Schluss mit Wachstum Teil 2 – Wachstum ohne Ressourcenverbrauch und Verschmutzung?

Dieser Artikel ist eine Fortsetzung eines Textes aus dem Jahr 2011. Der ursprüngliche Kommentar hat sich mit dem Dilemma unseres Wirtschaftssystems befasst, in dem Innovation und Steigerung der Produktivität den einzelnen Akteurs zu ständigem Wachstum zwingen, da sonst die Wirtschaftssubstanz und nicht zuletzt die Möglichkeit, einen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit zu bestreiten, immer weiter abnehmen würde. In der Schlussfolgerung geht es darum, dass wir unser Wirtschaftssystem grundsätzlich ändern müssen, wenn wir einen Lebensstil anstreben, der unser Ökosystem nicht permanent überfordert.

In der nächsten Zeit möchte ich in mehreren Schritten an diesen Artikel anschließen, neue Aspekte ergänzen oder Gedanken aus dem damaligen Text vertiefen. Den Anfang macht heute die Idee, Wachstum von Ressourcenverbrauch und Verschmutzung zu entkoppeln

Wachstum ohne Ressourcenverbrauch

Die Idee, Wachstum vom Verbrauch von Rohstoffen und von der Emission von Schadstoffen entkoppeln, wird gerne von Akteuren ins Spiel gebracht, die grundlegende Änderungen am aktuellen Wirtschaftssystem ablehnen. Dann soll etwa der Dienstleistungssektor zum Wachstumsmotor werden. In dieser Perspektive wird Wachstum vor allem absolute Größe gesehen, als zunehmende Geldmenge.
Nur: Einer größer werdenden Geldmenge muss auch ein sich vergrößerndes Angebot an Waren gegenüberstehen, die man sich dafür kaufen kann, mindestens aber Dienstleistungen, die man in Anspruch nehmen kann, vor allem aber auch in Anspruch nehmen möchte.

Ohne ein Wachstum an erwerbbaren Waren und Dienstleistungen, das der Steigerung der Geldmenge mindestens ansatzweise entspricht, handelt es sich aber nicht um Wachstum, sondern um Inflation. Wenn die Geldmenge steigt, während die Menge der verfügbaren Waren und Dienstleistungen stagniert oder gar schrumpft, werden sie teurer. Das kann bis zu einem gewissen Punkt gewollt sein, damit eine Anhäufung von Vermögen dadurch unattraktiver wird, dass das Geld in Zukunft weniger Kaufkraft haben wird, als heute. Aus diesem Grund haben wir derzeit in der EU ein positives Inflationsziel. Gleichzeitig verursacht das aber für die Menschen Probleme, die mit sehr begrenzten Mitteln nicht nur ihren heutigen Lebensstandard sichern, sondern auch für die Zukunft, etwa fürs Alter oder kommende größere Anschaffungen, vorsorgen müssen.
Bizarrerweise wird von den Wachstumsbefürwortern gerade das gerne als Argumente vorgebracht, da besonders diese Menschen auf Wachstum angewiesen seien, um ihr Geld mit Rendite anlegen zu können, um ihre Ersparnisse nicht zu entwerten bzw. zu vermehren.

Nehmen wir an dieser Stelle aber mal an, es würde wirklich ein Dienstleistungssektor entstehen, der nicht nur einerseits (wenigstens ansatzweise) sinnvolle Arbeitsplätze bereitstellt, sondern auch Dienstleistungen hervorbringt, die für Endverbraucher tatsächlich attraktiv sind: Auch Dienstleistungen verbrauchen Ressourcen und verursachen Abfall und das teilweise in einem erheblichen Ausmaß. Die Medien-Streaming-Dienste zum Beispiel gehören zu den größten Energieverbrauchern der Welt und das nur durch das Bereitstellen der Inhalte. Die Produktion ist dabei noch nicht mal berücksichtigt.
In der Realität kommt dazu, dass wir bereits heute in vielen Bereichen einen Verdrängungswettbewerb haben, in dem verschiedene Akteure sich gegenseitig unterbieten, um eigentlich objektiv in sehr viel geringerem Umfang benötigte Dienstleistungen für einen eigentlich zu geringen Preis anbieten, zu dem sich kaum wirtschaftlich arbeiten lässt. (Ein Beispiel wären die die Freelancer-Economy in vielen kreativen Berufen)

Qualitatives Wachstum

Ein weiteres Konzept, dass gerne gegen grundlegende systematische Änderungen und tiefgreifende Einschnitte in Stellung gebracht wird, ist die Idee des qualitativen Wachstums. Dabei sollen durch Innovationen in den Produktionsprozessen Rohstoffe eingespart und Müll vermieden werden. Auch eine verbesserte Haltbarkeit soll Ressourcen schonen und den Müllberg verkleinern. Daneben erhoffen sich die Anhänger dieses Prinzips, dass sich eine Entwicklung ergibt, in der die Zufriedenheit der Angestellten und sozialer Ausgleich einen höheren Stellenwert gewinnen.

Nun wäre all das wünschenswert, nur lässt sich schwer begründen, warum daraus Wachstum entstehen sollte. Für ein Handy, das statt gerade mal knapp die zwei Jahre der Gewährleistungsfrist zu überleben, sagen wir zehn Jahre hält, wird man nicht den fünffachen Preis verlangen können. Vor allem aber benötigt man für die Produktion nicht das Fünffache an Personal sondern, wenn man mal annimmt, dass die Kunden den Produktlebenszyklus dann auch voll ausnutzen, nur noch ein Fünftel, weil der Gesamtausstoß massiv sinken würde. Dazu müssten all die vollkommen überflüssigen Produkte wegfallen, die ohnehin nur für kurze Nutzung und anschließendes Wegwerfen ausgelegt sind.
Was dieses Konzept zudem vollkommen übersieht, ist dass im Westen die Auswirkungen eventuell noch überschaubar, wenn auch sicherlich spürbar, wären. Schwerer getroffen würden davon aber die Entwicklungs- und Schwellenländer, bei denen wir jetzt die Rohstoffe und mittlerweile auch große Teile der Billigprodukte beziehen. Diese Volkswirtschaften würden dramatische Einbußen hinnehmen müssen, ohne – bei Beibehaltung der derzeitigen Marktlogik – dafür kompensiert zu werden.

Neben der Frage, ob diese Maßnahmen also ausreichen würden, um ein Verbrauchs- und Emissionsvolumen zu erreichen, das unser Ökosystem nicht überfordert, gibt es wenig Grund zu der Annahme, dass sich selbst in unseren Breiten damit irgendein Wachstum generieren lassen oder auch nur das Schrumpfen der Wirtschaft aufhalten lassen könnte, das mit einem Absenken des Produktionsoutputs einhergehen würde. Die Auswirkungen auf andere Regionen der Erde bei Beibehaltung der Systemlogik wird gar nicht erst eingepreist.

Unterm Strich bleibt die Vorstellung eines Wachstums ohne bzw. mit deutlich weniger Ressourcenverbrauch und Müllproduktion vor allem eine Ausrede, sich nicht Strategien auseinandersetzen zu müssen, die mit Konsumverzicht und anderen Einschränkungen unserer aktuellen Lebensweise einhergingen und weniger populär sind, als den Menschen zu sagen, dass sie eigentlich nicht viel ändern müssen.

{ 34 comments… add one }
  • Hanni Hartmann 9. November 2019, 13:08

    Ganz einfach: Wir muessen ALLE lediglich die Sozialisten und Kommunisten ( R2G etc..) waehlen. Die versprechen ja klar das wir weniger arbeiten aber mehr verdienen werden. Gleichzeitig machen wir dann alle auch mit bei FFF. Das Paradies winkt, Leute

  • Stefan Pietsch 9. November 2019, 13:17

    Wie wär’s zur Abwechslung mit etwas Empirie als mit einem Übermaß an Theorie? Es gibt Volkswirtschaften, die kommen mit einem geringen Teil an Industrie aus und andere, wie Deutschland mit sehr viel. Weit eher als Theoriegeschwubbel hätte hier ein Vergleich auf Basis von ein paar Zahlen interessiert.

    Selbst Neandertaler mussten, unter Einsatz ihres Lebens, die Umwelt nutzen. Ich denke aber, dass die Neandertal-Befürworter jede Wahl verlieren würden – notfalls an der Ladenkasse.

    • TBeermann 9. November 2019, 13:38

      Das geht ziemlich am Thema vorbei. Es geht nicht darum, wie wir von Industrie auf Dienstleistung wechseln, sondern um die Frage, wie viel Konsum unsere Lebensgrundlage (bzw. die der nachfolgenden Generationen) verträgt und wie wir uns damit einrichten können.

      Der Gegensatz der heutigen Wirtschaftsform vs. Steinzeit ist dabei auch künstlich. Niemand fordert, Ressourcenverbrauch und Verschmutzung auf Null zu fahren. Aber zwischen Null und dem 1,75-fachen des Potenzials (wenn alle Menschen so lebten, wie der deutsche Durchschnittsbürger wäre es übrigens schon das Dreifache) relativ viel Platz.

      • Stefan Pietsch 9. November 2019, 15:03

        Die Kurven für Wachstum und Ressourcenverbrauch entwickeln sich entgegen gesetzt. Obwohl die westlichen Staaten Jahr für Jahr mehr produzieren, verringert sich die Umweltnutzung bis hin zum CO2-Ausstoß.

        Wo findet sich das in Ihren Überlegungen wieder?

        • TBeermann 9. November 2019, 16:31

          Die Steigerung des BIP oder selbst des Umsatzes aus Industrieproduktion geht nur bedingt mit einer Steigerung des Produktionsvolumens einher.

          Es ist sicher nicht falsch, dass Produktion in der „ersten Welt“ effektiver geworden ist und dadurch Ressourcen und Verschmutzung eingespart werden. Und nicht zuletzt die Entwicklungen bei der Energiegewinnung haben einen großen Teil dazu beigetragen.

          Allerdings ist ein deutlich größerer Teil des Verringerten Ausstoßes, dass viel mehr Dinge gar nicht mehr im Westen produziert werden, sondern entweder komplett in Entwicklungs- und Schwellenländern produziert oder hier noch noch montiert werden. Wir haben den schmutzigen Teil der Produktion (und oft genug auch der Entsorgung) über weite Strecken einfach ausgelagert.

          • Stefan Pietsch 9. November 2019, 17:06

            Sie vergessen Ihre eigene Argumentation. Die Kernthese Ihres Artikels lautet, Wachstum verursacht Ressourcenverbrauch und die sind endlich.

            Nun haben wir in der Empirie das gegenteilige Bild: Mehr Wachstum verursacht Ressourcenschonung. Das haut Ihre Argumentation völlig aus dem Leim. Denn die Kurven gegen unendlich geschrieben führt zu dem Gegenteil dessen was Sie wollen: Ressourcenschonung durch Wachstumsverzicht.

            Dann kommt der Uralt-Klassiker, den man schon Anfang Siebzigerjahre gehört hat – das dazu, wie abgestanden Ihre Theorie ist: Eigentlich würden doch andere den schmutzigen Anteil für uns erledigen. Erstens war das nicht Ihre Argumentation, wir können das Verhalten in China nicht beeinflussen, sondern nur unser eigenes. Zweitens, es ging um unser Wachstum und das hat mit dem Wachstum der Vorprodukte schon statistisch nichts zu tun. Und drittens zeigen Sie sich geschichtsresistent:

            Es ist historisch keine neue Erkenntnis, dass der Beginn von Entwicklung schmutzig beginnt. Der Sozialismus, das Paradies der Gesellschaftsplaner, hat es bis zum Ende nicht vermocht, den Trend umzukehren. Aber: je entwickelter eine Volkswirtschaft eben durch Wachstum wird, je mehr Möglichkeiten der umweltneutralen Produktion sie entwickelt und erhält, desto sauberer werden die Produktionsprozesse.

            Das ist Empirie. Und ich würde erwarten, dass Sie sich mit so etwas auseinandergesetzt haben, wenn Sie einen Artikel über Wachstum und Ressourcenverbrauch schreiben. Denn von Theorien hat niemand etwas. Nicht einmal Erkenntnisgewinn.

            • TBeermann 9. November 2019, 18:00

              Der Satz, „Wachstum verursacht Ressourcenverbrauch“ ist und bleibt auch korrekt. Wenn wir den Teil des Prozesses, der Rohstoffe verbraucht und Verschmutzung verursacht, in andere Erdteile auslagern und uns dann nur Ressourcenverbrauch und Verschmutzung (und auch nur den der Produktion) bei uns anschauen, stehen wir natürlich gut da.

              Den Konsum in China können wir nicht direkt beeinflussen, was für unseren Konsum dort hergestellt wird, allerdings schon. Das kann man natürlich krampfhaft übersehen wollen (und als „Wirtschaftsliberaler“ scheinen Sie da ein typisches Exemplar Ihrer Gattung zu sein), aber das hat dann mit Empirie wenig zu tun und sehr viel mehr mit Rosinenpickerei.

              • Stefan Pietsch 10. November 2019, 12:04

                Ich habe nicht das geringste Problem mit Einordnungen wie „Wirtschaftsliberaler“ (Sie können auch gerne „Neoliberaler“ sagen), wenn das der Debatte hilft oder sie zumindest nicht stört.

                Doch Sie ziehen hier nicht mal in homöopathischen Dosen Bezüge zur Wirklichkeit. Sie machen’s, wie schon so irrwitzige Theorien wie die vom Kommunismus / Sozialismus entstanden sind: als Konstrukt von Leuten, die einfach zu viel Zeit hatten.

                Herr popper hat ja Recht: erst Wachstum ermöglicht Ressourcenschutz, Vereinfachungen, Erleichterungen. Das ist die Geschichte der Marktwirtschaft oder wenn Sie so wollen des Kapitalismus. Ressourcenverschwendung bis ins Extent ist die Geschichte der Planwirtschaft und solcher, die vorgeben, auf Wachstum verzichten zu wollen. Aus Überlegung oder eigenen Idealismus.

                • TBeermann 10. November 2019, 22:36

                  Sie werfen hier vollkommen unterschiedliche Ebenen durcheinander.

                  Richtig ist, dass erst eine kritische Masse eine Entwicklung hin zu effizienter Produktion erlaubt. Dabei geht es aber um den Rohstoffverbrauch und die Emission eines Artikels pro Stück.

                  Zum einen sagt das aber noch immer nichts darüber aus, ob diese Ware sinnvoll oder nötig ist. Ein ausgereifterer und effizient hergestellter Artikel X mag weniger Ressourcen verbrauchen und Müll verursachen, als ein unausgereifter und ineffizient hergestellter Artikel X, aber immer noch mehr als wenn Artikel X gar nicht produziert würde.

                  Dazu kommt, dass diese Effizienzgewinne durch steigendes Volumen auch schnell wieder aufgefressen werden können. Ein gutes Beispiel dafür sind etwa die Emissionen im Kraftverkehr. Die Motoren sind in den letzten Jahren deutlich effizienter geworden (auch das eigentlich viel später, als es möglich gewesen wäre, aber das ist ein anderes Thema), aber da die Autos zum einen immer größer und schwerer geworden sind und es gleichzeitig deutlich mehr gibt, hat sich der Emissionsausstoß praktisch nicht verändert.

                  • Stefan Pietsch 10. November 2019, 22:54

                    Nochmal: die Industrieländer haben Umweltverbrauch absolut reduziert, nicht ausgeweitet. Das können Sie sehen, wenn Sie vom Bild etwas zurücktreten und einen Vergleich seit 1990 ziehen. Der Umweltverbrauch ist in China oder weniger entwickelten Ländern wie Südamerika gestiegen, in Europa und Nordamerika jedoch gesunken. Das sind die Fakten und die passen auf den ersten Blick nicht zu ihrer Theorie , denn gleichzeitig hatten diese Länder teilweise erhebliches Wachstum.

                    Zum einen sagt das aber noch immer nichts darüber aus, ob diese Ware sinnvoll oder nötig ist.

                    Wer soll das entscheiden?

                    • TBeermann 10. November 2019, 23:22

                      Ja, weil die energie- und emissionsintensiven Prozesse der Herstellung „unserer“ Produkte zu einem großen Teil nicht mehr hier, sondern in China und den Schwellen- und Entwicklungsländer stattfindet. Damit tauchen die Endprodukte zwar in unserem BIP, die Rohstoffe und Verschmutzungen aber nicht in unserer Statistik auf.

                      Und ja, da wären wir bei einer der entscheidenden Fragen. Wir müssen es entscheiden, wenn wir unser ökologisches Budget nicht sprengen wollen.

                      Bei einigen Waren, die ohnehin nur auf kurzen oder einmaligen Gebrauch ausgerichtet (billige Plastik und teilweise Elektronikartikel) sind, dürfte die Entscheidung leicht fallen. An anderer Stelle wäre tatsächlich Verzicht im engeren Sinn nötig. Andere Waren müssten deutlich länger genutzt werden. Wieder andere müssten von mehr Menschen parallel genutzt werden.

                    • CitizenK 11. November 2019, 12:21

                      Seit China und Polen unseren Müll nicht mehr nehmen, ist Müllvermeidung ein Thema des Gemeinwohls. Und da sollen die gewählten Vertreter des Volkes, die junge Staatsbürger in potentiell tödliche Auslandseinsätze schicken dürfen, nicht mitreden?

  • Jens Happel 9. November 2019, 14:30

    Interessante Artikel.

    Prinzipiell teile ich deine Ansicht, dass Wachstum endlich ist. Außerdem teile ich deine Ansicht, dass das kapitalistische System zwingend auf Wachstum angewiesen ist. Ich glaube nur, dass die Grenzen des Wachstums druch die Umweltbelastung und den Resourcenverbrauch bezrenzt wird/ist und nicht durch gesättigte Nachfrage.

    Die ganzen Hartz4 Empfänger würde wohl alle gerne mehr konsumieren und die meisten Chinsesen auch. Produktionskapazitäten sind auch bei weitem nicht ausgelastet. Es kommt aber bei denen, die zusätzliche Nachfrage schaffen könnten, nicht genug vom Geld an.

    Bei der Belastung der (Um)welt sieht es hingegen schon jetzt sehr trübe aus. Von der Klimakatastrophe mal abgesehen, werden nur 15% der Materialien recycelt. Selbst bei einer 100% Recyclingquote müßte, um dauerhaftes Wachstum zu schaffen, die Materialien immer schneller durch den Wolf gedereht werden.

    Kurz in dem endlichen System Planet Erde ist Wachstum endlich.

    Das aber Planwirtschaft die Lösung sein soll… Ja, theoretisch schon, aber irgendwie sind wir Menschen charakterlich dafür nicht geschaffen. Wir sind leider nicht alle tibetanische Mönche. Geiz, Gier, Faulheit und Missgunst etc. Ich weiß nicht.

    Jedenfalls sehr nachdenkenswert.

    Viele Grüße

    Jens

    • TBeermann 9. November 2019, 18:22

      Ich würde sogar behaupten, dass die objektive Nachfrage in vielen Bereichen bei uns schon mehr als gesättigt ist. Das bedeutet nicht, dass bestimmte Gruppen auch objektiv noch Dinge benötigen würden, aber gesamtgesellschaftlich schaffen wir es schon eine Weile nur noch durch künstliche Hypes und Scheininnovationen, Verkäufe zu generieren. (Der verlinkte erste Teil befasst sich damit und ich werde in späteren Teilen auch noch mal darauf zurückkommen).

      Was den menschlichen Charakter angeht, würde ich den heutigen Zustand nicht als Naturereignis sehen. Es gibt viele Menschen, die hart daran arbeiten, dass „wir“ ein neues Handy als das nächste große Ziel im Leben sehen.

    • popper 10. November 2019, 09:46

      Prinzipiell teile ich deine Ansicht, dass Wachstum endlich ist.

      Dise Ansicht ist aber leider falsch, weil wirtschaftliches Wachstum, sich nicht allein auf den Verbrauch von Recourssen und dessen lineare Fortschreibung bezieht, sondern in erster Linie Inovation und Entwicklung bedeutet.

      • TBeermann 10. November 2019, 11:26

        Warum sollten Innovation und Entwicklung zu Wachstum ohne Ressourcenverbrauch führen?

        Das trifft ja nur zu, wenn dann auch mehr von dem entsprechend neuen oder verbesserten Produkt abgesetzt wird, als das vorher der Fall war (oder bei gleicher Menge einfach der Preis erhöht wird, was das BIP ebenfalls ansteigen lassen würde). Aber auch bei der Erstellung des Produkt, egal ob Ware oder Dienstleistung, würden Ressourcen verbraucht und Emissionen freigesetzt.

        Dazu kommt, dass wir in vielen Bereichen kaum echte Innovation haben und der Konsument nur mit viel Werbung und Scheininnovationen dazu bewegt wird, weiter zu kaufen, was er oft eigentlich nicht braucht.

        Innovation kann sicher auch zu Ressourcenersparnis und Müllvermeidung führen (insbesondere durch mehr Haltbarkeit), aber das würde teilweise sogar zu weniger Wachstum führen, wie im Text aufgezeigt.

        • Stefan Pietsch 10. November 2019, 11:34

          Warum sollten Innovation und Entwicklung zu Wachstum ohne Ressourcenverbrauch führen?

          Anscheinend ist nicht deutlich genug geworden, was einige erwarten: nicht den Konjunktiv, sondern das Ist, die Empirie. Sie sollten anhand der Empirie ihre These deutlich machen, nicht anhand Ihres eigenen Gedankengebäudes. Wir alle denken logisch. Das bedeutet nicht, dass unsere Logik zur Wirklichkeit passt. Und so lange das nicht der Fall ist – und bei Ihrer vorgebrachten These scheint das nicht gegeben zu sein – so lange ist eine Theorie nichts wert. Nicht einmal eine Diskussion.

          • TBeermann 10. November 2019, 13:09

            Dann ersparen Sie uns doch Ihre Antworten.

            Nur weil Sie die Aussage wiederholen und dabei (da Ihnen bereits widersprochen wurde wohl bewusst) Teile des Prozesses ausblenden, um die Behauptung aufrecht erhalten zu können, wird sie nicht korrekter.

          • popper 10. November 2019, 16:30

            Wir alle denken logisch.

            Auch das ist leider falsch un widerspricht jeder wissenschaftlichen Erkenntnis.

          • popper 10. November 2019, 20:49

            Das bedeutet nicht, dass unsere Logik zur Wirklichkeit passt. Und so lange das nicht der Fall ist – und bei Ihrer vorgebrachten These scheint das nicht gegeben zu sein – so lange ist eine Theorie nichts wert. Nicht einmal eine Diskussion.

            Mein lieber Pietsch, das können Sie gar nicht überprüfen, ob die Logik zur Wirklichkeit passt. Alles ist theoriegetränkt. Sie wären der erste der das widerlegt. Wir alle, auch Sie, sind, wenn Sie so wollen, mit einem genetischen Instrumentarium ausgestattet, mit dem wir erkennen. Schon Kant hat versucht mit seinem „Ding an sich“ zu erklären, dass die Dinge nicht so sind wie sie uns erscheinen. Das bedeutet, aufgrund unserer biologischen Beschaffenheit verfügen unsere Sinnesorgane über antizipierende Dispositionen für genetisch eingebaute Theorien, die im Grunde widerlegen, dass unsere Erkenntnis auf Beobachtungen aufbaut. Unsere Erkenntnisfähigkeit beruht vielmehr auf einer angeborenen organischen Struktur, die uns gar keine Wahl lässt, wie wir erkennen.

        • popper 11. November 2019, 11:49

          Aber auch bei der Erstellung des Produkt, egal ob Ware oder Dienstleistung, würden Ressourcen verbraucht und Emissionen freigesetzt.

          Wenn wir vom heutigen Stand der Entwicklung ausgehen, ja. Im Kapitalismus regelt sich aber alles über den Preis. Wenn Wachstum nach meiner hier vorgetragen Definition Entwicklung bedeutet, dann wäre ein beginnender Umstieg hin zu einer Veränderung des Systems, Innovation in neue Technologien und Infrastruktur, die weniger Ressourcen verbrauchen würden, bei gleichzeitiger Verteuerung der Rohstoffe, sodass der Verbrauch selbst bei steigendem Lohnniveau sich nicht erhöhen müsste.

          • TBeermann 12. November 2019, 12:50

            Die Frage ist: Warum sollte sich aus dieser Entwicklung Wachstum ergeben?

            Eventuell steigen die Gewinne pro Stück etwas, wenn effizienter produziert wird, aber demgegenüber steht eine dringend notwendige längere Haltbarkeit und damit verbundene längere Nutzungsdauer. Von überflüssigen Produkten, von den wir uns ganz verabschieden sollten, gar nicht zu reden.

            Es bringt wenig, dem jetzt den Begriff „Wachstum“ überstülpen zu wollen, obwohl es mit dem, was wir darunter verstehen, eigentlich nichts mehr zu tun hat. Man könnte jetzt zwar Rohstoff-, Produktpreise und Löhne erhöhen, um dadurch ein Anwachsen der Geldmenge zu erreichen, aber davon hat doch am Ende niemand etwas.

      • popper 10. November 2019, 19:34

        Ich muss das einfach loswerden, braucht aber nicht im Blog stehenbleiben. Habe nämlich gebeten, genau den jetzt im Blog stehenden Kommentar zu streichen und den zweiten stehen zu lassen. Warum? Weil das Wort Ressourcen falsch geschrieben wurde und der Kontext ein anderer ist. Was macht der Moderator? Er lässt genau den mit dem Rechtschreibfehler stehen. Ein Schelm der Böses denkt.

      • Dennis 11. November 2019, 11:32

        Zitat popper:
        „Dise Ansicht ist aber leider falsch, weil wirtschaftliches Wachstum, sich nicht allein auf den Verbrauch…“

        „nicht allein“ heißt, dass die Ressourcen – wenn auch herabgesetzt – weiter dabei sind.

        Zitat:
        „sondern in erster Linie Inovation und Entwicklung bedeutet.“

        Auch das geht nicht ohne physische Ressourcen aller Art 🙁

        „immer mehr“ ist kein tragfähiges Konzept. Da beißt die Maus keinen Faden ab.

        Den „alten“ Neoliberalen, die philosophisch keineswegs so simpel veranlagt waren wie evtl. der eine oder andere „neue“ Neoliberale, war die Problematik grundsätzlich übrigens durchaus bewusst, obwohl zu damaliger Zeit nicht dringlich und nicht aktuell sondern weit weg.

        Zitat Ludwig Erhard (1957):
        „Mit steigender Produktivität und mit der höheren Effizienz der menschlichen Arbeit werden wir einmal in eine Phase der Entwicklung kommen, in der wir uns fragen müssen, was denn eigentlich kostbarer oder wertvoller ist: noch mehr zu arbeiten oder ein bequemeres, schöneres und freieres Leben zu führen, dabei vielleicht bewusst auf manchen güterwirtschaftlichen Genuss verzichten zu wollen “

        Ich sach’s so: Bei immensen Kosten lohnt es sich nicht mehr „immer mehr“ (= Wachstum) rauszukratzen. Namentlich sind die ökologischen Kosten mehr als deutlich – heutzutage.

  • Ralf 9. November 2019, 18:45

    Danke für den Artikel und die interessante Perspektive. Falls da noch Teile nachfolgen, freue ich mich darauf.

    • CitizenK 11. November 2019, 09:01

      Ich auch. Die Ansätze Nico Paech und Harald Welzer einbeziehen. Bornierte Diskussionsverweigerer ignorieren.

  • Dennis 11. November 2019, 10:40

    Klar doch. Sehr lesenswerter Beitrag

    Und eigentlich isses ja janz einleuchtend:

    Das Unendliche gibt’s zwar mathematisch (obwohl es wiederum heterodoxe Mathematiker gibt, die selbst das verneinen, aber das mal beiseite) gehört indes zu den mathematischen Konzepten, die physisch nicht nachvollziehbar sind. Wer sich einen Menger-Würfel, der im ursprünglichen Beitrag angesprochen wurde, in seiner ganzen Schönheit physisch angucken will, muss die Schritte unendlich oft durchführen, dazu müsste man mindestens mal unendlich lange leben. Aber der Würfel, der zum Schwamm wird, ist eh nur eine Veranschaulichung. Nach fünf Schritten hat man schon über drei Millionen Würfelchen. Zum Basteln kann schön schwierig.

    Unendliches Wachstum kann es also physisch nicht geben. Basta. Bedauerlicherweise leben wir aber nu mal physisch und nicht mathematisch.

    Ferner wird bei jedem zusätzlichen Wachstumsaufbau das Kartenhaus labiler und der Aufwand größer. Indem die Raten aus dem jeweils erhöhten Grundwert der Vorgängerperiode berechnet werden, der Draufsattelbedarf also für jeden weiteren Wachstumspunkt steigt – ins Unendliche natürlich.

    Da wird also nix draus. Die Lösung ist aber such nitt so schwer: Die Hoffart und die Gier krachen von Zeit zu Zeit (gerne über das Schmiermittel Geld bzw. Schulden, also die Rückseite des Geldes) und man fängt weiter unten wieder an; insofern irreversible Zerstörungen eingetreten sind, ist das wiederum natürlich schwierig.

    Wie so Vieles im Leben ist Wachstum also nicht an sich schlecht oder an sich gut. Auf die Dosis kommt es an und auf die Kenntnisnahme von Grenzen. Zu Letzterem gehört insbesondere, dass es kein wirkliches Externalisieren gibt. Indem man den Müll in den Ozean kippt ist Ersterer einfach wech – tatsächlich jedoch nur, wenn man ausreichend primitiv denkt, denn am Ende des Tages könnte der Müll noch da sein, aber das System Ozean mindestens gestört. Plastikmüll nach Bangladesh exportieren (allgemein: Die Kosten gehen nach draußen) beispielsweise liegt auch auf dieser Ebene der sauberen Lösungen^.

  • Heinz Göd 13. November 2019, 10:59

    Das Wachstum – was und wie – in Deutschland von 1960 bis 2000:
    http://members.aon.at/goedheinz/GOD_Deutsch/Archiv/Wirtschaft/WirtDatD.jpg
    Die Bundesregierungen in selben Zeitraum:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_deutschen_Bundesregierungen
    Die derzeitige ungefähre Lage bei den wichtigsten Rohstoffen:
    http://members.aon.at/goedheinz/GOD_Deutsch/Zusammenarbeit/ProblemListe.html#Rohstoff-K&E

  • CitizenK 28. November 2019, 15:47
  • Heinz Göd 1. Dezember 2019, 10:51

    Ja, das geht in die richtige Richtung. Auch Müll, FilterStäube, GalvanikSchlamm usw. sind Rohstoff. Das Problem dabei: im Kapitalismus wird nur gemacht, was Privatleuten Gewinn bringt – möglichst maximalen Gewinn und das wachsend.
    Mit den heutigen technischen Möglichkeiten könnten wir mehr Wohlstand bei viel weniger Rohstoff-Verbrauch sicherstellen –
    aber das bringt für die Groß-Kapitalisten keinen oder zuwenig Gewinn und somit …
    In Süd-€uropa haben wir hohe Jugend-Arbeitslosigkeit. Habe daher vorgeschlagen, die €U soll ein paar hundert Milliarden in die Hand nehmen und damit eine Solar-Industrie, Müll-Verwertung und Aufforstung anleiern. Das brächte zwar der Bevölkerung dort ein besseres Leben aber wahrscheinlich ein paar Jahrzehnte keinen Gewinn für die Groß-Kapitalisten und somit wird lieber in die todsichere militärische Rüstung investiert …

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