Das Rennen zum Impfstoff: Wenn Trottel hinter Siegern herlaufen

Es steht schlecht um das Image des Staates, zumindest bei jenen Mitmenschen, die sich eine gewisse kritische Distanz bewahrt haben. Das Ansehen der führenden Politiker sinkt umso schneller, je mehr Länder mit Impferfolgen an Deutschland vorbeiziehen. Die Kanzlerpartei hat dabei fast den gesamten Vorsprung verspielt, den sie sich durch bedächtiges Wegsperr-Management in der Coronakrise erworben hatte. Immer mehr wird offenbar, wie wenig leistungsfähig der deutsche Staat durch die jahrzehntelange Trägheit seines Apparats geworden ist. Mit nur noch wenig journalistischer Zurückhaltung müssen sich die handelnden Personen an den Schalthebeln der Macht in den Medien als Trottel beschimpfen lassen, die nicht einmal einen einfachen Einkaufsbummel hinbekommen, sondern vor lauter Rabattfeilscherei die Unterschrift unter den Auftrag vergessen und dann das Kleingedruckte nicht gelesen haben. Derart mit dem Versagen konfrontiert, greifen Kanzlerin, Regierungsparteien und die Anhänger eines paternalistischen Staates zu Strategien, welche allen Nieten der Welt gemein sind.

Lesedauer: 6 Minuten

Auf dem Höhepunkt der weltweiten Staatsfinanzkrise formulierte der charismatische Herausgeber der altehrwürdigen Frankfurter Allgemeinen Frank Schirrmacher seine Zweifel an der Überlegenheit der Marktwirtschaft. „Ich beginne zu glauben, dass die Linke recht hat“, schrieb er in einem Artikel des Feuilletons der wirtschaftsnahen Zeitung. Ein Jahrzehnt später, in dem sich der Staat als Retter für alles und jeden betätigte, aber keine der neuen Krisen lösen konnte, würde das Impfdesaster in Europa Anlass zum Umdenken bieten: Vielleicht hat die Rechte doch recht.

Während innovative Unternehmen in kaum 10 Monaten ein Vakzin gegen das Coronavirus mit neuartiger Technik entwickelten, kommt die Politik in Europa nicht aus dem Anfangsstatus der Pandemie heraus. Wir wissen, dass wir nichts wissen, weshalb die Bürger wie vor 1000 Jahren in ihre Häuser eingesperrt werden müssen. Bei Zuwiderhandlungen droht der öffentliche Pranger, aufmerksame Bürger sorgen beim Gegenüber und Behörden für die Einhaltung der umfangreichen Vorschriften. Modern ist das alles nicht und soll es auch gar nicht sein, schließlich hat der Staat mit Strategien, die etwas mit dem 21. Jahrhundert zu tun haben, erfolgreich Schiffbruch erlitten, Stichwort Warn-App. Über Monate applaudierte das Publikum der zur Neo-Monarchin erkorenen Kanzlerin, bis diese den Bogen überspannte. Seit der vergangenen Woche scheint die Schraube locker.

Handwerker kennen das: Am Anfang lässt sich die Schraube leicht ins Gewinde drehen, doch erst mit zunehmendem Kraftaufwand lässt sich eine Sache so befestigen, dass sie hält. Jeder Fachmann ist gut beraten, es damit gutsein zu lassen, denn eine weitere Umdrehung zerstört das Gewinde. Ab da ist nichts mehr fest. Als die Inzidenzzahlen in den letzten Wochen anfingen deutlich zu sinken, die Deutschen noch verständnisvoll über die Fehler der Politik hinwegsahen, hätte man es auch in Berlin dabei belassen sollen. Doch die Kanzlerin lebt längst in ihrer eigenen Welt, den täglichen Abläufen und Zwängen entrückt, von Jasagern in Kabinett, der Runde mit den Ministerpräsidenten und dem Virologenbeirat umgeben. Ohne nachvollziehbaren Anlass wurde von jenen, welche das Land führen sollen, die monatelange Zielmarke von 50 beim Inzidenzwert auf 35 heruntergesetzt. An dieser Stelle begriffen viele: die Coronapolitik beruht auf Willkür.

Willkür ist das Ende von Führung. Die Führung von Menschen ist nur auf der Basis von Vertrauen möglich. Verschwindet das Vertrauen, dass mit den Leuten an der Spitze ein verabredetes Ziel erreicht werden kann, laufen die Truppen davon. Umfragen wie persönliches Erleben zeigen: die Politik, eigentlich gesegnet mit überragenden Vertrauenswerten, hat am 10. Februar 2021 das entscheidende Quantum Glaubwürdigkeit bei den Deutschen verspielt. Was wir ab jetzt erleben, sind Rückzugsgefechte, die nur mit mehr Kontrollen und Überwachung gedeckt werden können.

Es ist schlimm bestellt um das Fundament des Staates. Berlin hat in einer Frage von existenzieller nationaler Bedeutung das Management über die Beschaffung des Corona-Impfstoffs an die EU übertragen, die sich wie so oft überfordert zeigte und die Chance zur Rückkehr normaler Verhältnisse zielgerichtet an die Wand fuhr. Besser als die AfD hat es Angela Merkel damit verstanden, die Zustimmung zur Europäischen Union auf ein Minimum herunter zu dimmen.

Nur Fans des Paternalismus scheinen durch nichts zu erschüttern. Wahrscheinlich kennt sie jeder: Pfeifen, die sich um strudelnden Untergang an die Siegertypen versuchen zu klammern, Erfolge für sich reklamieren, wo sie mal einen Bleistift gereicht haben. Es ist peinlich, man verliert seine Würde. An dieser Schwelle stehen der deutsche Staat und seine Verteidiger.

In diesen Tagen verweisen sie auf ihren Beitrag am spektakulären Erfolg des Mainzer Pharmaunternehmens BioNTech. Als erster Hersteller weltweit hat das von den Migranten Ugur Sahin und Özlem Türeci gründeten Start-up auf mRNA-Basis ein Mittel gegen Covid-19 entwickelt. Das Image des Impfstoffs ist so überragend, dass eine steigende Zahl Deutscher die Impfung mit dem konkurrierenden Stoff von AstraZeneca verweigern. Alle wollen Comirnaty.

Diese Begeisterung kann erstaunen. Doch anscheinend treibt den Deutschen die Angst vor Corona langgehegte Überzeugungen aus. Oder sie sind ihnen schlichtweg egal. Überzeugungen sind etwas für Nice-to-have, für Sonnenschein. Derzeit haben wir halt Winter. mRNA ist eine gentechnisch verändernde Technik. Mit anderen Worten: Die Deutschen, die sich bis vor wenigen Monaten noch um jede gentechnisch verändernde Erdbeere sorgten und fürchteten, in ihrem DNA-Erbgut geschädigt zu werden, lassen sich heute willig eine Spritze setzen, die genau das bewirkt.

Man darf auch die bescheidene Rolle der Grünen dabei nicht unerwähnt lassen. 2011 erschwerten die Grünen dem ortsansässigen Chemieriesen BASF die Forschung derart („gentechnikfreie Zone“), dass dieser seine Forschungsabteilung in die USA auslagerte – unter dem öffentlichen Applaus der grünen Umweltministerin Ulrike Höfken ebenso wie der grünen Wirtschaftsministerin Eveline Lemke. Schon 2001 hätten Sahin und Türeci ihr erstes Unternehmen, Ganymed Pharmaceuticals, nicht gründen dürfen, wäre es nach den Grünen gegangen. Die heute gefeierten Forscher hätten dann die Welt heute aus den USA mit dem lebenrettenden Impfstoff versorgt.

Der frühere FDP-Chef Guido Westerwelle wusste bereits, die Grünen vertreiben die Gentechnik und kaufen sie dann, wenn es um ihr eigenes Leben geht. Die fehlende Weitsicht der Grünen sollte jenen in Erinnerung gerufen werden, die tatsächlich erwägen, der Partei Verantwortung für weitreichende Entscheidungen in diesem Land zu geben.

Der Erfolg hat viele Väter. Der Misserfolg ist ein Waisenkind. Nach dieser Volksweisheit verhalten sich heute diejenigen, die es grundsätzlich gut mit dem Totalschaden erlittenen Staat meinen. Die Reihen haben sich geschlossen, erstaunt registriert das Publikum, dass nicht nur Merkel und von der Leyen sich eine fehlerfreie Corona-Politik attestieren, die sie stützenden Milieus und Wissenschaftler tun es auch. Wahrscheinlich hätten sogar Laurel und Hardy klüger eingekauft, aber der Staat macht keine Fehler. Mehr noch, er ist der eigentliche Initiator des Impfstoffwunders, so vernimmt man dieser Tage. An der Spitze dieser Bewegung steht die Bundeskanzlerin, die dieser Tage auf die Frage nach der kritischen Bewertung ihrer Politik darauf verwies, dass „wir“ ja innerhalb weniger Monate ein Vakzin entwickelt hätten.

Merkels Beitrag, ja der der gesamten deutschen Politik, bleibt dabei überschaubar. Denn die Wahrheit ist: am liebsten hätte man Unternehmen wie BioNTech nie im Land gehabt. Als Karl Lauterbach noch überlegte, ob das seltsame Virus aus China überhaupt gefährlich sein könnte, machte man sich in Mainz längst auf die Suche nach einem Gegenmittel. Und als im April der Möchtegern-Kanzler Olaf Scholz die Bazooka auspackte, welche ihm anschließend in der Hand detonierte, da traten Regierungsvertreter aus den USA und Israel bereits in Vertragsverhandlungen über den Kauf von vielen Millionen Impfdosen.

Irgendwann, rund zwei Wochen vor Beginn des Zulassungsverfahrens, hatte irgendjemand im Berliner Finanzministerium eine zündende Idee. Man könne dem Unternehmen aus Mainz, das gerade in Verhandlungen über die Übernahme eines Produktionsstandorts in der Unistadt Marburg stand, einen Investitionszuschuss zukommen lassen. Die Politik stand zu diesem Zeitpunkt bereits unter großem Rechtfertigungsdruck, hatte Merkel sich doch frühzeitig auf eine Impfstrategie festgelegt. Einen Plan B hatte diese Kanzlerin zu keiner Zeit. Das erklärt die plötzliche finanzielle Großzügigkeit.

Stellvertretend für viele, die sich nun zur Vereinnahmung unternehmerischer Erfolge für die Politik berufen fühlen, schreibt die ZEIT:

„375 Millionen Euro hat BioNtech 2020 von der Bundesregierung bekommen, einen Kredit von 100 Millionen hat die EU bewilligt. Das deckte die Entwicklungskosten von 500 Millionen fast vollständig.

Wohlgemerkt, der KfW-Kredit über insgesamt 375 Millionen Euro wurde Ende September 2020 bewilligt. Bis heute wurden hiervon 300 Millionen Euro ausgezahlt. Anscheinend sind auch ZEIT-Journalisten wie Caspar Shaller der Ansicht, Hauptsache Geldbeträge stehen in der Zeitung, nicht auf dem Konto. Die wesentlichen Investitionskosten für die Entwicklung des Impfstoffs sind mitnichten erst in diesem Winter angefallen, sondern im Frühjahr und Sommer des Coronajahres 2020. Als der Investitionsantrag bewilligt wurde, war die Party weitgehend gelaufen.

Aller Wahrscheinlichkeit handelt es sich um einen Zuschuss zur Finanzierung der Investitionskosten für den Aufbau der Produktionskapazitäten. Mit den Entwicklungskosten, wie es die ZEIT phantasiert, hat das nichts zu tun, zumal die KfW gemäß ihren Antragsbestimmungen keine Investitionen der Vergangenheit mit einem Zuschuss abdecken kann und sich prinzipiell nicht an Entwicklungskosten beteiligen darf.

Ein solcher handelsüblicher steuerfreier Zuschuss erhöht in den kommenden Jahren den Gewinn des Unternehmens aufgrund verringerter Abschreibungen, was dazu führt, dass der Empfänger über Steuerzahlungen einen Teil zurückzahlt. Im Falle von BioNTech sind dies rund 30% Unternehmenssteuern und weitere rund 15% über die Besteuerung bei den Aktionären. Mit anderen Worten: in den kommenden Jahren wird fast die Hälfte des gewährten Investitionskostenzuschusses an den Fiskus zurückgezahlt.

BioNTech hatte erst in der zweiten Jahreshälfte 2019 rund 350 Millionen Euro durch den Börsengang eingesammelt. Allein das verfügbare Cash des Konzerns belief sich am Jahresende auf weit über 500 Millionen Euro. Der Partner Pfizer ist noch weit besser aufgestellt. Es zeugt von völliger Ahnungslosigkeit betriebswirtschaftlicher Zusammenhänge zu behaupten, der Staat habe die Entwicklung des Pfizer-Impfstoffs finanziert und erst ermöglicht.

Die zweite Legende, wonach die Entwicklung der mRNA-Technologie vor allem von Universitäten, mithin vom Staat entwickelt worden sei, besitzt auch nicht mehr Wahrheitsgehalt. Genauso können Gegner der Autoindustrie einwenden, das Automobil sei eigentlich dem Erfinder des Rades zuzurechnen. Vor allem ist es nicht der deutsche Steuerzahler gewesen, sondern die mRNA-Technologie ist aufgrund der enormen Gentechnikfeindlichkeit in den USA vorangetrieben worden. Ugur Sahin hat hier mit der Universität von Pennsylvania zusammengearbeitet.

Tatsächlich werkelt die Forschung vor sich hin. Wie der Gründer von BioNTech bekannte, war Sahin während seiner Zeit an der Universität frustriert über die Langsamkeit, mit der pharmazeutisches Wissen an die Patienten gebracht wird. Umgekehrt fehlen den staatlichen Hochschulen die finanziellen Ressourcen, die enorm aufwendigen und risikobehafteten Tests an Probanden durchzuführen.

BioNTech hat zudem Rechte an Erfindungen der Universität von Pennsylvania erworben, sie haben also für das Wissen, was sie weiterverarbeiteten, bezahlt. Was die Mainzer geleistet haben, ist eben ausschließlich ihr Erfolg. Hätte der Staat die Verantwortung über die Entwicklung des Impfstoffs gehabt, würde man heute wahrscheinlich noch diskutieren, wie gendergerecht ein Kick-off-Team aufgestellt sein müsste.

Neben einer Vielzahl an Trotteln neigen anscheinend eine Menge Leute dem Staat zu, die ob der eigenen Ideenlosigkeit vor der Vereinnahmung fremder Erfolge nicht zurückschrecken. Armes Deutschland.

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  • Lemmy Caution 16. Februar 2021, 22:26

    Der Kauf im Verbund der EU ist im Hinblick effektiver Entscheidungsstrukturen schwieriger als der einer einzelnen Regierung. Sebastián Pineras Regierung hat die Merkel in dem Thema abgehängt. Gestern wurden in der Republik Chile 250.000 Menschen geimpft. Aktuell sollten 2,2 Mio von 18,5 Mio die erste Nadel gesetzt bekommen haben.
    https://github.com/juancri/covid19-vaccination/blob/master/output/chile-vaccination.csv
    Der gleiche Sachverhalt in visuell: https://ourworldindata.org/grapher/daily-covid-vaccination-doses-per-capita?tab=chart&stackMode=absolute&country=CHL~DEU~ISR~ITA~USA~ARE&region=World
    Der Regierungschef hatte als ich zuletzt geschaut habe 6% Zustimmung. Trotzdem haben die hier effektiver gehandelt. Für mich eine tröstliche Vorstellung, dass nicht immer die gleichen gewinnen.
    Einen Teil des chilenischen Impfwunders ist eher einem Zufall geschuldet. Die haben neben viel BionTech/Pfizer und AstraZeneca (spell.?) auch ein chinesisches Mittel im Angebot, das nicht ganz so effektiv ist. Die China-Connection war dem persönlichen Engagement + Connections über den Pazifik eines Professors der Universidad Catolica geschuldet. Es wäre fast an 2 Mio Dollar fehlender Finanzierung gescheitert.
    Auf twitter antwortete mir der inoffizielle Chef-Statistiker des Volkes – ein sympatischer links-evangelikaler(*) Expat Entwickler bei amazon – letztlich mit der Kritik, dass dadurch ja ärmere Länder weniger Impfstoff erhalten. Seh ich so nicht. Schließlich erhalten die Pharma-Konzerne durch die viel-Impfer eine schnelle Feedback Loop. Das ist vermutlich aus Nachbesserungs- und Weiterentwicklungsaspekten einem Szenario, in dem alle Länder gleich langsam voranschreiten, überlegen.
    Wir müssen nicht immer gewinnen. Was wäre in Europa los, wenn wir mit chilenischer Geschwindigkeit impfen und die Südländer in argentinischer?
    Wie wichtig wird es sein, ob wir nun ohne viel Tote mit viel Lockdown und hohen Kosten 6 Wochen später sowas wie Herdenimmunität erhalten als die Chilenen?
    Es mag sein, dass unser System mit den Langzeit-Kanzler*n neben vielen Vorteilen auch den Nachteil hat, dass die am Ende ihrer Amtszeit an Agilität verlieren. Adenauer, Kohl, Merkel.

    ——-
    (*) ja Sachen gibts

    • Stefan Pietsch 16. Februar 2021, 22:36

      Es macht mich wahnsinnig, dass meine drei Lieblingsländer (USA, Israel, Chile) allesamt vorneweglaufen und Deutschland (selbst in der EU sind wir nicht vorne dabei) nichts auf die Kette bekommt. Ja, mit Blick auf Chile hatte ich eine Passage verfasst, schwach begonnen und dann das Tempo angezogen. So wie es aussieht, wird man im Andenstaat im Sommer durch sein. Zu einer Zeit, wo Frau Merkel noch nicht daran denken kann, „allen Bürgern ein Impfangebot zu machen“.

      Richtig, Santiago hat querbeet eingekauft, aber, wie die anderen Top-Nationen auch, große Mengen bei BioNTech. Die Frage ist ja hier noch nicht geklärt, warum ausgerechnet die EU das Mainzer Unternehmen ziemlich stiefmütterlich behandelt hat. Die Regierung Pineras hat bereits angekündigt, überschüssige Mengen Entwicklungsländern zur Verfügung zu stellen. So kann Entwicklungshilfe eben auch aussehen. 🙂

      • Lemmy Caution 16. Februar 2021, 23:11

        Ich weiss genau, dass in nicht wenigen dieser Häuser Menschen sitzen, die ihr Brot in Tee tunken, um ihren Magen auszutricksen. Hab pekuniär mir nah gehenden Einschlägen ein wenig geholfen. Es ging bei mir nicht an Grenzen.
        Ich hoffe wir auf eine schnelle Erholung auch dank des Kupferpreises (3,85, wow!) und ein sozialeres Chile. Letzteres ist schwieriger.

        • Stefan Pietsch 16. Februar 2021, 23:13

          Das blende ich nicht aus, die soziale Situation in Chile ist nicht gut. Auch wenn es keine Relativierung sein soll: in Buenos Aires und Brasilien habe ich weit schlimmere Verhältnisse gesehen.

  • Lemmy Caution 16. Februar 2021, 22:48

    Etwas, dass ich sehr an Deutschland schätze.
    Hab mal gelesen, dass Ende Dezember die Uni-Kliniken Instruktionen an viele kleine Viren-Labore mit Instruktionen für den Aufbau von Corona-Testkapazitäten schickten. Dadurch konnte hier bereits im März/April viele Tests durchführen.
    Solche sehr feinen konstruktiven Strukturen autonom agierender Menschen, die es letztlich wohl auch Ugur Sahin und Özlem Türeci ermöglichte, ihren ganz eigenen Lebensplan zu folgen, um am Ende dann sehr reich und erfolgreich zu werden.

    • Stefan Pietsch 16. Februar 2021, 22:55

      Es ist nur reiner Zufall, dass Ugur Sahin und Özlem Türeci noch in Deutschland gearbeitet haben. Die Politik hat alles Mögliche unternommen, ihnen das zu vergällen. Der Zufall zeigt sich auch darin, dass solche Geschichten hier außerordentlich rar sind, in den USA dagegen praktisch an der Tagesordnung.

      • Stefan Sasse 17. Februar 2021, 07:12

        Was hat sie denn unternommen, um die zu vergällen, abgesehen von den massiven Finanzhilfen?

        • Stefan Pietsch 17. Februar 2021, 08:17

          Steht im Artikel. Einschränkung der Forschung bis zur Frustration. Z.B.

        • Erwin Gabriel 17. Februar 2021, 08:27

          @ Stefan Sasse 17. Februar 2021, 07:12

          Ich bin bei dem Thema beim Stefan mit dem P.

          Was hat sie denn unternommen, um die zu vergällen, …

          Falscher Denkansatz: Was hat man alles NICHT getan, um sie zu halten und zu fördern (BEVOR sie mit so einem Produkt herauskamen)?

          In einem Land, das von oben gezielt in eine bräsige Übermoralisierung gesteuert wurde, in dem das Aussitzen von Entwicklungen und Ereignissen als herausragende Eigenschaft von Politikern zählt, in der (gefühlt) jeder zweite Grünen-Landtagsabgeordnete der Meinung ist, dass das Wohl der Welt von der Umsetzung seiner Öko-Vorstellungen abhängt, wo man den Staat nur noch als Bankomaten betrachtet, wo man nicht mal ein Probefeld mit Gen-Mais anlegen kann, ohne Vandalismus und Proteste auszulösen, wo von Staats wegen Rechtsverstöße aufgrund „guter“ Motivation meist nur müde verfolgt, oft geduldet und gelegentlich sogar gelobt werden, tun sich Unternehmer schwer, die an modernen Technologien – ob Medizin, Ernährung, Digitalisierung – arbeiten wollen.

          So lange wir in gewohnt deutscher Arroganz in einem Gefühl der moralischen Überlegenheit dem Rest der Welt die Welt erklären wollen, solange wir das Gefühl, sich „gut“ zu verhalten, als erbrachte Arbeitsleistung bewerten, wird sich das nicht ändern.

          … abgesehen von den massiven Finanzhilfen?

          Massive Finanzhilfen sind keine intellektuelle Leistung, erst recht nicht, wenn sie zu spät kommen. Sicherlich, der Staat hilft in Eigeninteresse bei der Produktion, mehr aber nicht. Und das tut er vermutlich auch nur deshalb, weil der damalige amerikanische Präsident dem Unternehmen sehr offensiv den Hof machte.

          Grundsätzlich (bzw. so, wie sie derzeit vergeben werden) spiegeln nicht wenige Finanzhilfen durch die Politik den Wunsch visionsloser und handlungsunfähiger PolitikerInnen, irgendwie dazu zu gehören und irgendwas etwas bewirkt zu haben.

          Und wenn man sieht, WIE VIEL Geld der Staat hier in die Hand nahm, und WIE WENIG er damit bewirkte, könnte mir schlecht werden. Einfach mal schauen, was Altmaier und Scholz zu Beginn der Corona-Pandemie versprochen haben, was sie davon halten konnten, und welche Unsummen an Geld dazwischenliegen.

          Ich schrieb hier vor Jahren, dass Deutschland über den Buckel ist, sich auf einem langen Weg nach unten befindet, und dass man das noch nicht so merkt, weil man von so großen Höhen herabsteigt. Irgendwann wirst auch Du die Anzeichen sehen.

          • Stefan Sasse 17. Februar 2021, 15:59

            Ich sehe das durchaus auch, und ich stimme deiner Kritik auch weitgehend zu. Meine Frage war eine ehrliche Frage. Es klang nach etwas Spezifischem, aber ich hatte bisher nichts gehört.

            • Erwin Gabriel 17. Februar 2021, 19:41

              Viel Gegenwind und gesetzliche Einschränkungen wegen möglicher Gen-Forschung

              • Stefan Sasse 18. Februar 2021, 11:26

                Ah, der Bullshit. Neben der Globuli-Fan-Fraktion der größte Grund, nicht Grüne zu wählen 🙁 🙁 🙁

    • Stefan Sasse 17. Februar 2021, 07:11

      Deswegen stört mich ja dieser Schwarz-Weiß-Blick von Stefan so. Die Entwicklung des Impfstoffs ist ja gerade ein Beispiel dafür, was in Deutschland offensichtlich gut funktioniert! Im Gegensatz zu der Verbringung des Impfstoffs später.

      • Stefan Pietsch 17. Februar 2021, 08:20

        BioNTech ist eher ein Zufallsprodukt von Unternehmern, die sich nicht vertreiben ließen, kein Trend und eben kein Beispiel, was besonders gut läuft. Sonst hätte die EU nicht so lange bis zur Peinlichkeit gezögert, den Impfstoff aus Mainz zu ordern.

        • Stefan Sasse 17. Februar 2021, 15:58

          Mir ist der Zusammenhang unklar, aber ja, die Impfstoffbestellung der EU ist höflich ausgedrückt ein Debakel.

          • Stefan Pietsch 17. Februar 2021, 19:43

            Na ja, das Urteil ist ja einhellig mit Ausnahme der Kreise um die Bundeskanzlerin. Aber die wird in ein paar Monaten den Dienst quittieren. Die Frage ist doch eher, was lernt sich daraus? Dazu habe ich von Dir noch keinen Satz gelesen. Ist es einfach Zufall, dumm gelaufen? Oder liegt der Fehler im System? Ich neige ja zu Letzterem zu, Du vermutlich zu ersterem.

            Also, einfach weitermachen, Shit happens?

            Das nächste Desaster ist ja bereits am Laufen. Man hat hohe Mengen eines weniger wirksamen Impfstoffes bestellt, den wenig überraschend wenige wollen und dem Porsche die kalte Schulter gezeigt. Doch wenn die Dinge umsonst sind – und die Corona-Vakzine werden kostenlos verabreicht – dann spielt der Preis für den Verbraucher keine Rolle. Also muss der Staat mit Zwang gegensteuern – oder das Scheitern eingestehen. Du siehst: Ein Eingriff in Marktkräfte zieht immer weitere nach sich. Das ist das, was jeder Student der VWL zu Beginn lernt – und was doch so unbekannt erscheint.

            • Erwin Gabriel 18. Februar 2021, 10:16

              @ Stefan Pietsch 17. Februar 2021, 19:43

              Na ja, das Urteil ist ja einhellig mit Ausnahme der Kreise um die Bundeskanzlerin.

              Mag ich wundern, von mir solche Worte zu hören, aber ich sehe speziell bei Corona das Problem ausnahmsweise nicht so sehr bei Merkel.

              Das aus meiner Sicht größte Problem in Sachen Corona ist, dass jeder Wissenschaftler, jeder Arzt, jeder Politiker etwas anderes erzählt. Man hätte das ausdiskutieren und dann mit einer Stimme sprechen müssen. So kommt es mir vor, als stände ich im Krankenhaus, und der eine Arzt sagt „Um Himmels willen, sofort operieren“, und sein Kollege sagt „um Himmels willen, geh da bloß nicht ran“. Jeder Patient, mit so etwas konfrontiert, wäre überfordert; unsere Bevölkerung ist es auch auch.

              Was man Merkel vorwerfen muss, ist, dass sie diese Flachpfeife Altmaier mit etwas betreut, dass er nicht kann: mit produktiver Arbeit. Mehr als heiße Luft war da noch nie. Sein Versagen wird Tausende Existenzen kosten.

              Die Frage ist doch eher, was lernt sich daraus?

              🙂

              Ist es einfach Zufall, dumm gelaufen? Oder liegt der Fehler im System?

              Ganz klar letzteres, da wir die gleichen Probleme in praktisch allen Bereichen der öffentlichen Hand haben.

              Lernen kann man wenig daraus, da die falschen Strukturen über Jahrzehnte entstanden sind. und ihre Beseitigung ebenfalls Jahrzehnte dauern würde; nicht nur für Deutschland, sondern auch für Europa. Dafür kriegt kein Politiker ein Mandat.

              Mein bitteres Fazit seit Jahren: Der Kittel ist geflickt, das Thema ist durch.

            • Stefan Sasse 18. Februar 2021, 11:28

              Meinst du den Fehler bei der Impfstoffbestellung? Das ist eine verfehlte Strategie der EU, IMHO.

              Die Impfstoffe müssen für die Bevölkerung kostenlos verabreicht werden. Machen die bekannten Planwirtschaften USA und UK ja auch nicht anders. Der Fehler hier ist nicht der „Markteingriff“, sondern dass man zu wenig bestellt hat. Zumindest von dem, wie ich das bisher verstanden habe.

              • Stefan Pietsch 18. Februar 2021, 13:05

                Meinst du den Fehler bei der Impfstoffbestellung? Das ist eine verfehlte Strategie der EU, IMHO.

                Nein. Die Verantwortung für die Impfstoffbestellung lag ursprünglich bei den Mitgliedsstaaten. Dazu hatten sich Deutschland, Frankreich, Italien und die Niederlande auch zu einer Allianz zusammengeschlossen. Die EU besitzt in diesen Fragen weder Richtlinienkompetenzen, noch finanzielle Ressourcen, noch Know-how. Entsprechend geht der Kommissionsposten regelmäßig an die sehr kleinen Staaten der EU, aktuell Zypern. Abgefunden werden damit Politiker, die selbst in den kleinen Demokratien als abgehalftert und wenig kompetent gelten, für was auch immer.

                Die Bundeskanzlerin hat, wie so oft in ihrer Regierungszeit, an Gremien, Richtlinien und vor allem vertraglichen Grundlagen vorbei handstreichartig die nationale Kompetenz nach Brüssel abgeschoben. Dies erfolgte nicht zum Schutz der Bevölkerung, sondern allein aus politischen Motiven. Auch so kann man den Amtseid verraten.

                Die EU hat, wie so oft (was ihren Ansehensverlust begründet) nicht nein gesagt. Aber Amateure sind meist Ja-Sager. Deswegen ist von der Leyen ja auch eine Versagerin, weil sie Amateurin ist, wo Profis erforderlich wären. Wie würdest Du über einen Manager urteilen, der zwar fachliche Zuständigkeit besitzt, die Kernkompetenz aber aus Angst vor dem Scheitern oder anderen niederen Motiven an ein paar Sachbearbeiter auslagert und beim Scheitern mit dem Finger zeigt: die haben’s verbockt.

                Wir beide wissen, wie Du urteilen würdest. Wie ich auch. In den moralischen Prinzipien sind wir also gar nicht auseinander. Bleibt die Frage: warum Du es in Bezug auf eine Politikerin tust, deren Leitlinien Du immer gut fandest? Merkel ist inkompetent. Diese Erkenntnis hat sich bei Dir noch nicht festgesetzt. Angela Merkel ist die inkompetenteste Managerin im Bundeskanzleramt, welche das Land je gesehen hat.

                Im tatsächlichen Leben kann ich Menschen nicht leiden, die mir nach dem Mund reden. Ich bin fasziniert von denen, die enorm viel drauf haben. Die vor allem Erfolg managen können. Man tritt Merkel nicht zu nahe ihr vorzuwerfen: das ist sie definitiv nicht. Und das ist der Grund, weshalb ich sie nicht mag und zugegeben mein Respekt in den vergangenen 12 Monaten nochmals drastisch gefallen ist. Dir scheint die gute Idee zu reichen, ich will das Ergebnis.

                Ich habe absolut nichts dagegen, dass die Impfstoffe kostenlos verabreicht werden. Ich wünsche mir das auch für die Dritte Welt. Nur, Du scheinst Dich geradezu zu weigern, die jeweiligen Regeln zu verstehen und zu akzeptieren. Eine solche Politik führt zwingenderweise zu Verschwendung. Auch das ist in der dramatischen Situation richtig (sonst nicht!). Aber: Die Politik ist ja nicht so vorgegangen. Man hat von allem zu wenig gekauft, weil man sich ökonomisch verhalten wollte (freundlich ausgedrückt). Die Konsequenz daraus ist eben das, was wir erleben: Verschwendung, weil Impfstoffe gekauft wurden, die keiner will und viel zu wenig von dem, was begehrt ist.

                Die USA, Israel und auch Chile haben generalstabsmäßig geplant. Vielleicht brauchen wir mehr Militärs?

                • Stefan Sasse 18. Februar 2021, 13:41

                  Auch so kann man den Amtseid verraten.

                  Unter Landesverrat geht es bei dir bei Merkel nicht mehr, oder?

                  Die USA, Israel und auch Chile haben generalstabsmäßig geplant. Vielleicht brauchen wir mehr Militärs?

                  Das meinst du nicht ernst, oder?

                  Mir ist auch unklar wo bei „zwei Impfdosen pro Person“ die Verschwendung herkommt, kannst du mir das nochmal erklären?

                  • Stefan Pietsch 18. Februar 2021, 13:54

                    Kohl hat seinen Amtseid auch verraten und die Linken hatten kein Problem, das so zu bezeichnen. Ich entscheide nicht nach Sympathie, Stefan.

                    In den USA wurde die Impfstoffbeschaffung an einen Sternegeneral übergeben. Ich bin überzeugt, das weißt Du. Die Operation hat übrigens auch einen militärischen Namen: Operation Warp Speed. Was ist daran für Dich nicht generalstabsmäßig? Welche Operation hat die EU gestartet? Israel ist ohnehin in diesen Bereichen militärisch organisiert, so ist das jetzt schon bei der Versorgung von Erkrankten, die auf militärischem Gebiet versorgt werden. In Europa beklagt man halt eher Triagen.

                    Alle genannten Länder – inzwischen auch die EU – haben mehr Impfstoff eingekauft, als zur Verimpfung notwendig ist. Ökonomisch bedeutet das Verschwendung von Ressourcen. Noch schlimmer ist jedoch, einen Impfstoff zu beschaffen, der aufgrund geringerer Wirksamkeit nicht gewollt wird und deswegen nicht verabreicht werden kann. Das ist, als würdest Du Dein Gehalt nehmen und in die Mülltonne kippen. Deine Frau würde sicher fragen, ob Du ob der Verschwendung bekloppt bist. 🙂

                    • Stefan Sasse 18. Februar 2021, 15:22

                      Kohl hat seinen Amtseid verraten?

                      Mir geht es eher um die Frage, ob du das der Bundeswehr überlassen willst. Sowohl Israel als auch die USA haben eine lange Tradition, ihre Armee für solche Sachen zu nutzen, und eine entsprechende Akzeptanz. Bei uns ging ja schon fast die Republik unter, weil Bundeswehrpersonal an die Telefone gesetzt wurde.

                    • Stefan Pietsch 18. Februar 2021, 16:31

                      Er stellte sein Ehrenwort über den Eid, die Gesetze des Landes zu schützen. Dafür wurde er bis zum Ende seines Lebens politisch verurteilt.

                      Nein, nicht in dem Zustand, in dem sich unser Militär befindet. Aber so ein Projekt hätte in die Hände eines erfahrenen, kompetenten Managers gehört. Organisationstalent ist gefragt. Daran hapert es bis heute gewaltig. Hat der deutsche Staat so etwas wirklich nicht mehr zu bieten?

                    • Stefan Sasse 18. Februar 2021, 18:04

                      Ah, verstehe was du meinst. Ich würde mich aber dagegen verwehren, das als Landesverrat auszulegen. Es ist halt eine Schramme im Amtseid, ja, aber im Großen und Ganzen vor allem politisch, und dafür wurde er zurecht vom Sockel gestoßen und (politisch) verurteilt.

                      Zwei Probleme. Erstens: Staaten, nicht Staat. Die Verantwortung liegt ja nicht (nur) beim Bund, sondern auch bei den Ländern. Da kannst auch einen kompetenten Manager (Hartmut Mehdorn wäre glaube ich frei, wenn wir gleich ein weiteres Beispiel für die Erfolgsgeschichte dieses Narrativs suchen) oder General hinstellen, am Föderalismus kommt auch der ohne Diktatur nicht vorbei. Zweitens: Es gibt einfach niemand, der Erfahrung damit hat, sowas zu organisieren. Das ist letztlich auch Zeichen vom Glück Deutschlands. Im Gegensatz zu Israel und den USA gab es da wenig Bedarf, landesweite (oder wenigstens staatenumspannende) Katastrophen zu lösen. Das schlimmste, was wir hatten, ist ja so ein Elbhochwasser.

                    • Stefan Pietsch 18. Februar 2021, 19:00

                      Nicht Landesverrat. Verstoß gegen den Amtseid. Selbst ich bin dagegen, Angela Merkel standesrechtlich zu erschießen. 😉

                      Die Beschaffung liegt beim Bund, nicht bei den Ländern. Darauf könnte man sich einigen. Auch Großbritannien ist gut organisiert, einstmals übrigens eine Domäne der Deutschen. Aber inzwischen arbeiten die meisten halt lieber als Sozialarbeiter und Sozialarchitekten, da ist die Organisation – etwas, was auch gelernt werden muss – auf den Hund gekommen.

                      Mehdorn illustriert so das Problem: Nach vielen Jahren des schlechten Managements war er irgendwann nicht mehr vermittelbar. Deswegen hat er sich danach viele Jahre im Auftrag der Politik verdingt. Der Bedarf an Organisationskompetenz jedenfalls steigt permanent, weshalb Unternehmen auch immer mehr Managementpositionen geschaffen haben. Doch auch hier übersteigt die Nachfrage die Menge an Talenten. Der Staat hat hier nicht investiert, die fortgesetzten Organisationsdesaster sind da kein Zufall.

                    • Stefan Sasse 18. Februar 2021, 21:45

                      Jo, sicher. Aber da zitiere ich dir gerne Jaime Lannister zum Problem von Eiden. 🙂 „So many vows…they make you swear and swear. Defend the king. Obey the king. Keep his secrets. Do his bidding. Your life for his. But obey your father. Love your sister. Protect the innocent. Defend the weak. Respect the gods. Obey the laws. It’s too much. No matter what you do, you’re forsaking one vow or the other.”

                      Man muss auch klar sagen, dass Organisation bei niemandem mehr hoch im Kurs war. Den Linken war es gerne als Vorstufe zum Faschismus verdächtig, den Rechten als halben Schritt zum Sozialismus. 🙁

                      Ist das nicht bei Unternehmen ähnlich? Dass der Bedarf an Organisation und Managment wächst, aber halt nicht zwingend der Pool an Leuten? Preis einer komplexeren Gesellschaft, vermute ich, genauso wie die zunehmende Bürokratisierung in allen Bereichen, nicht nur beim Staat.

                    • Stefan Pietsch 18. Februar 2021, 22:48

                      Organisation und die Strukturierung von Prozessen sind die Grundlagen für Erfolg. Das ist nicht rechts oder links.

                      Trotz Coronakrise sind die Preise in meinem Segment nicht nur stabil, sondern mit Tendenz nach oben. Mit inzwischen Mitte 50 bin ich eher mehr gefragt als mit Mitte 40. Wir stecken in einem Dilemma: Der Bedarf nicht nur an Spezialisten, sondern auch an Managementkapazitäten steigt und das seit über 20 Jahren. Diese wachsenden Bedarfe treffen auf eine schnell alternde und tendenziell schrumpfende Gesellschaft im erwerbsfähigen Alter. Dazu bilden wir zwar doppelt so viele Akademiker aus als in meiner Generation, aber nicht zum langfristigen Vorteil. Aus meiner Sicht haben wir mit Bologna einen grundsätzlichen Fehler gemacht, die Studienspezialisierungen sind weit überzogen. Fürs Top-Management ist das aber kein Vorteil, im Gegenteil. Die Generalistik mit Fachschwerpunkten fehlt. Mein Studium war sehr breit und im Lernen sehr freiheitlich. Heute sind die Fakultäten verengt und das Lernen verschult.

                      Unternehmen wissen um die Gefahren der Bürokratisierung. Eine Strategie, dem entgegenzuwirken ist die Zerlegung in kleinere Einheiten, die näher am Markt sind. Natürlich, mit der Größe steigt der bürokratische Aufwand, das lässt sich nicht vermeiden. Aber ich habe immer versucht, solche zu vermeiden. Ich habe zwar häufig in Konzernen gearbeitet, aber intern sind diese wiederum in deutlich kleinere Einheiten zerlegt.

                    • Stefan Sasse 19. Februar 2021, 08:22

                      Stimme dir völlig zu. Nur übersiehst du, dass die Tendenz zur Debürokratisierung seit den 1990er Jahren auch beim Staat gewaltige Fortschritte gemacht hat. Vergleich mal die Vorgänge in deinem örtlichen Rathaus in den 1990er Jahren und heute, das sind Welten. Und das ist nur der Teil, den ich als Bürger mitbekomme, wenn ich hingehe. Diese Erkenntnis ist am Staat auch nicht vorbeigegangen, aber da hast du halt immer noch die zusätzliche Dimension – die Unternehmen nicht haben – dass Hoheitsakte vollzogen werden, bei denen es extrem tricky ist, Reformen durchzuführen. Müssen all diese Hoheitsakte wirklich solche sein? Sicherlich nicht. Aber das ist halt ein Bohren sehr, sehr dicker Bretter.

                    • Stefan Pietsch 19. Februar 2021, 10:36

                      Das ist unbestreitbar. Nur tut sich der Staat damit noch viel schwerer als Unternehmen (die tun sich auch sehr schwer). Beispiel Digitalisierung der jährlichen Steuererklärungen. Jahr über Jahr bastelten 16 Bundesländer plus Finanzministerium an einer Software, Jahre nach der Einführung hakte immer noch die Übernahme. Und seit dem es jetzt 3, 4 Jahre läuft, wird Elster praktisch abgeschafft. Zu komfortabel für die Leute.

                      Ich sollte darüber eigentlich einen eigenen Artikel schreiben, aber andererseits habe ich schon viel rausgehauen. Deutschland ist anders als viele OECD-Länder in keinem Bereich wirklich gut. Der deutsche Staat bietet nur durchschnittliche öffentliche Leistungen und oft nicht einmal das. Wir müssen uns die Frage stellen, warum das so ist.

                    • Stefan Sasse 19. Februar 2021, 12:41

                      Ich würde als einen (von sicherlich vielen) Erklärungsansätzen anbieten, dass es zu viele Vetospieler im System gibt. Ein weiterer wäre die Überregulierungswut in manchen Bereichen (Stichwort Datenschutz).

                    • Erwin Gabriel 19. Februar 2021, 11:33

                      @ Stefan Sasse 18. Februar 2021, 15:22

                      Mir geht es eher um die Frage, ob du das der Bundeswehr überlassen willst.

                      Nicht DER Bundeswehr …

                    • Stefan Sasse 19. Februar 2021, 12:53

                      Das ist halt die, die wir haben ^^

      • Erwin Gabriel 17. Februar 2021, 08:30

        @ Stefan Sasse 17. Februar 2021, 07:11

        Deswegen stört mich ja dieser Schwarz-Weiß-Blick von Stefan so.

        Stefan blickt nicht schwarz-weiß, er sieht schwarz. Ich übrigens auch.

        Die Entwicklung des Impfstoffs ist ja gerade ein Beispiel dafür, was in Deutschland offensichtlich gut funktioniert! Im Gegensatz zu der Verbringung des Impfstoffs später.

        Nein. Die Entwicklung des Impfstoffs ist das eine Ausnahmebeispiel, dass die Regel bestätigt. Die Verbringung des Impfstoffs folgt der Regel.

      • Dennis 17. Februar 2021, 09:46

        @ Stefan Sasse

        Nicht WEGEN Deutschland sondern TROTZ Deutschland. Wann lernst du das endlich 👿 . Das Ehepaar Sahin leidet wie die Hunde in diesem Lande, was man u.a. daran erkennt, dass sie inzwischen Milliardäre sind. Merkel konnte das nicht verhindern, obwohl sie natürlich Tag und Nacht dran gearbeitet hat.

        • Erwin Gabriel 17. Februar 2021, 19:48

          @ Dennis 17. Februar 2021, 09:46

          Nicht WEGEN Deutschland sondern TROTZ Deutschland.

          Ja, trotz Deutschland – eine große Leistung!

          Ich weiß, dass das von Dir ironisch gemeint ist, aber die Milliarden hätten sie auch in Australien, England, Kanada oder den USA verdient.

          Viel interessanter bzw. zielführender ist doch die Betrachtung, wer aus anderen Ländern nach Deutschland kommt, um sich mit einem eigenen Unternehmen selbstständig zu machen (ich meine jetzt nicht Hinterhof-Autohändler, Pizza-Lieferdienste oder Putz-Dienstleistungen etc., sondern High-Tech), und wie viele Deutsche ins Ausland gehen, um dort mit ihren Ideen Furore zu machen.

          Wann lernst du das endlich . Das Ehepaar Sahin leidet wie die Hunde in diesem Lande, was man u.a. daran erkennt, dass sie inzwischen Milliardäre sind. Merkel konnte das nicht verhindern, obwohl sie natürlich Tag und Nacht dran gearbeitet hat.

    • Erwin Gabriel 17. Februar 2021, 08:42

      @ Lemmy Caution 16. Februar 2021, 22:48

      Hab mal gelesen, dass Ende Dezember die Uni-Kliniken Instruktionen an viele kleine Viren-Labore mit Instruktionen für den Aufbau von Corona-Testkapazitäten schickten. Dadurch konnte hier bereits im März/April viele Tests durchführen.
      Solche sehr feinen konstruktiven Strukturen autonom agierender Menschen, die es letztlich wohl auch Ugur Sahin und Özlem Türeci ermöglichte, ihren ganz eigenen Lebensplan zu folgen, um am Ende dann sehr reich und erfolgreich zu werden.

      In der Beschreibung kann ich zustimmen, in der Schlussfolgerung nicht.

      Ein Beispiel aus der Bildung: Online-Unterricht läuft da gut, wo sich die Lehrer den Arsch aufreißen, und läuft da schlecht, wo sie es nicht tun. Die Kinder dann lernen gut, wenn der Lehrer gut ist; ist er das nicht, lernen sie schlecht.

      Sie lernen nicht gut aufgrund des staatlichen Bildungssystems. Weder sind da moderne Konzepte am Wirken, noch ermutigt, ertüchtigt und unterstützt der Staat die Lehrer auch nur annähernd in einem Maße, wie man es von einer dem Land erwarten kann, dass nicht nur zu den wirtschaftlich und finanziell stärksten und wohlhabensten Nationen gehört, sondern auch seit Jahrzehnten im Frieden lebt.

      Wenn viele Uni-Kliniken so reagieren und so der Entwicklung auf die Sprünge helfen, gebührt ihnen Dank und Respekt. Den Staat interessieren solche Aktionen nicht, sie werden nicht vorgeschrieben, folgen keinen strukturierten Abläufen, es gibt kein Geld für solche Programme etc., es sind alles individuelle, „unternehmerische“ Leistungen.

      • Stefan Sasse 17. Februar 2021, 16:00

        Bei der Bildungskritik stimme ich dir zu, würde aber auch Infrastruktur hinzufügen. Wo keine Geräte und kein Internet, da kann ich mir so viel den Arsch aufreißen wie ich will.

      • Lemmy Caution 17. Februar 2021, 19:38

        Die vielen kleinen Regeln und Prinzipien nach denen Leute agieren und oft gutes tun gehören eher in den Bereich der Gesellschaft als in den des Staates. Klar halten sich nicht alle dran, aber sehr viele. Genau da liegt unser wichtigster Standortvorteil gegenüber Schwellenländern. Dieses Geflecht ist sehr resilient. Deshalb sehe ich für dieses Land nicht schwarz.
        Und wie gesagt: Merkel erscheint mir auch ermattet. Die Jahre nach 2006 waren insgesamt in diesem Land eher gut. Das macht die Politik weniger innovativ und das besorgt mich auch.

        Die Gleichsetzung von Persönlichem Engagement mit Unternehmertum erscheint mir zu stark. Es resultiert fast immer aus einer Kombination aus „über dem Tellerrand blicken“, Bewußtsein für Verantwortung und leider auch Frustrationstoleranz/Nehmerqualitäten. Dazu sind aber auch Menschen fähig, die von Unternehmern eine sehr negative Meinung haben.

        • Erwin Gabriel 17. Februar 2021, 20:09

          @ Lemmy Caution 17. Februar 2021, 19:38

          Die vielen kleinen Regeln und Prinzipien nach denen Leute agieren und oft gutes tun gehören eher in den Bereich der Gesellschaft als in den des Staates.

          Da stimme ich durchaus zu. Das Beste, was man an dieser Stelle zum Staat sagen kann, ist, dass er das nicht komplett verhindert (die Bürokratie ist schon arg, und manches wäre untersagt, wenn man davon wüsste).

          Klar halten sich nicht alle dran, aber sehr viele. Genau da liegt unser wichtigster Standortvorteil gegenüber Schwellenländern. Dieses Geflecht ist sehr resilient. Deshalb sehe ich für dieses Land nicht schwarz.

          Auch Forscher und Wissenschaftler in anderen Ländern tauschen Informationen aus. Das war aber nicht so mein Punkt (bzw. habe ich das vielleicht nicht richtig rüberbringen können).

          Wenn Du Dich in anderen Ländern – Chinas Städte, Singapur, Korea etc. umschaust, spürst Du eine Betriebsamkeit, ein Streben, Hoffnung, den Versuch.

          Die meisten Deutschen, die ich kenne, nehmen die – da stimme ich Dir zu – (noch) hervorragende, abgesicherte Situation als Standard, als gegeben, nicht als etwas, für das man kämpfen, rackern, brennen muss. Wir haben die Anstrengung und die Herausforderung bewältigt, an die Spitze zu kommen; an der Spitze zu bleiben wird nicht bzw. deutlich weniger als Herausforderung erkannt.

          Du siehst Das hier auch im Forum, dieses „uns geht’s doch gut, was wollt Ihr denn“. Dass es so bleibt, natürlich, und dass man sich dafür Mühe gibt.

          Die Politik denkt hierzulande in zu kurzen Zeiträumen: Die nächsten vier Jahre wird es noch halten, dann schau’n mir mal. Und wenn es dann nicht hält, wie 2001, 2009, 2015, ist man einmal mehr „überrascht“. Dann zieht man eben Geld, haut dreistellige Milliardenbeträge in den Markt und denkt, man habe ein strukturelles Problem gelöst. Gruselig.

          Die Gleichsetzung von Persönlichem Engagement mit Unternehmertum erscheint mir zu stark.

          Deswegen in Anführungszeichen; die Richtung ist aber die Gleiche: aus eigenem Antrieb etwas unternehmen.

          Es resultiert fast immer aus einer Kombination aus „über dem Tellerrand blicken“, Bewußtsein für Verantwortung und leider auch Frustrationstoleranz/Nehmerqualitäten. Dazu sind aber auch Menschen fähig, die von Unternehmern eine sehr negative Meinung haben.

          Mit Unternehmer waren hier mal ausnahmsweise nicht der wirtschaftlich erfolgreiche FDP-Jünger gemeint, sondern Leute, die etwas unternehmen.

          Das sehe ich auf der mittleren Ebene häufig, in der Beletage der Industrie nur noch eingeschränkt, und in der Politik überhaupt nicht mehr. Ich halte aber die Eigenschaft, aus eigener Initiative etwas Gutes anzuschieben oder zu tun – ob es die Gründung eines Unternehmens oder einer Tafel ist, oder der interdisziplinäre Austausch von Wissenschaftlern – für eine der gesellschaftlich wichtigsten Eigenschaften überhaupt.

          Und diese Eigenschaft wird immer stärker durch unsere Politik und unsere Versorgungsmentalität sediert.

  • Juri Nello 16. Februar 2021, 23:58

    Neben einer Vielzahl an Trotteln neigt, auch der Rest Deutschlands dazu, dem Impfstoff mehr, als den letzten 35 Jahren Grippeschutzimpfungen zu zutrauen. Viel Erfolg!

  • Kning4711 17. Februar 2021, 10:44

    Vielen Dank für diesen Beitrag – zusammengefasst teile ich die zentrale These: Die Politik hat den Anschluss an Entwicklungen des 21. Jahrhunderts verloren und läuft nur noch hinterher.
    Ich hätte aber anders als der Autor eine andere These zur Ursache: Immer mehr wird offenbar, wie wenig leistungsfähig der deutsche Staat durch die jahrzehntelange Trägheit seines Apparats geworden ist.
    Zur Wahrheit gehört, dass die staatliche Bürokratie jahrzehntelang kaputtgespart wurde. Strategisches Denken, Technologieoffenheit, Wissen müssen ständig weitergebildet werden um erfolgreich angewendet werden zu können. Stattdessen fährt man einen Jahrzehnetenlangen Sparkurs (weniger an Gehältern sondern Anzahl Stellen) und wundert sich, dass die Maschine in der Krise nicht mir auf Touren kommt.

    Gleichsam öffnet sich aber auch der Beamtenapparat auch nicht der notwendigen Mobilität und behält mit seinem Laufbahnsystem stur bei. Berufserfahrenden Quereinsteigern mit Bachelor-Abschluss wird der Zugang zu höheren Dienst verwehrt. Non-Performer werden in ganzen Stäben zusammengefasst und wurschteln vor sich hin- hier fehlt es an modernen Ansätzen der Personalführung und Möglichkeiten von konsequenten Non-Performern trennen zu können.

    Verantwortungslosigkeit wird leider bis in die Spitzen vorgelebt und führt zu einer weiteren Erosion des Vertrauens in die Politik. Es besteht ein massives Vertrauensproblem zwischen Bürgern und seinen staatlichen Akteuren, was wiederum den Staat als Arbeitgeber für Menschen die verändern und Dinge besser machen wollen weiter unattraktiv macht.

    Ich denke Lösung geht nur von unten: Es müssen mehr Menschen in den Staatsdienst gehen, die Verantwortung übernehmen wollen die Strukturen aufbrechen und verändern wollen. Die Politik muss die Hürden niederreißen und Führungskräfte einstellen / entwickeln, die solchen Menschen auch ein Umfeld bieten können, in dem man arbeiten möchte. In der jetzigen Mängelverwaltung wird das nicht gelingen.

    • Stefan Pietsch 17. Februar 2021, 11:40

      Danke!

      Es wird Sie nicht verwundern, ich sehe kein Kaputtsparen. Die Einnahmen des Staates sind in den letzten 15 Jahren schneller gestiegen als das BIP, die Wirtschaftsleistung des Landes. Das ist eine lange Zeit und ein enormer Vorteil. Die Behauptung, der Staat wäre unter solchen Bedingungen „kaputt gespart worden“, finde ich da deplaziert. Eher könnte man behaupten, die Bürger, so sie erwerbstätig sind, wurden ausgehungert.

      Es ist eine von meinen zwei zentralen Begründungen: der Staat kann mit seinen Ressourcen nicht umgehen. Er setzt seine Mittel nicht nach Notwendigkeit, sondern politischer Opportunität ein. Das ist fraglos eine Schwäche der Demokratie, doch gewählten Abgeordneten wie auch dem deutschen Regierungschef wird ein hohes Maß an Autonomie eingeräumt (Unabhängigkeit des Mandats, Limitierung der Abwahl des Kanzlers), so dass sie gegen solche Versuchungen ein Stück gefeit sein sollten. Die Kanzlerin ist dagegen für meinen Geschmack zu stark gefeit, aber das ist ein anderes Thema.

      Talentierte junge Menschen wählen ihren Arbeitgeber nach Image und Möglichkeiten. Google, Apple sind wegen ihres Produkts wie ihrer internen Offenheit und der Verdienstmöglichkeiten hot scores. Der Staat muss sich also putzen, will er die Besten bekommen. Nur in diese Richtung läuft das Spiel. Was Sie beschreiben, zeichnete leider immer Karrieren im Staatsdienst aus. Viel Politik, wenig Leistung. Mein Vater war davon betroffen und für mich war das Anlass für mein lebenslanges Verdikt: Ich werde nie für den Staat arbeiten.

      • Kning4711 17. Februar 2021, 16:44

        Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sank die Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst zwischen 1991 und 2008 um etwa ein Drittel von 6,7 auf 4,5 Millionen. Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung war die Privatisierung von Bundesbahn, Bundespost sowie von kommunalen Krankenhäusern. In den Folgejahren erhöhte sich die Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst stetig und lag 2019 bei 4,9 Millionen (Westdeutschland und Berlin: 4,2 Mio. / Ostdeutschland: 0,7 Mio.). Damit war 2019 mehr als jeder zehnte Erwerbstätige in Deutschland im öffentlichen Dienst beschäftigt (10,8 Prozent).
        Im gleichen Zeitraum ist aber auch die Bevölkerung um fast 5 % gewachsen.

        Es müssen Bedingungen geschaffen werden, dass mehr talentierte und motivierte Menschen den Dienst bei Vater Staat verrichten. Es gibt unglaubliches Potenzial, jedoch konkurriert der Staat mit einer Vielzahl von Unternehmen die in Sachen Digitalisierung vor ähnlichen Herausforderungen stehen.

        Ich kenne einige, die gerne Ihr Wissen und Ihr Talent im Staatsdienst einbringen würden, aber ohne Master-Studium ist der Zugang zum gehaltlich attraktiven höheren Dienst verbaut und auf der TVÖD Ebene kann man nur echte Idealisten begeistern können. Gleichsam braucht es aber auch den Willen Behörden und Prozesse umzubauen. Nach dem was ich so höre, und ich kenne einige Menschen die in Ämtern / Behörden unterwegs sind, wird dort viel Arbeit von externen Beratern gemacht und das Potenzial der eigenen Mitarbeiter liegt brach.

        • Stefan Sasse 17. Februar 2021, 16:53

          Ich meine, die Innovationskraft und Qualitätssteigerung etwa der DB seitdem das alles keine Beamt*innen mehr sind ist ja empirisch auch unwiderlegbar.

        • Stefan Pietsch 17. Februar 2021, 19:28

          Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sank die Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst zwischen 1991 und 2008 um etwa ein Drittel von 6,7 auf 4,5 Millionen. Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung war die Privatisierung von Bundesbahn, Bundespost sowie von kommunalen Krankenhäusern.

          Schauen wir mal, was der Staat von Unternehmen – also den Bürgern – in solchen Fällen verlangt. Nach IFRS (und HGB) ist der Konsolidierungskreis und der Jahresabschluss anzupassen, wenn sich wesentliche Änderungen ergeben haben. Mit anderen Worten: die Beschäftigten die Beschäftigten von Bundesbahn, Bundespost und kommunalen Krankenhäusern (so sie privatisiert wurden) sind nicht mehr in die Zahlen einzurechnen, sie sind kein „Abbau“. So sagt es der Staat in seinen Regeln. Aber die gelten ja nicht für ihn selber.

          Die Beschäftigten der Bundesbahn wurden nicht entlassen. Sie wurden vom Staat übernommen und an das ehemalige Bundesunternehmen vermietet. Allerdings wurde das Niveau nicht mehr aufgestockt. Ich hatte vor Jahren die Personalausstattung der DB mit der Schweizer Bahn verglichen, bezogen auf Umsatzgröße. Ich denke der Vergleich ist fair. Ergebnis: die deutsche Chaosbahn beschäftigt relativ nicht weniger Beschäftigte (Umsatz per Mitarbeiter). Dummerweise ist das also ein Beleg, wie ineffektiv die Bahn arbeitet, wenn sie bei gleichem Umsatz pro Kopf weit hinter dem Service der Schweizer zurückbleibt. Bei der Post ist der Vergleich mit den Mitbewerbern ähnlich und damit wenig schmeichelhaft.

          Und genau das gilt auch für den Vergleich mit 1991 (man weiß, warum man das tut). Damals stand die öffentliche Beschäftigung auf einem Peak, denn schließlich hatte man vor allem die DDR-Verwaltungen übernommen, wo Arbeitslosigkeit des Arbeiter- und Bauernstaates geparkt worden war. Ein deutlicher Personalabbau in der öffentlichen Verwaltung war daher zwangsläufig. Damit, zurück zum Beginn des Absatzes: wer den Vergleich zieht, will nicht vergleichen, sondern Politik in eine Richtung machen.

          Nur war das nicht mein Punkt. Die Einnahmen des Staates sind über einen langen Zeitraum stärker gestiegen als die Wirtschaftsleistung. Wenn dieser Staat dann behauptet, zu wenig Personalressourcen zu haben, ist das das Dokument, dass er mit seinen Mitteln nicht umgehen kann. Wie viel muss denn noch vom BIP abgezweigt werden, damit die Staatsfetischisten zufrieden sind?

          Es müssen Bedingungen geschaffen werden, dass mehr talentierte und motivierte Menschen den Dienst bei Vater Staat verrichten.

          Hoffnungslos. Denn nirgends wird mit Personal so viel Politik gemacht wie im Öffentlichen Dienst. Es geht doch gar nicht darum, die besten Talente zu bekommen. Schauen Sie sich die Tarifverhandlungen an: Da wird mit dem Tariflohn des Bauhofarbeiters begründet, warum man keine Digitalexperten bekommt. Das ist im ersten Moment lachhaft und im zweiten traurig. Es wird nicht möglich sein, den großen Talenten Top-Einstiegsgehälter zu bieten, ohne die Löhne über die gesamten Tarife gravierend anzuheben – und das, obwohl der Staat bei einfachen Angestellten ohnehin schon deutlich über Markt bezahlt. Auch das kann man als Verschwendung ansehen.

          • Erwin Gabriel 17. Februar 2021, 20:15

            @ Stefan P.

            Die Einnahmen des Staates sind über einen langen Zeitraum stärker gestiegen als die Wirtschaftsleistung. Wenn dieser Staat dann behauptet, zu wenig Personalressourcen zu haben, ist das das Dokument, dass er mit seinen Mitteln nicht umgehen kann.

            Ein entscheidender Punkt. Wenn ich auf die Leistungen schaue, muss ich anerkennen, dass die schwach sind. Wenn ich auf das Geld schaue, muss ich feststellen, dass es eigentlich mehr als ausreichend sein sollte. Offenbar hilft es nicht, mehr Geld in den Staat zu pumpen. Er ist einfach in weiten Bereichen zu ineffizient.

            • Stefan Sasse 18. Februar 2021, 11:30

              Das ist ja auch eine völlig korrekte Einschätzung. Aber die Schlussfolgerung kann halt nicht sein „Der Staat kann das nicht“. Als Daimler-Chrysler nicht klappte war ja die Schlussfolgerung auch nicht „Daimler kann halt keine Autos bauen“, sondern „da klappt was nicht und es erfordert Änderungen“.

              • Erwin Gabriel 20. Februar 2021, 08:10

                @ Stefan Sasse 18. Februar 2021, 11:30

                Aber die Schlussfolgerung kann halt nicht sein „Der Staat kann das nicht“. Als Daimler-Chrysler nicht klappte war ja die Schlussfolgerung auch nicht „Daimler kann halt keine Autos bauen“, sondern „da klappt was nicht und es erfordert Änderungen“.

                Ganz genau. Als Daimler-Benz sah, dass Chrysler nicht funktioniert, haben sie gehandelt. Das tut der Staat nicht. Er gibt nur mehr Geld in ein teilweise disfunktionales System, statt die Funktionsstörung zu beseitigen.

                • Stefan Sasse 20. Februar 2021, 09:19

                  Und den Vorwurf kann man ja gerne machen und sollte man auch. Man sollte aber nicht den Fehler machen, das als Naturgesetz hinzustellen.

              • Stefan Pietsch 21. Februar 2021, 10:55

                Wenn es Daimler nicht hinbekommt, dann vielleicht BMW. Oder VW. Oder Toyota. Oder Tesla. Da hat der Bürger schon ein bisschen Auswahl. Ich kann nicht einmal sagen, ich möchte eine andere Steuerprüferin, weil meine bekommt’s nicht hin. Da bekomme ich die schnöde Antwort: Nö, Sie nehmen, was wir bestimmen. Oder Lehrer. So viele Pfeifen und jeder kennt sie. Aber Eltern haben nicht die Möglichkeit, wegen didaktischer Inkompetenz einen Lehrer abzulehnen.

                Umso kritischer müssen wir mit dem Staat sein. Wir haben keine echte Alternative. Deine / Eure Schlussfolgerung jedoch lautet: dann müssen wir ganz besonders nett sein. Wenn jemand den Job, für den er augewählt wurde, nicht hinbekommt, suche ich mir jemand anderen. Die Möglichkeiten gibt’s.

                Nehmen wir den Bundeskanzler Gerhard Schröder. Als Anfang 2001 herauskam, dass das Bundesamt für Arbeit (so hieß das damals noch) systematisch und über Jahre Berichte über die Vermittlung von Arbeitslosen manipuliert hatte, flog der Chef der Behörde unmittelbar, anschließend wurde unter neuer Leitung einiges umgekrempelt. Heute kann das Bundesamt für Finanzdienstleistungen schlafend einen DAX-Konzern in einen kriminell verursachten Zusammenbruch begleiten, wobei Beamte noch massenweise an ihrem Insiderwissen verdienten, und der Kanzlerin verursacht das nicht einmal ein Jucken im Schlaf. Der Behördenleiter habe sich nichts zu schulden kommen lassen, die politische Aufsicht schon gar nicht.

                Bitte, schreib‘ nie wieder, Merkel sei eine bessere Kanzlerin als Helmut Schmidt. Da springe ich aus dem Fenster!

                • Stefan Sasse 21. Februar 2021, 11:21

                  Kritik immer gerne. Genau hinschauen, immer gerne. Reformieren, immer gerne. Aber pauschal alles in Bausch und Bogen verdammen? Das ist mir zu unterkomplex und letztlich nur das bürgerliche Gegenstück von primitiver linker Kapitalismuskritik.

                  Merkel/Schmidt: Das würde ich nie, nie, nie behaupten. Schmidt war der um Längen bessere Kanzler. Ich finde nicht, dass Merkel eine gute Kanzlerin ist. Far from it! Was ich gesagt habe ist, dass sie die bedeutendere, einflussreichere, prägendere der beiden war. Das sind aber zwei Paar Stiefel!

                  • Stefan Pietsch 21. Februar 2021, 11:38

                    Manchmal muss man Behörden auch dicht machen. Behörden und Beamte dürfen in einer Demokratie keine Ewigkeitsgarantie haben. Sie folgen immer nur einem Zweck. Kann der Zweck nicht erreicht werden, muss der Staat umbauen, ggf. auch radikal. So ist die Regierung Schröder an die Arbeitsmarktpolitik rangegangen mit erheblichen Gewinnen für alle. Manchmal reicht reformieren nicht.

                    Gut. Jetzt bin ich ein Stück befriedet. 🙂

                    • Stefan Sasse 21. Februar 2021, 13:28

                      Was würdest du denn dichtmachen? Und siehst du die Agentur für Arbeit als Erfolgsgeschichte?

                    • Stefan Pietsch 21. Februar 2021, 14:13

                      Ich bin kein Experte für Staatswirtschaft. Sicher ist aktuell, dass die Überwachung der Finanzindustrie vollständig neu organisiert werden muss. Die Beamten sind dazu korrupt im Sinne, dass sie das Verbot von Insiderhandel nicht respektieren. Da kommen wir mit ein paar Strafen nicht weit. Die BaFin hat die Finanzkrise nicht kommen sehen und war unfähig, einen DAX-Konzern zu kontrollieren. Da hat eine Behörde keine Argumente mehr.

                      Der Umbau der Bundesagentur war in den ersten Jahren eine Erfolgsgeschichte. Aber nichts ist von Dauer, schon gar nicht der Erfolg. Im Staatsdienst meint man zu oft, einmal reformiert und man hat für alle Zeiten Ruhe. Die Beamten der Agentur sind heute wieder satt, unbeweglich und auf ihrem Gebiet mäßig gebildet. Und damit Synonym für unseren Staat.

                    • Stefan Sasse 21. Februar 2021, 18:46

                      Die BaFin reformieren sehe ich sofort. 🙂

            • Rauschi 19. Februar 2021, 06:29

              Offenbar hilft es nicht, mehr Geld in den Staat zu pumpen. Er ist einfach in weiten Bereichen zu ineffizient.

              Es hilft aber gegen Ineffizienz auch nicht, enfach weniger Geld für die Bereiche zur Verfügung zu stellen, oder?
              Dadurch wird nichts effizienter, dafür müsste man andere Massnahmen ergreifen.
              Was schlagen Sie vor?

              • Stefan Pietsch 19. Februar 2021, 08:07

                Doch, durch weniger Geld kann etwas effizienter werden. Zur Erinnerung die Definition von Effizienz: Erreiche ein gegebenes Ziel mit möglichst wenig Mitteln. Oder: Erreiche mit gegebenen Mitteln ein Optimum.

                Mittelerhöhung, selbst wenn gleichermassen der Output steigen sollte, verbessert nicht die Effizienz, also das Verhältnis von Leistung zu Einsatz. Dazu muss immer an anderen Stellschrauben gedreht werden. Mehr Mittel ist nicht die Lösung.

                • Stefan Sasse 19. Februar 2021, 08:28

                  Grundsätzlich Zustimmung, aber du bist zu kategorisch. Manchmal braucht es halt auch mehr Mittel. Manchmal nicht. Eine Abteilung, die bereits sehr groß ist. profitiert vielleicht von einem Effizienzzwang. Eine kleine Abteilung, deren Aufgabengebiet wächst, braucht mehr Mittel.

                  • Stefan Pietsch 19. Februar 2021, 10:30

                    Das ändert ja nichts am Effizienzanspruch. Erhält ein Bereich mehr Aufgaben, benötigt er i.d.R. auch mehr Mittel, das überrascht ja nicht. Meine Kritik am Staat setzt ja daran an, dass er sich zu viel zumutet und die Dinge dann nicht richtig macht. Der Benchmarkvergleich ist einfach schlecht. Da muss man dran arbeiten und das funktioniert nicht darüber, einfach mehr Geld rein. Im normalen Leben gibt niemand jemanden dann mehr Geld und Aufgaben, wenn es ohnehin nicht gut läuft. Da wird die Führung ausgetauscht, eventuell noch einige Positionen und alles auf links gedreht.

                    Ein typisches Missverständnis, wenn Ihr mit mir diskutiert: Es bringt mir nichts, wenn die Flugsicherung oder die Fluggastkontrolle privat erledigt wird, weil staatliche Stellen einen schlechten Job machen. Unternehmen und Staat haben völlig getrennte Aufgaben, der eine ist nicht Backup für den anderen. Und ich möchte einige Aufgaben definitiv nicht privat organisiert sehen. Was ich aber möchte ist, dass was öffentlich ist, auch ordentlich erledigt wird.

                    • Stefan Sasse 19. Februar 2021, 12:40

                      Da bin ich grundsätzlich bei dir. Was ich halt problematisch finde – und was sozusagen dein Teil beim Fehlschlag der Diskussion ist – ist das Kategorische. Klar funktioniert manches schlechter, als es sollte, und da ist die Kritik gerechtfertigt. Aber dass sozusagen ALLES ganz furchtbar mies und ineffizient sei ist mir zu scharf geschossen.

              • Erwin Gabriel 19. Februar 2021, 12:22

                @ Rauschi 19. Februar 2021, 06:29

                Es hilft aber gegen Ineffizienz auch nicht, einfach weniger Geld für die Bereiche zur Verfügung zu stellen, oder? Dadurch wird nichts effizienter, dafür müsste man andere Maßnahmen ergreifen.

                Zustimmung, NUR weniger Geld hilft auch nicht. Der ineffiziente Apparat ist ja da und verbraucht seinen Teil; wenn man NUR mit weniger Geld arbeitet, ohne Strukturen zu ändern, werden diese Einsparungen praktisch zu 100 % an der Ausgangsleistung gespart.

                Was schlagen Sie vor?

                Eine sehr berechtigte Frage, auf die ich keine gute Antwort habe. Ich denke, dass man bei der Betrachtung hier trennen muss zwischen Politik und Bürokratie; in der Form, dass die Politik für die Entscheidungen zuständig ist und die Bürokratie für die Umsetzung.

                Und da fangen die Probleme bereits an.

                Losgelöst von der Qualität politischer Entscheidungen glauben die meisten Politiker, dass mit der Entscheidungsfindung ihre Arbeit getan sei. Für die Umsetzung gibt es die Bürokratie (die man bei Amtsantritt in einem gewissen Zustand vorgefunden hat, den man normalerweise nicht zu ändern gedenkt). Wenn also etwas in der Umsetzung schiefgeht, liegt es an der Bürokratie, man selbst hat nichts falsch gemacht etc. Wirtschaftsminister Peter Altmaier ist so ein herausragendes Beispiel für jemanden, der seine Aufgabe nur in der PR und der Entscheidungsfindung sieht, und sich offenbar um nicht mehr kümmert.

                Die Bürokratie wiederum ist in erster Linie auf Korrektheit und Zuverlässigkeit, vielleicht noch auf Gehorsam ausgerichtet, nicht auf Effizienz wie die Wirtschaft (klappt hier wie da nicht immer perfekt). Korrektheit und Zuverlässigkeit brauchen Zeit, also dauern Dinge bereits konzeptionell und strukturell schon mal länger.

                Dann ist die Bürokratie mit Politikern konfrontiert, deren Entscheidungen sich eher nach persönlichen Eitelkeiten oder dem politischen Tagesgeschäft richten als nach langfristigem Erfolg. So kann es vorkommen, dass sich ein Impuls bzw. die Umsetzung einer Entscheidung noch durch die Bürokratie arbeitet, während der Gegenimpuls durch die Politik schon gesetzt ist.

                Wenn sich etwas ändern soll, müsste sich zum einen die Einstellung der handelnden Politiker ändern, mehr an die Weiterentwicklung des Landes und den Nutzen der Bevölkerung zu denken als an ihr persönliches Image oder das Parteiwohl.

                Das vermute ich derzeit bei AKK wahrzunehmen; sie hält bei weitem nicht so häufig den Kopf in die Kamera wie ihre föhnfrisierte Vorgängerin, und sie ist als fleißig bekannt. Die Tendenz zeigt aber eher in die andere Richtung, wie das Festklammern am Amt trotz erwiesener Fehler und Versagens etwa bei Andreas Scheuer zu sehen ist.

                Für die Bürokratie müsste nun deutlich mehr Effizienz und individuelle Verantwortung zum Tragen kommen. Es wird nie in so weit wie in die Richtung gehen können wie bei der Wirtschaft, aber jetzt ist fast nichts da.

                Ein dritter Punkt ist das (obwohl es auf den ersten Blick nicht hier herein passt) die fehlende Transparenz von Entscheidungsfindungen. Dazu ist ein Lobbyregister (wie von Abgeordnetenwatch.de) dringen erforderlich. Auch die ungeschwärzte Frei- und Weitergabe von Akten an Untersuchungsausschüsse etc. gehört in diese Schublade. Wer hier nicht spurt, wer hier verschweigt oder vertuscht, sollte deutlich härtere Strafen als den vorgezogenen Ruhestand zu befürchten haben.

                Das ist, bei aller Unschärfe, das Ziel, das wir meiner Einschätzung nach anstreben sollten. Da aber die Strukturen in der Bürokratie seit vielen Jahrzehnten gewachsen sind, wird es (selbst, wenn es Kanzler*innen und Minister*innen gibt, die dieses Bestreben teilen – was ich derzeit nicht sehe) Jahrzehnte dauern, das zu ändern.

                Ob und wie man so etwas hinkriegen kann?

                Ich habe keine Ahnung …
                Erleben werde ich es jedoch nicht mehr

                • Stefan Sasse 19. Februar 2021, 12:56

                  Bin ich bei dir.

                  Und Altmaier mag als Kanzlerinnenamtschef eine gute Figur gemacht haben, als Wirtschaftsminister ist er eine Vollkatastrophe.

                • Rauschi 21. Februar 2021, 19:12

                  Zuerst einmal danke für die ausführliche Antwort.
                  Wenn sich etwas ändern soll, müsste sich zum einen die Einstellung der handelnden Politiker ändern, mehr an die Weiterentwicklung des Landes und den Nutzen der Bevölkerung zu denken als an ihr persönliches Image oder das Parteiwohl.
                  Dafür brauchen wir meines Erachtens nach neue unverbrauchte Parteien mit unverstellten Menschen, die das auch im Sinn haben.

                  Für die Bürokratie müsste nun deutlich mehr Effizienz und individuelle Verantwortung zum Tragen kommen. Es wird nie in so weit wie in die Richtung gehen können wie bei der Wirtschaft, aber jetzt ist fast nichts da.
                  Kann man anstreben, wie das aber real umgesetzt werden kann, das wäre die Frage.

                  Ein dritter Punkt ist das (obwohl es auf den ersten Blick nicht hier herein passt) die fehlende Transparenz von Entscheidungsfindungen. Dazu ist ein Lobbyregister (wie von Abgeordnetenwatch.de) dringen erforderlich.
                  Ich fände an diese Stelle die direkte Demokratie auch wichtig und sehr sinnvoll. Da merken die Menschen dann auch die Auswirkungen der Entscheidungen und erleben die Macht der eigenen Wahl.

  • Mikefromffm 17. Februar 2021, 12:11

    Was ist denn das mal wieder für ein Unsinn? „In den kommenden Jahren wird fast die Hälfte des gewährten Investitionskostenzuschusses an den Fiskus zurückgezahlt“? LOL. Entspricht dem Niveau des restlichen Sermons.

  • Lemmy Caution 18. Februar 2021, 13:37

    update zum chilenischen Impfwunder:
    Beruht weitgehend auf Sinovac.
    Bis vorgestern waren 95,2% der Impfungen Sinovac. (*) Dieses chinesische Mittel ist deutlich weniger effektiv als das von BioNTech. Je nach Studie hat Sinovac eine Wirksamkeit zwischen 55% und 70%.
    Wir werden sehen.

    * Quelle: https://github.com/juancri/covid19-vaccination/blob/master/output/chile-vaccination-type.csv

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