Die Kommunikation der Bürokratie über Gerichtshöfe und Impfstoffe lässt laut alleinerziehenden Müttern und radikalisierten Konservativen zu wünschen übrig – Vermischtes 26.10.2021

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Sie werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten.

1) Justice Alito complains, but the evidence is clear: This Supreme Court was built by dark money

How strong a pattern? During Chief Justice John Roberts‘ tenure, the Court has issued more than 80 partisan decisions, by either a 5-4 or 6-3 vote, involving big interests important to Republican Party major donors. Republican-appointed justices have handed wins to the donor interests in every single case. […] This pattern did not just happen. It is the fruit of a half-century-long operation by right-wing donors to win through the Supreme Court what they can’t win through elected branches of government. […] The Federalist Society emerged as gatekeeper, monitoring Republican-appointed judges for allegiance to right-wing donor interests, while accepting gobs of anonymous donations. The Judicial Crisis Network and its offshoots sprang up as political attack dogs in the confirmation fights for Federalist Society-approved judges, funded by anonymous donations as big as $17 million. Other front groups groomed convenient plaintiffs to manufacture controversies to give the selected justices cases that would generate precedent favorable to donor interests. Secretly-funded groups also began to lobby the court in orchestrated flotillas — through so-called „friend of the court“ briefs — signaling which cases are important to donor interests and advising judges which way the donors want them to rule. They have a perfect winning record. All of this required boatloads of anonymous money; what people who study this clandestine activity call „dark money.“ The Washington Post has exposed how the right-wing donor network spent upwards of $250 million in dark money on its judicial influence operation; testimony before my Senate Judiciary Courts Subcommittee has since upped that dark money figure to $400 million. Because the funding is covert, we do not know exactly who contributed that money or what interests they have before the court. But rarely do people spend $400 million for no reward. (Sheldon Whitehouse, Salon)

Der Autor ist ein State Senator! Klar, das ist nur eine Einzelmeinung und bei weitem nicht Mainstream bei den Democrats, aber da verschiebt sich seit Monaten schleichend das Overton-Fenster. Gut möglich, dass schon bei der Wahl 2024 der Supreme Court offen als politischer Gegner und nicht mehr als Institution gehandhabt wird.

Dazu kommt, dass Whitehouse ja nicht falsch liegt. Es flossen massive Summen in die Auswahl der republikanischen Richter*innen, und die Rolle der Federal Society in ihrer Auswahl ist bestens dokumentiert. Bisher wurde der rechtsradikale Einschlag des SCOTUS nur unter politischen Gesichtspunkten diskutiert, aber es ist vermutlich ein unterschätztes Element, dass er für wirtschaftliche Interessen käuflich ist. Für seine Legitimität ist das nicht sonderlich viel versprechend.

2) Gute Impfstoffe, schlechte Kommunikation

Dass es dennoch immer noch so leicht gelingt, diesen Erfolg kleinzureden, das hat das öffentliche Corona-Management auch sich selbst zuzuschreiben. Gerade das Robert-Koch-Institut hat allzu oft keine gute Figur gemacht (siehe Kasten). Einen Teil der Verantwortung für den Vertrauensverlust, den die Impfungen erlitten haben, trägt sicher auch die Ständige Impfkommission, die ihre Impf-Empfehlungen immer wieder kurzfristig geändert hatte – noch dazu nicht immer nachvollziehbar kommuniziert. […] Weshalb es noch ärgerlicher ist, dass Bund und Länder sich parallel auf langwierige Debatten über vermeintlich bevorstehende Massen-Durchseuchungen bei ungeimpften Kindern und Jugendlichen eingelassen haben, obwohl die wahre Risikogruppe die Alten waren und bleiben werden. Denen damit jedoch suggeriert wurde, für sie sei mit der Impfung das Problem gelöst. Was ja in Ordnung gewesen wäre. Solange sie von Anfang an des Restrisikos bewusst gemacht worden wären. So aber gerät dieses Restrisiko erst jetzt immer stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit und stellt die Wirksamkeit der Impfungen insgesamt in Frage, obwohl diese, siehe oben, so unglaublich gut ist. Wer sich also wundert, wenn die Impfquoten dann nicht weiter steigen: Hier hat er eine weitere Erklärung. (Jan-Martin Wiarda)

Ich meckere über die miese Kommunikation seit Beginn der Pandemie. Ein Grundproblem scheint mir dabei zu sein, dass hier ein Zielkonflikt besteht. Ich kann nicht einerseits die Pandemiemaßnahmen darauf auslegen, dass sie möglichst feingesteuert sind, um so wenig in die Rechte der Menschen und die Prä-Pandemie-Abläufe eingreifen, aber andererseits in nationalen Medien eindeutig kommunizieren. Wenn Maßnahmen sich über 294 Landkreise und 107 kreisfreie Städte in Deutschland unterscheiden, kann da überhaupt keine gute Kommunikation mehr stattfinden. Alle, die mal über NINA ein Update der herrschenden Regelungen bekommen haben, können da dann noch zusätzlich leidvolle Erfahrungen mit Jurist*innendeutsch hinzufügen. Das ist auch typisch Deutsch: um nur ja alles rechtssicher zu machen, wird Nützlichkeit und Funktionalität ganz hinten angestellt. Furchtbar.

Nur eine willkürliche Anekdote für diesen Blödsinn: wir hatten kürzlich eine Pflichtfortbildung zur korrekten Anwendung der Schnelltests (die Dinger benutzen wir seit 9 Monaten an der Schule, aber klar, lasst uns alle nochmal in einen Raum stopfen und das gezeigt bekommen…). Die Ergebnisse können in einer App gespeichert werden, mit der die getesteten Schüler*innen den Test nachweisen können. Diese App wurde vom Landkreis (!) über die letzten neun (!!) Monate entwickelt, ist nur in diesem Landkreis benutzt und wird auch nur dort als Testnachweis akzeptiert. Es wurde aber ganz stolz verkündet, dass alles datenschutzkonform passiert. Das sind doch nur noch Schildbürgerstreiche, die da veranstaltet werden.

3) Die gesellschaftlichen Umbrüche in einer Ampel-Republik

„Wenn es um gesellschaftliche Modernisierung und um persönliche Freiheit geht, sind die Sozialdemokraten interessante Ansprechpartner für uns Liberale“, sagte der FDP-Bundestagsabgeordnete Konstantin Kuhle vor Jahren. Er bezog das auf einen Konflikt, der schon in den 70er-Jahren gärte: das Abtreibungsrecht. […] Auch in der Familienpolitik zeichnen sich eine ganze Reihe von Änderungen ab. So könnten künftig auch unverheiratete Paare ein Adoptionsrecht erhalten. Diskussionen dürfte es beim Thema „Wechselmodell“ geben. Laut FDP sollten nach einer Trennung von Eltern beide gleichermaßen berechtigt und verpflichtet sein, für den Unterhalt und die Betreuung der Kinder zu sorgen.

Ich habe bereits lange vor der Wahl genau dieses Szenario für eine erfolgreiche Ampel entworfen. Es gibt zwischen SPD und Grünen einerseits und der FDP andererseits nur wenig Übereinstimmungen bei der Sozial- und Wirtschaftspolitik, aber gerade auf den Bereichen der Innen- und Gesellschaftspolitik gibt es nicht nur eine große Übereinstimmung, sondern auch einen in 16 Jahren konservativer Regierung einen ungeheuren Reformbedarf und genug zu tun. Das bisherige Programm der Ampel, wie es sich aus den Sondierungspapieren herauslesen lässt, stimmt da hoffnungsvoll.

4) Als wären Mütter zu bequem

Statt gerechter zu verteilen wird aber überall versucht, aus Frauen noch mehr Lohnarbeit zu pressen: Man müsse für Frauen „Teilzeit weniger attraktiv“ machen. Raus aus der Teilzeitfalle! Nicht die Väter, sondern die fehlende Kinderbetreuung sei schuld, und Teilzeit sei nun mal eine Armutsfalle. Und während das nicht komplett falsch ist, ist es aber so nachhaltig, wie sich in einem Schneesturm in die Hose zu pinkeln, weil das kurz wärmt. Eine Armutsfalle sind Teilzeitjobs vor allem, wenn sie schlecht bezahlt sind. Doch es ist kein Naturgesetz, Frauen schlecht zu bezahlen, genauso wie die 40-Stunden-Woche kein Naturgesetz ist. Es geht dabei mehr um Macht als um Produktivität. Sonst hätte der Arbeitstag längst fünf Stunden und die Arbeitswoche vier Tage. Und zwar nicht nur für Eltern. Die Kinderbetreuung auszubauen, ist dringend nötig, um die Last von Eltern, vor allem von Alleinerziehenden, zuverlässig zu mindern. Dennoch kann es keine Konsequenz sein, Kinder von 8 bis 18 Uhr betreuen zu lassen, weil man sonst die Miete nicht bezahlen kann und kaum Rente bekommt. Bemerkenswert ist der misogyne Unterton. Als wären Mütter zu bequem. Als hätten sie es sich kuschelig gemacht in ihrer kleinen Armutsfalle voller Freizeit und Prosecco, ohne in ihrem kleinen Hirn zu verstehen, was das bedeutet. Doch mit der Realität hat das nichts zu tun. Die Verantwortung, die Männer, Arbeitgeber und Politik an der Altersarmut von Frauen haben, wird komplett ausgeblendet. (Saskia Hödl, taz)

Es gibt keine Gruppe, die auch nur annähernd so armutsgefährdet ist wie alleinstehende Mütter. Das liegt sicher nicht daran, dass sie alle zu faul zum Arbeiten wären, sondern dass sie gleich mehrfach diskriminiert werden. Es gibt auch kein echtes Interesse seitens der Sozial- oder Arbeitspolitik, diese strukturellen Probleme aufzubrechen. Diese Kritik müssen sich alle Parteien gleichermaßen gefallen lassen. Deutschland bleibt generell eine familien- und kinderfeindliche Nation, und das zieht sich durch alle Bereiche.

5) The European right is in retreat

But today, conservative parties are struggling and the broad left is showing signs of strength across Europe. It’s a tentative sign that the far-right extremism fueled by the 2008 economic crisis is running into its limits. […] All these countries have their own national peculiarities, and of course I am no expert. But one can still point to two developments that have undoubtedly had a powerful effect in every European country: the 2008 financial crisis and the coronavirus pandemic. As I have previously written, after the financial crisis, Europe suffered under hegemonic austerity politics that created an economic lost decade. […] After 2008, a crisis afflicting all of Europe was catastrophically mishandled, and problems were unfairly pinned on helpless scapegoats like Greece. The result was economic disaster, political chaos, and a rise in right-wing extremism. But in 2020, a similarly-broad crisis was approached with a reasonable amount of continent-wide solidarity. Every country in the E.U. got at least modest help, helping to discredit the nationalist xenophobia of right-wing parties. As compared to 2016, when the appalling economic performance of the eurozone helped fuel the Brexit vote, today E.U. membership is looking like a much more appealing proposition (as Britain suffers from terrible supply problems no less). […] Let us hope that the mistakes of 2008-12 can be undone, European democracy can be revitalized, and the continent can get the economic recovery it should have gotten 12 years ago. (Ryan Cooper, The Week)

Hoffen wir mal, dass der Optimismus des Artikels gerechtfertigt ist. Grundsätzlich lässt sich der Trend dieser Tage jedenfalls tatsächlich beobachten. Gerade in Ungarn und Polen darf man sich ja erstmals zarte Hoffnung auf eine Abwahl der Rechtspopulisten machen, in Österreich ist mit Kurz der Darling der deutschen rechtskonservativen Szene gefallen, die Umfragewerte für Macron sehen recht stabil aus, und so weiter. Aber sicher ist da noch gar nichts.

Ich finde es wichtig noch darauf hinzuweisen, dass Cooper völlig Recht mit seiner Ursachenanalyse hat. Nichts hat den Aufschwung der Rechtspopulisten so sehr gestützt wie die Finanzkrise 2008ff., und nichts hat ihnen so sehr geschadet wie die Corona-Pandemie, in der es gerade die moderaten Demokratien waren, die (im Westen) am besten durch die Krise kamen. Das scheint mir noch ziemlich unterbewertet.

6) Squid Game. Nicht jeder Erfolg ist auch eine Empfehlung.

Es ist der niederländische Historiker und Aktivist Rutger Bregman, der in seinem neusten Buch unter dem programmatischen Titel «Im Grunde gut» mit dieser sogenannten «Fassadentheorie» abrechnet. An vielen Beispielen zeigt er, dass die zugrundeliegende Idee einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht standhält. Was man im Reality-TV zu sehen bekommt, ist nicht die «Wirklichkeit», sondern das Ergebnis gezielter Manipulation und geskripteter Streitgespräche. Sie sichern die Quote, verzerren aber strategisch unser Bild vom Menschen. Sogar in Kriegssituationen zeichnet sich der Mensch durch hartnäckige Skrupel aus, anderen Menschen Schaden zuzufügen. Historische Berichte und forensische Analysen bezeugen die Tendenz von Soldaten, absichtlich über den Feind hinwegzuschießen, Flinten mehrfach zu laden (um nicht abdrücken zu müssen), und ihre Bajonette notorisch unbenutzt zu lassen. […] Der Antihumanismus von «Squid Game» wird noch zugespitzt durch die digitale Konstruktion der Entscheidungssituation, vor welche die Teilnehmenden in jeder Spielrunde erneut gestellt werden: Es gibt immer nur Leben oder Tod, du oder ich. Kein Verhandlungsspielraum, keine kreativen gemeinsamen Lösungen, keine vermittelnden Positionen. Das ist die typische Versuchsanordnung, mit der auch in der Philosophie gerne ethische Konflikte veranschaulicht werden (wie etwa das berühmte «Trolley-Dilemma»). Aber unsere Welt ist nicht digital. (Manuel Schmid)

Ich kann den Hype um Squid Game nicht wirklich nachvollziehen, ich finde die Prämisse nicht nur wenig ansprechend, sondern auch intellektuell reichlich unterfordernd (zu diesem Zeitpunkt ist es glaube ich nicht mehr wirklich ein Spoiler, dass es Superreiche sind, die das Gemetzel zu ihrem persönlichen Amüsement veranstalten; eine so ausgelutscht-dumme Prämisse, dass man ihr nicht mal das Label „kapitalismuskritisch“ umhängen mag).

Aber es ist gut, dass Manuel Schmid hier auf die miese psychologische Faktenlage dieses und ähnlich gelagerter Szenarien eingeht (ich sag nur: The Walking Dead). Denn tatsächlich ist es so, dass Menschen in Katastrophensituationen gerade nicht wie Hobbes’sche Wölfe agieren, sondern vielmehr wie Rousseau’sche Gemeinwesen.

Wen es interessiert: Auch Philipp Wampfler denkt über die Serie nach und sieht sie als eine Allegorie auf die Schule. Bob Blume widerspricht dem heftig.

7) Gefangen im kafkaesken Staat

Für das, was die Bürokratie anrichtet, haben sich Bürokraten ein wunderbares Wort ausgedacht: Erfüllungsaufwand. So nennen sie „den Zeit­aufwand und die Kosten, die den Bürgerinnen und Bürgern, der Wirtschaft und der öffentlichen Verwaltung durch die Befolgung einer gesetzlichen Vorgabe entstehen“. Auf der Internetseite des Statistischen Bundesamtes ist nachzulesen, dass die Bundesministerien in Berlin verpflichtet sind, den Erfüllungsaufwand genau zu messen. Das sei wichtig für die „Gesetzes­folgen­abschätzung“ und für die „Auswahl der am wenigsten aufwändigen Regelungs­alternative“. Und schon stecken wir mittendrin in der Bürokratie. […] Doch der Vorwurf an die Beamten und Angestellten trifft die Falschen. […] Die Ökonomen haben andere Verantwortliche ausgemacht – Politiker mit geringer Weitsicht und riesiger Geltungssucht. Die Theorie dahinter geht so: Regierungspolitiker kommen an die Macht und haben nicht viel Zeit, um etwas zu bewegen. Weil sie gerne wiedergewählt werden wollen, müssen sie ihren Wählern schnell vorweisen, dass sie etwas bewegen können. Nichts eignet sich dafür besser als neue Gesetze. Wenn es eine gut funktionierende Bürokratie gibt – also schnell und effizient arbeitende Ministerien und Behörden –, sind die Folgen einer Reform für die Wähler rasch zu sehen. Wechseln die Regierungen häufig, gibt es sehr viele Reformen, was diejenigen, die Gesetze auszuformulieren und umzusetzen haben, ans Limit bringt. Es beginnt ein Teufelskreis: Überlastete Beamte schaffen es nicht mehr, neue Gesetze umzusetzen, Reformen versanden oder greifen erst mit großem zeitlichen Abstand. Unter solch schlechten Voraussetzungen haben vor allem eher inkompetente Politiker den Forschern zufolge einen Anreiz, in noch schnellerer Frequenz schlecht gemachte Gesetze zu erlassen, die beim Wähler Tatkraft signalisieren, das gesamte System aber nur noch weiter überlasten. Es entstehe eine Abwärtsspirale aus schlechten Gesetzen und überflüssiger Bürokratie, die zu einem „kafkaesken Staat“ führe. (Johannes Pennekampp, FAZ)

Ich finde es gut, wie Pennekampp hier die Ursachen des Bürokratiewustes hervorhebt. Denn die lassen sich nicht durch fromme Wünsche nach „weniger Bürokratie“ beseitigen. Selbst im Mutterland des schlanken Staats, den USA, ist dieses Problem ja seit längerem bekannt und wurde auch schon vor geraumer Zeit in einem Paper mit dem passenden Namen „Kludgeocracy“ belegt. Eine weitere Quelle des Problems benennt Pennekampp dagegen nicht: der starke Einfluss von organisierten Einzelinteressen. Denn die durch Lobbyist*innen errungenen Regulierungen sind immer partikularistisch, und je genauer sie auf die Interessen der Geldgebenden eingehen können, desto besser für diese – und desto schlechter ist logischerweise am Ende das Gesetz.

8) Labour, National announce sweeping housing density law, three-storey homes without consent

The Government and National have unveiled a new bill to force councils to allow more dense housing by de-fanging planning laws. New intensification rules will allow buildings of up to three storeys on most sites in cities without any need for resource consent from August 2022. That will now take effect from August 2023, instead of August 2024. Analysis from PWC suggests these changes will add between 48,200 and 105,500 new dwellings over the next five to eight years. The medium density changes will allow landowners in Auckland, Hamilton, Wellington, and Christchurch to build up to three storeys and on up to 50 per cent of their land without resource consent. Homes will still need to comply with the building code so will still need to meet standards for durability, weatherproofing, and safety. […] „The medium density residential standards (MDRS) will enable landowners to build up to three homes of up to three storeys on most sites up to 50 per cent maximum coverage of the site without the need for a resource consent,” Parker said. “Before this change, district plans would typically only allow for one home of up to two storeys.” […] Willis wrote to the Government earlier this year to offer bipartisan support for more drastic measures. (Henry Cook, stuff.com)

Neuseeland macht hier etwas, das ich schon seit Längerem fordere. Wenn man mehr Wohnraum haben will, muss man mehr Wohnraum bauen, und zwar dort, wo Menschen tatsächlich wohnen wollen. Klingt komisch, ist aber so. Um das zu erreichen, muss man allerdings die Macht der Nimbys brechen. Und das ist politisch eine Herausforderung, die ihresgleichen sucht. Man denke nur an die aggressive Reaktion auf die vergleichsweise bescheidene grüne Forderung aus dem Wahlkampf, künftig im zentralen Hamburger Stadtgebiet keine Einfamilienhäuser mehr zu bauen. Eigentlich ist es common sense, dass es eine Verdichtung braucht, aber wenn es um die Verteidigung der Interessen der Wählendenschaft geht besteht da wenig überraschend wenig Interesse daran.

9) Da schlummert erhebliches Konfliktpotenzial

Zum Beispiel soll es „weniger umweltschädliche Subventionen“ geben, entgegnete Habeck. Und umriss in noch längeren Bögen Finanzierungsideen sowie seine Ansichten zur Pendlerpauschale (die bestehen bleiben soll), zur Schuldenbremse und zur Vermögenssteuer, die nicht beschlossen wurde, aber ohnehin nicht im Bundeshaushalt landen würde. Jedenfalls würden die Grünen bei der Strategie bleiben, das, „was volkswirtschaftliches Vermögen schafft, durch Kredite zu finanzieren“. Das könnte 50 Milliarden Euro im Jahr oder mehr Geld betreffen. […] Dazu hatte Lanz einen passenden Einspieler parat: einen Wahlkampfauftritt des FDP-Chefs Christian Lindner, in dem er Habecks Rezept, Schulden lieber als „Kredit“ zu bezeichnen, lächerlich machte. Worauf Habeck im Studio mit einer überraschenden Volte reagierte: Eben der in Deutschland gewohnte, in den USA und in China dagegen unübliche Verzicht auf Schulden, ergo auf Investitionen, sei Schuld daran, dass Europa technologisch in Rückstand geraten sei und immer weiter verliere. Und sicher, „Schulden machen und Kredite aufnehmen ist das gleiche“, sagte Habeck sehr deutlich. Da dürfte also erhebliches Konfliktpotenzial mit der FDP schlummern. Oder deutete der geopolitische Exkurs eher an, was für wirklich große Ziele sich die nächste Bundesregierung steckt? […] So große Fragen beantwortet Lanz‘ Talkshow nicht. Zumindest parierte Habeck souverän und in solch langen Bögen, wie sie Talkshow-Gäste selten ununterbrochen durchhalten können, ziemlich unterschiedliche Kritik. Und machte dabei durchaus den Eindruck, auch das von FDP-Chef Lindner ebenfalls begehrte Finanzministerium leiten zu können. (Christian Bartels, T-Online)

Ich habe da bereits gestern darüber geschrieben. Die Schuldenbremse ist effektiv tot, und der Versuch, sie gegen alle Vernunft aufrechtzuerhalten, schadet dem Land und der EU wie kaum etwas anderes. Natürlich wäre Habeck der bessere Finanzminister, aber es gibt kein Szenario auf dieser Welt, in dem die FDP dieses Ministerium nicht bekommt, wenn sie eine Koalition eingeht, ob Jamaika-, Ampel- oder Deutschlandkoalition. Dass hier „erhebliches Konfliktpotenzial“ schlummert ist keine Frage, die Vorstellungen sind fast entgegengesetzt. Die Frage ist, wie kompromissfähig die Parteien hier sind. Ich würde davon ausgehen, dass die schon eine Formel finden werden.

10) Die geförderte Katastrophe

Klar, die AfD-Stiftung ist natürlich ein Geschwür für die Demokratie, aber ich sehe kein demokratisch-rechtsstaatliches Verfahren, in dem man ihr den gleichberechtigten Status wie den anderen Parteistiftungen vorenthalten will. Wie groß der Einfluss der Stiftung tatsächlich sein wird, bleibt abzuwarten. Sicherlich wird sie zur inneren Festigung des rechtsradikalen Lagers beitragen, aber ob sie dazu angetan sein wird, der AfD zusätzliche Anhängerschaft zuzuschanzen, bleibt abzuwarten. Es ist ja jetzt nicht so, als ob etwa die Naumann-Stiftung eine große kausale Verbindung zum elektoralen Erfolg der FDP hätte.

11) Die Verrückung der Normalität

Ich habe schon öfter darauf hingewiesen, dass Populisten der Ränder nur dann erfolgreich sein können, wenn die Mitte sie lässt. Rechtspopulisten in Europa wie den USA gewannen dann, wenn demokratische Konservative sie als Verbündete betrachteten. Die Worte „radikalisierter Konservatismus“, die Strobl hier benutzt, mögen wie ein Paradoxon klingen, aber sie beschreiben ziemlich genau, was etwa in den USA oder Österreich passiert ist. In anderen Ländern wie Frankreich oder Ungarn hat sich der Konservatismus dagegen praktisch als politische Kraft aufgelöst (wie im Übrigen auch die Sozialdemokratie).

In Deutschland ist bislang weder das eine noch das andere der Fall, aber das muss nicht ewig so bleiben. Das aktuell größte Potenzial für einen radikalisierten Konservatismus bietet wohl Friedrich Merz, der zumindest alles daran setzt, die CDU in diese Richtung zu bewegen, in der irrigen Annahme, damit den Vormarsch der Rechtsradikalen der AfD und Konsorten einhegen zu können. Es bleibt zu hoffen, dass die Brandmauern innerhalb des Konservatismus dem Einhalt gebieten können.

{ 58 comments… add one }
  • CitizenK 26. Oktober 2021, 09:19

    8) Bedeutet wie bei den Strom- und Bahntrassen: Eingriff in Bürgerrechte, besonders das Eigentumsrecht. Das gilt aber auch für die allseits – auch von der FDP – geforderte „Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsprozesse“. Dieser Zielkonflikt kann nur politisch aufgelöst werden. Den Kuchen essen und behalten geht nicht. Nur kleinere Kompromisse sind möglich.

    Das sollten auch diejenigen ehrlicherweise sagen, die hämisch darauf hinweisen, wie schnell das in anderen Ländern geht (China!).

  • Stefan Pietsch 26. Oktober 2021, 10:53

    2) Gute Impfstoffe, schlechte Kommunikation

    Das Problem zumindest beim RKI ist nicht die vermeintlich schlechte Kommunikation. Das RKI hat in der Pandemie bis heute als politische Behörde agiert, doch als solche ist das Institut nicht konzipiert. Als Lehre aus Corona wollen FDP und Grüne das übrigens ändern und das Wisschaftsinstitut von der Politik entkoppeln.

    Dann braucht es nur noch eine neue Leitung.

    Eine einfache Maßnahme, die jeder versteht: Aufhebung sämtlicher Corona-bedingten Beschränkungen. Davon unberührt bleibt die persönliche Freiheit, zum Selbstschutz Maske zu tragen.

    4) Als wären Mütter zu bequem

    Immer wieder witzig, wie manche Artikel über etwas schreiben können, ohne die Basics verstanden zu haben. Fehlendes Wissen wird dann durch Moral aufgefüllt.

    Warum fallen Erziehende in Paarbeziehungen trotz gleichen Einkommensverhältnissen seltener in die Armutsfalle? Weil in Beziehungen ein großer sozialer Ausgleich stattfindet. Den gibt es bei Alleinerziehenden nicht. Die getrennten Elternpaare haben doppelte Kosten.

    Eine Alleinerziehende mit zwei Kindern hat nach Studien einen zusätzlichen Finanzbedarf von 12.000 Euro. Auch im Sozialrecht werden ihnen zwischen 2.000 und 5.000 Euro zuerkannt. Die Beträge sind netto. Eine Alleinerziehende müsste also am Markt ein um bis zu 20.000 Euro höheres Einkommen erzielen als eine Frau aus einer Paarbeziehung. Das ist schlicht nicht möglich, zumal von den Alleinerziehenden nur 20% über einen hohen Bildungsabschluss verfügen, Frauen in Paarbeziehungen jedoch zu 28%. Wenn der Staat dann noch die Verfolgung von Unterhaltspflichten schleifen lässt, ist das Desaster perfekt.
    https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/Projekte/Familie_und_Bildung/Studie_WB_Alleinerziehende_Aktualisierung_2016.pdf

    Informieren geht über polemisieren.

    • Stefan Sasse 26. Oktober 2021, 15:39

      2) Was war denn das „politische“?

      4) Ja, solltest du bei Gelegenheit mal machen.

      • Stefan Pietsch 26. Oktober 2021, 15:57

        Das RKI ist, so der häufig erhobene Vorwurf, der Regierung willfähig. Ich habe darüber in einem Artikel geschrieben:
        http://www.deliberationdaily.de/2021/03/ist-das-noch-wissenschaft-oder-laengst-ideologie/

        • CitizenK 27. Oktober 2021, 11:54

          Ideologie ist, wenn man Fakten ignoriert, um seine Position nicht ändern zu müssen:

          „Die Zahl der Neuinfektionen steigt, die Intensivbetten in deutschen Kliniken füllen sich wieder mit Covid-19-Patienten. Eine schwierige Situation, warnt Virologin Ciesek. Denn bereits aus den vorangegangenen Corona-Wellen seien noch viele Patienten auf den Intensivstationen. Gleichzeitig mangele es an Pflegepersonal. (…)
          Die Zahl der mit Corona-Patienten belegten Intensivbetten steigt derzeit um etwa 15 Prozent pro Woche.“ (Quelle: ntv)

          Und noch immer wird an der längst widerlegten Behauptung festgehalten, von Geimpften ginge keine Ansteckung aus.

          Die Situation ist schlechter als vor einem Jahr. Lösung: Alle Maßnahmen aufheben? Na dann.

          • Stefan Pietsch 27. Oktober 2021, 12:24

            Wollten Sie jetzt umständlich Ihr Verhalten beschreiben? Bitte bemühen Sie sich doch, etwas klarer und verständlicher sich auszudrücken, damit jemand wie ich verstehen kann, was Sie sagen – und nicht, was Sie vielleicht sagen wollen. Deutsch ist eine so schöne Sprache.

            Aus rechtlicher Sicht geht von Geimpften keine Gefahr aus.
            Verstehen Sie, was mit dem Satz gemeint ist? Auf dem Verstehen dieses Satzes basieren alle Lockerungen, ob in Deutschland, in Europa oder der restlichen Welt. Wenn Sie den Satz nicht verstehen, können Sie nicht über das Thema diskutieren.

            Die Intensivstationen füllen sich? Ach nee, was meinen Sie, wofür Deutschland eine besonders hohe Zahl an Intensivbettenkapazitäten unterhält? Damit diese leer bleiben? Sagen Sie mir bitte, was der Sinn der Vorhaltung von Kapazitäten aller Art ist? Dass sie nie genutzt werden oder eben im Falle des Falles zur Verfügung stehen.

            Vielleicht haben Sie es mitbekommen: Die Zahl der Impfwilligen ist in den vergangenen 3 Monaten deutlich zurückgegangen. Allein bei den Profifußballern schätzt man die Anzahl der Verweigerer mit einem Viertel bis einem Drittel. Beim Vorzeigeclub FC Bayern sind 7 Spieler nicht geimpft, bei einem Kader von aktuell 26 Spielern kommt das gut hin.

            Denken Sie: Was will ich Ihnen damit sagen? So geht es mir oft mit Ihren Einlassungen. Die Restanten an Nichtgeimpften sind weitgehend unwillig bis harte Verweigerer. Sie unterliegen, das ist nichts Neues, einem erhöhten Risiko, nicht nur sich zu infizieren, sondern schwerer zu erkranken.

            Es gibt, den Satz werden Sie in letzter Zeit öfters gehört haben, in Deutschland keine Impfpflicht. Wollen Sie die? Dann sagen Sie es. Sich nicht impfen zu lassen ist eine genauso freiwillige Entscheidung wie die Möglichkeit, hier seinen Sermon abzugeben. Jede freie Gesellschaft muss also mit solchen Mitgliedern leben. Haben Sie das verstanden?

            Okay. Sollte eine Gesellschaft bis zur Selbstaufgabe Rücksicht auf Bürger nehmen, die etwas medizinisch dringend Geratenes nicht tun? Wollen Sie diese Frage echt mit „Ja“ beantworten? Lautet die Antwort „Nein“, fehlt Ihnen die Begründung für die Fortsetzung der Maskenpflicht. Eine Zwickmühle. Drücken Sie sich deswegen so häufig so schräg aus?

            Außerhalb Deutschlands versuchen die Länder seit Monaten durch Reizung des Egoismus, die Zahl der Impfverweigerer zu reduzieren. Da werden Prämien versprochen und Ungeimpfte vom normalen Leben ferngehalten.

            In Deutschland dagegen, und Sie sind dafür ein klarer Prototyp, versuchen wir es dagegen mit Altruismus und dem Appell, doch bitte an das Gemeinwohl zu denken. Sie verstehen meiner Ansicht nach wenig von Menschen.

            Impfungen müssen einen sichtbaren Vorteil für diejenigen haben, die sich der Prozedur unterziehen. Als Ehemann einer Erzieherin kann ich Ihnen sagen, den meisten Mitbürgern ist es sch…egal, ob sie andere anstecken, so lange sie selbst Vorteile haben. Lieber stecken sie ihre kranken und hoch-infektiösen Kinder in die Gemeinschaftseinrichtungen, statt eine private Betreuung zu organisieren oder sich einen Tag Urlaub zu nehmen.

            Wenn wir uns dauerhaft so verhalten sollen, als wären wir nicht geimpft, entfällt der stärkste Anreiz, sich impfen zu lassen. Nicht ohne Grund zeigen in der westlichen Welt die Länder mit NoCovid-Strategie eine sehr geringe Impfbereitschaft.

            Sie müssen sich also schon entscheiden, was Sie wollen: Wollen Sie, das möglichst viele Menschen geimpft sind? Oder wollen Sie umfangreiche Schutzmaßnahmen? Beides zusammen geht nicht. Und versuchen Sie es mal mit Egoismus statt Altruismus.

            • Stefan Sasse 27. Oktober 2021, 13:23

              Dummerweise ist einem Virus die rechtliche Sicht egal; auch von Geimpften geht eine Gefahr aus.

              • Stefan Pietsch 27. Oktober 2021, 13:37

                Dem Auto auch. Oder dem Giftstoff. Oder der Strahlenbelastung. Oder dem Ozon. Rechtlich sagen wir aber, diese Sachen sind ungefährlich, so lange sie sich in Grenzen halten.

                In Zeiten, wo wir Politik und Staat für absolut halten, ist das zunehmend schwer verständlich.

            • CitizenK 27. Oktober 2021, 17:23

              In der Tat: Ich will, dass möglichst viele Menschen geimpft sind. Allerdings geht dieser Wunsch nicht in Erfüllung. Eine Impfpflicht will ich auch nicht, ist auch nicht realistisch.

              Was ich will (mit meinem Beitrag): Mit gutwilligen Menschen diskutieren, was es zwischen „alle Maßnahmen aufheben“ (Pietsch) und Lockdown geben kann.

              Was ich nicht will: Von selbsternannten Alles-Besser-Wissern von oben herab abgekanzelt und beleidigt werden.

              In unserer Rechtsordnung ist sind Gesundheit und Leben die höchsten Güter. Kann man u. a. am Strafrechtskatalog ablesen. Wenn ein Mädchen sich im Bayerischen Wald verläuft, wird (zu Recht!) eine Riesen-Aktion gestartet, um diese eine kleine Menschenleben zu retten. Im Falle der Pandemie lasst man Hunderte oder Tausende über die Klinge springen – aus Bequemlichkeit.

              Auf Nicht-Geimpfte muss man keine Rücksicht nehmen? Dann auch nicht auf Raser, Raucher, Risikosportler, Fastfoodesser – selber schuld? Hätten sich halt anders verhalten müssen. Wenn das Ihre Sicht der Dinge ist, wollen Sie eine andere Republik. Jedenfalls nicht die Werteordnung des Grundgesetzes, auf das Sie sich immer berufen.

              • Stefan Pietsch 27. Oktober 2021, 17:44

                Ich will, dass möglichst viele Menschen geimpft sind.

                … aber Sie haben keine Idee einer Strategie dahin. Vor allem mögen Sie nicht sehen, dass Ihre andere Vorstellung

                was es zwischen „alle Maßnahmen aufheben“ und Lockdown geben kann.

                Sie beantworten (wiederholt) die zentrale Frage nicht: Warum sollen sich Menschen impfen lassen? Ihrer Vorstellung nach, um andere zu schützen. Das gilt ja, wenn die Leute für sich entscheiden, das Risiko erkranken zu können, wagen. Warum sollte sich aber jemand impfen lassen, um andere zu schützen? Ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung sagen: Wer sich die Spritze verpassen lässt, läuft Gefahr, sich an den Tagen danach hundselend zu fühlen. Spaßig ist das nicht.

                Ich kenne die Stelle im Grundgesetz nicht, wo steht, man dürfe sich im öffentlichen Raum nur mit Maske bewegen. Die hätte ich gerne mal nachgelesen. Alles andere gehört in den Bereich Einschränkungen meines Lebensbereichs, die begründungspflichtig sind. Und zwar mit mehr als „ist doch besser für uns alle und Viren sind gefährlich“.

                In unserer Rechtsordnung ist sind Gesundheit und Leben die höchsten Güter.

                Nein, da unterliegen Sie einem Irrtum, den Sie schon seit 18 Monaten sich weigern, wahrzunehmen. Das Recht auf Gesundheit ist genauso hoch zu bewerten wie, sagen wir, sich von sterbenden Angehörigen verabschieden zu können oder das Recht auf Eigentum. Wie leicht einige Linke meinen, genau das nach Gutdünken aushebeln zu können, sehen wir in Berlin.

                Wenn ein Mädchen sich im Bayerischen Wald verläuft, wird (..) eine Riesen-Aktion gestartet, um diese eine kleine Menschenleben zu retten.

                Wenn ein Haus besetzt ist, muss der Staat notfalls auf Gefahr der Polizisten das Haus räumen. Kosten interessieren nicht.

                Helfen Sie mir: wo nehmen wir in unserer Rechtsordnung Rücksicht auf Raucher, Risikosportler und Fast-Food-Esser? Rauchern verbieten wir de facto das Rauchen. Aber das meinten Sie sicher nicht. Wenn’s schief geht, versorgen wir sie im Gesundheitswesen. Aber, lieber CitizenK, ich plädiere doch nicht dafür, Ungeimpfte nicht mehr zu versorgen, wenn sie erkranken. Bitte!

              • Thorsten Haupts 27. Oktober 2021, 18:28

                In unserer Rechtsordnung ist sind Gesundheit und Leben die höchsten Güter.

                Das ist zum einen theoretisch falsch – der herausgehobene höchste Wert des Grundgesetzes ist die Würde des Menschen und nicht sein Leben.

                Zum anderen ist es auch faktisch falsch – wir riskieren jeden Tag Gesundheit und Leben von Menschen für viele andere Zwecke, vom Bau über den motorisierten Verkehr bis zu geräuschlosen Hinnahme der Gesundheitsgefährdung durch nicht CORONA Viren und Bakterien.

                Wir diskutieren de facto immer nur und ausschliesslich darüber, wieviele Kranke und Tote wir für unsere Freiheit im Alltag in Kauf nehmen. ALLE diskutieren nur darüber, auch diejenigen, die „Leben und Gesundheit“ gerne als moralisches Argument verwenden. Wenn man das wirklich ernst meinte, hätten wir eine völlig andere (und ich bin ziemlich sicher – nicht mehr lebenswerte) Gesellschaft.

                Ich war und bleibe trotzdem für die Impfpflicht, weil ich politisch die de facto Impfpflicht durch die Hintertür (2G Regeln) für bei weitem (!) schädlicher halte und mir feige Politiker, die eigentlich führen sollten, ziemlich zuwider sind.

                Gruss,
                Thorsten Haupts

  • Stefan Pietsch 26. Oktober 2021, 11:01

    9) Da schlummert erhebliches Konfliktpotenzial
    Es gibt gute Gründe, der FDP das Finanzministerium zu geben, denn offensichtlich verstehen Grüne nichts von Verbindlichkeiten, ob sie nun Schulden oder Kredite genannt werden.

    Auch eine Pommesbude beginnt vor der Kreditaufnahme mit einem Rückzahlungsplan. Niemand bekommt selbst von Freunden Geld geliehen ohne genauere Verpflichtung über Umfang und Zeitpunkt der Rückzahlung. Der Staat beansprucht hier für sich eine Ausnahme. Rückzahlung nicht vorgesehen. Deswegen handelt es sich auch bei der Fremdkapitalaufnahme des Staates nicht um Kredite im herkömmlichen Sinne, sondern Dauerschulden. Die Rückzahlung ist wenn nur über die lange Bank der Inflationierung vorgesehen.

    Manchmal geht eine solche Kalkulation schief, dann hängen Länder wie Italien, Japan, Belgien oder Argentinien dauerhaft am Fliegenfänger. Selbst wenn sie ihre Schulden streichen, die Bonität ist auf lange Zeit dahin, Zwischenfinanzierungen wesentlich teurer, was den Kern für eine erneute Überschuldung trägt.

    Robert Habeck hat das nicht verstanden. Das macht ihn nun wirklich nicht für das Amt des Finanzministers geeignet. Vielleicht versucht er es mal in Rom?

    • mikefromffm 26. Oktober 2021, 16:30

      Es gibt noch mehr gute Gründe, der FDP das Finanzministerium nicht zu geben, denn offensichtlich verstehen deren „Finanzexperten“ nichts von Fiskal- und Geldpolitik. Steuersenkungen für die oberen 5 % zu verlangen ist keine „Finanzkompetenz“, sondern schlicht Lobbytum. Also tun wir mal nicht so, als hätte Herr Lindner irgendeine nachweisbare „Finanzkompetenz“ (aber vielleicht habe ich ja da das eine Interview, in dem er damit glänzt, noch nicht entdeckt). Eine Pommesbude unterscheidet sich auch ganz erheblich von einem Staat, der ganze folgende Vergleich ist also komplett unsinnig. Wer Staatsfinanzierung mit der Finanzierung einer Pommessbude vergleicht beweist nur eins: Er hat keine Ahnung davon, wie sich Staaten finanzieren. Das beweist auch die folgende Behauptung, der Staat würde eine „Ausnahme“ für sich verlangen, was „genaue Verpflichtung über Umfang und Zeitpunkt der Rückzahlung“ betrifft. Wer eine 10-jährige Staatsanleihe erwirbt weiß genau, wann er was zurück bekommt. Ich hoffe, sie haben beruflich nichts mit Volkswirtschaft zu tun.

      • Stefan Sasse 26. Oktober 2021, 18:29

        Natürlich haben die keine „Finanzkompetenz“, das ist eine reine Legende. Aber eine sehr, sehr wirkungsvolle.

        • Dennis 26. Oktober 2021, 20:49

          Richtig. „Kompetenz“ ist im Politgeschäft im Übrigen ein Kampfbegriff. Es geht darum, dem Diktum „politisch erwünscht“ eine schein-objektive Weihe zu verleihen. Sozusagen der umgedrehte Fall von „Ideologie“. Diejenigen, die Letzteres angeblich betrifft (obwohl das alle betrifft) sind dann die Inkompetenten. Kriterien gibt’s natürlich keine, außer Daumen hoch oder runter.

          Und übrigens:
          Hier wird ja auch mitunter über Lehrer:innen diskutiert^: Davon gab es als Finanzminister schon zwei 🙁 ,nämlich Franz-Josef Strauss und Eichel. Ferner einen Physiker und einen mit Realschule, der nie eine Uni von innen gesehen hat (Alex Möller). Ferner jede Menge Jura. Je nach Geschmack kann man/frau jeweils sagen oder unterlassen zu sagen „gefällt mir“ oder auch „kompetent“, was beides auf’s Selbe hinausläuft.

          • Dennis 26. Oktober 2021, 21:03

            Ähm….nach „Lehrer:innen als Finanzminister:innen“ sollte eigentlich ein freundlicher Smiley stehen. Das ASCII-Zeugs verwechsle ich immer^. Finanzministerin gab es auf Bundesebene übrigens noch nie; daran sollte man/frau auch mal denken bzw. dran arbeiten.

          • Stefan Sasse 27. Oktober 2021, 07:47

            Genau. War Wolfgang Schäuble ein kompetenter Finanzminister? Für Austeritäts- und Maastricht-Fans sicherlich. Aus meiner Warte wirkte er wie ein blindwütiger Ideologe. Aber das ist normal.

            • Stefan Pietsch 27. Oktober 2021, 08:51

              Wolfgang Schäuble war ein Verwalter ohne Gestaltungswillen in dem Amt. Man kann auch nicht behaupten, er wäre Finanzminister mit Herzblut gewesen.

              Genauso unsinnig ist es aber, ihn als blindwütigen Ideologen zu sehen. Schäuble hat das Minimum in dem Amt gemacht, es nach der Verfassung ausgelegt. Das als Ideologie herabzukanzlen, muss man schon blindwütig sein und das Recht gezielt missachten wollen.

              • mikefromffm 27. Oktober 2021, 09:20

                Das nächste Märchen vom „Fachmann“. „Wolfgang Schäuble war ein Verwalter ohne Gestaltungswillen“? Fragen sie doch mal die Griechen: Schäuble verhinderte in der GRE-Krise eine Einigung in der Eurogruppe. Er stoppte nicht nur die Auszahlung des nächsten Hilfskredits, obwohl Athen ein neues Austeritätsprogramm beschlossen hatte, gegen das die Hartz-Reformen nur „ein mildes Lüftchen“ waren, wie Sigmar Gabriel (SPD) zu Recht anmerkte. Er blockiert auch Schuldenerleichterungen, wie sie der Internationale Währungsfonds (IWF) fordert und ohne Erleichterungen wollte der IWF sich nicht am Griechenland-Programm beteiligen. Der Mann hat verbrannte Erde hinterlassen, weil er blindlings seiner Austeritäts-Ideologie gefolgt ist.

                • Stefan Pietsch 27. Oktober 2021, 10:46

                  So unspezifisch und so laut?

                  Die Fakten:
                  Die Zahlungen an Athen stoppten kurzzeitig, weil die neue griechische Regierung die Vereinbarungen aufgekündigt hatte.

                  Deutschland ist nicht Griechenland.

                  Anders als Irland und Portugal hatte sich die griechische Regierung zahlreiche Male gegenüber den Geldgebern regelwidrig verhalten. Die Kooperationsbereitschaft Athens war überschaubar.

                  Es passt nicht zusammen, einerseits neue Kredite einzufordern, sich nicht an Vereinbarungen halten zu wollen und Schuldenerleichterungen einklagen. Dies hätte Athen 2010 haben können – in dem sie mit ihren (privaten) Gläubigern über einen Schuldenschnitt verhandelt hätten. 2012 bekam Athen seinen Schuldenschnitt.

                  Wenn souveräne Staaten Finanzhilfen gewähren und gleichzeitig auf die Rückzahlung verzichten, ist das Untreue und verboten. Das geht laut § 59 Bundeshaushaltsordnung (BHO) nicht gegenüber den eigenen Bürgern. Warum sollte es im internationalen Rahmen zulässig sein?

                  Die EZB stoppte nach dem Referendum im Juni 2015 umgehend den Kapitalverkehr mit Griechenland.

                  Der IWF war vor der Eurokrise an Finanzier Griechenlands beteiligt und wollte schon beim ersten Hilfspaket seinen Anteil von 30 Milliarden Euro nicht ausweiten. An weiteren Hilfen im Rahmen des Rettungspakets III beteiligte sich der IWF nicht. Wesentliche Begründung: Die Institution war in dem kleinen Land bereits schon mehr beteiligt als es durch die Statuten zu rechtfertigen sei. Athen gehörte zeitweise zu den größten Schuldner des IWF. Und auch der IWF sah sich nicht zu einem Verzicht auf gegebene Hilfsgelder imstande.

                  Wenn Sie das nächste mal Märchen erzählen wollen, heben Sie sich das doch für Ihre Kinder auf.

                  • mikefromffm 27. Oktober 2021, 13:31

                    Die Zeit Online:
                    „Es wäre ein Fehler, ihm seinen Wunsch zu erfüllen“
                    Christian Lindner täte weder Deutschland noch Europa als Finanzminister gut. Als Minister für Digitales wäre er besser geeignet, sagen zwei US-Wirtschaftswissenschaftler.
                    Ein Gastbeitrag von Joseph E. Stiglitz und Adam Tooze 😀

                    • Stefan Pietsch 27. Oktober 2021, 13:34

                      LOL

                      Stiglitz ist ein sozialistischer Ökonom (eigentlich ein Widerspruch) und die ZEIT nicht gerade ein wirtschaftsliberales Medium.

                    • Stefan Sasse 27. Oktober 2021, 16:07

                      Und das macht es natürlich automatisch falsch, weil du bist kein Ideologe.

                    • Thorsten Haupts 27. Oktober 2021, 15:17

                      US Wirtschaftswissenschaftler haben einen geradezu sagenhaften Ruf, was ihre Kenntnisse US amerikanischen Auslandes angeht. Freue mich schon über den Abdruck des Artikels in der NYT, in dem Christoph Butterwegge und Marcel Fratscher der nächsten republikanischen US-Regierung Empfehlungen zur Besetzung des U.S. Treasury Secretary gibt. Wird richtig Wellen schlagen :-).

                      Gruss,
                      Thorsten Haupts

                    • Stefan Sasse 27. Oktober 2021, 16:07

                      Jepp, die haben auch völlig recht, nur: das hilft nix, Ampel gibt’s nur mit FDP-Finanzministerium.

                    • Stefan Pietsch 27. Oktober 2021, 16:32

                      In Sozialwissenschaften, wo es keine absoluten Weisheiten gibt, empfiehlt es sich, mehrere zu hören. So ist der ehemalige Chef der Wirtschaftsweisen, Lars Feld, davon überzeugt, dass Lindner der richtige Finanzminister wäre. Überrascht Dich jetzt, gell?

                      Fakt ist: Leute wie Stieglitz, Tooze, Draghi und Macron fürchten Christian Lindner aus den Gründen, aus denen andere damit positive Erwartungen verknüpfen. Über die fachliche Eignung sagt das nicht das geringste.

                      Stieglitz & Co. wollen generell eine andere Wirtschaftspolitik als sie von der Mehrheit der Ökonomen für richtig befunden wird. Deswegen seine Kritik. Das muss man wissen. Und derjenige, der so etwas in die Welt bläst, hätte darüber aufklären können.

                      Seriosität und so.

                    • Stefan Sasse 27. Oktober 2021, 17:33

                      Und da dachte ich gerade noch, wir müssten nicht auf mehrere hören, weil es reicht zu schauen, in welcher Zeitung jemand erscheint und ob er mal die Bezeichnung „Sozialist“ hatte.

                    • Stefan Pietsch 27. Oktober 2021, 18:06

                      Stieglitz markiert einen Extrempunkt. Deine Vorliebe für Extrempunkte bildet sich raus, oder?

                    • Stefan Sasse 27. Oktober 2021, 18:34

                      Ich weiß dass er ziemlich unorthodox ist. Aber Tooze nicht.

                    • Stefan Pietsch 27. Oktober 2021, 18:56

                      Ich habe von Tooze nichts gelesen. Du dafür umso mehr. Die Gegenfrage ist, ob Du da nicht zu einseitig bist.

                      Lindner wird immer Politiker sein, kein Administrator. Er hat das Ministerium im Sinne der politischen Mehrheit zu führen. Wenn die Deutschen finanzwirtschaftliche Solidität wünschen (auf Dauer Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben), dann wäre er ein schlechter Finanzminister, würde er eine Politik betreiben, die einer italienischen oder spanischen Regierung besonders zusagt.

                      Bei Habeck besteht leider diese Gefahr und er hat wenig getan, die Befürchtungen zu zerstreuen. Deswegen wünschen ihn auch wenige als Finanzminister, während man sich in Paris freuen würde. Aber es geht um den deutschen Finanzminister, nicht um den französischen oder niederländischen.

                      Deswegen steht stark zu vermuten, dass Lindner der eindeutig Bessere für den Job des Kassenwarts wäre. Die Italiener wählen ihren Finanzminister schon selber.

                    • Stefan Sasse 27. Oktober 2021, 21:46

                      Wenig überraschend, ich stehe Tooze nahe. Keine Frage. Aber genauso stehst du ja bestimmten Leuten nahe und anderen fern. Das ist ja völlig normal.

                      Dein Vorwurf potenziellen Landesverrats ist dagegen völlig daneben.

                      Davon abgesehen: dein Verständnis des Finanzminister als „Kassenwart“ zeigt schon das ganze Problem.

                    • Stefan Pietsch 28. Oktober 2021, 00:09

                      Potentieller Landesverrat? Da hast Du etwas falsch gelesen. Aber ein sehr deutsches Problem in der EU-Geschichte ist, dass wir weniger in nationale Interessen denken als Franzosen, Italiener, Spanier usw. So funktioniert das nicht.

                      Der Finanzminister hat zwar große Mitsprache, dafür aber wenig gestalterische Macht, soweit es um die Struktur der Steuern hinausgeht.

                    • Stefan Sasse 28. Oktober 2021, 07:09

                      Das ist eine Legende. Die deutsche Finanzpolitik gerade während der Finanzkrise war von einer beeindruckenden nationalen Engstirnigkeit.

                    • Stefan Pietsch 28. Oktober 2021, 09:04

                      Die deutsche?!?

                      Die Position der Bundesregierung war moderat im Konzert der Nordländer.

                    • Thorsten Haupts 28. Oktober 2021, 09:24

                      Die deutsche Finanzpolitik gerade während der Finanzkrise war von einer beeindruckenden nationalen Engstirnigkeit.

                      Jo, wir haben nicht sofort zusätzliche zweistellige jährliche Milliardentransfers an die Südländer rausgehauen und uns doch tatsächlich geweigert, die unkontrollierte Kreditaufnahme aller EU-Länder durch die EU (lies: Deutschland) zu garantieren.

                      Was bei vielen politischen Kommentatoren in Deutschland unter „nationale Engstirnigkeit“ fällt – in ausnahmslos allen anderen EU-Staaten fällt das unter das Minimum nationaler Interessenvertretung.

                      Gruss,
                      Thorsten Haupts

                    • Stefan Sasse 28. Oktober 2021, 14:52

                      Wie ich an anderer Stelle schrieb, das war typisch Merkel. Konservativ wie sie war tat sie das absolute Minimum, um den Status Quo so weit wie möglich zu bewahren.

                  • mikefromffm 28. Oktober 2021, 10:06

                    Genau, die Griechenlandkrise fing 2015 an … Was soll man da noch sagen?

              • Stefan Sasse 27. Oktober 2021, 10:30

                „Ein Geisterfahrer? Hunderte!“

  • Thorsten Haupts 26. Oktober 2021, 13:11

    Zu 1): Käuflichkeit behauptet nicht mal der verlinkte Artikel selbst. Und wenn die Demokraten das oberste amerikanische Gericht als Gegner ausmachen, haben sie schlicht das letzte Organ beseitigt, das durch Entscheidungen Gültigkeit herbeiführt. Be my guest …

    Zu 4) Spot on (der verlinkte Artikel). Linke versuchen, Frauen in die Vollzeitarbeit zu zwingen, dem dient ja auch das bisher niedrigschwellige, aber beständige, Anrennen gegen das Ehegattensplitting. Ich hatte „links“ ja immer anders verstanden, aber was weiss ich schon.

    Zu 5) after the financial crisis, Europe suffered under hegemonic austerity politics that created an economic lost decade.
    Klar, es war „austerity politics“ und nicht ganz altmodisch „über die eigenen Verhältnisse leben und die Kreditzinsen steigender Kreditaufnahme nicht mehr stemmen können“. Glaubte ich sofort – wenn ich vorsätzlich dämlich wäre. Griechenland (pars pro toto) hätte soviel Geld ausgeben können, wie es wollte – es hätte halt „nur“ die Kreditkosten stemmen müssen.

    Zu 7) Stimmt alles. Kenne ich zusätzlich aus grossen Projekten zur Genüge, scheint also eine Menschheitskonstante zu sein. Seufzen und weitermachen – keine Chance auf eine radiale Änderung vor einer passenden (echten) Katastrophe. Und wahrscheinlich selbst dann nicht.

    Zu 8) Um das zu erreichen, muss man allerdings die Macht der Nimbys brechen. Bruhahahahaha. Ich wüsste als Politiker besseres mit meiner begrenzten Lebenszeit anzufangen.

    Zu 10) aber ich sehe kein demokratisch-rechtsstaatliches Verfahren, in dem man ihr den gleichberechtigten Status wie den anderen Parteistiftungen vorenthalten will.
    Eine erstaunlich klare (und richtige) Erkenntnis, Glückwunsch dazu.

    Zu 11) Ich hätte exakt den gleichen Artikel schreiben können, nur in der Rolle des Schurken nicht radikalisierte Konservative (übrigens ein Widerspruch in sich, Farage oder Bannon sind in keiner Hinsicht Konservative), sondern Wokies. Auf die exakt das zutrifft: absoluten Machtanspruch, den er nicht mehr bereit ist, im Ausgleich, im Konsens zu teilen. Ansonsten hat Strobl (wie erwartet) einen an der Waffel, es gibt in Westeuropa bisher keine radikalisierte konservative Partei, das trifft nicht einmal auf die ÖVP zu. Was ich von „Analysten“ halte, die nicht analysieren können, erspare ich diesem Blog.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • Stefan Sasse 26. Oktober 2021, 18:27

      1) Ich habe schon oft geschrieben, dass ich das für eine fatale Entwicklung halte. Aber die Dynamik hat echt zwei Seiten…

      4) Witzigerweise kommt dieses Zwingen von allen Parteien, was die konkrete Politik anbelangt. Nur dass CDU und teilweise FDP gerne so tun, als würden sie das nicht machen.

      5) Jepp, austerity politics war doof.

      7) Jepp.

      8) Nun, zumindest in dem Beispiel hat es ja geklappt.

      10) Underhanded compliments, immer willkommen…

      11) du hast „die meine Analyse nicht teilen“ falsch geschrieben.

      • Thorsten Haupts 27. Oktober 2021, 13:05

        Zu 11): Tut mir aufrichtig leid, da reingegrätscht zu sein, als uns der Text einer linksradikalen Aktivistin über ihren politischen Feind (Strobl kennt keine „Gegner“ oder „Mitbewerber“) als Analyse präsentiert wurde. Wie immer – netter Versuch.

        Gruss,
        Thorsten Haupts

  • Erwin Gabriel 26. Oktober 2021, 15:21

    4) Als wären Mütter zu bequem

    Statt gerechter zu verteilen …

    Da kriege ich meinen ersten Brechreiz. Es gibt keine objektive Gerechtigkeit.

    Doch es ist kein Naturgesetz, Frauen schlecht zu bezahlen, genauso wie die 40-Stunden-Woche kein Naturgesetz ist.

    Das gilt doch genauso in die andere Richtung: Frauen gar nicht bezahlen oder die 60 Stunden-Woche wären ebenfalls möglich …
    Dämlich-populistisches Nicht-Argument, eine Forderung damit zu begründen, dass der Status quo nicht per (Natur-)Gesetz festgeschrieben ist.

    Die Verantwortung, die Männer, Arbeitgeber und Politik an der Altersarmut von Frauen haben, wird komplett ausgeblendet.

    Von Männern und Arbeitgebern gibt es keine grundsätzliche Verantwortung in diese Richtung. Von der Politik – ja, eindeutig!

    Das liegt sicher nicht daran, dass sie alle zu faul zum Arbeiten wären, …

    Kenne ich genug von. Aber da verdient der Mann genug, dass das ohne Altersarmut aufgeht, um die muss man sich nicht sorgen.

    >i>… sondern dass sie gleich mehrfach diskriminiert werden.
    Diskriminiert (=absichtsvoll benachteiligt)? … Hmmm, weiß nicht; ignoriert – ja, definitiv. Ich erkenne ein System, in dem arbeitende Mütter nur in untergeordneten Teilzeitrollen passen. Wie üblich das Problem, dass eine Entscheidung (in diesem Falle pro Kind) zu Folgen führt, bei denen andere die Konsequenzen tragen sollen.

    Dass Mütter der Meinung sind, dass sie durch ihre Mutterschaft der Gesellschaft einen Dienst erweisen, kann ich nachvollziehen bzw. sehe ich genauso. Dass Arbeitgeber nicht dafür die Rübe hinhalten möchten, verstehe ich auch.

    Es gibt auch kein echtes Interesse seitens der Sozial- oder Arbeitspolitik, diese strukturellen Probleme aufzubrechen. Diese Kritik müssen sich alle Parteien gleichermaßen gefallen lassen.
    Volle Zustimmung. Aber selbst hier im Forum, wo es nichts kostet, mögen viele die strukturellen Probleme nicht ansprechen, und weichen (wie die Politik) Fragen aus, die bittere Antworten ergeben würden. Denn bevor man über Maßnahmen spricht, sollte man sich klar darüber sein, welche Ziele man überhaupt anstrebt. Und hilfreich wäre es, die bei der Erziehung geleistete Arbeit in Geld bewerten – nicht, um diesen Betrag auszuzahlen, aber um ihn beispielsweise bei der Rente zu berücksichtigen.

    • Stefan Sasse 26. Oktober 2021, 18:28

      4) Korrekt, gibt es nicht.
      Ich sehe das Grundproblem in der strukturellen Diskriminierung. Frauen wird weiterhin der Löwenanteil der Care-Arbeit aufgelastet, aber das wird nicht anerkannt.

    • Floor Acita 27. Oktober 2021, 11:58

      „Diskriminiert (=absichtsvoll benachteiligt)“
      Wieso „absichtsvoll“? Es gibt sehr viele Diskriminierungen die durch ein Zusammenspiel verschiedener Dynamiken entstehen ohne dass dafür ein sich den Schnurbart zwirbelnder Bösewicht vonnöten wäre…

  • Stefan Pietsch 26. Oktober 2021, 15:33

    8) Labour, National announce sweeping housing density law, three-storey homes without consent
    Die Wohnbedürfnisse gerade junger Menschen sind sehr volatil. Heute noch in der Stadt, morgen auf dem Land. Die Frage ist da nicht, ob Einfamilien- oder Mehrfamilienhäuser, sondern die Schnelligkeit der Genehmigungsprozesse. Um die ist es nicht nur in Berlin schlecht bestellt. Die Hauptstadt bemüht sich, das Bauen grundsätzlich schwer zu machen und Investoren abzuschrecken.

    Aber auch sonst gilt: Der Ausweis von Bauland und bauen selbst geht zu Lasten der Einheimischen. Die aber stellen das Gros der Wähler. So wird in Berlin seit Jahren verhindert, dass am alten Tempelhofer Flughafen gebaut werden kann. Ein riesiges Areal liegt brach.

    • Stefan Sasse 26. Oktober 2021, 18:28

      Klar! Das ist ja das Dilemma aller Kommunalpolitik: notwendigerweise nur von denen gemacht, die schon da sind, nicht von denen, die gerne hinwollten.

  • FS 26. Oktober 2021, 16:31

    7) Soso. Nachdem der FAZ-Autor erst einmal einen kleinen Sermon gegen die ausufernde Bürokratie generell und in Deutschland bringt, hat er auch ein paar Autoren, die mit einer schlauen ökonomischen Theorie und anhand italienischer Daten belegen zu meinen können, was die Ursache des ausufernden Gesetzes- und Bürokratiewustes ist: Häufig wechselnde Regierungen.
    Es wäre hier vielleicht mal interessant gewesen, hätten sich die Autoren des AER-Artikels, Pennekamp, oder auch der Autor dieses Vermischten überlegt, wie gut diese These ihre Erklärungskraft denn behält, wenn man sie auf ein Land mit recht seltenen Regierungswechseln überträgt – wie bspw. die Bundesrepublik Deutschland. Zur Verdeutlichung: In der Wikipedia wird die Zahl der Ministerpräsidenten der Republik Italien der Nachkriegszeit so mit 30 angegeben, diese standen auch teilweise mehreren Regierungen vor, so dass die Zahl der Regierungen noch darüberliegen dürfte. In der Nachkriegszeit hatte die Bundesrepublik eine Anzahl von Bundeskanzlern, die m.W. immer noch einstellig ist, und auch wenn auch diese manchmal Regierungen mit unterschiedlichen Parteien vorstanden, dürfte die Zahl der „Regierungen“ in der Bundesrepublik immer noch weit unter der Italiens liegen. Seit dem Ende des Ost-West-Konflikts (Bruchpunkt laut Pennekamp für die häufigen Regierungswechsel in Italien) hatten wir in der BRD nur drei Bundeskanzler – die Zeit „häufigerer“ Regierungswechsel lag bei uns im Zeitraum davor.
    Wie soll man vor diesem Hintergrund und mit der genannten Ausgangstheorie darauf kommen, wir hätten in Deutschland ein Bürokratieproblem und ausufernde Gesetze. Oder andersherum: Wenn wir in Deutschland ausufernde Gesetze und ein Bürokratieproblem haben, dann kann diese Erklärung offensichtlich dafür nicht geltend gemacht werden.

    • Erwin Gabriel 27. Oktober 2021, 09:07

      @ FS 26. Oktober 2021, 16:31

      7) … hat er auch ein paar Autoren, die mit einer schlauen ökonomischen Theorie und anhand italienischer Daten belegen zu meinen können, was die Ursache des ausufernden Gesetzes- und Bürokratiewustes ist: Häufig wechselnde Regierungen. …

      Ich schließe mich an, halte ich auch für Quatsch. Wer alle 12 Monate in den Wahlkampf muss, hat keine Zeit, die Bürokratie aufzublähen.

  • sol1 26. Oktober 2021, 22:42

    6) Dieser oberflächliche Pessimismus ist ein hartnäckiges kulturelles Problem, wenn ich bedenke, daß Colin Wilson ihn schon 1959 in seinem Buch „The Age of Defeat“ attackiert hat.

  • cimourdain 27. Oktober 2021, 11:58

    2) Was du mit ‚schlechte Kommunikation‘ bezeichnest, nämlich die Kleinteiligkeit der Regulierung und deren Lebensferne und Ineffektivität, ist vor allem ein handwerklich schlechtes Produkt dahinter. Paradoxerweise wirkt dabei ein Aspekt der schlechten Kommunikation, nämlich die bewusst in Kauf genommene Polarisierung (das berüchtigte ‚Panikpapier‘ des Innenministerium) dabei eher stabilisierend, indem es viele Multiplikatoren hinter sich bringt, frei nach dem Motto ‚good or bad, Hauptsache Coronamaßnahmen‘
    4) Die im Artikelschnipsel konkret erwähnten Vorhaben sind doch relativ speziell und randständig (Wie viele unverheiratete Paare mit Adoptionswunsch kennst du?). Die dicken Bretter, die eigentlich zu bohren wären ( Behördentransparenz, police accountability, Datensouveränität, Law evaluation), erfordern viel politisches Kapital und ich habe den Verdacht, dass deshalb keine der Parteien das anpacken wird (zumal das Innenministerium wohl an die SPD geht).
    6) Ich werde immer hellhörig, wenn Leute über ein Werk urteilen, ohne es zu kennen. Das Thema ‚the most dangerous game‘ als Unterhaltung (ob von Eliten oder Masse, ist dabei irrelevant) ist selbstverständlich ein wohl beackerter (aber wegen der archaischen Verdichtung funktionierender) Topos: Das MIllionenspiel, Running Man, Battle Royale, The Hunger Games (die ein gewisser Politblogger erst vor kurzem in hohen Tönen gelobt hatte), etc… Wichtig ist, wie interessant die Einbettung funktioniert. Und da ist für mich bemerkenswert, dass aus Korea vorher schon zweimal (Snowpiercer, Parasite) im Westen als kulturell relevant betrachtete Allegorien auf den Kapitalismus bzw. die aus ihm hervorgehende Klassengesellschaft gekommen sind.
    10) Der Skandal ist doch die Tatsache, dass die Parteien ihre Stiftungen mit mehr als einer halben Milliarde Euro aus der Staatskasse am (eh schon großzügigen) Parteiengesetz vorbei zusätzlich finanzieren. Aber es muss erst eine unsympathische Partei davon profitieren, bevor sich die Leute daran stören.
    Kleine Boshaftigkeit: Wer findet es noch ironisch, dass der Namenspatron der AfD-Stiftung ein ’Lob der Dummheit‘ geschrieben hat?
    11) Eine (Teil)erklärung ist, dass die Konservativen bisher sehr gerne technokratisch aufgetreten waren und ihre Interessenpolitik mit Sachzwängen, Marktlogik und Haushaltsdisziplin verbrämt hatten. In den letzten Jahren sind progressive Parteien immer stärker mit ähnlicher Sachzwang-Argumentation aufgetreten. Deswegen agieren die Konservativen zunehmend populistisch.

    • Stefan Sasse 27. Oktober 2021, 13:22

      2) Korrekt. Deswegen bin ich ja gegen die Kleinteiligkeit.

      4) Korrekt. Aber es ist trotzdem gut, dass diese Sachen angegangen werden, auch wenn es nur wenige betrifft. Dass die dicken Bretter auch angegangen werden sollten steht außer Frage.

      6) Korrekt. Ich mochte Parasite auch. Bin kein Fan von Battle Royale. Hunger Games ist sehr gut. Aber ich muss meine Entscheidungen, wie ich meine knappe Freizeit nutze, ja auf einer Basis treffen, bevor ich es schaue. Und das war bei Squid Game einerseits das Rezensionsniveau und andererseits die Prämisse.

      10) Das ist kein Skandal, nein. Die Parteistiftungen erfüllen zentrale Funktionen in der Demokratieförderung, im In- wie Ausland. Nur wird die AfD wohl weniger die Demokratie fördern..

      11) Diese Dynamik wurde schon von mehreren Anylisierenden bemerkt, und ich finde, das hat sehr viel für sich. Das eher technisch-pragmatische vs. ideologische Vorgehen hat sich parteipolitisch 180° gedreht in den letzten 20 Jahren.

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