Belgien und Dänemark testen den Leistungsbilanzüberschuss von AOCs Eltern mit Waffen im Lehrerzimmer – Vermischtes 25.02.2022

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Sie werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten.

1) Universalismus versus Identitätspolitik: Von einer falschen Gegenüberstellung

Eine wichtige Pointe der weit verbreiteten Ideologie vom Universalismus lautet, dass man selber universell handle während die andere Seite demokratiefeindlich, emotional motiviert und nicht gesprächsbereit sei. Sie funktioniert dann besonders gut, wenn ihre Träger*innen tatsächlich glauben, sie handelten im Geiste des Universalismus von Sozialdemokratie bis Aufklärung. Tatsächlich bin ich mir ziemlich sicher, dass Thierse und diejenigen, die ähnlich argumentieren, selber gar nicht bemerken, dass die Behauptung der eigenen Objektivität mit der rassismuskritischen Analyse einer gesellschaftlichen weißen Position korreliert. […] Erinnern Sie sich auch noch an die Zeit, als die Gesellschaft noch gemeinsam und geschlossen an der Umsetzung der Aufklärung arbeitete? Natürlich erinnern Sie sich nicht, denn diese Zeit hat es nie gegeben! Und so findet sich viel Polemik gegen Diskurse und Praxen rund um das Thema (Anti-)Diskriminierung – aber erstaunlich wenig über diese vermeintliche goldene Vergangenheit. Fast scheint es, als schrieben die Kritiker*innen der linken Identitätspolitik für ein Publikum, welches sowieso schon überzeugt davon ist, dass die eigene Perspektive die objektiv richtige sei und die Gegenseite daher nicht zu beachten bräuchte. Ein Schelm, wer das Argument vom Anfang dieses Textes darin erkennt. Die historisch konkrete Praxis des Universalismus, von der Kritiker*innen der Identitätspolitik schreiben und sprechen, ist also unauffindbar. Was es stattdessen gab, war eine Rhetorik des Universalismus. Aber eine Rhetorik ist noch keine Realität, vielmehr kann sie den gegenteiligen Effekt haben, wenn nämlich ihre Vertreter*innen mit Verweis auf einen vermeintlichen Universalismus antisemitische, sexistische und sonstige diskriminierende Praxen nicht reflektieren. Und vielleicht auch gar nicht reflektieren können,weil man ja Universalist*in ist. (Max Czollek, Heinrich-Böll-Stiftung)

Das ist auch der für mich nervigste Teil an der Kritik geschlechtergerechter Sprache, Trigger-Warnings, CRT und so weiter und so fort. Es ist so unglaublich unaufrichtig, weil so getan wird, als gäbe es ein Goldenes Zeitalter der Gedankenfreiheit, in dem wesentlich freier als heute diskutiert wird. Das ist völliger Quatsch; die Tabus lagen nur auf völlig anderen Bereichen. Nur waren diese Bereiche eben deckungsgleich mit denen derjenigen, die sich heute echauffieren. Sie haben die früheren Tabus nicht bemerkt, weil sie ihren eigenen Präferenzen entsprachen, während sie die heutigen Tabus bemerken, weil diese nicht mehr ihren eigenen Präferenzen entsprechen. Da wir uns an einem Übergang befinden, an dem sie zwar politisch und wirtschaftlich noch die Eliten sind, diese Führerschaft aber im Bereich der Gesellschaft und Debatten verlieren, bekommen wir diesen merkwürdigen Zustand heute.

2) A Network of Fake Test Answer Sites Is Trying to Incriminate Students

In the patent, recently flagged, along with an Honorlock honeypot site, by student media at Arizona State University, the company explains that its sites can track visitor information like IP addresses as evidence that a student was looking up answers on a secondary device. When the pandemic led to shuttered schools, demand for services like Honorlock skyrocketed as educators worried about whether students would be able to easily find answers online using devices that instructors didn’t know about. In its online materials for its software, Honorlock says, “[S]tudents have access to more and more electronic devices and it’s becoming harder for instructors to preserve academic integrity.” But some experts in the ethics of education worry techniques like honeypot websites simply go too far. […] Pedagogy ethicists like Parnther say this kind of software is backfiring by creating an environment where students are, by default, under suspicion. That mindset itself facilitates cheating, she says, by subtly suggesting to students that they might as well cheat because teachers expect them to anyway. “Students see that there’s an environment where it’s automatically assumed that they are not to be trusted,” Parnther said. Eaton proposes that educators should consider a more radical rethinking of testing, one that doesn’t rely on surveilling students. Punishing students for using their devices fundamentally goes against how learning works in the age of the internet, Eaton says, and the cat-and-mouse game of sussing out possible cheaters isn’t working. Moving to a better system might mean shifting to more oral or open-book exams, for example, which still demonstrate proficiency without the specter of simply Googling answers. There will always be some level of cheating on exams, Parnther argues, but the costs of cracking down on students is now coming at the expense of their education. (Colin Lecher, The Markup)

Einmal abgesehen davon, wie pervers es ist, Fallen für Student*innen zu stellen, das Problem hier ist nicht so sehr der Datenschutz oder ähnliche Bedenken, das Problem ist viel tiefgehender, und es ist etwas, das ich an pädagogischen Tagen und Gesamtlehrkräftekonferenzen auch permanent thematisiere: Wenn deine Klausur dadurch lösbar ist, dass ich kurz nebenher google, dann ist das Problem deine Klausur. Denn ein solcher Test ist für den Arsch. Er prüft keine Kompetenz, die in irgendeinem Maße nützlich wäre, weil ich OFFENSICHTLICH die nötigen Informationen mit einer einzigen Google-Suche zur Hand habe. Warum um Gottes Willen sollte ich den Mist also auswendig lernen? Ich stelle Klausuren, in denen alle Hilfsmittel erlaubt sind. Spickzettel, Bücher, alles steht zur Verfügung. Warum? Weil meine Klausuren eigenes Denken erfordern. Pädagog*innen, ob an Schule oder Uni, die solche technischen Hilfsmittel einsetzen, versagen in ihrem Job, genauso wie Führungskräfte, die ihre Untergebenen nur mit ständiger Kontrolle zur Arbeit anhalten zu können glauben. Es ist ein Versagen, dessen Schuld auf die Opfer abgewälzt wird.

3) Deutschland muss den hohen Leistungsbilanzüberschuss endlich abbauen

Außerhalb Deutschlands ist der hohe deutsche Überschuss eine Gefahr für die makroökonomische Stabilität. Denn dafür müssen andere Länder große Defizite machen, die über Auslandsverschuldung finanziert werden. Das erhöht deren Anfälligkeit für Finanzkrisen. Innerhalb Deutschlands verweisen hohe Leistungsbilanzüberschüsse auf ein ungleichgewichtiges Wachstumsmodell, von dem nur ein kleiner Teil der Bevölkerung profitiert. Der deutsche Überschuss stieg nach dem Euro-Beitritt vor allem wegen der zunehmenden Einkommensungleichheit, wie auch der IWF zeigt. Geringes Lohnwachstum und der Fokus auf die „schwarze Null“ in der Fiskalpolitik trugen in der jüngeren Vergangenheit maßgeblich zu einer schwachen Binnennachfrage und geringen Importen bei. Der Lösungsansatz: ein Mix aus stärkerem Lohnwachstum und einer Fiskalpolitik, die durch öffentliche Investitionen die Binnennachfrage anregt. Dies würde zu höheren Importe führen. Dadurch könnten wiederum die deutschen Leistungsbilanzüberschüsse sinken, ohne dass die Exporte reduziert werden müssen. Das würde jedoch erfordern, dass Deutschland anfängt, endlich vor der eigenen wirtschaftspolitischen Haustür zu kehren. Maßnahmen zur Reduktion der ökonomischen Ungleichheit würden das deutsche Wachstumsmodell nachhaltiger machen, großen Teilen der Bevölkerung helfen und den Beitrag Deutschlands zu internationalen Handelsungleichgewichten reduzieren. (Philipp Heimberger, Handelsblatt)

Ich bringe dieses Fundstück weniger, weil atemberaubend neue Sachen drinstehen – hier wird eine Dauerkritik am herrschenden Paradigma seitens linker Ökonom*innen formuliert – sondern weil ich den Widerstand dagegen immer mehr bröckeln sehe. Deutschland ist eine harte Nuss, was das angeht, weil hierzulande der Ordoliberalismus tief verankert ist, aber der Paradigmenwechsel kommt zumindest in anderen Teilen der Welt, vor allem den USA, und wird in abgeschwächter Form auch hier ankommen. Man sieht das denke ich an Lindners bisheriger Haltung: man stelle sich einen FDP-Finanzminister im Jahr 2009 vor, das ist überhaupt kein Vergleich. In der letzten Dekade ist bereits wahnsinnig viel passiert.

4) Belgium approves four-day week and gives employees the right to ignore their bosses after work

Workers in the gig economy will also receive stronger legal protections under the new rules, while full-time employees will be able to work flexible schedules on demand. […] A significant portion of Belgium’s new labour reforms impact the work-life balance of employees in both the public and private sectors. The draft reform package agreed by the country’s federal government will grant employees the ability to request a four-day week. […] Workers will also be able to request variable work schedules. The minimum notice period for shifts is also changing, with companies now required to provide schedules at least seven days in advance. […] „The boundary between work and private life is becoming increasingly porous. These incessant demands can harm the physical and mental health of the worker,“ he said. […] In Belgium, platform workers meeting three out of eight possible criteria – including those whose work performance is monitored, who are unable to refuse jobs, or whose pay is decided by the company – will now be considered employees with rights to sick leave and paid time off. (Tom Bateman, Euronews)

Diverse Leute haben diese Meldung falsch verstanden als eine Arbeitszeitverkürzung auf vier Tage (also eine 32-Stunden-Woche), was Belgien dezidiert NICHT macht. Die packen nur die übliche 40-Stunden-Woche auf vier Tage. Das ist je nachdem wer betroffen ist eine eher schlechte Nachricht (wenn mich mein Arbeitgeber zwingt, solche Stunden zu arbeiten, obwohl ich nicht will) oder eine gute Nachricht (wenn ich flexibler wählen kann, wie ich arbeite). So wie das klingt, scheint es eher Letzteres zu sein, aber ich bin gespannt ob Leute, die sich besser auskennen, da vielleicht Einblicke geben können.

5) Beschleunigung von Genehmigungsverfahren: Experten empfehlen weniger Bürgerbeteiligung

Die bisherige Verfahrenspraxis stufen die Juristen auch wegen knapper Ressourcen aufseiten der Genehmigungsbehörden und der Vorhabenträger als „besonders zeitintensiv“ ein. Dies betrifft unter anderem die Terminvorbereitung, die „regelmäßig viel Zeit“ in Anspruch nehme.  […] Die Wirtschaft fordert seit Langem schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren in Deutschland. „Bei Genehmigungsverfahren für neue Wind- und Solaranlagen bewegen wir uns wie ein Koalabärchen beim Mittagsschlaf – gar nicht“, kritisierte zuletzt Christian Kullmann, Präsident des VCI sowie Vorstandsvorsitzender von Evonik. […] Naturschützer und Anwohner sehen die Öffentlichkeitsbeteiligung als Möglichkeit, auf negative Konsequenzen für die Umwelt hinzuweisen, die mit einem Bauprojekt verbunden sein könnten. „Die Bürgerbeteiligung gehört im demokratischen Rechtsstaat zu Planungsverfahren unabdingbar dazu“, sagte der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Sascha Müller-Kraenner, dem Handelsblatt. Um oftmals langwierige Verfahren zu beschleunigen, schlug er vor, Behörden besser personell und mit digitaler Technik auszustatten. Außerdem sollten bei Naturschutzfragen bundesweit einheitliche Regeln gelten. (Dietmar Neuerer, Handelsblatt)

Für mich einer der überraschenderen Trends der letzten Jahre ist die scharfe Kritik an Bürger*innenbeteiligung, die bisher immer als Panacea gegen Demokratieverdrossenheit hochgehoben wurde. Ich stimme da völlig zu; es ist ein völliger Irrweg zu glauben, durch die Beteiligung der Ortsansässigen, gut vernetzten Elite eine größere Pluralisierung erreichen zu wollen. Alles, was dadurch geschafft wurde, ist dem NIMBYismus eine institutionalisierte Machtbasis zu geben und zahlreiche Projekte endlos zu verzögern, verteuern oder zu verhindern. Das ist übrigens auch parteipolitisch blind. Ich kann diese Mechanismen als Grüner nutzen, um eine Atomendlagerstätte zu blockieren oder als Konservativer, um ein Windrad zu verhindern.

6) Bundesregierung will CO₂-Kosten per Stufenmodell gerechter aufteilen

Bei der geplanten Aufteilung der CO₂-Kosten fürs Heizen zwischen Mietern und Vermietern hat sich die Ampel-Regierung auf Eckpunkte geeinigt. Dies berichten mehrere Medien, darunter die Zeitungen der Funke Mediengruppe. Demnach ist ein Stufenmodell mit sieben Stufen geplant. Die Beteiligung der Mieterinnen und Mieter ist dabei abhängig vom energetischen Zustand des Gebäudes: Je weniger CO₂ es ausstößt, desto höher ist der Anteil der Mieter. Nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP wird der CO₂-Ausstoß in dem Stufenmodell mit Kilogramm pro Quadratmeter und Jahr angegeben. Beträgt dieser Ausstoß weniger als fünf Kilogramm, was die niedrigste Stufe darstellt, müssen die Mieterinnen und Mieter die gesamten CO₂-Kosten fürs Heizen übernehmen. Beträgt der Ausstoß mehr als 45 Kilogramm, etwa bei schlecht gedämmten und schlecht sanierten Gebäuden, müssen sie nur zehn Prozent der CO₂-Kosten tragen. (AFP, ZEIT)

Das klingt für mich als Laien grundsätzlich nach einem sehr sinnvollen Modell, aber ich bin auch hier gespannt, ob jemand mit mehr Sachkenntnis was dazu zu sagen hat. Der Charme für mich liegt darin, dass es über die Marktkräfte funktioniert und gleichzeitig sozial entlastend ist. Ich habe als Mieter*in weniger Kosten, weil entweder die Vermietenden die CO2-Kosten übernehmen müssen, oder aber wegen der energetischen Effizienz eh keine hohen Kosten anfallen. Gleichzeitig ist ein großer Anreiz für die Vermietenden da, den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Klingt super!

7) Why Hollywood Can’t Quit Guns

But gunplay isn’t seen as an immediate threat; rather, it is viewed as a foundational part of entertainment. To interrogate the use of guns in productions is to interrogate entire genres—and perhaps to even interrogate the art of moviemaking. A scene of a cowboy pointing and firing a gun straight at the audience is part of what is widely regarded as the first narrative movie ever made, the 1903 Western The Great Train Robbery. “It seems really trite to say, but guns make for good movies. There is something aesthetically very charged about that,” Joyce told me, adding that the allure extends far beyond Westerns. For decades, Hollywood has understood the appeal of gun violence and glorified it further: Depictions of gunplay nearly tripled from 1985 to 2015 in PG-13 movies, and doubled in prime-time TV dramas from 2000 to 2018. The firearm brand Glock won a Brandcameo Lifetime Achievement Award for Product Placement after showing up in 22 box-office-topping films in 2010. The guns themselves may not attract audiences, Davis pointed out, but the gunplay—stars as killing machines, dodging streams of bullets flying across the screen—certainly “tantalizes” them. He pointed to John Wick, for example, as a franchise that has been successful partly because the gunfights are “very well choreographed.” (Shirley Li, The Atlantic)

Ich vermute, die Zunahme an Schusswaffengewalt in Filmen ist auch die Schuld irgendwelcher radikalen Feministinnen. Aber ernsthaft, auch diese Entwicklung in Hollywood ist bemerkenswert. Ich finde es auch relevant, wie stark gesäubert die Waffengewalt ist; sie ist von ihren realen, physischen Konsequenzen beinahe vollkommen entkleidet. Das ist auch deswegen spannend, weil wir in den 1980er und 1990er Jahren eine starke Zunahme graphischer Gewalt in Filmen bei (in Deutschland) gleichzeitig deutlicher Entspannung der Jugendschutzkriterien hatten (die sich mit etwa 15 Jahren Verspätung auch auf den Videospielmarkt durchschlug), dann aber in den 2000er Jahren zwar auf dem hohen Niveau der Gewaltanwendung blieb, aber in ihrer Form diese spielerische Komponente bekam, die sie bis heute hatte. Mein Lieblingsbeispiel dafür ist immer „Robin Hood – König der Diebe“, der teilweise echt üble Gewaltdarstellungen hat, aber FSK 12 bekam – 1991. Ich hab den übrigens für meine Serie zu Kevin-Costner-Filmen hier besprochen (Audio).

8) What AOC Learned From Trump

In broad strokes, much of what AOC believes is similar to what many centrist Democrats — people who she disdains and who in turn typically disdain her — also believe. […] What divides AOC and her allies from others in the party is above all a theory of power: How to gain it, how to use it, how to keep it. It is a difference grounded in a cultural mindset about how politics should look, sound and feel. It is a difference grounded much less in ideology than meets the eye. […] The lesson many Democrats have learned from watching two previous Republican presidents — Donald Trump and George W. Bush, both of whom took office under disputed circumstances with a minority of the popular vote — is that political realities can be shaped by self-confident proclamation. Power can be seized by equally self-confident assertion. They did it on behalf of what the left saw as a benighted agenda that favored racists and the wealthy. No reason progressives can’t do it on behalf of an enlightened agenda — and awaken a robust majority that would be there if only people were presented sharp choices rather than blurry ones. […] The Bush-Trump model is based on mobilization of natural allies. The Clinton-Obama model is based on a forlorn effort at persuasion of a dwindling group of people attracted by cautious, middle-of-the-road politics. […] The Democratic left has been fantasizing about a candidate who can smash conventional strategies and mobilize all the way to the presidency as far back as George McGovern and as recently as Bernie Sanders. Someone is going to try the old experiment for a new generation. (John F. Harris, Politico)

Ich halte die Theorie grundsätzlich für korrekt. Das Problem sind nicht die Policies der Democrats, das Problem ist die Vorstellung breiter Wählendenschichten, dass die Partei ihren Werten und ihrer Identität feindlich gegenüber steht. AOC ist ziemlich gut darin, eine Verbindung zu Wählendenschichten zu finden, die traditionell eher Republicans wählen würden, aber von den Policies her eigentlich den Democrats nahestehen könnten.

Ob dieses „experiment for a new generation“ tatsächlich gelingen kann, steht auf einem anderen Blatt. Aber mein Gefühl ist, dass die vergangenen Wahlen seit 2016 zeigen, dass der aktuelle Ansatz ziemlich problematisch ist. Zwar gelingt es der Partei regelmäßig, die Mehrheit der abgegebenen Stimmen zu bekommen, aber das amerikanische politische System übersetzt diese Mehrheiten nun einmal nicht in legislative Mehrheiten, sondern bevorzugt die Wählenden in den Flächenstaaten. Darüber kann man klagen, aber darumherumkommen wird man nicht.

9) Eltern am Limit: Wie Omikron nun auch den Widerstandsfähigsten zusetzt

Seit einigen Wochen wütet Covid in Form von Omikron regelrecht unter den Jüngsten. Für viele Mütter und Väter vergeht kaum ein Tag ohne neue Covid-Botschaften im näheren Umfeld. Unzählige Kinder müssen immer wieder in Quarantäne, mitunter ganze Kita-Gruppen oder Klassen. Von Normalität kann vielerorts nicht die Rede sein. Das zerrt bei vielen Eltern, wie auch bei Ludewig, an den Nerven und damit auch immer stärker an der Substanz. Dreimal in Folge mussten ihre Kinder zuletzt fünf Tage in Quarantäne. In den Weihnachtsferien schließlich habe sie die Erschöpfung eingeholt: „Da ging’s mir richtig schlecht.“ Die Kurzfristigkeit, in der Entscheidungen getroffen werden müssen, die immer aggressivere Stimmung in den Eltern-Whatsapp-Gruppen und der Interpretationsspielraum, den viele Quarantäneverordnungen zulassen, all das sei einfach zermürbend. […] Nils Backhaus ist Psychologe und wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) und Mitglied der Gruppe „Arbeitszeit und Organisation“ im Fachbereich „Arbeitswelt im Wandel“ . Auch er sieht in der Kurzfristigkeit, in der Eltern derzeit Entscheidungen treffen müssen, eine „enorme Belastung“, zumal im Umkehrschluss „eine langfristige Planung nicht mehr möglich ist“. Die Pandemie und die damit einhergehenden Unwägbarkeiten hingen permanent wie „ein Damoklesschwert“ über vielen Familien. Die Folge daraus? Dauerstress, verbunden mit permanenten Sorgen und einem Gefühl der Überforderung, das sich bei einem beträchtlichen Anteil der Väter und vor allem Mütter zunehmend auch physisch und psychisch zeige: nicht mehr abschalten können, Schlafstörungen, depressive Verstimmungen. Kaum einer sei angesichts derartiger Rahmenbedingungen in der Lage, 100 Prozent Leistung bei der Arbeit zu bringen. Stoße man in einem derartigen Zustand noch auf ein wenig familienfreundliches Arbeitsklima, sprich, wenig orts- und zeitflexibles Arbeiten und Unverständnis der Arbeitgeber, „dann bleibt einem kaum noch etwas anderes, als sich krankzumelden“, mahnt Backhaus.(Carolin Burchardt, Deutsches Redaktionsnetzwerk)

Ich habe schon zigmal festgestellt, dass Eltern und Selbstständige die beiden größten Opfergruppen der Pandemie sind, und dieser Artikel ist nur ein weiteres Beispiel dafür. Burchardt spricht mir als Vater von zwei Grundschulkindern einerseits und Lehrkraft andererseits völlig aus dem Herzen. Ich fühle diesen Dauerstress, diese komplette emotionale und psychische Ermüdung, ebenfalls. Die Pandemie drückt uns seit zwei Jahren komplett nieder (was übrigens meinen Zorn auf jene, die glauben, sie seien wegen eines Böllverbots an Sylvester unterdrückt, nicht eben mindert) und noch immer wird nicht einmal anerkannt, dass ein Problem vorliegt, geschweige denn etwas daran verbessert. Und das wird sich auch nicht mehr ändern, so viel ist offensichtlich. Da will man der ganzen Politik parteiübergreifend nur noch den Mittelfinger entgegenstrecken.

10) Wie andere Länder die Arbeitszeit von Lehrkräften regeln

Unter allen Beteiligten besteht trotz zum Teil heftiger Kontroversen Konsens, die Arbeitszeit von Lehrerinnen mit allen wesentlichen Aufgaben transparent zu regeln. Dies gilt als wichtige Voraussetzung für eine verlässliche Kooperation unter den Lehrkräften mit einer möglichst hohen Arbeitszufriedenheit. Das zentrale Instrument dafür ist ein individueller Arbeitsplan, der auf Grundlage der jeweils geltenden Rahmenbedingungen im Mai/Juni jeweils für das neue Schuljahr zwischen jeder angestellten Lehrkraft und dem Schulleiter/der Schulleiterin unter Mitwirkung des Personalrats festgelegt wird. Alle Vereinbarungen zur Bezahlung und zur Arbeitszeit sind im Arbeitsplan nach einem bestimmten Muster aufgeführt. Zur Aufgabenübersicht gehören neben der Anzahl der Klassen, Fächer und Unterrichtsstunden alle weiteren Aufgaben wie Vorbereitungen, Konferenzen, Teamtreffen, Gespräche und Fortbildungen. Dort ebenfalls aufgeführte besondere Funktionen und Aufgaben an der Schule werden durch zusätzliche Bezahlung oder weniger Unterrichtszeit ausgeglichen. Die 2013 im Rahmen einer umstrittenen Schulreform von der dänischen Regierung durchgesetzte Regelung, dass alle Lehrkräfte von 8 bis 16 Uhr in der Schule präsent sein müssen, hat sich in der Praxis nicht bewährt. Auf diese Weise konnten abendliche Elternbesuche und weitere Aktivitäten außerhalb der Kernarbeitszeit nicht erfasst werden, oder sie fanden nicht statt. Auch die Qualität des Unterrichts hat sich dadurch offensichtlich nicht verbessert. […] Stattdessen haben Schulen mittlerweile, abhängig von der jeweiligen Kommune, verschiedene Möglichkeiten, um die gemeinsame Arbeit flexibel zu strukturieren. Dazu werden im Arbeitsplan feste Präsenzzeiten für Konferenzen, Teambesprechungen, Kommunikation und Kooperation mit externen Partnern ebenso aufgeführt wie Stunden (zum Beispiel 200 Jahresstunden), die Lehrkräfte im Rahmen ihrer Arbeitszeit zur freien Verfügung haben. (Werner Klein, Deutsches Schulportal)

Allmählich werden die „das Gras ist in Dänemark grüner“-Geschichten echt ihr eigenes Genre. Ob Steuern, Sozialstaat, Pandemieregeln oder Schulsystem, ob Kitas, Einwanderungspolitik oder Eiscreme, irgendwie ist in Dänemark scheinbar alles besser. Color me sceptical, zumindest wo es nicht um Eiscreme geht. Nichts gegen dänisches Eis, das ist topp.

Aber zum Thema: Arbeitszeit von Lehrkräften ist und bleibt ein Dauerproblem, und dass das Deputatsmodell eher, sagen wir, mindergut ist, ist hinreichend bekannt. Was Dänemark macht, klingt für mich als Laien – ich kenne jetzt auch nur obige Beschreibung und nicht die Details, auf die es halt ankommt – erst einmal grundsätzlich sinnig. Das bedeutet für Deutschland allerdings ein massives Aufbrechen von Besitzständen und gegebenenfalls einen noch größeren Lehrkräftemangel, denn wenn man sich erst einmal klarmacht, was außerhalb des Unterrichts alles passiert, lässt sich das gegenwärtige Modell kaum aufrechterhalten.

Mich wundert übrigens keine Sekunde, dass das Präsenzmodell nicht funktioniert hat. Präsenzmodelle sind generell genauso wie die Deputatsberechnung ein Mittel aus dem letzten Jahrhundert, eine reine Krücke, ob an Schule oder in Betrieben. Sie sind Ausdruck eines Grundmisstrauens in die Beschäftigten. An Schulen kommt das zusätzliche Problem hinzu, dass die Infrastruktur gar nicht besteht. Ein Unternehmen, das Präsenzpflicht hat, hat im Allgemeinen einen Arbeitsplatz für seine Beschäftigten. Schulen haben das nicht. Schon allein daran muss das Ganze scheitern, noch bevor wir die Dezentralität der Arbeit (Elternabende, Elterngespräche, Korrekturen, etc.) mit einbeziehen.

Nachtrag

Trevor Noah erklärt in zweieinhalb Minuten, wofür ich seinerzeit einen Riesenartikel gebraucht habe.

– Pasend zu meiner Kritik an pauschalem Lob oder Kritik über die „Jugend von heute“ hat das Handelsblatt einen Artikel, in dem „die Jugend“ pauschal als rationaler denn „die Alten“ über den grünen Klee gelobt wird. Ist natürlich kompletter Unsinn.

– Als Nachtrag zu unserem Podcast zu Peak Prien: Nachdem Prien ihre alberne Twitter-Kündigung hingelegt hat, legt sie jetzt in der Welt (wo auch sonst) nach und erklärt, dass nur „Politiker*innen, Journalist*innen und Psychopathen“ auf Twitter sind. Das wird’s sein. Alles Psychopathen. Ich mag, wie sie darum bemüht ist, alle Seiten zusammenzubringen. Wie immer gilt das irgendwie nur, wenn es um rechten Protest geht. Sobald die Kritik von woanders kommt, ist es keinesfalls nötig, zuzuhören und wertzuschätzen.

– Die Welt hat etwas zur Frage der NATO-Osterweiterung: in einem britischen Archiv ist ein Schnippsel aufgetaucht, demzufolge die Diplomaten 1991 tatsächlich davon ausgingen, der UdSSR eine Ausweitung nicht über die Elbe hinaus versprochen zu haben. Wie viel da dran ist kann ich auf der Basis nicht beurteilen, aber meine grundsätzlichen Argumente bleiben eh bestehen (Sowjetunion =/ Russland, Russland hat Osterweiterung 1997 vertraglich zugestimmt).

Ein Journalist vom Tagesspiegel hat eine Kritikwelle abbekommen, weil er Baerbock „diese junge Dame“ genannt hat, und: völlig zu Recht. In ihrem merkwürdig rhapsodisch-assoziativen Artikel thematisiert Waltraud Schwab dies (unter vielen anderen Punkten) ebenfalls.

– Die Wahlanalyse aus Virginia zeigt, dass die Democrats kein Problem mit Wahlbeteiligung hatten; die Republicans hatten nur mehr. Im Endeffekt der gegenteilige Effekt der Präsidentschaftswahl 2020.

– Besonders für Thorsten Haupts hier ein Vortrag von Adam Tooze über „Ökonomie der Zerstörung“ und unsere Diskussion über den wirtschaftlichen Entwicklungsstand von NS-Deutschland (die verlinkte Präsentation nebenher geöffnet haben, Video hat kein Bild!). Es ist eine ordentliche Zusammenfassung der wichtigsten Argumente mit Quellen, wen das interessiert.

– „Der Feind meines Feindes ist mein Freund“ ist und bleibt einfach eine unglaublich dumme Einstellung, Beispiel 23523547836

{ 48 comments… add one }
  • Tim 25. Februar 2022, 08:48

    (Deutschland muss den hohen Leistungsbilanzüberschuss endlich abbauen)

    Diese Kritik war vor 15 Jahren albern und ist es auch heute noch. Letztlich wirft man damit Deutschland vor, dass Unternehmen im Ausland gern bei deutschen Firmen kaufen, i.e. dass deutsche Firmen leistungsfähige Produkte herstellen. Die umgekehrte Deutung – dass Deutschland zu wenig importiert oder konsumiert – ist Quatsch. Deutschland importiert pro Kopf deutlich mehr als andere EU-Länder und hat eine Konsumquote, die ziemlich gut im EU-Mittel liegt.

    Ich nehme an, die Kritiker hätten lieber, dass amerikanische Firmen nicht deutsche Maschinen kaufen, sondern portugiesisches Olivenöl. Gaga.

    • Stefan Sasse 25. Februar 2022, 12:43

      Nein, deswegen richtet sich die Kritik auch ausdrücklich gegen die Quote. Das deutsche Lohnniveau müsste steigen, um mal einen Punkt aufzumachen.

      • Tim 25. Februar 2022, 15:25

        Das deutsche Exportgewerbe hat jetzt schon mit die höchsten Löhne in der EU. Warum sollten sie zu niedrig sein? Da fehlt einfach der Realitätsbezug.

        Nein, diese Debatte ist vollkommen schief. Wenn die Unternehmen anderer Staaten nichts wettbewerbsfähig sind, hat Deutschland daran keine Schuld.

      • Stefan Pietsch 25. Februar 2022, 16:18

        Wie Tim bereits richtig feststellte, ist das Lohnniveau in der Exportindustrie bereits außerordentlich hoch. Nur in wenigen Bereichen wird noch besser bezahlt. Automotive, Maschinenbau, Luxusgüter – alles Branchen, in denen die Löhne sehr hoch liegen, die aber mit ihrer Produktion nicht allein bzw. nur zu einem sehr geringen Anteil den deutschen Markt befriedigen können. Willst Du ernsthaft eine Industrie, wo BMW, Audi und Mercedes nur für Deutschland fertigen und HUGO BOSS seine Klamotten allein an Rhein und Ruhr vertreibt? Denn darauf laufen Deine Thesen hinaus.

        Vor allem aber, was ist mit höheren Löhnen gewonnen? Im schlechtesten Fall sorgt eine solche Politik für geringere Auslastung aufgrund wegbrechender Aufträge in den Branchen. Viele Beschäftigte werden in einer boomenden und extrem gut bezahlenden Industrie arbeitslos. Das wirkt wie der Slapstick wirtschaftlicher Dilettanten. Vor allem setzen sich gegen eine solche Politik die Arbeitnehmervertreter selbst zur Wehr, wie man mit Blick auf die innerbetrieblichen Debatten bei VW und Mercedes feststellen kann. Die Beschäftigten selbst haben dort kein Interesse, ihre Löhne so hoch zu treiben, dass ihr Unternehmen nicht mehr wettbewerbsfähig ist.

        Allerdings betragen die Lohnkosten gerade im Produzierenden Gewerbe nur einen verhältnismäßig kleinen Teil der Gesamtkosten. Selbst eine Erhöhung um 10% würde die Wettbewerbsfähigkeit vieler guter Marken nicht so beschädigen, dass das Auftragsvolumen sinken würde. Im besten Fall könnten sie die gestiegenen Lohnkosten an die ausländischen Auftraggeber weitergeben. Damit aber würde der Exportüberschuss nicht sinken, sondern steigen.

        Die ganze Argumentation würde zum Gegenteil dessen führen, was beabsichtigt ist. Abgesehen davon, was für ein wirtschaftspolitisches Harakiri es wäre, mit den Jobs von Menschen Monopoly zu spielen.

    • Mikefromffm 26. Februar 2022, 12:00

      Das Märchen der überlegenen Deutschen Waren ist eben das: Ein Märchen. Wer sich über die Ursachen informieren will, kann sich im Internet sehr leicht darüber informieren, wenn er denn will. Aber die Leute bleiben lieber bei ihrer Ideologie, als auch nur einmal zuzugeben, sich getäuscht zu haben. Und so werden wir das Märchen auch in Zukunft hier lesen.

      • Erwin Gabriel 26. Februar 2022, 16:51

        @ Mikefromffm 26. Februar 2022, 12:00

        Hallo Mike

        Das Märchen der überlegenen Deutschen Waren ist eben das: Ein Märchen.

        Es ist nie die Qualität allein, es ist ganz selten der Preis allein. Sollte allen klar sein.

        Und so werden wir das Märchen auch in Zukunft hier lesen.

        Das ist wieder so ein Satz, bei dem ich mich frage, warum Du ihn schreibst. Wenn Du es für ein Märchen hältst, stell doch ein, zwei Links (ein, zwei Informationen, Sätze, gar einen Artikel?) zusammen, die diese Ansicht begründen.

      • Tim 26. Februar 2022, 18:58

        @ Mikefromffm

        „Überlegen“ ist ein Wort, das bei Markterfolgen nur wenig Sinn ergibt, darum würde ich es hier nicht verwenden.

        Genauer gesagt sind es in der Industrie nicht nur wettbewerbsfähige Waren (die Lieferketten deutscher Exportunternehmen sind immer noch an der Weltspitze), sondern oft auch passend darauf zugeschnittene Dienstleistungen wie Wartung, Betrieb oder Finanzierung. Ganz oben steht aber die individuelle Fertigung für den Kunden.

  • Thorsten Haupts 25. Februar 2022, 10:47

    Zu 5) Ich kann diese Mechanismen als Grüner nutzen, um eine Atomendlagerstätte zu blockieren oder als Konservativer, um ein Windrad zu verhindern.

    Ja. Nur haben die GRÜNEN und linken Politiker in Deutschland nie damit gerechnet, dass man diese Methoden auch gegen sie einsetzen kann. Ich weiss schon, warum ich in meinem Studentenverband immer dafür geworben habe, alle von den Linken akzeptierten politischen Kampfmethoden bedenkenlos selbst einzusetzen. Es ist die einzige Chance, der anderen Seite zu zeigen, warum sie falsch liegt – Prinzipientreue ist meistens schlicht Dummheit. Leider!

    Gruss,
    Thorsten Haupts

  • Marc 25. Februar 2022, 11:07

    9) Ich habe schon zigmal festgestellt, dass Eltern und Selbstständige die beiden größten Opfergruppen der Pandemie sind, und dieser Artikel ist nur ein weiteres Beispiel dafür.

    Es gibt noch einen Artikel, nämlich diesem hier:

    http://www.deliberationdaily.de/2022/01/die-freiheit-die-wir-meinen/

    Die Konsequent einer „freieren“ Corona-Politik ist die Durchseuchung mit den ganzen Schäden. Also ist der ganze Mist so gekommen, wie er bestellt wurde.

  • CitizenK 25. Februar 2022, 12:00

    2) Mit der app „PhotoMath“ kann ein Schüler mit dem Handy eine (auch quadratische) Gleichung sofort lösen. Wozu also die vielen Mathestunden und den Stress bei der Abschlussprüfung? Nur für den Fall, dass der Akku leer ist oder das Handy kaputt? Oder doch, wie bei Latein, zur Denkschulung?

    • Stefan Sasse 25. Februar 2022, 12:52

      Das Problem ist doch nicht das Lösen der Gleichung. Da sind wir bei dem, an was der Matheunterricht eh grundlegend krankt, nämlich seiner Betonung des stupiden Lösens von Rechenaufgaben. Die relevante Fähigkeit ist, dass ich bei realen Problemen verstehe, wie ich die lösen kann, nicht, dass ich abstrakt-künstliche Rechnungen ohne Hilfsmittel hinbekomme. Das fängt schon in der Unterstufe an.

    • Erwin Gabriel 25. Februar 2022, 14:41

      @ CitizenK 25. Februar 2022, 12:00
      2) Mit der app „PhotoMath“ kann ein Schüler mit dem Handy eine (auch quadratische) Gleichung sofort lösen. Wozu also die vielen Mathestunden und den Stress bei der Abschlussprüfung?

      Um aus einer Problemstellung die richtige (auch quadratische) Formel abzuleiten, die dann gerne die App lösen darf.

  • Ariane 25. Februar 2022, 12:04

    6)
    Ich habe als Mieter*in weniger Kosten, weil entweder die Vermietenden die CO2-Kosten übernehmen müssen, oder aber wegen der energetischen Effizienz eh keine hohen Kosten anfallen. Gleichzeitig ist ein großer Anreiz für die Vermietenden da, den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Klingt super!

    Oh das klingt wirklich super, auch viel besser als hälftig aufteilen. Solange man nicht sehr wild wohnt, hat der Bauzustand des Hauses übrigens auch mehr mit den Heizkosten zu tun als das eigene Verhalten. Oder es hängt gleich zusammen wie bei mir, als ich im Januar die Heizung nicht mehr abstellen sollte, während ein Fenster nicht mehr schließbar war (zum Glück pünktlich zum Frühling wieder repariert^^).

    Und zumindest im letzten Jahr (wird ja gerade alles neu geregelt) gab es von der KfW auch sagenhafte Konditionen für Klimasanierungen, ein Teil muss wohl gar nicht mehr zurückgezahlt werden und der Rest für unter 1%. Und logischerweise spart man damit nicht nur Energie, sondern das Objekt hat auch ne extreme Wertsteigerung.

    9) Eltern und Omikron
    und noch immer wird nicht einmal anerkannt, dass ein Problem vorliegt, geschweige denn etwas daran verbessert. Und das wird sich auch nicht mehr ändern, so viel ist offensichtlich

    Das war zwar von Beginn an schon problematisch, aber mir fällt auch extrem auf, wie sehr die Lebensrealitäten da mittlerweile auseinandergehen. Ich selbst ohne Kinder merke da einfach nicht mehr viel von, klar Maske tragen, aber sonst kann ich alles machen. Seit dem Booster sogar ohne Test. Während alle meine Bekannten mit Kindern völlig auf dem Zahnfleisch gehen, gerade weil absolut nix mehr planbar ist und/oder alle drei Tage Änderungen kommen, die dann auch keiner mehr blickt und nur noch mehr Verunsicherung bringen. Das regt die Leute verständlicherweise auch viel mehr auf als ein Virus, gegen das man schwerer was tun kann als gegen Inkompetenz (theoretisch).

    10)
    Allmählich werden die „das Gras ist in Dänemark grüner“-Geschichten echt ihr eigenes Genre

    Vor allem ist Dänemark in vielen Punkten komplett anders organisiert als Deutschland, weswegen es oft Quatsch ist, sich einen Punkt herauszugreifen und zu fragen, warum wir das nicht einfach(!) auch so machen. Meine Tante ist da ja sowas wie eine recht hohe Gewerkschafterin und ich hab trotz mehrmaliger Versuche bis heute nicht verstanden, wie das da funktioniert (anscheinend mehr wie Kommunalpolitik oder so).

    Nachtrag:
    und erklärt, dass nur „Politiker*innen, Journalist*innen und Psychopathen“ auf Twitter sind. Das wird’s sein. Alles Psychopathen.

    Besonders meine Witz-und-Flauschtimeline^^ Immerhin hat sie sich das nicht selbst ausgedacht, sondern wohl Doro Baer zitiert, was es aber auch nicht besser macht.

    • Stefan Sasse 25. Februar 2022, 12:54

      9) Deswegen ärgert es mich auch so, wenn Kubicki-Liberale dann darüber jammern, nicht in alle Kneipen ohne Masken zu können und sich als Opfer hinstellen. Die haben am wenigsten zu leiden und machen den größten Rabatz. Unglaublich privilegierte Wohlstandsverwahrlosung.

      Wenn du Doro Baer zitierst hast du doch auch die Kontrolle über dein Leben verloren 😀

    • Erwin Gabriel 25. Februar 2022, 14:52

      @ Ariane 25. Februar 2022, 12:04

      6) Und zumindest im letzten Jahr (wird ja gerade alles neu geregelt) gab es von der KfW auch sagenhafte Konditionen für Klimasanierungen, ein Teil muss wohl gar nicht mehr zurückgezahlt werden und der Rest für unter 1%.

      Ja, die haben nur nicht jeden genommen.

      Und logischerweise spart man damit nicht nur Energie, sondern das Objekt hat auch ne extreme Wertsteigerung.

      Häuser mit schlechter Isolierung sind in der Regel älter und günstiger. Wenn ich da nun die gleichen Forderungen nach Isolierung stelle, muss die Miete entsprechend steigen. In eine günstige, schlumpfige 40 Jahre alte Wohnung ziehen und dann über den Stand vor 40 Jahren maulen, ist da natürlich praktisch. Der Vermieter hat die Kosten, der Mieter spart die Energie.
      Und von der Wertsteigerung hat niemand etwas, weil dieser Wertzuwachs gebunden ist. Ziehe ich das glatt, muss ich die Miete erhöhen, und gelte als Arschloch. Verkaufe ich, um den Wertzuwachs zu realisieren, erhöht der Käufer (oder zieht selbst ein), und ich gelte ebenfalls als Arschloch.

      • Ariane 25. Februar 2022, 16:05

        Und kaufe ich ein Objekt zum Vermieten und erhöhe nur jährlich die Nebenkosten und investiere keinen Cent, gelte ich auch als Arschloch^^ Es ist nun mal Quatsch, nur eine Seite zu belasten, sowohl Mieter als auch Vermieter haben Einfluss auf Energie-Effizienz. Kannst halt auch nicht dem Mieter erzählen, er soll halt weniger heizen, wenn der Kessel von sonstwann ist und das Dach undicht.

        Und von der Wertsteigerung hat niemand etwas, weil dieser Wertzuwachs gebunden ist

        Das Ding heißt ja nicht umsonst Immobilie^^ Aber natürlich hat man etwas vom Wertzuwachs, selbst wenn man weder verkauft noch die Miete erhöht (was man tun könnte, bzw meist wird erhöht wenn wer auszieht). Aber allein durch das Steigen des Buchwerts geht doch die Bonität hoch und man könnte zb gleich den nächsten Kredit für die nächste Sanierung, Kauf oder Urlaub aufnehmen.

        • Erwin Gabriel 26. Februar 2022, 12:23

          @Ariane 25. Februar 2022, 16:05

          Und kaufe ich ein Objekt zum Vermieten und erhöhe nur jährlich die Nebenkosten und investiere keinen Cent,

          Ich dachte, ich hätte erwähnt, dass wir alles außer den Außenwänden neu gemacht haben.

          Es ist nun mal Quatsch, nur eine Seite zu belasten, sowohl Mieter als auch Vermieter haben Einfluss auf Energie-Effizienz.

          Ja, haben beide. Ich habe auch gesagt, was es die Mieter kosten würde, wenn wir unseren Einfluss geltend machen. Das können die sich nicht mehr leisten. Glaubst Du wirklich, dass man eine billige Wohnung beziehen kann (= Zustand eingepreist), und anschließend macht der Vermieter alles auf seine eigenen Kosten schick, modern und energieeffizient?

          Kannst halt auch nicht dem Mieter erzählen, er soll halt weniger heizen, wenn der Kessel von sonst wann ist und das Dach undicht.

          Der Kessel ist hochmodern, das Dach gedämmt, nur die Außenhülle nicht. Und die herrschenden Vorschriften zwingen mich halt dazu, wenn, diese auf einen Rutsch zu sanieren.

          Das Ding heißt ja nicht umsonst Immobilie^^

          Au weia. Da hast Du offenbar etwas nicht verstanden. Ich wollte mit dem Haus nicht umziehen.

          Aber natürlich hat man etwas vom Wertzuwachs …

          Ja, den Wertzuwachs selbst – den ich nicht brauche, und der spürbar unter der Investitionssumme liegen würde.

          … allein durch das Steigen des Buchwerts geht doch die Bonität hoch und man könnte zb gleich den nächsten Kredit für die nächste Sanierung, Kauf oder Urlaub aufnehmen.

          Hast Du Dich je irgendwie ernsthaft mit dem Thema beschäftigt? Um den Wert des Hauses zu steigern, müsste ich einen Kredit aufnehmen, der höher liegt als der Wertzuwachs.
          Und google mal „USA“ und „Subprime-Krise“ – dort haben es viele mit diesem Trick probiert.

          Meine Bonität ist dadurch hoch, dass ich Sicherheiten habe, die beliehen werden können. Sind die Sicherheiten schon beliehen, und ich möchte einen weiteren Kredit, geht die Bonität runter, weil die Absicherung (=die Immobilie) schon beliehen und damit nicht so sicher ist wie ein unbelastetes Haus.

          Dann wird bei einer erwünschten Kreditaufnahme meinerseits ab einer gewissen Größenordnung geschaut, wie gut die Chancen stehen, dass ich den zurückzahle. Üblicherweise zieht man zur Berechnung auch die Höhe der Einkünfte heran. Da ich in Kürze 64 werde, habe ich ein kleines Problem; nach deren Annahmen fallen in zwei Jahren meine Einkünfte weg (Rente ist wo viel niedriger, dass das nicht hilft).

          Utopisch ist, dass meine ‚Bonität‘ durch die Baumaßnahme den Wert so steigert, dass ich nicht nur die Baumaßnahme, sondern auch noch einen Urlaub o.ä. mitfinanzieren kann. Und selbst wenn ich diese Investition über zehn Jahre abschreiben könnte (was sich nach Renteneintritt nicht mehr so lohnt), wiegen die steuerlichen Vorteile nicht die Kosten auf (zumal eine Teilumlegung der Kosten auf die Mieter wieder die Einnahmen hochtreibt).

          Ist nicht alles so schwarzweiß, wie es ohne Nachdenken manchmal aussehen mag.

          • Ariane 26. Februar 2022, 13:36

            Sorry hatte deinen persönlichen Bericht erst später gelesen, hätte es auch so gemacht wie ihr.

            Hast Du Dich je irgendwie ernsthaft mit dem Thema beschäftigt?

            Ja, man denkt es nicht, aber mit Immobilien kenne ich mich tatsächlich auf mehreren Seiten aus. Stimme dir auch absolut zu, dass man unbedingt stärker unterteilen müsste zwischen gewerblichen Vermietern oder ganzen Gesellschaften wie „Deutsche Wohnen“, die nix anderes machen und Privatleuten, die nur ein Haus geerbt haben oder mal ne Wohnung verkauft und die vermieten. Wie Du auch sagst, das ist ja ein völlig anderer Schnack, ob man das Ganze als Investment mit Hunderten von Wohnungen betreibt oder da ein Häuschen geerbt hat und es vermietet.

            Momentan ist der Markt teils echt irre. Also ich beschwer mich auch nicht (oder nur leise), ich hab selbst eine günstige Wohnung und nehme dafür den Unbill in Kauf, dass hier mal schnell was kaputt geht. Obwohl das nicht mal ein Altbau ist, eher geflickschustert statt vernünftig gebaut. Das ist halt die andere Seite daran, ich mach immer Witze, dass niemand mehr umziehen kann, weil die Mieten selbst hier so hochgegangen sind. Wenn ich ausziehe, könnte man – ohne einen Handschlag zu tun – locker 100€ oder mehr drauflegen.

  • Erwin Gabriel 25. Februar 2022, 14:37

    2) A Network of Fake Test Answer Sites Is Trying to Incriminate Students

    Wenn deine Klausur dadurch lösbar ist, dass ich kurz nebenher google, dann ist das Problem deine Klausur.

    Volle Zustimmung

    … genauso wie Führungskräfte, die ihre Untergebenen nur mit ständiger Kontrolle zur Arbeit anhalten zu können glauben.

    Teilweise Zustimmung. Es gibt solche und solche – Vorgesetzte und Mitarbeiter.

    3) Deutschland muss den hohen Leistungsbilanzüberschuss endlich abbauen

    Außerhalb Deutschlands ist der hohe deutsche Überschuss eine Gefahr für die makroökonomische Stabilität. Denn dafür müssen andere Länder große Defizite machen, …

    Das höre und lese ich oft, ohne es zu verstehen. Es zwingt niemand diese Länder, bei uns (oder etwa in China) zu kaufen. Es ist, um ein altes Beispiel mal wieder hervorzukramen, nicht das Problem von Deutschland, dass 3er-BMWs in Griechenland gefragter sind als Oliven bei uns.

    Was wir dagegen tun könnten? An Griechenland, Italien wohin auch immer weniger verkaufen (dann kaufen und verschulden die sich woanders, und wir sind ‚fein raus‘), oder unsere Waren so schlecht machen, dass keiner die will, oder alle Oliven aufkaufen und die nicht benötigten wegschmeißen.

    Dass diese Art von Forderung immer wieder von Leuten erhoben wird, die zwar unsere Überschüsse nicht erwirtschaften, aber die damit erzielten Gewinne nur allzu gerne in üppige Sozialprojekte stecken wollen, sagt auch das eine oder andere über diese Forderung.

    Innerhalb Deutschlands verweisen hohe Leistungsbilanzüberschüsse auf ein ungleichgewichtiges Wachstumsmodell, von dem nur ein kleiner Teil der Bevölkerung profitiert.

    Der Lösungsansatz: ein Mix aus stärkerem Lohnwachstum und einer Fiskalpolitik, die durch öffentliche Investitionen die Binnennachfrage anregt. Dies würde zu höheren Importe führen.

    Mehr Lohn = weniger Exporte, weniger Gewinn, weniger Arbeit? Womit will man die höheren Löhne dann finanzieren?

    Und Importe aus welchen Ländern? Aus denen, die uns gegenüber ein Defizit haben? Über den Sinn von künstlich angefachtem Konsum sage ich mal lieber nichts.

    … aber der Paradigmenwechsel kommt zumindest in anderen Teilen der Welt, vor allem den USA, …

    Kein Wunder, die sind – anders als wir – defizitär. Die wollen ein größeres Stück vom Kuchen, gerne zu unseren Lasten. Aber deswegen fange ich nicht an, amerikanische V8-Pickups zu fahren.

    4) Belgium approves four-day week and gives employees the right to ignore their bosses after work

    Haben wir, wg. Corona. Stundenzahl bleibt gleich, aber wer 4 Tage á 10 Stunden arbeitet, kann einen Tag nach Wahl (bzw. nach Absprache mit dem Vorgesetzten) freinehmen. Am Anfang spielte jeder ein bisschen herum, bei den meisten blieb es wie bisher. Ausnahme: Corona-Mütter.

    5) Beschleunigung von Genehmigungsverfahren: Experten empfehlen weniger Bürgerbeteiligung

    es ist ein völliger Irrweg zu glauben, durch die Beteiligung der Ortsansässigen, gut vernetzten Elite eine größere Pluralisierung erreichen zu wollen. Alles, was dadurch geschafft wurde, ist dem NIMBYismus eine institutionalisierte Machtbasis zu geben und zahlreiche Projekte endlos zu verzögern, verteuern oder zu verhindern.

    Zustimmung.

    Das ist übrigens auch parteipolitisch blind. Ich kann diese Mechanismen als Grüner nutzen, um eine Atomendlagerstätte zu blockieren oder als Konservativer, um ein Windrad zu verhindern.

    Große Erheiterung meinerseits. Glaubst Du wirklich, dass grüne Wähler Windanlagen oder konservative Wähler Atomendlagerstätten durchwinken würden?

    6) Bundesregierung will CO₂-Kosten per Stufenmodell gerechter aufteilen

    Das klingt für mich als Laien grundsätzlich nach einem sehr sinnvollen Modell, aber ich bin auch hier gespannt, ob jemand mit mehr Sachkenntnis was dazu zu sagen hat.

    Ich hatte hier vor kurzem ein Beispiel erläutert. Meine Frau hatte das Haus ihres Vaters (Bj. 1968) übernommen; alles neu bis auf die Außenmauern: Gas, Wasser, Strom, Netzwerk, TV, Heizung, Fenster, Türen, Küchen, Bäder, Fliesen. Zwei Wohnungen á knapp 70 m², bei 3 Zimmer, Küche, Bad, Flur, eigener Kellerraum, gemeinsamer Waschkeller, 1 Garage + Stellplatz bzw. zwei Stellplätze Kaltmiete deutlich unter 500,- Euro.

    Die günstige Miete hat einen Grund: Das Haus ist halt alt, die Wände dünn. Einmal rundum einkleiden kostet zwischen 50.000 und 80.000 Euro. Nun haben wir nicht nur persönlich nichts davon, wir haben auch das Geld nicht herumliegen. Lege ich die Investition (zum besseren Rechnen: 60.000 Euro) im Rahmen der maximalen rechtlichen Möglichkeiten auf die Mieter um (= verteilt auf zehn Jahre), erhöht sich die jeweilige Monatsmiete um ca. 250 Euro/Monat bzw. um über 50 Prozent. Das werden sie für eine ansonsten unveränderte Wohnung nicht auf den Tisch legen.

    Dass alle Kosten bei uns landen, sehen wir auch nicht ein. Was immer wir tun, wir bezahlen heftig drauf, oder wir treiben die Mieter aus dem Haus – keine sinnvolle Lösung in Sicht. Eine weitere Vorschrift, die sich gegen Deutsche Wohnen & Co richtet, aber auch die unendlich vielen privaten Vermieter und ihre Mieter trifft. Es hat schon seinen Grund, das Wohnen immer teurer wird.

    7) Why Hollywood Can’t Quit Guns

    … die Zunahme an Schusswaffengewalt in Filmen … in Hollywood ist bemerkenswert.

    Im Western ‚Der Mann aus Virginia‘ (The Virginian) von 1935 fallen insgesamt 3 Schüsse. Hab mich beim ersten echt erschrocken. 🙂

    Ich finde es auch relevant, wie stark gesäubert die Waffengewalt ist; sie ist von ihren realen, physischen Konsequenzen beinahe vollkommen entkleidet.

    Schon irre, wie lange Profis durch einen MP-Kugelhagel laufen können, ohne getroffen zu werden, während gute Pistolenschützen (also die Pistolenschützen, wenn sie die ‚guten‘ sind), auf 30 oder 40 m ein bewegtes Ziel gut treffen können. Und ja, man sieht meist nur das kleine Eintrittsloch, weil der Täter auf die Austrittswunde fällt.

    9) Eltern am Limit: Wie Omikron nun auch den Widerstandsfähigsten zusetzt

    Ich habe schon zigmal festgestellt, dass Eltern und Selbstständige die beiden größten Opfergruppen der Pandemie sind …

    … und Alte, ja

    … und noch immer wird nicht einmal anerkannt, dass ein Problem vorliegt, geschweige denn etwas daran verbessert.

    Ist das nicht immer so, dass die Betroffenen leiden, und die anderen nicht (bzw. dass jemand, der nur ein bisschen leidet, sich auch für einen Leidenden hält)?

    • CitizenK 25. Februar 2022, 16:46

      „…Vorschrift, die sich gegen Deutsche Wohnen & Co richtet, aber auch die unendlich vielen privaten Vermieter und ihre Mieter trifft.“

      Eben. Es muss doch möglich sein, bei der Formulierung eines Gesetzes entsprechend zu differenzieren.

      • Erwin Gabriel 26. Februar 2022, 16:45

        @ CitizenK 25. Februar 2022, 16:46

        Es muss doch möglich sein, bei der Formulierung eines Gesetzes entsprechend zu differenzieren.

        Ich stimme zu, das wäre gut.

        Die Realität ist eine andere: Das Handeln der Regierung bzw. der öffentlichen Hand, sei es durch Akzeptanz der Null-Zins-Politik der EZB, sei es durch den Verkauf innerstädtischer Grundstücke an den Meistbietenden, politische Fehlentwicklungen (etwa in Berlin), durch ständig strengere Vorschriften für Wärmedämmung, Schalldämmung, Brandschutz, Heizungen, Solar-„Zwang“ oder Sanierungsvorgaben machen Wohnraum ständig teurer. Der Mieter muss natürlich die Zeche zahlen, denn niemand baut ein Haus oder saniert eine Wohnung, um dann selbst auf den Kosten sitzen zu bleiben.

        Je weiter sich diese Situation zuspitzt, um so stärker geraten Vermieter durch Gesetze und Rechtsprechung unter Druck, was wiederum zu größeren „Sicherheitsvorkehrungen“ wie Klauseln im Mietvertrag, reine Orientierung am Einkommen etc. nach sich zieht.

        Ist ein wirklich blöder Kreislauf, von dem diejenigen am meisten profitieren, die entweder ganz teuer bauen und verkaufen, oder Altbauten nicht sanieren (wie gesagt: WENN sie anfangen, müssen sie es so machen, dass es sich der bisherige Mieter nicht mehr leisten kann).

        Ich hab schon überlegt, ob Schiedsstellen weiterhelfen würden. Aber die Situation hat interessanterweise auch zu einer Verhärtung der Interessenverbände (Mieterschutzverein, Haus und Grund) geführt, die jeweils davon ausgehen, dass sich Mieter oder Vermieter immer perfekt verhalten haben (was meistens nicht stimmt). Würde also auch hier schwierig.

    • Stefan Sasse 25. Februar 2022, 18:09

      2) Klar, das war auch kein „alle machen das“ sondern „manche machen das“.

      4) Im Zweifel pro Wahlfreiheit.

      5) Nein, natürlich nicht. NIMBYs sind parteipolitisch blind. Das war mehr ein Beispiel für Präferenzen. Deswegeb muss das ja generell weg.

      7) Realismus ist ja noch mal was ganz anderes. Siehe auch „Schusswunden“. Wer getroffen wird, fällt tot um. Soso.

      9) Wie meinen?

      • Thorsten Haupts 25. Februar 2022, 19:12

        Zu 2) Klar, das war auch kein „alle machen das“ sondern „manche machen das“.

        EGs hauptnachricht nicht verstanden – es gibt auch Mitarbeiter, bei denen die stetige Kontrolle tatsächlich notwendig ist. Entgegen landläufigen Gerüchten gibt es saumässige Chefs UND saumässige Nicht-Chefs :-).

        Gruss,
        Thorsten Haupts

        • Stefan Sasse 26. Februar 2022, 01:54

          Sag ich doch?

          • Erwin Gabriel 26. Februar 2022, 16:31

            @ Stefan Sasse 26. Februar 2022, 01:54

            Sag ich doch?

            Nicht ganz; mein Punkt war: Manche Chefs machen das, weil es erforderlich ist …

            • Stefan Sasse 26. Februar 2022, 18:23

              Ja, sicher. Deppen gibt es immer und in jedem Beruf. Aber das rechtfertig a) keine Pauschalregeln und b) sind mit diesen Individualfällen viel weniger Maßnahmen entschuldbar als gemacht werden.

              • Erwin Gabriel 27. Februar 2022, 14:53

                Stefan Sasse 26. Februar 2022, 18:23

                Aber das rechtfertig a) keine Pauschalregeln und b) sind mit diesen Individualfällen viel weniger Maßnahmen entschuldbar als gemacht werden.

                Hat doch auch niemand etwas behauptet °°

  • Stefan Pietsch 25. Februar 2022, 16:24

    6) Bundesregierung will CO₂-Kosten per Stufenmodell gerechter aufteilen

    Das Modell nimmt die Kritik an der Rasenmähermethode der linken Parteien auf, steigende CO2-Kosten den Vermietern aufzubürden. Nicht energetisch sanierte Immobilien lassen sich nur zu deutlich niedrigen Preisen vermieten. Der Vermieter ist also durch geringere Mieterträge geschädigt, während der Mieter wirtschaftlich bevorteilt ist. Müsste der Vermieter jetzt noch die gestiegenen Nebenkosten tragen, würde zweimal wirtschaftlich haften. Vis versa bei energetisch modernen Bauten. Von daher scheint wirtschaftliche Vernunft Einkehr zu halten.

  • cimourdain 28. Februar 2022, 11:10

    2) Du vergisst, was vielleicht die wichtigste Aufgabe der Bildung in der Internetzeit ist: Das Handwerkszeug zu liefern, um richtige von Falschen Informationen unterscheiden zu können. Dafür sind sichere eigene Kenntnisse (breit und halbwegs tief) nötig, die ein schnelles googeln nicht liefert.

    4) Belgien hat eine 38 Stunden-Woche. Das sind bei 4 Tagen (Vollzeit) 9-10 Stunden pro Tag (plus Pausen). Bei Zeiten über 6-8 Stunden (persönlichkeitsabhängig) fällt die Konzentration und Leistung rapide ab. Unfall- und Haftungsrisiken steigen. Ich glaube nicht, dass das durch einen Erholungstag mehr ausgeglichen wird. Ein besonderer Faktor ist, dass dieses Modell am attraktivsten für Pendler ist, wo zu der Arbeitszeit noch Fahrzeiten (mit erheblich erhöhten Unfallrisiken) kommen.

    7) Zu ‚Robin Hood‘ : Der Film zählt in die Kategorie Fantasy-Gewalt, da ist die FSK lockerer (LotR ist auch ein FSK12 Beispiel). Btw: Das imho heftigste Beispiel für ‚altersunangemessene‘ Brutalität ist „Watership Down“ (FSK 6). Der Film hatte mir Alpträume beschert.

    9) Ein gutes Beispiel für das was mit Fundstück 1) fehlläuft. Anstelle die simple Wahrheit einzugestehen, dass Corona und die ‚Maßnahmen‘ allen Schaden zufügt, separierst du zwischen mehr und weniger ‚anspruchsberechtigten‘ Opfergruppen. Solidarität oder ‚Allyship‘ wirst du so nicht kriegen, weil selbige keine Einbahnstraße ist.

    • Stefan Sasse 28. Februar 2022, 13:31

      2) Völlig korrekt, genau darauf will ich ja letztlich raus. Weil was du nennst ist ja genau das Mathe-Äquivalent davon.

      4) Vermutlich, ja.

      7) Wem nicht?! Das ist zusammen mit „Max und Moritz“ und dem „Struwwelpeter“ einfach nur die Kiste schwarzer Pädagogik.

      9) Wieso, das ist doch sonnenklar? Aber du wirfst in deinem Satz ja schon „Corona und die Maßnahmen“ zusammen. Als ob wir einfach wählen könnten entweder den Schaden durch „Corona und die Maßnahmen“ zu nehmen oder halt nicht. Aber das steht doch gar nicht zur Debatte.

      • cimourdain 1. März 2022, 08:20

        2) Dann wäre es das beste, Honeypot-Webseiten einzurichten – ohne Tracking, dafür mit falschen Antworten.

        7) Womöglich bist du im falschen Film (wörtlich), aber mit drastischer Darstellung erzwungene Empathie ist keine schwarze Pädagogik, sonst müsstest du ‚Roots‘ oder ‚The Handmaids Tale‘ auch dahin einordnen. Das Problem ist doch eher, dass Adams eine epische Geschichte für Erwachsene (die abgestumpfter sind) geschrieben hat und entsprechend wenig zurückhaltend war. The Plague dogs‘ ist da noch drastischer. In der filmischen Umsetzung fand dan keine Disneyfizierung wie bei Saltens ‚Bambi‘ statt und die FSK hat diesen EMpathiefaktor angesichts des Mediums (Tiergeschichte, Zeichentrick) unterschätzt.

        • Stefan Sasse 1. März 2022, 13:51

          2) Mein Thema ist nicht, wie man das besser machen kann, sondern dass die zugrundeliegende Leistungsmessungsart das Problem ist.

          7) Richtig, es ist nicht für Kinder geeignet, das ist mein Punkt. Ich würde meiner sechsjährigen Tochter auch nicht „Handmade’s Tale“ zeigen.

  • sol1 28. Februar 2022, 21:09

    5) „Das ist übrigens auch parteipolitisch blind.“

    Ein gutes Beispiel dafür ist der Verlauf des Brenner-Nordzulaufs durch den Landkreis Ebersberg:

    „Am späten Montagnachmittag hat sich in Ebersberg eine überparteiliche Allianz aus Kommunalpolitikern gebildet. CSU, Grüne, SPD, Freie Wähler, FDP und AfD stimmten in der Sitzung des Kreis- und Strategieausschusses für eine Resolution, die Interessen von möglicherweise betroffenen Anwohnern bekräftigen soll. Selten war sich dieses Gremium so einig.“

    https://www.sueddeutsche.de/muenchen/ebersberg/brenner-zulauf-ebersberg-politiker-allianz-1.5534314

    • Stefan Sasse 1. März 2022, 13:39

      Danke!

    • CitizenK 2. März 2022, 18:52

      Das Gleiche in Grün hier im Raum Mannheim: Schon die Planung für die neue Bahnstrecke als Nordzulauf für den (längst fertigen) Gotthard-Basistunnel wird jetzt von allen evtl. tangierten Gemeinden massiv ausgebremst. Aus verständlichen Gründen – Lärmbelästigung. Allenfalls ein Tunnel käme in Frage – der wesentlich teurer und länger brauchen wird.

  • derwaechter 2. März 2022, 10:36

    „Wenn deine Klausur dadurch lösbar ist, dass ich kurz nebenher google, dann ist das Problem deine Klausur.“

    Stimme Dir zu, aber kommt es nicht auch auf das Fach bzw. Thema an. Bei einer Matheklausur oder einem Vokabeltest z.B. wäre das doch anders.

    • Stefan Sasse 2. März 2022, 11:41

      Auch eine Matheklausur ließe sich anders stellen. Gerade eine Matheklausur.

      Und Vokabeltests – ich bin eh sehr skeptisch, was die angeht.

  • Floyd 2. März 2022, 21:18

    zu 3) „Außerhalb Deutschlands ist der hohe deutsche Überschuss eine Gefahr für die makroökonomische Stabilität. Denn dafür müssen andere Länder große Defizite machen, die über Auslandsverschuldung finanziert werden.“

    Der Punkt wird in den Debatten über den Exportüberschuss immer wieder angeführt, aber ich habe ihn noch nie richtig verstanden. Vielleicht kann mir jemand hier weiterhelfen: Warum müssen sich andere Länder für deutsche Exporte verschulden (und wenn das so ist: warum ist das ein Problem)?

    • Marc Schanz 3. März 2022, 11:10

      Wenn wir mehr exportieren als importieren, müssen andere Länder mehr importieren als sie exportieren. Das bedeutet, ihre Wirtschaft ist zu schwach und kann die Importe nicht finanzieren. Es bleibt nur die Verschuldung in einer Fremdwährung, die meistens über den Umweg von Staatsanleihen von Banken der Exportländern finanziert werden. So schließt sich der Kreis.
      Da sich das Schuldenproblem Jahr für Jahr immer weiter auftürmt. droht irgendwann die Schuldenlast so groß zu werden, dass Zahlungsausfälle entstehen und die Banken insbesondere der Exportländer in Schieflage geraten können.

      • Floyd 5. März 2022, 07:40

        Aber wer macht da konkret die Schulden, die er nicht bezahlen kann? Nach meinem Verständnis sind es ja nicht die Staaten, die Güter ex- bzw. importieren, sondern KäuferInnen und VerkäuferInnen in diesen Staaten.

        Um das Klischeebeispiel zu verwenden: Deutsche Autos, die in die USA exportiert werden, werden ja nicht von der US-Regierung mithilfe des Budgets gekauft, sondern von vielen einzelnen Privatpersonen oder Firmen in den Vereinigten Staaten. Die machen zwar bei einer so großen Anschaffung Schulden, da sie die Autos auf Kredit kaufen, aber das ist ja auch bei innerdeutschen KäuferInnen deutscher Autos der Fall.

        Warum ist es also ein Problem, wenn die Autos auf Kredit ins Ausland gehen, aber offenbar kein Problem, wenn die Autos innerhalb des Landes auf Kredit gekauft werden? Auf welcher Ebene und durch welche Aktionen entstehen die Schulden, die für die importierenden Staaten zu einem Problem werden?

        Sorry für die „Kleinteiligkeit“; ich will nicht spitzfindig rüberkommen, sondern verstehe es nur wirklich nicht.

    • Stefan Pietsch 3. März 2022, 11:27

      Erstens: das ist nationalökonomische Denke aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Zweitens: Aushandelsbilanz und Haushaltsdefizite von Staaten haben nur in dieser theoretischen Welt, nicht jedoch in der realen miteinander zu tun.

      Die Nationalökonomen tragen vor, dass sich Staaten für ihre Exporte verschulden müssten. Und dann warten die Gläubiger bis zum Sankt Nimmerleinstag auf die Begleichung der Rechnung. So einfach, so falsch. Tatsächlich, das haben wir schon in den Achtzigerjahren des vorherigen Jahrhunderts in den USA beobachten können, sind viele der importierenden Länder außerordentlich attraktive Kapitalmärkte. Das Geld bleibt im Land und wird dort investiert.

      Einen ausführlichen Artikel mit umfangreichen statistischen Daten finden Sie übrigens hier:
      http://www.deliberationdaily.de/2016/08/linke-wirtschaftsmythen-2-exportweltmeister-deutschland-und-das-leben-unter-den-verhaeltnissen/

      • Floyd 5. März 2022, 07:40

        Vielen Dank; werde ich mir in den nächsten Tagen durchlesen, komme nur gerade nicht dazu. 🙂

    • Stefan Sasse 3. März 2022, 13:36

      Weil die Außenhandelsbilanz der Welt ausgeglichen ist, per Definition. Exportiert ein Land mehr als es importiert, muss es Länder geben, die mehr importieren als exportieren. Kann nicht anders sein, solange wir keinen interplanetaren Handel haben.

  • Floyd 5. März 2022, 07:44

    s. Antwort an Marc Schanz: Wo genau entstehen in diesem Prozess die für die Staaten problematischen Schulden?

    Mir ist klar, dass bei Handelsungleichgewichten Defizite und Überschüsse rein logisch in der Statistik auftauchen müssen, aber warum verursachen sie Probleme bzw. Verschuldung der importierenden Staaten? Warum ist der Franzose, der ein deutsches Auto kauft und dadurch ein Defizit in der Statistik produziert, ein Problem (für den französichen Staat), der Deutsche, der dasselbe tut, dadurch aber die Statistik nicht verändert, kein Problem?

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