Keir Starmer unterdrückt auf dem Gymnasium die Jugend beim Lesen von Boris Palmers alten Geschichtsbüchern – Vermischtes 12.05.2021

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Sie werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten.

1) Labour is too weak to win and too strong to die

Politics has shifted on its axis and the Labour Party does not know what to do about it. The change is easy to describe but hard to contend with. Where once voting was largely an aspect of class and occupational solidarity, now it has become an expression of cultural attitude. The gateway drug was Brexit, which has made political affiliation unrecognisable to politicians schooled on industrial politics, representing a party whose name harks back to the time when labour versus capital was a serviceable description of the contest. The Labour Party is finding this new dispensation impossible for three reasons. First, the apparent pantomime horse of the Tory coalition (rural areas and affluent towns with old industrial towns) is united on questions of culture. It is a more stable vote, at least for the moment, than it might seem. Second, Labour is deeply committed, psychologically, to being the party of the sans-culottes. Not many people go into Labour politics to represent the interests of the wealthy, university-educated, socially liberal people who are turning into its core vote. Labour has historically been made up of such people but their aim was always to talk de haut en bas to the northern working class. Now, to their surprise, the northern working class is talking back. There is a third problem even greater than getting into the frame of mind for change. Even if Labour were able to relinquish its self-image as the saviours of the dispossessed, the arithmetic is horrible. The socially liberal people tend to live together, in cities, and large clusters of people produce emphatic victories in a smaller range of constituencies, rather than decent victories in many. The 2016 Brexit referendum reproduced as a general election would produce a good victory for the right. Then, Labour has a serious problem in Scotland. The cultural vote that Labour needs in Scotland is now the preserve of the SNP. In short, the political right can unite around culture, the left is split in Britain, and that is without even venturing to suggest a merger with the Liberal Democrats, a subject liable to induce apoplexy in Labour circles. (Philipp Collins, The New Statesman)

Ich bin kein Experte für britische Politik, weswegen ich nicht zu sehr ins Detail gehen und eher auf den Vergleich mit mir bekannteren Beispielen abheben möchte. Wer sich in die Thematik weiter vertiefen möchte, siehe dazu auch diesen Artikel über das Scheitern von Keir Starmers Ansatz. Oder über seinen Mangel an Visionen hier. Offensichtlich scheint aber tatsächlich zu sein, dass das Problem Labours nicht allein Jeremy Corbyn war. Ich glaube weiterhin nicht, dass der Mann mehrheitsfähig ist; einfach nur Tony Blair 2.0 zu spielen aber scheint offensichtlich genauso wenig zu klappen.

Was für mich an der Sache auffällig ist: es ist die gleiche Geschichte wie bei der SPD und praktisch allen anderen sozialdemokratischen Parteien Europas auch. Die im Artikel beschriebene „Achsenverschiebung“ sehen wir ja überall. Die klassischen „Klassengrenzen“, wie sie für Jahrzehnte sozialdemokratische Politik unterfüttert haben – Facharbeitende als zentrale Wählergruppe etwa – funktionieren immer weniger. Die zentraleren Trennlinien verlaufen entlang Stadt und Land, entlang Bildungsgrenzen, entlang der Geschlechter und Ethnie, aber eben nicht mehr so sehr entlang der materiellen Lage, und die linken Parteien haben damit gewaltige Probleme. Labour scheint elektoral genauso tot zu sein wie die SPD auch, nur dass das Mehrheitswahlsystem in Großbritannien diese Tatsache noch verschleiert.

Man sollte aber nicht aus dem Blick verlieren, dass diese Achsenverschiebung auch die Tories trifft. Wir kennen die Dynamik ja aus den USA; vormals konservative Stammwählergruppen aus den wohlhabenden Vorstädten – das gut situierte Bürgertum – das früher den Kern der „Mitte“ ausgemacht hat, trendet im gleichen Maß zu den progressiven Parteien, wie die früheren „roten“ Stammwählerschaften mehr und mehr eine Heimat in den konservativen Parteien finden. In Deutschland profitiert davon nur nicht die SPD, sondern die Grünen, die im UK dank des Wahlrechts irrelevant sind – ebenso wie in den USA, wo die Democrats aber besser als Labour darin sind, eine „big tent coalition“ zu schmieden. Man sollte auf jeden Fall nicht den Fehler machen, sich auf simplistische Zuschreibungen à la „die Arbeiterklasse wählt konservativ“ zurückzuziehen, wie sie gerade en vogue sind.

2) We Found the Textbooks of Senators Who Oppose The 1619 Project and Suddenly Everything Makes Sense

White people love critical race theories. While they generally oppose Critical Race Theory, the academic movement started by Black scholars, they have historically embraced the uncapitalized version of race theory. However, because so many see whiteness as a default, they don’t understand that their entire education has already been racialized. […] Even though no teacher in America has been hogtied and forced to teach the curriculum devised by historians, journalists and people who know things, The Root was curious. If The 1619 Project is an attempt to rewrite history, which version of history does the GOP fear is being altered? The Root decided to see what some of the signatories to Mitch McConnell’s Strawberry Letter knew about slavery and Black history. We dug through state curriculum standards, yearbooks and spoke with teachers to see which interpretation of history the white tears-spewing politicians learned when they were in elementary and high school. In doing so, there are certain things we realized […] Now it all makes sense. This is why they oppose expanding the historiography of our national story. American schools have never taught a version of history that wasn’t racialized. But, apparently, it’s perfectly fine if the racial narrative skews toward whiteness. They can’t be opposed to learning a different historical perspective because they never learned history; they were spoonfed fiction in bite-sized morsels. (Michael Harriot, The Root)

Die Auszüge aus den Geschichtsbüchern hier sind echt blanker Wahninn. Ich kann nur empfehlen, den Artikel in seiner Gänze zu studieren. Solche Abgründe tun sich hier nicht ansatzweise auf. Natürlich ist der Vergleich in Teilen unfair, weil die zitierten Geschichtsbücher deutlich älter sind; teilweise gehen sie bis in die 1960er Jahre zurück. Aber leider eben nur teilweise. Und ich weiß, dass viele der kritisierten Abschnitte sich auch in heutigen Geschichtsbüchern vor allem der Südstaaten noch finden.

Zum Vergleich, meine intimen Kenntnisse deutscher Geschichtsbücher beginnen in den 1970er Jahren, als das berühmt-berüchtigte Gesamtwerk „Fragen an die Geschichte“, das jede Geschichtslehrkraft mit Selbstachtung entweder besitzt oder gerne hätte, erstmals erschien. Irgendwann dieser Tage schreibe ich mal einen Beitrag darüber, wie sich die Geschichtsbücher in Deutschland seither entwickelt haben, das ist absolut faszinierend.

3) Linke Tagträume über den Weltfrieden

Die Linke-Chefin erinnerte daran, dass die Grünen als Friedenspartei gegründet worden seien. Die Nato sei aber ein „Kriegsbündnis“. Wissler zeigte exemplarisch, dass noch immer ein altes ideologisches Blockdenken in ihrer Partei die Programmatik in der Außen- und Sicherheitspolitik bestimmt. Vereinfacht lässt es sich so zusammenfassen: Die USA sind imperialistisch, Russland fühlt sich davon bedroht; Krieg (und damit auch Militär) ist böse, Frieden (also kein Militär) ist gut. Aus diesem Denken heraus ergibt sich auch die pauschale Ablehnung der Nato. […] „Wir haben in den letzten 20 Jahren keinen einzigen Auslandseinsatz verhindert, indem wir von der Seitenlinie die immer gleiche Fundamentalkritik aufs Spielfeld brüllen“, sagt der Linke-Bundestagsabgeordnete Matthias Höhn WELT. […] Pflüger, verteidigungspolitischer Sprecher im Bundestag, betont, es sei wichtig, dass die Linke konsequent bleibe. „Es ist wie in anderen Politikbereichen auch: Man darf das, was man programmatisch für richtig hält, nicht zugunsten von möglichen Bündnissen aufgeben.“ Für die Linke aber ist die Außenpolitik kein Bereich wie jeder andere, sondern Teil ihrer DNA. Sie zu hinterfragen ist tabu. […] Ähnlich vage bleibt die Linke auch beim Thema Bundeswehr. Seit 2011 unterscheidet sie im Grundsatzprogramm zwischen „Auslands-“ und „Kampfeinsatz“. Während flexiblere Geister darauf hinweisen, dass die Bundeswehr in keinem der jetzigen Auslandseinsätze kämpfe, halten Dogmatiker schon die Bereitstellung von Infrastruktur für Beteiligung am Kampf. Es wird für die Spitzenkandidaten im Wahlkampf schwierig werden, aus diesem Dilemma herauszufinden. (Luisa Hofmeier, WELT)

Für mich ist das mehr oder weniger die definitive Absage an Rot-Rot-Grün. Mein Bauchgefühl – ohne jeden Beleg – ist, dass das Absicht der Grünen-Führung war und dass sie der LINKEn eine Falle gestellt haben. Habecks Bedingung an die Partei, die NATO und die Auslandseinsätze zu akzeptieren, konnte nur zu einem von zwei möglichen Ergebnissen führen: dem unwahrscheinlichen Fall, dass die Partei akzeptiert und damit das größte policy-Hindernis für eine Koalition aus dem Weg räumt, oder der sehr viel wahrscheinlichere Fall, dass sie es ablehnt und damit als diejenigen aktenkundig sind, die R2G verhindert haben und somit die Ampel als einzigen Ausweg ohne die CDU lassen.

Selbst, wenn das nicht die intendierte Absicht war, bin ich mit dem Ergebnis insgesamt glücklich. R2G ist ohnehin arithmetisch sehr unwahrscheinlich, und die LINKE ist dermaßen unzuverlässig, dass es selbst mit einer knappen Mehrheit ein politisches Hasardeursspiel wäre (dafür sorgen auch solche Typen). Davon abgesehen sind die Positionen der LINKEn zur Außenpolitik unterirdisch. Es ist absolut faszinierend, dass die Grünen gerade die härtesten Transatlantiker und NATO-Befürworter aller Parteien sind, nachdem die AfD, die LINKE und die SPD voll und die FDP teilweise ins Lager der Putin-Versteher gewechselt sind. Selbst auf die CDU ist mit Laschet nicht mehr wirklich Verlass, obwohl ich davon ausgehe, dass die im Zweifel immer noch transatlantisch ticken werden, schon allein mit Merz und Röttgen im näheren Umfeld.

4) Die erste Krise der nächsten Regierung

Erinnern Sie sich noch an die Kopfpauschale? An die Bürgerversicherung? Oder an die Sonntagabend-Talkshow von Sabine Christiansen, in der zu Beginn des Jahrtausends dieselben Experten die immer gleichen Rezepte zur Reform des Sozialstaats wälzten? Für viele Deutsche, die beim Amtsantritt Angela Merkels noch nicht erwachsen waren, mögen das Bilder aus einer grauen Vorzeit sein. Die Mehrheit der Bürger über 40 dagegen erinnert sich noch gut daran, dass Deutschland damals der kranke Mann Europas war. Eine rotgrüne Modernisierungskoalition musste plötzlich schmerzhafte Sozialkürzungen beschließen und einen Großteil jener Vergünstigungen einsammeln, die ihre Vorgänger ausgereicht hatten. […] Vom Weg in die Zukunft reden derzeit fast alle Parteien. Doch dafür müssen erst einmal die Versäumnisse der Vergangenheit aufgearbeitet werden. Der Gegensatz von Ökonomie und Ökologie, über den so viel geredet wird, ist dabei vielleicht nicht mal das Wichtigste. Der größere Widerspruch, so zeigen die roten Zahlen des staatlichen Versicherungssystems, betrifft möglicherweise das Verhältnis von Klimaschutz und Sozialpolitik. Denn Steuergeld, das in den Sozialkassen versickert, kann nicht gleichzeitig für den Klimaschutz ausgegeben werden. Nur wem es gelingt, die Renten- und Krankenkassen durchgreifend zu reformieren, wird deshalb auf Dauer genügend Mittel für den Ausbau erneuerbarer Energien oder die Förderung der Wasserstoffwirtschaft freisetzen können. Rasen für die Rente, das war mal ein Slogan aus der Sabine-Christiansen-Zeit der deutschen Politik. Jetzt muss das Motto heißen: Reformieren fürs Klima. (Michael Sauga, SpiegelOnline)

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  • CitizenK 12. Mai 2021, 10:44

    2 + 7: Bin gespannt. Kommt das Kaiserreich da auch vor?

  • CitizenK 12. Mai 2021, 11:36

    8) Der schlimme „Verwertbarkeitsgedanke“ hat einen sehr realen materiellen Hintergrund. Aber das geht offenbar über den „Horizont“ der Autorin. Wie auch die Fixierung auf Gymnasium und Studium. Orchideen-Studiengänge haben einen höheren Prestigefaktor als praxisnahe Ausbildungen. Was ist – beim Partytalk – ein Meister gegen einen Bachelor?

  • Erwin Gabriel 12. Mai 2021, 12:51

    @ Stefan Ssasse

    6) „Wissenschaft ist keine Demokratie“ (Interview mit Mai Thi Nguyne-Kim)

    Mai Thi Nguyen-Kim: Nein, nicht wirklich. Aber es macht mich wütend und traurig. Diejenigen, die von unterdrückter Medienfreiheit und Manipulation faseln, sind die, die dann Journalistinnen und Journalisten bedrohen.

    Solch eine populistische Dummschwätzerei zu lesen macht auch mich wütend und traurig. Ich „fasel“ auch von unterdrückter Meinungsfreiheit und bedrohe niemanden.

    Mir ist nicht bekannt, dass irgendjemand der Leute, die als vorrangige Beispiele für „cancel culture“ durch die Medien gereicht werden, Polizeischutz benötigt.

    Auch Deine Aussage ist albern. Der Bedarf an Polizeischutz sollte wohl nicht der einzige Nachweis von unterdrückter Meinungsfreiheit sein. Hier hatten wir beispielsweise das Thema, dass Leute wegen AfD-Sympathien ihren Job verloren. Die brauchen anschließend keinen Polizeischutz, die sind nur arbeitslos.

    Schon das damalige Papier der IG Metall, wie man „rechte“ Kollegen aus Betrieben entfernt, reicht, um Dich und sie zu widerlegen.

    PS: Natürlich gibt es immer wieder Spinner bei den Querdenkern, bei Pegida, bei den Autonomen, die auf Journalisten losgehen (meine Meinung kennst Du ja: ALLE einsperren, die gewalttätig werden). Aber das für unterdrückte Meinungsfreiheit als einzig gültigen Standard zu nehmen ist albern.

    10) Tweet

    Ja, da (nicht nur da) benimmt sich die AfD echt albern.

    • derwaechter 12. Mai 2021, 15:25

      6)
      Das ist wirklich ein schräger Massstab.

      Und ausserdem falsch.

      Causa Bernd Lucke Professor mit Polizeischutz
      https://www.spiegel.de/lebenundlernen/uni/causa-bernd-lucke-wir-sind-an-der-grenze-dessen-was-eine-universitaet-leisten-kann-a-1296433.html

      • Stefan Sasse 12. Mai 2021, 15:32

        Guter Punkt, danke.

      • Erwin Gabriel 13. Mai 2021, 10:00

        @ der waechter

        Zu 6) ich würde lügen, wenn ich vorgebe, Dich verstanden zu haben.

        • derwaechter 13. Mai 2021, 13:41

          Polizeischutz ist erstens kein guter Massstab für Cancel Culture, und zweitens benötigen durchaus auch „gecancelte“ rechte Polizeischutz

          • Errwin Gabriel 13. Mai 2021, 18:07

            @ derwaechter 13. Mai 2021, 13:41

            Polizeischutz ist erstens kein guter Massstab für Cancel Culture, und zweitens benötigen durchaus auch „gecancelte“ rechte Polizeischutz

            Das sind doch genau meine Punkte gewesen … ?

            • Stefan Sasse 13. Mai 2021, 18:17

              Und auch richtig, wie ich nochmal betonen will.

            • derwaechter 13. Mai 2021, 18:52

              Ich habe Dich ja auch bestätigt und noch mit dem Link zu Lucke belegt.

              Wir beide gegen Stefan, der seinen Fehler auch direkt eingesehen hat. Kein Wunder bei der geballten Argumentationsmacht 😉

              • Stefan Sasse 13. Mai 2021, 19:49

                Und der Brillanz und intellektuellen Flexibilität des Autors, von seiner natürlichen Bescheidenheit mal ganz abgesehen.

                • derwaechter 14. Mai 2021, 10:43

                  hehe

              • Erwin Gabriel 14. Mai 2021, 12:35

                @ derwaechter 13. Mai 2021, 18:52

                Ich habe Dich ja auch bestätigt und noch mit dem Link zu Lucke belegt. …

                Sorry, ich hatte einen Beitrag als Negativ-Kritik missverstanden …

  • derwaechter 12. Mai 2021, 15:09

    2)

    das Thema ist an sich sehr interessant, aber das Niveau in dem Zitat ist ja wirklich schwer auszuhalten.

    „White people love critical race theories. While they generally oppose Critical Race Theory, the academic movement started by Black scholars“

    Ernsthaft? Da steht ziemlich unverblümt, das weiße Menschen Rassisten sind.
    Und außerdem verkennt es die Tatsache, dass viele CRT prinzipiell richtig finden und fördern (Joe Biden!). Während andere ihn dafür hart kritisieren. https://www.nationalreview.com/corner/biden-set-to-push-critical-race-theory-on-u-s-schools/ oder hier Ben Carson https://gopdailybrief.com/ben-carson-biden-crt/

    Ich kann diesen White People – Black People scheiß echt nicht mehr hören.

    Diese ganze Idee das „racial groups“ so homogen sind ist einfach absurd.

    „However, because so many see whiteness as a default, they don’t understand that their entire education has already been racialized. […]

    Ich bin wahrlich kein Freund von Mitch McConell, aber für wie beschränkt und unreflektiert hält der ihn eigentlich?

    „The Root decided to see what some of the signatories to Mitch McConnell’s Strawberry Letter knew about slavery and Black history. We dug through state curriculum standards, yearbooks and spoke with teachers to see which interpretation of history the white tears-spewing politicians learned when they were in elementary and high school.“

    Die Idee, das der Lernprozess nach der high school aufhört ist alleine schon ziemlich beknackt.

    und „white tears-spewing“? Alter…

    „In doing so, there are certain things we realized […] Now it all makes sense. This is why they oppose expanding the historiography of our national story. American schools have never taught a version of history that wasn’t racialized. But, apparently, it’s perfectly fine if the racial narrative skews toward whiteness. They can’t be opposed to learning a different historical perspective because they never learned history; they were spoonfed fiction in bite-sized morsels.“

    Aber die Idee, dass Mitch McConell und Co gegen das 1619 Projekt sind, weil sie es aufgrund ihrer Schulbildung nicht besser wissen können, ist geradezu absurd naiv.

    Oder verstehe ich da was falsch?

    • Stefan Sasse 12. Mai 2021, 15:32

      Ja, die Quelle ist schwer beknackt, keine Frage. Ich beziehe mich in dem Kommentar ja auch auf die Schulbücher selbst. Und klar KÖNNTEN sie es besser wissen, aber die Ankerheuristik spielt hier durchaus eine Rolle. Und diese Bücher sind ja Symptome einer ganzen Kultur.

      • derwaechter 12. Mai 2021, 16:29

        Dann sind wir uns ja einig.

        Ich glaube das zumindest für die meisten führenden Republikaner wie Mitch McConell, Lindsay Graham, Marco Rubio usw. gilt, dass sie es nicht nur besser wissen KÖNNTEN, sondern tatsächlich gut informiert sind. Die machen das ganz bewusst, aus welchen Gründen auch immer.

        • Stefan Sasse 12. Mai 2021, 17:46

          *hust* Rassismus *hust*

          • derwaechter 13. Mai 2021, 00:59

            Wird natürlich arg spekulativ jetzt und die Grenzen sind fliessend. Aber mein Eindruck von den Mitches, Lindsays usw. ist weniger, dass sie dumpfe Rassisten sind, sondern eher zynische Machtpolitiker.

            • Stefan Sasse 13. Mai 2021, 10:40

              Klar, aber diese Macht fußt auf Rassismus. Ob die selbst das sind wissen wir nicht, weil wir nicht in ihre Köpfe schauen können. Es ist aber auch egal. An ihren Taten und Worten wollen wir sie messen. Und die sind eindeutig.

              • derwaechter 13. Mai 2021, 13:41

                Auf jeden Fall. In gewisser Weise ist der Zynismus noch schlimmer, weil ganz bewusst.

            • Errwin Gabriel 13. Mai 2021, 18:13

              @ derwaechter 13. Mai 2021, 00:59

              Wird natürlich arg spekulativ jetzt und die Grenzen sind fliessend. Aber mein Eindruck von den Mitches, Lindsays usw. ist weniger, dass sie dumpfe Rassisten sind, sondern eher zynische Machtpolitiker.

              Kann man das sauber voneinander trennen? Wie bei vielen Politikern der AfD gehen hier doch vorhandenes Gefühl und Streben Hand in Hand. Mitch McConell ist sicherlich ein hoch intelligenter, gewissenloser, extrem berechnender Zyniker der Macht. Aber er ist sicherlich auch selbst überzeugter Rassist (ob er sich so sieht oder nicht), was ihm hilft, den „richtigen“ Ton zu treffen.

              • Stefan Sasse 13. Mai 2021, 18:17

                Genau so sehe ich das auch.

              • derwaechter 13. Mai 2021, 18:55

                McConell ist mit der gebürtigen Taiwanesin Elaine Chao verheiratet. Das spricht nicht unbedingt für die „überzeugter Rassist“ These.

                • Erwin Gabriel 14. Mai 2021, 12:38

                  @ derwaechter 13. Mai 2021, 18:55

                  McConell ist mit der gebürtigen Taiwanesin Elaine Chao verheiratet. Das spricht nicht unbedingt für die „überzeugter Rassist“ These.

                  Das schließt ja nicht unterschwellige Aversionen gegen Farbige oder Lationos nciht aus.

                  Aber ich stimme zu, dass er dann so ein Feuer-und-Flamme-Rassist wohl nicht sein kann.

                  • Stefan Sasse 14. Mai 2021, 15:31

                    Jemand kann völlig problemlos ein Feuer-und-Flamme-Rassist gegen Schwarz sein und kein Problem mit Asian Americans haben. Solche Haltungen sind sogar die Norm; die wenigsten Leute sind karikaturhafte Rassisten gegen alles und jede Fremde.

                    • derwaechter 14. Mai 2021, 22:29

                      Das ist nicht die Norm.

                      Anti-asiatischer Rassismus hat in den USA eine furchtbare und lange Geschichte.
                      Vom Chinese Exclusion Act, lynchangriffen auf Chinesische Wohnviertel bis zur Internierung japanisch stämmiger Amerikaner im zweiten Weltkrieg und natürlich massivem Alltagsrassismus im Grossen wie im Kleinen.

                      Das blüht ja gerade auch wieder auf.

                      https://www.nationalgeographic.com/history/article/the-bloody-history-of-anti-asian-violence-in-the-west

                      Ist in Deutschland ja nicht so anders. In Lichtenhagen 1992 wurde eine Wohnheim von Vietnamesen angegriffen und angezündet. Nur als ein besonders bekanntes Beispiel. https://de.m.wikipedia.org/wiki/Ausschreitungen_in_Rostock-Lichtenhagen

                    • Stefan Sasse 15. Mai 2021, 09:08

                      Die Norm ist nicht, dass es keinen antiasiatischen Rassismus gibt; den kenne ich sehr gut. Die Norm ist, dass du nicht gegen alle Gruppen gleich rassistisch eingestellt bist.

                    • derwaechter 15. Mai 2021, 11:24

                      Das war mir schon klar. Es sind aber eben weitestgehend die gleichen Leute. Bei den historischen Beispielen z.B. KKK, heute z.B. white supremacist terrorists die in jüngster Vergangenheit auch für Mass Shootings gegen Asian Americans oder Latinos verantwortlich waren.

                      „Die Norm ist, dass du nicht gegen alle Gruppen gleich rassistisch eingestellt bist.“ Liegt natürlich im Wesen des Rassismus, wo Rassen nach Wertigkeit sortiert werden.

                      Aber den weissen Rassisten der Schwarze hasst aber Asiaten oder Latinos ganz toll findet halte ich definitiv nicht für die Norm.

                    • Stefan Sasse 15. Mai 2021, 13:29

                      Viele Rassisten haben so eine Lieblingsdemographie, die sie als „gute Fremde“ framen und als Verteidigung gegen den Rassismusvorwurf nutzen können. Gerade in den USA sind die Schwarzen eine Kategorie für sich, auch rechtlich schon immer gewesen. Die ganzen rassistischen Gesetze richteten sich meist gegen Schwarze, spezifisch.

                    • derwaechter 15. Mai 2021, 14:39

                      Man muss da sehr aufpassen, den Rassismus gegen andere Ethnien nicht zu relativieren bzw klein zu reden, weil es schwarze Amerikaner besonders hart trifft.
                      Auch wenn sich vieles natürlich hauptsächlich gegen Schwarze richtet.

                      Die ganze anti-Migranten Politik (ICE, border wall, children in cages etc), oder auch die antichinesische Politikk und Rehtorik (China virus) haben mindestens mal rassistische Unteröne, jedoch mit Schwarzen gar nichts zu tun.

                    • Stefan Sasse 15. Mai 2021, 16:20

                      Ich glaube, wir reden aneinander vorbei. Ich will keinesfalls argumentieren, dass Rassismus nicht alle ethnischen Gruppen trifft. Was ich aufzeigen will ist nur, dass einer bestimmten Gruppe oder gar Individuen einer Gruppe gegenüber keinen Rassismus zu zeigen keine hinreichende Bedingung für nicht rassistisch sein ist.

                    • Floor Acita 15. Mai 2021, 15:05

                      @derwaechter

                      Alles richtig, aber es ging ja darum, ob Mitch McConnel (nicht) Rassist sein kann (wissen tun wir das alle nicht) weil er mit Elaine Chao verheiratet ist. Und da sehe ich tazsächlich keinen Zusammenhang.

                      Erstens ist Elaine Chao selbst politisch keine Unbekannte in Amerika, aber das nur am Rande erwähnt. Aber vor allem schliesst Rassismus gegen Asiaten ja nicht aus, dass Asiaten selbst oder gar deren (weisse) Lebensgefährten Rassisten gegen Schwarze sind?

                      George Zimmermann ist auch bspw Latino (‚they’re bringing their drugs, their crime and some, I suppose, are good people‘) und hat Trayvon Martin erschossen. Auch einige der cops in den medienwirksamsten rassistischen Übergriffen auf Schwarze waren nicht-weiss…

                    • derwaechter 15. Mai 2021, 16:41

                      Oh ja, da sind wir uns einig.
                      Sagen wir es ist ein Indiz.

                    • derwaechter 15. Mai 2021, 16:45

                      @Floor Acita

                      Stimmt

                      Und nicht wenige der Angriffe auf Asian Americans gingen von Schwarzem aus.

                      Rassismus scheint ziemlich universal in allen Gruppen zu existieren.

                    • Stefan Sasse 15. Mai 2021, 19:02

                      Warum sollte da auch jemand immun sein? Das ist etwas, das Gesellschaften sich abtrainieren müssen. (Nachdem sie es ihren Kindern antrainiert haben.)

                    • Floor Acita 15. Mai 2021, 17:24

                      @derwaechter

                      Es ist ein grosses Missverständnis, dass es bei Rassismus in erster Linie um Schuld geht – es geht um Verantwortung (in die Zukunft gerichtet). Es geht nicht um die Täter, sondern die Opfer. Bestimmte Gruppen sind stärker betroffen als andere, das macht die anderen zu Privilegierten, zu Nutzniessern, ob sie das wollen oder nicht. Schuldig oder nicht, verantwortlich sind sie aufgrund der grösseren Handlungsspielräume und weil Rassisten in deren Namen oder zumindest zu deren Gunsten handeln. Eine Verpflichtung insbesondere Weisser (als am wenigsten von Rassismus, insbesondere institutionellem Rassismus) zur Bekämpfung des Rassismus aus diesem/n Privileg/ien abzuleiten ist m.E. weder ein Schuldeingeständnis noch Ausdruck von ‚white guilt‘ etc.

                    • Erwin Gabriel 28. Mai 2021, 10:39

                      @ Floor Acita 15. Mai 2021, 17:24

                      Es ist ein grosses Missverständnis, dass es bei Rassismus in erster Linie um Schuld geht – es geht um Verantwortung (in die Zukunft gerichtet). Es geht nicht um die Täter, sondern die Opfer.

                      Ganz ehrlich, über diesen Unterschied habe ich noch nie nachgedacht. Werde ich tun müssen.

                      Wieder was mitgenommen. Danke für diesen Blickwinkel!

                      Viele Grüße
                      E.G.

                    • Stefan Sasse 28. Mai 2021, 13:13

                      Dafür liebe ich dieses Blog.

                    • Floor Acita 28. Mai 2021, 14:39

                      @ErwinGabriel

                      Ich Danke Ihnen & schliesse mich Stefan an!

  • Stefan Pietsch 12. Mai 2021, 16:48

    3) Linke Tagträume über den Weltfrieden

    Ich denke Du siehst das sehr mit einer rosa-grünen Brille (schreckliche Farbe, by the way). Habeck, der sich in den vergangenen vier Jahren sehr politisch nach links orientiert hat, hatte sicher nicht im Sinn, die Option Grün und zweimal Rot ein Stopp-Schild zu verpassen. Wenn, dann wäre es ein enorm einfältiger Versuch gewesen. Gut, Habeck ist Einfalt zuzutrauen. Denn der Unklare aus dem Norden hat zu einer Unzeit das Thema einer für so manchen Grün-Anhänger Schreckensbild wieder tagesaktuell gemacht. Das Signal ist nicht, mit denen geht es nicht, sondern die wollen prinzipiell. Wie so oft zählt die erste Botschaft, nicht das Nachgeschobene.

    Ist die NATO für die meisten Deutschen noch ein so gr0ßes Thema? Vor 40 Jahren, ja. Heute? Was würde fehlen, gäbe es das Verteidigungsbündnis nicht mehr? Es geht doch tatsächlich um einen amerikanischen Schutzschirm auf einer zuverlässigen Vertragsgrundlage. Insoweit hat das der Populist Donald Trump durchaus richtig benannt. Doch wer Schutz will, muss auch dafür bezahlen.

    Über kurz oder lang kommen die übrigen Mitgliedsstaaten nicht um die Frage herum, was man noch mit der NATO anfangen will. So wie jetzt ergibt sich tatsächlich nur eingeschränkt Sinn. Jedenfalls nicht genug, um daran eine Regierungskoalition scheitern zu lassen. Das nennt sich dann Realpolitik.

    6) „Wissenschaft ist keine Demokratie“ (Interview mit Mai Thi Nguyne-Kim)

    Thema Cancel Culture: zu welchen absurden Auswüchsen das führt, ließ sich in der vergangenen Woche anhand eines einzigen Themas ermessen, das gleich 3 Personen Ansehen, wirtschaftliche Grundlage und Job kostete. Erst schreibt der ehemalige Nationaltorhüter Jens Lehmann zu nächtlicher Stunde eine WhatsApp-Nachricht privater Natur, in der er den ehemaligen Fußballprofi Dennis Aogo in einem misslungenen Wortspiel zum „Quoten-Schwarzen“ erklärt. Die private, fehlgeleitete Nachricht wird bundesweit binnen Minuten verbreitet und kostet Jens Lehmann binnen Stunden den Aufsichtsratsposten beim Bundesligaclub Hertha BSC. Darüber hinaus wird er bis auf unbestimmte Zeit in allen Sendungen gecancelt. Aogo, der das Ganze ausgelöst hat, findet am Folgeabend als Experte von Sky etwas befremdliche Worte über die Trainingsmethoden beim englischen Premier League-Verein FC Chelsea und redet davon, es würde dort „bis zum Vergasen“ gearbeitet. Stunden später nach einem Shitstorm im Netz (nicht in der Sendung!) ist auch er seine Anstellung los, derzeit sein wichtigstes Engagement.

    Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer meint ein populäres Thema gefunden zu haben. Er zitiert aus einer nicht autorisierten Facebook-Post, wonach besagter Aogo, der sich als „Quoten-Schwarzer“ beleidigt fühlte, einer unbekannten Dame angeboten hatte sein nicht näher, aber rassistisch unterlegtes primäres Geschlechtsteil zeigen zu wollen. Palmer fand anscheinend an der Wortwahl Spaß und an dem zielsicheren Aufruhr ebenfalls. Die vermeintliche Begriffsstutzigkeit der Empörten, die weder das Zitat noch die Ironie erkennen mochten, amüsierte ihn bis zu jenem Punkt, wo wieder binnen Stunden ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn eingeleitet wurde.

    Man sieht schon: allein die zeitliche Abfolge deutet an, dass wir in einer Zeit leben, wo es erst um Kopf-ab geht, bevor man selbst den eigenen bemüht. Und das soll keine Cancel Culture mit erheblichen persönlichen Auswirkungen sein?

    9) Die Ich-Unternehmer

    Als Liberaler ist man da relaxter, was zeigt, der Liberalismus hat in der neuen McCarthy-Ära keine Konjunktur. Auf der einen Seite hat die Grünen-Führung ein grundsätzliches Problem mit dem sehr populären Enfant terrible Palmer, der so oft Dinge sagt, bei der die Basis Schnappatmung bekommt angesichts ihrer eigenen Lebensferne. Und auf der anderen Seite hat die gleiche Führung nicht das geringste Problem, wenn die eigene Parteijugend und Funktionäre mit grünem Bannerträger hinter gewaltbereiten Linksextremisten herlaufen. Oder wenn die exponierte Parteivertreterin Louisa Neubauer zur besten Sendezeit im deutschen Fernsehen haltlose Antisemitismus-Vorwürfe gegen den CDU-Direktkandidaten Maaßen losschleudert, sich aber auch nach Tagen weigert, Beweise zu liefern. Rufmord geht vor, alles andere klären wir hinterher. Das ist mit Grünsein durchaus vereinbar.

    • Stefan Sasse 12. Mai 2021, 17:48

      3) Die NATO ist kein großes Thema für die Bevölkerung, nein, aber für die LINKE ist es ein Riesenthema (und ihre Wähler*innen) und das Bekenntnis zur NATO ist die sine qua non deutscher Regierungsbeteiligung.

      6) Ich hab mich schon oft genug dagegen ausgesprochen, Leute zu feuern, weil sie dumme Kommentare machen. Von daher argumentiere ich sicher nicht für den Jobverlust Lehmanns.

      9) Die Vorwürfe sind nicht haltlos. Neubauer hat Recht. Maaßen ist ein Rechtsradikaler. Die mangelnde Distanz von Konservativen und Liberalen ist erschreckend.

      • Stefan Pietsch 12. Mai 2021, 17:58

        3) Sicher. Nur warum, das wissen wir längst nicht mehr.

        6) Mir geht es vor allem darum, welch absurde Kreise das gezogen hat. Dass Lehmann das Aufsichtsratsmandat bei Hertha BSC entzogen bekommen hat, konnte ich absolut nachvollziehen. Doch damit hätte es sein Bewenden haben sollen.

        9) Maaßen mag sehr nach am rechtsradikalen Rand sein. Das bezweifle ich nicht. Doch Antisemitismus ist etwas anderes. Und den Vorwurf wie eine Dreckschleuder rauszuschleudern, setzt Neubauer auf eine sehr niedrige Ebene. Den letzten Satz hättest Du Dir sparen können.

        • Stefan Sasse 12. Mai 2021, 18:28

          3) Warum was? Es eine conditia sine qua non ist? Und meinst du das im Sinne einer Frage politischer Bildung, oder weil du denkst dass das nicht mehr so sein sollte?

          6) Jupp, wie immer. 🙁

          9) Der Vorwurf, antisemitische Inhalte zu teilen, ist absolut gerechtfertigt. Siehe u.a. hier: https://twitter.com/mrHugendubel/status/1392128153196417026

          • Stefan Pietsch 12. Mai 2021, 19:22

            3) Hey, Junge, ich habe das große Latinum. Ich halte die NATO wie die EU für gute und sinnvolle Institutionen. Aber: so wie bisher funktionieren sie nicht mehr. Machen wir so weiter, wird die Sinnhaftigkeit anders gestellt werden.

            Natürlich soll Deutschland in der NATO bleiben. Das ist meine unzweifelhafte eigene Position. Aber Trump hat ziemlich schmerzhaft den Finger in die Wunde gelegt. So wie das Populisten machen. Sie haben zwar keine Lösungen, aber einen Riecher für das, was nicht stimmt.

            9) Echt, Stefan, jetzt geht’s aber runter: Ein Tweet von einer nichtssagenden Person, um eine andere Person medial zu vernichten. Zumal in dem Tweet auch nichts Genaues drinsteht. Peinlich war ja schon, wie die „Moderatorin“ Anne Will der FFF-Aktivistin beisprang, statt kritisch zu hinterfragen. Doch die Meinungsmacherin toppte das noch, in dem sie am Montag auf die Seite Union-Watch verlinkte, die alles rechts von der Linkspartei als recht und rechtsextremistisch einstuft, ohne große Unterschiede. Das ist anscheinend heute das Niveau, Belege beizupacken.

            Nein, man kann Maaßen vieles nachsagen. Dass er ein Antisemit sei oder antisemitisches Gedankengut teile, gehört bisher nicht dazu. Und da müssen sich die Gutmenschen mal an ihren eigenen Maßstäben messen lassen. Aber das tut nicht nur einem Habeck weh.

            Ach so: wenn FFF aktuell mit der Terrororganisation Hamas sympathisiert und gemeinsam mit BDS (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen) dazu aufruft, den Staat Israel zu schädigen, dann rührt sich Frau Neubauer nicht angesichts des Antisemitismus in ihrer eigenen Bewegung. Fällt halt schwer, sich manchmal im Spiegel zu betrachten, lieber schmeißt man mit Dreck auf andere.

            • CitizenK 12. Mai 2021, 20:30

              Etwas mehr Differenzierung dürfte schon sein:
              Naomi Klein ist nicht FFF und Greta Thunberg hat offenbar deren Tweet nicht genau gelesen.
              https://web.de/magazine/politik/greta-thunberg/greta-thunberg-stellt-tweet-israel-35805228

              • Stefan Pietsch 12. Mai 2021, 20:44

                Wieso meinen Sie interpretieren zu müssen, was eine öffentliche Person gelesen hat? Ansonsten hätte sie ja ein paar Tage Zeit gehabt, ihre Position zu korrigieren.

                • CitizenK 12. Mai 2021, 21:14

                  Ich schließe das aus dem verlinkten Dementi. Wenn sie „nicht gegen Israel“ ist, kann sie nicht für BDS sein, dessen Ziel die Zerstörung des Judenstaates ist.

                  Im Übrigen bin ich mit Ihrer Einschätzung d’accord, dass die Reaktionen im Fall Lehmann maßlos sind. Bei Palmer allerdings nicht: Er wäre damit trotz aller sonstigen Verdienste auch aus einem Unternehmen geflogen. Dass die Grünen sich mit einem Ausschluss-Verfahren keinen Gefallen tun, steht auf einem anderen Blatt.

                  • Stefan Pietsch 12. Mai 2021, 21:36

                    Warum verlinkt FFF dann BDS und Paliroots?

                    Ich zähle Aogo genauso dazu. In allen drei Fällen war die Wortwahl (völlig) daneben. Aber der Fall Lehmann war privat und sehr persönlich. Und darauf haben auch Personen des öffentlichen Interesses Anrecht. Aogo hat eine Formulierung gewählt, die zwar sehr negative Assozationen weckte, an dem sich aber die Studiokollegen nicht störten. Dumm, aber so schlimm, jemanden auf lange Zeit auszuschließen?

                    Ja, Palmer ist ein Provokateur. Das macht aber auch seinen Charme aus. Das müssen Parteien aushalten, das ist ihre wesentliche Aufgabe: einzuschließen, nicht auszugrenzen. Darauf zielte ja auch benvanites provokante Frage. Ob jemand immer und überall meine Positionen teilt oder auch mal etwas Dummes sagt, entscheidet doch nicht darüber, ob wir gemeinsame Werte und Überzeugungen teilen.

                    Ich habe in meinem Leben schon einiges Dummes, oft auch Unüberlegtes gesagt, was mir schon kurz danach leid getan hat. Ich bin ein durchaus emotionaler Mensch. Ich führe seit über 20 Jahren Menschen, das heißt, ich bin mit den Dummheiten und überzogenen Reaktionen von ihnen konfrontiert.

                    Aber ich mag Menschen. Ich kann Verhaltensweisen einordnen. Ich muss das auch, das gehört zur Menschenführung unabdingbar dazu. Es kommt jedoch nie vor, dass ich jemanden wegen Dummheiten abgemahnt hätte. Und entlassen nur in wenigen Fällen, wo sie sehr schädliche Auswirkungen auf ihre Kollegen und Mitarbeiter hatten. Nicht zu mir und nicht zu anderen Vorgesetzten. Führung bedeutet, Menschen beeinflussen zu können.

                    Das müssen manche noch lernen. Unter anderem Baerbock und Habeck.

                    • Stefan Sasse 12. Mai 2021, 22:23

                      Es müssen merkwürdigerweise immer die Provokationen ausgehalten werden, die dir reinlaufen, während Provokationen, die du ablehnst, ganz schrecklich sind.

                    • Stefan Pietsch 12. Mai 2021, 22:40

                      Du bist ein bisschen suchen müssen, um Beispiele zu finden. Ich meine, da bin ich meinungstoleranter als ihr Linken. 🙂

                    • Stefan Sasse 13. Mai 2021, 10:39

                      Ich fürchte, da redest du dir was ein.

                    • Stefan Pietsch 13. Mai 2021, 11:31

                      Wie gesagt, Beispiele wären nett gewesen.

                    • Stefan Sasse 13. Mai 2021, 12:33

                      Du hast im verlinkten Thread eine Tonne bekommen. Die wischst du einfach beiseite.

                    • Stefan Pietsch 13. Mai 2021, 12:57

                      Eine Tonne? Da schreibt ein Max Hugendubel:

                      Die Eckpunkte: Vermögenskonzentration, Verfall von Rechtsstaat und Kultur, Kriminalität.
                      Schuld: Finanzkapital und Migration. So weit, so böse, so bekannt. Aber es ist nicht nur „Migration“ als vages Topos.

                      Echt beeindruckend. So etwas geht heute als Beweisführung durch. Tweets, unbekannte Schreiber neben Claqueuren. Mit so was wäre ich seinerzeit von der Uni geflogen. Heute bekommt man dafür Sendezeit.

                      Wenn ein Fraktionsvorsitzender im Namen seiner Partei Eigenheime hochbedenklich findet und im nächsten Satz meint, das Verbot von Eigenheimen in Hamburg und andernorts sinnvoll sei, dann wollen die Grünen Eigenheime natürlich nicht verbieten. Wenn ein Politiker aber das Wort „Globalist“ in den Mund vulgo Tastatur nimmt, dann zeigt er damit seinen Judenhass. The Globalist ist dann also eine antisemitische Seite? Verstanden.
                      https://www.theglobalist.com/

                  • Floor Acita 13. Mai 2021, 17:12

                    „für BDS sein, dessen Ziel die Zerstörung des Judenstaates ist.“

                    Können Sie mir hier eventuell ein paar Dokumente von BDS verlinken in denen das gefordert wird? Ich hatte es bisher mehr als eine Kritik an den konkreten Besatzungen gesehen, es werden / sollen ja soweit ich weiss zB bewusst keine Produkte boykottiert werden, die auf unumstritten israelischem Staatsgebiet hergestellt werden? So hatte ich es bisher zumindest immer verstanden…

                    • Stefan Pietsch 13. Mai 2021, 17:34

                      Der Wikipedia-Eintrag beginnt damit:
                      Boycott, Divestment and Sanctions („Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen“, abgekürzt BDS) ist eine transnationale politische Kampagne, die den Staat Israel wirtschaftlich, kulturell und politisch isolieren will, um ihre im Jahr 2005 beschlossenen Ziele durchzusetzen
                      https://de.wikipedia.org/wiki/Boycott,_Divestment_and_Sanctions

                      Der Bundestag selbst beurteilte 2019 BDS als antisemitisch. Tiefer war meine Forschung zugegebenermaßen nicht, aber ich halte das dann für seriös.

                      Die BDS-Kampagne zielt für einige britische Politikwissenschaftler eindeutig auf Israels Isolation und Delegitimation. Deren Vertreter setzten Zionismus mit Rassismus gleich, deuteten die Sperranlagen als Beweis für Segregation zwischen Juden und Palästinensern und verkennten die reale Situation der arabischen Israelis. Das Rückkehrrecht für alle Palästinenser würde diesen eine Mehrheit verschaffen, Israel seines jüdischen Charakters berauben und zu seinem Untergang führen. BDS sei daher als antizionistische Organisation mit dem Ziel der Zerstörung Israels zu beschreiben.
                      https://de.wikipedia.org/wiki/Boycott,_Divestment_and_Sanctions#Wissenschaftliche_Debatte

                      BDS ruft gleich auf seiner Homepage zum umfangreichen Boykott des israelischen „Apartheid-Regimes“ auf. Und endet:
                      Join a BDS campaign or a strategic Palestine solidarity group near you to act collectively and effectively.
                      https://bdsmovement.net/

                      Das ist die Bewegung, mit der sich FFF und Greta Thunberg gemein machen. Das ist doch ein paar Klassen heftiger als das, was Frau Neubauer Maaßen („Globalist“) vorwirft.

            • bevanite 12. Mai 2021, 20:35

              Haha, das lese ich erst, nachdem ich weiter unten kommentiert habe, kommt aber nicht überraschend. Inwiefern haben FFF mit der Hamas „sympathisiert“? Ist das wiederum nicht eher eine Fehlinterpretation Ihrerseits? Und BDS kann man sicher vieles vorwerfen (persönlich würde ich ihnen auch keine Plattform geben), sie sind unbestritten rabiat antizionistisch – aber da dort mitunter auch Gruppierungen wie Jewish Voice For Peace oder B’Tselem involviert sind, finde ich die Bezeichnung „antisemitisch“ doch etwas fragwürdig. Ich gehe jede Wette ein, dass Sie die gleichen Punkte nicht einem CDU- oder FDP-Politiker vorwerfen würden.

              • Stefan Pietsch 12. Mai 2021, 20:52

                Gut, Sie ordnen ja schon BDS als antizionistisch ein. FFF hat gerade auf seinem Instagram-Kanal einen Beitrag von Paliroots geteilt. Das Logo von Paliroots zeigt eine Karte von Israel inklusive des Gazastreifens und der Westbank in den palästinensischen Farben – ein Hinweis darauf, dass die Organisation das Existenzrecht des Staates Israel nicht anerkennt.

                Sie unterschätzen mich. Ich bin sehr stark pro-Israel und pro Juden eingestellt. Da mache ich keine Abstriche.

                P.S.: Ich sympathisiere nicht mit der Union.

            • Stefan Sasse 12. Mai 2021, 22:20

              3) Lol, ich fragte nicht ob du weiß was das ist sondern ob du es in Frage stellst 😀

              9) Maaßen teilt antisemitischen Scheiß. Ob er selbst Antisemit ist kann niemand sagen, weil wir nicht in Köpfe schauen können. Ist aber auch egal.

        • Floor Acita 13. Mai 2021, 17:07

          9)
          „Meron Mendel ist seit 2010 Direktor der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main. Er ist promovierter Pädagoge und Mitherausgeber mehrerer Bücher. Die Bildungsstätte Anne Frank bietet bundesweit Seminare für Jugendliche und Erwachsene an, um für Antisemitismus, Rassismus und andere Formen der Diskriminierung zu sensibilisieren.

          ZEIT ONLINE: Herr Mendel, bei Anne Will warf die Klimaaktivistin Luisa Neubauer dem ehemaligen Verfassungsschutzchef und Thüringer CDU-Bundestagskandidaten Hans-Georg Maaßen die Verbreitung antisemitischer Inhalte vor. Stimmen Sie ihr zu?

          Meron Mendel: Ja. Maaßen bedient antisemitische Verschwörungsmythen. Aus meiner Sicht tut er das ganz bewusst. […]“

          https://www.zeit.de/gesellschaft/2021-05/meron-mendel-antisemitismus-sprache-luisa-neubauer-hans-georg-maassen

    • bevanite 12. Mai 2021, 20:05

      Das mit Lehmann hat nun wahrlich nichts mit dem vagen Gespenst der „Cancel Culture“ zu tun – es wurden auch schon Leute aus weit weniger relevanten Gründen entlassen, z.B. weil sie ein paar Minuten zu spät auf Arbeit erschienen oder weil sie sich nicht an den Dress Code hielten. Ich habe in sehr vielen Call Centern gearbeitet und habe da schon atemberaubende Sachen erlebt oder von Mitarbeitern aus ihren früheren Arbeitsstätten erfahren. Im Falle Lehmanns war es einfach ein verdammt blödes Statement, das eben nicht einfach nur bescheuert war, sondern sich auch negativ auf das Betriebsklima von Hertha auswirken könnte – oder was glauben Sie, wie sich dunkelhäutige Angestellte beim Verein dort nun fühlen? Da ist es nachvollziehbar, die Notbremse zu ziehen. Für Lehmann ist das nun wahrlich kein massiver wirtschaftlicher Schaden. Enttäuscht bin ich nur menschlich von ihm, hat er doch damals beim FC Arsenal in einer legendären Mannschaft gespielt, in der viele dunkelhäutige Spieler nicht nur die entscheidenden Leistungsträger waren, sondern zeitweise zu den besten ihrer Zunft gehörten.

      Und Palmer gefällt sich einfach in seiner neu gefunden Rolle als ehrenamtlicher Troll. Sowas ist jenseits des 18. Lebensjahres einfach nur peinlich, in seinem Amt als Oberbürgermeister aber auch hochgradig lächerlich. Ich habe den Eindruck, dass es ihm nur noch darum geht, zur „self-fulfilling prophecy“ zu werden. Wenn Bündnis ’90/Grüne ihn nun zu Recht rausschmeißen – irgendwann führt kein Weg mehr daran vorbei, wenn seine Positionen sich immer weiter vom Parteiprogramm entfernen (Sie hätten bestimmt auch Probleme mit einem FDP-Mitglied, das einen Mindestlohn von 20 Euro und Mitarbeiterbestimmung auf allen geschäftlichen Ebenen verlangt) – dann wird er sich wieder als das arme Opfer inszenieren, nach dem Motto: „told you so!“. Insofern eine Lose-Lose-Situation für die Partei. Das Timing passt allerdings auch verdächtig gut zur Buch-Veröffentlichung von Wagenknecht (ich tippe auf eine Parteineugründung nach den Bundestagswahlen).

      Ansonsten habe ich das Gefühl, dass Sie selber gerne unter der Gürtellinie gegen die Grünen und Linken austeilen, aber nicht akzeptieren, wenn in Ihrem eigenen Lager Rassismus und Antisemitismus an die Oberfläche gelangen. Maaßen hat da ja nun auch schon eine gewisse Vorgeschichte. In diesem Fall ging es um seine Aussagen zum „Globalismus“ (alter Wein in neuen Schläuchen: frühere Rechtsextremisten nannten es Kosmopolitismus) und seinem Verbreiten von antisemitisch angehauchten Verschwörungstheorien. Ich gehe jede Wette ein, dass Sie einem Linken, würde er solche Sachen raushauen, ohne Zögern Antisemitismus unterstellen würden (was dann auch gerechtfertigt wäre). Warum nehmen Sie Maaßen in Schutz?

      • Stefan Pietsch 12. Mai 2021, 20:42

        Lehmann hat ja nicht nur den Aufsichtsratsposten verloren. Die Fernsehsender Sky und Sport1 haben ebenfalls jede Zusammenarbeit aufgekündigt, sein Heimatverein hatte ihm nach Meldungen Hausverbot erteilt. Dabei ging es zum einen um einen privaten Kommentar, nicht öffentlich, zum anderen war durchaus erkennbar, dass Lehmann ein Wortspiel betreiben wollte. Er ist gegenwärtig so geächtet wie der Ex-Kollege, auf dessem Handy kinderpornographisches Material gefunden wurde. Eine solche Gesellschaft ist maßlos in ihrem Urteil.

        Boris Palmer ist in vielem ein Vorzeige-Grüner, vor allem in den Kernkompetenzen. Die Stadtgestaltung (ich war vor einigen Wochen dort) ist vorbildlich, in vielen Bereichen ist das Auto als Verkehrsmittel verbannt. Fahrräder sind allgegenwärtig. Die Stadt bekämpft vehement Immobilienspekulation. Dabei habe ich noch nicht seine Politik während der Pandemie angesprochen, von deren Anerkennung die Grünen imagemäßig stark profitierten. Aber: Palmer repräsentiert auch jene Bürger, die nicht Grüne wählen. Das scheint dann für einige doch inakzeptabel zu sein. Gerade die Gemeinden ächzten unter dem Ansturm von Migranten 2015/2016. Verantwortliche Politiker, die keine eigene Gesetzgebungskompetenz in Fragen besitzen, deren Auswirkungen sie zu tragen haben, haben die Pflicht, Fehlentwicklungen zu thematisieren.

        Ich habe kein Problem mit Parteifreunden, die für einen Mindestlohn streiten. Der Kern des Liberalismus zeigt sich in anderen Dingen, nicht in einzelnen politischen Positionen. Genau deswegen bin ich so überzeugt liberal. Sie sollten mein Niveau nicht so niedrig hängen dass sie meinen, solche, durchaus aus wirtschaftsliberaler Sicht seltene Positionen, würden mich erschüttern.

        Maaßen gehört zu einigen, aber ganz sicher nicht in „mein“ Lager. Das tut er so wenig wie Sahra Wagenknecht. Grüne und Linke (so wie auch Frau Merkel und andere) stehen meinen grundliberalen Überzeugungen diametral entgegen. Das attackiere ich.

        Was Neubauer in der Sendung gemacht hat, war Rufmord. Nichts anderes. In jedem Unternehmen bekämen Sie mit solchen Unterstellungen – und darum handelte es sich, sie konnte ihre Vorwürfe ja kein bisschen begründen – ziemlichen Ärger bis hin zum Rausschmiss. Im deutschen Fernsehen sind Gäste (oder Gästinnen?) schon aus Sendungen geflogen, als sie das Wort „Autobahn“ in den Mund nahmen.

        Frau Neubauer sollte ihre Maßstäbe an ihre eigene Organisation anlegen. Dann müsste sie zuerst ihre Partnerschaft mit Greta Thunberg auflösen.

        • Dobkeratops 13. Mai 2021, 09:03

          Was Neubauer in der Sendung gemacht hat, war Rufmord.

          Was Neubauer gemacht hat, war das korrekte Benennen von Fakten. Maaßen hat Inhalte von antisemitischen Seiten geteilt. Das ist durch seine Twitter-History hinreichend belegt.

          Ob er selbst Antisemit ist, kann, wie Stefan Sasse weiter oben korrekt feststellt, niemand wissen. Das hat aber meines Wissens auch Frau Neubauer nicht behauptet.

          Nun ist es natürlich möglich, dass er diese Inhalte arglos geteilt hat ohne vom Hintergrund der Seiten, von denen sie stammen, zu wissen, und dass er die ganzen Dogwhistles ständig benutzt, ohne deren Bedeutung zu ahnen. Ich halte beides allerdings bei einem ehemaligen Verfassungsschützer für reichlich unwahrscheinlich.

          • Stefan Pietsch 13. Mai 2021, 10:13

            Sie haben offensichtlich eine andere Sendung gesehen. Auf mehrmalige Nachfrage von Laschet konnte Neubauer weder konkrete Aussagen, Zitate, Wortwahl noch Quellen benennen. Möglicherweise wusste sie ihre Hauptquelle noch, die hätte aber nicht für sie gesprochen, sondern (wie einen Tag später bei Will) sie unmöglich gemacht. Die Moderatorin selber begnügte das Publikum ja damit, die Belege liefere man nach. Mit anderen Worten: erst kräftig ein paar raushauen und dann sich verkrümeln. Will hielt sich damit nicht an die Regeln journalistischer Unparteilichkeit noch des Faktenchecks.

            Da Sie eine andere Sendung gesehen haben, liefern Sie doch bitte den Link und die Minute, auf die Sie sich beziehen.

            • Dobkeratops 13. Mai 2021, 11:35

              Auf mehrmalige Nachfrage von Laschet konnte Neubauer weder konkrete Aussagen, Zitate, Wortwahl noch Quellen benennen.

              Das hätte auch wenig Sinn ergeben, denn es ging nicht um konkrete einzelne Tweets, sondern um den Gesamteindruck, den Maaßens Twitteraktivitäten im Kontext vermitteln. Hätte sie Maaßens Twitter-History ausgedruckt dabeihaben sollen?

              Man kann sich natürlich gern dummstellen und darauf beharren, dass jeder einzelne (Re-)Tweet für sich unproblematisch ist, selbst wenn er mal auf eine Seite verlinkt, die von einem Holocaustleugner betrieben wird. Dass aber Maaßen als jemand, dessen ehemaliger Job es war, über exakt diese Dinge bescheid zu wissen, nicht bewusst ist, wessen Inhalte er teilt oder wie seine Formulierungen bei seinen Lesern ankommen, ist trotzdem reichlich unglaubwürdig.

              Bleibt bevanites berechtigte Frage: Warum nehmen Sie ihn in Schutz? Feind-meines-Feindes-Reflex, weil Neubauer ein rotes Tuch für Sie ist?

              • Stefan Pietsch 13. Mai 2021, 12:17

                Neubauer hatte offensichtlich schon vor der Sendung vorgehabt, das Faß aufzumachen. Sie war also sehr wohl vorbereitet, im Gegensatz zu den anderen Gästen und der „Moderatorin“. Fakt ist, es gibt keine konkreten Aussagen oder Sympathiebekundungen Maaßens für antisemitische Gedankengut. Die Verwendung des Begriffs „Globalisten“ – imerhin noch der stärkste Vorwurf, allerdings von Neubauer gar nicht erwähnt – kann man so deuten, muss man aber keineswegs.

                Vor einiger Zeit hatten wir hier Diskussionen, ob Jeremy Corbyn, immerhin Sympathisant von Hamas, ein Antisemit sei. Die Parteigänger des Linken bestritten das. Da zählte schon gar nicht der Gesamteindruck, den Sie hier einfach mal einführen. Angesichts der Schwere des Vorwurfs kommt es sehr wohl auf Präzision an. Ich lasse mich auch nicht zum Rechtsextremisten stempeln, weil ich eine klare Steuerung von Migration und konsequente Abschiebungen präferiere.

                Tatsächlich hat Neubauer vor allem einiges über sich selbst enthüllt, dass sie sich nämlich eher auf obskuren linken Seiten rumtreibt, wo man nur Nazis, Rechtsextremisten und Klimaleugner sieht.

                So geht es nicht Leute!

                • Stefan Sasse 13. Mai 2021, 12:34

                  Noch alberne Vorwürfe kannst du dir nicht mehr überlegen, oder?

                  • Stefan Pietsch 13. Mai 2021, 13:02

                    Ich habe in den letzten Tagen in einigen Medien über angebliche antisemitische Äußerungen Maaßens nachgelesen. Das Ergebnis ist immer das Gleiche: die Vorwürfe kommen von eben linksextremistischen Seiten, die Bemerkungen auf rechtsradikalen Seiten aufgeschnappt und gedeutet haben. Sachen also, die ein seriöses Medium so nicht angefasst hätte. Deswegen findest Du bis heute keine solche Beweisführung oder nur handfeste Belege.

                    Also weiß ich, wo Neubauer sich so in ihrer verfügbaren Zeit herumtreibt. Nicht dort, wo ich lese.

                  • Stefan Pietsch 13. Mai 2021, 13:08

                    Wenn Annalena Baerbock in einem gemütlichen Sit-in mit dem Israel-Verächter und Blogger Thilo Jung den Bruch des Völkerrechts vorwirft und keine U-Boote liefern will, ist sie vielleicht auch Antisemitin? Und wenn sie jetzt von einer „Gewaltspirale“ redet, wo ein demokratischer Staat massiv von einer Terrororganisation angegriffen wird? Oder einfach hemmungslos naiv?
                    https://www.youtube.com/watch?v=v5ubWA7ThbE&t=160s

                    • Stefan Sasse 13. Mai 2021, 13:42

                      Hat Anna-Lena Baerbock insinuiert, eine jüdische internationale Elite würde die große Umvolkung planen? Nein? Dann wohl nicht. Kritik am Staat Israel kann man treiben. Ich stimme ihr da nicht zu, aber das macht einen nicht antisemitisch. Nicht, dass es auf der Linken nicht genug Antisemitismus gäbe, wir hatten das schon oft genug, Stichwort Jeremy Corbyn. Deine Blindheit bei diesem Thema nach rechts ist allerdings bemerkenswert. Und das ist explizit kein Vorwurf an dich, antisemitisch zu sein oder Sympathie in die Richtung zu empfinden; deine Abneigung gegen Neubauer und Baerbock sind es, die dich hier blenden.

                      Nachtrag: SOLCHE Grüne muss man angreifen: https://twitter.com/alin_altuntov/status/1392542420504559624

                    • Stefan Pietsch 13. Mai 2021, 14:36

                      Hat Anna-Lena Baerbock insinuiert, eine jüdische internationale Elite würde die große Umvolkung planen?

                      Hat das Maaßen? Durch welche konkrete Äußerungen? Wo? Oder doch nicht?

                      Kritik am Staat Israel kann man treiben.

                      Kann man. Muss man nicht, schon gar nicht, wenn es so ansatzlos geschieht. Und schon gar nicht sollte man es als Möchtegern-Kanzlerin von Deutschland. Zumindest in dem Punkt war Angela Merkel immer ganz klar. Und auch der sonst zaudernde Armin Laschet. An Israels Seite zu stehen ist deutsche Staatsräson. Ansonsten kann man sich in linken Blogs das Maul zerreißen, nur um das Amt des Bundeskanzlers, dem Nachfolgestaat jenes mörderischen Regimes, das sechs Millionen Juden ermordet hat, gehört es sich nicht. Punkt und Ausrufezeichen.

                      Es sind ja auch immer schön die Kritiker an Israels Politik, die weder in dem Land gewesen sind, noch je mit Juden gearbeitet oder gelebt, noch Hebräisch sprechen oder sonstwie Erfahrungen mit dem Land gemacht haben. Wir jammern, wenn hier ein Virus ein paar Menschen hinraffen könnte und wollen alles abriegeln. Und gleichzeitig fehlt diesen Leuten jedes Gefühl dafür, was es bedeutet, wenn binnen zweier Tage über 1000 Raketen auf das Land hageln und man bei jeder Busfahrt Angst haben muss, auf einen hasserfüllten Araber zu treffen, der Sehnsucht nach 72 Jungfrauen hat.

                      Und nebenbei ist des die Parteijugend jener Politikerin, die jetzt Bundeskanzlerin werden will, die mit jenen marschieren und schreien, die Israelfahnen verbrennen. Frau Baerbock, räumen Sie in Ihrem Laden auf!

                    • Stefan Sasse 13. Mai 2021, 15:44

                      Also. Die CDU muss ihren Laden nicht aufräumen, aber die Grünen. Roger. Mach ruhig so weiter. Ich versuche indessen, meine Maßstäbe nach allen Seiten anzuwenden.

                    • Stefan Pietsch 13. Mai 2021, 17:24

                      Ich denke die CDU kann sich nicht darüber beklagen, nicht genügend kritisch in der Öffentlichkeit gesehen zu werden. Neubauer „Sie legitimieren antisemitische, rassistische und auch wissenschaftsleugnerische (?) Inhalte, verkörpert durch Hans-Georg Maaßen“. Dann sagte sie: „Bitte setzen Sie sich damit auseinander. Sie sollten das wissen.“ Und weiter: „„Er verbreitet antisemitische und rassistische Inhalte… von Blogs, die genau das treiben, das ist vielfach wissenschaftlich nachgewiesen“.

                      Ich warte jetzt immer noch, wo das wissenschaftlich nachgewiesen ist. Oder ist Twitter jetzt eine wissenschaftliche Einrichtung.

                      Für Juristen: wir sind hier im Bereich der Verleumdnung

                      § 187 StGB
                      Wer wider besseres Wissen in Beziehung auf einen anderen eine unwahre Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder dessen Kredit zu gefährden geeignet ist,

                      der üblen Nachrede (§ 186 StGB)
                      Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist

                      Belege lieferte Neubauer in der Sendung nicht. Nach drei Tagen ruderte sie zurück und meinte – anders als Ihr, vielleicht solltet ihr euch mal auf den aktuellen Stand bringen – sie habe nie behauptet, dass Maaßen Antisemit sei. Vielleicht hat ihr ja in der Zwischenzeit jemand gesagt, wie gefährlich ihr Gelaber in der Fernsehsendung war.

                • Floor Acita 13. Mai 2021, 18:53

                  Das ist dann aber nicht der gleiche Massstab den sie an Ilhan Omar oder hier gerade an BDS angelegt haben? Hier konnten Sie auch nur Einschätzungen, keine expliziten Zitate anführen, ich wette das geht nicht mal bei Jeremy Corbyn…

                  • Stefan Pietsch 13. Mai 2021, 19:13

                    Wieso? Ich gebe die Einschätzung seriöser Quellen wieder. Dazu zählt z.B. der Bundestag zweifellos. Nun ja, und bei Jeremy Corbyn gibt es ja Bekenntnisse, Handlungen und eben Aussagen en masse. Eine der Erklärungen, die hier als Rechtfertigung gefallen sind: das habe er ja in seiner Funktion und zur Verständigung getan und gesagt. Also, es ging dann um das Motiv, nicht das Handeln als solches.

                    Ich halte Twitter nach wie vor für kein seriöses Medium, auch wenn sie Donald Trump gesperrt haben. Jedenfalls nicht so seriös, dass ich es nicht mit spitzen Fingern anfasse. Ich habe übrigens kein Twitter-Account. Und ich halte auch Seiten wie Union-Watch für nicht seriös – ohne dass ich sie mir angesehen habe.

                    Nur der Vollständigkeit halber: ich halte auch DeliberationDaily nicht für seriös. Zwar bemühen Stefan und ich (Stefan) uns, keine falschen Aussagen zu tätigen. Aber es fehlen schlicht die Zeit und die Ressourcen, Artikel auf wissenschaftliche oder journalistische Standards zu hieven. Bemühen ja, Qualitätssicherung nein.

                    • Stefan Sasse 13. Mai 2021, 19:50

                      Die „en masse“ Belege gibt es auch für Maaßen. Nur weigerst du dich, sie zur Kenntnis zu nehmen. Warum, ist mir unklar.

                    • Stefan Pietsch 13. Mai 2021, 20:11

                      Okay, Vorschlag um das zu einem Ende zu bringen. Die lieferst 4 Belege aus seriösen Quellen, die genau Maaßens antisemitische Haltung belegen.

                      Ich liefere im Gegenzug 4 Belege aus seriösen Quellen, die genau Corbyns antisemitische Haltung belegen. Als Quellen gelten nicht Blogs und Twitter. Medien wie Economist, SPIEGEL, WELT und Forschungsinstitute, die sich wissenschaftlichen Standards unterwerfen, sind akzeptiert. Nicht aber solche Medien, die journalistische Standards nicht einhalten und sich den Regeln nicht unterwerfen. Darüber hinaus zählen Institutionen wie Bundestag und andere, die staatlicher Kontrolle unterliegen (BKA, Scotland Yard etc.).

                      Einverstanden? Dann würde ich auch anfangen, dann hast Du mehr Zeit zum suchen.

                    • Stefan Sasse 14. Mai 2021, 11:01

                      Ich weiß nicht, was das nützen soll, weil ich Corbyns Antisemitismusproblem nie bezweifelt habe, sondern ihn dafür hier im Blog oft kritisiert habe.

                      In der Zwischenzeit hab ich noch was für dich : https://t.co/lSMRFwCw43

                    • Floor Acita 13. Mai 2021, 20:12
                    • Stefan Pietsch 13. Mai 2021, 20:47

                      Akzeptiert. Es geht aber um 4 Quellen, nicht eine.

                      Die von Ihnen genannte unterliegt mehreren Handicaps zur Beweisführung. Sie referiert die Einschätzung einer Person. Sie liefert keine direkten Aussagen oder Handlungen, die Maaßen zuzurechnen sind. Und sie genügt nicht der rechtlichen Einordnung. Vor allem belegt sie noch nicht den Anspruch, den Neubauer formuliert hat und was sie beweisen muss, um strafrechtlich safe zu sein:
                      Er verbreitet antisemitische und rassistische Inhalte… von Blogs, die genau das treiben, das ist vielfach wissenschaftlich nachgewiesen,

                      Die Nutzung von Codes ist keine Verbreitung antisemitischer Inhalte, vor allem ist das wissenschaftlich nicht nachgewiesen.

                      Es ist heute natürlich leicht, jemanden anhand von Codes ein bestimmtes Gedankengut zuzuordnen. So hat Stefan mir schon gedroht, ich könnte einer Nähe zum Rechtsextremismus geziehen werden, weil ich ARD und ZDF manchmal als Staatsfunk bezeichne. So kann man sich umgekehrt natürlich auch immunisieren gegen Anwürfe.

                      Ich wusste bis vor wenigen Tagen nicht, dass Globalist als Code für den finanzkapitalistischen Juden benutzt wird. Für mich ist das Wort absolut positiv besetzt. Und das ist eben auch das Problem von Codes für diejenigen, die damit eine Botschaft transportieren wollen: Sie werden nur von jenen verstanden, die eingeweiht sind. Das reduziert aber die Wirkung von Botschaften enorm, was normalerweise das Gegenteil des Gewollten ist. Die Nazis haben die Juden offen und klar für alles Elend verantwortlich gemacht und damit ein ganzes Volk fanatisiert.

                      Codes stehen daher der Verbreitung einer Ideologie entgegen, sie nutzen nicht. Sie wenden sich allein an jene, die ohnehin schon eine Einstellung / Geisteshaltung haben.

                      Da sind die Dinge, da bin ich überzeugt, bei Jeremy Corbyn deutlich einfacher.

                    • Stefan Pietsch 14. Mai 2021, 11:45

                      @Stefan

                      Du hast heute die Vorliebe um die Ecken zu argumentieren, was? Ursprünglich hast Du Corbyn und Maaßen in ihrem angeblichen Antisemitismus auf eine Stufe gestellt (Belege en masse), nun übermittelst Du, wäre schon unterschiedlich, denn bei Corbyn steht es gar nicht in Frage.

                      Punkt eins. Punkt zwei: Es ging nie darum, ob Maaßen antisemitisches Gedankengut verbreitet. Er benutzt ein paar Codes, die in bestimmten Milieus so verstanden werden könnten. Nur halt nicht so, dass antisemitische Botschaften „verbreitet“ werden.

                      Punkt drei stand im Zentrum nicht, ob Maaßen ein Antisemit sein könnte, sondern, ob Neubauer haltlose Behauptungen verbreitet hat. Das ist so, inzwischen zweifellos. Dazu sagt schließlich auch Deine Quelle, und das solltest Du so genau lesen, dass Du es Dir merken kannst:

                      Erstens ist Antisemitismus ein Vorwurf, der nicht ohne Belege erhoben werden darf. Zumal in Deutschland nicht, weil es hierzulande immer auch nach Gas riecht. Diese Belege blieb Luisa Neubauer bei Anne Will schuldig. So gesehen ist sie krachend gescheitert.

                      Hinter dem Fettgedruckten 100 Ausrufezeichen. Das gilt erst recht für eine Aktivistin, die in diesen Tagen selbst und ausreichend in der eigenen Organisation und mit der eigenen Frontfrau Probleme mit Antisemitismus hat. Ginge es Frau Neubauer ehrlich um dessen Bekämpfung, hätte sie sich längst lautstark, mindestens so lautstark wie bei Anne Will, wo sie losgetrammelt ist, zu Wort gemeldet.

                      Du hast komplett in meinem Sinne argumentiert, wenn auch um ein paar Ecken. Übrigens, ob eine Journalistin des HR wirklich kompetent in dieser Causa ist, was sie in einem Kommentar reinpackt, darüber können wir wieder streiten.

                      Sie ist damit auch Vertreterin solcher Medien, die bei Schimpfrufen von arabisch stämmigen Migranten („Judenschweine“) lässig mit „Konflikten“ über die Sache hinweggehen. Arabisch stämmige Migranten, deren Anteil übrigens die Grünen in einer kommenden Bundesregierung deutlich erhöht wissen wollen. Also vor allem die Feinde Israels in dieses Land einladen wollen, was CitizenK immer noch nicht so recht wahrhaben will. Sind ja ganz harmlos.

              • Stefan Sasse 13. Mai 2021, 12:33

                Du, ich bin sicher Stefan wird beim nächsten Sozialismus-Vorwurf Christian Lindners mit denselben hohen Ansprüchen herangehen.

                • Erwin Gabriel 19. Mai 2021, 14:14

                  @ Stefan Sasse 13. Mai 2021, 12:33

                  … ich bin sicher Stefan wird beim nächsten Sozialismus-Vorwurf Christian Lindners mit denselben hohen Ansprüchen herangehen.

                  Das ist doch kein passender Vergleich …

    • Floor Acita 13. Mai 2021, 18:47

      „Die vermeintliche Begriffsstutzigkeit der Empörten, die weder das Zitat noch die Ironie erkennen mochten, amüsierte ihn“

      Darf ich mal ganz vorsichtig fragen, woran man an dem tweet Zitat oder gar Ironie erkennen kann? Gekennzeichnet war jedenfalls nichts, emojis etc wurden auch nicht verwendet. Lass mich auch gerne begriffsstutzig nennen, wobei das Wort vermeintlich darauf hindeutet, dass sie „den Empörten“(tm) einerseits hellseherische Fähigkeiten unterstellen, andererseits bewusste Leugnung der vermeintlichen Einsicht…

      • Stefan Pietsch 13. Mai 2021, 19:23

        Ich habe sehr, sehr locker formuliert. Hoffentlich war zumindest das zu merken. Palmer hat sehr harte Ausdrücke verwandt. Ehrlich, ich wäre skeptisch, wenn ich so etwas von jemanden lesen würde, der in der Öffentlichkeit steht, gebildet ist und sonst nicht zu vulgären, primitiven Ausdrücken greift. Einfach rangehen und glauben, das hat der so gesagt, ist dann auch wieder seltsam. Oder? Es war dann so im Ton formuliert, wie man das in Milieus und aus primitiven Pornos kennt. Und da glaubt man sofort, das habe Palmer so gemeint?

        Gut, ich habe ein einziges Mal in einem Header auch eine Formulierung gebraucht, die nicht zu mir passte. Ich habe deswegen den Titel in Anführungsstriche gesetzt. Es ist vielen nicht aufgefallen und ich bekam eine Breitseite. Deutsch als Unterrichtsfach wird anscheinend doch nicht ausreichend geschätzt.

        Es ist doch sicher auch so, dass viele einfach große Bereitschaft haben sich zu empören, wenn Palmer etwas sagt. Das ist durchaus eine symbiotische Beziehung. Annalena Baerbock brauchte nur Stunden, um ein Parteiausschlussverfahren anzukündigen. Wow, sowohl beruflich als auch privat brauche ich oft Tage, manchmal Wochen, um über schwerwiegende Rechtsfragen zu entscheiden. Bei den Grünen geht das mal so, Kopf ab.

        • Dennis 14. Mai 2021, 10:25

          Lieber Herr Oberjurist mit gefühlt 25 Hochschulabschlüssen: Schon mal was davon gehört, dass Ausschlussverfahren in allen Parteien möglich sind und dieses wiederum eine Rechtsgrundlage im Parteiengesetz hat, dessen Anforderungen ein solches satzungs-gesteuertes Verfahren genügen muss, so dass eine Partei das keineswegs mal so eben ohne triftigen Grund durchziehen kann?

          Anders als bei einem beantragten Eintritt, der grundlos abgelehnt werden kann, bestehen hier rechtliche Verpflichtungen, hinsichtlich derer ggf. auch die ordentliche Gerichtsbarkeit angerufen werden kann.

          https://www.gesetze-im-internet.de/partg/__10.html

          Der „Fall“ kommt, wie gesagt, in allen Parteien vor, was kein Wunder ist. Man nehme die FDP zum Beispiel. Möllemann wurde ein Ausschlussverfahren angedroht, dem er durch Austritt zuvor kam. Weniger prominente Fälle gibt es reichlich, natürlich in allen Parteien.

          Ob prominente Verfahren mit großem Trara der jeweiligen Partei politisch überhaupt nutzen, ist keineswegs ausgemacht. Palmer ist über die Entwicklung ja offenbar begeistert, womöglich – aus seiner Sicht – zurecht.

          • Stefan Sasse 14. Mai 2021, 11:05

            Wie bei Sarrazin auch, das ist die gleiche Dynamik.

          • Stefan Pietsch 14. Mai 2021, 11:48

            Abseits davon, dass Sie mir ein paar vors Schienbein geben wollten, wo ist der Dissens, für den Sie diesen Zinober veranstalten? Damit präsentieren Sie sich vor allem als jemand, dem man nicht mal auf einer öffentlichen Toilette begegnen möchte um ihm die Hand zu geben.

            • Dennis 14. Mai 2021, 16:53

              Hier ist der gesuchte Dissens:

              Zitat:
              „brauche ich oft Tage, manchmal Wochen, um über schwerwiegende Rechtsfragen zu entscheiden. ​Bei den Grünen geht das mal so, Kopf ab. “

              Der letzte Satz ist blühender Unsinn.

      • Stefan Sasse 13. Mai 2021, 19:49

        Außerdem hat das mittlerweile so einen Bart. Die Rechtspopulisten machen das permanent: krasse Äußerung raushauen, massenhaft Empörung garantieren, sagen „war alles nur ein Witz“. Es ist unerträglich, dass die damit immer noch durchkommen.

  • cimourdain 12. Mai 2021, 21:13

    2) Apropos Schulbücher (etwas off-topic): Ich hatte letzthin ein altes Erdkundebuch in den Fingern. Thema die 6(!) Kontinente. Dort wurde ernsthaft als Grenze Nordamerikas der Rio Grande vorgeschlagen – und Europas der eiserne Vorhang (in diesem Fall wurde aber dann doch die ‚geographische Grenze‘ als sinnvoller erachtet).

    3) Deine letzten beiden Sätze könnte man auch so schreiben: „Es ist absolut verwirrend, dass ausgerechnet die Grünen in bedingungsloser Nibelungentreue zur NATO verharren, nachden die meisten der anderen Parteien inzwischen eine pragmatischere Politik der Entspannung mit Russland anpeilen und sogar FDP und CDU in diesen Fragen offener geworden sind, wobei bei letzterer noch einige transatlantisch ausgerichtete Spitzenfunktionäre (Merz, Röttgen) dem im Weg stehen.“ Alles eine Frage des Framings.

    4) Du schreibst „Klar, das ist immer noch der Großteil des Elektorats, aber die Gruppe ist bei weitem nicht so krass, wie Sie denken.“ Die Ohne unscharfe Begriffe sind die Zahlen so: knapp 70 % der Wähler sind 40+ . Die Wahlbeteiligung bei den unter 40 jährigen war in den letzten Jahren etwa 10% unter Durchschnitt (und die der älteren entsprechend höher), also kann man durchaus von 3/4 des Elektorats ausgehen.

    10) Die AfD ist ihrem größten Grundprinzip treu geblieben. Egal was die Regierung tut, sie ist dagegen 😉
    Auch die FDP bleibt prinzipientreu: Wann war sie schon jemals gegen Priviliegien, Entsolidarisierung oder Spaltung der Gesellschaft.

    11) Um des Widerspruchs willen: Auch wenn Stokowski nur einen Hammer im Werkzeug hat, so trifft sie zwar nicht den Nagel, aber die richtige Wand. ‚Kinderfeindlichkeit‘ ist eigentlich nur Nichtbeachtung von Kindern un deren Interessen. Und die die Kinder naturgemäß beachten sind die Mütter. Und der ‚patriarchale Kapitalismus‘ hat bewirkt, dass die Frauenbewegung sich auf wirtschaftliche Teilhabe anstelle dieses Themas fokussiert hat. ( Die beliebten Gesellchaftskolumnen zwischen ‚Rabenmüttern‘ und ‚Heimchen am Herd‘ zeugen davon) Un deswegen sind die Interessen der Kinder weitgehend unbeachtet.

    • Stefan Sasse 12. Mai 2021, 22:22

      2) Lol

      3) Klar, du kannst natürlich gerne Framings von den politischen Rändern übernehmen, wenn du möchtest.

      4) Stimmt natürlich auch wieder.

      10) Ja.

      11) Alles sicher richtig, erklärt aber nicht, warum Deutschland so besonders große Probleme hat hier.

    • Kning4711 13. Mai 2021, 20:21

      die Grünen in bedingungsloser Nibelungentreue zur NATO verharren, nachden die meisten der anderen Parteien inzwischen eine pragmatischere Politik der Entspannung mit Russland anpeilen und sogar FDP und CDU in diesen Fragen offener geworden sind,
      Was bei Ihnen Entspannung ist, würde ich Unterwerfung nennen. Ich würde mir auch ein Europa wünschen, in dem Russland ein Teil der europäischen Familie wäre. Nicht in der EU, aber partnerschaftlich und sicherheitspolitisch verbunden. Das ist aber Utopisch – Russland verfolgt seine ureigensten Interessen Kompromisslos und schreckt auch nicht vor verdeckten Kriegsmitteln zurück um diese Ziele zu erreichen. Politischer Mord, Cyberangriffe, Propaganda – da war die UDSSR Ende der 60er deutlich Gesprächsbereiter. Zumal hatte Deutschland fundamentalste menschliche Interessen – Aussöhnung in den innerdeutschen Beziehungen, Besuche von Verwandten, Angst im Falle des Krieges zwischen UDSSR und Nato als Schlachtfeld herhalten zu müssen. Die Voraussetzungen heute sind ganz andere.

  • Dennis 13. Mai 2021, 10:35

    1)
    Ja, guter Kommentar, es ist zwar alles gesagt, aber noch nicht von allen.

    Zentral war in dieser Sache eigentlich schon immer die Fähigkeit, Koalitionen basteln zu können, die sich dann „Partei“ nennen, durchaus heterogen sind, nach außen aber ausreichend „einheitlich“ erscheinen und sich nicht in Einzelteile zerlegen. Was Labour oder die SPD betrifft, so war die „bürgerliche Klasse“ schon immer mit im Boot, wenngleich nicht immer heiß-geliebt, aber für die Mehrheitsbildung unumgänglich, beispielsweise in dieser Weise auf der Insel seit über 100 Jahren:

    https://en.wikipedia.org/wiki/Fabian_Society

    Die Namensgebung dieses Dings, das sich im Übrigen mit mehreren Nobelpreisträgern schmücken konnte, verrät klassisch-humanistische Bildung, das sagt schon alles.

    Mit Knatsch und Krach begleitet war all das natürlich auch schon immer. Labour ist historisch die eigentliche Brexit- bzw. Gar-nicht-erst-beitreten-Partei, garniert mit einem Flügel gegenteiliger Auffassung. Früher hat der Partei-Klebstoff dennoch einigermaßen gehalten, heute nicht mehr.

    Die schlechte Nachricht für Labour: diese mehr denn je gefragte Fähigkeit des Zusammenklebens beherrscht der Johnson, Boris durchaus ganz gut. Sein Vorteil: Gaaaaaaanz anders als Thatcher sind ihm Ideologien oder „Weltanschauungen“ aller Art piep-egal. Green-, pink- und sonstwas-washing ist erforderlichenfalls kein Problem.

    Zitat:
    „Man sollte aber nicht aus dem Blick verlieren, dass diese Achsenverschiebung auch die Tories trifft. “

    Richtig. Auch das kann der völlig unideologische Johnson durch entsprechende Imageverschiebung leicht parieren. Insoweit ist er eigentlich wie Merkel, nur besser

    https://www.bbc.com/news/uk-politics-53477323

    Auch beim Schulden-Machen ist Thatchers kleinkarierte Hausfrauen-Ideologie nicht mehr gefragt. Man ist jetzt im Königreich bei fast 100 % des GNP (hallo, Herr Pietsch). Das ist massiv mehr als bei uns mit unserer Angela, wo es doch immer heißt, sie sei nach links abgebogen und habe die Konservativen im Regen stehen lassen. Gut, man sagt ja, auf der „liberalen“ Insel regnet’s stets viel mehr als hierzulande.

    Die Politiker-Beliebtheitsskala beim Volk führt momentan übrigens der Finanzminister Sunak – in seiner Eigenschaft als big spender natürlich, auch Labour-Wähler finden den richtig gut.

    https://www.sundayguardianlive.com/world/rishi-sunak-top-pops

    Es ist also nicht naturgegeben, dass die Sozialdemokratie im Eimer ist. Sie müssen nur wieder lernen, Koalitionen zu bilden, so wie früher^. Diverse Bretter vor den Köpfen verhindern das aber anscheinend, momentan.

    3)
    Interessant, der Sasse, Stefan irgendwo zwischen Adenauer und Helmut Schmidt positioniert, allerdings viel näher an Adenauer, denn Schmidt hat immerhin die Schlussakte von Helsinki unterschrieben und stand auch sonst in der Sukzession von Brandts Ostpolitik wie desgleichen auch später Kohl. Dass nach 89/90 die Sicherheitsarchitektur durch eine ganz neue Lage geprägt ist und dass Nato, Nato, Nato rufen nicht mehr ausreicht, könnte man ja auch mal in Betracht ziehen. Konservative Knochen wie Schäuble sind da schon weiter^.

    Im Übrigen: Wenn du NATO-Einsätze so toll findest, berichte einfach mal was über die diesbezüglichen Aufsehen erregenden Erfolge in Afghanistan. Ich hätte das was:

    https://www.tagesschau.de/ausland/asien/afghanistan-taliban-145.html

    Russland war schon immer autokratisch regiert, das ist jetzt keine große Überraschung. Putin mag ja der große Satan sein, das war dann aber Breschnew nicht minder (ich empfehle hierzu Solschenizyn). Dennoch gab es Brandts Ostpolitik, an die die Nachfolger, inklusive Kohl, angedockt haben. Nach neuster Diktion war Brandt vermutlich ein Breschnew-Verehrer. Das Problem an dieser Stelle könnte sein, dass es in der aufgegeilten social-media Sprech unterhalb der Ebene von Verehrern versus Hassern nichts mehr gibt. Ganz schlimm sind natürlich die „Versteher“. War früher mal eine Grundvoraussetzung jeder Diplomatie. Biden erkläre ich mal angesichts seiner jüngsten Afghanistan-Entscheidungen zum Nato-Hasser.

    6)
    „Wissenschaft ist keine Demokratie“

    Richtig. Das heißt: Das meiste, was in der Demokratie kennzeichnend und von großer Bedeutung ist, ist außerwissenschaftlich und mit wissenschaftlichen Mitteln nicht lösbar.

    • Stefan Sasse 13. Mai 2021, 10:43

      1) Jepp, meine britischen Freunde sagten mir heute auch, dass es vor allem das Geldausgeben ist, dass die Konservativen beliebt macht. Ich sage das ja auch für Deutschland immer wieder; CDU und FDP geben immer viel Geld aus, wenn sie an der Regierung sind. Die entdecken die „Sparsamkeit“ immer nur, wenn das Geld dorthin gehen soll, wo sie es nicht wollen.

      3) Ich finde Auslandseinsätze gar nicht generell so toll.

  • Floor Acita 13. Mai 2021, 16:31

    3)
    „die LINKE und die SPD voll und die FDP teilweise ins Lager der Putin-Versteher gewechselt“

    Warum disqualifiziert das dann die letzten beiden nicht prinzipiell von der Regierungsbeteiligung wogegen Du das bei der LINKEn entsprechend schlussfolgerst?

    • Stefan Sasse 13. Mai 2021, 18:15

      Weil es einen deutlichen qualitativen Unterschied zwischen „wir wollen enger mit Russland zusammenarbeiten“ und „schafft die NATO ab“ gibt.

  • Kning4711 13. Mai 2021, 16:50

    Zu Punkt 11 – Kinderfeindlichkeit in Deutschland

    Ich hätte eine Vermutung: Die deutsche Gesellschaft hat in ihrem Alterungsprozess verlernt, dass es Kinder gibt. Anders ausgedrückt: Kinderfreie Räume zu erleben ist ein Stück weit Normalität geworden. Die sinkende Geburtenrate der 80er, 90er und 00ler hat Ihre Spuren hinterlassen Hinzu kommt der Individualsiersungsdruck unser Leistungsgesellschaft dem wir Kinderfreie Cafés, Restaurants und Hotels verdanken. Außerdem wird ein hoher Anspruch an Kinder gestellt zu funktionieren. Regeln einhalten, nicht laut sein, schnell sein. Hinzu kommt, dass Eltern heute im dauernden Stress sind, da ein halbwegs hohes Einkommen notwendig ist um in unserer Gesellschaft mitzuhalten – und wieder steigt der Funktionsdruck auf Kinder und so werden Sie weiter zu einem „Störfaktor“

    Was wir brauchen, ist eine Kinder-Inklusion in der Öffentlichkeit. Das würde allen guttun. Kinder gehören zum Leben, zum Alltag. Kinder müssen aber auch lernen, dass das Leben eben nicht nur aus Hüpfburgen besteht, sondern dass es auch Restaurants gibt, in denen sie am Tisch sitzen bleiben müssen und in denen es keine Spielecke gibt. Etwas mehr Toleranz, etwas mehr Gelassenheit , das sind Rezepte für Entspannung. Nicht nur für Kinderfeindlichkeit.

    • Stefan Sasse 13. Mai 2021, 18:16

      Ja, da bin ich ohnehin dafür. Aber einen Alterungs- und Individualisierungsprozess hat Skandinavien doch etwa auch durchgemacht, oder nicht?

      • Kning4711 13. Mai 2021, 20:07

        In Summe liegt das Durchschnittsalter in Skandinavien rund 5 Jahre unter der Deutschlands. Insofern gibt es mehr Kinder und diese sind in der Gesellschaft präsenter. Die Inklusion der Kinder gelingt besser – zudem investieren diese Länder mehr in die Bildungseinrichtungen und auch die Vereinbarkeit Familie und Beruf gelingt besser.
        So könnte ich mir das erklären…

        • Stefan Sasse 14. Mai 2021, 11:00

          Ja schon, aber warum machen die das? Beziehungsweise warum machen wir das nicht? Das ist meine Frage.

  • CitizenK 13. Mai 2021, 18:43

    @ Floor Acita
    Aus der Antwort von Stefan P.:
    „Das Rückkehrrecht für alle Palästinenser würde diesen eine Mehrheit verschaffen, Israel seines jüdischen Charakters berauben“.
    Und nicht nur das. Die Rekonstitution aller Eigentumsverhältnisse würde Israel die Existenzgrundlage entziehen.

    Was würden Sie sagen, würde man dieses Rückkehrrecht auf Schlesien und Ostpreußen anwenden?

    • Floor Acita 14. Mai 2021, 13:05

      Ich sehe Ihren Punkt. Ich finde halt „Ziel […] Zerstörung des Judenstaates“ ist eine sehr harte Formulierung. Ich bitte mich im Folgenden nicht falsch zu verstehen und versuche vorsichtig zu formulieren. Zunächst gibt es ja ‚replacement theories‘ immer wieder. Verändert der Zuzug von Südamerikanern den Charakter Amerikas, der Zuzug von Muslimen den Charakter Europas, gleiche Rechte für Schwarzafrikaner den Charakter Südafrikas etc. In der Regel werden solche Theorien von links rassistisch genannt und kritisiert. Die historische Einmaligkeit der Judenverfolgung, des Antisemitismus, des Holocaust und Israels verändert natürlich die Diskussion / macht die Situation am Ende nicht vergleichbar. Aber selbst wenn ich letztendlich zum selben Schluss komme, ist die gegenteilige Position und insbesondere die Vision eines gemeinsamen, friedlichen Zusammenlebens von Juden, Ashkenazi, Europäern, Arabern, Persern, Muslimen etc in einem gemeinsamen demokratischen Rechtsstaat, unabhängig davon für wie naiv sie dies halten oder es objektiv ist, nicht eine im demokratischen Diskurs akzeptable Position? Die Hamas lehnt das Existenzrecht Israels explizit ab. Wenn ich an die Breite der BDS Bewegung vor allem in Amerika und ihre Träger denke, weiss ich halt nicht ob es auf eine Stufe gehört. Und letztendlich ist die Motivation halt unendliches Leid und zwar völlig unabhängig der Schuldfrage. Auch wenn Sie keine befriedigende Lösung dafür sehen, wir sind uns eventuell trotzdem einig, dass die ständige, objektive -nochmal, unabhängig der Schuldfrage- Bedrohung der Umsiedlung, Annektion von Eigentum, Beschimpfung, Bedrohung vieler Palästinenser, auch Familienangehörige westlicher Staatsbürger, im Westjordanland und Gaza nicht gerade optimal ist? Wie gesagt, ich bin mir gar nicht sicher ob ich zu einer anderen Schlussfolgerung komme als Sie, aber wo hört legitimer, demokratischer Dissenz auf und wo fängt Hass, Antisemitismus, „Staat zerstören wollen“ etc an, das ist es was mich umtreibt.

      Im Übrigen kann ich deshalb Ihren letzten Satz / ihre Analogie am allerwenigsten verstehen… Den Charakter Deutschlands kann m.E. kein Zuzug verhindern, nein. Weder Schlesen und Ostpreussen, noch Türken, Araber und Perser, noch Rumänen und Bulgaren, noch Han-Chinesen, noch Nordafrikaner. Nichts davon ist auch nur im Ansatz mit dem historisch einmaligen Charakter Israels gleichzusetzen.

      Zu guter Letzt habe ich noch eine ehrlich gemeinte Frage, da ich hier einfach zu wenig weiss und unsicher bin, was genau macht den jüdischen Charakter Israels aus, was bedeutet es ‚Judenstaat‘ zu sein und durch was wird er bedroht (neben expliziten, existenziellen Bedrohungen durch Hamas, Hisbollah, die Saudis, Iran etc natürlich) bzw was muss explizit / ‚als Mindestanforderung‘ erhalten bleiben.

      Meine Verunsicherung kommt aus der Einmaligkeit, Christenstaaten, Muslimische Staaten oder gar Ethno-zentrische Staaten, da käme ich ziemlich schnell zu einem eindeutigen Urteil, im Falle Israels dagegen nicht bzw zum gegenteiligen. Aber warum genau und welcher Diskurs ist hier ‚erlaubt‘, welche Position ist antisemitische Verschwörungstheorie, was sollte für ‚jeden Demokraten'(tm) ausdrücklich tabu sein..?

      • CitizenK 14. Mai 2021, 14:13

        Schon richtig. Ich hätte vorsichtiger formulieren sollen und statt „Zerstörung“ schreiben sollen „läuft darauf hinaus“ oder „hat zwangsläufig zur Konsequenz“.

        Ich finde Staaten auf religiöser Basis höchst problematisch, eigentlich unzulässig. Ich müsste als eigentlich auch gegen einen „Judenstaat“ sein.
        Aus folgendem Grund bin ich es nicht: Die Geschichte ist voll von Pogromen und Judenverfolgungen. Die jeweiligen Machthaber haben Juden zeitweilig geduldet, genutzt (Oppenheimer in Württemberg), aber nie dauerhaft geschützt. Zuletzt der Massenmord durch die Nazis. Die Juden kamen zu dem Schluss, dass sie sich selber schützen müssen, daher Israel als jüdischer Staat. Als Zufluchtsort, wenn – wie gegenwärtig in arabischen Staaten und selbst in Frankreich – konkrete Verfolgung stattfindet. Halle und die ganz aktuellen Ereignisse sind auch für Deutschland kein gutes Omen.

        Die Umwandlung Israels in einen „normalen“, säkularen Staat wäre eine schöne Lösung. Leider ist sie völlig unrealistisch. Die Palästinenser (auch der nette Herr Abas) machen klar, dass es in ihrem Staatsgebiet keine Juden geben würde – geschweige denn die Möglichkeit der Religionsausübung.. Es gibt arabische Israelis, aber keine jüdischen „Gazas“. Die Hamas würde im Falle eines Sieges auf dem Gebiet Israels einen islamischen Staat errichten. Was das bedeutet, wissen wir.

        Würde BDS sich auf die Kennzeichnung von Waren aus den besetzten Gebieten beschränken, könnte ich das noch verstehen. Die Besatzung und das Verhalten vieler Siedler sehen ja auch viele Israelis als Schande. (Allerdings frage ich mich, warum es keine BDS-Bewegung gegen China (Uiguren) oder Brasilien (Ureinwohner) gibt). Der entscheidende Punkt ist aber das geforderte Rückkehrecht – für die Enkel und Urenkel der einst geflüchteten oder vertriebenen Palästinenser. Hier sehe ich die Parallele zu Schlesien und Ostpreußen. Die Vertriebenen-Organisationen haben lange dieses Rückkehrrecht gefordert – es hätte den Frieden in Europa bedroht. Es war gut und notwendig, dass diese Forderung fallengelassen wurde. Die Übernahme dieser Haltung durch Palis und BDS würde die Lösung des Konflikts ein ganzes Stück weniger unmöglich machen.

        Um Missverständnisse zu vermeiden: Die Politik Netanjahus lehne ich völlig ab. Alle Juden und Israelis in meinem Bekanntenkreis tun das. Das Verhalten vieler Siedler und religöser Fanatiker ist völlig unakzeptabel.
        Ich hoffe, dass meine Position jetzt verständlicher ist. Danke der Nachfrage.

        • Floor Acita 15. Mai 2021, 04:50

          Danke! Ja, ich verstehe besser und bin tatsächlich über die Forderungen BDS im Detail zu wenig informiert. Die Notwendigkeit Israels sehe ich. Und es ist ja gerade der Antisemitismus der die Politik Netanjahus, der israelischen Regierung, Israels, sowie ‚der Juden‘ gleichsetzen will… Es ist eine total verfahrene Situation.

          Ich will umgekehrt auch nochmal klarstellen, dass ich sowohl bei Jeremy Corbyn als auch den Äusserungen einzelner, nicht-jüdischer Politiker in den USA immer die Problematik der Verbreitung antisemitischer / antisemitisch interpretierbarer ‚Botschaften‘ gesehen habe. Ich hatte nur darauf hingewiesen, dass ich es oft als heuchlerisch wahrgenommen habe (auch weil eine Partei wie Labour sowas nicht über Nacht mit der Wahl eines Parteivorsitzenden entwickelt und dann, sobald der wieder weg ist, das Problem plötzlich mit ihm) und hatte erwartet / befürchtet / darauf hingewiesen, dass wir den gleichen ‚Enthusiasmus‘ nicht-jüdischer Aliierter in derlei Anklage nicht sehen würden, sollten die jeweils umstrittenen Individuen oder Institutionen nicht ebenfalls so eindeutig (aus ganz anderen Gründen) deren politische Gegner sein. Ich habe das und erwarte das nach wie vor nicht im Bezug auf Labour, den Demokraten oder gar deren politischer Rivalen, aber die Diskussion um Maassen, auch in diesem blog, scheint es mir ebenfalls zu beweisen. Offensichtlich kann man ja als nicht-Jude sogar ‚gatekeeping‘ von Juden betreiben und sich dennoch als grösster Unterstützer Israels und ‚aller Juden‘ verstehen und geben.

          Auch sehe ich in den USA, in Deutschland und weltweit -nochmal ausdrücklich nicht-jüdische- Individuen Israel-Flaggen schwenken und ihre Liebe und Unterstützung Israels erklären, denen ich den Schutz jüdischer Individuen und Institutionen im eigenen Land eher nicht anvertrauen würde (um es vorsichtig zu sagen). Würden sich die Palästinenser bei gleichem Verhalten auf das Christentum, statt auf den Islam, berufen oder auch nur Netanjahu eine andere Politik betreiben, die Leute wären ganz schnell im anderen Lager…

          Es ist schon manchmal merkwürdig wie ‚Verpflichtung Israels gegenüber‘ oder auch ‚Eindeutigkeit des Holocaust‘, ‚Aufarbeitung deutscher Geschichte‘ etc dazu genutzt werden können sich vom Vorwurf des Antisemitismus reinzuwaschen, schliesslich ist man per Definition entnazifiziert, die Liebe und Unterstützung Israels Staatsräson, da muss alles Böse diesbezüglich von aussen kommen. Das ist bei Sexismus und vor allem Rassismus generell (‚ganz schlimmer Vorwurf‘) auch zu beobachten, aber bei Antisemitismus und Deutschland empfinde ich das immer als besonders schräg. Gab es jemals eine Zeit im / in (Nachkriegs-) / Deutschland als jüdische Einrichtungen, oft auch Kindergärten, nicht besonderem Schutz bedurften? Es ist und bleibt eine Tragik…

        • Floor Acita 15. Mai 2021, 05:41

          Unabhängig aller weiterer Aussagen von Ihnen und/oder von mir – rein auf folgende Aussage bezogen:
          „Würde BDS sich auf die Kennzeichnung von Waren aus den besetzten Gebieten beschränken, könnte ich das noch verstehen. […] (Allerdings frage ich mich, warum es keine BDS-Bewegung gegen China (Uiguren) oder Brasilien (Ureinwohner) gibt).“

          Doch, die gibt es (teilweise sogar mit institutioneller Unterstützung):
          https://www.proplanta.de/agrar-nachrichten/agrarpolitik/landwirtschaftliche-produkte-aus-brasilien-boykottieren_article1556264734.html
          https://www.fr.de/politik/usa-china-olympia-boykott-2022-winterspiele-us-republikaner-peking-washington-90356160.html
          https://www.zeit.de/kultur/2021-04/china-boykott-baumwolle-kleidung-xinjiang-uiguren-social-media
          https://www.reuters.com/article/eu-china-deutschland-idDEKBN2B71OQ

          • Stefan Pietsch 15. Mai 2021, 09:44

            Boykottaufrufe gibt es wie Sand am Meer. Hat nur einen Haken: das ist nicht von BDS und solche richten sich selten gegen demokratische Rechtsstaaten.

            • Floor Acita 15. Mai 2021, 19:23

              „richten sich selten gegen demokratische Rechtsstaaten“

              Wie viele demokratische Rechtsstaaten haben denn Ihrer Meinung gerade einen ähnlich gelagerten Konflikt im eigenen Land?

              • Stefan Pietsch 15. Mai 2021, 19:31

                Sie wissen schon, dass Israel seit seiner Gründung von Feinden umgeben ist, die sogar mal in konzentierter Aktion den Staat auslöschen wollten? Sie wissen nicht, dass jedes Jahr, jeden Monat Angriffe auf Israelis von den Autonomiegebieten aus verübt werden?

                Wenn Sie hierfür eine Vorstellung entwickelt haben, reden wir weiter.

                • Floor Acita 15. Mai 2021, 19:39

                  Eben? Wieso soll es demnach eine ähnliche Auseinandersetzung in einem anderen demokratischen Rechtsstaat geben?

                  • Stefan Pietsch 15. Mai 2021, 20:03

                    Israel verteidigt sich. Seit seiner Staatsgründung. Das ist das legitime Recht jedes demokratischen Staates. Übrigens auch mit Gewalt und auch unter Inkaufnahme ziviler Opfer auf der feindlichen Seite.

  • Lemmy Caution 13. Mai 2021, 21:11

    zu 7) mein 1907 geborener kommunistischer Großvater hatte mehr Anekdoten zur Inflation von 1923 als zu Weltwirtschaftskrise und Nazizeit. Die Sekundärliteratur betont auch den traumatischen Charakter dieser Phase gerade für Bürgerliche, zu denen mein Opa nicht mal gehörte.
    Auch wenn es 1930 keine Hyperinflation gab, gehörte diese Erfahrung zum unmittelbaren Erfahrungshorizont der Wähler gegen Ende der Weimarer Republik.

    • Stefan Sasse 14. Mai 2021, 11:05

      Ich glaube die Anekdoten gerne, aber die Leute haben halt nicht wegen der Inflation, sondern wegen der WWK Nazis gewählt.

    • CitizenK 14. Mai 2021, 11:21

      Ich kann Lemmys Anekdote für meinen (linkssozialdemokratischen) Großvater bestätigen. In seinem (und mMn im kollektiven) Gedächtnis hat die Geldentwertung 1923 und die 1948 tiefere Spuren hinterlassen. Dass die über viele Jahre mühsam zurückgelegten Ersparnisse plötzlich weg waren, hat noch die Generation meiner Eltern stark geprägt.

      • Stefan Sasse 14. Mai 2021, 15:30

        Wie gesagt, bezweifle ich gar nicht! Aber es war eben nicht der Grund, dass die Leute Nazis gewählt haben. Das muss man schon auseinanderhalten.

  • CitizenK 14. Mai 2021, 12:06

    „…was CitizenK immer noch nicht so recht wahrhaben will“

    Ein Missverständnis, kein absichtliches, hoffe ich. „Feinde der Juden einladen“ ist etwas ganz anderes als Kriegsflüchtlinge aus Syrien im Stich lassen, obwohl man weiß, dass sie judenfeindlich sozialisiert wurden.
    Und CitizenK hat auch darauf hingewiesen, das die jüdische Community um ihn herum das auch so sieht.
    Und CitizenK hat auch darauf hingewiesen, dass er (wie die Community) die weit größere Gefahr in der Neo-Nazi-Szene sieht – die über Behörden und Polizei über Mittel verfügt, welche die Schreier und Steinewerfer vor Synagogen zum Glück nicht haben.
    Dass in Gelsenkirchen jetzt der Staatsschutz ermittelt, begrüßt CitizenK ausdrücklich.

    • Stefan Pietsch 14. Mai 2021, 12:20

      Vielleicht sollte man irgendwann aber auch merken, wenn die eigene Position nicht repräsentativ ist. So wie die Einschätzung der jüdischen Community in Heidelberg.

      Brennende Israel-Fahnen, Steinwürfe auf Synagogen, antisemitische Mobs auf der Straße: Infolge der Eskalation im Nahen Osten häufen sich in Deutschland Bedrohungen und Angriffe gegen Juden und ihre Einrichtungen. Betroffene erzählen WELT vom Ausmaß des Hasses.

      „Als Tochter von Holocaust-Überlebenden verstehe ich überhaupt nicht, wie so etwas wieder passieren kann“, sagt die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen, Judith Neuwald-Tasbach. „Für unsere Mitglieder, die zu einem großen Teil aus der ehemaligen Sowjetunion kommen, ist das beängstigend und emotional schwer zu verkraften.“

      Die Gemeinde hatte im Laufe des Nachmittags von Demonstrationsaufrufen erfahren und Mitarbeiter nach Hause geschickt, die die anstehenden Feiertage vorbereitet hatten. Dadurch konnte ein Aufeinandertreffen mit den antisemitischen Versammlungsteilnehmern verhindert werden. Neuwald-Tasbach ist überzeugt: „Die Situation im Nahen Osten ist nur ein Vorwand für die Menschen, hier ihren Hass auf Juden auszuleben.“ (..)

      Margaret Traub ist die Vorsitzende der Synagogengemeinde Bonn. Sie berichtet WELT, dass drei junge Syrer, die schon länger in Deutschland lebten, kurzzeitig wegen Sachbeschädigung festgenommen und anschließend wieder freigelassen worden seien.

      „Es ist mir egal, woran die Leute glauben. Aber leider sind es immer wieder junge islamistische Männer, die uns Juden angreifen“, sagt Traub. Der Antisemitismus komme jedoch von allen Seiten, auch von Rechts- und Linksradikalen sowie aus der Mitte der Gesellschaft. „Die Menschen kennen keine Juden und hassen sie trotzdem.“

      Sharon Fehr, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Münster, berichtet von einer wachsenden Verunsicherung unter den Mitgliedern. Einerseits durch die Geschehnisse in Israel, weil viele dort Familie und Freunde haben. Andererseits durch die Personengruppe, die ihren Zorn vor der Synagoge ausgelebt habe. (..)

      Laut Fehr handelte es sich dabei um rund 15 junge Männer arabischer und türkischer Herkunft. „Wer eine israelische Fahne vor einem jüdischen Gotteshaus verbrennt, stellt sich explizit gegen unsere Bemühungen eines friedlichen Miteinanders“, sagt er. „Ich mag mir nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn für die aggressive Meute ein Jude erkennbar gewesen wäre.“ (..)

      Kurz darauf war folgende Nachricht in ihrem Posteingang: „Palestina für immer ihr israelische bastarde ich hoffe gott bestrafte euch ihr hürensohne.“ Staroselski habe danach eine gewisse Ohnmacht gefühlt, erzählt die 25-Jährige. „Ich stehe selbstbewusst zu meiner jüdischen Identität, aber es ist mir unerklärlich, warum ich aufgrund des israelischen Regierungshandelns als deutsche Jüdin Hassnachrichten bekomme, wenn ich Fotos aus meinem privaten Leben poste.“

      Als sie sich später in einem weiteren Posting solidarisch mit Israel zeigte, wurde das Foto mit Palästinafahnen-Emojis geflutet. Dann wurde sie auch dort bedroht: „I stand with Palestine U danger girl be with some big guys“ (sinngemäß: „Ich stehe für Palästina ein. Du bist in Gefahr, umgib dich mit ein paar großen Typen“), schreibt ein Nutzer mit einem zwinkernden Smiley.
      https://www.welt.de/politik/deutschland/plus231114583/Antisemitismus-in-Deutschland-Junge-islamistische-Maenner-die-uns-Juden-angreifen.html

      Man sollte seine wahren Feinde kennen, um sich schützen und wehren zu können. Seit der Flüchtlingskrise jedenfalls haben sie antisemitische Übergriffe mehr als verdoppelt, was Ihrer Ansicht natürlich nichts mit dem massenhaften Zuzug von Arabern und Muslimen zu tun hat. Die Rechtsextremen haben sich einfach verdoppelt.

      Is‘ klar.

      • CitizenK 14. Mai 2021, 14:31

        Herr Pietsch, ich finde den Ton dieser Replik unangebracht, in der Sache und mir persönlich gegenüber. Ich weiß, wie Juden sich hierzulande fühlen, wenn solche Parolen gebrüllt werden. Dazu brauche ich nicht die „WELT“.

        Mein Punkt war und ist: Hat man diese Menschen gefragt, ob sie deshalb Kriegsflüchtlinge aus zerstörten Städten (ohne Krankenhäuser und Schulen) abweisen würden?

        Gelsenkirchen kann man nicht mit Halle auf eine Stufe stellen. Die Schärfe in der aktuellen Situation hat auch mit Erdogan zu tun, der den Konflikt auf die religiöse Ebene ziehen will („Muslime“ werden angegriffen) und von inneren Problemen der Türkei ablenken will.

        • Stefan Pietsch 14. Mai 2021, 17:33

          Wo, welcher Ton? Dass man seine Feinde kennen sollte? Mir gefällt nicht, alles Negative auf „Nazis“ schieben zu wollen. Nicht, weil ich Rechtsextremisten für putzige Zeitgenossen halte. Ihre Darstellungen zur Offenheit von Juden gegenüber muslimischen Zuwanderern empfinde ich nach wie vor als extrem einseitig und sehr von dem geprägt, was Sie wünschen.

          Deutschland hatte bis 2014 sinkende antisemitische Taten. Dann verdoppelten sie sich binnen zweier Jahre. Und dann zu behaupten, Juden würden vor allem Springerstiefel fürchten, finde ich dann schon sehr einseitig. In diesem Land werden Israelfahnen verbrannt und von Rathäusern geholt. Das sind keine Nazis.

          Ich habe durchaus humanitäres Empfinden. Ich bin aufgeschlossen gegenüber Flüchtlingen, unter Bedingungen, die gesetzt werden müssen. Doch das Existenzrecht Israels ist Staatsräson in diesem Land. Wer ein Problem damit hat, wer meint, Juden jagen oder verächtlich machen zu müssen, der sollte sich dann doch eine andere Zuflucht suchen.

          Wer in Deutschland leben will, der hat auch seine Geschichte anzuerkennen. Und die damit einhergehenden Besonderheiten wie Tabus. Ich diskutiere nicht darüber, ob man das eventuell auch lässiger sehen könnte. Und das gilt insbesondere gegenüber muslimischen und arabischen Zuwanderern.

          • Floor Acita 15. Mai 2021, 11:30

            „Wer in Deutschland leben will, der hat auch seine Geschichte anzuerkennen. Und die damit einhergehenden Besonderheiten wie Tabus. Ich diskutiere nicht darüber, ob man das eventuell auch lässiger sehen könnte. Und das gilt insbesondere gegenüber muslimischen und arabischen Zuwanderern.“

            Aber wieso glauben Sie das CitizenK erklären zu müssen? Und wieso ‚insbesondere‘?

            • Stefan Pietsch 15. Mai 2021, 15:08

              Weil die einen immer nur über die Rechte von Menschen reden, die zu uns kommen (wollen). Wer den Status als Flüchtling begehrt, hat die Regeln dieses Landes (und seine Tabus) zu beachten, sonst sollte man sich sehr schnell von ihm verabschieden. Das gilt begrenzt auch für Asylbewerber.

              Und es gilt für alle – aber im Besonderen für muslimische Mitbürger, die auch in dritter Generation nicht verstanden zu haben scheinen, was die Geschichte dieses Landes ist. Dann muss es halt heißen, 20 Stunden wieder auf die Schulbank. Das lässt sich durchaus machen bei Leuten, die Schimpfwörter rufen. Passiert das mehrmals, wird halt die Stundenzahl verdoppelt, so dass sich eine schöne expotentielle Kurve des Lernens ergibt. Irgendwann wird auch der dümmste Schreier merken, dass es sinnvollere Freizeitbeschäftigungen gibt, für die man nicht so lange nachsitzen muss.

              Es ist halt CitizenKs Verharmlosungen des muslimischen Terrors gegen Juden, was mich so maßlos ärgert. Weil er ein bestimmtes Bild von jenen Menschen hat, die nach Deutschland einwandern. Und das möchte er sich selbst dann nicht nehmen lassen, wenn eine andere gesellschaftliche Gruppe gefährdet oder gar geschädigt wird, für die er sich anscheinend durchaus auch engagiert.

          • CitizenK 15. Mai 2021, 15:15

            „Welcher Ton?“
            Dieser: „Is‘ klar“. Wir haben doch in diesem Punkt ein gemeinsames Anliegen. Warum gehen Sie mich so an?

            Ich sehe das nicht „lässig“, und ja: Heidelberg ist nicht repräsentativ.

            Zwar: „Die Statistik gibt die Realität nicht wider“ – „Nicht aufgeklärte Taten gelten pauschal als „rechts““
            Aber: „Dem AJC-Direktor liegt es fern, deutsche Rechtsextremisten zu entlasten. „Von denen geht auch bei einer realitätsnahen Erfassung die größte Gefahr aus““

            https://www.tagesspiegel.de/politik/die-statistik-gibt-nicht-die-realitaet-wider-antisemitische-straftaten-unter-dem-radar-der-polizei/27193108.html

            • Stefan Pietsch 15. Mai 2021, 15:38

              Ich habe mich geärgert. Wenn binnen zweier Jahre antisemitische Straftaten sich verdoppeln und der Zeitraum mit einem anderen Ereignis korreliert, brauche ich nicht lange nach den Ursachen zu suchen. Wenn mir dann jemand erzählt, das wäre aber gar nicht so, dann bin ich maximal irritiert.

              Darauf bezog sich die Schlussbemerkung, die zugegeben nicht die höflichste ist, wenn sie so direkt adressiert ist. Wenn Sie sich dagegen zur Wehr setzen, ist das berechtigt und sie haben eine Entschuldigung verdient. Hiermit übersendet.

              Ich habe mit Rechtsextremismus nichts am Hut, so wenig wie mit Linksextremismus. Ich verabscheue beides gleichermaßen. Letztes Wort dick unterstrichen.

              Ich bin zwangsläufig immer peinlich berührt, wenn ich in das Land reise oder auch nur mit Juden arbeite. Scham darüber, was in deutschem Namen (also meinem) Juden angetan wurde. Wenn eine ältere Dame (oder Herr) schildern, wie sie aus Deutschland geflohen oder nach dem Krieg ausgewandert sind und viele Jahre die deutsche Sprache nicht mehr sprechen wollten und mochten. Wer da nicht einen Kloß im Hals hat, der nicht weggehen mag, hat keine Empathie.

              Und weil ich so empfinde, hau‘ ich verbal jedem in die Fresse, der diese Schuld und meine Peinlichkeit vergrößert. Spätestens in Tel Aviv wird nicht mehr unterschieden, dass das eben Zuwanderer sind, die da israelische Fahnen abbrennen und die laut gröhlend durch die Straßen vagabundieren. Da wird man gefragt, was ist da bei Euch los (Betretenheit) und wieso gebt ihr ausgerechnet solchen Leuten eine neue Heimat.

              Nicht überall ist man so verständnisvoll gegenüber Leuten, die sich permanent daneben benehmen wie zwischen Flensburg und Freiburg. Deswegen reagiere ich bei diesem Thema so harsch. Vielleicht können Sie mich da ein Stück verstehen.

              • CitizenK 15. Mai 2021, 18:14

                Den Ärger über zu viel Verständnis für manche Vorfälle kann ich verstehen. Ich rege mich immer wieder darüber auf, was man bei sogenannten Al-Quds-Marsch in Berlin durchgehen lässt. Auch schon hier im Blog.

                Zum Thema muslimischer vs. deutsch-rechtsextremistischer Antisemitismus wage ich mal eine These. Könnte es sein, dass Scham über die deutschen Verbrechen der Nazizeit dazu führt, den gegenwärtigen Judenhass in der Mitte der deutschen Gesellschaft nicht sehen zu können? Die Kommentare unter Armins Laschets Solidaritätserklärung für Israel angesichts der aktuellen Raketenagriffe (auf instagram) stammen garantiert nicht von Asylbewerbern. Ich habe mich mit einem langjährigen Kollegen-Freund zerstritten, der mir „Israelhörigkeit“ vorwarf, weil ich auf die „andere Seite“ hinwies. Gymasiallehrer, biodeutsch. Und er ist nicht allein – Teil einer Chatgruppe der gleichen Schicht.

                Ich will das Problem mit judenfeindlich sozialisierten Zuwanderern aus dem Orient nicht kleinreden. Durch Erdogans Einfluss könnte es noch größer werden. Ich bin sehr dafür, dafür kein „Verständnis“ zu zeigen.

                • Stefan Sasse 15. Mai 2021, 19:04

                  Ich glaube, ein weiteres Problem ist, dass die israelische Politik so wahnsinnig unsympathisch ist.

                  • Stefan Pietsch 15. Mai 2021, 19:21

                    Für Dich, aus rein deutscher Sicht. Man muss da gewesen sein um zu verstehen. Robert Habeck hat das übrigens in dieser Legislaturperiode mehrfach getan.

                    Ich finde Israels Politik kein bisschen unsympathisch. 2000 scheiterte der Friedensprozess, nachdem Jassir Arafat das großzügigste Angebot zur Zweistaatenlösung von Ministerpräsident Ehud Barak abgelehnt hatte, das die Palästinenser je bekommen hatten. 2001 brach die zweite Intifada aus, viele Juden verloren durch den Gewaltausbruch, angestachelt von der Hamas, ihr Leben. In keinem Bus konnte man ohne Angst fahren, Schulkinder wurden in die Luft gesprengt.

                    Israel baute eine Mauer, um Ruhe zu haben. Israel zog sich aus den Palästinensergebieten zurück und übergab das Westjordanland sowie den Gazastreifen 2005 an die Palästinenser. Erst schickten die Araber aus dem Gazastreifen wochenlang Raketen gen Israel, sozusagen als Dankeschön. Dann installierten sie korrupte, diktatorische Regime statt die Chance zur Demokratie zu nutzen.

                    Mit solchen Nachbarn hätte jeder grundsätzliche Probleme. Die Israelis haben sich damals geschworen, nichts mehr mit ihren gewaltbereiten Nachbarn zu tun haben zu wollen. Sie riegelten sie ab, sie weiteten das Racing Profiling aus, um den Palästinensern so weit als möglich die Chance zu nehmen, noch einmal Juden in die Luft zu sprengen.

                    Dennoch musste man auch die letzten 15 Jahren ständig mit Raketenangriffen leben. Das hört nie auf, findet nur eben nicht den Weg in die Weltpresse.

                    Du, Stefan, bist schon wütend ob der aus Deiner Sicht kompromisslosen Haltung der GOP. In Israel würdest Du die Todesstrafe für gewalttätige Palästinenser fordern unter den dortigen Bedingungen.

                    Es hat seinen Grund, warum die Arbeiterpartei seit Ehud Baraks Angebot keine Chance mehr auf die Macht hatte. Es ist das Zeichen der israelischen Gesellschaft an die Palästinenser: Wir haben verstanden, ihr wollt keinen Frieden.

                    Alles hat seine Zeit. Die Zeit für eine Zweistaatenlösung ist längst vorbei. Nur in Europa haben es viele der Naiven nicht bemerkt.

                    • Stefan Sasse 16. Mai 2021, 13:39

                      Die Siedler und Bombenangriffe auf Zufahrtsstraßen von Krankenhäusern sind nicht eben sympathisch. Und ich argumentiere auch nicht für eine Zweistaatenlösung oder irgendwas. Ich habe null Sympathie für die Sache der Palästinenser, für die Hamas oder sonstwen aus der Bande. Ich bin pro-israelisch. Aber es kann kaum wegdiskutiert werden, dass die israelische Politik den Meinungskrieg weltweit verliert, und dass sie ihn nicht nur wegen Antisemitismus verliert, sondern auch, weil sie es Terroristen so leicht machen, sich als die Opfer zu inszenieren. Das ist Politikversagen der israelischen Regierung, und das sollte man ruhig so nennen.

                    • Stefan Pietsch 16. Mai 2021, 17:18

                      Der Bau von militärischen Tunnelanlagen und Kampfzentralen unter großen zivilen Krankenhäusern und Medienzentren gehört eigentlich auch zu den Dingen, die man früher weltweit verachtet hat. Oder die Verwendung internationaler Hilfsgelder zur Beschaffung moderner Raketen.

                      Aber wenn es um den Judenstaat geht, sieht die Mehrheit die Dinge anders. Sollen sich die Juden doch bombardieren lassen, sie haben es nicht besser verdient! Außerdem dürfen sie nur so viele palästinenische Zivilisten umbringen wie Israelis bei Angriffen sterben. Alles andere ist unfair!

                      Tatsächlich wurde schon die Gründung Israels nicht mit breiten Sympathien begleitet. Als in einer konzertierten Aktion alle umliegenden arabischen Staaten Israel im Sechstagekrieg angriffen, wartete die Weltgemeinschaft erstmal ab. Für UN-Resolutionen war ja später immer noch Zeit. Die kam, als sich das Blatt wendete. Da forderte auch die UN die Kriegsparteien zur Zurückhaltung auf. Und als die arabischen Staaten Gebiete verloren, da war klar: die Juden müssen diese zurückgeben.

                      Die Weltgemeinschaft hatte auch nichts dagegen, dass zuvor Juden aus Ost-Jerusalem vertrieben worden waren. Erst seitdem es zur Rückabwicklung kommt, ist das auch für die UN ein Problem.

                      Nein, Israel war nie beliebt. Und auch beim Friedensabkommen auf Camp David lagen die Sympathien meistenteils beim ehemaligen Terroristen Arafat. Wie gut, dass dann ein Jude den Friedensnobelpreisträger Jitzchak Rabin ermordete. An diese Tat erinnert in Tel Aviv eine große Gedenkstätte und ein Erinnerungszentrum.

                      Die Palästinenser gedenken lieber Terroristen und Mördern als Martyrer. Das ist wahrlich sympathischer. Juden schützen Juden, so soll es sein. Normalerweise führt auch Israel keinen Krieg, der verlustreich für die eigene Bevölkerung sein kann. Doch die Eroberung Ost-Jerusalems erfolgte unter Inkaufnahme eines höheren Blutzolls bei der eigenen Truppe um die historischen Stätten vor Zerstörung zu bewahren.

                      Ich war auch schon im Westjordanland. Hinter der Grenze zu Bethlehem sinkt der Lebensstandard sofort erheblich. Ja, die Palästinenser sind eingesperrt. Was mich wundert ist, dass ihre Wut sich nicht gegen die eigene Regierung richtet, sondern gegen den wohlhabenden Nachbar.

                      Eigentlich müsste jedem halbwegs intelligenten Palästinenser klar sein, dass es Wohlstand nur ohne Korruption gibt. Und das bedeutet, die eigenen Machteliten zu bekämpfen. Und nicht jene, die ihnen Arbeit geben und bei denen sie allein moderne Gesundheitsversorgung erleben dürfen.

                      Doch was taten die Palästinenser? In der ersten und bis heute einzigen freien Wahl sorgten sie für einen überwältigenden Sieg der als Terrororganisation geächteten Hamas im Gazastreifen und der korrupten Fatah im Westjordanland. Die teilten dann die Macht unter sich auf und damit das Gebiet. So kann niemand für die Palästinenser sprechen.

                      Ich habe seit dem mehrmals geschrieben, die Palästinenser seien wahrscheinlich das dümmste Volk auf diesem Erdball. Aber immerhin scheinen sie sympathisch.

                      2019 und 2021 hat die Hamas einen großen Angriff auf Israel inszeniert. Seltsamerweise wusste man sofort, wer eigentlich schuld an den Angriffen war: Israel selbst! Zum ersten Mal sollte eine arabische Partei der Knesset diesmal an der Regierung beteiligt werden – unter Netanyahu. Das ist vom Tisch, genauso wie die inzwischen mehrfach abgesagten Präsidentschaftswahlen im Westjordanland. Nun rate mal, wer daran schuld ist.

                      Ich weiß, dass Du sehr israelfreundlich gesinnt bist. Anders viele es mir schwer, bei einem grundsätzlichen Konflikt in dieser essentiellen Frage hier zu publizieren. Danke dafür.

                    • Stefan Sasse 16. Mai 2021, 20:08

                      Deine Fragen verwundern mich. Warum hat Angela Merkel über 60% Zustimmungsrate? Die Leute sind notorisch schlecht darin, Verantwortung vernünftig zuzuweisen. Die Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg haben zu 53% der Ansicht zugestimmt, „die Alliierten sind die wahren Kriegsverbrecher“. Nach dem Krieg wohlgemerkt. Im Zweiten Weltkrieg haben sie auch bejammert, wie schrecklich ihr Schicksal ist und die barbarischen Sowjetsoldaten und Amibomber verflucht. So was passiert dauernd. Ich wäre ehrlich verwundert, wenn die Palästinenser NICHT den Israelis die Schuld geben würden. Geben die Russen Putin die Schuld an ihrer miesen Lage? Ne, es ist „der Westen“. In Venzuela genauso. Nicht Maduro, sondern die bösen USA. Und so weiter. Völlig normal.

                    • Floor Acita 16. Mai 2021, 20:25

                      „Ich habe null Sympathie für die Sache der Palästinenser, für die Hamas oder sonstwen aus der Bande. Ich bin pro-israelisch. Aber es kann kaum wegdiskutiert werden, dass die israelische Politik den Meinungskrieg weltweit verliert“

                      Nicht um Partei zu ergreifen, sondern als Beispiel dagelassen…

                      „American Jews have grown increasingly sceptical of Netanyahu and his policies. A Pew Research Center survey published last week found that only 40% thought the prime minister was providing good leadership, falling to 32% among younger Jews. Strikingly, only 34% strongly opposed sanctions or other punitive measures against Israel. […] “We’re also urging the administration to make clear publicly that Israeli efforts to evict and displace Palestinian families in East Jerusalem and the West Bank are unacceptable, as is the use of excessive force against protesters,” said Jeremy Ben-Ami, the group’s president.“
                      https://amp.theguardian.com/us-news/2021/may/16/joe-biden-feels-political-ground-shift-as-israel-gaza-conflict-rages-on

                    • Stefan Pietsch 16. Mai 2021, 20:42

                      @Stefan

                      Putins Werte sind im Keller. Vor allem rufen die Russen nicht nach Krieg. Hitler genoss am Ende des Krieges nur noch Zustimmungswerte von um die 10%. Die Deutschen gaben sehr wohl ihm die Schuld an den Bombardements.

                      Die Hamas aber konnte im Westjordanland mit deutlichen Zugewinnen rechnen. Irre. Deswegen wurde die Wahl abgesagt.

                    • Stefan Pietsch 16. Mai 2021, 20:45

                      @Floor Acita

                      Netanyahu ist nicht Israel. Allerdings profitiert er von der Gewalt der Hamas, für beide eine Win-Win-Situation auf dem Rücken vieler Menschen.

                      Die Palästinenser müssen irgendwann entscheiden, wie sie aus der Sackgasse kommen. Ich fand es im Westjordanland beklemmend. Ich liebe die Freiheit Tel Avivs.

                    • Floor Acita 16. Mai 2021, 20:56

                      @StefanPietsch
                      Ich hatte Stefan’s Aussage auf die ich mich bezogen habe so verstanden, dass er mit der „israelische[n] Politik“ die „den Meinungskrieg weltweit verliert“ die Politik Netanyahus meint. Vielleicht habe ich ihn da missverstanden / kann er das nochmal klarstellen?!

                    • Stefan Sasse 16. Mai 2021, 22:15

                      Das meine ich, klar. Wer soll denn sonst „die israelische Politik“ sein wenn nicht die Regierung Netanyahu?

                  • Floor Acita 15. Mai 2021, 19:35

                    Das ist für die Beurteilung der israelischen Regierung selbst sehr relevant, vielleicht auch für deren Wähler – für ein wie auch immer geartetes Verhalten gegenüber ‚Juden‘, zumal noch nicht einmal in Israel lebend, kann das aber keine Rolle spielen…

                    Zum ersten Punkt:
                    https://www.npr.org/2021/05/15/997148399/israeli-airstrike-flattens-building-home-to-ap-and-other-media-in-gaza-city

                    Das sind Dinge die in keiner Weise Alleinstellungsmerkmale Israels sind, es passiert im/in Krieg/en immer wieder, die aber halt auch nur sehr schwer nachvollziehbar / zu erklären sind -auch- im konkreten Fall…

                    • Stefan Pietsch 15. Mai 2021, 20:00

                      Die Hamas hat unter dem größten Zivilkrankenhaus des Landes die Zentrale für das Tunnelnetz gebaut, ohne das Israel nicht permanent angegriffen werden könnte.

                      Das ist ein Kriegsverbrechen. Nach dem Völkerrecht hat die Regierung eines Landes die eigene Zivilbevölkerung vor Angriffen zu schützen und darf sie nicht als Schutzschild missbrauchen. Die Zentrale ist ein legitimes Angriffsziel, die Kollateralschäden in Form erheblicher ziviler Opfer nicht zu vermeiden.

                      Das wird oft vergessen.

                    • Stefan Sasse 16. Mai 2021, 13:42

                      Völlig bei dir.

                • Stefan Pietsch 15. Mai 2021, 19:28

                  Ich kenne in der Frage keinen Kompromiss und keine Toleranz. Judenfeindlichkeit ist Judenfeindlichkeit. Ich bin da hart in meinem Umfeld, im Persönlichen und ich bin in meiner politischen Haltung rigoros.

                  Doch um ein Problem zu bekämpfen, muss man immer genau hinschauen, wo es herkommt. Wenn mein Unternehmen Verlust macht, ist das zu ändern. Doch um es ändern zu kommen, muss genau analysiert werden, wo der Verlust herkommt. Und dann heißt es ändern oder schließen. Wenn ich aber nicht weiß, wo das Problem liegt, kann ich es nicht angehen. Und irgendwann muss das ganze Unternehmen geschlossen werden.

                  Keine Toleranz zu Rechtsextremisten. Aber auch Null Toleranz gegenüber judenfeindlichen Muslimen.

                  • CitizenK 15. Mai 2021, 20:50

                    Unter dem Eindruck der heutigen Ereignisse in Paris und Berlin bin ich dabei, meine eben noch vertretene Position zu überdenken.

                  • Stefan Sasse 16. Mai 2021, 13:42

                    Völlig bei dir.

                • Floor Acita 16. Mai 2021, 16:39

                  „Ich habe null Sympathie für die Sache der Palästinenser, für die Hamas“

                  Ist das für Dich das Gleiche? Ganz allgemein gesprochen, würdest Du sagen, dass Du bei der Beurteilung von ausländischer Politik (auch Israels btw) die Wechselbeziehungen Regierung vs Opposition, ‚Bewegungen im Volk‘, Aktivisten vs Mehrheitsgesellschaft genauso / ähnlich detailliert auflöst wie bzgl Deutschland oder vlt noch der USA? Oder sind deiner Meinung nach die Gesellschaften in Palästina, Israel, aber auch Iran, China, Russland etc einfach monolithischer als die deutsche oder amerikanische?

                  • Stefan Sasse 16. Mai 2021, 20:01

                    Nein, ist nicht das gleiche. Ich habe aber auch keine Sympathie für diese ganzen politischen Ideen wie Rückgabe des Landes, Grenzen von 1948, etc.

            • Floor Acita 15. Mai 2021, 19:48

              Was ich in den Debatten immer nicht verstehe – warum ist es wichtig zwischen inländischen und ausländischen „Rechtsextremen“ zu unterscheiden? Sind die Grauen Wölfe nicht Faschisten? Konkret kann Erdogan im Moment die Dinge anheizen, er ist halt auch Faschist, und deshalb die Grauen Wölfe verstärkt in Erscheinung treten. Aber auch das deutsche rechtsextremistische Spektrum ist ja kein Monolith, auch hier kann die Gefahr wechselnd verstärkt von konkreten Gruppierungen etc ausgehen, das macht es ja aber auch nicht zu einem separaten Phänomen?

              • CitizenK 15. Mai 2021, 20:48

                Berechtigte Frage wegen der ideologischen Verwandtschaft. Versuch einer Antwort:
                Rechtsextremistisch zu sein finde ich in Deutschland mit seiner Geschichte besonders verwerflich – und unverständlich.
                Muslimische (türkische und arabische) Rechtsextremisten können auf Solidarität/Loyalität von Muslimen in anderen Ländern setzen und ihre Aktionen als Glaubenskampf ausgeben. Christliche Rechtsextremisten sind selten geworden, jedenfalls in Europa.

                • Floor Acita 15. Mai 2021, 22:38

                  OK, ich sehe den Punkt, wobei ich persönlich das trotzdem wahrscheinlich nicht in Konkurrenz zu, sondern Teil / „Details“ rechtsextremistischer Strukturen einordnen würde, aber das nur am Rande.

                  Was mich aber diesbezüglich interessieren würde, und das ist keine Frge an Sie, wie rechtsextremistische und antisemitische Strukturen generell organisiert und vor allem vernetzt sind?

                  Es gibt ja diese Netzwerke von NPD, Goldener Morgenröte, spanischen Faschisten usw. „Religionskampf“ ist sicher breiter und scheinbar „unbeschmutzter“ zu instrumentalisieren als relativ isolierte faschistische Netzwerke solidarisieren. Was aber wenn einzelne Akteure auch nur in einem Land diese relativ grössere Massenbasis haben? Können europäische Rechtsextremisten analog muslimischer „Solidarität“ von durch Milliardären a la Mercer in den USA finanzierte Strukturen und Bewegungen (subset von MAGA, den Organisationen um Richard Spencer, alt right) oder Fox News / new media bubbkes, QAnon etc oder von einer sicher mittlerweile staatlich-institutionell unterstützten/finanzierten Jobbik in Ungarn profitieren? Und richtet sich die Unterstützung muslimischer Machthaber nur an (andere) Muslime oder nicht auch an diese Netzwerke, insbesondere für expliziten Antisemitismus? Ich erinnere mich bspw an eine von Ahmadinejad organisierte Konferenz an der bei weitem nicht nur muslimische, sondern eben auch Organisationen wie NPD, Goldene Morgenröte etc teilnahmen…

                  • CitizenK 16. Mai 2021, 08:28

                    Ist Steve Bannon eigentlich noch aktiv? Das mit der Zentrale im italienischen Kloster hat sich ja wohl zerschlagen.
                    https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/steve-bannons-denkfabrik-muss-kloster-in-italien-raeumen-17247805.html

                    • Stefan Sasse 16. Mai 2021, 13:43

                      Steve Bannon…völlig überschätzt, der Typ. Mich interessiert null, was der treibt. Einfach ignorieren.

                    • Floor Acita 16. Mai 2021, 16:34

                      Ich weiss nur, dass er einen podcast hat wo immer noch Gäste wie Rudy Guliani oder Roger Stone auftreten. Welche Bedeutung er für die ‚junge Medienblase‘ oder auch ’nach innen‘ (die orthodoxe Rechtsextreme / Faschisten) noch hat, weiss ich nicht.

                      @StefanSasse
                      Naja, er war ja schon instrumental im Aufbau der rechten Medienblase und im Zusammenbringen von Nixon Administration operatives, junger Rechter, Trump selbst, ‚MAGA‘ und Finanzierungsnetzwerken Mercer, Prager, Koch usw.?!

                    • Stefan Sasse 16. Mai 2021, 20:00

                      Wie gesagt, ich halte seine Rolle für überschätzt.

  • derwaechter 14. Mai 2021, 22:11

    2)
    Ich hatte gerade das hier in meiner Timeline und musste an diesen Beitrag denken.

    Wenn CRT es derart in Schulbücher schaffen sollte, habe ich das ungute Gefühl, dass spätere Generationen sich das mit ähnlicher Fassungslosigkeit anschauen werden, wie wir heute auf die alten Sachen blicken.

    Objektivität ist rassistisch

    https://twitter.com/kmlyounes/status/1390775222299660291?s=20

  • CitizenK 17. Mai 2021, 17:20

    „dass die israelische Politik den Meinungskrieg weltweit verliert“

    Merkwürdig, da doch angeblich in allen Machtzentralen Juden sitzen und Meinung machen? Merkwürdig auch, dass Sympathie erfährt, wer Terroranschläge mit einer Art Gehalt oder ggf. einer Rente belohnt, also zumindest zum Teil aus UN- und EU-Hilfsgeldern finanziert.
    Wer solche Hilfsgelder nicht für Kliniken und Schulen verwendet, sondern zur Herstellung von zigtausend Raketen, die dann auf Zivilisten geschossen werden. Merkwürdig, oder?

    • Floor Acita 17. Mai 2021, 18:50

      Haben Sie hier nicht auch geschrieben, dass Sie besagte Politik nicht mögen? Das täte auch kein Jude den Sie persönlich kennen?

      Und ist es wirklich die Hamas die Sympathie erfährt, die Fatah oder irgendeine konkrete Organisation? Oder geht es mehr um ‚Schicksale‘? Wie bspw in folgendem post den ich auf Facebook gesehen habe? „My coworker Gaza messaging all of us saying she and her family won’t bother leaving her house, because a nearby school harboring Palestinian re-refugees was called to evacuate so it could be hit, she might as well die in her home“. Das ist ja prinzipiell unabhängig irgendeiner politischen Seite, von richtig oder falsch, oder? Ich kann natürlich fragen, ob unter der Schule eine Terrorzelle agierte, feststellen, dass zumindest gewarnt wurde oder fragen wie Leute in Tel Aviv mit der Angst leben. Aber wäre letzteres nicht whataboutism? Ich hab das prinzipiell zumindest immer als ‚Menschen haben ein Problem mit Krieg‘ interpretiert, mit ‚Leid‘ etc das man ablehnt. Die ‚Refugees Welcome‘ Fraktion wird ja im Allgemeinen, vor allem auch von Ihnen selbst, auch nicht als Azad Fans etc interpretiert, oder?

      • CitizenK 17. Mai 2021, 19:39

        Gewiss nicht. Ich wollte darauf hinweisen, dass weltweit durch Massen-Demos, in Umfragen und in Dutzenden von UN-Resolutionen Israel verurteilt wird, nicht „die Palästinenser“. Dabei wird nicht unterschieden zwischen den Machthabern und den Menschen.

        Ist dafür allein die Besatzungspolitik und die oft damit einhergehende Demütigung und Entrechtung von Menschen in der Westbank verantwortlich? Ich glaube – nein. Vielmehr sehe ich ein weltweit verbreitetes, tiefsitzendes anti-jüdisches Ressentiment.

        Ich war immer auf der Seite von Grossman und Uri Avnery, die sich für den Ausgleich einsetzten. Aber ist ist schon so, wie Stefan P. in seinem -allerdings sehr einseitigen – Beitrag schreibt: Diese Kräfte haben die Hoffnung aufgegeben, dass „Land gegen Frieden“ funktionieren würde. Deren Anhänger waren früher für die Rückgabe des Golan – jetzt nicht mehr – die Hisbollah hätte dann freies Schussfeld. Ein autonomer Staat in der Westbank, der sich autonom verbünden und bewaffnen könnte, wäre das Ende des jüdischen Staates, davon bin ich mittlerweile überzeugt. Gegen zehntausende iranischer Raketen von dort und aus dem Libanon und aus Gaza und aus Syrien könnte auch Iron Dome nichts ausrichten.
        Das bedeutet: Israel ist in seiner Existenz akut gefährdet – trotz seiner Atomwaffen und der stärksten Armee im Nahen Osten. Und hätte daher weltweite Solidarität verdient und nicht Ächtung.

        Ich verurteile viele Handlungen von Siedlern und Rechtsextremisten in der Westbank – denen Nethanjahu weitgehend freie Hand lässt – aus Gründen der Machterhaltung. Aber „Bibi“ wäre nicht an der Macht, gäbe es nicht den Terror und die sehr reale Bedrohung durch Hamas/Iran/Qatar. Auch das gehört zum ganzen Bild.

        Die Lage der Menschen in Gaza ist furchtbar. Die dortigen Machthaber könnten das noch heute ändern – durch die Aufhebung der Hamas-Charta und die Anerkennung des Staates Israel.

        • Floor Acita 17. Mai 2021, 20:06

          Ich habe im Prinzip keinerlei Widerspruch. Mir geht es eher darum ‚Kitt‘ zu sein, darauf hinzuweisen, dass es bei der Solidarität m.E. in erster Linie nicht um Solidarität mit den palästinensischen Machthabern geht.

          Die expliziten ‚anti-Israel‘ Proteste sind dagegen tatsächlich von Antisemitismus durchsetzt, da sind wir uns glaube ich einig.

          Und ich sehe schon auch viel Sympathie, Solidarität und Beistand für Israel. Gerade auch in Deutschland und/oder den USA. Gut, dass es darunter und unter Israel-Fahnen-Schwenkern selbst auch Antisemitismus gibt, zugegeben, das ist eine weitere Komplexitätsstufe, aber ich gehe ja schon davon aus, dass die meisten der Unterstützer es doch im Grossen und Ganzen ehrlich meinen?!

          • CitizenK 17. Mai 2021, 22:08

            Davon gehe ich auch aus.

        • Floor Acita 19. Mai 2021, 12:09

          Eine Sache die mir trotz allem was gesagt wurde keine Ruhe lässt, und ich glaube tatsächlich eine Frage die sich viele stellen / zumindest auch eine Motivation für „Westler“ (berechtigt oder nicht) „solidarisch mit Palästina“ oder zumindest sich nicht „voll und ganz“ mit Israel solidarisch zu erklären…

          Wir hatten über Terror-Basen unter Schulen etc. gesprochen, das macht jeden Einzelfall komplex, es gab den hit auf das AP Gebäude (unabhängig von der/n letztendlichen Antwort/en lösen Aktionen gegen Medien, wenn auch am Ende wie gesagt vlt nur kollateral, zumindest immer Fragen aus) usw.

          Aber ‚overall‘, insgesamt, unabhängig der Vergleiche der Zahlen, unabhängig der Schlussfolgerung oder der generellen Frage ‚berechtigt‘ usw. und das IST tatsächlich eine Frage die konkrete Bilder etc nunmal auslösen…

          Halten Sie die zivilen Kollateralschäden in/auf Gaza, sowohl menschliche als auch (private) Sach- Infrastruktur (Frisch- / Abwasser etc, ev auch medizinische Versorgung) auch und insbesondere im tatsächlichen Ausmass für absolut notwendig an, unabhängig einer potentiellen allgemeinen Berechtigung? Sprich können wir Rache (an der Zivilbevölkerung) oder auch ‚Enthemmungseffekte‘ auf Seiten der IDF tatsächlich vollkommen ausschliessen – zumindest als ‚Zermürbungstaktik‘ etc also nicht nur ‚Kurzschlussreaktion‘, sondern ‚angeordnet‘? Wie gesagt, tatsächliche Frage, Unsicherheit…

          • Stefan Pietsch 19. Mai 2021, 12:20

            Das sind eigentlich die falschen Fragen. Das internationale Recht definiert legitime Ziele als solche, von den aus gewalttätige Angriffe auf einen anderen Staat (Israel) geplant, organisiert oder verübt werden. Damit markiert die Hamas Krankenhäuser, Schulen und Pressegebäude zu legitimen Zielen der israelischen Armee, wenn sie dort ihre Kommandozentralen, Netzwerke und Unterschlupfe einrichtet.

            Dies gilt es zu thematisisieren. Die Terroristen nutzen aus, dass Israel sich als Teil der zivilen Welt zurückhält.

            • Floor Acita 19. Mai 2021, 16:25

              Mir war es wie gesagt wichtig, beide Fragen getrennt zu betrachten…

              • Stefan Pietsch 20. Mai 2021, 09:00

                Ich weiß nicht, wie sich das trennen lässt. Das Spiel, das die Hamas spielt, ist doch regelmäßig das Gleiche. Zu einem für sie günstigen Zeitpunkt bombardiert sie Israel, um eine mit großen Menschenverlusten versehene Gegenreaktion zu erzeugen und sich damit vor den Augen der Weltgemeinschaft als Opfer und Israel als Aggressor darzustellen. Zu dieser Taktik gehört, Warnungen der israelischen Armee vor einem bevorstehenden Angriff nicht an die Bevölkerung weiterzugeben.

                So werden neue Spendengeldern bei reichen Sympathisanten in der Welt akquiriert und den internationalen Organisationen die vermeintliche Rechnung aufgedrückt, von denen Hamas-Bonzen sich ihre Paläste bauen. So kann es sein, dass Gaza der pro Kopf am meisten geförderte Landstrich der Erde ist und gleichzeitig einer der ärmsten.

                Israel, das hat Netanyahu ja auch jetzt wieder betont, zerstört die militärischen Strukturen bei den Gegenangriffen so weit, um dann für möglichst lange Zeit Ruhe zu haben.

                Wer das durchbrechen will, muss dort ansetzen, wo es immer trifft: beim Geld. Austrocknen der Spendenströme, international Hilfsgelder nur bei Verwaltung einer durchsetzungsstarken Organisation wie der Amerikaner. Oder für eine Zeit gar nicht. Neuverhandlung des Iranabkommens unter Einbezug des Verbots von Waffenlieferungen an Terrororganisationen.

                • CitizenK 20. Mai 2021, 09:27

                  Halten Sie das wirklich für realistisch? Iran wird sich darauf niemals einlassen und wenn, dann nur zum Schein. Die deutsche Iran-Politik ist widersprüchlich. Einerseits ist Israels Sicherheit „Staatsräson“, andererseits buhlt Deutschland wie kein anderes Land um gute Beziehungen zu Iran. Einem Land, das ganz offen Israel „von der Landkarte tilgen“ will und Terror-Organisationen unterhält, die das ins Werk setzen sollen. Hier zeigt sich der Zielkonflikt zwischen wirtschaftlichen und politisch-moralischen Interessen ganz unverstellt.

                  • Floor Acita 20. Mai 2021, 09:54

                    Darf ich mal eine Frage stellen, unabhängig. Wie sehen Sie eigentlich die Rolle Saudi-Arabiens? Ist das tatsächlich ein Freund oder neutraler Akteur? Während die Hizbollah shiitisch ist und die Beziehungen zum Iran klar, bin ich mir bei der Hamas sehr skeptisch, dass Iran tatsächlich der Hauptgeldgeber ist. Nicht, weil der Iran Israel nicht zerstören will, sondern weil die Hamas sunnitisch ist und zumindest in Syrien oder auch im Irak das immer ein Zeichen für die Unterstützung der Saudis war und ist. Im ganzen nahen Osten führen Shiiten mit Sunnis blutige Kriege, in der Regel sind das Stellvertreterkriege zwischen den beiden Regimen/Einflussphären.

                    Ich frage deshalb, weil die Saudus ja noch viel mehr Geld vom Westen erhalten, da frage ich mich immer ob nicht die Viper im eigenen Bett liegt. Wie kommt es i.E. zu der Iran schlecht, Saudis gut Dichtomie in westlichen Medien / zumindest der öffentlichen Wahrnehmung? Welche Einschätzung teilen Sie diesbezüglich?

                    • CitizenK 20. Mai 2021, 10:24

                      Wenn es gegen Israel geht, sind diese Unterschiede offenbar nachrangig:
                      https://www.jpost.com/arab-israeli-conflict/iran-reveals-its-strategy-advising-hamas-on-war-against-israel-668265?fbclid=IwAR3wo570_MP21HnLLsVRF-ybNvCAVTh2kQRZLGOVOmvHHLjd3XlxPgXiPe0

                      Das Saudi-Regime ist kaum weniger diktatorisch und grausam als das im Iran. Warum das „gut“ ist? Es ist das Öl und die „stabilisierende Funktion“ in Nah-Ost. Für Israel ist es keine Bedrohung (mehr), das spielt gewiss eine Rolle.

                      Was Saudi-Arabien im Jemen anrichtet ist furchtbar. Die verhaltene Reaktion im Westen kann man wohl nur damit erklären, dass es „our bastard“ ist.

                      „It’s our bastard“, wie die Amerikaner sagten.

                    • Floor Acita 20. Mai 2021, 12:30

                      @CitizenK

                      „Für Israel ist es keine Bedrohung (mehr)“

                      Um einzig diesen Aspekt ging es mir. Wie kann man sich da so sicher sein? Eben auch vor dem Hintergrund der Finanzierung von Terroristen in der gesamten Region. Unabhängig der Iran-Frage, woher wissen wir, dass von Riad keine Gelder an die Hamas fliessen (wo ich von Zweifeln an der Finanzierung durch die Mullahs gesprochen habe, beinhaltete das für mich eine genauso grosse Erwartung einer Finanzierung durch die Saudis, sorry wenn das nicht klar war). Aber eben auch wenn der Iran getrieben von Judenhass ideologische Grenzen überspringt, woher wissen wir, dass andere das nicht auch tun?

                      Und umgekehrt, wenn es absolut sicher ist, wie ist es gelungen? Und kann man das dann für die Mullahs in Zukunft wirklich komplett aussschliessen? Es ist ja bekannt, wird auch gerne in der zeitgenössischen Debatte erwähnt, dass ALLE Staaten der Region Israel nach Gründung auslöschen wollten … warum sind davon zum Glück „nur noch“ 1-2 übrig, wie ist das gelungen?

                    • Stefan Sasse 20. Mai 2021, 14:12

                      Unter anderem weil Israels Militär so stark ist wie es ist.

                    • Floor Acita 20. Mai 2021, 17:52

                      Ich wollte mehr auf die ganz konkrete Strategie und Taktik hinaus. Das Militär ist ja nicht stark wenn es um Saudi-Arabien geht und schwach im Falle von Iran. Was sind die Unterschiede bzw nochmal, ist Israel tatsächlich vor Saudi-Arabien sicher? Warum steht das so eindeutig fest?

                    • Stefan Sasse 20. Mai 2021, 18:16

                      Naja, das israelische Militär würde das saudische im Zweifel besiegen, da bin ich ziemlich zuversichtlich. Davon abgesehen hat Israel im Falle des Falles die Atombombe. Und die USA werden in einem Konflikt zwischen Riad und Tel Aviv keine großen Entscheidungsprobleme haben.

                    • Floor Acita 20. Mai 2021, 19:49

                      Aber all das gilt ja für Teheran genauso … and then some. Was also ist der Unterschied?

                    • Stefan Sasse 20. Mai 2021, 22:53

                      Teherans reguläre Armee ist nicht das Problem, sondern deren Fanatismus. Ich bezweifle, dass Ryiad in einem Konflikt mit Israel das Land auszulöschen versuchen würde. Iran? Vorstellbar. Davon abgesehen sitzen die Mullahs wesentlich fester im Sattel als die Sauds.

                  • Stefan Pietsch 20. Mai 2021, 11:09

                    Das weiß ich nicht. Das Ergebnis von Verhandlungen lässt sich selten genau prognostizieren.

                    Der Westen will das Abkommen, ob die Region zu stabilisieren. Eine Atommacht Iran wäre das letzte, was für den Nahen Osten zu wünschen wäre. Sollte das Mullah-Regime tatsächlich nahe an die Bombe kommen, bliebe Israel kaum eine andere Wahl als in einem Verzweiflungsakt Angriffe zu fliegen.

                    Doch Iran scheint ein größeres Interesse an dem Abkommen und damit der Aufhebung der Sanktionen zu haben. Auch der jetzige Konflikt ließe sich so interpretieren, dass über die Hamas Druck auf die amerikanische Regierung aufgebaut werden soll, wieder den Status quo ante einzusetzen, bevor Trump den Iran-Deal einseitig aufkündigte.

                    Die Mullahs stehen unter enormen innenpolitischen Druck ihrer sehr jungen Bevölkerung, denen Freiheiten vorenthalten werden. Der Kessel kocht, was sich auch darin zeigte, dass Iran vor zwei Jahren den versehentlichen Abschuss einer Passagiermaschine zugeben musste.

                    Die Atombombe stabilisiert diktatorische Regime nach außen wie im Falle Nordkorea. Aber diese Waffe hat keine Wirkung nach innen. Die Gotteskrieger sind jedoch von außen nur durch Israel bedroht, von innen jedoch von einer aufmüpfigen Jugend. Deren Wut sind durch die Sanktionen gereizt und richtet sich gegen die eigene Regierung.

                    Die Frage ist also, was ist den Mullahs ihr ideologischer Krieg gegen die Juden wert. Wenig wahrscheinlich der eigene Untergang, dazu agierten sie meist zu rational. Trumps Ausstieg (den ich nach einigem Überlegen richtig fand) gibt eine neue Chance. Und die Biden-Administration, die zahlreiche gekündigte Vereinbarungen wieder in Kraft gesetzt hat, scheint gewillt, diese Chance zu nutzen.

                    Ja, Deutschland spielt wie so oft auf diplomatischem Parkett eine höchst unglückliche Rolle. Man möchte sich nicht entscheiden. Aber ich bin ganz bei der amerikanischen / israelischen Position.

                • Floor Acita 20. Mai 2021, 10:00

                  Mir und ich glaube auch vielen anderen geht es nicht um die Hamas / könnten nicht weniger an ihr interessiert sein. Es geht um die Zivilbevölkerung und warum es nicht gelingt einen Keil zwischen beide zu treiben, was der Hebel ist?

                  Wie gesagt, warum redet keiner von / könnte es nicht eine Option sein die Hamas tatsächlich zu leveln, Gaza einetseits komplett abzuriegeln mit Nato Truppen um blame von Israel abzuleiten, dann Hilfslieferungen, vor allem aber nation building zu betreiben. Im Nahen Osten oderxauch Afghanistan wurden immer wieder (zu schnell) puppets installiert. Wann hat der Westen eigentlich zum letzten Mal ein feundliches / besiegtes Gebiet für 4 Jahre tatsächlich als militärische Besatzungszone direkt regiert, neue Leute aufgebaut/ausgebildet bei tleichzeitiger Hilfe an die Bevölkerung?

                  • Stefan Pietsch 20. Mai 2021, 11:40

                    Fehlendes Wissen, Naivität und Dummheit.

                    Die Menschen im Gaza haben vor 15 Jahren einen verhängnisvollen Fehler gemacht, als sie Terroristen, von denen sie wissen konnten, dass es Terroristen sind, die Macht gaben. Die Hamas hatte sich halt persönlich um die Menschen gekümmert, scheinbar. Würde heute gewählt, wäre sehr zweifelhaft, ob die Fanatiker noch nennenswert Stimmen bekämen. Die Hamas ist vor allem dort populär, wo die Leute nicht mit den Entbehrungen leben müssen.

                    Die Menschen in Gaza sehen durchaus die Korruption, die Vetternwirtschaft, den Prunk. Sie sehen auch, dass sie zur Zielscheibe gemacht werden. Die meisten Araber in Israel wünschen sich alles andere als eine Zweistaatenlösung. Mit der Fatah? Oder gar der Hamas? Ihren Wohlstand haben sie wegen der Liberalität des Landes, sie genießen den Schutz von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Zivilisation und das wissen sie.

                    Die Palästinenser, die täglich aus den Autonomiegebieten pendeln, sehen das auch, trotz der Schikanen an den Grenzübergängen. Arbeit finden sie in Israel, nicht in der Westbank und schon gar nicht in Gaza mit einer Arbeitslosenrate von über 50%.

                    Eigentlich müsste die Übergabe von 2005 rückabgewickelt werden. Doch wer ist bereit den Preis dafür zu bezahlen? Die Hamas wird Gaza nicht aus ihren Klauen lassen. Dicht besiedelt, wäre der Blutzoll einer Besatzung durch Israel oder die USA hoch – vor allem auch für die Palästinenser. Die Terroristen verstecken und verbarrikadieren sich überall und sie haben ein unterirdisches Netzwerk errichtet – mit westlichen Hilfsgeldern.

                    Anders als in Afghanistan glaube ich nicht an Nation Buildung in Gaza. Wollen das überhaupt die Menschen? Wer kann für sie sprechen, wo artikuliert sich ihr Wille? Es sprechen doch ausschließlich Aktivisten und Terroristen für sie, die deren Schicksal nur für eigene politische Zwecke instrumentalisieren.

                    Für Versorgung und Wiederaufbau bedarf es einem Minimum an Infrastruktur. Die besteht aus Helfern, Organisatoren und Transportmitteln. Diese stehen sämtlich unter dem Befehl der Hamas. Es ist fast ausgeschlossen, den Menschen Hilfen zukommen zu lassen ohne die Hamas einzubinden. Das wiederum führt dazu, dass der Großteil für die Versorgung der eigenen Kampfgenossen und für die Beschaffung von Waffen zweckentfremdet wird.

                    Ich bin überzeugt, es wird nur durch einen Zangengriff gehen. Entzug der finanziellen Unterstützung von außen und Aufstand von innen. Die Hamas wird nicht freiwillig gehen und die Geschichte vom Sturz von Diktaturen lehrt, erst muss ein Regime von innen heraus geschwächt sein, bevor es kollabiert.

                    • Floor Acita 20. Mai 2021, 12:17

                      „Fehlendes Wissen, Naivität und Dummheit.“ Vielen Dank auch…

                      „Würde heute gewählt, wäre sehr zweifelhaft, ob die Fanatiker noch nennenswert Stimmen bekämen. Die Hamas ist vor allem dort populär, wo die Leute nicht mit den Entbehrungen leben müssen.

                      Die Menschen in Gaza sehen durchaus die Korruption, die Vetternwirtschaft, den Prunk. Sie sehen auch, dass sie zur Zielscheibe gemacht werden. […]

                      Die Palästinenser, die täglich aus den Autonomiegebieten pendeln, sehen das auch, trotz der Schikanen an den Grenzübergängen. Arbeit finden sie in Israel, nicht in der Westbank und schon gar nicht in Gaza mit einer Arbeitslosenrate von über 50%.“

                      Das sind die Fakten an denen meine Gedanken ansetzen.

                      „Mit der Fatah? Oder gar der Hamas? […] Diese stehen sämtlich unter dem Befehl der Hamas. Es ist fast ausgeschlossen, den Menschen Hilfen zukommen zu lassen ohne die Hamas einzubinden.“

                      In Nazi-Deutschland war bekanntermassen alles, das gesamte öffentliche Leben, jegliche Organisationen und Organisationsformen gleichgeschaltet…

                      „Wollen das überhaupt die Menschen? Wer kann für sie sprechen, wo artikuliert sich ihr Wille? Es sprechen doch ausschließlich Aktivisten und Terroristen für sie, die deren Schicksal nur für eigene politische Zwecke instrumentalisieren.“

                      …und dennoch ist es gelungen Infrastruktur zu finden, Ansprechpartner, Wiederaufbau zu betreiben?!

                      „Doch wer ist bereit den Preis dafür zu bezahlen? Die Hamas wird Gaza nicht aus ihren Klauen lassen. Dicht besiedelt, wäre der Blutzoll einer Besatzung durch Israel oder die USA hoch – vor allem auch für die Palästinenser.“

                      Das ist die entscheidende Frage, aber lieber ein Ende mit Schrecken…?!

                      „Die Hamas wird nicht freiwillig gehen und die Geschichte vom Sturz von Diktaturen lehrt, erst muss ein Regime von innen heraus geschwächt sein, bevor es kollabiert.“

                      Ich sage nicht, dass Entzug der Hilfsgelder nicht notwendig ist. Aber das führt manchmal ja auch zu weiterer Unterstützung durch die Bevölkerung (Hitlers ‚jeder Diktator braucht einen Krieg‘, antisemitische slogans ‚die Juden lassen uns verhungern‘ etc). Gibt es andere / zusätzliche Möglichkeiten? „Flugblätter & Jeans“ abwerfen, kulturellen Einfluss, Stefan’s ‚amerikanische Werte‘ verbreiten?

                    • Stefan Pietsch 20. Mai 2021, 13:24

                      Das war nicht auf Sie bezogen, Entschuldigung.

                      Gestern war der Grünen-Politiker und Deutsch-Iraner Omid Nouripour bei Markus Lanz zu Gast und gab einen Einblick, wie dumm und uninformiert Araber in ihren Ländern gehalten werden. Das ist übrigens die Basis jeder Diktatur.

                      Das sind die Fakten an denen meine Gedanken ansetzen.

                      Wenn Sie die Fakten so anerkennen, dann ist die erste Schlussfolgerung aber zwingend, dass es keine Zweistaatenlösung (mehr) geben kann. An der Akzeptanz dieser Konsequenz muss aber noch gearbeitet werden. So gehen die hier lebenden Muslime noch davon aus, dass entweder irgendwann die Palästinenser in ihrem eigenen Staat leben werden oder gar die Juden ins mehr getrieben sein werden. Lautstarke Teile befürworten dabei letztere Lösung.

                      Wie könnte aber eine Einstaatenlösung aussehen? Wie könnte „A Land for all“ funktionieren? Ulrich Reitz hat dazu auf focus online einiges Interessantes geschrieben.
                      https://www.focus.de/kultur/gesellschaft/analyse-von-ulrich-reitz-der-ewige-konflikt-hamas-terror-macht-2-staaten-loesung-unmoeglich-doch-es-gibt-alternative_id_13303691.html

                      Gaza lässt sich kaum mit Nazi-Deutschland vergleichen. Hitlers Herrschaft basierte mit einem perfekt organisierten Staatswesen auf einem sehr großen Gebiet. Gaza ist ein sehr kleiner Landstrich ohne Basiselemente eines Staatswesens. Jeder kennt jeden, die Unterdrückung funktioniert wie im Mafiasystem.

                      Welcher Wiederaufbau? Das Regime hat internationale Konten, auf die Hilfsgelder wie Spenden überwiesen werden. Als autonome Verwaltung kann die Hamas weitgehend autonom entscheiden. Und da werden dann halt Computer für militärische Kommandozentralen eben als Schulmaterial deklariert. Das ist nicht kontrollierbar.

                      Nochmal, wer soll die Aufgabe schultern und vor allem, warum? Vor über 10 Jahren ist die israelische Armee in Gaza einmarschiert nach einer großen Terrorwelle. Das Ergebnis der Operation war verherrend: mehrere in Hinterhalten getötete israelische Soldaten und außenpolitisch eine breite Verurteilung der Kriegstreiber. Israel hat davon genug. Seine Bevölkerung hat davon genug. Eine Mehrheit für eine Invasion lässt sich nicht finden. Deswegen belässt man es seit dieser Zeit weitgehend bei Bombardements.

                      Die Unterstützung der Nazis war um 1943 nach der verlorenen Schlacht um Stalingrad auf so 10% gesunken. Die Deutschen spürten die verheerenden Kriegsfolgen. Mit der Zeit wissen Menschen sehr wohl, woher und warum die Bomben kommen.

                      Als viele Deutsche 1945 auf der Flucht waren, kam es zu Misshandlungen, menschlichen Grausamkeiten wie dem Vorenthalten von Essen und Vergewaltigungen. Durch Polen und Russen. Nach Überlieferung meines Vaters – ein Flüchtlingskind aus Königsberg – fragten viele damals anklagend, was „unsere Jungs“ dort angestellt hätten, dass die Polen und Russen sich so verhalten.

                      Was wir hier tun können? Die hiesigen Koranschulen auflösen, den Koranunterricht durch deutsche Lehrer organisieren, Demos auflösen, wenn israelfeindliche Slogans gerufen werden. Und vor allem die internationalen Konten sperren.

          • CitizenK 19. Mai 2021, 14:31

            Die israelische Armee ist mW die einzige, die Angriffe auf bestimmte Ziele mit Flugblättern u/o SMS ankündigt, damit Zivilisten sich in Sicherheit bringen können. Das verhindert zivile Opfer natürlich nicht, es gibt schlimme Schicksale von (wahrscheinlich) unbeteiligten Menschen.

            Im Gaza-Krieg von 2014 hat Hamas Zivilisten aufgefordert, sich trotzdem auf die Gebäude zu stellen – als Märtyrer. Dieser Zynismus wurde aber von der Welt-Öffentlichkeit kaum zur Kenntnis genommen. Wenig bekannt ist auch die Tatsache, dass Waffen und Raketen-Rampen in Wohnvierteln, sogar in Schulen und Kindergärten installiert waren (auch im Libanon, übrigens). Die Hamas will Bilder für den Meinungskrieg.

            Das heißt natürlich nicht, dass alle Soldaten sich immer an den Ethik-Kodex der IDF halten. Die „Breaking-the-Silence“-Bewegung hat solche Fälle aufgedeckt. Es wurden auch Soldaten (allerdings milde) verurteilt . Auf palästinensischer Seite ist das undenkbar, im Gegenteil. Jeder Angriff auf Juden gilt als patriotisch und wird mit Prämien und Pensionen belohnt.

            Aktuell hat die Hamas lt. eigener Aussage Raketen „für Monate“. Israelis haben oft weniger als eine Minute, um in den Schutzraum zu rennen – wenn es einen gibt. Beim Einkaufen, in Schule oder Kindergarten, im Krankenhaus. In Gaza gibt es für die Zivilbevölkerung so gut wie keine Schutzräume – wer ist für dieses Kalkül verantwortlich?

            • Stefan Sasse 19. Mai 2021, 14:48

              Absolut, da gibt es keinerlei Äquivalenz.

              • Floor Acita 19. Mai 2021, 16:24

                Darum ging und geht es mir nicht

            • Floor Acita 19. Mai 2021, 16:23

              Wie gesagt, mir ging es weder um Vergleich noch Schuldfrage. Sie haben meine Frage beantwortet, Danke.

              Die Antwort ist ja, der Kollateralschaden ist bereits minimiert / auch in dem Ausmass (leider) absolut notwendig. Wo er das nicht ist, ist es ein Bruch mit dem Ethik code, auf keinen Fall Strategie und Taktik.

              Wäre ein internationales Eingreifen (Nato, UN) wünschenswert? Ich frage deshalb weil die Hamas ja nicht einlenken wird, die Zivilbevölkerung ja aber realistisch keine Mittel hat. Stefan S. hat zumindest in der Vergangenheit Kritik an Deutschen in der Nazi-Zeit dadurch relativiert, dass Angst zu gross, Helden rar seien. Die Nazis waren Terroristen, Massenmörder, haben Menschen systematisch ausgelöscht, einen totalen Genozid geplant / durchgeführt, ihre Nachbarn mit Krieg überzogen. Sie wurden besiegt, grösstenteils von Machtpositionen entfernt – die Deutschen aber wurden demokratisiert (bis zu einem gewissen Grad) und sind zu wichtigen Aliierten der zuvor gegen sie Aliierten geworden, ja sogar offensichtlich zu Verteidigern/Freunden/ ?Beschützern? Israels… Was ist die Perspektive? (Warum) gibt es (k)eine?

  • CitizenK 20. Mai 2021, 18:19

    @ Floor Acita

    Auf Dauer ist nichts sicher. Soweit ich das als Laie/Normalbürger beurteilen kann, liegt es im Eigeninteresse der Saudi-Führung, keinen Konflikt mit Israel zu haben. Ob das mit dem Konflikt Sunniten-Schiiten zu tun hat, ist schwer zu sagen. Omid Nouripour hat (in der von Stefan P. angesprochenen Sendung) die Auffassung vertreten, dass die existenzielle Bedrohung für Israel von den iranischen Hightech-Raketen der Hisbollah im Libanon und in Syrien ausgeht. So sehe ich das auch. Die Bombe wollen die Mullahs, um sich unangreifbar zu machen.

    • Floor Acita 20. Mai 2021, 19:54

      Die Frage mit dem ‚Eigeninteresse‘ ist die interessante, m.E. Denn wenn das war ist und man den Iran in die gleiche Lage bringen kann, würde das alles verändern, denn dann müsste ja der gleichen Logik folgend sowohl Hamas als auch Hizbollah der Boden ein ganzes Stück weit entzogen sein.

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