereinigte Steuermehreinnahmen habe, dann brauche ich keine Schulden.

                      Und die Theorie, dass der Staat für jeden Scheiß Schulden aufnehmen kann, funktioniert nicht unendlich. Geht die Inflation hoch (ich weiß, Du GLAUBST etwas anderes) und die Zinsen steigen (ich weiß, du GLAUBST etwas anderes), müssen die steigenden Zinslasten trotzdem beglichen werden. Ist Selbstbetrug, die aktuellen goldenen Staatsverschuldungsjahre auf ewig fortschreiben zu wollen.

                      PS (anderes Thema):
                      … kann man die auch nicht einfach wieder aus dem Boden stampfen.

                      Viel zu wenig Jugendliche zieht es ins Handwerk oder in MINT-Studiengänge. Es gibt bequemere Lebenswege, die viel mit Life und Balance, dafür nicht immer mit Work zu tun haben. Wir sind ein verwöhntes NIMBY-Volk geworden.

                  • Erwin Gabriel 10. Dezember 2021, 18:58

                    @ Stefan Sasse 9. Dezember 2021, 12:20

                    Weil man die abgebaut hat, um das Ganze schlanker und effizienter zu machen?

                    Nein. Man hat keine Stellen abgebaut, bzw. man hat auf neubesetzungen verzichtet, weil die öffentliche Hand ihre Investitionen in die Infrastruktur (auch in die Ausstattung von Militär, Polizei, Schulen etc.) drastisch reduziert hat.

                    Und warum hat man das gemacht? Um mehr Geld für soziale Programme ausgeben zu können (das leidige Thema mit den Wahlversprechen).

                    Es war eine Entscheidung der Politik, zu Gunsten der sozialen Ausgaben auf Investitionen in die Infrastruktur zu verzichten. Und nachdem der Staat bis über die sinnvolle Belastungsgrenze hinaus in den Verbrauch gegangen ist, müssen nun alle werterhaltenden oder wertaufbauenden Maßnahmen mit Krediten finanziert werden.

                    Das läuft selbst dann schlecht, wenn die Steuereinnahmen hoch und die Zinsen niedrig sind. Wenn sich beides ändert, wird es krachen.

                    • Stefan Sasse 10. Dezember 2021, 19:12

                      Wenn nachher weniger Stellen da sind als vorher ist das ein Stellenabbau. Dass man niemandem gekündigt hat ist für die Betroffenen sicher schön, ändert aber ja nichts am Ergebnis.

        • Stefan Sasse 6. Dezember 2021, 19:19

          Und die kapitalgedeckte Rente verwaltet sich selbst oder wie? 😀

          • Stefan Pietsch 7. Dezember 2021, 02:00

            Ja, geht. Einfach einen ETF Deiner Wahl gekauft. Musst Du unbedingt machen. Kostet praktisch nix an Verwaltung und Du wirst nie wieder Grund haben über niedrige Zinsen zu klagen. Im Gegenteil: Du wirst sie lieben!

            Ein ETF streut, manchmal weltweit sein Anlagekapital. Dass überall Unternehmen, Immobilien, Rohstoffe an Wert verlieren, ist praktisch ausgeschlossen, was soll das denn sein? Und das gibt’s für Kosten von Null. Der Staat braucht dafür ein Beamtenheer und am Ende steht auch die Null. Also für den Bürger. Die Beamten bekommen ja ihr Gehalt.

            • Stefan Sasse 7. Dezember 2021, 07:29

              Ich investiere auch in eine private Altersvorsorge. Ich glaube, du hast ziemlich überzogene Vorstellungen von den Pensionsansprüchen, die Beamte mal erwarten können.

              • schejtan 7. Dezember 2021, 12:25

                Also wenn ich sehe was mein Vater als Pension bekommt…

                • Stefan Sasse 7. Dezember 2021, 14:14

                  Dein Vater ist aber auch älter. Das ist eine Generationenfrage. Meine Generation ist massiv benachteiligt gegenüber den vorherigen.

                  • Erwin Gabriel 8. Dezember 2021, 23:06

                    @ Stefan Sasse 7. Dezember 2021, 14:14

                    Das ist eine Generationenfrage. Meine Generation ist massiv benachteiligt gegenüber den vorherigen.

                    Sind meine Kinder auch gegenüber mir, oder ich gegenüber meinem Vater. Was bleibt: Der Unterschied zwischen dem, was ich nach über 40 Beitragsjahren (davon 32 Jahre an der Obergerenze) herausbekomme, verglichen mit einem Beamten mit gleicher Dienstzeit und gleichem Netto-Verdienst (=nach Abzügen für die jeweils fälligen Sozialversicherungen).

                    • Stefan Sasse 9. Dezember 2021, 12:19

                      Klar. Auch heutige Beamt*innen sind besser gestellt als heutige Angestellte, nur: Angestellte einer Generation vorher sind teilweise besser gestellt als heutige Beamt*innen, und frühere Beamt*innen sind DEUTLICH bessergestellt als heutige.

                    • Erwin Gabriel 10. Dezember 2021, 19:24

                      @ Stefan Sasse 9. Dezember 2021, 12:19

                      Angestellte einer Generation vorher sind teilweise besser gestellt als heutige Beamt*innen, und frühere Beamt*innen sind DEUTLICH bessergestellt als heutige.

                      Wie gesagt, von etwa 60% auf etwa 45% istz auch ein deutlicher Abstieg in der freien Wirtschaft.

                      Übrigens: Hätte ich die Rentenbeiträge, die meine Frau und ich in meinem Leben habe Zahlen müssen, für mich privat anlegen können, lägen wir bei deutlich über 6.000 Euro im Monat; nun läuft es bei uns wohl von Staats wegen auf 2.500 heraus. Das nennt man dann sozial.

                    • Stefan Sasse 11. Dezember 2021, 08:46

                      6000 Euro für wie viele Monate? Und ja, das ist nicht geil. Aber ich sehe nicht, wie wir das grundsätzlich anders lösen können wenn wir überlebensfähige Renten für diejenigen haben wollen, die wenig oder keine Beiträge zahlen.

              • Stefan Pietsch 7. Dezember 2021, 12:35

                Gut, Du implizit bestätigt hast, was zu bestätigen war. Der Bürger kann im Zweifel das Geld effizienter und damit besser verwalten und für die 1.000 Euro, die wir gegenüber den Achtzigerjahren über den Durst bezahlen, bekommt der Bürger im Zweifel keinen adäquaten Gegenwert.

            • CitizenK 7. Dezember 2021, 13:32

              Christian Lindner hat im Wahlkampf auf die Bedenken eines Wählers zum Staatsfonds erklärt: Der wird von qualifizierten Beamten gemanagt.

              Richtig gelesen: Etwas, was es lt. Stefan Pietsch gar nicht gibt und nicht geben kann.

              • Stefan Pietsch 7. Dezember 2021, 13:41

                Sie werfen zwei Dinge durcheinander:

                1) Stefan meinte auf meine Beweisführung, dass wir heute 1.000 Euro mehr an den Staat abliefern als nach den Bedingungen von 1980, dafür bekämen wir ja auch etwas. Nach einigem Pingpong scheinen wir uns nun einig, dass das nicht so ist. Zumindest diese 1.000 Euro könnte jeder selbst gut verwalten – und sei es, in dem es durch den Schornstein gequalmt wird, denn effektiver ist der Staat ja auch nicht.

                2) Die Idee des Aktienfonds begrüßen Liberale, natürlich. Es ist eine kapitalgedeckte Komponente der Altersvorsorge. Nur in dem Zusammenhang von „qualifizierte Beamte“ und „managen“ zu sprechen, ist ein Widerspruch in sich. In Schweden machen das auch keine Beamten und das aus gutem Grund. Staatsdiener sind für solche Aufgaben denkbar ungeeignet.

                • Stefan Sasse 7. Dezember 2021, 14:24

                  1) Ich sehe nicht dass wir uns da einig sind, nein.

                  2) Dein pathologischer Hass auf Beamte und ÖVPN….

                  • Stefan Pietsch 7. Dezember 2021, 15:53

                    1) Dann sehe ich nicht, wie Du zu einer logisch-stringenten Position kommen kannst.

                    Es begann mit Deiner Erwiderung, dass die Bürger ja auch etwas für ihre 1.000 Euro bekämen, die sie gegenüber 1980 zusätzlich zahlten. Es sei es ein paar Beamte mehr…

                    Ich nannte als Beispiel, dass die Bürger dafür besser ihr Geld anlegen könnten, beispielsweise in einen ETF. Deine Erwiderung: das wäre ja auch nicht kostenlos. Wenn Du Erfahrung mit ETFs hast, weißt Du: doch, das ist weitgehend kostenlos, zumindest sind die Nebenkosten bezogen auf 1.000 Euro nicht spürbar.

                    Beim Staat ist das anders. Es muss nicht nur Vorschriften für die Geldanlage erlassen – was, wann, in welcher Höhe, wer zustimmungs-, wer entscheidungsberechtigt, Sozialausgleich, Neuformulierung der Texte in gendergerechter Sprache – sondern dies dann administrieren und die Ausschüttung überwachen. Dabei muss es dann sozial gerecht zugehen, eventueller Verluste auf die Vermögenden verteilt, Gewinne überproportional den Ärmeren zugewiesen werden. Der Schlüssel muss verhandelt und kommuniziert werden. Dazu bedarf es erfahrungsgemäß viel Personal.

                    Das sind Kosten, die bei Klein-Erna und StefanP nicht anfallen. Umso mehr ist verfügbar. Wie dieses Wissen nun in Deine Aussage passt, der Bürger bekäme ja eine Gegenleistung, ist in der Pauschalität so sinnvoll wie: Impfungen sind nützlich. Bewirken sie nichts, hat man immerhin Erfahrung gewonnen.

                    2) Die letzten Jahre haben übergroß vor Augen geführt, wie wenig leistungs- und handlungsfähig der Staat ist, der so viel von unserer Leistung einkassiert. Und dass das überhaupt nichts mit den Beamten und den Staatsdienern zu tun haben soll, glauben außer Staatsliebhabern kein Mensch.

                    • Stefan Sasse 7. Dezember 2021, 20:09

                      Die Verwaltungskosten der GRV sind nicht höher als die eines EFT. Du vergleichst Äpfel mit Birnen.

                      Überhaupt nichts? Sicher nicht. Aber die Finanzkrise war ein viel größeres Versagen, ohne dass je akzeptabel gewesen wäre, alle Finanzdienstleister pauschal als inkompetente Faulbacken abzutun.

                    • Stefan Pietsch 7. Dezember 2021, 21:10

                      Lach

                      Der wesentliche Teil der Kosten fällt in Unternehmen an, sie erledigen die Arbeit der Sozialkassen. Dazu beruht die Erhebung allein auf Zwang. Vertrieb, Werbung sind nicht notwendig. Wenn Du meine ganze Verwaltungsarbeit machst, kann ich damit protzen, keinen Aufwand zu haben. Und Du würdest es nur als zynisch empfinden.

                      Die Konsequenzen der globalen Finanzkrise war, dass das organisierte Bankenwesen auf links gedreht wurde. In einigen Staaten wie den USA wurden nicht leistungsfähige Beteiligte kalt abgewickelt.

                      Vielleicht sollten wir unsere Schlechtleister in der Verwaltung auch so abwickeln. Was meinst Du?

                    • Stefan Sasse 8. Dezember 2021, 10:16

                      Kriegen die dann auch siebenstellige Abfindungen?

                    • CitizenK 8. Dezember 2021, 06:29

                      Christian Lindner? Aber in der Tat: Er hat „kontrollieren“ gesagt, nicht „managen“. Sorry.

                    • Stefan Pietsch 8. Dezember 2021, 10:34

                      Abfindungen sind Auszahlungen der Restvertragslaufzeit. Hören wir einfach auf, ständig neue Behörden zu schaffen und Beamte einzustellen, dann ist schon viel gewonnen.

                  • Erwin Gabriel 8. Dezember 2021, 23:10

                    @ Stefan Sasse 7. Dezember 2021, 14:24

                    Dein pathologischer Hass auf Beamte und ÖVPN….

                    Hör endlich mit diesem Mist auf. Eine grundlegende Kritik oder gar Ablehnung (selbst wenn sie nur pauschal begründet wird) hat nichts mit „Hass“ zu tun, erst rech nichts mit „pathologisch“.

              • Stefan Pietsch 7. Dezember 2021, 13:51

                Da Sie dazu neigen, Legenden zu verbreiten, hier der Auszug aus dem FDP-Wahlprogramm:

                Neu ist, dass neben dem größeren Betrag, der weiter in die umlagefinanzierte Rentenversicherung fließt, ein kleinerer Betrag von zum Beispiel zwei Prozent des Bruttoeinkommens in eine langfristige, chancenorientierte und kapitalgedeckte Altersvorsorge angelegt wird, die als Fonds unabhängig verwaltet wird, eben die gesetzliche Aktienrente. Schweden macht uns seit Jahren vor, wie Aktien-Sparen so erfolgreich und risikoarm organisiert werden kann. Durch unser Modell erwerben zukünftig alle Beitragszahlerinnen sowie Beitragszahler – insbesondere auch Geringverdiener – echtes Eigentum für ihre Altersvorsorge und erhalten höhere Altersrenten.

                Wie soll ein unabhängiger Fonds von Beamten verwaltet werden? Beamte sind Staatsdiener, sie sind weisungsgebunden und eben nicht unabhängig. Und dann folgt ja auch der Verweis auf Schweden. Also das Gegenteil von dem, was Sie geschrieben haben.

      • Erwin Gabriel 8. Dezember 2021, 22:55

        @ Stefan Sasse 6. Dezember 2021, 15:28

        Deine polarisierende Sprache von „Abnehmen“ und „Wegnehmen“ insinuiert immer, man hätte nichts davon.

        Das ist ja oft genug auch so. Aber wie bei den Kirchen ist das, was eingenommen wird, immer spürbar mehr als das, was dann der Staaat an Wohltaten und Nutzen für die Allgemeinheit schafft. Die Effizienz ist grauenvoll.

        Wird immer wieder verdrängt, obwohl wir das schon an vielen Stellen hier diskutiert haben.

        • Stefan Sasse 9. Dezember 2021, 12:18

          Ich stimme dir da durchaus zu. Mich stört auch nicht der Ruf nach mehr Effizienz, mich stört die pauschale Verdammung.

          • Erwin Gabriel 10. Dezember 2021, 19:28

            @ Stefan Sasse 9. Dezember 2021, 12:18

            Ich stimme dir da durchaus zu. Mich stört auch nicht der Ruf nach mehr Effizienz, mich stört die pauschale Verdammung.

            Ich stimme Dir da durchaus zu. Mich stört auch nicht die Kritik an der pauschalen „Verdammung“, sondern die Ignoranz und Akzeptanz der Verschwenung, verbunden mit der Arroganz und dem Anspruchsdenken, das Geld zur Umsetzung der eigenen Vorstellungen von denen einzuziehen, bei denen man es vermutet.

            • Stefan Sasse 11. Dezember 2021, 08:47

              Verstehe ich komplett. Ich meine, die ersten Artikel auf diesem Blog anno 2013 beschäftigten sich mit der Forderung nach effizienterem staatlichen Handeln; bei mir trägst du damit Eulen nach Athen.

  • schejtan 6. Dezember 2021, 10:47

    zu 7)

    Und ich frage mich oft genug, ob überhaupt jemand eine hat und nicht alle nur die ihnen genehmen Zahlen rauspicken und dann damit auf den Gegner eindreschen. Mein Verdacht wäre das ja. Und dagegen immun bin ich natürlich auch nicht, bevor jemand glaubt, ich behauptete das .

    Eine gute Zusammenfassung so gut wie aller Diskussionen ueber Wirtschafts- und Sozialpolitik. Und Corona.

    • Marc 6. Dezember 2021, 13:13

      Und Corona.

      Ernsthaft? Darf ich um Details bitten? Wo gibt es derzeit noch Zweifel an der Darstellung der seriösen Pandemie-Modellen wie z.B. des RKI?

      • schejtan 6. Dezember 2021, 14:58

        Es gibt doch im Wesentlichen zwei Arten von Diskussionen ueber Corona:

        1) Grundsatzdiskussionen darueber, ob Freiheit oder Gesundheitsschutz Prioritaet haben sollte.

        2) Diskussionen, in denen sich die Teilnehmer gegenseitig mit Beispielen, Studien, und Anekdoten bombardieren, die den eigenen Standpunkt unterstuetzen. Ist eigentlich auch nur ne Variante von 1), soll aber den Eindruck von Objektivitaet erwecken.

        • Marc 6. Dezember 2021, 15:24

          Zu 1) Es geht nicht um Freiheit. Wenn man eine Pandemie-Welle nicht bremst, geht es rein um die Durchseuchung. So wie es derzeit mit der 4. Welle bei uns geschieht.

          Zu 2) Es geht um Fakten. Die Wirkungsweise einer Pandemie ist bereits seit dem Mittelalter verstanden. Wenn man Zahlen nicht mag, empfehle ich die filmisch gelungene Umsetzung der Pesteplidemie im Medicus. Diese Fakten haben sich während der Corona-Pandemie bestätigt – klar, Pandemie bleibt Pandemie. Es gab Unklarheiten bei einigen Parametern, wie der Saisonalität, aber diese Fragen sind inzwischen geklärt. Die Pandemie-Wellen können wochenlang vorher in einer ausreichenden Genauigkeit prognostiziert werden.
          Die Omicron-Variante bringt veränderte Parameter mit sich. Ihre Gefährlichkeit und Abhängigkeit von der Saisonalität sind unbekannt. Die Aussagekraft der Modelle wird in Zukunft sinken.
          Es ist daher ein Fakt, dass eine Durchseuchungsstrategie nur mit einer hohen Anzahl an Toten erkauft werden kann. Dieser Fakt ist seit dem Mittelalter bekannt.
          Der aktuelle „Fakten“-Streit dreht sich darum, ob eine Durchseuchung ohne zusätzliche Toten erkauft werden kann. Dazu werden allerhand unseriöse und abstruse Thesen aufgestellt, die eines gemeinsam haben: Sie sind falsch.

          • schejtan 6. Dezember 2021, 16:01

            Es geht mir hier gar nicht um konkrete Inhalte, sondern wie die Diskussionen gefuehrt werden. Und da hast du im Wesentlichen grob auf der einen Seite die freiheitsliebenden, grundgesetztreuen, ueber Leichen gehenden Egoisten. Und auf der anderen Seite die fuersorglichen, ruecksichtsnehmenden, demokratiefeindlichen Zauderer.

            Und „sachliche“ Diskussionen gehen im Wesentlichen nicht ueber „Hier ist eine Quelle, die meinen Standpunkt bestaetigt“ „Ne, die wurde durch diese Studie/diesen Typen auf Twitter/meine eigenen Untersuchungen widerlegt. Ausserdem ist auf Seite 3 ein Tippfehler und die schaetzen ja nur und ich habe keine Ahnung was schaetzen im wissenschaftlichen Sinne bedeutet“ hinaus.

            • Marc 6. Dezember 2021, 16:20

              Das hier ist keine abgedrehte Meta-Diskussion, sondern eine reale Pandemie mit täglich vermeidbaren Todesopfern.

              • Thorsten Haupts 6. Dezember 2021, 19:19

                Sie könnten vielleicht mal mit den Gruppen reden, die eine reale Todesgefahr haben – über 60 und bereits schwer krank? Da könnte es passieren, dass Sie überraschendes hören – nämlich dass viele dieser Menschen das Risiko tragen wollen, anstelle von Weggesperrtsein.

                Vermeidabr ist schön und gut, die Frage ist eher – vermeidbar zu welchem Preis? Grippe- und Verkehrstote sind vermeidbar, Kälte- und Hitzetote, dehydrierte Tote und Tote durch Schlaganfall. Wir schützen die Lebenden trotzdem nicht vor diesen „vermeidbaren“ Toden, weshalb das immer ein relativ schwaches Argument bleibt.

                Vermeidung der Überlastung von Intensivstationen fand und finde ich überzeugender.

                Gruss,
                Thorsten Haupts

                • Marc 6. Dezember 2021, 22:32

                  Fakt 1: Die 4. Welle begann offiziell am 26. Juli

                  Siehe hier: https://twitter.com/TiloJung/status/1462495412422643718

                  Fakt 2: Niederschwellige Maßnahmen, wie Kontaktverfolgung, Testen, 2G oder 3G mit oder ohne Plus funktionieren am besten in einem niedrigen Inzidenzfenster.

                  Beispiel: https://www.rbb24.de/panorama/thema/2020/coronavirus/beitraege_neu/2020/10/massnahmen-eindaemmung-studien.html

                  Ich war immer für früh einsetzende niederschwellige und regional begrenzte Maßnahmen, um eine Welle nicht entstehen zu lassen. Bei niedriger Inzidenz kann das Virus kontrolliert werden. Ein Lockdown ist dann nur regional bei einem Hotspot notwendig.

                  • Erwin Gabriel 8. Dezember 2021, 23:19

                    @ Marc

                    Du verstehst unter Deinen Scheuklappen überhaupt nicht mehr, was man versucht, Dir zu sagen.

                    „Impfen“ weiß – „nicht impfen“ schwarz ist falsch; der Bereich reicht von Hellgrau bis Dunkelgrau. In bestimmten Fällen können Impfungen schädlich sein, in anderen nicht hilfreich. An Corona zu erkranken endet für viele tödlich, andere kriegen nicht einmal mit, dass sie etwas hatten.

                    Kaum eine grundlegende Weisheit, die vor einem Jahr (auch teilweise von Dir) verkündet wurde, ließ/lässt sich in der ursprünglich genannten Form aufrecht erhalten. Ob Masken (erst „nützen nichts“, dann Pflicht), Lockdowns, Impfstoffe etc, alles unterliegt einem ständigen Wandel, nachträglichen Korrekturen etc.

                    Also geh mal ein bisschen vom Gas, wenn der eine oder andere hier sich noch die Mühe macht, trotz Deiner penetranten Rechthaberei mit Dir in einer sachlichen Diskussion zu bleiben.

                    • Marc 9. Dezember 2021, 09:31

                      Es geht nicht ums Impfen, sondern um einen Lockdown. Siehe Aussage von Thorsten Haupts hier:

                      dass Sie überraschendes hören – nämlich dass viele dieser Menschen das Risiko tragen wollen, anstelle von Weggesperrtsein.

                      Ich habe zum wiederholten Male gesagt, dass ich eine Niedriginzidenzstrategie ohne Lockdowns befürworte.

                      Es geht um falsche Unterstellungen, die mir ständig untergeschoben werden und dagegen wehre ich mich.

                    • Marc Schanz 9. Dezember 2021, 09:40

                      P.S: Ich bin für eine verpflichtende Impfberatung, nicht für eine Impfpflicht.

                      Ich habe sowieso den Eindruck, dass sie mich des öfteren mit jemand anderen verwechseln.

                    • Erwin Gabriel 9. Dezember 2021, 10:18

                      @ Marc Schanz 9. Dezember 2021, 09:40

                      Ich habe sowieso den Eindruck, dass sie mich des öfteren mit jemand anderen verwechseln.

                      Sind „Marc“ und „Marc Schanz“ unterschiedliche Personen? Sorry dann, das ist mir entgangen.

                    • Stefan Pietsch 9. Dezember 2021, 12:05

                      Nein, sind sie nicht.

                    • Marc Schanz 9. Dezember 2021, 13:16

                      @Erwin Gabriel

                      Ich meinte das in dem Sinne, dass sie mir Sachen zuschreiben, die ich nicht gesagt habe.

              • Stefan Sasse 6. Dezember 2021, 19:21

                Versteh mich nicht falsch, ich bin emphatisch inhaltlich auf deiner Seite. Nur ist es ein Irrtum zu glauben, das sei irgendwie objektiv einnordbar.

                • Marc 6. Dezember 2021, 22:34

                  Natürlich ist die Effektivität der Pandemiebekämpfung objektiv messbar. Wir lagen bisher im Mittelfeld und landen sehr wahrscheinlich auf einem 3. Weltniveau.

                  • Stefan Sasse 7. Dezember 2021, 07:27

                    Wir liegen auch weiterhin im Mittelfeld. Nur ist „Mittelfeld“ nicht wirklich ein komfortabler Platz oder einer, den ich als Aspiration okay finde.

            • Stefan Sasse 6. Dezember 2021, 19:18

              Genau das.

            • Erwin Gabriel 8. Dezember 2021, 23:21

              @ schejtan 6. Dezember 2021, 16:01

              Es geht mir hier gar nicht um konkrete Inhalte, sondern wie die Diskussionen gefuehrt werden. Und da hast du im Wesentlichen grob auf der einen Seite die freiheitsliebenden, grundgesetztreuen, ueber Leichen gehenden Egoisten. Und auf der anderen Seite die fuersorglichen, ruecksichtsnehmenden, demokratiefeindlichen Zauderer …

              Danke! Volle ZUstimmung!

        • Stefan Sasse 6. Dezember 2021, 15:32

          Korrekt. Keine Überraschung übrigens. JEDE Debatte ist im Kern eine Wertedebatte.

          • Marc 6. Dezember 2021, 15:58

            Nein, bei Corona geht es um effektive oder uneffektive Pandemie-Bekämpfung ablesbar an der Todeszahl genauer der Fallsterblichkeitsrate.

            • Stefan Sasse 6. Dezember 2021, 19:17

              Selbstverständlich geht es um Werte. Wie so oft bewegen wir uns auf der Linie Freiheit <--> Sicherheit.

              • Marc 6. Dezember 2021, 19:35

                Bei einer akuten Notlage wird die Freiheit immer eingeschränkt – das ist doch eine sinnfreie Diskussion. Und eine Pandemie ist eine Notlage! Wenn ein Terrorist herum läuft, sagt doch auch niemand: Lasst ihm doch seine Freiheit, das bisschen Blei das er durch die Luft ballert schadet doch nicht – außer wenn jemand so dumm ist und eigenverantwortlich in die Schussbahn läuft.

                • Stefan Sasse 6. Dezember 2021, 21:16

                  Ich erinnere mich noch gut daran, seinerzeit vehement gegen Schäubles Überwachungsfantasien protestiert zu haben. It’s not that clear-cut, sorry.

          • schejtan 6. Dezember 2021, 16:03

            Jupp. Seitdem ich das verinnerlicht habe, Jonathan Haidt sei Dank, gehe ich politische Diskussionen auch deutlich gelassener an als frueher. Also als ich auch der Ueberzeugung war die absolute Wahrheit gefunden zu haben.

  • Marc 6. Dezember 2021, 10:51

    10) Ich will hier gar nicht so sehr darauf raus, wer hier nun Recht haben könnte (ihr könnt raten, wessen Interpretation ich mehr zuneige), sondern vielmehr einmal mehr darauf hinweisen, dass eine Studie oder irgendwelche Zahlen und Fakten einfach keine Totschlagargumente sind, egal, wie sehr Leute sich das immer einreden wollen. Man kann sich das Zeug endlos an den Kopf schmeißen und dreht sich doch nur im Kreis, weil die „Fakten“ eh nur als Munition benutzt werden. So auch hier.

    Das kann ich wirklich nicht erkennen. Beide stimmen in den Fakten überein. Ohne Fakten könnte man sagen: Alles ist gut, die Mittelschicht nimmt doch zu. Das wäre aber Fake News, keine der Studien behaupted das. Ohne Fakten wäre diese Meinung aber möglich.

    Ob die Mittelschicht im Grunde instabil ist oder doch stabil und die Zuwanderung die Veränderung erklärt, kann man ebenfalls durch Zahlen und Fakten belegen. Aber hier sind die Zusammenhänge nicht so eindeutig und lassen daher einen großen Interpretationsspieraum zu. In der Realität wird die Zuwanderung nur einen Teil erklären können, einfach deshalb, weil es noch zahlreiche weitere Faktoren gibt. Ob er der domante ist, sollten gezielte Analysen zeigen. Es gibt aber valide Argumente gegen die Zuwanderungsthese. Die Zuwanderungswellen sollten sich in der Statistk zeigen, wenn sie ursächlich sein sollen. Ich bezweifle, dass es diesen Effekt gibt.

    Der Vorteil von Fakten: Die Diskussion geht nicht um eine Meinung, sondern um die Realität.

    9) Ich hab hier im Blog aber von Leuten wie Stefan Pietsch, R.A. und anderen aber auch schon oft genug die ebenso durch Zahlen zu belegende Gegenthese gehört, dass der Staat Rekordsteuereinnahmen habe (auch inflationsbereinigt) und die Steuerquote daher mitnichten gesunken sei.

    Das ist doch kein Widerspruch. Die Belastung pro Kopf sinkt, aber durch das Wirtschaftswachstum erzielt der Staat jedes Jahr „Rekordeinnahmen“. Ist doch nur ein Taschenspielertrick.

    • Erwin Gabriel 6. Dezember 2021, 13:33

      @ Marc 6. Dezember 2021, 10:51

      Die Belastung pro Kopf sinkt, aber durch das Wirtschaftswachstum erzielt der Staat jedes Jahr „Rekordeinnahmen“. Ist doch nur ein Taschenspielertrick.

      … sagen die Fakten …
      Ja, nee, is‘ klar

    • Stefan Sasse 6. Dezember 2021, 15:29

      10) Das Framing ist halt entgegengesetzt-

      • Marc 6. Dezember 2021, 16:00

        Framing interessiert mich nicht, ich schaue auf die Zahlen.

        • Stefan Sasse 6. Dezember 2021, 19:17

          Aus denen bekanntlich alle unterschiedliche Sachen rauslesen.

        • Thorsten Haupts 6. Dezember 2021, 19:21

          Wenn Sie ein Mensch sind, ist das ausgeschlossen.

          • Erwin Gabriel 8. Dezember 2021, 23:24

            @ Thorsten Haupts 6. Dezember 2021, 19:21

            Wenn Sie ein Mensch sind, ist das ausgeschlossen.

            Yepp…
            (Wenn … 🙂 )

  • Juri Nello 6. Dezember 2021, 13:18

    Ad 1) Natürlich wird da bestenfalls nix passieren. Wie immer wird man sich falscher Subventionen bedienen, um ein paar Projekte von „Freunden“ anzukurbeln. Da nutzen auch Überläufer in Altparteien, wie Horst Schlemmer, als Markenwerbung nix. Lauert da diesbezüglich nicht sogar was in der SPD?
    Ein weiteres finanzielles Fiasko (natürlich nur für den Steuerzahler) wird da fluffig vollbracht werden. Die „Richtigen“ sind in diesem Bereich bereits versorgt. Allerdings könnte man eine 6G Exzellenzinitiative natürlich prima als Erfolg vermarkten, ganz unabhängig davon, was denn überhaupt passiert ist.

    Ad 11) Transatlantische Kriegstreiber als neue, schwungvolle Ideengeber und „Macher“. Juhu!

    „Deshalb brauchen wir dringend eine Reform der öffentlichen Verwaltung und Regierung, die sich an der Art und Struktur der Probleme von heute ausrichtet.“

    Politik ist, war und bleibt da immer reaktionär. Zuerst kommt das Problem und dann die Reaktion.

    „Es muss einen dauerhaften Krisenpräventionsstab geben, der tut, was derzeit niemand wirklich macht: Strategische Vorausschau betreiben. Also permanent beobachten, wie sich die Welt entwickelt und wo Gefahren entstehen.“

    Am Besten mit General Rommel im Eurofighter, der auch präventiv schon mal alles kaputtbomben kann.

    Das lässt tief blicken.

  • Lemmy Caution 6. Dezember 2021, 13:21

    zu 5) Merkels unprätentiöse, selbstironische, sachliche und wenig eitle Art war schon ziemlich ok.

    zu 7) Steuerbelastung ist halt individuell sehr unterschiedlich.
    Eine signifikante Steuererhöhung wird für viele aus der Besteuerung von Renteneinkommen resultieren. Diesen Punkt blendet die ifo Studie aus.
    Ansonsten haben Steuern eben eine stark umverteilende Wirkung. Unser Sozialstaat ist ein schützenswertes zivilisatorisches Gut, für den sich der Einsatz lohnt.
    Wenn alle erwerbsfähigen Bürger so viel Steuern zahlen würden wie ich, könnten wir die Sätze auch senken. Sonst eben nicht. So einfach ist das.

  • Erwin Gabriel 6. Dezember 2021, 13:25

    1) Endlich konservative Digitalpolitik

    Deswegen bin ich auch so froh, dass die CDU aus der Regierung ist …

    Ja, ich auch. Nur einer von wirklich vielen Gründen, aber ein wichtiger.

    Dank der Neuerfindung der FDP als Digitalpartei (ein mehr als cleverer Zug Lindners) …

    Hätte Stefan P. die „Neuerfindung einer Protestgruppierung als Öko-Partei“ als „cleveren Zug“ beschrieben, hättest Du Dich über „Bashing“ beschwert. Bildung, Digitalisierung und Freiheit sind doch im Kern der Partei verankerte Anliegen der FDP, keine cleveren Züge.

    2) Ein bestürzender Aufstieg

    Bestürzend? Nein. Überraschend? Ja.

    Ich denke an dieser Charakterisierung ist viel dran.

    Was soll ich darauf kommentieren? Ein Bericht, typisch für eine Medienschaffende, die ihre feministische Programmatik vor alles andere stellt? Schröder war ein Macho, Lafontaine auch – deren Vorgänger Hans-Jochen Vogel keinesfalls. Und Angela Merkel ist sicherlich kein Bollerkopp, aber (lassen wir die machtbewussten und durchsetzungsstarken Magret Thatcher und Hillary Clinton mal außen vor) Andrea Nahles durchaus, und Ursula von der Leyen war auch eine bissige, aggressive Machtpolitikerin, die sich aber vor der Kamera stets als liebendes Muttertier tarnte.

    3) STIKO-Chef Mertens räumt Fehler ein

    Zustimmung. Selbst wenn ich weiß Gott kein Impf-Gegner bin – das Chaos „da oben“ weckt in mir viel Verständnis für diejenigen, die das anders sehen als ich, die einfach nicht mehr glauben können, was man ihnen erzählt.

    7) Belastung mit Steuern und Sozialabgaben seit 1986 gesunken

    Ich hab hier im Blog aber von Leuten wie Stefan Pietsch, R.A. und anderen aber auch schon oft genug die ebenso durch Zahlen zu belegende Gegenthese gehört, dass der Staat Rekordsteuereinnahmen habe (auch inflationsbereinigt) und die Steuerquote daher mitnichten gesunken sei. Was stimmt davon?

    Und ich frage mich oft genug, ob überhaupt jemand eine hat und nicht alle nur die ihnen genehmen Zahlen rauspicken und dann damit auf den Gegner eindreschen. Mein Verdacht wäre das ja.

    Der Autor schreibt über die Belastungen von Geringerverdienenden – da können wir nicht mitreden, da sind wir nicht betroffen. R.A., Stefan und ich nehmen die Zahlen, die der Staat selbst verkündet.

    10) Das gebrochene Aufstiegsversprechen // Der Mythos der bröckelnden Mittelschicht

    … dass eine Studie oder irgendwelche Zahlen und Fakten einfach keine Totschlagargumente sind, egal, wie sehr Leute sich das immer einreden wollen. Man kann sich das Zeug endlos an den Kopf schmeißen und dreht sich doch nur im Kreis, weil die „Fakten“ eh nur als Munition benutzt werden. So auch hier.

    Bin gespannt. Hab hier in früheren Jahren schon Feuer gekriegt, als ich sagte, dass Fakten (ohne Bewertung) nicht ausreichen, meine Meinung zu ändern. Ansonsten hat die Globalisierung ihren Preis.

    11) „Die Realität wird beunruhigend sein“ (Interview mit Norbert Röttgen)

    Es sind Ideen wie die obigen, die mich schon in der letzten Runde klar Röttgen bevorzugen ließen …

    Da schließe ich mich an. Sicherlich für CDU-Verhältnisse ein offener, moderater Typ.

    • Marc 6. Dezember 2021, 13:50

      7) Der Autor schreibt über die Belastungen von Geringerverdienenden – da können wir nicht mitreden, da sind wir nicht betroffen.

      Der erste Satz der Ifo-Studie lautet:

      Die Entlastung betrifft laut ifo Institut alle Einkommensgruppen.

    • Stefan Sasse 6. Dezember 2021, 15:31

      1) Das sollte ein ernsthaftes Lob sein. Klar war das schon immer in der Plattform, aber bis 2017 war die FDP „Steuersenkungspartei“. Jetzt haben sie sich als „Digitalpartei“ neu erfunden. Das ist ein schwieriges Manöver, darf man schon anerkennen. Die Grünen haben sich übrigens auch neu erfunden – von „Umwelt-“ zu „Klimapartei“. Ist subtiler, aber auch ein Vorgang.

      3) Ja 🙁

      • Erwin Gabriel 7. Dezember 2021, 00:03

        @ Stefan Sasse 6. Dezember 2021, 15:31

        1) Das sollte ein ernsthaftes Lob sein.

        🙂 Echt jetzt? Na, dann …

  • Kirkd 6. Dezember 2021, 16:01

    Diese Stiko-Nummer ist schon grotesk. In dem Interview behauptet Mertens auch, dass das alles quasi nebenberuflich ohne genug Ressourcen gemacht wird. Ich weiss nicht, was davon stimmt, aber es ist ein weiterer Baustein der zeigt, dass Deutschland einfach nicht in der Lage ist eine Krise zu managen. Man würde ja meinen, dass für ein so wichtiges Thema ein oder mehrere Forschungsinstitute Geld bekommen, die Stiko mit Analysen mit den stets neuesten Daten zu versorgen. Das Krisen Krisenstäbe brauchen, kommt nicht von ungefähr.

    Was Mertens da zu den Booster Impfungen absondert, ist wirklich abenteuerlich. Wenn die Stiko schon meint, die politisch-ethische Frage der Impfpriorisierung gleich mit abzuhandeln zu wollen (was meines Erachtens nciht ihre Aufgabe ist), so hätte die Stiko doch wenigstens von vorneherein klarstellen können, dass eigentlich alle geboostert werden sollten, aber wenn das logistisch nicht machbar ist, dann zuerst die Älteren.

    Die Stiko ist nur ein Baustein im System, und nicht einmal der entscheidende. Aber auch für sie gilt: mit dieser Stiko ist kein Staat zu machen.

    • Stefan Sasse 6. Dezember 2021, 19:19

      Ist gerade auch mein Eindruck, aber ich lass da noch Raum für meine Frustration.

  • schejtan 6. Dezember 2021, 16:16

    In dem Interview behauptet Mertens auch, dass das alles quasi nebenberuflich ohne genug Ressourcen gemacht wird.

    Ist das vielleicht nicht nur Ausdruck davon, dass im wissenschaftlichen Bereich viel ueber „nebenberufliche“ und haeufig auch unentgeltliche Aktivitaten gemacht wird? Das faengt ja schon bei der Betreuung von Uebungsgruppen/Seminaren/Praktika durch (in der Regel vollkommen unqualifizierte) Studenten an und geht dann uebers Peer Review und Konferezenzorganisation zu solchen Kommissionen.

    • Stefan Sasse 6. Dezember 2021, 19:20

      Im unterfinanzierten Wissenschafts- und Bildungssystem ja an allen Ecken und Enden so. 🙁

  • cimourdain 7. Dezember 2021, 11:25

    7) Du hast recht, jede Zahl, jede Statistik wird aus einer Methodik heraus geschaffen und in dieser Methodik steckt immer auch ein Weltbild. Das schöne ist, dass das ifo-Institut seine Arbeitsweise erklärt hat und man sich das dadurch als ‚Übung‘ hernehmen kann, wertungsfrei eine Methodik zu analysieren:

    a) die Studie betrachtet -vereinfacht ausgedrückt – aus Sicht der Steuer/Abgabenzahler wie viel vom Bruttoeinkommen direkt abgezogen wird.
    i) deswegen sind die indirekten Steuern nicht berücksichtigt (siehe Dennis weiter oben)
    ii) deswegen sind auch Unternehmenssteuern nicht berücksichtigt
    iii) deswegen sind aber die Sozialabgaben enthalten, die von Körperschaften des öffentlichen Rechts erhoben werden, die man nicht komplett mit ‚der Staat‘ gleichsetzen darf (siehe diverse ‚ÖR = Staatsfernsehen‘-Debatten)

    b) Die Studie hat dazu einfach für verschiedene Einkommen und Familiengrößen die Abgabenlast berechnet und addiert.
    i) Es wurde von komplett normalversteuerten Einkommen ausgegangen, keine kapitalertragsteuerbehafteten Einkünfte, keine Steuerermäßigungen.
    ii) Ebenso sind alle durchgerechneten Fälle komplett gesetzlich sozialversichert.
    iii) das niedrigste Bruttoeinkommen (30.000 €) ist sehr genau das Medianeinkommen (2018 brutto€ 2.503/Monat). Einkommen darunter finden keine Betrachtung
    iv) Am anderen Ende stoppen sie bei 200.000 €, wodurch z.B. der Lineartarif II (‚Reichensteuer‘) keine Rolle spielt.

    c) Die Inflation wurde berücksichtigt, indem die jeweiligen Mustereinkommen um diesen Faktor bereinigt wurde. Die kalte Progression spielt damit korrekt hinein.

    d) Ein wichtiger statistischer Effekt, der eine Rolle spielen kann, ist das Simpson-Paradoxon. Wenn eine gepoolte Größe genommen wird und sich die Zusammensetzung zwischen den Gruppen ändert, kann die gepoolte Größe sich anders verhalten als die Teilgrößen.

    Und wenn du diszipliniert alle diese Überlegungen durchgeführt hast, hast du eine gute Vorstellung, was die Zahlen bedeuten, und stellst fest, das es viel schwerer ist, sich ein eindeutiges Urteil darüber zu machen. (Schade, dass Quellenanalyse Wirtschaft nicht in dein Unterrichtsfach fällt, sonst wäre das eine schöne Aufgabe)

    • Stefan Sasse 7. Dezember 2021, 14:13

      Ja, aber vielleicht lässt es sich für Politik auch verwenden. Mal sehen. Danke für die vielen Hinweise!

  • cimourdain 7. Dezember 2021, 13:58

    10) Die Methodik aus 7) angewandt, könnte man fragen, welcher der Kommentatoren überhaupt die zugrunde liegende Mittelschichtsdefinition (Spoiler: Es ist zwischen 75% und 200% des Medianeinkommens) in seine Erwägungen einbezogen hat.

    3) Die Stiko ist [ähnlich wie das BVerfG] eigentlich ein Gremium, das auf einer rein professionellen Grundlage Entscheidungen treffen sollte.
    In normalen Zeiten sind das Mediziner und Wissenschaftler, die sich alle halbe Jahre treffen und aufgrund der allgemein zugänglichen Literatur abschätzen, welche Tropenkrankheiten aktuell sind und welche Grippeimpfung am ehesten zu erwartende Erfolge liefert. Jetzt sind sie unter ständiger Beobachtung und dauerndem Druck seitens der Öffentlichkeit, weil jeder Politiker und jeder Journalist seine (fachfremde) Meinung in den Raum wirft, warum welche Kinder (noch/nicht) geimpft werden sollten – und das mit der moralischen Keule ’sonst sterben/verderben Menschen‘. Darauf ist sie nicht ausgelegt, da kann keiner sauber und unpolitisch fachbezogen arbeiten.

    • Stefan Sasse 7. Dezember 2021, 14:26

      3) Korrekt. Die sind für diese Aufgabe einfach nicht gemacht. Warum haben sie die dann?!

  • Ariane 7. Dezember 2021, 15:04

    2/5) Merkel

    Ganz spannende Überlegungen mit der „Entwertung des Kanzleramts“
    Ich konnte mit ihrer Politik ja nie viel anfangen, aber persönlich mochte ich Merkel tatsächlich oft, hab auch unheimlich viel Respekt vor ihrer Selbstbeherrschung und trockenen Art. Und ich glaube, da hat sie schon Maßstäbe gesetzt. Überspitzt gesagt: „Mehr Handwerk statt Glamour“ 😀

    Und es hat unheimlich viel dazu beigetragen, dass diese breitbeinige Machopolitik total negativ aufgefallen ist. Gerade WEIL sie gar nicht drauf reagiert hat (man denke nur an ihre Auseinandersetzungen mit Seehofer). Kommt ja auch nicht von ungefähr, dass Scholz als die neue Merkelvariante gilt.
    Deutschland ist da einen anderen Weg gegangen, ist vielleicht sowieso etwas speziell, aber gerade wenn ich sehe, was für einen Aufstieg so Machos wie Trump, Putin, Erdogan, Johnson hingelegt haben, bin ich da sehr erleichtert drüber.

    4)
    Dazu kommt, dass er bewusst verschweigt, dass 22 Staaten „trigger-laws“ haben, die automatisch Abtreibungen illegal machen, wenn Roe v Wade fällt. Diese ganze Chose ist so ekelhaft.

    Ich mag mich da gar nicht zuviel mit beschäftigen, weil es einfach widerlich und gruselig ist. Und es ist eine gute Warnung, dass Rechte, die einmal erkämpft wurden, eben nicht in Stein gemeißelt sind und immer wieder verteidigt werden müssen. Sie zurückzunehmen geht leider schneller als man denkt, wenn einmal etwas ins Rutschen geraten ist.

    3) Stiko
    Sehe das ähnlich wie Cimo oder King, wir haben da so ein ehrenamtliches Gremium, das normalerweise einmal im Jahr bei ner Tasse Tee was zusammengremiert und überhaupt nicht auf so eine Situation vorbereitet ist. Und womit die Öffentlichkeit auch normal gar nix anfangen kann, das ist ja ähnlich wie mit der RKI, nur sind die schon eher mit Krisen vertraut.

    Man könnte auch generell fragen, ob eine EU-Institution nicht ausreicht, da gibts mit der EMA ja auch sowas. Wäre aber ein schöner Punkt im U-Ausschuss, dass man diese Strukturen krisenfester macht oder eben die Haftungsfragen anders klärt. Das Problem entsteht ja auch daraus, dass die Empfehlungen der STIKO so maßgeblich sind.

    • Stefan Sasse 7. Dezember 2021, 15:22

      2/5) Sehe ich genauso.

      4) Exakt.

      3) EU wäre eigentlich die Ebene dafür, ja.

  • CitizenK 8. Dezember 2021, 21:04

    Es gibt Länder, in denen Bauherren und -Unternehmer nicht wie bei uns mit Auflagen und Vorschriften traktiert werden. Da stürzen dann halt immer mal wieder Häuser ein. Oder brennen ab. Oder Notausgänge sind nicht nutzbar.

    „Wohlstand“ ist auch, dass das nicht passiert.

    • Stefan Sasse 9. Dezember 2021, 12:16

      Oder der Staat enteignet hart, wenn große private Interessen was bauen wollen.

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