Macron gendert linke deutsche Pop-Up-Vergleiche und fragt sich ob er in Tübingen ein Mandat für No-Covid hat – Vermischtes 08.04.2021

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Sie werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten.

1) Ist Gendern der „Tod der Sprache“? (Spoiler: Nein)

Klar ist für mich, dass das – im Deutschen grammatikalisch korrekte – generische Maskulinum keine akzeptable Variante mehr ist. Zig Studien zeigen, dass sich die meisten Befragten bei Pluralformen wie die Ärzte, die Wissenschafter oder die Experten Männer vorstellen und Frauen eben nicht automatisch „mitmeinen“. Gerne werden deshalb geschlechtsneutrale Begriffe vorgeschlagen wie Studierende, Lehrkörper oder Pflegepersonal. Diese drei und noch etliche andere funktionieren auch gut, aber bei Mietperson statt Mieter oder bezeugende Person statt Zeuge sträubt sich tatsächlich mein Sprachgefühl. […] Ich habe für mich noch keine perfekte Lösung gefunden, weder für schriftliche Texte, noch für TV-Moderationen oder Interviews. Allerdings stimmt auch in diesem Fall, was der US-Epidemiologe Anthony Fauci in ganz anderem Zusammenhang sagt: „Don’t let the perfect be the enemy of the good.“ Jede Variante, die ich oben beschrieben habe, ist besser als das ignorante generische Maskulinum. Ich werde noch ein bisschen experimentieren und vielleicht auf Twitter auf das generische Femininum umsteigen oder in allen geschriebenen Texten auf den Doppelpunkt oder das Trema. (Armin Wolf)

Ich stimme dem Artikel völlig zu. Gute Lösungen für die Problematik gibt es nicht wirklich. Was ich sehr begrüße ist, dass Wolf sich ausführlich mit der Thematik beschäftigt und für sich reflektiert nach Optionen gesucht hat. Das machen ja bei weitem nicht alle. Es spiegelt auch meinen eigenen Ansatz zum Thema. Ich habe ja auch verschiedenen Varianten ausprobiert, von der neutralen Partizip-Nennung zum Binnen-I zur jetztigen Sternchenform. Ideal ist das alles nicht, aber, und das ist das Entscheidende, besser als der Ursprung. Vielleicht setzt sich ja noch eine andere, bessere Idee durch. Wer weiß. Bis dahin weren weiter Experimente betrieben. Und das ist ja wahrlich nichts Schlechtes.

2) Enttabuisiert den Vergleich!

Nun wird jeder verstehen, warum ein Bekenntnis zur Einzigartigkeit des Holocausts hierzulande zentral ist. Aber handelt es sich dabei um ein Entweder-oder? Besteht zwischen Einzigartigkeit und Relationalität ein unüberwindbarer Gegensatz, schließt das Letztere das Erstere grundsätzlich aus? Wird die Erinnerung wirklich in der Familie tradiert? Wurde sie dort nicht vielfach totgeschwiegen und ist deshalb längst eine kollektive Aufgabe geworden? Und versucht irgendeine ernsthafte Stimme, die deutsche Verantwortung zu minimieren, indem man sie globalisiert? Hier wird ein Strohmann errichtet, um eine Ersatzdebatte zu führen, über deren Folgen, ethische „Kosten“ und „Kollateralschäden“ nicht gesprochen wird: Das Verbot jedes Vergleichs und In-Beziehung-Setzens führt zu einer Herauslösung der Schoah aus der Geschichte und hat weitreichende Folgen. Erstens blockiert das Pochen auf die Unvergleichbarkeit den Blick auf wichtige Wurzeln der nationalsozialistischen Verbrechen, insbesondere auf den deutschen Vernichtungskrieg „im Osten“ zur Gewinnung von kolonialem „Lebensraum“. Zweitens vermindert es die moralische Schlagkraft des „Nie-wieder“, denn singuläre Ereignisse können sich nicht wiederholen. Drittens erlaubt es rechten Regierungen in Europa, die vieltausendfache Komplizenschaft der Vorfahren ihrer Bürger zu vertuschen, womit der notwendige Hinweis auf die deutsche Hauptverantwortung zur Apologie eines neuen Nationalismus missbraucht werden kann. Und viertens verzerrt es die pluralen Dynamiken öffentlicher Erinnerung und vergibt so die Chance, eine inklusivere Erinnerungskultur zu entwickeln, wie sie der immer heterogeneren deutschen Gesellschaft angemessen wäre: Denn wenn die Erinnerung an den Holocaust in Familien tradiert würde, wie könnten die Millionen von Deutschen, deren Familien zur Zeit des „Dritten Reiches“ noch nicht hier lebten, eingebunden werden? (Jürgen Zimmerer/Michael Rothberg, ZEIT)

Auch hier kann ich den beiden Autoren nur zustimmen. Die bornierte Beharrung auf der Singularität des Holocaust zur Verhinderung von Debatten ist nicht sonderlich fruchtbar, weder für die Holocaustforschung selbst (wo relevante Ansätze längst aus anderen Ländern kommen) noch für die gerade blühende Kolonialgeschichtsforschung oder, wesentlich aktueller, die Außen- und Sicherheitspolitik (Internationale Beziehung/Friedenspolitik in der Politologie).

Am wichtigsten aber finde ich das Argument, dass die Singularität des Holocaust auf diese Art auszulegen bedeutet, dass sich das Ereignis auch nie wiederholen kann. Wenn es absolut einzigartig war, müssen wir uns heute keine Gedanken mehr machen. Das ist mehr als gefährlich, und es öffnet ungewollte Türen, in die Leute wie Gauland stoßen können, die dann versuchen, die Erinnerung vollends zu konservieren.

Gleichzeitig macht es die Erinnerung an den Holocaust auch rituell und sorgt dafür, dass die meisten Leute eigentlich nur noch die Augen verdrehen, während bei öffentlichen Äußerungen eine Art PC-Polizei dafür sorgt, dass ja keine „falschen“ Aussagen getätigt werden. Das vernichtet den ganzen Diskurs.

3) 12 months on, is Macron winning his ‘war’ on Covid in France?

Amongst the big, industrialised countries with which comparison can reasonably be made, France’s record is mid-table. Given the fact that France spends so much of its wealth on state services (54 percent, in a normal year; 62.8 percent last year) that is not a fantastic record. In terms of deaths, France has been better than Britain or Italy or Spain or Belgium or the Netherlands. In terms of health care and economic support, it has been better than the United States.  Its vaccine programme – 17th best in the world until last week – has been a calamity wrapped in a mystery. The standard explanation of France’s poor performance on vaccines, mask and tests is that the country is administratively top heavy and slow to respond to new challenges. And yet the economic support system for individuals and businesses was created overnight and rolled out efficiently. As a result France has, so far, taken a less dramatic economic hit than Britain. The paraphernalia of attestations, filling out your own licence to go to the shops or to have a stroll, was classically French. And yet somehow, for France, it worked. Another thing that France has, I believe, got right (some may not agree) is to have kept the schools more or less open after the first lockdown ended in May. This has taken a huge effort, and risk, on the part of France’s sometimes maligned teaching profession. They deserve more praise than they have received. But then the vaccines…. How could France, the country that invented vaccines, have got it so wrong for so long? (John Lichfield, The Local)

Es ist immer wieder instruktiv, den Vergleich mit anderen Ländern zu suchen. Letztlich scheint mir Frankreich mehr oder weniger auf demselben Niveau mit Deutschland zu sein, was die Bekämpfung der Pandemie angeht. Die Fehler, die in Frankreich gemacht wurden, waren teilweise andere als in Deutschland, genauso, wie die französischen Erfolge teilweise andere als deutsche sind. Aber das Endresultat ist im Großen und Ganzen vergleichbar. Auch hier wäre der dringend nötige Untersuchungsausschuss gut beraten, später ausführliche Ländervergleiche zu machen. Aber: Letztlich lernen wir von unseren „Kameraden im Versagen“ weniger als wenn wir die wirklichen Champions der Pandemie ansehen, von Singapur über Vietnam zu Japan und Taiwan. Auf die müssen wir den Blick richten, und vielleicht auch endlich mal von der albernen „Das ist aber eine Insel“ oder „Das ist aber eine andere Kultur“ wegkommen, die jeden Erkenntnisgewinn verhindert.

4) Über Vergangenheit muss debattiert werden

Der größte Teil der polnischen Öffentlichkeit ist sich längst im Klaren darüber, dass die lange gepflegte Erzählung, Polen seien ausschließlich Opfer gewesen, nicht zu halten ist. Wie viel Mitschuld wer auf sich geladen hat, darüber wird energisch debattiert. Und so muss das sein. Verzerrungen der Geschichte sollten in einer demokratischen Gesellschaft mit den Mitteln von Kritik und Gegenkritik bekämpft werden. Es muss ein Prozess der Selbstverständigung stattfinden. Das Bild der Geschichte darf nicht von Gerichten – scheinbar objektiv – festgelegt werden. […] Doch das Klima in Polen ist gerade ein anderes. Neulich erst hatte ein Gericht zwei Historiker zu einer Entschuldigung verurteilt – weil sie in einem rund 1700 Seiten Opus zur Kollaboration möglicherweise einen Einzelfall falsch dargestellt hatten. Am Gesamtbefund des Werkes ändert dieses Detail nichts, aber das Signal ist fatal: Wissenschaftler müssen mit Klagen rechnen. Und jetzt gilt das auch für Filmemacher. Gerichtsurteile wirken einschüchternd und beschneiden somit die Freiheit der Kunst und der Wissenschaft. Es gibt einige Organisationen, wie zum Beispiel »Reduta dobrego Imienia«, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, diejenigen vor Gericht zu zerren, die durch ihr künstlerisches oder wissenschaftliches Wirken angeblich das Image Polens beschädigen. Auch die Klage von Radłowski hat Reduta unterstützt. […] Der Widerstandskämpfer Zbigniew Radłowski hat mit seinen Einwänden gegen »Unsere Mütter, unsere Väter« wahrscheinlich recht – aber dass ein Gericht darüber befindet, macht Angst. (Jan Puhl, SpiegelOnline)

Jan Puhl hat absolut Recht. Die historische Konsensbildung über Gerichte laufen zu lassen ist mehr als problematisch. Schon das EU-Verbot der Holocaustleugnung ruft ja immer wieder Protest hervor; die Monokultur, die in Fundstück 2 beklagt wurde, mag auch mit daher herrühren, dass dieses Thema kaum mehr jemand anfassen will.

Was den konkreten Gegenstand angeht – die Serie „Unsere Mütter, unsere Väter“ – so habe ich meine frühere positivere Meinung mittlerweile ziemlich revidieren müssen. Ich habe seither deutlich dazugelernt und kann nur sagen, dass die Kritik an dem Mist ziemlich korrekt ist.

Nur, diese Kritik hat nicht von Gerichten zu kommen. Das ist der Wert von Cancel Culture – nicht staatlich sein. Und massive öffentliche Kritik ist eben ein Weg, wie man dafür sorgen kann, dass so etwas wenigstens in Zukunft nicht mehr vorkommt. „Unsere Mütter, unsere Väter“ zu canceln wäre sicherlich nicht gerade falsch. Es ist diese Janusköpfigkeit, die den Themenkomplex so problematisch macht; es kann eben gut oder schlecht sein. Die staatliche Zensur à la Polen dagegen ist grundsätzlich schlecht – auch, wenn sie wie das sprichwörtliche blinde Huhn mal ein Korn trifft.

5) Pop-Up-Radwege animieren Autofahrer zum Umstieg

Sie waren als Provisorium während des ersten Lockdowns im April 2020 gedacht, mittlerweile haben sie sich bewährt und wurden auch in zahlreichen anderen Orten eingerichtet: die Pop-up-Radwege Berlins. Mit einfachsten Mitteln wie Farbe und Verkehrszeichen hatte die Stadt quasi über Nacht Teile wenig befahrener Straßen für den Radverkehr abgetrennt. Tatsächlich sind die schnell eingerichteten Radwege eine Erfolgsgeschichte, wie eine Studie des Berliner Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) jetzt belegt hat. Wie die Forscher um den Politikanalysten Sebastian Kraus im Fachmagazin Proceedings of the National Academy of Sciences berichten, waren im Erhebungszeitraum von März bis Juli 2020 in Städten mit Pop-up-Radstreifen elf bis 48 Prozent mehr Fahrradfahrer unterwegs. Das zeigen die Daten von 736 Zählstationen aus 106 europäischen Städten. […] Angesichts der Ergebnisse raten die Studienautoren, häufiger von der günstigen Pop-up-Methode Gebrauch zu machen. Für einen Kilometer Radweg bezahlte die Stadt Berlin lediglich 9500 Euro. „Die Chance, hier mit wenig Aufwand den Verkehrsmittelmix erheblich zu beeinflussen, wird in vielen Städten zu Unrecht vernachlässigt“, so Kraus. Zugleich verweisen er und seine Kollegen auf die gesundheitlichen Vorteile. In der US-amerikanischen Forschungsliteratur gibt es eine Faustregel, wonach jeder geradelte Kilometer einen halben Dollar Gesundheitskosten einspart. Allein für die neuen Wege in den untersuchten Städten summiere sich das auf mindestens eine Milliarde Dollar im Jahr. (Peter Strigl, Süddeutsche Zeitung)

Studie um Studie kommt mit solchen Belegen um die Ecke, gerade auch, was Straßen anbelangt. Nirgendwo wird das Verkehrsaufkommen durch den Bau neuer Straßen oder Fahrbahnen reduziert. Wo Straßen gebaut werden, gibt es danach mehr Autos. Dementsprechend läuft das auch umgekehrt: wo der ÖPVN besonders gut ausgebaut ist, wird er viel genutzt. Wo es viel Radwege gibt, fahren viele Leute Rad. Gerade hier im Südwesten, wo das Auto (natürlich mit Verbrennermotor) auch unter einer grünen Regierung geradezu sakralen Status hat, ist der Stand der Radwegeinfrastruktur beklagenswert. Dementsprechend fahren die wenigsten Menschen mit dem Rad. Der Blick auf unsere Nachbarn ist hier instruktiv: Die Niederländer etwa haben ja kein „Fahrrad-Gen“; sie haben nur bereits vor langer Zeit eine Richtungsentscheidung getroffen, die in Deutschland wegen der absurden Auto-Identitätspolitik immer noch aussteht.

6) Welcome to Germany

But the media’s focus on the AfD has overshadowed the continued support for migrants among ordinary Germans. Although the Willkommenskultur has faded from public view, it has not disappeared. A study by the Family Ministry from 2018 showed that one in five Germans helped the refugees in some capacity. Silke Radosh-Hinder, a pastor working with the Refugee Church, a religious organization helping migrants in Berlin, recently told me that many volunteers remained as committed as during the height of the influx: “I still know an incredible number of people who support and mentor refugees, and what I think has ebbed is the put-on aspect, where people want to be publicly recognized for helping people.” […] It’s clear that the influx has accelerated this change. Refugees have opened Berlin’s first Arabic library and have founded start-ups. Syrian restaurants, bakeries, and grocery stores have proliferated. In a shift welcomed by some observers, Syrians are now the second-largest population in Germany’s Muslim community after Turks. Many Muslim leaders in Germany are affiliated with the Erdoğan government, which has long made officials suspicious of their political agenda. The Syrians’ arrival has thus broken up what one Islamic scholar has described as Germany’s “Islamic monoculture.” (Thomas Rogers, New York Review of Books)

Es ist gut, auch mal die eher positiven Entwicklungen – die es ja auch gibt – in der Flüchtlingspolitik und -entwicklung seit 2015 herauszuarbeiten. Abgesehen von der durchaus positiven Erweiterung des notorisch engen deutschen kulinarischen Horizonts (die ich leider nicht beurteilen kann; in der schwäbischen Provinz hier endet das gastronomische Angebot immer noch bei Pizza, Spätzle mit Soße und Brathähnchen) ist auch der Aspekt des Aufbrechens der islamischen Monokultur durch die Deutschtürken sicherlich ein bisher unterbelichteter Faktor. Auch ist es richtig zu betonen, dass nicht nur die Flüchtlingsgegner*innen immer noch da sind, sondern eben auch die Vertreter*innen der „Willkommenskultur“. Parteien, die sich explizit dazu bekennen, bekommen zusammen gerade auch dreimal so viel Stimmen wie die, die sie ablehnen. Das sind eigentlich gute Zeichen.

7) ‚Neue Menschen‘ oder Jubelmasse? Die Rechte, die Linke und die ‚kleinen Leute‘

Dass die „einfachen Leute“ als vermeintliche „Helden“ der Linken von ihnen niemals als „Rassisten und Sexisten beschimpft“ worden wären, ist umso entschiedener zurückzuweisen. Eben weil die Linke den Arbeiter nicht einfach so, mit all seinen Vorurteilen, hinnahm, war der Kampf gegen solche Vorurteile ein zentrales Anliegen. Dabei setzte sich die Linke auch für Anliegen ein, die keineswegs populär waren. Die Linke trat damit dezidiert antipopulistisch auf, d.h. sie schöpfte die Begründung für ihre Positionierungen und Aktionen nicht aus der Imagination einer statischen und homogenen „Volksmasse“, sondern positionierte sich aus Überzeugung für mitunter nicht mehrheitsfähige Anliegen – auch unter der Gefahr, ihre eigenen Parteigänger vor den Kopf zu stoßen. Ein bekanntes Beispiel ist der Einsatz der Arbeiterbewegung für Frauenrechte; keineswegs vorbehaltlos und von Anfang an, jedoch lange vor dem Konsens der bürgerlichen Gesellschaft in dieser Frage. Als Bebel 1879 „Die Frau und der Sozialismus“ publizierte, war die darin geforderte Gleichberechtigung der Geschlechter im Arbeitermilieu alles andere als verankert – dennoch wurde das Buch, auch kraft der Autorität des Verfassers in der Bewegung, europaweit zur Standardlektüre der Aktivisten an der Basis. […] Dennoch verabschiedeten sich die Kommunisten nicht sofort vom ‚Neuen Menschen‘ als individuellem Bildungsprojekt – ganz im Gegenteil. Bis in die zweite Hälfte der 1920er Jahre unternahm die Partei gewaltige Anstrengungen, um ihre keineswegs popularitätsheischenden Maßnahmen, etwa die Ausweitung der Frauenrechte, aber auch die Solidarität mit den Revolutionen im Ausland, für die Bevölkerung rational nachvollziehbar zu machen. Die Agitprop-Apparate hämmerten nicht bloß Parolen in die Köpfe der Menschen, sondern versuchten sie auch mithilfe von Logik und Fakten davon zu überzeugen, warum man die Ehefrau nicht mehr schlagen solle oder sich für einen Arbeiterstreik in Wales zu interessieren habe. (Gleb Albert, Geschichte der Gegenwart)

Man sollte immer vorsichtig sein, wenn einem ideologische Gegner*innen empfehlen, wie man sich künftig ausrichten sollte, oder interpretieren, was der Kern der eigenen Gruppe „eigentlich“ ist. Das gilt sowohl wenn Leute wie ich über Konservatismus reden als auch wenn Konservative oder Liberale über die Linke sprechen. Die spätestens seit Trumps Wahlsieg 2016 häufig zu hörende Argumentation, dass eine Begrenzung der Menschenverbesserungsversuche („woke“ culture) zugunsten von einer scheinbar engeren, an ihren Wurzeln ausgelegten Konzentration auf die ökonomische Umstände betrieben werden müsse, ist zumindest historisch so nicht haltbar. Gegen die egalitären Zumutungen der sozialistischen Bewegungen ist die heutige Linke geradezu zahm. Damals wie heute aber gilt sicherlich, dass zwar viele Leute sich dazu bekennen, aber wesentlich weniger es auch tatsächlich leben. Man mache daraus, was man will.

8) Warum Tübingen nicht als Vorbild taugt

Allein, wer genau nachfragt, stellt fest, dass das Universitätsklinikum Tübingen keine dieser Fragestellungen überhaupt untersucht, selbst wenn es den Versuch wissenschaftlich begleitet. Es geht vielmehr darum zu erfassen, wie viele positive Schnelltests auch zu einem positiven PCR-Ergebnis führen, und die Getesteten zu ihren Lebensumständen zu befragen. Um es klar zu sagen: Es gibt bisher keine wissenschaftliche Evidenz, dass das Tübinger Modell funktioniert. Vielleicht kann es die nach zwei Wochen Versuchszeit auch noch gar nicht geben. Auch in Tübingen steigen die Infektionszahlen. Die Stadt ohne jede wissenschaftliche Grundlage zum Vorbild für Deutschland zu machen, ist gefährlich. Denn es weckt Hoffnungen in der Bevölkerung, noch dazu in einer Phase der Pandemie, in der die Infektionszahlen wieder exponentiell steigen und Intensivmediziner vor einer Überlastung des Gesundheitssystems warnen. Falsche Versprechungen haben die Regierenden in dieser Pandemie schon zu häufig gemacht. Statt Dutzender Tübingen-Kopien bräuchte Deutschland eine echte Modellprojekt-Strategie. Einzelne, kluge Ideen mit klaren Definitionen, wann das Projekt ein Erfolg ist – und wann nicht. Mit Daten, die die Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen erfassen und den Versuch mit anderen Orten vergleichbar machen. Mit der Freiheit, dass die Vorhaben auch scheitern dürfen, ohne in der Öffentlichkeit gegeißelt zu werden. Programme mit ausreichend Geld, denn neue Methoden sind anfangs immer teuer und werden erst später günstig. Wissenschaft statt Wunschdenken eben. Dann könnten die Modellprojekte tatsächlich Wege aus der Pandemie aufzeigen. (Philipp Kollenbroich, SpiegelOnline)

Ich kann nicht beurteilen, ob das Tübinger Modell sonderlich zukunftsträchtig ist oder nicht. Aber der Verweis auf die mangelnde wissenschaftliche Begleitung ist wichtig und richtig. Denn was gerade mit dem Begriff der „Modellstadt“ für Schindluder getrieben wird ist echt wieder typisch für die deutsche Corona-Politik. Völlig ignorant gegenüber wissenschaftlicher Methodik aber mit jeder Menge Bauchgefühl wird irgendein Blödsinn gemacht. Am Ende wissen wir dann zwar immer noch nicht, ob Zufall oder irgendein zu isolierender Faktor für das Ergebnis verantwortlich war (welches auch immer), aber immerhin hat man ein „Modell“ gemacht. Siehe Tübingen. Erst scheint irgendwas gut gewesen zu sein, jetzt hat sich irgendwas zum Schlechten verändert. Was es war? Who knows?

9) Studie: No-Covid-Länder haben ihre Wirtschaft am besten geschützt

Einer neuen Studie aus Frankreich zufolge gehen No-Covid-Strategien mit deutlich geringeren Belastungen für die Wirtschaft einher als Eindämmungsstrategien. Wie das Institut Economique Molinari festgestellt hat, sind die volkswirtschaftlichen Schäden knapp dreimal größer, wenn Regierungen nicht auf eine möglichst rasche Ausrottung des Virus im Land setzen – ganz abgesehen von deutlich höheren Sterbezahlen bei Strategien, die lediglich auf eine Beherrschung des Virus abzielen. […] Die Ergebnisse widersprächen der auch in Frankreich weit verbreiteten Auffassung, dass man sich bei der Virusbekämpfung zwischen dem Schutz der Wirtschaft und dem Schutz von Menschenleben entscheiden müsse, heißt es nun seitens der Wissenschaftler. Insgesamt sei das Bruttosozialprodukt in No-Covid-Ländern 2020 um etwa 1,2 Prozent gefallen, in den anderen Staaten um 3,3 Prozent. […] In Deutschland lag die Zahl der Toten mit etwa 400 pro eine Million Einwohner deutlich darüber, hier nahm die Wirtschaftsleistung um 5 Prozent ab. In Frankreich starb jeder Tausendste von einer Million Einwohnern, die Wirtschaftsleistung sank um gut 8 Prozent. „Zero-Covid ist mit Abstand die beste die Strategie, die Pandemie zu bekämpfen“, schlussfolgern die Wissenschaftler – wobei ihr Begriff von Zero-Covid am ehesten dem entspricht, was in Deutschland unter No-Covid verstanden wird. (Christoph Höland, RND)

Ich halte es nach wie vor für eine der dümmsten Argumentationslinien, dass ein kurzer, funktionierender Lockdown teurer wäre als dieser Dauermurks, mit dem wir uns seit mittlerweile einem Jahr herumschlagen. Der Versuch, die Pandemie auf einem gewissen Sockel zu halten und Eindämmung zu betreibeen anstatt, wie erfolgreichere Länder, auf eine Bekämpfung zu setzen, könnte sich noch als der folgenreichste Fehler dieser ganzen elenden Periode herausstellen. Es bleibt auch die Frage, wie schnell sich das Land von den verheerenden Folgen dieser Fehlpolitik erholen werden kann. Die Zerstörung zahlreicher selbstständiger Betriebe, die Verschiebung in diversen Branchen – all das dürfte uns noch auf Jahre hinaus beschäftigen.

10) Most Americans Know Nothing About Politics. Nothing.

Those of whose hobby is politics consistently overestimate how much the rest of the country knows about politics. Let me be clear: Even when we try really hard to take into account that most people don’t know much about politics, we still overestimate how much they know. […] We should think of ourselves as, say, Star Trek nerds who simply can’t get it through our heads that about 98% of country has no idea what we’re talking about when we say „He’s dead, Jim“ in an ironic way. Most people, if they know anything at all, sort of vaguely understand that there’s a space ship, some kind of Spock guy, and maybe a weird finger salute that the geeks are into. […] Frankly, for the vast majority of Americans, your best bet is to assume not that they are „low information voters“ but that they know nothing about politics. Literally nothing. (Many, of course, know less than nothing because they spend a lot of time listening to Fox News and come away with misinformation that makes them mad. They forget about the misinformation quickly, but they don’t forget that they’re mad.) So that’s that. No matter how little you think most people know, cut it in half and then cut it in half again. That should get you somewhere close to the truth. (Kevin Drum, Jabberwocky)

Drum spricht hier leider eine Wahrheit an, die auch auf Deutschland übertragbar ist. Die meisten Leute haben praktisch keine Kenntnisse über Politik. Das fängt in Deutschland ja schon bei dem Dauerbrenner an, dass vielen nicht richtig klar ist, worin Erst- und Zweitstimme sich unterscheiden und welche wichtiger ist (von den überkomplexen Kommunal- und Kreiswahlrechten gar nicht erst zu reden).

Das Faszinierende ist, dass auch die Parteien selbst das nicht zu wissen scheinen. Ihre Kommunikation jedenfalls scheint nicht darauf ausgerichtet. Unter Wahlkämpfenden ist eigentlich eine Binsenweisheit, dass dann, wenn dir als politischem Menschen die immergleiche Botschaft zu den Ohren heraushängt die durchschnittliche Bevölkerung überhaupt erst beginnt, sie wahrzunehmen.

Gerade im US-Wahlkampf sind auch die verzerrten Zeithorizonte auffällig: für Fans wie mich beginnt der Wahlkampf anderthalb Jahre vor dem Wahltermin, für die meisten Amerikaner*innen bestenfalls sechs Wochen vorher. In Deutschland dürfte das nicht anders sein. Während wir hier mögliche Koalitionen durchdiskutieren, dürfte den meisten Leuten kaum geläufig sein, dass im September Bundestagswahl ist.

11) Joe Biden’s Non-Existent Mandate

But the mandate represented by Reagan’s victory went beyond those numbers. Many congressional Democrats who survived the GOP onslaught quickly acquired powerful fears that their constituents would turn on them if they flouted the lessons of the electoral outcome. Some 63 House Democrats joined Republicans in passing Reagan’s 1981 budget blueprint, and 48 Democratic representatives crossed over to support Reagan’s controversial tax-cut program. […] Perhaps it can, and that’s a worthy topic of debate. But is there a consensus for this unprecedented degree of governmental activism? Not based on any political evidence. […] Based on extensive interviews in three swing congressional districts, however, the paper suggested that “attacks on the spending push are beginning to take hold.” It said that the window of cooperation seems to have closed already for congressional Republicans—”and it may be closing for GOP voters, as well.” Would that induce some swing-district Democrats to desert the party on some crucial votes? Perhaps, perhaps not. Either way, in the meantime, the Biden plan is highly incendiary, in part because of the boldness of its intent to remake America, and in part because the boldness is backed up by no consensus. When Joe Biden was elected, he inherited a cleft nation, riled up over definitional issues, its political temperature rising ominously. He promised “unity” and serene waters. His actions so far seem destined to yield instead further voter anxiety, political strife, and civic instability. (Robert W. Merry, The American Conservative)

Ich habe an dieser Stelle sowohl während der Regierungszeit Obamas als auch Trumps immer wieder die bescheuerte Idee eines „Mandats“ kritisiert, und dieser lächerliche Artikel macht da keine Ausnahme. Ein Präsident oder eine Partei hat das Mandat das umzusetzen, wofür sie eine Mehrheit im Kongress zusammenbekommen und was verfassungsgemäß ist. Diese dämliche Kaffeesatzleserei von einem „Mandat“ ist Humbug, mit dem üblicherweise die Verlierer*innen der letzten Wahl die Regierung zu delegitimieren versuchen. Für die Erteilung eines Mandats sind Wahlen da. Und Wahlen haben Konsequenzen. So viel Reife muss man den Wählenden schon zugestehen.

Davon abgesehen ist Merrys Argumentation auch ganz besonders bescheuert. Wenn alles, was ich als Oppositionspartei machen muss, um ein Mandat zu verweigern, nicht überparteilich abstimmen ist – nichts leichter als das. Vor allem in einer so undemokratischen und destruktiven Partei wie den Republicans würde nie einE demokratischeR Präsident*in ein „Mandat“ haben, weil sie sich ja nur verweigern müssten – was sie so oder so tun, wie wir gesehen haben ja auch gerne gegenüber einem Präsidenten der eigenen Partei! Das ist nicht ernstzunehmender Blödsinn.

{ 73 comments… add one }
  • Marc 8. April 2021, 11:13

    9) Wenn Ökonomie eine Fakten basierte Wissenschaft ist, muss sie jetzt eine NoCovid-Strategie empfehlen – toll, ich habe jetzt neue Mitstreiter!

  • Stefan Pietsch 8. April 2021, 12:39

    1) Ist Gendern der „Tod der Sprache“?

    Nach Umfragen sind nur 10% der Bevölkerung dem Gendern zugeneigt, die übergroße Mehrheit lehnt Gendern ab. Dennoch wird allen eine Verhunzung der Sprache aufgepfropft, die weder gewünscht noch in irgendeine Richtung zielführend ist.

    2) Enttabuisiert den Vergleich!

    Der Holocaust ist historisch einmalig. In seiner Art. In seiner Perfektion. In seiner historischen Auswirkung. Ja, es gab und gibt den Versuch der Ausrottung von Bevölkerungsgruppen. Das lässt sich auch so benennen. Aber hören wir auf mit Trivialisierungen.

    Gedenken wir der Tragödie der deutschen wie der jüdischen Geschichte. Pflegen wir eine Erinnerungskultur. Aber hören wir endlich auf, für alles diese einfältigen Vergleiche heranzuziehen.

    5) Pop-Up-Radwege animieren Autofahrer zum Umstieg

    Die Menschen fahren nicht mehr Auto, weil mehr Straßen gebaut werden. Sowohl das Wachstum der zugelassenen PKWs in Europa, als auch das Aufkommen der mit PKWs gefahrenen Kilometer ist längst zum Erliegen gekommen. Allerdings wächst das Fernlastaufkommen weiter. Dies hat einen einfachen Grund: die Weltwirtschaft wächst, damit die Menge an bewegten Gütern. Der Schienenverkehr müsste mit dem Aufkommen wachsen und sogar schneller wachsen, was er nicht tut. Und er müsste schneller als die Bedürfnisse des Marktes seine Qualität und Servicefreundlichkeit verbessern, was er ebenfalls nicht tut. Der Staat ist eben ein miserabler Organisator und Dienstleister.

    Spätestens seit dem Fall des eisernen Vorhangs ist die A3 zwischen Nürnberg und Köln eine der Hauptverkehrsadern der globalisierten deutschen Wirtschaft. Über die Fernverkehrsstrecke wird Mittel- und Teile Osteuropas mit Waren und Vorprodukten aus Asien versorgt, gleichzeitig werden Halbfertigprodukte aus Tschechien, der Slowakei, Ungarn und dem Balkan über die Route nach Westeuropa gebracht. Sehr lange wurde der Ausbau der Strecke zwischen Nürnberg und Aschaffenburg verweigert. Das Ergebnis waren jahrzehntelange Dauerstaus auf dem Stück zwischen Würzburg und Aschaffenburg, was eine Unmenge an Ressourcen, Kraftstoff, (Lebens-) Zeit und Versorgungssicherheit kostete. Seit kurzem ist der Ausbau weitgehend fertiggestellt und es ist inzwischen ein weit stressfreieres Fahren.

    9) Studie: No-Covid-Länder haben ihre Wirtschaft am besten geschützt

    Wer sich die Originalstudie zieht (sie ist auf Französisch), ist ernüchtert.
    https://www.institutmolinari.org/2021/04/03/un-an-apres-la-strategie-zero-covid-protege-mieux-populations-et-economies/
    Als NoCovid-Länder werden nur Australien, Neuseeland und (zum Teil!) Südkorea geführt. Über die besondere Insellage der beiden ozeanischen Staaten wurde genügend geschrieben. Südkorea verfolgte von Anbeginn an eine Strategie ohne Lockdown des öffentlichen Lebens, erzählte keinen Schmu mit Masken, testete fleißig und nutzte zur Nachverfolgung der Infektionsherde die Errungenschaften der digitalen Welt. Also kurz all das, was in den meisten Ländern versäumt wurde.

    Die USA als eines der Länder, die als letztes auf die Pandemie reagiert haben, wird in diesem Jahr die wirtschaftlichen Schäden durch Corona beseitigt haben – ohne NoCovid-Strategie. Europa dagegen wird frühestens 2023, wahrscheinlich noch später wieder auf das Niveau vor der Pandemie kommen.

    Der Trigger ist nicht NoCovid.

    10) Most Americans Know Nothing About Politics. Nothing.

    Und? Ich habe mich auch nicht en detail mit der Konstruktion meines Handys befasst. Es muss funktionieren, darf nicht ausfallen und muss mir mehr Komfort bieten als eine Welt ohne Smartphone. Dafür zahle ich viel Geld.

    Politik hat genauso zu funktionieren. Die Menschen wählen, damit sie sich nicht selbst um die Sachen kümmern müssen. Wenn sie das müssen, weil die Dinge eben nicht reibungslos laufen, werden sie erst ärgerlich. Und dann wütend. Das ist übrigens auch bei Leuten wie mir der Fall, die sich rein hobbymäßig und Neigung für Politik interessieren.

    Aber ich möchte auch nicht von einem Skoda-Mechaniker gefragt werden, warum ich mich eigentlich nicht für das Kühlwasser und die Bremsschläuche bei meinem britischen SUV interessiere. Hey, dafür lege ich mir immer wieder einen neuen zu, damit ich mich darum eben nicht kümmern muss!

    • Stefan Sasse 8. April 2021, 13:50

      1) Das ist irrelevant. 2007 war ein große Mehrheit dem iPhone gegenüber ablehnend. So what? Early Adopters und so.

      2) Ich glaube, du missverstehst, worum es geht…

      9) Die USA hatten halt auch so massive Todes- und Infektionszahlen wie wir.

      10) Nichts und, man sollte sich nur drüber klar sein. Um in deinem Bild zu bleiben: die Produzenten von Handys machen diese so einfach wie möglich, gerade weil die Leute nicht wissen, wie sie funktionieren. So muss Politik halt auch sein.

      • Stefan Pietsch 8. April 2021, 15:23

        1) Niemand war gezwungen, ein Smartphone zu kaufen. Und die Öffentlich-Rechtlichen haben auch nicht so gesendet, dass sie nur noch über Mobilfunkgeräte empfangbar waren. Tatsächlich funktionieren die meisten Erfindungen nicht und keine staatliche Institution steht da und versucht gegen das Wollen der Bürger dem Nichtgewollten zum Durchbruch zu verhelfen. Inzwischen gibt es jedoch schon an mancher Uni Punktabzüge, wenn der Prüfling nicht gendert, wie eine kleine Minderheit das möchte.

        9) Die USA hatten höhere. Wenn sie wenige Monate weit besser und noch besseren Aussichten darstehen, hat das null mit einer NoCovid-Strategie zu tun.

        • Stefan Sasse 8. April 2021, 16:50

          1) Es ist auch niemand, wirklich niemand, gezwungen zu gendern…?

          9) Nope, das ist in dem Fall die für deutsche Politiker*innen schwer zu verstehende „Mehr Impfungen = weniger Infektionen“-Logik am Werk.

          • Stefan Pietsch 8. April 2021, 17:14

            1) Wir reden weiter, wenn ich von Dir die Auflage bekomme, in meinen Artikeln zu gendern. 😉

            2) Nun ja, im Sommer hat man schon philosophiert: Wenn wir irgendwann einen Impfstoff haben. Woran anscheinend niemand gedacht hat: Den muss man ggf. bestellen und dann muss man sich noch Gedanken machen, wie er von den Chargen in die Blutleitungen der Bürger kommt. Kompliziert, kompliziert. Da ist eine Impfreihenfolge ein Kinderspiel dagegen.

            • Stefan Sasse 8. April 2021, 18:31

              Mach ich dir sicher nicht. Mach ich auch meinen Schüler*innen nicht.

              2) 😀

              • Stefan Pietsch 8. April 2021, 20:03

                Stand heute. 🙂

                Wieso nur den Schülerinnen nicht? Aber den Schülern? Wieso die Benachteiligung der Jungs? 😉

          • derwaechter 8. April 2021, 20:17

            1) Ich glaube, dass es sich bald kein Journalist bei den ÖR oder Dozent and der Uni (um mal zwei Beispiele zu nennen) mehr leisten können wird, nicht zu gendern. Einfach weil die Proteste der Minderheit die das will zu heftig sein werden.

            • CitizenK 8. April 2021, 20:36

              Zumal einzelne DozentINNEN bereits mit Punktabzug „nachhelfen“. Da nicht alle mitmachen, wird es ein Nebeneinander beider Stile geben: hier die Guten, dort die – Nicht-so-Guten. Mir gefällt das nicht.

              • Stefan Sasse 9. April 2021, 08:02

                Für wissenschaftliche Arbeiten galten aber schon immer mit drakonischen Strafen durchgezogene formale Anforderungen. Ich stimme dir allerdings darin zu, dass ich es auch nicht ganz so pralle finde. Aber: Das ist ja vorher entsprechend bekannt.

                • Stefan Pietsch 9. April 2021, 08:44

                  Sorry, Stefan, aber da geht es um Zitierregeln und anerkannte Schreibweisen. Das ist politisch und weltanschaulich neutral. Genders ist weder eine anerkannte Schreibweise noch Sprechform, sondern bestenfalls Konvention einer kleinen Minderheit.

                  • Stefan Sasse 9. April 2021, 09:48

                    Und genau deswegen schreibe ich es nicht vor und bin auch dagegen, es vorzuschreiben. Das ist aber auch nicht Gegenstand des Artikels gewesen, sondern eine bestmögliche Schreibweise zu finden.

                    • derwaechter 9. April 2021, 10:46

                      Nicht des Artikels, aber durchaus Deines Kommentares „Es ist auch niemand, wirklich niemand, gezwungen zu gendern…?“

                    • Stefan Pietsch 9. April 2021, 12:44

                      Was ich jetzt auf die lustige Art gemeint habe, hat aber einen ernsten Hintergrund. Als 1996 die Rechtsschreibreform eingeführt wurde, überlegten Zeitungsredaktionen wie die F.A.Z. sehr wohl, ob sie die neuen Regeln umsetzen – dann aber für alle. Dies nicht verbindlich für alle zu machen, führt nur zu sprachlichem Wildwuchs, den keiner mehr versteht. Jeder machts wie er will, geht gerade bei Sprache nicht. Irgendwann vereinbaren wir dann, dass „Idiot“ die Beschreibung eines klugen Menschen ist, während andere sich gerade dadurch (weiterhin) beleidigt fühlen.

                      Wissenschaftliche Regeln für die Vorschriften zum Zitieren dienen einem einzigen Zweck: Sie sollen Betrügereien verhindern und eine klare Abgrenzung schaffen, eben weil davon so viel abhängt. Zitiert jemand nicht, obwohl der Gedanke aus anderen Quellen stammt, betrügt er. Punkt aus.

                      Das Gendern hat keinen solchen Zweck. Es sollen Menschen angesprochen werden, welche die wissenschaftliche Arbeit gar nicht lesen und es sollen Menschen nicht beleidigt werden, die sich gar nicht beleidigt fühlen können.

                      Ich kann im Rahmen wissenschaftlichen Arbeitens sehr wohl zu dem Schluss kommen, dass Muslime weniger integrationsbereit und -fähig sind als Asiaten. Im Rahmen der Cancel Culture ist dies nicht zulässig. Und wir sehen an britischen und amerikanischen Universitäten, dass derzeit dieses correct speech die Oberhand zu gewinnen droht.

                      Also, wie wir es hier inzwischen im Blog handhaben ist nicht verständlich. Kein Kommentator gendert, ja, bisher hatte sich niemand der Leser beschwert, dass er / sie sich durch unsere Sprache eben nicht angesprochen fühlt. Selbst Rauschi, eine Frau, gendert nicht.

                      Für wen und für was tust Du es eigentlich? Du hast nur einmal kurz erläutert, dass Du gendern willst, weil dies im Sinne der Gleichberechtigung sei (oder so ähnlich). Aber als Schreiber / Blogger muss uns doch vor allem interessieren, wie unsere Leser (und solche, die es werden wollen) die Dinge sehen. Wir schreiben doch Artikel nicht für uns, wir schreiben sie als Anregung zum Nachdenken und als Debattengrundlage.

                    • Stefan Sasse 10. April 2021, 14:34

                      Ich tue es, um Ungenauigkeiten zu vermeiden. Ich will zudem, das ist quasi die ideologische Komponente, Frauen sichtbar machen.

                    • derwaechter 9. April 2021, 20:12

                      Weil es ihm wichtig ist?

                      Und ein wenig virtue signalling würde ich auch nicht ausschliessen. Das Thema taucht hier ja immer wieder auf, und anders als bei vielen anderen Themen kann man als Schreiber Taten sprechen lassen.

                    • Stefan Pietsch 10. April 2021, 15:10

                      Welche Ungenauigkeiten? Die übergroße Mehrheit der Frauen fühlt sich durch die Verwendung der männlichen Form keineswegs unsichtbar. Sag das mal verschleierten Frauen bzw. den Verteidiger:innen des „Rechts“ auf Vollverschleierung.

                • CitizenK 9. April 2021, 08:45

                  Wissenschaftlich begründete formale Anforderungen* sind was anderes als politisch (ideologisch?) begründete Sprach-Vorgaben.

                  *die auch durchaus kritikwürdig sind. Ein Bekannter musste seine Abschlussarbeit an einer renommierten technischen (!) Hochschule auf „wissenschaftlich“ umschreiben. Inzwischen ist er erfolgreicher Software-Entwickler in Kalifornien.

                  • Stefan Sasse 9. April 2021, 09:48

                    Jein, die Formulierungsanforderungen („wissenschaftliche Sprache“) sind ja durchaus auch vorher schon ziemlich spezifisch gewesen. Aber erneut, ich fordere das ja gar nicht, lehne es sogar ab.

            • Stefan Sasse 9. April 2021, 08:00

              Irgendwann konnte es sich auch keinE Journalist*in beim ÖR oder Dozent*in an der Uni mehr leisten, unverheiratete Frauen als Fräulein und Schwarze als Neger zu bezeichnen, weil der Protest der Minderheit zu heftig wurde. So funktioniert Sprachwandel halt, immer schon.

              • CitizenK 9. April 2021, 08:38

                Aber sie wurden nicht wegen eines einzigen Satzes oder gar eines Wortes sofort gefeuert, ungeachtet früherer Verdienste.

              • derwaechter 9. April 2021, 12:04

                Den Vergleich zu Neger halte ich für maßlos übertrieben. Liebe Ingenieure anstatt Liebe IngenieurInnen zu schreiben ist nicht mal annähernd das Gleiche wie jemanden als Neger zu bezeichnen.

                Es ist diese völlig übertriebene Überhöhung des Genderns die mich so nervt.

                Ich habe mir die genannte Studie (angeblich das beste was es damals so gab zum Thema) angeschaut und bin wirklich nicht beeindruckt.

                Ich bleibe dabei, die Sprache wird vom Gendern nicht untergehen, es wird sich aber auch nichts dadurch zum positiven ändern.

                Zum Protest der Minderheit. Es ist im Falle des Genderns ja nicht einmal die betroffene „Minderheit“ (Frauen) die sich mehrheitlich dafür ausspricht.

                Ähnlich wie bei anderen „woken“ Themen auch (man denke nur an LatinX) ist die laut protestierende Minderheit (im Sinne von nicht Mehrheit) überhaupt nicht deckungsgleich oder einer Meinung mit der eigentlich/vorgeblich betroffene Minderheit (im Sinne von benachteiligter Gruppe).

                Die im Artikel zitierte Aussage “

                „So ein Binnen-I weist den größten Macho als Frauenversteher aus, ein sternchenübersäter Schriftverkehr soll ein Firmament der Gutmenschlichkeit aufleuchten lassen, wo oft nur gendermäßige Angeberei und wohlfeiles Gesinnungsinkasso am Werk sind.“

                trifft leider einen wunden Punkt.

                • Stefan Sasse 10. April 2021, 14:33

                  Und genauso haben die Leute früher beim Begriff „Neger“ gefühlt, weswegen der Vergleich völlig stimmig ist. Ich hatte erst gestern ein altes Schulbuch aus den frühen 1980er Jahren in der Hand, das völlig unreflektiert im Kapitel über den Sezessionskrieg (der pointiert nicht Bürgerkrieg genannt wird!) den Begriff „Negersklaven“ verwendete.

                  • derwaechter 12. April 2021, 15:00

                    Früher haben Leute X deshalb ist heute Y vergleichbar, ist meist ein schwaches Argument. So auch hier.

                    Den damaligen Rassismus, und die Heftigkeit der Beleidigung durch das Wort heute, mit dem (angeblichen) nur mitmeinen von Frauen zu Vergleichen ist und bleibt völlig schief.

                    Und wie gesagt ist die Reaktion der Betroffenen ja auch eine ganz andere.

              • Dennis 10. April 2021, 12:03

                Zustimmung, inkl. Blogeintrag.

                verstehe gar nicht, warum der/die eine oder andere in den Debatten da draußen wo auch immer heftig dagegen mosert (Diktatur und so), obwohl diese vermeintliche linksversiffte Marotte sich bei der schweigenden Mehrheit angeblich nie, nie durchsetzen wird – zumal beim Schweigen sich das Problem ja eh auf elegante Weise von selbst löst; und wenn „Liberale“ ihre Sehnsucht nach einheitlichen – und natürlich traditionellen – Regeln von oben, verbunden mit strengem Experimentierverbot, äußern, sagt das einiges über den Liberalismus heutzutage^.

                Ich sach mal so:

                a) Dass sprachlich das Maskulinum i.d.R. als Primärform daher kommt, ist kein Zufall sondern widerspiegelt ein gesellschaftliches Programm, das heutzutage zurecht nicht mehr als akzeptabel gilt.

                b) dass der grammatische Genus mit dem natürlichen Geschlecht nichts zu tun habe und Sprache ideologisch neutral sei, kann man/frau als unsinnig abbuchen. Klar, die Sache hat auch was kulturkämpferisches. Warum soll das verboten sein? Dass der Status quo auch kulturkämpferisch bedingt ist, wird gerne vergessen. Es gab schon immer „Sprachpolitik“.

                c) Lösungen sind schwierig. Mündlich nehme ich mir eigentlich i.d.R. Zeit und rede von XXlern und XXlerinnen. Bei Viel- und namentlich bei Schnellschwätzern und -innen mag das zu Problemen führen, wie z.B. die berühmten „liebe Kollegen und Kollegen“.

                d) Schriftlich ist man/frau noch in der Experimentierphase und Mischsysteme sind ja nicht schlecht, schaun mer mal, wer den Kampf zwischen Sternchen, dem groß geschriebenen Binnenvokal und dem Ausschreiben beider Formen für Leute, die viel Zeit haben, oder m/w/d für die Faulen gewinnt. Ferner: Ästhetik ist immer labil und hängt an Moden. Was heute häßlich ist, ist morgen schön.

                e) Das Grundproblem zu bejahen und nach Lösungen zu suchen heißt nicht , tugendterroristische Aktivitäten, auf die hier zurecht hingewiesen wurde, ebenfalls zu bejahen.

                • Stefan Sasse 10. April 2021, 14:44

                  Völlige Zustimmung, besonders zu e), das ich noch mal hervorheben will. Danke!

                • Ariane 10. April 2021, 16:31

                  Die Debatte wäre auch nur halb so nervig, wenn sie nicht immer auf dem Level von Diktatur, Tugendterror, Sprache morgen tot geführt werden würde^^

                  Ich finde das Herumexperimentieren eigentlich ganz gut, und natürlich werden sich vermutlich irgendwann die Faulen durchsetzen. Schriftlich nehme ich meist auch das Binnen-I, weil das mit Zehnfingertippen am einfachsten geht, deswegen finde ich im Sprachlichen den Rückgriff auf Abkürzungen oder das y (Gender-y oder wie nennt man das?) auch ganz gut. Schülys – ist doch fix und süß. Und ich bin da irgendwie mündlich auch eher ein Viel- und Schnellschwätzer, ich brauch da schnelle Lösungen. Obwohl so im Alltag sich bei uns dann oft Kids durchgesetzt hat, der Rückgriff auf genderneutrale, englische Begriffe funktioniert ja auch noch. Dann kann man den Tod der Sprache durch Anglizismen gleich mit aufnehmen, wozu zweimal sterben^^

  • cimourdain 8. April 2021, 21:37

    1) Experimentieren ist gut, weil alle bisherigen Ansätze künstlich und gestelzt – nicht alltagstauglich – klingen. Hier ein paar Vorschläge:
    – Ansprache abstrakter Gremien „Hohes Gericht“, „“Geschätztes Kollegium“
    – Neutrale vorhandene Vokabeln „Eltern“ statt „Väter“ des Grundgesetzes, „Liebe Mitmenschen“ statt „Damen und Herren“
    – Verkürzungen „Studis“, „Schülis“, „Profs“
    Das könnte sich also bei einer Abiturrede so anhören „Geschätzte Lehrs, Eltern und Mitschülis sowie alle Mitmenschen…“ und wenn etwas sich nach Stilblüten a la „Liebes Finanzamt“ anhört, dann ist das gut, denn Humor ist Reflektion.

    Apropos „Reflektion durch Flexion“ eine Fingerübung aus aktuellem Anlass (etwas off topic): Was ist der Singular von ‚Sinti und Roma‘ ? Also, wie sagst du „Ich bin heute einem [jetzt nicht das Z-Wort verwenden] begegnet“. Und was ist, wenn die Person weiblich ist ? Und was sagt es, dass ich das nachschlagen musste (gebe ich auch zu) ?

    2) Das Problem ist doch nicht der historische Vergleich selbst, sondern dass er verwendet wird, um Dinge zu dämonisieren. Was wurde hier um den Begriff „Ermächtigungsgesetz“ gestritten. Dabei ging es ausschließlich darum, ob man ein aktuelles Gesetz mit einer bösen Nazivokabel belegen kann – wobei völlig ignoriert wurde, dass es in der Weimarer Republik vor 1933 bereits mehrere Ermächtigungsgesetze gab. Wichtig wäre die Frage, ob dieses Gesetz einer böswilligen Reigierung zuviel Macht geben kann.

    8) vergleiche mit 3) Das Problem ist , dass a)Wissenschaft Zeit braucht und b) Menschen unterschiedlich und kompliziert sind. Du weißt selber, dass man bei jeder sozialwissenschaftlichen Untersuchung auch eine zum Gegenteil findet.

    9) a) Nochmal: verwende nicht die unspezifische Politvokabel „Lockdown“, sondern bezeichne spezifische Einzelmaßnahmen.
    b) Auch wenn sie dich bestätigt: Schau genau, von wo eine Aussage kommt. Das Institut Economique Molinari – benannt nach dem radikal libertären Gustave de Molinari – ist keine wissenschaftliche Einrichtung sondern ein neoliberaler Thinktank: https://fr.wikipedia.org/wiki/Institut_%C3%A9conomique_Molinari

    10) Milde Verschwörungstheorie: Ist es möglich, dass eine verbreitete politische Bildung mitsamt der Zusammenhänge gar nicht im Interesse der politischen Klasse ist. So kann sie weiterhin Politik gegen die Interessen der Mehrheit machen und diese mit Technokratie und Populismus abspeisen.

    • Stefan Sasse 9. April 2021, 08:05

      1) Eine Einzelperson ist entweder Sinti oder Roma 😉

      2) Ne, sorry, das kann ich so nicht stehen lassen. „Ermächtigungsgesetz“ ist sehr spezifisch aufgeladen. Wenn Gauland morgen eine „Sonderbehandlung“ für Muslime fordern würde, würden wir auch nicht sagen „ah ja, ich habe meinem Boden auch gestern eine Sonderbehandlung mit Bodenwachs gegeben, wird schon was Positives sein“. Wer Ermächtigungsgesetz sagt, muss sich des Kontexts einfach bewusst sein.

      8) Korrekt.

      9) Danke für den Hinweis!

      10) Milde Gegenantwort: Eine solche Verschwörung ist mehr als unwahrscheinlich, weil jemand davon profitieren könnte, das Gegenteil zu machen. Nein, das ist schon Desinteresse.

      • CitizenK 9. April 2021, 08:54

        1) „Sinto“ oder „Rom“, wenn schon.
        2) Ausdrücklich-nachdrückliche Zustimmung in diesem Punkt.

        • Stefan Sasse 9. April 2021, 09:49

          1) Ist das ein Witz oder tatsächlich der Singular? Ich weiß es gar nicht.

          • CitizenK 9. April 2021, 11:02
          • Dennis 9. April 2021, 11:09

            Klar ist das so. Und das gendern nicht vergessen, warum soll das hier nicht gelten? Ist wohl etwas kompliziert, aber das Bildungsbürger*innen-Vademecum Wiki gibt genauere Auskünfte ^.

            Ob die Sinti (m/w/d) selbst gendern bzw. darauf Wert legen ist allerdings – eingedenk ihrer traditionalistischen Lebensweise – womöglich gar nicht der Fall 😮 Ggf. gibt es da Aufklärungsbedarf, der wiederum mit Kultursensibilität konkurriert 🙁

            • CK 9. April 2021, 16:09

              Sinti*zze und Rom*nja. Vor allem die intellektuelle und universitäre Elite der Roma und Sinti gendert ebenfalls.

      • cimourdain 10. April 2021, 19:54

        1) Dies ist in meinen Augen ein gutes Beispiel, warum Bewusstsein durch andere Sprache kein Allheilmittel ist. Trotz der anderen Formulierung werden die Personen nur im Plural als Bestandteil einer Gruppe wahrgenommen (quasi ein Pluralwort wie ‚die Borg‘). Dank an CK hier für das Aufbrechen von Klischees.

        2) Dein Szenario ist zwar interessant zu diskutieren ( Gild das nur für die AfD oder würden die Alarmglocken auch losgehen, wenn ein jemand aus einer anderen Partei mit so etwas ankäme? Die CSU hat da schon einige Hämmer losgelassen), aber der Vergleich hinkt in meinen Augen, da eben der Begriff ‚Ermächtigungsgesetz‘ eben kein Nazijargon ist, sondern ein technischer Begriff der auch vorher und später für andere Länder (z.B. ‚iranisches Erm.G.) verwendet wurde. Wichtig ist es die Unterschiede zu erkennen, warum das ErmG von 1933 so tiefgreifend die Gewaltenteilung aushebeln konnte – und diesen Fehler dringend zu vermeiden.

        10) Es gab tatsächlich diese Gruppe, die versucht hatte, politische Bildung in die breite Masse zu tragen: Das waren mal die Linken, mit der Arbeiterbibliothek, mit der AG-SPAK, mit ‚Geschichte von unten‘. Aber dann haben die festgestellt, dass man viel mehr positive Resonanz bekommt wenn man stattdessen mit Identitätsthemen die Oberschichtmilieus anspricht – der Rest ist Gegenwart.

        • Stefan Sasse 11. April 2021, 10:41

          1) Ja, gerade weil es solche Probleme gibt muss man sich halt damit auseinandersetzen.

          2) Auch für andere Parteien. Denk mal an Lafontaines „Fremdarbeiter“.

          10) Das ist viel zu vereinfachend. Zentral war die Auflösung des Arbeiter*innenmilieus!

          • cimourdain 12. April 2021, 00:11

            2) Und die Linke kriegt deswegen immer noch deswegen das Hufeisen um die Ohren geworfen… zentristischen Parteien sieht man da mehr nach.

            10) Schau dir meine Beispiele an, nur eins stammt aus dem traditionellen Arbeity-Milieu, eines aus dem SDS-Dunstkreis und eines von linken Journalisten (z.B. Bernt Engelmann.

  • Dennis 9. April 2021, 13:41

    Zitat Stefan Sasse in 7 :
    „Man sollte immer vorsichtig sein, wenn einem ideologische Gegner*innen empfehlen, wie man sich künftig ausrichten sollte, oder interpretieren, was der Kern der eigenen Gruppe „eigentlich“ ist. “ 

    Das funktioniert aber nur, wenn es da draußen – sagen wir mal traditionell – drei (Cons, Liberals, Sozen) Lager gibt, die man fein-säuberlich abgrenzen kann, so dass nicht der geringste Zweifel besteht, wo man hingehört und man dementsprechend sofort weiß, wer der Gegner/die Gegnerin ist. In einer solchen Welt muss man es natürlich nicht ernst nehmen, wenn beispielsweise jemand aus der feindlichen Cons-Kiste behauptet, die Sozen heutzutage seien gar keine richtigen Sozen.

    Die schlechte Nachricht: „Ökonomisch links“ und „links im Hinblick auf gesellschaftliche Sitten und Gebräuche“ haben noch nie übereingestimmt, auch wenn der Autor im verlinkten Artikel versucht, diesbezüglich ein Prokrustesbett zu basteln. Es gibt lagerübergreifende Schnittmengen in Abhängigkeit von jeweiligen issues sowie auch issue-abhängig lagerinterne Ausschlüsse, d.h. die ideologische Lagertheorie ist nur ganz grob und von Weitem betrachtet schlüssig.

    Zitat aus dem verlinkten Artikel:

    „Die Linke habe die „einfachen Menschen“ im Stich gelassen, behauptet die Rechte,“

    Klingt knackig, aber im Gegensatz zu dem, was der Autor suggeriert, unterschreiben das Behauptete auch viele Linke. Wagenknecht zum Beispiel. Andere wiederum in Varianten ähnlich. Varianten sind sowieso ein großes Übel. Das schafft nur Unübersichtlichkeit^.

    Der angesprochene Trump zum Beispiel hat es sich angelegen sein lassen, linksgrün versifft TTIP zu beerdigen (yes we can^)

    https://apps-cloud.n-tv.de/img/12786976-1399476084000/16-9/750/imago-st-050619400007-61469925.jpg

    Diese Schnittmenge müsste man also irgendwie für ungültig erklären oder durch allerlei akrobatische Verrenkungen wegdiskutieren, wenn man die ideologische Welt sauber halten will.

    • Ariane 9. April 2021, 22:07

      Sehe ich ähnlich, wenn das nur irgendwelche Rechten behaupten würden, wäre das ja relativ egal, aber die Diskussion tobt ja auch innerhalb der Linken, hab auch direkt an Wagenknechts neues Gruselbuch gedacht oder auch an die Debatte um Thierse.

    • Stefan Sasse 10. April 2021, 14:35

      Wagenknecht ist ja auch gläubige Jüngerin des Hufeisens. Die ist völlig abgedreht.

  • Rauschi 9. April 2021, 14:05

    zu 9)
    Ich halte es nach wie vor für eine der dümmsten Argumentationslinien, dass ein kurzer, funktionierender Lockdown teurer wäre als dieser Dauermurks, mit dem wir uns seit mittlerweile einem Jahr herumschlagen.
    Nur dumm, nicht falsch?
    Geht es um Kosten? Seit wann? Wie kann denn der gesamte Verlauf der Pandemie verglichen werden, wennn die No Covid Idee doch erst in diesem Jahr entwickelt wurde? Wie kann das dann die Wirtschaft im letzten Jahr beeinflusst haben? Aktuellere Zahlen gibt es doch gar nicht, oder?
    Haben die denn die „richtig harten, sinnvollen“ Massnahmen ergriffen und wenn ja, wann und wie? Wie passt das „kurz“ zu der Aussage
    [Halbtotalitäre Fantasie
    Die Initiative „Zero Covid“ will das Coronavirus durch einen mehrwöchigen Total-Lockdown bezwingen. Die Ideen sind weltfremd und wenig zielführend.] https://taz.de/Vorschlaege-der-Initiative-Zero-Covid/!5739231/

    Wenn ich hier nachsehe, (einfach die gewünschten Länder aus der Liste wählen)
    https://ec.europa.eu/eurostat/de/web/euro-indicators/visualisations
    dann sieht Schweden immer noch am besten aus, was das Wirtschaftwachstum angeht. Allein, weil der Einbruch viel niedriger war und sich die Wachstumsraten immer auf das Vorquartal beziehen, sieht ein grösseres Wachstum dann auch besser aus. Aber nur, weil der Absturz so tief war.

    Kurze Nachfrage, dieser „wirksame Lockdown“, der nur kurz sein muss, eben weil der wirksam ist, wie würde der denn aussehen? Ich schlage dann vor, sie teilen Ihre Erkenntniss mit der Regierung, denn die scheint immer noch keine „wirksamen“ Einschränkungen gefunden zu haben.

  • Padde 9. April 2021, 17:05

    1) ich habe es bestimmt schon mal gesagt, aber ich gendere nach Phettberg: das -y, die -ys. Klappt sehr gut, auch meine Schülys übernehmen das problemlos, zumal es auch witzig klingt.

    3) ich bin immer noch schockiert, wie wenig hier über den Tellerrand geguckt wird. Anscheinend hat man in der Politik die fehlende Vergleichbarkeit von Ländern so sehr intus, dass man sich nicht mal mehr umsehen mag. Ich habe nach einem Jahr Pandemie noch nicht einmal eine konkrete Begründung gehört, warum eine konkrete Maßnahme in einem spezifischen Land nicht bei uns funktioniert.

    • Rauschi 9. April 2021, 21:29

      Ich habe nach einem Jahr Pandemie noch nicht einmal eine konkrete Begründung gehört, warum eine konkrete Maßnahme in einem spezifischen Land nicht bei uns funktioniert.

      Tja, dafür sollte es vielleicht einfach Belege geben, die eine Funktionsfähigkeit belegen.
      Und, die Kollateralschäden dagegen abwägt.
      Das die Lock-Downs der reichen Länder die Leben in den armen Ländern reihenweise beenden, (ca 40 Millionen zusätzliche Hungertote) scheint ja niemanden zu interessieren.
      Bitte sehr, dann ist aber diese „jedes Leben zählt“ nur ein hohler, leerer Satz, der nicht ernst gemeint ist.
      Wie man aber immer noch sowas fordern kann, wo man weiss, wie das auf die Kinder wirkt, das geht mir nicht in den Kopf.
      Seit wann sind Eltern so herzlos geworden?

    • Stefan Sasse 10. April 2021, 14:38

      1) Auch eine gute Idee. Ich will aber nicht schon wieder umstellen 😀

      3) Der Nationalismus ist furchtbar, ja.

  • Ariane 9. April 2021, 22:05

    5) Pop-Up-Radwege

    Zunächst mal muss ich Pietschi unbedingt zustimmen, dass wir mehr Güterverkehr auf den Schienen als Autobahnen brauchen, auch wenn das etwas weg vom Kontext führt. Und ein absolutes LKW-Überholverbot bitte^^

    Insgesamt bin ich mittlerweile der Meinung, dass man die Stadtplanung da mit einbeziehen muss, auch und mit den Straßen. Hier könnte übrigens auch der wachsende Fahrradtourismus helfen, der hat im Lockdown ja auch zugelegt. Da habe ich ein bisschen die Hoffnung, dass dadurch auch die Nachfrage zb nach besseren Radwegen steigt und das mal von dieser „wir nehmen den AutofahrerInnen was weg“-Schiene herunterkommt.

    8) Modellstädte

    Dazu ein Update aus der Jetzt-nicht-mehr-Modellstadt-Achim, die davon zurückgetreten sind. Weil der Betreiber nicht sicherstellen konnte, dass das Testzentrum pünktlich fertig wird.

    Ansonsten haben wir nur zwei Testmöglichkeiten, die nur 2x die Woche aufhaben (immerhin weiß ich jetzt, warum ich ganz nach Verden fahren musste). Irgendeine Gemeinde in Lüchow-Dannenberg ist wohl auch wieder zurückgetreten, weil sie das mit dem Nachverfolgen irgendwie nicht hinbekamen.

    Das bestätigt meinen Verdacht, dass das alles recht improviert und chaotisch einfach als eine Möglichkeit zum Öffnen gesehen wird. Fast unnötig zu erwähnen, dass zwar gesagt wird, man will das wissenschaftlich begleiten, aber wie und warum und wo weiß bisher wohl noch keiner.

    Dafür wurde jetzt meine Heimatregion als neues Testgebiet für Tourismus ausgewählt: siehe hier

    Dazu passend auch das Zitat des Ministers: Hier könnte also ein praktischer Beweis für die Einschätzung des Robert-Koch-Instituts geliefert werden, dass Beherbergungsbetriebe ein niedriges Risiko darstellen“, meinte Buchholz.

    Tja, da bin ich ja gespannt.

    6) in der schwäbischen Provinz hier endet das gastronomische Angebot immer noch bei Pizza, Spätzle mit Soße und Brathähnchen

    Das ist ja schrecklich! Das kulinarische Angebot zu erweitern, ist ja eigentlich das größte Plus der Einwanderung, wir haben hier in Bremen einen Syrer und das Essen ist absolut genial (allerdings leider ziemlich teuer). Iranisches Essen übrigens auch sehr empfehlenswert!
    Mir ist das übrigens auch bei größeren Supermärkten aufgefallen, dass sie ihr Angebot oft erweitert haben und häufiger mal arabische Spezialitäten oder Brot mit ins Angebot nehmen.

    • Stefan Sasse 10. April 2021, 14:40

      5) Ich bin was das angeht Angebotstheoretiker 😀

      6) Ja, aber diverse Essensangebote sind ein städtisches Phänomen, leider. Auf den Dörfern machen die alle Pizzadienste auf.

  • cimourdain 10. April 2021, 20:10

    8) Apropos Modellregionen: Umgekehrt gibt es ein Bundesland, das man durchaus al Modellregion für den ‚härteren Lockdown‘ Komplex betrachten kann, nämlich Bayern. Bayern ist als Modell durchaus geeignet, da es die verschiedensten demographischen Situationen bietet: Urbane und ländliche Räume, arme,reiche, alte und junge Kreise, Grenzland und Binnenregionen. Und es hat einen ambitionierten Ministerpräsidenten, weswegen es früher als andere Länder praktisch den gesamten Katalog durchexerziert hat, der den Lockdownfreunden hier im Forum den Sabber in die Mundwinkel treibt: rigorose Ladenschließungen, Kontaktsperren bis runter zu drei Personen, Alkoholverbot, abendliche Ausganssperre ab 21 Uhr, Ausgangssperre tagsüber ohne triftigen Grund etc.. Und deswegen steht Bayern jetzt nach einem Jahr vorbildlichen Lockdowns dort wo es steht, nämlich genau so tief im Dreck wie die anderen Länder, nur ein wenig tiefer mit überdurchschnittlichen Zahlen für Tote, Hospitalisierte und Infizierte.

    • CitizenK 10. April 2021, 20:56

      Bayern hat aber auch eine offene Grenze zu Tschechien gehabt mit Pendlern. Dort gab es zeitweise eine Inzidenz von 1200.

      • Ariane 11. April 2021, 06:49

        Und davor die Ösis. Ein bisschen hat sich das ja gehalten, dass die Zahlen im Süden eher höher sind als im Norden, der Osten hat eher durch Tschechien und Polen dann was abbekommen.
        Wir sollten nochmal die Theorie diskutieren, dass wir Nordlichter eh maulfaul sind und sowieso 2m Abstand zu Fremden halten^^

        Bei Spektrum wurde das mal mit Würfeln verglichen und ich fand das ganz passend, und bei so hohen Zahlen aktuell ist die Wahrscheinlichkeit eine 6 zu würfeln (also sich anzustecken) generell sehr hoch. Da macht es auch wenig Sinn herumzuexperimentieren, weil da eh keiner mehr mitkommt. Meine Vermutung ist, dass irgendwelche kleinen Maßnahmen von links und rechts eh relativ wenig Wirkung haben. Ich meine, ein Preis für den, der überhaupt die Bestimmungen für sein Bundesland oder Kreis nennen kann, das ist hier totales Rätselraten.

        In Rostock hat das auch nicht so gut geklappt, weil man den Leuten ja wegen EIGENVERANTWORTUNG rät, zu Hause zu bleiben:
        https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Pilotprojekt-Rostock-Einzelhandel-zieht-ernuechternde-Bilanz,coronavirus4904.html
        Und wenn sie es denn tun, ist auch keiner glücklich. Das ist echt eine Tragikomödie, die da abgespult wird.

        Update aus Niedersachsen, man weiß nicht, ob das überhaupt startet, weil der Inzidenzwert von 100 (wo wieder abgebrochen werden soll) zu niedrig ist:
        https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Mehr-Macht-fuer-den-Bund-Modellkommunen-vor-dem-Aus,modellkommunen110.html

        Ich meine, ganz ehrlich. Dieses Chaos hat auf die Psyche der Menschen mehr Auswirkungen als auf die Inzidenzzahlen. Es rechnet doch sowieso eigentlich jeder damit, dass irgendwann nächste Woche irgendeine Art von neuem Lockdown verkündet wird. Aber nebenbei wird an Modellkommunen gebastelt und der Lockdown hängt da irgendwie wie ein Damokles-Schwert drüber, bis alles schlimm genug ist, dass sich da mal wer einigt.

        • Rauschi 11. April 2021, 11:07

          Bei Spektrum wurde das mal mit Würfeln verglichen und ich fand das ganz passend, und bei so hohen Zahlen aktuell ist die Wahrscheinlichkeit eine 6 zu würfeln (also sich anzustecken) generell sehr hoch.
          Nur nebenbei, die Wahrscheinlichkeit, eine Sechs zu würfeln ist für jeden Wurf gleich, ganz egal, wie oft man würfelt, das ist immer 1:6.

          Die Zahlen waren Anfang des Jahres aber viel höher, wie kann denn auf einmal die „Gefahr“ höher sein?

          Dieses Chaos hat auf die Psyche der Menschen mehr Auswirkungen als auf die Inzidenzzahlen.
          Nur hat die Psyche mehr Auswirkungen auf die Gesundheit als dieses Virus, jedenfals für die meisten.
          Auf ein Immunsystem, das durch fehlende Kontakte und Bewegung schon geschwächt ist.
          Ich halte das für eine echt blöde Idee, aber, was weiss ich denn schon?

          • Ariane 12. April 2021, 08:21

            Es ist ja nur eine Metapher. Eine durchgedrehte Mutante würde eben eine sechs mehr auf den Würfel zaubern und das Entscheidende ist, wie oft man würfelt.

            Ich bin auch nicht sicher, ob die Gefahr jetzt höher ist als im Januar. Die Zahlen sind ja ähnlich. Könnte auch sein, dass es sich verschiebt. Weniger Altenheime, weil die noch geschützt sind und dort alle geimpft, dafür mehr Schulen, weil die britische Variante leichter übertragbar und ansteckender für Jüngere ist. Keine Ahnung.

            • Rauschi 12. April 2021, 09:25

              Ich bin mir ziemlich sicher, das es sowas wie eine durchgedreht Mutation nicht gibt, da sind Viren weder leben die noch haben die ein Bewusstsein.
              Nein, für eine Wahrscheinlichkeit spielt es keine Rolle, wie oft etwas passiert.
              Auch nach 1000 mal Rot kann wieder rot kommen, das ist knapp 50:50, wegen Null nur knapp.

              Die Frage war, warum bei höheren „Zahlen“ die Zahl der Patienten auf Intensiv runter . Was hat sich seitdem geändert, das die Zahlen bei niedrigeren Inzidenzien wieder steigen.

              NO, Schulen sind keine Treiber der Pandemie, dazu gibt es echt viele Untersuchungen.

              So viele wenn, aber so sicher, was zu tun wäre, das finde ich befremdlich.
              Zumal die Schädigung der Kinder mittlerweile belegt ist.

              So tragisch, wie viele so angsterfüllt sind, das die allein im Regen mit einer FFP 2 Maske rumrennen.
              Meine Tante verlässt seit einem Jahr die Wohnung nicht mehr aus lauter Panik, das Virus zu erwischen, raucht aber weiterhin. Das verstehe, wer will.

              Gesund ist nichts davon und mir wird doch erzählt, es ginge um Gesundheit.

              • CitizenK 12. April 2021, 09:41

                Alles, was du ablehnst, wird hier gefordert:
                „Masks, class sizes and hygiene are important, but low community spread is key.“

                https://www.nature.com/articles/d41586-020-02403-4

                • Rauschi 12. April 2021, 09:48

                  Ich fordere gar nichts, ich beschreibe die Fakten.
                  Das sich hier NIEMAND um die Kinder schert, das ist nur noch Tragödie.
                  Ich würde mir wünschen, das ALLE relevanten Mediziner Gehör finden, besonders die Kinderärzte und Psychologen.
                  Hat jetzt nur eine Seite Recht, oder worauf soll das hinaus laufen?

                • Rauschi 12. April 2021, 10:15

                  So ich habe hier drei Papiere, die das Gegenteil fordern
                  https://co-ki.de/wp-content/uploads/2020/10/SARS-Cov2-in-der-ambulanten-Pa%cc%88diatrie_MoKi-ANGENOMMEN.pdf
                  https://www.aerzteblatt.de/archiv/217182/COVID-19-in-Schulen-Keine-Pandemie-Treiber
                  https://www.covid19.statistik.uni-muenchen.de/pdfs/codag_bericht_10.pdf

                  Und auch ein Gericht hat das mittlerweile gekippt, nicht mitbekommen?
                  https://www.nachdenkseiten.de/upload/pdf/210412-21-04-08_AG_Weimar_9_F_148_21_EAO_Beschluss_anonym_2021_04_081.pdf

                  Sie plädieren doch sicher nicht dafür, das man wegen einer Mutmassung von August 2020 gegen neuere Erkentniss und ein Gerichtsurteil handelt sollte?

                  • CitizenK 12. April 2021, 10:28

                    Ich wäre ja heilfroh, auch wegen meiner eigenen Kinder, wenn die Schulen sichere Orte wären.

                    Aber auch die hier genannten Untersuchungen lagen vor dem Wirksamwerden von B117. Und auch hier werden die Hygiene-Maßnahmen vorausgesetzt, die Sie (dann halt „SIE“, wenn’s der Wahrheitsfindung dient) vehement ablehnen und sogar für schädlich halten.

                    Ich finde es sehr problematisch, wenn Gerichte Politik machen. Und das tun sie, wenn sie per Auslegung der Verhältnismäßigkeit ein Gesetz oder eine Verordnung in ihr Gegenteil verkehren. Wer den Rechtsstaat verteidigt, sollte sich darüber nicht freuen, auch wenn das Gericht in seinem Sinne entscheidet.

                    • Rauschi 12. April 2021, 11:04

                      Aber auch die hier genannten Untersuchungen lagen vor dem Wirksamwerden von B117.
                      Ja, aber auch Ihr Link.

                      Ich möchte weinen, sie haben da nichts gelesen, oder?
                      Wer den Rechtsstaat verteidigt, sollte sich darüber nicht freuen, auch wenn das Gericht in seinem Sinne entscheidet.
                      Nicht in meinem Sinn, in einem wissenschaftlich begründeten Urteil, basierend auf Sacherverständigen-gutachten.
                      Ach so, die dürfen nicht eingreifen, wenn die Politik rechtswidrige und nicht belegbare Massnahmen verhängt?
                      Wer sollte denn die Kinder schützen, wenn Sie als Eltern einen Totalausfalll darstellen?

                    • Rauschi 12. April 2021, 12:26

                      Ich finde es sehr problematisch, wenn Gerichte Politik machen.
                      Sie finden es aber nicht problematisch, wenn bestimmte Mediziner das machen? Nur weil das da in Ihre Richtung geht?

                    • Ariane 12. April 2021, 23:29

                      Es ist ja mittlerweile auch sehr deutlich belegt, dass die britische Variante sowohl ansteckender als auch schwerer im Verlauf ist – über alle Altersklassen hinweg. Ich hatte neulich über Twitter einen interessanten Vergleich gesehen (finde ich jetzt nicht mehr), über die Wahrscheinlichkeit des inflammatorischen Syndroms bei Kindern. (btw: das heißt, das gute Immunsystem bringt einen um, ja das kann bei Viren passieren).

                      Na jedenfalls lag die Wahrscheinlichkeit genauso hoch wie bei Masern im Kinder/Jugendlichen-Alter. Der Witz ist, dass wir da mittlerweile eine Impfpflicht und/oder komplette Schulschließungen haben, weil das ebenfalls eine höchst gefährliche Virenerkrankung ist.

                      Ich bleibe auch dabei, eine recht neue und unerforschte, gefährliche Krankheit irgendwie „durchlaufen“ zu lassen, ist nicht nur peinlich mittelalterlich, sondern für eine Gesellschaft auf allen Ebenen, psychisch, sozial, wirtschaftlich etc. höchst ungesund.

                    • Rauschi 13. April 2021, 06:33

                      Es ist ja mittlerweile auch sehr deutlich belegt, dass die britische Variante sowohl ansteckender als auch schwerer im Verlauf ist – über alle Altersklassen hinweg.
                      Sie meinen also, das wär ekein Thema gewesen bei dem Urteil und den Gutachten und der Begründung?
                      Oh, doch, das war es, sogar sehr ausführlich ein 3 Fachleuten in Professorenrang mit über 100 Studien und Metastudien,
                      Fakt ist aber trotz allem, das der Schaden, der bei den Kindern durhc alle Massnahmen angerichtet wird in keinerlei Verhältniss zum Nutzen, der, wenn überhuapt nur für Dritte entsteht, steht. Bitte einfach nachlesen, mir oder Twitter sollte niemand blind glauben:
                      [ “Eine solche Gefährdung liegt hier vor. Denn die Kinder werden insbesondere durch die Pflicht, während der Schulzeit Gesichtsmasken zu tragen und Abstände untereinander und zu weiteren Personen einzuhalten, in ihrem geistigen, körperlichen und seelischen Wohl nicht nur gefährdet, sondern darüber hinaus schon gegenwärtig geschädigt. Dadurch werden zugleich zahlreiche Rechte der Kinder und ihrer Eltern aus Gesetz, Verfassung und internationalen Konventionen verletzt. Das gilt insbesondere für das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und auf körperliche Unversehrtheit aus Artikel 2 Grundgesetz sowie für das Recht aus Artikel 6 Grundgesetz auf Erziehung und Betreuung durch die Eltern. (…)
                      Die Kinder werden physisch, psychisch und pädagogisch geschädigt und in ihren Rechten verletzt, ohne dass dem ein Nutzen für die Kinder selbst oder Dritte gegenübersteht.” ]
                      https://www.nachdenkseiten.de/upload/pdf/210412-21-04-08_AG_Weimar_9_F_148_21_EAO_Beschluss_anonym_2021_04_081.pdf
                      Das gilt bis zum Beweis des Gegenteils.

                      Ich bleibe auch dabei, eine recht neue und unerforschte, gefährliche Krankheit irgendwie „durchlaufen“ zu lassen, ist nicht nur peinlich mittelalterlich, sondern für eine Gesellschaft auf allen Ebenen, psychisch, sozial, wirtschaftlich etc. höchst ungesund.
                      Ach so, die 83 Millionen weg zu sperren, weil 6,8 Millionen (Anteil der über 80jährigen) gefährdet sein könnten, das nenn ich Mittelalter.
                      Wenn sonst Teile aus dieser Altersgruppe gestorben sind, hat das die Wirtschaft nie auch nur tangiert.
                      Es sterben jedes Jahr ca 1 Million Menschen in Deutschland, warum sollten die 75.000 jetzt einen Unterschied machen?
                      Für die Wirtschaft? Für das Soziale Miteinander?

                      Der Witz ist ja, es werden mehr Test gemacht, damit die potentiell „gefährlichen“ gefunden werden und ab in Iso geschickt werden können. Wenn das dann klappt und man mehr findet, nicht, weil mehr da sind, sondern, weil man das Dunkelfeld verkleinert, dann schreien alle Zeter und Mordio, macht den Laden dicht. Kann mir das mal jemand erklären?
                      Die Schnelltests sind extrem ungenau und aus gutem Grund wurden vom RKI keine Menschen ohne Symptome mehr gestestet. Bis jetzt, da machen wir das wieder massenhaft, dabei geht von denen keine Gefahr aus.
                      Das nenn ich finsteres Mittelalter, denn es gibt keinerlei Evidenz für eine Wirksamkeit, eigentlich nur gegenteilige Belege.
                      Aber, was weiss ich schon? Wer schon eine Pflicht zur Impfung gegen eine Krankheit, die fast keine Todesfälle in den letzen 10 Jahren zur Folge hatte, total knorke findet, dem kann ich leider auch keine Objektivität unterstellen, sondern nur sehr viel Unwissen.

                  • Rauschi 13. April 2021, 07:35

                    Wegen der Mutanten, da wurde gerade belegt, das sie eben NICHT tödlicher ist, nur nebenbei.
                    https://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/corona-news-am-dienstag-die-wichtigsten-entwicklungen-zu-sars-cov-2-und-covid-19-a-d3b9a7a1-9235-4bdf-b07b-98dbf3a76fae
                    Nichts ist da so sicher, wie hier alle zu sein scheinen.
                    Wollt Ihr keine guten Nachrichten?

      • cimourdain 12. April 2021, 00:20

        Die tschechischen Grenzregionen östliche Oberpfalz, östliches Oberfranken und östliches Niederbayern machen ca. 1,5 Millionen Einwohner (großzügig) aus, das sind gut 10% der bayerischen Bevölkerung. München (das diese Woche wieder mal eine Mini-Schließung hinter sich hat) ist 200 km von der Grenze weg. Und von den Hotspots erklären sich Cham oder Hof mit der Grenznähe gut, aber Memmingen oder Hassberge/Rhön weit (wörtlich) weniger. Tschechien zählt damit wohl eher in die Kategorie ‚Ausrede‘ – ähnlich wie die Ausreden, die Stefan Sasse in Fundstück drei benennt.

  • Kning4711 11. April 2021, 18:25

    Zu 2
    Inzwischen gibt es eine Replik auf das Interview der beiden Autoren:
    https://www.zeit.de/2021/15/erinnerungskultur-holocaust-kolonialismus-menschheitsverbrechen-vergleichbarkeit-michael-rothberg-juergen-zimmerer/komplettansicht

    Kann man nicht beides Akzeptieren, dass der Holocaust eine in der Geschichte einzigartiges Verbrechen war, jedoch keine automatische Fortentwicklung geschichtlicher Wege des Kolonialismus?
    Ich finde Vergleiche immer schwierig, die diese auch relativierend wirken. Viele Genozide in der Geschichte folgen ähnlichen Mustern und doch folgen diese individuellen Dynamiken aus den jeweils konkreten Umständen.
    Ich finde es wichtig, dass man diese Dynamiken wissenschaftlich untersucht, eventuell nach ähnlichen Mustern sucht.

    • Stefan Sasse 11. April 2021, 21:31

      Wieso beides? Was du formulierst ist doch gerade das, was Zimmerer angreift.

      • Ariane 12. April 2021, 23:42

        War das nicht auch irgendwie Thema bei der Debatte um Hedwig Richter? (die internen Historikerdiskussionen geben aktuell ja nicht das beste Bild ab, in der Replik gehts auch hauptsächlich um das Wort provinziell)

        Ich sehe es auch ähnlich wie Zimmerer (finde ihn eh sehr bewundernswert oft), man muss schon aufpassen, dass man die Shoa in ihrer Einzigartigkeit dann nicht plötzlich aus der Geschichte heraushebt. Und die zugrunde liegenden Ausführungen waren ja nun mal leider überhaupt nicht einzigartig, weder was Antisemitismus noch Genozid angeht. Es war ja eher die Ausführung und Konsequenz, die das so einzigartig gemacht haben.

        Aber für die Forschung und sicher auch für die Bildung ist das ja nicht das Ausschlaggebende, da sind ja gerade die Dynamiken darunter wesentlich und die gab es davor und danach – bis heute.
        Und was mir persönlich wichtig ist: Ich möchte auch nicht, dass das so ein abgeschlossenes Kapitel ist, das passiert ist und fertig (so Gauland-artig), es geht ja auch viel darum, wie sich die Prozesse von damals bis heute weiter verändern. Ich fand zum Beispiel auch diese Story um „Deutsche mit Nazihintergrund“ hier ganz interessant. Das ist ja vermutlich etwas, das alle hier in den Blogkommentaren irgendwie betrifft.

        • Stefan Sasse 13. April 2021, 08:41

          Jein, bei Richter ging es um die Demokratiethese. Genauso wie bei Zimmerer ist das eigentlich selbstverständlich, aber es rüttelt an geliebten Narrativen und wird deswegen erbittert bekämpft.

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