Deutsche Realitätsverweigerung

Der Verlauf der Sondierungs- und nun der Koalitionsverhandlungen sorgen bei geerdeten Liberalen für einige Genugtuung. Denn der Realitätsschock für die in links-grünen Blasen lebenden Aktivisten scheint heftig. Das hat Gründe. Der schnell wirkende politische Effekt resultiert aus einem Wahlkampf einer grünen Frontfrau, die ob eigener desaströser Organisation Harakiri beging. Als bereits am Horizont des Septembers eine Ampelkoalition aufschimmerte, heizte Annalena Baerbock ihre Fangemeinde mit Weltuntergangsszenarien und Visionen von einer „Klimaregierung“ ein. Die folgende Enttäuschung erfolgte daher mit Ansage. Während Anhänger und Interessenverbände von Sozialdemokraten und Liberalen still sind, schreien die den Grünen verbundenen Aktivisten und Jugendverbände ihren Frust lauthals in die Welt. Es scheint sehr weh zu tun, mit nicht einmal 15% in einer Mittelmacht wie Deutschland die Welt nicht aus den Angeln heben zu können. In den langen Wellen zeigt sich in dem Aufruhr jedoch der Unwillen, die Verhältnisse zur Kenntnis zu nehmen, wie sie sind und nicht, wie sie in schönen Theorien und in Gender-Seminaren gemalt werden.

Lesezeit 5 Minuten

Am Nachmittag des 26. Septembers telefonierten zwei Politiker miteinander, die sich anschickten, für die kommenden vier Jahre die Geschicke des Landes bestimmen zu wollen. Den Kanzler dazu wollten sie sich aussuchen. Die Implosion der bisher führenden Regierungspartei der CDU machte den Strategen Christian Lindner und Robert Habeck einen Strich durch die schöne Rechnung. Der grüne Charismatiker hatte 2017 bei den Jamaika-Sondierungen hautnah erlebt, wie es dem kleineren Partner in Freundesland ergehen kann, wenn eine neue Braut dazukommt. So wie vor vier Jahren die Liberalen beim Werben der Union um die Grünen an den Rand gedrängt wurden, ergeht es nun ihnen selbst. SPD und FDP scheinen zu einer neuen sozialliberalen Partnerschaft zusammenzufinden, in der die Ökos die stampfenden Mauler geben. Den hochfliegenden Plänen der Grünen zum Umbau der Gesellschaft wird die Luft genommen.

Da ringen Baerbock und ihre Anhänger erkennbar um Luft. Schon halten einzelne Politiker der Partei ein Scheitern der Verhandlungen nicht mehr für ausgeschlossen und bringen Neuwahlen ins Spiel. Die gescheiterte Kanzlerkandidatin sendet ein weiteres Zeichen ihrer politischen Schwäche und ruft die Vorfeldorganisationen der selbsternannten Klimaschutzpartei zu Demonstrationen bei den sozialliberalen Partnern auf. Habeck hält sich in den Tagen des Aufruhrs im grünen Lager auffällig zurück und gibt seiner Noch-Co-Vorsitzenden die Chance, sich weiter zu schwächen und ihre Karriere zu beschädigen.

Die realen Probleme der grünen Illusionskünstler

Tatsächlich ist der bisherige Verhandlungserfolg der Grünen überschaubar. Zwar haben sie einige Lieblingsprojekte im Sondierungspapier unterbringen können, aber nur in wohlklingenden Konjunktiven und unter Vorbehalten. Handfestes haben sie nicht durchsetzen können und das merken die ihnen zugeneigten Lobbyverbände. Olaf Scholz und Christian Lindner sind fest entschlossen, den Kindergartenträumern die Flausen auszutreiben und Deutschland nicht zu einem Bullerbü zu machen. Dazu ist es leider ein weiter Weg. Nicht nur die grüne Basis, auch Spitzenpolitiker:innen wie Katrin Göring-Eckardt weigern sich bisher, sich mit den harten Realitäten auseinanderzusetzen.

Anfang der Woche konnte die Frau, die einstmals Bienen zu Anhängern der Partei machen wollte, nicht überzeugend erklären, warum sie nun keine epidemische Lage von nationaler Tragweite mehr sieht und lavierte vor einem Millionenpublikum dahin. Zur neuen Migrationskrise an den Ostgrenzen der Europäischen Union hat sie immerhin eine klare, nur leider kaum praktikable noch mehrheitsfähige Position: Keine illegalen Pushbacks (das gewaltsame Zurückweisen von Migranten an der Grenze) und humanitäre Aufnahme der illegal einreisenden Personen. Baerbock polemisiert dagegen weiterhin gegen Nord Stream 2, ohne anscheinend zur Kenntnis zu nehmen, dass die Ostsee-Pipeline inzwischen fertiggestellt ist und Putin gerade mit dem Gashahn spielt, die deutsche Unfähigkeit zu einer stringenten Energiepolitik ausnutzend. Und daran haben die Grünen einen gewichtigen Anteil.

Die Grünen haben Deutschland im abgelaufenen Jahrzehnt verändert, ohne in der Bundesregierung vertreten zu sein. Doch der Einfluss war zum Schaden des Landes. Deutschland hat erkennbar seine Problemlösungskompetenz verloren. Unter Helmut Kohl schafften Land und Politik die Integration einer heruntergewirtschafteten Volkswirtschaft, die ohne Beispiel in der Weltgeschichte ist. Die Regierung Schröder löste den Reformstau der späten Neunzigerjahre auf und setzte eine Steuer- wie Arbeitsmarktreform um, die weitreichende Verwerfungen der Systeme auflöste. Und noch zum Ende der Nullerjahre gelang zügig die Überwindung der Finanzkrise.

Die neue geistige Armut

Danach gelang nur noch wenig. Nationale und internationale Großprojekte mit deutscher Beteiligung gerieten geradezu zur Schmach. Als einziges Land der internationalen Staatengemeinschaft versuchte sich Deutschland an dem gleichzeitigen Ausstieg aus der Kernenergie wie der Kohlekraft, maßgeblich angetrieben von Ideologen in Parteien und Gesellschaft, angetrieben auch von einer hemmungslosen Populistin in der Regierungszentrale. Über die Missernte wunderten sich dann die gleichen Personen und gesellschaftlichen Schichten. Und empörten sich. Hohe Energiekosten, soziale Verwerfungen und, vor allem, kaum sinkende klimaschädliche Emissionen. Die Corona-Pandemie führte dann endgültig die Unfähigkeit vor Augen, tiefgreifende Probleme zu lösen.

Empörung und eine Sündenbockmentalität sind an die Stelle von Fachkompetenz getreten. Die Wissenschaft wird als Wegweiser für ultimative Ideen missbraucht, statt mit ihr zu arbeiten. Es ist ein geistig verarmtes Land, auf das wir blicken, dort, wo wir leben. In dieser Welt werden nicht Probleme analysiert, sondern vermeintliche soziale Ungerechtigkeiten entdeckt und für ihre Beseitigung Geld und Protegés eingefordert. In dieser Blase hat die Realität den Theorien zu folgen, die nicht verworfen werden, wenn sie sich als untauglich erwiesen haben.

In den letzten Tagen wurde mir das auch hier im Blog an zwei Stellen demonstriert. In seinem neuen Artikel „Warum die CO2-Steuer (allein) uns nicht retten wird“ breitet Stefan Sasse aus, wie der Titel schon andeutet, warum er nicht glaubt, dass marktwirtschaftliche Instrumente zum klimapolitischen Ziel führen würden. Der Artikel ist absolut lesenswert, schon weil der Elefant im Raum durch Glaubensbekenntnisse umgangen wird. Zum Glauben jedoch gehe ich in die Kirche, Probleme werden von Gläubigen nicht analysiert und schon gar nicht gelöst.

Theorie ohne Empire

Was Stefan formuliert, ist eine Theorie. Theorien stehen am Anfang der Erkenntnis eines Problems. Man versucht, den Kern zu systematisieren, um Lösungen erarbeiten zu können. Es ist geradezu zwingend, dass viele Theorien später verworfen werden. In der Wissenschaft nennt man den Prozess dahin „Falsifizieren“. Man versucht so lange eine Theorie als falsch zu beweisen, bis sie sich als richtig erwiesen hat. In der Politik funktioniert das mit Theorien oft anders. Wenn Theorien sich bald als falsch herausstellen, ist das nicht das Problem der Theorie, sondern der Verhältnisse.

Zurück zu dem Artikel. Die ökonomische Wissenschaft besitzt über 30 Jahre empirische Erfahrungen mit Zertifikatesystemen und ihrer Interaktionen mit politischem Handeln. Solche Systeme sind nichts Neues, nicht Unbekanntes. Allein die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, zu der, man scheint es erwähnen zu müssen, auch Deutschland gehört, besitzt fast 20 Jahre Erfahrung mit dem Abbild zur CO2-Reduzierung, dem EU ETS (Emissions Trading Systeme). Nach einer so langen Zeit sollte man wissen, wie ein System funktioniert und welche möglichen externen Effekte es gebiert.

Eine Theorie ohne empirische Erkenntnisse ist nichts wert. Das sollte man eigentlich nicht erwähnen müssen, scheint aber notwendig. Der Leser spürt hier sicher meinen Ärger. Wir besitzen auch sehr umfangreiche Erfahrungen mit der Wirkungsweise von finanziellen Zuschüssen wie Subventionen, Regulierungen, Geboten und Verboten. Wir haben all dies sogar in der Klimapolitik erprobt. Daraus könnte jeder Erkenntnisse ziehen, aber offensichtlich ist das schwierig, wenn die Ergebnisse gegen die eigenen politischen Wertvorstellungen gehen.

Land der Gouvernanten

Anderes Thema: Corona. Von Beginn der Pandemie an verfolgte die Politik sich völlig widersprechende Strategien und betrieb diese vor allem mit Appellen, Horrorszenarien und Drohungen. Das sind Mittel der Erziehung und nicht der Verhandlungen in einer zivilen Gesellschaft. Erstaunlicherweise folgte die große Mehrheit den unzähligen Wendungen nicht nur, sie übernahm das Erzieherische und formte ihre Pranger.

Im Frühjahr 2020 formulierte die Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Vorstellung einer Herdenimmunisierung, Impfstoffe waren da noch nicht am Horizont. Nur wenige Wochen später kassierte die Berliner Regentin ihre Idee, die der Politik Schwedens gefolgt wäre und propagierte nun leise das Konzept der Ausrottung des Virus, wenn nicht zufällig ein Vakzin zu Hilfe käme. Entsprechend gestaltete sie ihr Beratergremium aus Wissenschaftlern und wer andere Ansichten vertrat, galt dann eben nicht mehr als Wissenschaftler, sondern Scharlatan. So ähnlich formulierte es später das deutsche Leitmedium Der SPIEGEL.

Im Herbst 2020, Politik und Gesellschaft hätten längst klarer sehen können, gab die Bundesregierung das im Grunde selbstverständliche Versprechen ab, mit den bevorstehenden Impfungen erhielten die Bürger ihre Freiheiten zurück. Doch zuvor mussten alle durch einen schier endlosen Lockdown, der sich auch nicht an die Versprechungen hielt, die gegeben worden waren.
Staatlich organisiert startete die Impfkampagne, leicht verspätet wie man das längst gewohnt sein sollte, mit einem klaren 20-seitigen Kriterienkatalog, welche Personen würdig seien, das Vakzin zu empfangen. Wer sich dennoch vordrängelte, wurde nicht nur als Sozialschädling abgestraft, sondern als Schwerverbrecher mit Gerichtsverfahren behandelt. Wenige Monate ist das anders und niemand wundert sich. Heute gelten jene, die sich nicht impfen lassen wollen, weil sie eventuelle Nebenwirkungen abwarten, als Sozialschmarotzer und Trittbrettfahrer. Da die Politik ihren Blick verändert hat, sind nun andere die Sündenböcke und man wünscht sich nichts mehr als Ungeimpfte, die sich vordrängeln würden.

Die Deutschen entwickeln sich zurück

In der Pandemie zeigen die Deutschen all ihre negativen Eigenschaften. Schadenfreude ist so ein deutsches Wort. Wir lieben es wenn andere scheitern. Mitmenschen, die sich als Unternehmer selbständig gemacht haben, erhalten die volle Häme, wenn das dann nicht so klappt. Und fast triumphierend berichten hier Kommentatoren, wenn Länder wie Dänemark, Schweden und die Niederlande für die Aufhebung restriktiver Beschränkungen steigende Inzidenzen und, noch besser, Covid-19-Tote ernten. Es bestärkt dieses ängstliche Volk, dass Freiheit vor allem Risiko bedeutet.

Unsere Gesellschaft hat ihre zivilisatorischen Wurzeln vergessen und fällt in mittelalterliche Verhaltensweisen zurück. Der hohe Anteil an Impfverweigerern war bereits vor einem Jahr erwartbar und ist dennoch gemessen an hiesigen Verhältnissen relativ niedrig. Ähnlich wie in den USA sind in Deutschland vergleichsweise viele Impfskeptiker, Menschen, welche die Errungenschaften der modernen Medizin ablehnen, sie als Bereicherungsform der Pharmaindustrie sehen und auf alternative Heilmethoden setzen. Esoteriker gehören zur Stammklientel der Grünen, die ihre Anhänger im Gegenzug mit einer konsequent ablehnenden Haltung zur Gentechnik bedient. Diese Geschichte scheint der Partei inzwischen so peinlich, dass besagte Göring-Eckardt in einem Anfall von Amnesie sie kurzerhand bestritt.

In einer freien Gesellschaft laufen nicht alle in die gleiche Richtung, selbst wenn diese wissenschaftlich untermauert ist. Das waren die Kapriolen in der Pandemie auch, insbesondere die Empfehlungen / Ablehnungen für den Impfstoff von AstraZeneca. Wenn Politik das nicht in ihrer Strategie berücksichtigen kann, ist sie nicht demokratisch. Und wenn Politiker und Teile der Gesellschaft nun auf die Ungeimpften zeigen, wegen denen angeblich eine Rückkehr zur Normalität der Vor-Corona-Zeit nicht möglich sei, so ist das der Hexenverfolgung nicht unähnlich, natürlich nur in der Struktur.

Der Unwillen zum Wissen

Vor allem ist es eine der vielen politischen Lügen der Vergangenheit. Die derzeitige vierte Welle ist eine fast ausschließlich der Ungeimpften. Die Spritzen-Verweigerer infizieren sich, weil ihnen der Schutz fehlt, nicht, weil der 2G-Personenkreis sie mit konsequentem Maskentragen schützen könnte. Maskenpflicht und Abstandsgebote konnten das Hochschnellen der Inzidenzen nicht verhindern, das hätte nur ein konsequentes (Nach-) Impfen leisten können. Doch das fällt in die Verantwortung der Politik und die will den Schwarzen Peter partout nicht haben.

Wir reden ständig über Ungeimpfte wie über einen Punshing Ball, auf den wir einprügeln können. Niemand will genauer wissen, was für Leute das eigentlich sind, die sich einem lebensrettenden Schutz verweigern. Spinner eben, die sich selbst Querdenker nennen. Mehr braucht niemand zu wissen. Wer genauer nachforscht – aber wer macht das schon? – stößt auf Erstaunliches. Beschäftigte in Alten- und Pflegeheimen sowie Krankenhäusern sollen besonders häufig Zweifel in die Unbedenklichkeit des Vakzins haben. Also solche Leute, denen wir eigentlich applaudieren wollen. Leistungssportler sollen überproportional vertreten sein, solche wie der Fußball-Nationalspieler Joshua Kimmich, der vor einigen Monaten eine Stiftung ins Leben rief, die sinnigerweise für die Impfungen wirbt. Oder auch Migranten, die schlechte Erfahrungen mit staatlichen Zwängen gemacht haben und hier vor allem in ihrem Opferstatus gesehen werden, als Adressaten von Diskriminierung, Rassismus und Benachteiligungen aller Art. Weltberühmte Spinner dagegen wie Donald Trump sind doppelt und dreifach geimpft. Aber wer will das schon wissen?

Merkel, ohne politische Phantasie ausgestattet, und ihre behäbige Partei haben sich daran gewöhnt, von selektiv ausgewählten Wissenschaftlern den Weg gewiesen zu bekommen. So erscheint die technokratische Politik dann alternativlos. Die links-grüne Szene hat das Prinzip adaptiert, wenn sie mit „hört auf die Wissenschaft“ um die Häuser zieht. Tatsächlich hören alle nur auf jene Wissenschaftler, die ihre Einstellungen stützen.

Wenn Wissenschaftler die Position vertreten, man müsse lernen mit dem Virus zu leben, ist das halt unwissenschaftlich. Wenn gewichtige Klimatologen meinen, ohne Atomenergie wäre der Wandel nicht zu bewältigen, dann sind das gefährliche Ansichten. Wissenschaftler, die solche Entwicklungen bedienen, machen ihre Profession zum Büttel von Interessen. So ist das nicht gemeint.

Wissenschaftliche Erkenntnisse können die Menschen immer nur unterstützen, für schwere Abwägungsprozesse Argumente liefern und den Glauben zeitweise zurückdrängen (siehe oben). Die eigenständigen Entscheidungen von Menschen können sie nicht ersetzen. Wir führen manchmal und sehr häufig unser Leben abseits von Wissen. Genau das macht Leben aus. Ansonsten wären wir alle Laborratten.

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  • Erwin Gabriel 10. November 2021, 21:36

    @ Stefan Pietsch

    Sachlich kann ich zustimmen, selbst wenn ich Deine Schreibe in einigen Formulierungen für zu populistisch halte.

    • Stefan Pietsch 11. November 2021, 09:53

      Ohne Deinen Verweis auf populistische Formulierungen würdest Du an dieser Stelle keine Antwort bekommen. 😉 Ich referenziere im Artikel auf Systematiken, die sich in unserer Gesellschaft eingeschlichen haben und die unser Vorankommen wie den Umgang miteinander zunehmend schwierig gestalten. Ist das populistisch? Übrigens mag ich Politiker mit populistischem Einschlag, das sorgt für eine gewisse Erdung. Was ich nicht mag sind Populisten.

  • Frank Martin Schmiedel 10. November 2021, 22:59

    Lieber Stefan, ein hervorragender Beitrag.
    Wie immer eine sehr gute Analyse der Dinge. Nur an einem Punkt will ich widersprechen.
    Aus guter Kenntnis der Szene kann ich sagen, dass viele Esoteriker nicht mehr bei den Grünen sondern bei der Anstalt für Dissoziative (AfD) sind. Die denken aber nur linear dagegen und nicht quer.
    Der deutsche Abgaben- und Steuerzahler verschwendet 2.388€ pro Tonne CO2, obwohl es mit 60€/t vermeidbar wäre. Mit Marktwirtschaft könnten wir also 40 x schneller voran kommen. Aber Effektivität ist eben keine Ressource der linken Ideologie.
    Mit freundlichem Gruß,
    Frank M. Schmiedel

    • Stefan Pietsch 11. November 2021, 09:59

      Danke Frank. Den Opportunitätskosten der CO2-Vermeidung habe ich mich hier ausführlich gewidmet. Deine Angabe von 2.388€ ist danach weit zu niedrig.

      Die Grünen lehnen bis heute im Grunde Gentechnik ab. Dazu gab es vor kurzem eine parteiinterne Debatte. Die Position der Grünen ist da unverändert. Wenn es nach den Grünen in Rheinland-Pfalz gegangen wäre, gäbe es das Unternehmen BioNTech auch nicht, das kann man nicht oft genug wiederholen.

  • CitizenK 11. November 2021, 09:03

    „Eine Theorie ohne empirische Erkenntnisse ist nichts wert“

    Her mit der Empirie. Überprüfen wir eine Maßnahme, die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht nur einige Mio. Tonnen CO2, sondern auch Unfälle verhindert, sofort wirksam wäre und nichts kostet. Wer diesen Test aus purer Ideologie verhindert, kann keinen Anspruch auf wissenschaftliches Denken erheben.

    • Stefan Pietsch 11. November 2021, 10:09

      Ich habe mich ausführlichst mit der Empirie beschäftigt, zuletzt in einer längeren Artikelserie. Da ging es nicht um Theorien, sondern um unsere Erfahrungswerte und deren umweltökonomische Bewertung. Beispiel hier. Auch in Stefans Artikel habe das noch einmal kürzer ausgeführt.

      Überprüfen wir eine Maßnahme, die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht nur einige Mio. Tonnen CO2, sondern auch Unfälle verhindert, sofort wirksam wäre und nichts kostet.

      Das ist kein wissenschaftliches, strukturiertes Vorgehen, das ist Voodoo. Ein wesentliches ökonomisches Prinzip lautet: Eine Maßnahme für ein Ziel. Eine Maßnahme ist also nach dem Kriterium abzuklopfen, ob sie geeignet ist, ein vorgegebenes Ziel mit welchem Wirkungsgrad zu erreichen. Was hat die Vermeidung von CO2 in Kohlekraftwerken mit Unfällen (welcher Art) zu tun? Nichts. Sie verlangen nach dem Cabrio-Kombi-SUV-Familienvan-Mini. Den gibt es nicht und wenn es ihn gäbe, wäre er völlig ungeeignet, nur eines ihrer mobilen Bedürfnisse zu befriedigen.

      Sie machen etwas, was sie auf anderen, gerade aktuellen Feldern ablehnen. Eine Biontech-Impfung schützt (andere) vor dem Corona-Virus. Das ist das einzig Relevante. Ob der Impfling dafür ein paar Tage krank wird, sich Sorgen wegen etwaiger Langzeitfolgen macht, Impfungen aus seinen Überzeugungen heraus ablehnt – alles egal. Und warum gehen Sie bei der Einschätzung von Maßnahmen zur Reduzierung von CO2 so ganz anders vor?

      Wir wissen beide warum.

      • CitizenK 12. November 2021, 09:22

        Tut mir leid, nein. Ich weiß es nicht.

        „Eine Maßnahme für ein Ziel. “

        Woher nehmen Sie dieses „Prinzip“? In vielen, auch ökonomischen Bereichen ist gerade eine Kombination von Maßnahmen erfolgreich. Marketing Mix als Beispiel.

        Ich lese mit Interesse Ihre Argumente für Cap&Trade und halte das für einen zielführenden Ansatz. Aber die Wirkung wird erst mittelfristig einsetzen. Klimapolitisch allein-seligmachend ist es mit Sicherheit nicht. Es müssen andere hinzukommen.

        Das Tempolimit ist eines davon. Sofort umsetzbar, kostenlos, weitere positive Effekte (weniger und weniger schwere Unfälle). Das Umwelt-Bundesamt schreibt von 2-4 Mio Tonnen CO2-Wirkung. Das wird von anderer Seite bestritten, u. a. von der Partei, die sich als Anwalt der ökonomischen Vernunft ausgibt.

        Ich plädiere für einen einjährigen Versuch mit wissenschaftlicher Begleitung. Dann wissen wir mehr.

        Andere zivilisierte und ökonomisch erfolgreiche Länder haben diese Maßnahme längst.

        In der Frage der Atomkraft ist es umkehrt. Interessanter Punkt, anderes Thema. Wird aber wieder aktuelle im Zusammenhang mit der Klimapolitik.

        • Stefan Sasse 12. November 2021, 09:57

          Ist auch mein Ansatz. Ich habe nicht das Gottvertrauen in den einen, allein seligmachenden Ansatz.

        • Stefan Pietsch 12. November 2021, 11:03

          Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre.

          Zwischen Maßnahmen und Zielen besteht eine n:1-Beziehung. D.h. mehrere Ziele können einem Ziel dienen. Aber es besteht keine 1:n-Beziehung, wie Sie sie sehen, also dass eine Maßnahme mehreren Zielen dient. Solche werden aus politischen Gründen konzipiert – übrigens besonders gerne von linker Seite, um die Akzeptanz eigentlich unpopulärer Maßnahmen zu erhöhen – sie funktioniert aber nicht aus ökonomischer Sicht.

          Machen wir das an zwei Beispielen deutlich, einem von mir selbst gewählten und an Ihrem. Der Wirkstoff Sildenafil wurde vor fast 30 Jahren entwickelt, um Bluthochdruck zu behandeln. Das Mittel erwies sich dabei als mäßig wirksam, aber es hätte wahrscheinlich zur Zulassung auf den Markt gereicht. Nur, Sildenafil zeigte außerordentliche positive Nebenwirkungen, die letztlich das Medikament definierten. Es wurde wenig später als „Viagra“ bekannt. Als Mittel gegen Bluthochdruck wird es dagegen nicht eingesetzt, wohl aber die mit der Anwendung verbundene Nebenwirkung negativ aufgeführt. Ein Mittel, ein Ziel.

          Das Tempolimit ist eines davon. Sofort umsetzbar, kostenlos, weitere positive Effekte (weniger und weniger schwere Unfälle).

          Sie formulieren Thesen, die Sie als Tatsachen ausgeben. Sofort umsetzbar und kostenlos sind keine Ziele. Und wenn das keine Ziele sind, bleiben die „weiteren positiven Effekte“ im Dunkeln. Aber ich weiß, was Sie meinen. Unbestritten würde ein Tempolimit zur Reduzierung von Emissionen führen. Strittig ist, ob dieser Effekt signifikant wäre. Ein Tempolimit von 130 km/h, wie es in vielen Ländern gilt, hätte einen Effekt von 1-2 Millionen Tonnen jährlich. Zur Einordnung: der Straßenverkehr allein verursacht rund 165 Millionen Tonnen, insgesamt stößt Deutschland rund 700 Millionen Tonnen CO2 aus. Statistisch nennt man einen solchen Effekt marginal, unter der Wahrnehmbarkeitsschwelle.

          Wir haben hier unseren Viagra-Effekt. In Wirklichkeit sollen mit einem Tempolimit andere Ziele als das vorgebliche des Klimaschutzes verfolgt werden. Das kann man natürlich je nach Sichtweise positiv sehen. Oder nicht. Nur dient es nicht dem eigentlichen Ziel. Eines dieser Ziele ist die zunehmende Verkehrssicherheit. Aber hier wirkt das Tempolimit höchst ungenau, denn die meisten Unfälle passieren nicht auf der Autobahn, sondern im Stadtverkehr und auf der Landstraße. Sie sehen, wie ungenau das Instrument hinsichtlich der positiven Nebenwirkungen ist. So ungenau, dass es kaum als Maßnahme für ein konkretes Ziel in Frage kommt. Auch wie bei Viagra.

          Die negativen Aspekte haben Sie ausgespart, die gegen die Wirkung auf das eigentliche Ziel (Reduzierung der Emissionen um 1-2 Tonnen CO2) abzuwägen sind. Schließlich nehmen Sie auch kein medizinisches Präparat, ohne eine solche Abwägung zu treffen. Wenn Sie eine Strekce von A nach B mit dem Zug zurücklegen wollen und der Zug hat 4 Stunden Verspätung, so ist das nach Ihrer Argumentation „kostenlos“. Schließlich kommen Sie ja am Zielort an, nur halt weit später.

          Natürlich ist es nicht so, weshalb Verbraucherverbände seit langem versuchen, solche nicht-monetären Kosten zu operationalisieren und zu bewerten. Deswegen bekommen Fluggäste und Bahnfahrer Schadensersatz zugebilligt, der ihnen den Verlust an Lebenszeit und Unannehmlichkeiten ausgleichen soll. Eben ihre Kosten. Beim Tempolimit scheinen Sie das nicht zu kennen. Es macht aber sehr wohl einen Unterschied, ob ich die Strecke Berlin – Frankfurt mit dem Auto mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 110 oder 135 km/h überwinden kann. Im Unterschied macht das eine Fahrzeitersparnis von über 1 h, bei reduzierten Pausen aufgrund verkürzter Fahrtzeit. Und ob ich eine Stunde meines Lebens zusätzlich mit Anti-Fahrern auf der Autobahn verbringe oder gemütlich zu Hause mit meiner Familie, macht einen gravierenden Unterschied.

          • CitizenK 12. November 2021, 16:32

            Grundzüge der BWL? In Gablers Wirtschaftslexikon findet sich eine Definition von „policy mix“. Aber ich will das nicht vertiefen, führt weg vom Thema.

            Verkehrssicherheit: Alle Maßnahmen wirken „ungenau“. In Einzelfällen überleben Unfallopfer, weil sie nicht angeschnallt waren. Unfälle wegen technischen Versagens gibt es trotz StVO-ZVO und TÜV.

            Beim Tempolimit fände ich es ehrlicher zu sagen, warum man es nicht will. Gern schnell fahren oder Zeit sparen (was nach einigen Studien fraglich ist).

            • Stefan Pietsch 12. November 2021, 17:58

              Alle Maßnahmen wirken „ungenau“.

              Nein. Ihre Definition, nur 100% Wirkungsgrad sei „genau“, ist unzulässig. Aber Sicherheitsgurte, Airbags, Knautschzonen haben einen hohen Wirkungsgrad auf die Sicherheit.

              Jetzt haben Sie wieder nichts zu den Gegenargumenten gesagt. Ist „später ankommen“ bei Flug- und Bahnreisen also ein Schaden, beim Autofahren also nicht? Nicht immer wegducken. Entweder Argument liefern oder zugestehen.

              In einer freien Gesellschaft muss sich nicht derjenige rechtfertigen, der eine Freiheit behalten will, sondern derjenige, der sie einschränken will. So funktioniert das. Und wir werden das nicht umdrehen. Sie haben behauptet, ein Tempolimit sei ein geeignetes, kostenloses Mittel zur Reduzierung der CO2-Emissionen. Dann blicken wir auf die Fakten und stellen fest, der Effekt läge im Promillebereich selbst für den Teilbereich Verkehr. Selbst der Grünen-Spitze war zu Beginn der Sondierungen klar, dass der Effekt marginal wäre.

            • Stefan Sasse 13. November 2021, 09:32

              Zeit sparen kannst du allenfalls in Stefans spezifischem Beispiel von der Nachtfahrt, wenn die Autobahn praktisch leer ist.

              • Stefan Pietsch 13. November 2021, 11:12

                Du kennst die Strecke Berlin – mein Heimatort nicht. Die A66 ist zwar nur vierstrahlig, aber außerhalb der Rush Hour wenig befahren. Mehr als 120 bekommt man da schon hin. Ansonsten gehen die A9 von München herkommend und die A2 zwischen Hannover und Berlin als echte Rennpisten. Das gilt sowohl frühmorgens, von 9:00 – 15:00 Uhr als auch am Abend nach 19 Uhr. So ist es außerhalb NRWs auf einer Reihe deutscher Autobahnen. Hätten wir ein generelles LKW-Überholverbot, über das seltsamerweise niemand nachdenkt, würde der Verkehr deutlich besser laufen.

                Dazu muss man nicht rasen. Ich fahre selten über 160 km/h. Aber es bleibt ein Unterschied, ob man mit 120 oder 150 unterwegs ist. Nicht für die Verkehrssicherheit, nicht fürs Klima, aber für den Gewinn an Lebenszeit.

                • Stefan Sasse 13. November 2021, 13:39

                  Auch für Sicherheit und Klima.

                  • Stefan Pietsch 13. November 2021, 14:20

                    Wenn Du einen Wirkungsgrad im Promillebereich als wirkungsvoll ansiehst, ja, dann auch fürs Klima. Der Effekt auf die Wegzeitverkürzung ist bei Verzicht auf ein allgemeines Tempolimit aber wesentlich größer.

                    Ich hatte in meinem Leben für Totalschäden, alle auf der Autobahn, teils bei höherer Geschwindigkeit. Der Letzte jährt sich in diesen Tagen zum zwanzigsten Mal. Bei keinem habe ich nur eine Schramme erlitten. Allerdings hatte ich Glück: es war nie ein LKW oder Betonpfosten im Spiel. Das sind nämlich die Hauptursachen für sehr schwere Unfallverläufe. Der Unterschied, ob man mit 120 oder 150 gegen einen Pfeiler knallt, ist aber höchstens etwas für die Statistik.

                    Das ist auch der Grund, warum das Fahren auf der Landstraße gefährlicher ist. Dort warten mehr ungeahnte Gefahren wie Wild auf der Fahrbahn oder Bäume. An diesen verenden die meisten Fahrer. Wenn ich Dich also richtig interpretiere, wärst Du auch dafür, mehr Wild in der Nähe der Zivilisation zu jagen und Bäume zu fällen. Alles für die Sicherheit. 🙂

                    • Stefan Sasse 13. November 2021, 14:24

                      Alles korrekt. Aber abgesehen von „ich will halt schnell fahren“ gibt es wenig, das für ein Tempolimit spricht, und marginal positive Effekte sind halt auch positive Effekte. Aber was soll’s, ist Identitätspolitik, da wird sich kein Tempofan umstimmen lassen.

                    • Stefan Pietsch 13. November 2021, 14:33

                      Es geht ums Prinzip: Wer Freiheiten einschränken will, muss dies gut begründen. Marginale Effekt sind keine gute Begründung, schon gar nicht, wenn man sie in der Hilflosigkeit völlig überzeichnet. So bezweifle ich, dass CitizenK bewusst war, dass ein Tempolimit von 130 km/h nur 1-2 Millionen Tonnen erbringt, der gesamte deutsche Output aber bei 700 Millionen Tonnen liegt.

                      Deswegen macht auch hier ein Zertifikatehandel Sinn: Ob jemand mal mit 180 km/h über die Autobahn brettert und dafür an anderer Stelle Wege einspart, ist dem Klima egal. Der einzelne kann aber selbst entscheiden, was in welcher Dosis sinnvoll ist.

        • Stefan Pietsch 12. November 2021, 11:13

          Aber die Wirkung wird erst mittelfristig einsetzen. Klimapolitisch allein-seligmachend ist es mit Sicherheit nicht. Es müssen andere hinzukommen.

          Wieso?! Wir sehen bereits heute, kurz nach der Einführung, die Wirkung des nationalen Cap & Trade auf den Benzinpreis. Auch in der EU erwies sich das ETS als schnell wirksam, die Periodenziele wurden immer erreicht, häufig sogar unterschritten.

          Allein schon theoretisch stimmt die Behauptung nicht. Wenn ETS auf alle Sektoren ausgeweitet wird und bis zum Jahr 2050 auf Null Zertifikate gesetzt wird, warum sollte es dann nur einen mäßigen Beitrag leisten können? Wenn es 2050 ohne Einsparungen an anderer Stelle keine CO2-Zertifikate gibt – warum sollte es dann dennoch erhebliche Emissionen in der EU geben können?

          Die Wirkung von Subventionen und Regulierungen sind, mit einem Blick in die Vergangenheit, überschaubar. Man wird da nicht einmal die Wirkung vorab genauer quantifizieren können. Welche Wirkung hat z.B. ein ausgelobter Zuschuss von 5.000 Euro für ein konventionelles Windrad? Niemand kann das ermessen. Wird das Windrad mit der Unterstützung überhaupt aufgestellt, wo wird es aufgestellt, welche Leistung kann es im Jahr erbringen, wie steigt parallel der Primärenergiebedarf? Alles Fragen ohne Antworten, vor allem ohne der Quantifizierung auf das Ziel Klimaneutralität 2050.

  • sofisticaded 11. November 2021, 11:31

    Es ist geradezu zwingend, dass viele Theorien später verworfen werden. In der Wissenschaft nennt man den Prozess dahin „Falsifizieren“. Man versucht so lange eine Theorie als falsch zu beweisen, bis sie sich als richtig erwiesen hat.

    Das ist eine sehr individualisierte Erklärung. Mit Falsifikation im wissenschaftstheoretischen Sinne hat das nichts zu tun, sie ist das Gegenteil von beweisen. Wissenschaftlich anerkannt ist eine Theorie solange sie falsifizierbar ist und nicht, wenn sie sich als richtig erweist. Formallogisch kann etwas gültig oder ungültig sein. Beweisen kann man streng wissenschaftlich gar nichts. Richtig und falsch sind moralische Urteile.

    • Stefan Pietsch 11. November 2021, 11:53

      Lieber Herr popper, es ist keinesfalls klug, sich so exponiert und klar zu erkennen zu geben, wenn man doch eigentlich unter Pseudonym segeln will.

      Ihre Beschreibung ist die von Karl Popper, Ihrem erklärten Idol. Sie ist aber nicht die heute allgemein gebräuchliche Definition. Für Herrn Popper (groß oder klein geschrieben) stimmt das, allgemein ist es nicht zutreffend.

      • sofisticaded 11. November 2021, 12:15

        Gibt es was zu verbergen? Sie können sich aussuchen, welches Pseudonym Sie für das Authentische halten. Selbst wenn Poppers Denition angeblich nicht mehr die gebräuchliche wäre (was nicht zutrifft), macht es Ihre nicht zutreffend, denn Verifikation ist das Gegenteil. Also ersparen Sie uns bitte Ihre gewillkürten Ablenkungsmanöver. Und geben Sie freimütig zu, dass Sie leider einen kapitalen Bock geschossen haben. Ich empfehle Ihnen googeln: Falsifikation.

  • Stefan Sasse 11. November 2021, 12:29

    In seinem neuen Artikel „Warum die CO2-Steuer (allein) uns nicht retten wird“ breitet Stefan Sasse aus, wie der Titel schon andeutet, warum er nicht glaubt, dass marktwirtschaftliche Instrumente zum klimapolitischen Ziel führen würden.

    Das ist überhaupt nicht wahr, sondern nur deine ideologisch-verzerrte Sichtweise.

    • Erwin Gabriel 11. November 2021, 12:46

      In seinem neuen Artikel „Warum die CO2-Steuer (allein) uns nicht retten wird“ breitet Stefan Sasse aus, wie der Titel schon andeutet, warum er nicht glaubt, dass marktwirtschaftliche Instrumente allein zum klimapolitischen Ziel führen würden.

      Stimmt, da fehlte ein Wort.

      Aber „ideologisch verzerrt“ ist auch eine ideologisch verzerrte Wahrnehmung.

      • Stefan Sasse 11. November 2021, 12:52

        Das ist halt ein ziemlich entscheidender Unterschied, denn ich befürworte marktwirtschaftliche Maßnahmen ziemlich emphatisch.

        Und das kommt halt daher, dass Stefan ständig so tut, als wäre ich ein Linksradikaler und mir Ansichten unterstellt, die in seiner Fantasie Linke halt so haben.

        • Erwin Gabriel 11. November 2021, 22:47

          @ Stefan Sasse 11. November 2021, 12:52

          Das ist halt ein ziemlich entscheidender Unterschied …

          Ja,,,

          Und das kommt halt daher, dass Stefan ständig so tut, als wäre ich ein Linksradikaler und mir Ansichten unterstellt, die in seiner Fantasie Linke halt so haben.

          Er neigt dazu, Deine Aussagen zu überspitzen, aber ich habe nicht so das Gefühl, dass Du ihm da viel schuldig bleibst. 🙂

          Wahrscheinlich seht Ihr beiden das jeweils anders

    • Stefan Pietsch 11. November 2021, 13:05

      Zitat aus dem Teaser:
      Unter diesen sticht besonders die CO2-Steuer hervor, von der sich eine Heilwirkung versprochen wird. Ich halte das für eine Illusion (..).

      Im Näheren erläuterst Du, dass das Konzept ja ganz schön weil so einfach ist, nur leider nicht umgesetzt werden wird. Dabei ist egal, dass wir (hallo Empirie!) seit Jahren eine Inflationierung von Cap & Trade-Systemen auf der Welt erleben, wo noch Anfang der Nullerjahre die EU damit einen Inovationspreis erringen konnte.

      Abgesehen davon sind massive Fehler eingebaut:
      Die Kosten von CO2-intensiven Produkten steigen, während die Kosten von klimaverträglichen Produkten weitgehend gleich bleiben. Entsprechend werden Konstument*innen zu günstigeren Produkten wechseln und Unternehmen entsprechend durch den Markt gezwungen, ihre Preise zu senken – was sie nach Lage der Dinge tun werden, indem sie die Emissionen reduzieren.

      Das würde nur gelten, wenn wir einen einzigen Markt hätten, wo alle Produkte miteinander substitierbar sind. Also der Flug auf die Kanaren würde durch den Genuss von Rohgemüse substitiert (ersetzt). Da werden sich die Kinder in den Sommerferien freuen, wenn statt Urlaub am Strand Vegan auf der heimischen Couch angesagt ist.

      Nein, so ist es nicht. Meist konkurrieren emissionsbelastete Produkte mit anderen emissionsbelastenden Erzeugnissen. Weder können Stand heute Flüge nach Nordamerika durch Schnellsegler ersetzt werden, noch hat der Verbrennungsmotor weltweit echte Konkurrenz durch völlig emissionsfreie Antriebe. Aber, die Begrenzung der zu emittierenden Menge, vor allem die Planbarkeit der ständigen Reduzierung, schafft den Inovationsimpuls, neue Technologien zu probieren. Das Ganze passiert also auf Seiten der Anbieter, denn kein Unternehmen, das haben sie mit Menschen gemein, will sterben.

      Wenn Du Dich also regelmäßig über Technologie-Erfindungslust lustig machst, die ja ohnehin nicht kommen (obwohl sie oft bereits existieren), dann machst Du Dich über den Kern des Instruments lustig. Oder Du hast ihn nicht verstanden.

      Denn so bestechend die CO2-Steuer in ihrer theoretischen Funktionsweise auch ist, ich glaube nicht, dass sie in der Praxis jemals wird umgesetzt werden können.

      ??? Empirie??? Weltweit gibt es inzwischen über 30 Cap & Trade-Systeme allein für klimaschädliche Emissionen. Selbst China ist 2016 darauf geschwenkt. Machen die alle etwas, was ohnehin nicht umsetzbar ist, also eine Widerlegung des eigenen Tuns? Sind alle doof?

      Das ist klar, aber wie bei jeder Steuer ist schwer vorherzusagen, wo die Preisänderungen exakt passieren werden.

      Darum geht es bei Cap & Trade nicht! Das Ziel ist nicht Verteuerung, sondern Marktimpulse zur Innovation. Im besten theoretischen Fall bleiben die Preise gleich, im schlechtesten werden ganze Branchen vernichtet.

      Zwar wird pflichtschuldig immer irgendeine Art sozialer Ausgleich gefordert, für den es auch sehr gute Konzepte gibt.

      Der soziale Ausgleich wird politisch gefordert. Mit der Funktionsweise des (längst eingeführten!) Konzepts hat das nichts zu tun. Aus umweltökonomischer Sicht ist der Zweck auch nicht, die gesellschaftliche Akzeptanz zu erhöhen. Das ist die politische Dimension der Wählerbestechung. Der Zweck ist einzig, im privaten Sektor keine zu großen Entzugseffekte zu erzeugen, schließlich wird Geld von den Bürgern zum Staat umverteilt.

      Wo emittieren wir im Alltag das meiste CO2? Beim Auto Fahren und beim Heizen.

      Unsinn. 43 Prozent der Emissionen entstehen allein bei der Energieerzeugung, die wir in Unternehmen für die Produktion aller möglichen Produkte und in den Haushalten zum Komfort benötigen. Oder zum Antrieb von Eisenbahnen der Bauart DB als auch Märklin, für angeblich saubere BEVs, für die Berechnung von Steuern und den Unterhalt von Polizeien. Der Straßenverkehr ist für rund 165 Millionen Tonnen CO2 verantwortlich, von rund 700 Millionen Tonnen. Zum Vergleich: würden wir alle aufhören zu atmen, könnten 30 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden.

      Und zum Schluss:
      Dass die CO2-Steuer weder Freund noch Feind hat, mag sie als objektiv und über dem Parteienstreit schwebend erscheinen lassen. Aber das Gegenteil ist der Fall. Es ist praktisch die Garantie ihrer Wirkungslosigkeit

      • Stefan Sasse 11. November 2021, 14:50

        Ich mag Cap+Trade.

        Du hast Recht dass das in meinem Kurzüberblick nicht drin war. Aber die Idee ist natürlich schon, dass Produkte, die jetzt sehr emissionsreich sind (Autos, Flugzeuge) durch solche ersetzt werden, die es nicht sind. Was das dann genau sein wird, who knows, aber wie du ja beschreibst sollen die Anreize zum Ausprobieren gesetzt werden. Was in meinem Artikel ja auch steht…

        Ich glaube das größte Missverständnis zwischen uns ist, dass ich nicht sage, dass es nirgendwo C&T oder eine CO2-Steuer gäbe, sondern dass das noch nirgendwo die Dimension hat, die notwendig wäre. Im Endeffekt ein Umdrehen deines Vorwurfs bezüglich der Verbrenner: sicher gibt es E-Autos, aber die bringen noch nicht das Heil.

        Wo emittieren wir im Alltag das meiste CO2? Beim Auto Fahren und beim Heizen.

        Wir, die Verbraucher, nicht wir, die CEOs der DAX-Unternehmen.

        • Stefan Pietsch 11. November 2021, 16:43

          Warum? Ich sehe den Zertifikatehandel aus zwei als das einzige geeignete Instrument an:

          a) Es sichert schon von der Konzeption her die Erreichung des Zieles (Emissionsneutralität) zu. Das kann kein anderes Instrument, keine Steuer und keine Subvention.

          b) Größtmögliche Freiheit für alle. Über die Gewährung von Subventionen, Zuschüssen und Darlehen entscheiden Bürokraten aufgrund eines festgelegten Katalogs. Weder ist dabei zwingend, dass es der messbaren Emissionsreduzierung dient noch, dass alle Gemeinten auch in den Genuss kommen. Rechtsberatung und Rechtsabteilung sind auf Seiten der (kleinen) Unternehmen erforderlich und auf der anderen Seite des Tisches entscheiden einzelne Personen, die Spezialisten in Formularen, aber nicht in Märkten und Perspektiven sind.

          Ich habe weder in der politischen Beobachtung noch in der beruflichen Praxis ein einziges Beispiel von gelungenen Subventionen kennengelernt. In 35 Jahren ist das außerordentlich wenig. Gelungen in Form von “ das vereinbarte Ziel wurde erreicht und hatte auf Dauer Bestand“. Nicht in Form der Solarindustrie: mit viel öffentlichem Geld aufgebaut, Subventionen weg, Industrie zusammengebrochen.

          Ein paar Beispiele erfolgreicher Subventionierung einer Industrie oder eines Bereichs wäre hilfreich für die Debatte.

          Ich verstehe nicht, warum die neue Welt teurer sein sollte als die alte. Gab’s das je? Klar, neue Produkte, neue Technologien sind bei der Markteinführung praktisch immer sehr hochpreisig. Das schwächt sich aber sehr schnell durch den Einstieg vieler Unternehmen und Verbreitung des Know-hows ab bis es meist binnen 1-5 Jahren völlig verschwunden ist. Warum soll das Fahren mit einem Wasserstoffbetriebenen BMW im Jahr 2035, der den Kraftstoff aus Umwandlungsprozessen in Chile bezieht, teurer sein als heute ein BMW, der sein Benzin über einen umfangreichen Veredelungsprozess beginnend mit Pumpanlagen in Saudi-Arabien bezieht? Verstehe ich nicht.

          Das ist so wie: Der Strom kommt aus der Steckdose, also ist er sauber. Der Großteil der Sachen, die wir zu Hause haben und womit wir uns beschäftigen, hat mit Strom und Energieerzeugung zu tun. Wie kommen wir zu der frischen Unterhose? Bezogen bei P&C, produziert in Bangladesh, transportiert mit schweren Tankern, gewaschen mit eine strombeziehenden Waschmaschine, mit Reinigungsmittel, das mit Strom produziert wurde. Langer Weg, bis es an unserem Körper klebt. Und die dabei benötigte Energie ist nicht nur den CEO eines DAX-Unternehmens veranlasst worden, sondern viele, viele Unternehmen eingebunden in weitreichend vernetzte Prozesse. Aber man kann natürlich auch sagen, das hat nichts mit dem Bürger, nichts mit den Haushalten zu tun.

          • sofisticaded 12. November 2021, 09:11

            Ich sehe den Zertifikatehandel aus zwei als das einzige geeignete Instrument an…

            Egal welche und wieviele Gründe Sie anführen, es bleibt moderner Ablasshandel. Dass man überhaupt die Bewåltigung des Klimawandels an einem einzigen Gas festmacht, ist durchaus vergleichbar mit der Abhängigkeit der Gesundheit von einem einzigen Virus.

          • Stefan Pietsch 12. November 2021, 11:15

            [Ich mag Cap+Trade.]

            Warum?

            Die Frage war nicht rhetorisch gemeint.

            • sofisticaded 12. November 2021, 12:23

              Damit sind Sie genau bei denen, die keine Problemlösungen suchen, sondern Probleme erfinden, um daran zu verdienen. Dasselbe erleben wir gerade hautnah, wo Pharmaindustrie, profitorientierte Philanthropen und Plattformunternehmen mit gezielter Raffinesse ein sich selbst perpetuierendes Geschäftsmodell zu vollenden suchen. Der Klimawandel bietet auch dazu kongeniale Mechanismen.

            • Stefan Sasse 12. November 2021, 14:07

              Gleicher Grund wie bei CO2-Steuer: ich sehe die wirtschaftliche Logik und denke, dass es ein gutes Mittel ist. Ich habe nur mehr Skepsis als du bei der Umsetzungswirksamkeit.

              • Stefan Pietsch 12. November 2021, 15:34

                Ich verstehe Deine Argumente diesbezüglich schon. Doch wie Du selber feststellst, gelten sie für alle Instrumente. Der kritische Punkt ist damit die Sorge vor der Veränderung, nicht das Instrument. Subventionen rufen nicht den Widerstand hervor, nützen aber auch kaum etwas.

                Noch ergänzend: Ich sehe Steuer und Zertifikate völlig unterschiedlich. Die Steuer ist nur darauf gerichtet, Umweltnutzung zu verteuern und das dann noch rein politisch gesteuert.

                • Stefan Sasse 13. November 2021, 09:29

                  Wir haben dank Subventionen in den 2000er Jahren einen großen Sektor Erneuerbarer Energien aufgebaut. Ohne Subventionen wäre nie auch nur ein einziges Kraftwerk, ob Kohle oder Atom, ans Netz.

                  • Stefan Pietsch 13. November 2021, 11:35

                    Hast Du meine Artikelserie im Sommer nicht gelesen?

                    Doch das Konzept prägt bis heute die deutsche Energiepolitik. Die Kosten der Energiewende bleiben dabei intransparent, Buchführung über Verauslagungen und Belastungen werden im Bundesumweltministerium nicht geführt. Eine Politik, die Unternehmen und Bürgern immer neue Transparenzregeln und Berichtspflichten aufbürdet, zeigt sich unwillig, regelmäßig über die Kosten eines der umfangreichsten Projekte dieser Zeit zu informieren. 2018 brachte der Bundesrechnungshof etwas Licht ins Dunkel des Subventionsdschungels und fällte dabei ein vernichtendes Urteil über die Energiepolitik.

                    “Trotz des erheblichen Einsatzes von Personal und Finanzmitteln erreicht Deutschland die Ziele bei der Umsetzung der Energiewende bisher überwiegend nicht.

                    Dann führten die Bundesprüfer weiter aus:

                    “Das BMWi steuert die Energiewende auch mit diversen Förderprogrammen. Es führte Förderprogramme fort, obwohl sie kaum nachgefragt waren.

                    Es gibt derzeit 26 Gesetze und 33 Verordnungen, die mit teils hohem Detaillierungsgrad Erzeugung, Speicherung, Übertragung, Verteilung und Ver brauch von Energie regeln. Die mit Blick auf die Umsetzung der Energiewende notwendigen Änderungen dieser Normen sind zeitaufwendig. Dies erschwert eine flexible Anpassung von Steuerungsmaßnahmen an die dynamische Entwicklung, die die Energiewende mit sich bringt.

                    Daher befürwortet der Bundesrechnungshof einen weitgehenden Verzicht auf kleinteilige Regelungen in Gesetzen und Verordnungen. Stattdessen sollte für die Energiewende ein Rechtsrahmen gesetzt werden. Ergänzend käme als nicht „planwirtschaftliches“ Instrument eine allgemeine CO2-Bepreisung in Betracht. Weil die Produktion von erneuerbarer Energie dadurch attraktiver wäre, könnte das BMWi seine Förderung nutzen, um ergänzende Anreize gezielt zu setzen.

                    Das, was für Dich „ganz ordentlich“ ist, führt bei Menschen, die mit spitzem Bleistift rechnen und nicht grünes Wasser trinken, zu einem Verriss (übrigens habe ich da mal die INSM zitiert – sorry 🙂 ). Vermeidungskosten der Energiewende made bei Subventionitis: 3.154 Euro pro Tonne CO2. Vermeidungskosten durch Cap & Trade: aktuell 60 Euro. Die Erneuerbaren Energien machen heute gerade 16,6% des Primärenergiebedarfs aus und da ist die Biomasse schon drin, die für über die Hälfte verantwortlich ist. Für bald eine halbe Billion Euro Investition haben wir als eine Ergänzung bekommen.

                    Ein Land wie Chile setzte bisher weitgehend ohne Förderung auf Solar. Dass ohne Subventionen die Erneuerbaren nicht ausgebaut worden wären, ist einer der vielen Legenden, die Grüne und Klimaaktivisten in die Welt gesetzt haben, um ihre verschwenderische Politik und ihren Lobbyismus zu rechtfertigen. Man muss darauf nicht reinfallen.

        • sofisticaded 12. November 2021, 15:19

          15 Frachtschiffe verbrauchen soviel wie alle Autos auf der Welt…
          Größte Emittenten von CO2 sind:
          1.Bauwirtschaft emittiert z.B. für Zementherstellung (hohe Temeratur 2000°) mehr als alle Autos, Flugzeuge u. Schiffe zusammen…

          Wir (Menschen) emittieren 36 Mrd… Tonnen CO2 per anno…
          850 Mrd. in der Atmosphäre…
          860-870 Mrd. in den Wäldern…
          ‚AKKUS‘ Für Gewinnung von 1 Tonne Lithium 2 Mio Liter Wasser…
          Für Kobald im Kongo werden Kriege geführt…
          PKW und Dieselautos verbrauchen 1% von den 36 Mrd…

          • Stefan Sasse 13. November 2021, 09:28

            Ich weiß. Aber weniger gebaut wird nur, wenn ein Bewusstsein dafür da ist, wie problematisch das ist. Du kannst ja nicht zentral die Menge des hergestellten Betons regulieren.

            • sofisticaded 13. November 2021, 11:47

              Bin völlig d’accort, wollte mit dieser Aufzählung auch nur darauf hinweisen, dass das Klima davon nicht zwangsläufig abhängig ist (muss). Menschen haben bisher geglaubt, dass ein normaler Winter oder Naturkatastrophen die Gemüter wenigstens für einige Tage beruhigen bzw. aufregen würde. Nach einem warmen Sommer mit großer Trockenheit in Deutschland, für den natürlich der globale Klimawandel verantwortlich war, gab es einen feuchten, sehr normalen Herbst und jetzt gibt es vielleicht so etwas wie einen Winter mit Schnee in großen Massen in den Bergen. Schnee in den Bergen im Januar ist eigentlich nicht das, was sie unmittelbar mit dem Klimawandel verbunden hätten, sondern einfach mit „Wetter“. Mit dem Wetter verbinden die meisten Menschen Verhaltensweisen, die sie über die Jahrtausende gelernt haben, aber nicht beeinflussen können. In Französisch heißt Wetter „le temps“ . Le temps heißt aber auch die Zeit oder Zeitläufe. Das bringt es wunderbar auf den Punkt: Wetter ist wie die Zeit und es ist unverbrüchlich verbunden mit der Zeit. Klimawandel wird man in der schönen neuen Welt wie Zeitenwandel ansehen, unabänderlich und vielleicht auch unbarmherzig, den Menschen nur die Chance lassend, sich an das Unabänderliche anzupassen. Ideologien werden uns, ähnlich wie bei Corona, persönlicher Kontrolle und Verantwortung unterziehen und unsere Freiheit einschränken.

              Klimawandel und Gesundheit sollten (sollten) in Zukunft unser Leben auf die gleiche Weise bestimmen wie das Wetter heute, nämlich eigentlich gar nicht und wenn, dann nur als Randerscheinungen menschlichen Lebens, denen man durch intelligente Anpassung des eigenen Verhaltens ideologiefrei begegnen kann und muss.

              • Stefan Sasse 13. November 2021, 13:50

                Verstehe ich dich richtig dass du im Endeffekt sagst „wir können eh nichts machen“?

                • sofisticaded 13. November 2021, 15:13

                  Nein, sage ich nicht. Halte aber den Focus auf die Aussage, der Klimawandel sei menschengemacht und die daraus abgeleiteten Maßnahmenkataloge für abwegig und ebenso machbarkeitswahnhaft, wie den vorgeschobenen Anspruch unserer Regierungen, gegen ein einziges Virus Krieg zu führen (Macron, Merkel), um die Menschheit vor dem angeblichen biologischen Untergang zu bewahren.

                  Beides sind pure Scheindebatten. In Glasgow sind unsere Weltretter mit 400 Privatjets angereist und Mister Biden stattete seinen Papst-Besuch mit 85 Limousinen ab. Nun könnte man entgegnen halten, dass diese Widersprüche am Grundproblem nichts ändern, die Protagonisten sind sowohl Teil des Problems als auch bestimmender Faktor. Teilweise unter Missachtung demokratischer Prozesse. Die aktuellen Entwicklungen zeigen, zu was Politik fähig ist, wenn es darum geht Demokratie und Recht außer Kraft zu setzen.

                  • Stefan Sasse 13. November 2021, 17:16

                    Ich bin immer noch verwirrt.

                  • Thorsten Haupts 13. November 2021, 20:44

                    … der Klimawandel sei menschengemacht und die daraus abgeleiteten Maßnahmenkataloge für abwegig …

                    Bleibt Ihnen unbenommen. Ändert nur nichts daran, dass sowohl der überwältigende Konsens der Fach-Wissenschaftler als auch eine mittlerweile ebenso überwältigende Evidenz (auch im historischen Rückblick) darauf hindeutet, dass dem so ist.

                    Was man daraus für Schlussfolgerungen ableitet, steht auf einem völlig anderen Blatt. Aber bis zu wirklich überzeugenden, wissenschaftlich unterfütterten, Gegenargumenten will ich meine eigene Intelligenz nicht damit beleidigen, dass ich den menschengemachten Klimawandel in Zweifel ziehe.

                    Aber das kann jede/r natürlich halten, wie sie/er das wollen :-).

                    Gruss,
                    Thorsten Haupts

                    • sofisticaded 14. November 2021, 00:16

                      … sowohl der überwältigende Konsens der Fach-Wissenschaftler als auch eine mittlerweile ebenso überwältigende Evidenz (auch im historischen Rückblick) darauf hindeutet, dass dem so ist.

                      Diese ganzen Modellrechnungen sind weder überwältigend noch evident, sie generieren Quantitäten, aber kein originäres Abbild klimatischer Faktoren. Dieses findet jenseits menschlicher Theorien und wissenschaftlicher Modelle statt. Erkenntnistheoretisch scheitert das Ganze an einem unabdingbaren ceteris paribus. Klimawissenschaftler sind ja noch nicht einmal in der Lage für fünf Tage das Wetter vorherzusagen, geschweige denn für Zeiträume von 50 oder 100 Jahren unter Fortschreibung einer begrenzten Anzahl von Parametern. Menschen waren in der Vergangenheit und werden in Zukunft nicht in der Lage sein, die komplexen multifaktoriellen Einflüsse des Klimawandel maßgeblich zu beeinflussen.

  • sofisticaded 13. November 2021, 18:26

    Das überrascht nicht, Du schwimmt ja erkennbar auf den neuen Wellen des repressiven Konformismus. Glaubst an die Projektionen von Entwicklungen, die sich bisher allein in den Rechnern wissenschaftlicher Institute abspielen, Computersimulationen, errechnete Szenarien, die in den Medien mal eben der Öffentlichkeit als bereits aktuelles Geschehen „verkauft“ werden. Ein verfänglicher Glaube an durch Modellierungen erzeugter Quantitäten. Man schießt sozusagen mit dem Gewehr in die Gegend, beobachtet wo die Kugel hinfliegt und behauptet dann, genau das habe man treffen wollen.

    Natürlich wurden uns anlässlich der Konferenz in Glasgow in den Sondersendungen die in Deutschland sich überschlagenden Naturereignisse vorgeführt, etwa aufgesprungene trockene Schollen aus Brandenburg, allem voran die Flut in Nordrhein-Westfalen. Und auch hier erklingt dazu dann wieder, parallel zu den dramatischen Bildern weggespülter Häuser und Autos, die Stimme aus dem Off: „Wir sind mittendrin im Klimawandel“. Angst haben und Angst machen. Wir leiden am Locked-in-Syndrom: Wir schließen uns ein und verbieten uns gegenseitig den Mund, und das bei vollem Bewusstsein. Wir leben in einer Tyrannei der Wehleidigen, die uns ihre Aggressivität als Notwehr verkaufen wollen. Viele „woke“ Aktivisten fühlen sich offensichtlich durch logisches Denken intellektuell belästigt. Weil es zu anstrengend ist, zu denken und zu diskutieren, bezieht man Position und zeigt Haltung. Also, dann auf zum Greenwashing des Klimas als nächste Rechtfertigung für Zwang zum Wohle der Menschheit.

    • Stefan Sasse 13. November 2021, 19:39

      Soso.

      • Thorsten Haupts 13. November 2021, 20:48

        Du schwimmt ja erkennbar auf den neuen Wellen des repressiven Konformismus.

        Küchenpsychologie für geistig Arme aus den Sümpfen des pseudoakademischen Psycho-Jargons. Süss :-).

        Gruss,
        Thorsten Haupts

        • sofisticaded 13. November 2021, 21:49

          Wunderbar, was Popcorn so alles bewirken kann… einfach köstlich!

  • CitizenK 14. November 2021, 22:26

    @ Stefan Pietsch

    Sind die angedachten Abschreibungen für Investitionen in emmissionsarme Anlagen nicht auch eine Subvention?

    • Stefan Sasse 15. November 2021, 07:38

      Mir scheint das ein generell unscharf definierter Begriff zu sein.

      • sofisticaded 15. November 2021, 09:20

        Entscheidend ist die tragfähige Grundlage im Faktischen. Da ist es võllig unerheblich welchen Begriff man wählt. Den Pförtner kann man Generaldirektor nennen sooft man will, er bleibt das was er tatsächlich tut: Pförtner. Insofern muss ich etwas nicht Subvention nennen, um es als Subvention zu definieren.

    • Stefan Pietsch 15. November 2021, 10:22

      Im weiteren Sinne schon, im engeren Sinne nicht. So die Kurzfassung.

      Nun die deutlich längere Erklärung:
      Im engeren Sinne verstehen die Volkswirtschaft und die Finanzwirtschaft unter Subventionen an Unternehmen analog zur Definition von (Sozial-) Transfers an Haushalte jede Zahlung in Geld / Finanzmittel, die den Empfänger zu einer bestimmten Handlung / Leistung befähigen soll. Die Zahlungen des Staates an Unternehmen / Haushalte sollen also etwas ermöglichen, was ansonsten aufgrund fehlender Liquidität unterbliebe. Das ist so nicht aus einem Lehrbuch abgeschrieben, aber die an Universitäten gelehrte Beschreibung.

      Zu den Subventionen im weiteren Sinne zählt man Erleichterungen aller Art, die darauf gerichtet sind, ein bestimmtes Handeln (Investition) zu ermöglichen. Das sind z.B. auch puntuelle, oft periodisch begrenzte Steuervergünstigungen. Diese Definition ist sehr unscharf weil sehr weitgehend. Denn Abschreibungserleichterungen kommen Unternehmen zu Gute, die sich eine bestimmte Ausgabe (Investition) ohnehin leisten können. Sie schaffen nur einen zusätzlichen Impuls. Unternehmen am Rande der Liquidität und Profitabilität oder darunter bleiben dabei außen vor. Anders als Zuschüsse des Staates beeinflussen Steuererleichterungen auch nicht die Bonität von Unternehmen und damit ihre Möglichkeiten, Fremdkapital aufzunehmen.

      Da Abschreibungsvergünstigungen im engeren Sinne nicht zu den Subventionen zählen, damit auch nicht zu Verwerfungen im Wettbewerb führen, kann ich mich als Liberaler damit anfreunden. Und bevor Sie das kritisieren: Sozialpolitisch denkende Menschen würden sich auch dagegen verwahren, die Senkung der Dienstwagenbesteuerung als sozialpolitische Maßnahme zu feiern.

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