Liberale Eliten auf beiden Seiten des Atlantiks im Mahlstrom von Verfassungsgerichten und Presse – Vermischtes 18.05.2020


Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Sie werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten.

1) Let’s Get Rid of Perjury Traps Altogether

Fine. Like I said, I don’t really care if Mike Flynn goes to jail. Still, I have a question. The Justice Department is basically claiming that the FBI engaged in the equivalent of a perjury trap. That is, they surprised Flynn with questions he wasn’t expecting in hopes of getting him to lie. Then they’ve got him on charges of lying to a federal agent. So here’s my question: the FBI does this all the time. It’s loathsome stuff, and I would be delighted if the Flynn case led to a wholesale reckoning with this behavior. But I don’t think that’s in the cards. In fact, I’m willing to bet that the Justice Department has never in its history voluntarily pulled back from a charge of lying to federal agents and announced that they’re really sorry it happened. Have they? (Kevin Drum, Mother Jones)

Ich teile Drums Ansicht völlig. Methoden wie die perjury traps gehören aus dem Repertoire der Strafverfolgungsbehörden gestrichen. Kennt sich jemand aus und weiß, ob unsere Polizeibehörden das machen dürfen? Leute unter Vortäuschung falscher Tatsachen in belastende Aussagen locken gehört zum Standardrepertoire, aber dieses konkrete Ding scheint ein FBI-Ding zu sein, oder?

Im konkreten Fall ist die republikanische Heuchelei besonders schwer erträglich, war es doch der Einsatz eines solchen Mittels, der zum konkreten Werkzeug der Lewinsky-Affäre wurde. Aber solcherlei ist man ja mittlerweile gewohnt.

2) Schönen Gruß von der liberalen Elite

Interessant daran scheint mir, dass in den meisten kritischen Stellungnahmen, soweit ich sehe, von der Ultra-Vires-Kontrolle als solcher gar keine Rede ist. Wozu auch. Es geht ja gar nicht darum, dass Karlsruhe auf die Kompetenzgrenzen aufpasst. Es geht darum, wie es das tut, und wann – hier, in diesem konkreten Fall, in dieser konkreten Situation, mit dieser konkreten Begründung. Die überzeugt nämlich nicht. Dass das Versäumnis der EZB, die Verhältnismäßigkeit ihrer Niedrigzinspolitik gemäß den Vorstellungen des BVerfG zu prüfen und zu begründen, so in your face gewesen sei, dass es – wie war das? – „willkürlich“ und „schlechthin nicht mehr nachvollziehbar“ vom EuGH gewesen sein soll, das nicht zu monieren: das, pardon, leuchtet so manchem halt nicht recht ein. „Wenn wir freundlicher argumentiert hätten, hätten die Tatbestandsvoraussetzungen für einen Ultra-Vires-Akt nicht vorgelegen“, sagt Richter Huber im SZ-Interview. Wo er Recht hat, hat er Recht. […] Ein „Gericht der Bürger“ will das Bundesverfassungsgericht sein, und unter Voßkuhles Ägide hat dieser Anspruch eine ganz spezielle Färbung angenommen: Karlsruhe als Zufluchtsort der „normalen Leute“, die im Parlament für ihre Sorgen kein Forum mehr finden, wo Konflikte befriedet werden, die der Politikbetrieb übersieht und denen er aus dem Weg geht aus welchen Gründen auch immer. In seinem Interview in der ZEIT knüpft Voßkuhle an diesen Topos an: von der „großen Mitte“ der „normalen Menschen“ ist da die Rede, „all jene, die nicht offensichtlich benachteiligt sind, sondern die eher unter dem Radar ein normales Leben leben.“ Im Gegensatz wozu? Zu den „liberalen Eliten“, die sich „häufig eher für Menschen (interessieren), die offensichtlich diskriminiert werden“. Die seien maßgeblich mit schuld daran, dass die liberale Demokratie gegenüber dem Populismus so stark an Terrain verliert. Da könnte man so viel dazu sagen. Als ob nicht die Unterscheidung zwischen Normal und Abnormal die Mutter aller Diskriminierungen wäre. Als ob die „liberalen Eliten“, wer immer das sein soll, beiden Seiten dieser Unterscheidung im Sinne von Verteilungsgerechtigkeit gleich viel Interesse und Zuwendung schuldig wären. Als ob diese „Eliten“ und ihre diskriminierten Schützlinge sich sozusagen nicht zu wundern bräuchten, wenn die „Normalen“ jetzt allmählich mal richtig sauer auf sie werden. (Max Steinbeis, Verfassungsblog)

Die massive Kritik an dem Urteil schlägt dem BVerfG nicht zu Unrecht entgegen. Ich bleibe bei meiner ursprünglichen Deutung, dass das Gericht an dem grundsätzlichen Dilemma nur eingeschränkt Schuld trägt. Zwar hat es die entsprechenden Präzedenzfälle durch seine Interpretation, die nicht zwingend war (auch wenn es heute anders tut) selbst geschaffen. Aber die Politik hatte mittlerweile 30 Jahre Zeit, entsprechende Reformen einzuleiten, und gerade die Merkel-Kabinette hatten nicht das geringste Interesse daran, selbst als mit Macron der ideale Partner dafür bereitstand – ein Versäumnis, für das wir noch werden bitter bluten müssen.

Aber die bereits in den Kommentaren des letzten Artikels angesprochene Dichothomie, die Voßkuhle hier aufmacht, finde ich in höchstem Maße bedenklich, und die ist genauso die alleinige Schuld des Richters wie die haarsträubende Begründung, man habe die scharfe Sprache gegen den EUGH halt gebraucht, um „ultra vires“ sagen zu können, auch wenn es der konkrete Gegenstand gar nicht hergegeben hätte. Damit beschädigt sich das Gericht selbst bei seinen eigenen Parteigängern wie Steinbeis, die normalerweise General-Kritik an der sakrosankten Institution eher abhold sind.

3) Suing the BVerfG

Of course, an infringement action would not be taken against the BVerfG itself – but rather against the Federal Republic of Germany. Article 258 TFEU proceedings are levied against member states –which for the purposes of this action are seen as unitary actors. Practically, then, the task of defending the state in the front of the ECJ would fall to the Bundesregierung. This may sound a little unfair, considering that the German Federal Government has done little wrong here. […] And yet, here is precisely where the role of an infringement proceeding can become particularly valuable from the long-term prospects of European integration. For it has become clear that the BVerfG is now an obstacle to further steps towards ever closer union and that the German political elite is unable to overcome this form of judicial aggrandizement without a little external help. On the one hand – since the early 1990s and increasingly in the last decade– the BVerfG has raised its voice in its rulings on EU matters and built a battery of constraints on further EU integration.  Through its Maastricht Urteil, the Lissabon Urteil and the judgments on the composition of the EP, the ESM Treaty and the ECB action among others, the BVerfG significantly limited the ability of Germany to participate in the EU, and conversely on the EU to move forward. Yet, this anti-European jurisprudence of the BVerfG is built on thin air. In particular, the judge-made reading that the Basic Law’s right to vote clause can be interpreted as an open-ended, catch-all enablement to review EU legislation is as insult to the post-war founders of the Republic, which nowhere set state sovereignty as an obstacle to the development of an EU in which Germany participates as an equal partner. In fact, the BVerfG stance is surely not justified in light of the constitutional history of the German state – which, inter alia, only regained its full sovereignty in 1990. On the other hand – despite this situation that many regarded as annoying – the German political class has not mustered the courage to rein in an overbearing BVerfG, which is highly regarded among the populace. And so there has been no political leadership to bring back the BVerfG to where it institutionally belongs – as an organ that should review the action of German public authorities for compliance with the German basic law, no less no more. (Federico Fabbrini, Verfassungsblog)

Diese Sichtweise auf das BVerfG ist wesentlich harscher als Steinbeis‘ Kritik aus Fundstück 2. Sie ist nicht ohne ihre eigene Tradition; (verhaltene) Kritik am BVerfG als „Ersatzgesetzgeber“ ist seit Jahrzehnten Teil der politischen Diskurse. Ich kannte nur vor dem EZB-Urteil eher die umgekehrte Variante dieser Kritik, auf die ich auch in meiner Serie zum politischen System Deutschlands eingegangen bin: Dass die Politik sich hinter den Urteilen des BVerfG versteckt und es dazu missbraucht, Auswege aus Situationen zu finden, in die man sich aus parteitaktischen Motiven hineinmanvöriert hat.

Hier liegt aber tatsächlich etwas vor, das man als Anmaßung des Gerichts betrachten könnte. Die deutsche Diskussion leider wie so häufig unter der nationalstaatlich verengten Perspektive, aber wie Fabbrini im Artikel anspricht ist der entscheidende Faktor der, dass das Gericht sich über sämtlichen europäischen Verträge und Institutionen schwingt – eine Prioritätensetzung, die es natürlich behaupten kann, die aber keineswegs so selbstverständlich ist, wie das Gericht tut. So oder so hat der Richtspruch in der EU eine veritable Verfassungskrise ausgelöst, die noch lange ihre Wellen schlagen wird.

Ich möchte weiterführend noch auf diesen Artikel verweisen.

4) The Death of the Central Bank Myth

Nor is it just the economics that are haywire. Whereas the classic model assumed that politicians were fiscally irresponsible and thus needed independent central banks to bring them into line, it turns out that a critical mass of elected officials drank the 1990s Kool-Aid. In recent decades, we have seen not a relentless increase in debt but repeated efforts to balance the books, most notably in the eurozone under German leadership. Contrary to its reputation, Italy has been a devoted follower of austerity, leading the way in fiscal discipline. But so has the United States, at least under Democratic administrations. Politicians campaigned for fiscal consolidation and debt reduction instead of promises of investment and employment. In the agonizingly slow recovery from the 2008 crisis, the problem for the central bankers was not overspending but the failure of governments to provide adequate fiscal stimulus. […] In challenging the ECB to justify its QE policy, the German court has put in question not just a specific policy but the entire rationale for central bank independence. What is more, it has done so not only formally but substantively. It has exposed the political and material basis that lies behind the norm of independence. […] We value price stability, but for better and for worse the forces that once made it an urgent problem are no longer pressing. That objective alone is no longer sufficient to define the mandate of the most important economic policymaking agency. Financial stability is essential, but the current incestuous relationship between central banks and the financial system tends, if anything, to underwrite and encourage dangerous speculation by a self-enriching elite. Meanwhile, slow growth, inequality, and unemployment are at the root both of many of our social ills and by the same token the problem of the debt burden—how we manage government debt depends crucially on how rapidly the economy is growing. Finally, we can no longer deny that we confront fundamental environmental issues that pose a dramatic generational challenge for investment. (Adam Tooze, Foreign Policy)

Das ist nur ein Ausschnitt aus einem seeeeeehr langen Artikel, dessen Lektüre sich unbedingt lohnt – wie alles aus der Feder von Adam Tooze. Ich möchte vor allem zwei Aspekte hervorheben. Das Eine ist das Narrativ vom verschwenderischen, undisziplinierten Italien, das gerade in Deutschland mit chauvinistischer Stoßrichtung von rechtsstehenden Politikern gefahren wird: Von der AfD sowieso, aber auch Friedrich Merz, Christian Lindner und alle tröten gerne in dieses Horn, von der publizistischen Schützenhilfe der Springer-Presse ganz zu schweigen. Mit der Realität hat das nichts zu tun, aber die Geschichte ist einfach zu gut, als dass man nicht maximal politisches Heu damit dreschen würde, und scheiß auf die Konsequenzen.

Auf der anderen Seite betont Tooze hier einen Aspekt, auf den ich auch in meinem eigenen Artikel eingegangen bin, der aber merkwürdigerweise bisher von niemandem aufgegriffen wurde; möglicherweise war der hetzerische Vorwurf des Landesverrats einigen Kommentatoren wichtiger. Das BVerfG-Urteil zur EZB hat in seiner Forderung, die wirtschaftlichen Folgen der EZB-Entscheidungen deutlich stärker zu bedenken, die klassische Konzentration des EZB-Mandats auf die Geldwertstabilität, also das Halten der Inflationsrate um 2% (und, in der Realität, weit unter 2%) aufgehoben. Damit aber verändert es mal eben beiläufig das komplette geldpolitische System der EU und Deutschland. Es ist kurios, wie wenig Beachtung dieses Fakt bisher findet und wie sehr sich stattdessen an den Südeuropäern abgearbeitet wird.

5) Mitch McConnell is gaslighting Democrats (again)

Currently, Republican Senate Majority Leader Mitch McConnell is setting the pace of stimulus and the terms of the debate. Democrats are being baited into negotiating “victories” that consist of measures every reasonable economist agrees is necessary. Efforts to secure even those basic measures are being denounced as hostage-taking, and Democrats in the House, forever attendant to their skittish purple-district “moderates,” have proven typically easy to scare. “We’re terrified that we’ll look like obstructionists,” one Democratic Senate aide told Politico reporter Michael Grunwald. The fear, like most Democratic fears, is overblown. There is an enormous amount of bluffing going on among Republicans, who need stimulus measures just as much as Democrats. […] Democrats had leverage. They used it to “win” more money for hospitals and coronavirus testing. Having done so, they had none left over to win funds for cash-strapped states, help for the US Post Office, or any number of progressive priorities. […] Republicans know such aid is necessary just as well as Democrats. They say in the press that these are concessions, things they are giving up, but why should anyone else adopt that absurd framing? By theatrically “conceding” money for hospitals, Republicans get the optics of a bipartisan achievement while ensuring that they define the limits of the possible. (David Roberts, vox.com)

Die Mentalität der betreffenden Politiker ist tatsächlich eine Achillesferse der Democrats. Zu viele lassen sich von der Frage „wer soll das bezahlen“ entmutigen, als hätte jemand den Namen Voldemort ausgesprochen. Dieselbe Frage wird Konservativen nie ernsthaft gestellt; man muss nur auf die gigantischen Geschenke für die Superreichen schauen, die die Trump-Regierung verabschiedet hat.

In den USA kommt die Perversität dazu, dass man der regierenden Partei abkaufen muss, dass sie ihre Aufgabe erfüllt. Das ist völliger Irrsinn. Es ist die Verantwortung der Republicans, die Bevölkerung vor der Pandemie und ihren Auswirkungen zu schützen, und die verursachen willentlich zehntausendfachen Tod und lassen es sich als Konzession von der Opposition abpressen, ein paar Menschen weniger zu ermorden. Es ist zum Schreien.

6) Tweet


Zurecht weist Blanken daraufhin, dass Hans-Ulrich Jörges, Stern-Chefredakteur, sich 2013 nicht entblödete, angesichts der bekanntgewordenen NSA-Spionage von einem „Zivilisationsbruch“ zu sprechen. Die antiamerikanische Grundhaltung der deutschen Bevölkerung ist mir genauso unbegreiflich wie ihr russlandfreundliches Gegenstück. Inzwischen gibt es da ja eine echt merkwürdige Koalition, die von der LINKEn über die SPD zu FDP und AfD reicht und die überraschend große Schnittmengen bei ihren außenpolitischen Positionen aufweisen. Merkwürdigerweise stehen neben der CDU nur noch die Grünen (!) halbwegs hinter der Westbindung und dem transatlantischen Bündnis. Echt weird.

7) Michigan Cancels Legislative Session to Avoid Armed Protesters

Michigan closed down its capitol in Lansing on Thursday and canceled its legislative session rather than face the possibility of an armed protest and death threats against Democratic Governor Gretchen Whitmer. The gathering, meant to advocate opening the state for business despite the coronavirus pandemic, followed one April 30 that resulted in pictures of protesters clad in military-style gear and carrying long guns crowding the statehouse. They confronted police and taunted lawmakers. […] Michigan Attorney General Dana Nessel issued an opinion on May 11 saying that the State Capitol Commission — a body of six lawmakers who oversee the building and its grounds — could ban firearms. The commission voted to study a ban this week, but took no action. […] Still, lawmakers feared a repeat of April 30, when armed protesters entered the Senate Chamber and stood above them in a visitors gallery during the session. State Senator Dayna Polehanki, a Democrat, on Tuesday proposed a bill to ban firearms in the capitol building. The bill has heavy support from her party. (David Welch, Bloomberg)

In der Überschrift fehlt das Adjektiv „weiße“. Denn wenn Afroamerikaner mit automatischen Waffen ein Staaten-Kapitol besetzen würden, fände da so schnell ein Massaker durch Polizei und Nationalgarde statt, so schnell könnte man gar nicht „AR-15“ sagen. Was hier passiert ist letztlich Terrorismus, und zwar eine Form von Terrorismus, die rassistische Privilegien instrumentalisiert und die staatlicherseits gedeckt wird. Man schaue nur das Beispiel eines republikanischen Abgeordneten an, der behauptet, Hitler sei von jüdischen Welteroberungswünschen in den Holocaust getrieben worden. Das registriert nicht mal mehr.

Zwar ist die Weimar-Parallele reichlich ausgenudelt, aber sie ist hier trotzdem instruktiv. Denn auch dort gab es rechtsextreme paramilitärische Verbände, die von der Politik nicht nur geduldet, sondern auch aktiv geschützt wurden, und ist es äußerst fragwürdig, ob Polizei und Militär im Fall des Falles überhaupt ihrer Verpflichtung zum Schutz der Regierung nachkommen würde, wenn diese wie in Michigan der „falschen“ Partei angehört. Reichswehr schießt nicht auf Reichswehr und so.

8) Trump Brings in the Infantry for His War on Blue America

Trump revealed volumes about his mindset at a recent White House event, when he was asked about providing more federal aid to states buckling under the lost revenue and increased cost of grappling with the coronavirus. Trump said he might be open to considering such assistance, if it were narrowly tied to costs directly linked to the outbreak. But then he added: “We’d want certain things, also, including sanctuary-city adjustments.” The most telling word in that sentence is the pronoun we. It suggests the existence of an American community from which blue states are distinct and separate—and to which blue states must provide concessions if they are to receive help from the federal government. Leaving aside the reality that many Republican-run states are facing financial difficulties as great as the Democratic-run ones, Trump’s formulation shows how little obligation he feels to represent the places where fewer of his own voters live. Instead, he portrays those places almost as foreign supplicants seeking aid from his America. “This president is seeing himself as the president of red America, where blue America is pushed aside and is not even legitimate,” Kettl says. (Ronald Brownstein, The Atlantic)

Neben den irregulären Fußtruppen, den in Fundstück 7 besprochenen White-Supremacy-Terroristen, nutzen die Republicans auch sämtliche offiziellen Schaltstellen der Macht, um ihre politischen Gegner zu bekämpfen – eine Definition, die so breit auslegen, dass sie in jedem bewaffneten Konflikt klare Kriegsverbrecher wären. Trump ist der wohl erste Präsident, der offen einen kalten Bürgerkrieg gegen die Bundesstaaten führt, in denen er wenig Wähler hat. Unter Obama ging der Löwenanteil aller staatlichen Ausgabenprogramme in die roten Südstaaten, finanziert von den wirtschaftsstarken blauen Nordstaaten. Das war selbstverständlich, denn die Democrats sehen sich in Verantwortung für das ganze Staatswesen, auch wenn dort nicht ihre Wähler sitzen. Die Republicans dagegen benehmen sich die Putschisten in einer Bananenrepublik, nur in einem der hochentwickelsten Länder der Erde.

9) Will the Supreme Court crown Trump king?

Douglas Letter, general counsel for the House, echoed the argument before the Supreme Court, adding that „there is nothing unprecedented about congressional subpoenas for documents that may shed light on presidential affairs.“ One wouldn’t think so, since the most elementary understanding of congressional oversight of the executive branch would seem to require that Congress has the power to force the chief executive to produce documents that could reveal criminal activity on his part or the part of those around him. Moreover, just 23 years ago, the Supreme Court decided unanimously in Clinton v. Jones that presidents do not have immunity from litigation in civil courts regarding acts prior to taking office. If Trump has immunity in the three cases argued on Tuesday, it would mean either that Clinton v. Jones was wrongly decided — or that presidents are shielded from investigation for criminal acts but not from investigation of non-criminal acts. As absurd as that may sound, the latter is precisely what Trump’s lawyers attempted to establish on Tuesday, arguing that Congress‘ attempt „to determine whether the president engaged in wrongdoing“ is an unprecedented effort to harass him for political purposes and therefore „a recipe for constitutional crisis.“ In Trump v. Vance, the case involving the grand jury investigation in New York, the president’s lawyers were even more radical, claiming that presidents enjoy a sweeping „temporary presidential immunity“ that shields them from both investigation and prosecution for crimes. This is, and should be universally judged, a preposterous suggestion, since it would quite literally permit presidents to do anything they wish, including the breaking of any law, for the duration of their term of office. (Damon Linker, The Week)

Die Fragestellung ist leider bei weitem nicht so absurd, wie sie auf den ersten Blick aussieht. Wo in Deutschland gerade zum ersten Mal die Polarisierung des Verfassungsgerichts diskutiert werden muss, ist die Institution in den USA längst im Griff der Rechtsextremen. Spätestens dank des gestohlenen Supreme-Court-Sitzes von 2016/17 gelang es der GOP, skrupellose Parteigänger zu installieren.

Ein Gerichtsurteil wie bereits 2000, in dem die republikanische Gerichtsmehrheit Bush die Wahl gab und ihr Urteil gleichzeitig als präzedenzlos ausgab, damit kein späterer demokratischer Kandidat davon profitieren kann, ist problemlos vorstellbar. Bereits jetzt argumentieren die Anwälte der Trump-Regierung, dass für ihren Präsidenten spezielles Recht gilt, das nur für diese Person Gültigkeit besitzt. Die Demokratie, sie ist dort, wo die Macht der GOP hinreicht, nur noch Makulatur.

10) Tweets

Dieses Muster ärgert mich ja bereits seit 2015. Unendlich viel Verständnis und Interesse wird rechten Verschwörungstheoretikern und Radikalen entgegengebracht, ohne dass die andere Seite dasselbe einfordern könnte. Wo sind denn die empathischen Zeitungsreportagen aus den Hamburger Stadtvierteln, aus denen sich die Antifa-Schläger für die 1.-Mai-Krawalle rekrutieren (nicht dass ich die lesen will, Gott bewahre)? Wo sind die zahlreichen Fernsehspecials, Reportagen und Berichte über die 15%, die die Corona-Maßnahmen als zu schwach empfinden und große Angst vor der Ausbreitung der Pandemie und einem Tod ihrer selbst oder lieber Angehöriger haben? Stattdessen wird dem blödsinnigen Narrativ einer Meinungsdiktatur Vorschub geleistet, „wir“ gegen „die da oben“ (liberale Eliten, in den Worten Voßkuhles). Nichts wurde aus den vergangenen Jahren gelernt, und wenn die AfD bald wieder in den Umfragen zulegt, will’s wieder keiner gewesen sein.

11) The fake “Obamagate” scandal shows how Trump hacks the media

Watching the media pounce on this story like greyhounds chasing mechanical rabbits has been painful, but also deeply familiar. It’s a pattern we’ve seen unfold countless times. The president unleashes a tweetstorm, millions of people retweet it, right-wing media boosts the signal, and then mainstream media outlets cover it, often breathlessly. Consider this Axios tweet stating that “Biden’s presence on the list could turn it into an election year issue, though the document itself does not show any evidence of wrongdoing.” But Biden’s name on a document is only an election issue if the press treats it like one. And if the “document itself does not show any evidence of wrongdoing,” why the hell are we talking about it? Again, we’re talking about it because Trump talked about it and now it’s a legitimized “story.” This is the latest example of zone-flooding, a phenomenon I described at length back in February. The strategy was best articulated (in America, at least) by Steve Bannon, the former head of Breitbart News and chief strategist for Donald Trump, who in 2018 reportedly said: “The Democrats don’t matter. The real opposition is the media. And the way to deal with them is to flood the zone with shit.” […] We still haven’t fully reckoned with the 2016 election and the incessant coverage of Hillary Clinton’s emails. That was another bullshit story elevated by journalists who felt it was their duty to “objectively” report it. That impulse for fairness and proportionality might have tipped the election — in any case, it was hugely consequential. And the whole saga demonstrates how even the attempt to disprove a false or exaggerated claim can contribute to zone-flooding. (Sean Illing, vox.com)

Was in Deutschland die völlig aus dem Ruder gelaufene Flüchtlingsdiskussion ist, ist in den USA der „Skandal“ um Hillarys Emails. In beiden Fällen wurde völlig ohne Not den Extremisten massiv in die Karten gespielt, und in beiden Fällen stecken die Beteiligten die Köpfe in den Sand und weigern sich, irgendetwas aus den Ereignissen zu lernen. Und diese Lernverweigerung führt zu einem Zwang zur Wiederholung. Und da die Extremisten vieles sind, aber nicht doof, machen sie sich diese Lernverweigerung aktiv zunutze – und verspotten die demokratische Mitte auch noch, indem sie offen darüber sprechen.

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  • Stefan Pietsch 18. Mai 2020, 09:20

    2) Schönen Gruß von der liberalen Elite

    Ich schreibe dazu gerade einen Zweiteiler, daher nur so viel: Steinbeis behauptet auch, das Urteil des EuGH vom 11. Dezember 2018 nachvollziehen zu können. Doch dazu muss man schon eine ganz bestimmte Brille aufhaben.

    • Kirkd 18. Mai 2020, 13:12

      Nachvollziehen ist etwas anderes als Meinung teilen. Insofern hilft es wenig, wenn Du eine andere ganz bestimmte Brille aufsetzt.

    • Stefan Sasse 18. Mai 2020, 13:31

      Bin gespannt!

  • Justus 18. Mai 2020, 09:27

    1)

    Deutschland ist da meines Wissens allgemein ganz anders aufgestellt; in den USA ist es ja ein Verbrechen einen FBI-Beamten zu belügen, der einen „interviewt“, also befragt; in Deutschland hingegen darf man selbst in Prozess zu eigenen Gunsten lügen, solange man keinen anderen falsch beschuldigt, zumindest beschreibt Udo Vetter, Fachanwalt für Strafrecht, das im mit dem Grimme-Preis ausgezeichneten Lawblog regelmäßig so.

    Ein Beispiel:

    https://www.lawblog.de/index.php/archives/2017/03/23/sie-haben-das-recht-zu-luegen/

  • Justus 18. Mai 2020, 10:10

    4)

    Italien hat tatsächlich sehr viele Sparmaßnahmen durchgemacht, Griechenland ebenso; aber die gewonnen Spielräume haben beide für Steuersenkungen genutzt – wenn die Republikaner in den USA das tun wir das zurecht kritisiert, weswegen das bei Italien plötzlich in Ordnung sein soll, erschließt sich mir nicht.

    • Stefan Sasse 18. Mai 2020, 13:31

      Steuersenkungen gehören zu den Standard-Strukturanpassungsprogrammen, die die Troika fordert.

      • Stefan Pietsch 18. Mai 2020, 14:27

        Bitte korrigiere mich: Die Troika war nie in Italien, aber in Irland. In Irland wurden die Steuern nicht gesenkt. Die Troika forderte in Griechenland, betreffend allerdings die Urlaubsinseln, die Umsatzsteuersätze anzupassen, allerdings nach oben, um den Wildwuchs zu beschneiden. Die Tsipras-Regierung wehrte sich vehement dagegen und brach dafür auch Vereinbarungen mit der EU und dem IWF.

        Passt irgendwie nicht zu dem, was Du schreibst.

        • Stefan Sasse 18. Mai 2020, 14:53

          Ich hatte im Kopf, dass Italien unter der Technokratenregierung in ziemlich enger Kooperation mit den EU-Behörden arbeitete und da die Steuersätze senkte.

          • Stefan Pietsch 18. Mai 2020, 16:18

            Wenn ich das noch richtig im Kopf habe, so war der Auslöser für die Übernahme der Regierungsgeschäfte durch eine Technokratenregierung der Brief von Mario Draghi an den Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. Hierin empfahl die Zentralbank dringend Reformen in Italien. Dass es ein Geschäft auf Gegenseitigkeit wäre – niedrige Zinsen gegen Reformen – formulierte die EZB wohlweislich nicht. So etwas hätte sie auch nicht verlangen können. Einige Jahre später kam dann ohnehin PSPP. Aber auch dazu schreibe ich noch etwas.

            Die EU-Kommission hat die Möglichkeit im Rahmen der Verletzung der Euro-Regeln ein Verfahren gegen Italien anzustrengen. Wie wir wissen, war das in der Vergangenheit immer ein stumpfes Schwert. Weitere Durchgriffsmöglichkeiten bestehen nicht und hat Italien immer angestrengt vermieden.

      • Ariane 18. Mai 2020, 14:37

        Es gab ja irgendwie zwischendurch die merkwürdige Situation, dass der IWF plötzlich quasi den Sozialisten markierte und meinte, das mit dem zuviel Sparen wäre vielleicht gar nicht so gut (und konnte sich nicht durchsetzen). Ich meine, das muss man erstmal schaffen.

        Insgesamt hab ich auch das Gefühl, dass sich das international etwas früher gewandelt hat als in Deutschland, wir haben eine besondere Vorliebe fürs Sparen und die schwarze Null. Die Schwaben waren es bestimmt!^^

  • Justus 18. Mai 2020, 10:19

    6)

    Das ist sehr wahrscheinlich, sobald die USA es tun, polarisiert es sehr stark. Global gesehen gibt es viele Verteidiger, bereits in Polen nebenan ist die Debatte eine ganz andere, aber hierzulande wird vieles direkt im negativen Licht gesehen, was bei anderen Ländern problemlos abgetan wird.

    In der Uni zeigte sich mir das ganz deutlich, als ich einen Vortrag über einen Kriegsverbrecher der Nazis einen Vortrag hielt und darstellte wie er gleichzeitig seine Beteiligung am Völkermord als notwendig darstellte und meinte die Amerikaner mit ihren Bombardierungen der deutschen Städte die wahren Kriegsverbrecher sein und das direkt starke Zustimmungen unter Linken auslöste, die direkt und pauschal dieser Aussage zustimmten.

    • Stefan Sasse 18. Mai 2020, 13:32

      Oh Gott, der Einfluss der Antideutschen. Ganz schlimm. Bande von Vollidioten…

      • Erwin Gabriel 18. Mai 2020, 17:42

        @ Justus 18. Mai 2020, 10:19

        Eine völkerrechtlich relevante Definition von „Kriegsverbrechen“ gibt es meines Wissen nicht (gab es auch nicht zu Zeiten der Nürnberger Prozesse). Nach meiner Empfindung fallen aber alle kriegerischen Handlungen gegen Zivilisten darunter (was die Todesurteile in Nürnberg aus meiner Sicht rechtfertigt).

        Somit bewerte ich auch den Bombenkrieg gegen Deutschlands Städte oder die Atombombenabwürfe als Kriegsverbrechen, zumal man sich in Versuchen bemühte, die „optimale“ Bombenkombination zur Auslösung eines „Feuersturms“ zu finden.

        Diese Art der Kriegsführung richtete sich klar gegen Zivilisten und ging weit über das hinaus, was für die Zerstörung einer relevanten Waffenfabrik oder eines Verkehrsknotenpunktes erforderlich wäre.

        Ob ein Land wie Deutschland mit seinen zig Millionen KZ-Toten (oder Japan, dass in den besetzten Ländern Enthauptungs-Wettkämpfe bei Gefangenen und Zivilisten durchführte, über die in der heimischen Presse wie über Sportwettkämpfe berichtet wurde), sich da beschweren darf, halte ich allerdings für mehr als fragwürdig.

        Letztendlich bin ich froh, dass die Aliierten gewonnen haben, und nicht Nazi-Deutschland.

        • Ariane 18. Mai 2020, 17:49

          Eine völkerrechtlich relevante Definition von „Kriegsverbrechen“ gibt es meines Wissen nicht

          Ähm doch. Das Völkerrecht ist soweit ich weiß schon uralt. (Krimkrieg oder wann hat man damit „offiziell“ angefangen?) Die Durchsetzung ist nur nicht ohne Krieg gegeben. Diplomatie und Friedensverträge gab es bereits vor Erfindung der Schrift, da brauchte man nur keine globalen Regeln, wenn sich zwei Stämme bekriegten, das haben die Häuptlinge noch ganz zivilisiert geregelt und die unterlegenen einfach versklavt oder abgemurkst.

          • cimourdain 18. Mai 2020, 19:54

            1. Genfer Abkommen 1864, Haager Landkriegsordnung 1899.
            [Historische Kuriosität: (meines Wissens nach) 1. Ächtung von Kriegswaffeneinsatz (Armbrust) gegen Christen im 12. Jahrhundert. ]

            • Ariane 19. Mai 2020, 05:34

              Danke. Deutsches Rotes Kreuz und Florence Nightingale fielen auch ungefähr in die Zeit meinte ich. Da mussten Medizin und andere Wissenschaften hastig der modernen Kriegskunst hinterher.

              Ächtung von Armbrüsten gegen Christen im 12. Jahrhundert.
              Das waren bestimmt die maurischen Araber in Spanien?
              Oder irgendwelche Tataren im Osten, aber die hatten das selber gut drauf mit den Fernwaffen^^

              • cimourdain 19. Mai 2020, 08:19

                Sorry, das habe ich missverständlich dargestellt: Am 2. Laterankonzil wurde erlassen, dass die Armbrust nicht im Krieg von Christen untereinander eingesetzt werden sollte [aber gegen Heiden und ‚Sarazenen‘ weiterhin erlaubt blieb]

                • Stefan Sasse 19. Mai 2020, 09:03

                  Hat sich eh keine Sau dran gehalten ^^

                  • Ariane 19. Mai 2020, 12:01

                    Also wenn man soweit zurückgeht, klappts aktuell echt super mit Völkerrecht und Rüstungskontrolle^^

          • Erwin Gabriel 24. Mai 2020, 00:50

            @ Ariane 18. Mai 2020, 17:49

            [Eine völkerrechtlich relevante Definition von „Kriegsverbrechen“ gibt es meines Wissen nicht.]

            Ähm doch.

            Wikipedia sagt:
            Der Begriff „Kriegsverbrechen“ wird im allgemeinen Sprachgebrauch wie auch in (älteren) völkerrechtlichen Abkommen uneinheitlich und teils widersprüchlich gebraucht. In manchen Fällen sind sehr allgemein jegliche im Zuge eines Krieges auftretenden strafbaren Handlungen gemeint. Gelegentlich wird „Kriegsverbrechen“ auch als Sammelbegriff für Völkerrechtsverbrechen im Allgemeinen verwendet.

            Unter dem Eindruck der deutschen Vernichtungskriege in Europa während des Zweiten Weltkrieges und den staatlich organisierten Großverbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus wurde mit dem Londoner Statut erstmals ein völkerrechtlicher Vertrag geschaffen, welcher bisher teilweise ungeschriebene Strafnormen des Völkerrechts kodifizierte und die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Einzelpersonen unmittelbar nach Völkerrecht festschrieb.

            • Ariane 24. Mai 2020, 06:22

              Verzeihung? Was genau soll mir jetzt ein kommentarloser Auszug aus Wikipedia genau sagen?

              Fehlt da nicht irgendwie eine Frage oder ein Kommentar deinerseits? Dieses Problem habe ich nach „Ähm doch“ genauer behandelt. Wo kein Kläger, da kein Richter und in internationalen Beziehungen heißt das meistens Krieg, bevor man Kläger/Richter sein kann. Das Problem haben wir gerade ständig mit Russland und hatten wir zb auch mit Ruanda.

              Vielleicht meintest du auch was anderes, was ich durch dieses kontextlose Zitat leider nicht wissen kann. Sehr höflich finde ich das übrigens nicht, ich bin nicht unfähig, Google zu bedienen oder bei Nichtwissen genauer nachzufragen.

            • Stefan Sasse 24. Mai 2020, 11:15

              Der IStGH operiert glaube ich auch mit ziemlich belastbaren Definitionen.

              • Ariane 24. Mai 2020, 19:55

                Stimmt, an die hatte ich gar nicht als erstes gedacht.

                Ich meine in der UNO (vermutlich im Sicherheitsrat) gibt es immer das Problem, dass es sozusagen eine „Pflicht“ gibt, einzugreifen, wenn ein Völkermord droht und man deswegen über aktuelle und ja auch vergangene Völkermorde immer in Streit gerät.

                • Stefan Sasse 24. Mai 2020, 20:06

                  Überhaupt nicht. Der Sicherheitsrat kann Eingreifen nur sanktionieren. Eine Pflicht gibt es für Akteure im Völkerrecht nicht. Wie auch?

                  • Ariane 24. Mai 2020, 20:48

                    Ähm, gute Frage^^

                    Weiß ich nicht genau, ich meine es gab häufiger Streit um den Begriff, aber das kann auch in anderem Kontext gewesen sein. Das Problem ist ja generell die Durchsetzung, wie zb in Ruanda.

                    • Stefan Sasse 24. Mai 2020, 20:51

                      Niemand kann eine UNO-Mitglied zwingen, sein Militär in andere Länder zu schicken.

        • Stefan Sasse 18. Mai 2020, 18:03

          Ja, so ungefähr sehe ich das auch .

      • Floor Acita 19. Mai 2020, 09:29

        Meinst Du nicht eher „Reichsbürger“? Ich bin jetzt auch nicht allzusehr mit Antideutschen vertraut, aber sind die nicht normalerweise sogar (extrem) pro-Israel, pro-Amerika (gehen mit entsprechenden Flaggen demonstrieren) und eben anti-Deutsch – würden also der Rechtfertigung deutscher Verbrechen niemals zustimmen?

        • Stefan Sasse 19. Mai 2020, 10:11

          Antideutsche feiern Harris, weil er mehr Deutsche im Kampf gegen Nazis getötet hat. Ganz merkwürdiger Haufen.

          • derwaechter 19. Mai 2020, 10:32

            Eben, warum sollen die denn dann deutsche Kriegsverbrecher verteidigen und Amerikaner als Kriegsverbrecher verteidigen?

            „In der Uni zeigte sich mir das ganz deutlich, als ich einen Vortrag über einen Kriegsverbrecher der Nazis einen Vortrag hielt und darstellte wie er gleichzeitig seine Beteiligung am Völkermord als notwendig darstellte und meinte die Amerikaner mit ihren Bombardierungen der deutschen Städte die wahren Kriegsverbrecher sein und das direkt starke Zustimmungen unter Linken auslöste, die direkt und pauschal dieser Aussage zustimmten.“

            • derwaechter 19. Mai 2020, 10:33

              „Amerikaner als Kriegsverbrecher verteidigen“
              verurteilen sollte da natürlich stehen

  • FS 18. Mai 2020, 11:30

    ad 4)
    Ich habe hier und auch in dem vorigen Artikel dazu den Eindruck, dass hier die – möglicherweise weit verbreitete – Vorstellung vorherrscht, Preisstabilität sei das einzige (bzw. je nach Sicht das einzig legitime oder das einzig rechtlich vorgegebene) Ziel der EZB. Das ist einfach falsch. Nach Art.127 AEUV und Art. 2 der ESZB-und-EZB-Satzung ist Preisstabilität das vorrangige Ziel des ESZB, unter der Maßgabe der Einhaltung der Preisstabilität unterstützt das ESZB aber die allgemeine Wirtschaftspolitik der EU nach Art. 3 des EUV (früher Art.2) (und da steht eine ganze Menge drin, aber nichts über gebeutelte Sparer). Insofern finde ich es auch immer etwas irritierend, wenn der EZB vorgeworfen wird, statt Währungspolitik Wirtschaftspolitik zu betreiben, das macht m. E. schon analytisch kaum einen Sinn, weil die beiden Sachen nicht zu trennen sind, aber es ist halt auch einfach ihr Auftrag. Und wenn man sich anschaut, wie sehr die EZB ihr Primärziel in den letzten Jahren (über)erfüllt hat (Inflationszahlen von denen die Bundesbank in ihrer Geschichte nur träumen konnte), sehe ich nicht, warum sie sich unter dieser Maßgabe nicht den anderen Zielen der allgemeinen Wirtschaftspolitik der EU zuwenden können sollte.

    • Stefan Sasse 18. Mai 2020, 13:34

      Da schau mal, das wusste ich nicht mal. Danke!

    • Ariane 18. Mai 2020, 14:42

      Danke! Ich glaube, das ist auch ein europäisches oder sogar deutsches Phänomen, in den USA mit der FED ist es ja gang und gäbe, dass man damit auch das Wirtschaftswachstum fördern möchte, ich meine die kaufen schon länger alles mögliche auf. Schweiz und Japan und die Bank of England glaube ich auch, weil die zwischendurch auch alle Deflation und verrückte Währungsschwankungen durch die Weltlage hatten.

      Diese Inflationsangst ist auch eher ein deutsches Trauma, viele andere scheinen mir eher bei Deflation in Panik zu verfallen (Japan).

  • sol1 18. Mai 2020, 11:52

    „Denn wenn Afroamerikaner mit automatischen Waffen ein Staaten-Kapitol besetzen würden…“

    Als 1967 einige Black Panther vor dem kalifornischen Capitol mit Waffen posierten, wurde das Recht zum Waffentragen in Blitzgeschwindigkeit eingeschränkt:

    /// Both Republicans and Democrats in California supported increased gun control. Governor Ronald Reagan, who was coincidentally present on the capitol lawn when the protesters arrived, later commented that he saw „no reason why on the street today a citizen should be carrying loaded weapons“ and that guns were a „ridiculous way to solve problems that have to be solved among people of good will.“ In a later press conference, Reagan added that the Mulford Act „would work no hardship on the honest citizen.“ ///

    https://en.wikipedia.org/wiki/Mulford_Act

    • Stefan Sasse 18. Mai 2020, 13:35

      Exakt.

    • Erwin Gabriel 18. Mai 2020, 17:45

      @ sol1 18. Mai 2020, 11:52

      Ronald Reagan als Waffenkontrolleur – schau an, schau an, was es alles schon mal gegeben hat :-).

      War mir neu, danke für die Info.

  • Ariane 18. Mai 2020, 15:08

    2)die haarsträubende Begründung, man habe die scharfe Sprache gegen den EUGH halt gebraucht, um „ultra vires“ sagen zu können, auch wenn es der konkrete Gegenstand gar nicht hergegeben hätte.

    Ich denke, da hat sich jemand aus dem Club der liberalen Elite hinausbewegt und wollte nochmal seine Unzufriedenheit über die Weltlage auf hochdramatische Weise mitteilen. Dramaking quasi.
    Das Urteil ist ja eine Sache, aber die Begründungen von Voßkuhle und seinem Kollegen sind ja – ich weiß gar nicht – also sorry hohes Gericht, aber das ist das Herumgemecker von alten Rentnern. Wir mussten hier einem anderen Gerichtsorgan die Zuständigkeit quasi für alles absprechen, sonst hören die ja nicht auf uns, weil die zu doof sind.
    Himmel Hilf, da ist aber ehrlich gesagt mehr als eine Sicherung rausgesprungen, in so einer Position sollte man schon seine Nerven zusammenhalten, das ist doch kein Spielturm, den man mal eben aus Frust umhauen kann. Ich halte das für recht gemeingefährlich und hoffe, dass der Nachfolger nicht auch so drauf ist, sondern vielleicht mehr von der zurückhaltenden Sorte, sonst können wir unsere Judikative nämlich abhaken.

    3&4) Ich hatte zwischendurch auch einen sehr kritischen Artikel in der FT gesehen, also das Ausland ist nicht sehr erfreut. Ist mir ja etwas peinlich, dass die diese Verrücktheiten und Streitereien der liberalen Elite so live miterleben, sonst denken sie ja oft, wir sind die Vernünftigen^^

    Ich hatte das mit den 2% auch angesprochen, bzw auch generell die Unabhängigkeit der EZB. Dass die unabhängig der Politik agieren soll, heißt ja nun nicht, dass das BverfG da mit mangelndem Sachverstand die Zügel an sich reißen soll.
    Kann mir aber nicht vorstellen, dass das bei der EZB viel Auswirkungen haben wird, die sind ja Kummer gewohnt, die delegieren den Kram woandershin und kaufen alles auf, was nicht niet- und nagelfest ist, haben jetzt ja das Pandemieprogramm, von daher war das Urteil ein bisschen obsolet.

    6) Ja, das ist irgendwie eine merkwürdige Melange, diesen Antiamerikanismus haben wir ja schon ewig. Aber die Filme und Serien und Bücher konsumieren dann meist ja doch alle – zurecht.
    Und Russland war halt früher und heute der Gegenpol, nur plötzlich eine rechtsautoritäre Sache. Ich krieg immer die Krise, wenn die Linken sich zu Russlandverteidigern aufschwingen. Das kann ich bei der FDP oder der AfD oder der Union schon noch eher verstehen. Die finden ja auch Ungarn oft ganz klasse.

    Die FDP und die Teile des linken Milieus finde ich da deutlich am skurrilsten. Scheint mir so eine ideologische Verwirrung zu sein. Obwohl das bei der FDP vielleicht zu rational ist, ich glaub nicht, dass die sich da soviele ideologische Gedanken zu machen, wirkt jedenfalls nicht so. Hab da diese Pazifismusanwandlungen schon seit Westerwelle nie so recht verstanden.

    8)Trump ist der wohl erste Präsident, der offen einen kalten Bürgerkrieg gegen die Bundesstaaten führt, in denen er wenig Wähler hat.

    Ehrlich gesagt kommt mir das häufig so vor ein kontrafaktisches, modernes Szenario des Bürgerkriegs. Damals hat ja auch hauptsächlich die demokratische Wahl von Lincoln ausgereicht und einen so großen Schock ausgelöst, dass man meinte, man müsste einen Krieg führen. Das hat ja nicht geklappt. Aber irgendwie scheint Obama einen ähnlichen Schock ausgelöst zu haben, nur hat man demokratisch „korrekt“ mit dem Kriegszustand gewartet, bis man ohne Gewalt an die Macht kam. Das ist ja eigentlich schon eine Putsch-Situation.
    Vielleicht solltest du überlegen, die Nachkriegszeit nach dem Bürgerkrieg näher zu beleuchten. Ich finde schon, dass es da merkwürdige Parallelen gibt.

    • Marc 18. Mai 2020, 16:41

      Und Russland war halt früher und heute der Gegenpol, nur plötzlich eine rechtsautoritäre Sache.

      Für mich als Putinversteher sind Länder, wie Saudi Arabien der Gegenpol. Aber dorthin liefern wir Waffen für den Jemen-Krieg und kaufen deren Öl. Warum machen wird das? Weshalb gibt es keine Sanktionen? Wieso sind das unsere Freunde?

      • Stefan Pietsch 18. Mai 2020, 17:07

        Was lässt Sie zu dem Schluss kommen, Saudi-Arabien zählte zu unseren Freunden? Wir kaufen auch russisches Gas, lassen sogar zu, dass russische Staatsunternehmen mit deutschen Traditionsclubs werben, ohne Russland als unseren Freund oder Partner zu bezeichnen.

        Meiner Erinnerung nach hat Russland Grenzen innerhalb Europas mit kriegerischen Mitteln verschoben, mit russischer Hilfe wurde eine Zivilmaschine vom Himmel geholt und Moskau verweigerte danach jede Kooperation bis hin zur Auslieferung der Verdächtigen an ein internationales Gericht, Russland greift seit Jahren die Souveränität eines UN-Mitglieds an und führt einen Krieg ohne Rücksicht auf zivile Opfer – im Gegenteil, oft sind diese offensichtlich Angriffsziele.

        Einen Freund und Partner der westlichen Wertegemeinschaft würde ich ganz gegenteilig beschreiben.

        • Marc 18. Mai 2020, 17:52

          Und wir lassen an unseren Grenzen Menschen absaufen und finden das gut. Putin macht das nicht.

          • Stefan Pietsch 18. Mai 2020, 18:05

            In der Ostsee sind Menschen ertrunken? Wann? Wer war dabei?

            Putin hat ein ganzes U-Boot absaufen lassen statt um internationale Hilfe zu bitten. Ansonsten wird es weiter unmöglich sein, jeden Menschen vor dem sicheren Ertrinken zu retten, der selbstmörderisch einen nicht seetüchtigen Kahn besteigt und hofft, damit 200 Seemeilen zu kommen. Das ist aber dann schon etwas anderes als jemanden in so ein Boot zu setzen und ihm seinem Schicksal zu überantworten.

            Wären Sie denn einverstanden, solche Kriminellen, die Menschen in seeuntüchtige Boote zwingen, abzuknallen? Ja oder Nein?

            • Marc 18. Mai 2020, 20:07

              Putin hat ein ganzes U-Boot absaufen lassen statt um internationale Hilfe zu bitten.

              Putin ist selbst hinunter getaucht und hat das U-Boot hoch geholt. Leider hatte er die Hände zu sehr eingeseift.

      • Ariane 18. Mai 2020, 17:27

        Für mich als Putinversteher sind Länder, wie Saudi Arabien der Gegenpol.

        Für mich als Frau ist das gehupft wie gesprungen, Länder in die ich mich nur verheiratet und mit drei muskelbepackten Wahlbrüdern als Bodyguards reintrauen würde, sind mir generell unsympathisch.

        Die Saudis sind ja auch vornehmlich Freunde der USA und reichen Männern generell (obwohl Fußballclubs ja alles egal ist, die nehmen jeden als Mäzen).

        Und generell sind die Saudis für Europa nicht von wirklichem Sicherheitsinteresse (bzw solange man das mit Terrorismusbekämpfung und Fluchtursachen eh nicht ernst nimmt), aber das Risiko ist gering, dass die Saudis morgen Malta oder Zypern annektieren. Mal abgesehen davon, dass Europa oder Deutschland außenpolitisch einfach ein Totalausfall sind. Da ist nur noch der Raubtierkapitalismus am Zug, in Eckernförde gibts eine große Waffenherstellungsfirma, ich weiß gar nicht, ob es die noch gibt, weil die auf die gute Idee gekommen sind, mit Waffenschmuggel an südamerikanische Paramilitärs Kohle zu scheffeln. Ist also ein Gemisch aus Sicherheitsinteresse und Lobbyinteressen.

        • Marc 18. Mai 2020, 17:51

          Und generell sind die Saudis für Europa nicht von wirklichem Sicherheitsinteresse (bzw solange man das mit Terrorismusbekämpfung und Fluchtursachen eh nicht ernst nimmt), aber das Risiko ist gering, dass die Saudis morgen Malta oder Zypern annektieren.

          Ja, und immer diese Putinisten, die sich in die Luft sprengen. Echt, wie können die nur.

          • Ariane 18. Mai 2020, 18:01

            Naja, ich meine die Tschetschenen sind Sunniten und damit vermutlich von den Saudis unterstützt, während die Putinisten einen unerklärten Bürgerkrieg gegen sie führen. Also die tun sich da echt nicht viel.

            Das Problem ist (außer dass Deutschland einfach gar nicht mitmacht) eher, dass man eine Gesamtstrategie bräuchte, um mit Diktatoren oder Möchtegerndiktatoren umzugehen, egal ob wir von China, Russland oder den Saudis reden. Wenn man da wie jetzt immer in Freunde/Feinde unterteilen steigt meines Erachtens nur die Gefahr, dass immer mehr Teile der Welt mit hereingezogen werden.

            Syrien ist so dermaßen hinüber, wenn da gar keiner mit eingestiegen wäre, wäre es besser gelaufen. Aber da ist mittlerweile jeder Winzstaat der Welt mitbeteiligt.

      • Stefan Sasse 18. Mai 2020, 18:02

        Weil die nicht versuchen, die NATO zu spalten und Land ihrer osteuropäischen Nachbarn zu annektieren, for one.

      • CitizenK 18. Mai 2020, 19:15

        Was genau verstehst du an Putin?

        • Marc 18. Mai 2020, 19:54

          Dass er die Interessen seines Landes vertritt und durchsetzt.

          • Ariane 19. Mai 2020, 05:39

            Aber den Widerspruch, dass du das für Europa nicht unbedingt gutheißt, bemerkst du schon?

            Was nicht heißt, dass man Panzer an die Saudis und Menschen ertrinken lassen sollte. Aber wenn Europa selbst seine Außen- und Sicherheitsinteressen überhaupt mal irgendwie wahrnehmen würde, wäre das in deinen Augen genauso gerechtfertigt?

            • Marc 19. Mai 2020, 07:28

              Ihr faselt davon, dass wir eine Wertegemeinschaft von Gutmenschen sind mit einer menschenfreundlichen Merkel und dem pösen Putin als Endgegner.

              Ich halte Merkel nicht für besser als Putin, briden sind Menschen vollkommen egal, beide führen Kriege oder unterstützen sie und sie vertreten die Interessen ihrer Oligarchen. Darin liegt kein Widerspruch.

              • Stefan Sasse 19. Mai 2020, 09:03

                Sorry, da verlierst du mich. Merkel ist nicht besser als Putin? Putin vergiftet Regimegegner und lässt missliebige Journalisten umbringen. Demonstrationen in seinem Land werden zusammengeprügelt. Er bestiehlt das Land um hunderte von MILLIARDEN.

                • Marc 19. Mai 2020, 09:58

                  Ich behaupte, dass Merkel zu alldem fähig ist. Wer bewusst Menschen ersaufen lässt, schafft diese Kleinigkeiten auch.

                  • Stefan Pietsch 19. Mai 2020, 10:14

                    Nun, immerhin lässt sich sagen, dass Sie zu jeder Unsinnsbehauptung ohne Begründung fähig sind.

                    Da wäre noch zu erwähnen, dass Merkel durchsetzte, dass Deutschland zwischen 2015 und 2016 rund 1,5 Millionen Flüchtlinge aufnahm. Lassen Sie mich nachschauen. Nach Russland sind 2015 rund 125.000 Menschen eingewandert, allerdings vor allem aus den ehemaligen Satrapen in Zentralasien. Für Westeuropäer scheint Russland nicht so anziehend zu sein. Wahrscheinlich, weil es nicht Teil der westlichen Wertegemeinschaft ist?

                  • Stefan Sasse 19. Mai 2020, 10:14

                    Nun, diese Behauptung entbehrt leider jeglicher Grundlage.

              • CitizenK 19. Mai 2020, 09:19

                Merkel lässt auch nicht Krankenhäuser bombardieren wie Putin in Syrien.

                • Marc 19. Mai 2020, 09:55
                  • CitizenK 19. Mai 2020, 10:50

                    „Kollateralschäden“ in Kauf zu nehmen ist schlimm genug. Es ist trotzdem ein Unterschied, ob durch Fehler ob mit Absicht.

                    @ Marc
                    Persönliche Anmerkung: Mein Zweifel an Deinem Urteilsvermögen ist durch diese Gleichsetzungen so gestiegen, dass ich anfange, auch Positionen zu überdenken, bei denen wir übereinstimmen.

                    • Marc 19. Mai 2020, 13:55

                      Schön, dass du immer weißt, wer was aus Fehler macht oder doch mit Absicht. Ich verfüge nicht über diese Urteilskraft. Glückwunsch!

                  • Ariane 19. Mai 2020, 12:03

                    Find ich auch, das sind jetzt merkwürdige Gleichsetzungen. Da fehlt mir auch so ein bisschen die Differenzierung von Unwillen und Inkompetenz und bewusstem Imperialismus. Den kann man Merkel bzw der EU nun nicht nachsagen.

              • Stefan Pietsch 19. Mai 2020, 09:40

                Es ist das Gleiche, ob ein Land Überflugrechte für Militärmaschinen genehmigt als wenn die eigene Luftwaffe Krankenhäuser und andere zivile Einrichtungen bombardiert? Really?

                Es ist das Gleiche, wenn ein Kriegsherr bewusst und offenbar gezielt mit der Bombardierung von Wohneinrichtungen Flüchtlingsströme produziert wie derjenige, der nicht alle diese Flüchtlinge aufnehmen mag?

                Es ist das Gleiche, konventionelle Waffen an Diktatoren zu liefern wie den Einsatz von chemischen Kampfstoffen zu decken?

                Leider sind Sie kein Stück auf die schließlich von Ihnen geforderte Erwiderung eingegangen. Sie behaupten, Saudi-Arabien wäre eine befreundete Nation, weil wir deren Öl kaufen würden. Dann wäre allerdings Russland auch unser Freund. Die Kriterien für die Sanktionen sind klar geregelt, es liegt an Putin, sie enden zu lassen. Doch lieber lässt er seine Bevölkerung darben als an der Aufklärung von Verbrechen mitzuwirken und Truppen zurückzuziehen.

                Die Seeleute der Kursk sind deswegen ertrunken, weil Putin zu stolz war, internationale Hilfe anzufordern. Wikipedia schreibt dazu:

                Russische Rettungsmannschaften versuchten unter anderem mit Rettungs-U-Booten der Pris-Klasse vergeblich, eine Rettung durchzuführen. Die angebotene internationale Hilfe unter anderem von Großbritannien, Norwegen und den USA, und selbst Vorbereitungen dazu waren zuvor von russischer Seite abgelehnt worden, so dass deren unter Umständen rechtzeitiges Eintreffen verzögert wurde. Die Medien und die Angehörigen der Besatzung wurden über den Zustand des Bootes und den Verlauf der Rettungsarbeiten nur schleppend und widersprüchlich informiert. Als norwegische Taucher über eine Woche später mit der Tauchplattform „Regalia“ zum Wrack hinabtauchten, konnten sie keine Überlebenden mehr finden. Mittlerweile waren auch die letzten der 118 Mann Besatzung ums Leben gekommen.

                Kein demokratischer westlicher Führer hätte so einen Skandal politisch überlebt. Keiner. Das ist die westliche Wertegemeinschaft, über die Sie sich noch lustig machen, weil Sie offensichtlich nicht dazugehören. Wir dulden Sie nur.

                Worüber sollen wir also diskutieren? Sie stehen vor einem Krater und sehen nur eine ebene Fläche, da hilft auch keine Brille mehr. Sie können eine Oper von Verdi nicht von einem Ramstein-Konzert unterscheiden, ist ja alles Lärm.

                Und zu der nicht von Ihnen direkt beantworteten Frage: natürlich sollen wir die kriminellen Schlepper, die Menschen in seeuntüchtige Boote zwingen, am besten erschießen. Habe ich Sie da richtig interpretiert?

                • Stefan Sasse 19. Mai 2020, 10:12

                  Völlige Zustimmung.

                • Marc 19. Mai 2020, 14:24

                  Kein demokratischer westlicher Führer hätte so einen Skandal politisch überlebt. Keiner.

                  Derzeit ersaufen tausende Menschen an Europas Grenzen.

                  https://de.statista.com/statistik/daten/studie/892249/umfrage/im-mittelmeer-ertrunkenen-fluechtlinge/

                  Alle, ich wiederhole, alle westlichen Führer haben das überlebt. Ich kotze auf diese Wertegemeinschaft!

                  • Stefan Pietsch 19. Mai 2020, 15:01

                    Die Menschen steigen in Boote, die keine 2 Seemeilen durchhalten. Niemand kann eine Garantie dafür geben, dass in solchen Fällen Menschen nicht ums Leben kommen.

                    Es ist aber etwas völlig anderes, in staatlichem Auftrag in eine Röhre zu steigen und sich damit unter Wasser zu begeben. Wenn dann etwas schief geht und die Führung des Landes auch noch zwingend erforderliche Maßnahmen unterlässt, die Menschen zu retten, wo die Regierung jederzeit weiß, wo sich die Havarierten befinden, so ist das vorsätzlich unterlassene Hilfeleistung.

                    Gut, jetzt wissen wir immerhin, warum Sie definitiv nicht zu der Wertegemeinschaft gehören. Ich denke, die Wertegemeinschaft kann das verschmerzen.

                    • Stefan Sasse 19. Mai 2020, 17:14

                      Nana, geh nicht zu weit. Bleiben wir einfach mal einig dass Putin nicht zur Wertegemeinschaft gehört. Ich sehe nicht, wo Marc ihn VERTEIDIGT, er stellt unsere Regierung ihm gleich. Das halte ich auch für Blödsinn, aber lass uns das bitte auseinanderhalten.

                    • Stefan Pietsch 19. Mai 2020, 17:29

                      Es gehört nicht zu unseren Werten, demokratisch organisierte Rechtstaaten mit Autokratien und Diktaturen gleichzustellen. Letzteres fasst jeder Demokrat nur mit spitzen Fingern an.

                      Jeder, der das tut, mit dem teilen wir wohl nicht gemeinsame Werte.

                    • Marc 20. Mai 2020, 12:31

                      Wenn wir Saudi Arabien wie Russland behandeln, bin ich wieder in der Wertegemeinschaft dabei. Ansonsten bleibt mein Austritt in Kraft.

                    • Stefan Sasse 20. Mai 2020, 13:09

                      Da wäre ich auch dafür.

                  • CitizenK 19. Mai 2020, 15:55

                    Warum wollen diese Menschen – unter Lebensgefahr – ausgerechnet in westliche Länder und nicht nach Russland?

                    Auch von einem Aufnahmeangebot des großen Menschenfreundes Vladimir P. ist mir nichts bekannt. Noch nicht mal von einem Hilfsangebot an seinen temporären Freund in Ankara. Waffen liefern, das schon.

                    • Stefan Sasse 19. Mai 2020, 17:17

                      Erneut, bitte legt Marc nicht in den Mund, was er nicht gesagt hat. Er verteidigt nicht Putin, sondern nutzt ihn als Hebel um Merkel zu treffen. Stimme ich auch nicht zu, ist aber was anderes.

                    • Marc 20. Mai 2020, 12:29

                      @CitizenK

                      Russland hat über 1 Million Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen.
                      https://www.caritas-international.de/hilfeweltweit/europa/russland/ukrainische-fluechtlinge-in-russland

                      @Stefan

                      Ja, danke. Es geht mir aber nicht nur um Merkel, sondern auch um den westlichen Exzeptionalismus. Ich sehe keine qualitativen Unterschiede, die eine Gegnerschaft rechtfertigen, sondern nur graduelle, wobei wir in einigen Bereichen, wie eben bei Flüchtlingen, weit ins Hintertreffen geraten sind.

                    • Stefan Sasse 20. Mai 2020, 13:09

                      Ich sehe da sehr, sehr deutliche Unterschiede, sorry.

                  • Stefan Sasse 19. Mai 2020, 17:13

                    Das ist aber halt was anderes als Flüchtlinge mit laufenden Asylantrag auf den Bodensee zu fahren und da ins Wasser zu werfen, um mal im Bild zu bleiben. Und ich sag das als jemand, der die europäische Flüchtlingspolitik nicht eben geil findet.

                    • Ariane 19. Mai 2020, 21:40

                      Ja diese Gleichsetzung schmeckt mir auch nicht. Mein Problem ist eher, dass Merkel meistens rein die deutschen Interessen vertritt und alles, was außerhalb Deutschlands ist, gerne ignoriert. Vor allem, wenn etwas auch noch außerhalb der EU passiert und dann sehr einfach ignoriert werden kann.

                      Nur mit Gewalt wie Putin Russlands Interessen (die ja auch noch über seine Grenzen global hinausgehen) hat das nicht mehr unmittelbar zu tun. Da würde ich auch nochmal den Gegensatz Imperialismus/Interessensverteidigung aufmachen.

    • Stefan Sasse 18. Mai 2020, 18:00

      2) Ich würde das nicht ganz so krass sehen.
      8) Ja, der Putsch läuft aber schon länger.

      • Ariane 19. Mai 2020, 05:47

        8) Ja, ich finde wirklich, es ist sehr ähnlich zu Weimar. Ich mein, es ist ja kein richtiger Putsch. Sie sind ja durchaus durch eine Wahl an die Macht gekommen (diese Unregelmäßigkeiten gibt es ja auch schon länger, ohne dass gleich alles in Gefahr war, zb bei Bush).

        Insofern würde ich Trump durchaus ein demokratisches Mandat nachsagen. Hätte Hillary gewonnen, hätte auch niemand protestiert und ernsthaft die Wahl nicht anerkannt (bzw wenn vermutlich so wie bei Obama). Das ist ja mehr an die Macht kommen und verhindern, dass jemals wieder jemand anderes drankommt.

        Mal sehen, das ist schon brüchig. Passiert ja auch häufig (und könnte jetzt auch sein), dass es sich wieder in die andere Richtung neigt, wenn die Republicans es zu sehr übertreiben oder Trump sich mit seiner Selbstmedikation ins Grab bringt. Und die Mehrheit der Amerikaner halte ich für zu sehr an Demokratie und Meinungsfreiheit gewöhnt, als dass sie Aktionen wie die Absage der Wahl oder so einfach hinnehmen würden.
        Und die Democrats und liberalen Medien müssen echt mal mit den Samthandschuhen und Ablenkungen aufhören, das halte ich für nicht gut.

        • Stefan Sasse 19. Mai 2020, 07:04

          Trump hat bereits vor der Wahl angekündigt, einen Sieg Hillarys (von dem er wie die meisten Beobachter ausging) nicht anerkennen zu wollen.

          • Ariane 19. Mai 2020, 12:05

            Ja, aber ich weiß bzw glaube nicht daran, dass er an dem Punkt damit durchgekommen wäre. Kann man natürlich nie wissen.

            Aber jetzt nach weiteren vier Jahren halte ich die Gefahr für extrem gestiegen, dass er wirklich mit einer halbwegs klaren Wahlniederlage und Nicht-Anerkennung eines Machtwechsels durchkommen würde.

            • Stefan Sasse 19. Mai 2020, 13:38

              Ich meine sie bereiten es bereits seit Monaten vor.

              • Ariane 19. Mai 2020, 21:42

                Klar. Aber ob das gelingt, wissen wir erst, wenn es soweit ist. Schlimm genug, dass es recht sicher ist, dass es zu diesem krassen Konflikt kommen wird. Bzw zu dieser völligen Eskalation.

    • Ralf 21. Mai 2020, 19:20

      diesen Antiamerikanismus haben wir ja schon ewig. […] Ich krieg immer die Krise, wenn die Linken sich zu Russlandverteidigern aufschwingen.

      Der Zeitpunkt, zu dem die Deutschen sehr amerikakritisch geworden sind, lässt sich eigentlich sehr gut eingrenzen. Das war George W. Bushs Verdienst mit seinem völkerrechtswidrigen Krieg im Irak. Donald Trump hat dann sein übriges getan, das ramponierte Ansehen der USA völlig in den Keller rauschen zu lassen. Wenn Du mal viele Freunde hattest und plötzlich hast Du keine mehr, dann ist das wahrscheinlich nicht nur die Schuld Deiner (ehemaligen) Freunde und es würde sich lohnen, Dein eigenes Verhalten zu überprüfen.

      Was die linken Russlandverteidiger angeht, da täuscht Dich meines Erachtens Dein Blick. Abgesehen von einigen wenigen radikalen Elementen, gibt es im linken Lager eigentlich nur sehr wenige Fans von Putin und seiner Diktatur. Putin wird nur nicht als größere Bedrohung für den Weltfrieden als Donald Trump betrachtet und das Regime in Moskau ist nicht unappetitlicher als unsere “Freunde und Partner” in Saudi Arabien oder Ägypten. Und ganz sicher ist Putin kein Schlächter wie seine Pendants in Syrien oder Nordkorea. Die russische Tyrannei ist auch qualitativ nicht schlechter als die chinesische Tyrannei und bei den Chinesen betteln wir schließlich auch um Freundschaft, weil wir Waren verkaufen wollen. Einen Staatschef nicht zu dämonisieren und seine Handlungen fair mit den Handlungen unserer Partner zu vergleichen, bedeutet nicht seine Verbrechen zu leugnen oder ihn heilig zu sprechen.

      • Stefan Sasse 21. Mai 2020, 20:51

        Das ist schlicht falsch. Der Antiamerikanismus der Deutschen lässt sich bis mindestens Weimar zurückverfolgen, eher länger. Der moderne, linke Antiamerikanismus existiert spätestens seit den Vietnam-Protesten. Ich habe das mal aufgeschrieben: http://geschichts-blog.blogspot.com/2012/11/der-ursprung-des-anti-amerikanismus.html

        • CitizenK 21. Mai 2020, 21:17

          Das geht noch viel weiter zurück – auf die Kontroverse Kultur vs. Zivilisation. Nachzulesen bei Thomas Mann (der sich später korrigierte) oder bei H. A. Winkler („Der lange Weg nach Westen“).

          • Stefan Sasse 21. Mai 2020, 22:26

            Ich sag ja bewusst „mindestens“. Der Antiamerikanismus hat viele Variationen und Entwicklungsstufen, aber ihn auf Dubbya begrenzen zu wollen ist schlicht Unfug.

          • Ariane 21. Mai 2020, 23:06

            Ist das nicht vielleicht auch ein bisschen vom Konflikt zwischen den Briten, Franzosen und Amerikanern beeinflusst? Davon war Deutschland ja auch nie völlig unberührt, auch wenn „Deutschland“ da noch gar nicht fest existiert hat.

        • Ralf 21. Mai 2020, 21:30

          Der Antiamerikanismus der Deutschen lässt sich bis mindestens Weimar zurückverfolgen, eher länger. Der moderne, linke Antiamerikanismus existiert spätestens seit den Vietnam-Protesten.

          Antiamerikanismus existiert nicht “seit“ Weimar, sondern die damalige Phase des Antiamerikanismus ist durch Jahrzehnte von Freundschaft und Partnerschaft mit den USA getrennt von der heutigen Phase des Antiamerikanismus, die mit George W. Bush begann. Dabei handelt es sich um völlig unterschiedliche Phänomene, getrieben von völlig unterschiedlichen Motiven/Ansichten/Ideen. Auch die 68er Generation hatte nach Vietnam ihren Frieden mit den USA gemacht. In bin in den 80ern Teenager gewesen. Amerika war damals das Vorbild für alle. Wir haben US-Popmusik gehört, haben T-Shirts mit US-Flaggen getragen und als ein Klassenkamerad von mir mit seinen Eltern Sommerurlaub in Miami machte, waren alle grün vor Neid. Bill Clinton wurde von den Deutschen abgöttisch geliebt. Ich kann mich noch an seinen Staatsbesuch erinnern und an die vielen jubelnden, winkenden Menschen. Hättest Du in den 80ern eine Zufallsperson auf der Straße gefragt, welches das tollste Land der Welt ist, hätte die Mehrheit “Amerika” geantwortet.

          All das endete mit George W. Bush. Ich erinnere mich noch lebhaft als ich 2004 im Kabarett bei Volker Pispers saß und der einen absolut üblen Spruch über die USA abließ. Daraufhin fing das Publikum an zu klatschen. Immer lauter. Immer länger. Dann standen die ersten auf und applaudierten. Nach einer Minute stand der gesamte Saal. Pispers konnte minutenlang nicht weiterreden. Ich erinnere mich noch, wie geschockt ich damals war. So etwas wäre noch fünf Jahre zuvor in Deutschland völlig undenkbar gewesen.

          Nach Bush kam dann Obama. Der war für ein paar Monate Hoffnungsträger. Dann kam die Abhöraffaire. Edward Snowden. Die Drohnenmorde. Und schließlich Donald Trump.

          Dort findest Du die Ursache für den heutigen Antiamerikanismus. Nicht in Weimar oder Vietnam.

          • Ariane 21. Mai 2020, 23:11

            Ich bin auch der Meinung, dass es insgesamt eher ein jahrhundertealtes Phänomen mit Aufs und Abs war. Die USA haben ja vorher auch Verbündete und Feinde in Europa wild hin und hergewechselt. Die hätten im Bürgerkrieg fast einen Krieg mit den Briten angefangen.

            Vielleicht müssen wir es eher umgedreht sehen. Dass die Phase der 20er und der Nachkriegszeit mit der engen amerikanischen Partnerschaft eher die Ausnahme war? Und ein unterschwelliger Antiamerikanismus eher die Regel? Und je nachdem, was gerade passiert und wer gerade Präsident ist, ist er mal extremer und mal nicht?

            Mal abgesehen davon, dass unsere Kultur massivst von Amerika (von der ganzen amerikanischen Gesellschaft) beeinflusst ist. Ich weiß vermutlich mehr über die USA als über Deutschland, weil ich soviele amerikanische Bücher, Filme, Serien und Spiele kenne. Vielleicht hat der Sassestefan nochmal den Link zu seinem damaligen Artikel?

            Ich denke, das ist ein Widerspruch, wir beziehen die gesellschaftliche Entwicklung hauptsächlich aus den USA, haben zum Staat/Regierung aber ein paradoxes Verhältnis.

            Das natürlich total getrübt ist, wenn man einerseits die ganze Popkultur der Staaten kennt und andererseits vielleicht nur die deutsche Berichterstattung über die USA verfolgt.

            • Ralf 22. Mai 2020, 00:28

              Vielleicht müssen wir es eher umgedreht sehen. Dass die Phase der 20er und der Nachkriegszeit mit der engen amerikanischen Partnerschaft eher die Ausnahme war? Und ein unterschwelliger Antiamerikanismus eher die Regel?

              Nein, es gibt aus meiner Sicht keinen sachlichen Anlass das umgedreht zu sehen. Von Kontinuität bei einer Stimmungslage zu sprechen, macht nur dann Sinn, wenn die zugrundeliegenden Triebkräfte die gleichen sind. Ansonsten hat man es mit einem neuen Prozess zu tun, selbst dann wenn das Ergebnis im Endeffekt dasselbe ist. So ist das gestörte Verhältnis der Engländer zum Rest von Europa nicht eine Spätfolge der Eroberung Britanniens durch das Römische Reich im Jahre 55 v. Chr., sondern eine Folge aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen. Ähnlich verhält es sich mit der gegenwärtigen Amerikaskepsis der Deutschen. Die ist vollends abgekoppelt von dem, was vor hundert Jahren in der Weimarer Republik geschah. Es lässt sich nicht sinnhaft begründen, dass die Phase der deutsch-amerikanischen Freundschaft, die jahrzehntelang andauerte, lediglich einen stetig weiter schwelenden Konflikt übertünchte. Schließlich herrschte in den 80er Jahren über alle Generationen hinweg – Großeltern, Eltern und Kinder – ein extrem positives Amerikabild vor. Jede Kontinuität mit Einstellungen aus den Jahren zuvor war somit gebrochen. Besonders absurd wird die Argumentation dann aber, wenn sogar der temporäre Antiamerikanismus der 68er Generation zur Zeit des Vietnamkrieges in die Tradition des Antiamerikanismus der Weimarer Republik gestellt wird. Die langhaarigen Pazifisten und Hippies sahen sich wohl kaum als die natürlichen Nachfolger der vornationalsozialistischen Spießbürger.

              Für die Deutsch-Amerikanische Freundschaft gab es klare Gründe. Die Amerikaner integrierten Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg in die westliche Wertegemeinschaft, setzten sich nicht selten für deutsche Interessen ein und boten Schutz vor der Sowjetunion (Marshallplan, Rosinenbomber, „Ich bin ein Berliner“, „Tear down this wall“, Wiedervereinigung). In Deutschland veränderte sich die gesellschaftliche Stimmung und Kultur dramatisch. Ein Land, in dem die konservativen Alten in den Fünfzigern selbst einen Musterschwiegersohn wie Peter Kraus als Teufel betrachteten, rockte bald darauf zu den Rolling Stones. Mitte der Achtziger war Deutschland völlig amerikanisiert und westlich geprägt. Nichts war mehr übrig vom Lebensgefühl der Weimarer Republik.

              Und genauso wie es konkrete Gründe für die langjährige Partnerschaft zwischen Deutschland und den USA gibt, so gibt es konkrete Gründe für das Abkühlen der Beziehung in den beginnenden 2000er Jahren. Und diese Gründe sind keine Reaktivierung der Stimmung in der Weimarer Republik, sondern eine direkte Reaktion auf die amerikanischen Kriegsverbrechen und einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg unter George W. Bush. Nach einem kurzen Anfangshoch setzte sich der negative Trend unter Obama fort. Dabei waren es die Amerikaner, die uns respektlos zum Feind erklärten, denn einen Freund spioniert man nicht gesetzeswidrig aus. Die Drohnenmorde in Afghanistan taten ihr übriges, das Bild der Vereinigten Staaten zu demolieren. Und auch der Umgang mit Edward Snowden schockierte die deutsche Bevölkerung. Seit Donald Trump haben wir dann auch noch den Rückzug aus dem Paris Agreement, die America First-Doktrin, die Torpedierung europäischer Interessen und so weiter und so weiter. Nichts von alledem hat irgendetwas mit Weimar zu tun.

              • Ariane 22. Mai 2020, 01:13

                Danke erstmal. Im Großen und Ganzen gebe ich dir recht, würde aber etwas ergänzen:

                Ein Land, in dem die konservativen Alten in den Fünfzigern selbst einen Musterschwiegersohn wie Peter Kraus als Teufel betrachteten, rockte bald darauf zu den Rolling Stones. Mitte der Achtziger war Deutschland völlig amerikanisiert und westlich geprägt.

                Wir müssen auch bedenken, dass nur Westdeutschland diese Phase der Amerikanisierung erlebt hat. UK würde ich da vielleicht auch noch mit reinnehmen, die hatten in der Popkultur auch viel Einfluss.

                Aber die deutsche Wiedervereinigung und der Zerfall der Sowjetunion hat das verändert. Wir in Deutschland haben jetzt ca 16 Millionen neue Staatsbürger und auch die osteuropäischen Länder haben Zugang zur amerikanischen Kultur.

                Und die haben alle 40 Jahre oder mehr Antiamerikanismus übelster Sorte gehört. Und ich glaube, das macht was aus. Während wir im Westen kosmopolitischer geprägt sind. (siehe meinen Artikel mit meinen Lieblingsserien). Das haben die nicht erlebt, die müssen sozusagen von vorne anfangen.

                Vielleicht kommt dieses Durcheinander auch daher. Wir haben über eine Generation lang völlig andere Erfahrungswelten gehabt und jetzt wo die Grenze gefallen ist, haben wir Gesellschaften, die auf völlig unterschiedlichen Basis-Punkten stehen.

  • Erwin Gabriel 18. Mai 2020, 17:48

    @ Ariane 18. Mai 2020, 17:27

    Für mich als Frau ist das gehupft wie gesprungen …

    Für mich als Frauenversteher auch. Würde ich meine Frau und meine Töchter nicht alleine hinlassen, und ich selbst fahre nicht.

    • Ariane 18. Mai 2020, 18:05

      Ja, in Indien wären vermutlich sogar der Mann und die drei Bodyguards mit in Gefahr. Also wenn man wie ich eher ein bisschen auf eigene Faust mit dem Auto herumfährt, wäre männliche Begleitung eh nicht schlecht und einige Länder fallen da leider komplett raus. Immerhin hab ich noch nicht soviel von ganz Europa gesehen. Und Saudi-Arabien ist glaub ich eh nur was für Millionäre, nach allem was ich so gehört hab.

  • cimourdain 18. Mai 2020, 19:45

    6) und 10) Wie zum Beweis meiner Beschwerde in deiner Umfrage kommen hier zwei Tweets daher, die vor allem eine Freund-Feind Front aufbauen – zum einen Antiamerikaner gegen Transatlantiker, wobei du gleich ganze Parteien da einordnest – zum anderen Nazis und Reichsbürger gegen die ehrlich besorgten Bürger. Beides könnten spannende und interessante Diskussionen liefern, aber in dieser Art der Einführung sieht man sich sofort gezwungen, Partei für eine Seite zu ergreifen.

    Allerdings habe ich noch einen Nachtrag zu 10) Die ‚die Regierung tut zu wenig‘ Sicht wurde hier von Anfang an konsequent und kompetent von Ralf vertreten.

    • Ariane 19. Mai 2020, 05:52

      Zustimmung. Es kommt auch mehr auf die Argumente an, als auf die eigentliche These. Obwohl eben das Problem ist, dass viele Medien (und deswegen finde ich die Tweets nicht schlecht) die eben auch nicht bringen.

      Ich meine wo sind denn die ehrlich besorgten Bürger in den Medien? Das sind Hygienedemonstranten und das Ifo-Institut mit komischen Warnungen und Talkshow-Berichterstatter.
      Ernsthaft besorgte Bürger, von denen die Medien berichten, bei denen ich mich nicht frage, was das jetzt wieder für Quatsch ist, sind sehr selten.

      Wir wirken hier ja auch schon wie eine Gegenöffentlichkeit. Als passionierte Newsjunkies ist das ja mal sehr frustrierend. Macht hier ja auch Spaß, aber außer in der Zeit oder hier durch Stefans Tipps oder beim Jonas Schaible find ich echt wenig Artikel, die auch nur interessant sind und zum Nachdenken anregen.
      Da finde ich es auch ein bisschen wohlfeil, sich zu beschweren, wenn man sich zwischendurch lieber mit dem Schnitzelkrieg beschäftigt. Ist immerhin lustiger als den R-Berechnungen erstaunt zuzugucken. ^^

      • cimourdain 19. Mai 2020, 12:49

        Aus meiner Demo-Erfahrung weiß ich, dass je näher zum Podium, desto radikaler die Ansichten der Teilnehmer. Leider hat sich in den letzten Jahren eingebürgert, genau die radikalsten und schrillsten Teilnehmer zu präsentieren. Überleg mal, wie viele Protestbewegungen (HartzIV-Montagsdemos, neue Friedensbewegung, Globalisierungsgegner) so per ‚Kontaktschuld‘ in Verbindung mit Querfront, Antisemitismus oder Verschwörungstheorien gebracht wurden.

        Rückfrage: Was verstehst du unter ‚Schnitzelkrieg‘ ? Google gibt mir nur ein spießiges Steuerverfahren aus Sachsen vor 10 Jahren.

        • Ariane 19. Mai 2020, 21:50

          Ähm das war meine sehr verkürzte Fassung des liebsten Medien/Boulevardthemas dem Schnitzel. Ob es teurer oder günstiger werden soll, was die Ursachen für Preis sonstwas ist, ob die Grünen es verbieten wollen, ob das alles so gewollt ist, dass wir dafür rumänische Helfer herholen, die dann krank werden und ob kranke Rumänen in der Fleischverarbeitung erst das Schnitzel infizieren und dann wieder uns Verbraucher.

          Und ähm sowas. Ich gestehe, ich habe nicht sämtliche Feldschlachten genauestens verfolgt. Die Frage an sich „Was tun mit dem Schnitzel“ ist ja durchaus eine interessante.
          Aber wenn das medial so behandelt wird und man ähnliche Absurditäten auch im realen Leben findet, hat man auf eine ernsthafte Diskussion ja gar keine Lust mehr.

          Ähnliches was Autos und irgendein (imaginäres) Tempolimit angeht. Da hab ich zufällig neulich die Bundestagsdebatte verfolgt (die FDP und AfD hatten beide so ziemlich denselben Änderungsantrag nur rhetorisch leichte Unterschiede drin) und das hat selbst der Debatte im hohen Haus nicht gutgetan und gipfelte in einer AfD-Rede, die ziemlich offen Drohungen gegen Thunber, Rote und Grüne aussprach. Das im Reichstag zu sehen/hören war schon extrem erschreckend.

  • cimourdain 19. Mai 2020, 08:55

    1) Da spielt natürlich auch eine Rolle, dass das FBI nur bei einem Bundesverbrechen ermitteln darf. Praktischerweise ist die Falschaussage gegenüber Bundesbeamten ein solches.

    • Stefan Sasse 19. Mai 2020, 09:05

      Klar, aber das ließe sich ja ändern. Und in Deutschland ist es ja auch erlaubt, Bundesbeamte zu belügen. Das ist so ein obrigkeitsstaatlicher Restbestand…

      • cimourdain 19. Mai 2020, 10:01

        Das ist richtig, in der Rechtspflege haben wir ein völlig anderes Staatsverständnis. Bei uns ist z.B. im Strafrecht die Staatsanwaltschaft auch verpflichtet, auch entlastende Beweise zu berücksichtigen und zu präsentieren (nicht dass sie es immer täte). In den USA werden Staatsanwälte an der Zahl Ihrer erreichten Verurteilungen gemessen. Hart gesprochen ein Spiel Staat gegen Bürger.

  • cimourdain 19. Mai 2020, 09:30

    2) und 3) Es ist aus mehreren Gründen heraus problematisch, dass an Gerichtsentscheidungen in Kommentaren mit dem politischen Instrumentarium herangegangen wird. Sieht man hier:
    a) Konzentration auf die Person Voßkuhle. Die Entscheidung wurde mehrheitlich von dem zuständigen Expertengremium getroffen. [btw. was unterscheidet eigentlich die ganzen selbsternannten Verfassungsrechtsexperten von den selbsternannten Virologieexperten?]
    b) Verkennen, wie wichtig die örtliche und sachliche Zuständigkeit eines Gerichts oder Behörde ist. Diese festzustellen ist der allererste Schritt des juristischen Prüfungsschemas.
    c) Denken vom erwünschten Ergebnis her. Ein Richter soll sich nun mal durch seine Tatbestände durchrattern, ohne darauf zu achten, was am Ende am besten dabei herauskommt. Und wenn – wie hier – ein kritischer Widerspruch herauskommt, dann muss irgendwo etwas geändert werden –> Sache des Gesetzgebers.

    • CitizenK 19. Mai 2020, 09:55

      c) „Sache des Gesetzgebers“

      Sauber gedacht, juristisch wie demokratietheoretisch (Gewaltenteilung).

      Aber auch verantwortungsethisch? Wenn das Urteil tatsächlich die EU zum Einsturz bringt (und man das als Unglück ansieht)? Bis der „Gesetzgeber“ (in diesem Fall alle 27 Mitgliedsstaaten) reagieren kann, ist das Unglück schon geschehen. Spannende Frage.

      • cimourdain 19. Mai 2020, 12:54

        Sehr richtig, dass du gar nicht erst eine Änderung des GG in Betracht ziehst. Diese Lösung ist durch den Bezug auf Art. 20GG verbaut.

        Was die Verantwortungsethik angeht, so gibt es eigentlich einen schwachen Konsens, dass Berufsethik allgemeine Verantwortung schlägt (Beispiel eines Bauingenieurs, der ein Baufälligkeitsgutachten nicht zurückhält, obwohl dadurch Menschen obdachlos werden).

        • CitizenK 19. Mai 2020, 17:37

          „dass Berufsethik allgemeine Verantwortung schlägt“

          Interessanter Gedanke. Wichtig nicht nur für Richter, sondern auch für Priester, Lehrer, Anwälte, Ärzte, Therapeuten.

          Wo wurde der „schwache Konsens“ schon diskutiert?

          • cimourdain 19. Mai 2020, 18:56

            Tatsächlich weiss ich niemand, der das im allgemeinen wirklich philosophisch oder soziologisch durchdekliniert hat. Aber jede Berufsgruppe beruft sich drauf.

    • Stefan Sasse 19. Mai 2020, 10:12

      Ich konzentriere mich in der Gerichtsentscheidung dezidiert NICHT auf Voßkuhle; siehe auch mein Artikel, aus genau dem Grund. Ich kritisiere seine Person in dem Interview, das er gegeben hat, aber das muss ja wohl erlaubt sein.

      • Ariane 19. Mai 2020, 21:54

        Ich bin hauptsächlich die, bei der Voßkuhle schon etwas länger aufgrund von merkwürdigen Urteilsbegründungen unten durch ist. Obwohl ich bisher mit den eigentlichen Urteilen eher weniger Probleme hatte.

        Jetzt ist das irgendwie auf allen Ebenen absurd und verwirrend. Und vermutlich der Imageschaden größer als der formaljuristische.

  • Floor Acita 19. Mai 2020, 09:49

    6)
    „Die antiamerikanische Grundhaltung der deutschen Bevölkerung ist mir genauso unbegreiflich wie ihr russlandfreundliches Gegenstück.“

    Statt die Frage nur theoretisch zu stellen oder festzustellen es sei unbegreiflich, könnte man vielleicht tatsächlich ernsthaft diese Frage in den Mittelpunkt stellen, „weshalb“ ist die Reaktion / Gewichtung so unterschiedlich?!

    Meine Vermutung ist nämlich, dass ihr das zu negativ seht. Umgekehrt ist es doch nämlich ein ähnliches Phänomen. Die Kritik richtet sich hauptsächlich gegen Linke, nicht so sehr gegen AfD. Ich bediene mich mal einer Analogie zu einem Deiner letzten Artikel – in dem Du ebenfalls Kritik von Frauen, Feministen, Ausländern, Migranten, Linken, Muslima etc gegenüber der Kritik an MRA’s oder „alter, weisser Männer“ in den Mittelpunkt gestellt hast – die USA sind halt, insbesondere im Kontrast zu Russland / vor dem Hintergrund des kalten Krieges „ideologische Nachbarn“, that’s all. Die Amis werden kritisiert, gerade weil sie „die Guten“ sind, weil eine Grenzverletzung weit mehr schmerzt.

    „Der Russe“ ist sowieso schon der Feind, die Kritik bereits weit genug und prominent genug vertreten, da braucht es keine Bewegung mehr um das anzuerkennen. Ist ein bisschen so wie sexuelle Übergriffe oder hate crimes vs. „normaler“ Verbrechen, bspw. „gang violence“ oder Mord aus Habgier…

    • Stefan Sasse 19. Mai 2020, 10:14

      Das ist ein sehr guter Punkt. Aber: Ich denke ein mindestens ebenso wichtiger Punkt ist, dass RUSSLAND der ideologische Nachbar vieler dieser Leute ist. Im Kalten Krieg entstand das für die deutsche Linke, seit Putin für die deutsche Rechte. Da feiert die Hufeisentheorie fröhliche Urständ ^^

      • derwaechter 19. Mai 2020, 10:46

        „Die antiamerikanische Grundhaltung der deutschen Bevölkerung ist mir genauso unbegreiflich wie ihr russlandfreundliches Gegenstück.

        Gibt es wirklich eine russlandfreundliche Grundhaltung in der deutschen Bevölkerung?

      • Floor Acita 19. Mai 2020, 10:58

        Möglich. Nur einerseits sind die halt nicht an der Macht, nicht das establishment, nicht nahezu in der Mehrheit und andererseits wird es da halt spekulativ bzw tue ich mir mit Definitionen schwer.

        Putin und die Sowjetunion sind ja jetzt nicht ideologisch gleich, weshalb Du ja auch Linke, dann Rechte unterschiedlich / entsprechend zuordnest. Deshalb tue ich mir auch immer etwas schwer Putin als KGB Agent zu bezeichnen, das hat etwas von Mystik, finde ich. Und ich weiss nicht, ob progressive Forderungen mit dem Wunsch einhergehen im Russland Putins zu leben. Und wenn dieser Wunsch besteht, inwiefern sind das dann „Linke“?

        Ich habe ein ganz ähnliches Problem mit der Einordnung der ideologischen Lager in den USA. In Auseinandersetzungen der beiden Lager (vereinfacht) untereinander geht es oft um die Gewichtung / Wechselwirkung zwischen ökonomischen zu gesellschaftspolitischen Fragen. Die Kritik der Republikaner bezieht sich aber meist auf letztere, wohingegen ökonomisch kaum ein Unterschied gemacht wird – Obama is a socialist, Biden is a socialist etc. Warum ist aber dann das establishment nicht die „far left group“ bzw weiter links als deren innerparteilische Gegner..?

        • Stefan Sasse 19. Mai 2020, 11:35

          Ich bezeichne Putin auch nicht als KGB-Agent.

          Das Problem bei der Linken ist, dass sie das Feindbild USA seit dem Kalten Krieg nicht überarbeitet haben und deswegen instinktiv die Russlandfreundschaft wieder hernehmen. Und auf der Rechten war Russlandfreundschaft und Amerikafeindschaft auch schon immer ein Instinkt, der durch die SU eher zeitweise abgeschalten wurde, aber seither wieder fröhliche Urständ‘ feiert. Stichwort Mittelmacht Deutschland und so. Linke und Rechte sind aus völlig unterschiedlichen Gründen russlandfreundlich, aber am Ergebnis ändert das wenig.

          „Links“ und „rechts“ sind grundsätzlich beschissene Kategorien. Aber sie sind halt etabliert.

    • Ariane 19. Mai 2020, 12:18

      Guter Punkt. Obwohl ich wie Stefan auch das Gefühl habe, hier vermischen sich irgendwie sehr viele Ideologien. Die LINKE und auch Teile der SPD haben noch nicht gemerkt, dass Russland gar nicht mehr die linke Sowjetunion ist. Bei der AfD klingt es, als wenn sie so ein bisschen in die Bismarck/Weimar-Zeit zurückwollen und da war Deutschland meistens sehr viel näher an Russland. Sprich in die alte Mittelrolle zurück.

      Und ein gewisser Antiamerikanismus ist bei den allen zu finden, nur aus unterschiedlichen Ecken, das ist totale Konfusion.

      Und die FDP keine Ahnung, die sind russlandfreundliche Pazifisten oder so. Ich glaub die sind irgendwie total entkernt und so wirklich ne Idee oder gar Ideologie steckt da gar nicht hinter.

      Union und die Grünen sind mir da noch am traditionellsten mit Westbindung unterwegs.

      • Stefan Sasse 19. Mai 2020, 13:39

        Bei der FDP ist es neu, das ist Lindner. Vorher hatten die keine Russlandversteher. Ich glaube die machen das weil es gut ins restliche populistische Segment passt.

        • Ariane 19. Mai 2020, 13:54

          Das mit Russland auf jeden Fall, Westerwelle sah sich mehr in der Genscher-Rolle.

          Hab nochmal nachgesehen, die Idee mit den US-Atombomben hatte er auch und generell ne recht pazifistische Grundhaltung vielleicht mit der Lybiensache.
          https://de.wikipedia.org/wiki/Guido_Westerwelle#Atomwaffen_in_Deutschland

          Also ich will die beiden auf keinen Fall vergleichen, posthum muss man Westerwelle ja fast als letztes intellektuelles Schwergewicht der FDP bezeichnen. Da war ich ja auch kein Fan, aber da konnte man zumindest noch irgendwie kohärente Ideen entdecken.
          Aber könnte natürlich sein, dass Lindner da auch auf unnachahmliche Weise auf langfristigere Strukturen das Sahnehäubchen setzt.

          Schwer zu sagen, vermutlich kommt jetzt eh erstmal wieder eine ruhigere Phase, aber außerhalb der alten Garde muckt ja auch keiner mal auf.

          • CitizenK 19. Mai 2020, 15:43

            Ist das schon Pazifismus, wenn man keine US-Atombomben (Erstschlagsziel) hier haben will? Und die Enthaltung zu Libyen sollte D wohl aus dem abzusehenden Chaos heraushalten. Die Kritik daran kann ich nicht verstehen.

            • Stefan Pietsch 19. Mai 2020, 15:54

              Frankreich in unmittelbarer Nachbarschaft ist Atommacht. Die Abschreckung mit Atomwaffen gehört seit Gründung zur NATO-Doktrin. Einseitig den Abzug stationierter Waffen zu fordern, bringt für den Weltfrieden mit Sicherheit nichts, hilft aber bei der Zerstörung eines Bündnisses, in dem der wichtigste und mächtigste Partner ohnehin mit dem Rückzug liebäugelt.

              Die Geschichte zeigt: nur Länder, die unter dem Schutz einer Atommacht stehen, sind vor Angriffen auf ihre Souveränität wirklich und dauerhaft gefeit. Das ist der Grund, warum schlimme Diktaturen wie Nordkorea und der Iran sie besitzen oder danach streben.

              Ähnliche Argumentation zu Libyen: Solotänzer sind in Gemeinschaften eher hinderlich. Die Stärke und Überzeugungskraft resultiert aus dem gemeinsamen Vorgehen, nicht aus dem Handeln einzelner.

              • Stefan Sasse 19. Mai 2020, 17:16

                So sehr ich dir zustimme, so schwer tue ich mich damit, deine Position hier in Einklang mit deiner Position zur EU im Allgemeinen und dem BVerfG-Urteil im Speziellen zu bringen, wo Solotänze dich überhaupt nicht stören, sondern als tugendhaft gelten.

              • CitizenK 19. Mai 2020, 20:03

                Ja und nein. Nach dieser Logik hätte Schröder doch in den Irak-Krieg ziehen müssen. Etwas Falsches mitmachen nur wegen Bündnistreue? Jetzt lobe ich mal ’nen FDPler…..

                Das Fass mit der Abschreckung (Was, wenn sie versagt?) will ich hier und jetzt nicht aufmachen. Nachdem der INF-Vertrag Makulatur wurde, stehen wir möglicherweise an der Stelle wie in der Nachrüstungs-Debatte damals. Die Doomsday Clock wurde derweil wieder einige Minuten weiter gestellt.
                https://thebulletin.org/doomsday-clock/current-time/

                • Stefan Sasse 19. Mai 2020, 20:17

                  Nein, da missverstehst du was ich meine. Der Fehler von 2011 war, beides gleichzeitig zu wollen und am Ende nichts zu haben. Entweder lehnst du das ab, begründest das entsprechend und stehst dann entsprechend dazu (wie Schröder/Fischer). Oder du sagst halt „wir finden es gut“. Aber sagen „wir finden es grundsätzlich doof, aber macht mal gerne“ ist halt nix.

                  • Ariane 19. Mai 2020, 22:07

                    Seh ich ähnlich, Schröder/Fischer haben es entweder nicht gemacht (ohne diplomatische Verwerfungen) oder ihre Verpflichtungen erfüllt.

                    Und ja, die Libyensache war irgendwie das schlechteste aus allen Welten gleichzeitig. Gab meines Wissens auch bisher keinen Hintergrundbericht dazu, der das irgendwie erklärbarer machte.

                    • Stefan Sasse 20. Mai 2020, 05:44

                      Ich meine, es war auch kein außenpolitisches Desaster oder so, es war einfach nur unglücklich. Deutschland hatte ziemlich wenig Einfluss in beide Richtungen.

                    • Ariane 20. Mai 2020, 13:24

                      Ja meine Kritik geht auch eher dahin, dass man sich das nicht überlegt hat, was für Konsequenzen das nach sich zieht.

                      Die Abstimmung an sich war ziemlich egal. Er hätte auch mit Ja stimmen können. Dann hätte man sich nur die Verwerfungen gespart, dass man Marineschiffe aus den laufenden Operationen heraustrennen muss und neu wegen Überflugsrechten verhandeln muss.

                      Es war halt ein weiterer Beweis, dass Deutschland außenpolitisch unberechenbar ist. Und in der Außenpolitik ist das ziemlich schlimm.

                    • Stefan Sasse 20. Mai 2020, 18:17

                      Exakt.

                • Stefan Pietsch 20. Mai 2020, 10:10

                  Der Irakkrieg war nach allen internationalen Regeln nicht legitimiert. Nicht umsonst bemühten sich die USA derart, die legalistische Voraussetzungen zu schaffen. Der Irak hatte weder die USA noch ein anderes Land mit militärischen oder terroristischen Mitteln angegriffen, Terror gegen die eigene Bevölkerung oder gar ein Krieg gegen Zivilisten, wie wir das in Syrien beobachten müssen, gab es auch nicht. Folgedessen beteiligten sich mehrere NATO-Mitglieder nicht an dem Einsatz.

                  Aber das ist ein Extremfall. In Libyen ging es gar nicht um die Beteiligung an einem Einsatz, sondern die diplomatischen und völkerrechtlichen Voraussetzungen hierfür zu schaffen. Diese Solonummer hat niemanden etwas gebracht, außer, dass sich Westerwelle auf die Schultern schlagen konnte.

                  Verwerflicher ist das Abstimmungsverhalten des deutschen Vertreters bei der UN, Christoph Heusgen, wenn es um Resolutionen gegen Israel geht.

                  Noch zur Abschreckung: Es ist seit längerem amerikanische Politik, die Europäer sich selbst zu überlassen. Langsam sollte die EU daraus die entsprechenden Schlüsse ziehen. So findet vor der eigenen Haustür ein schlimmer Bürgerkrieg statt, alle möglichen Mächte mischen mit, nur die EU hat nichts zu vermelden, darf aber immer mehr Flüchtlinge aufnehmen oder muss sie an den Außengrenzen abweisen.

                  Währenddessen hat Putin den Nachbarstaat Ukraine destabilisiert und verstößt im Asowischen Meer gegen internationale Abkommen. Die treuesten EU- und NATO-Mitglieder im Baltikum fühlen sich ernsthaft bedroht. Zur Erkenntnis gehört: würde Putin ähnlich wie in der Ukraine in Litauen und Lettland Separatisten in Stellung bringen, hätte Europa dem nichts entgegenzusetzen.

                  • Stefan Sasse 20. Mai 2020, 13:08

                    Jepp.

                  • Ariane 20. Mai 2020, 13:31

                    Es ist seit längerem amerikanische Politik, die Europäer sich selbst zu überlassen. Langsam sollte die EU daraus die entsprechenden Schlüsse ziehen

                    Jep. Das ist meiner Meinung nach vor allem für Deutschland ein Problem, weil wir eigenständig ähm nicht soviel Plan davon haben.
                    Die anderen in der EU betreiben ihre eigene Außenpolitik, das hat viel mit den alten Kolonialmächten zu tun. Siehe GB und Frankreich, auch Italien. Die haben auch ganz andere Interessen als Deutschland. (siehe Mali)

                    Deutschland müsste dringend mal seine eigenen außen/sicherheitspolitischen Interessen überhaupt mal definieren. So machen wir mal hier mit und mal da, aber Russland wollen wir auch nicht verärgern und am liebsten wollen wir so tun, als wäre Deutschland ne einsame Insel.

                    Und Unberechenbarkeit und Orientierungslosigkeit in der Außenpolitik ist immer ganz schlecht. Die alten Verbündeten werden ständig vor den Kopf gestoßen und China und Russland freuen sich, weil sie Deutschland für beeinflussbar halten.

            • Stefan Sasse 19. Mai 2020, 17:15

              Ja, aber ich würde Pazifismus jetzt nicht pejorativ verwenden.

              Die Kritik an der deutschen Enthaltung ist die, dass die Regierung die Intervention grundsätzlich gut hieß und den Verbündeten Unterstützung zusagte, diese aber mit Blick auf den innenpolitischen Effekt im Sicherheitsrat verweigerte. Die Folge war, dass wir zwar immer noch an Libyen beteiligt waren, aber gleichzeitig sinnlos das Verhältnis zu den Verbündeten belastet und Russland, Libyen und China einen Propagandaerfolg gegeben hatten.

              • Ariane 19. Mai 2020, 22:03

                Ist das schon Pazifismus, wenn man keine US-Atombomben (Erstschlagsziel) hier haben will? Und die Enthaltung zu Libyen sollte D wohl aus dem abzusehenden Chaos heraushalten. Die Kritik daran kann ich nicht verstehen.

                Zur Konkretisierung: Die Atombomben meinte ich nicht, das halte ich nur für aussichtslos, wenn man nicht direkt einen ausgeklügelten alternativen Plan mitpräsentiert.

                Die Libyiensache finde ich einfach immer noch rätselhaft, fast lindnersche Ausmaße. Ich hab keine Ahnung, ob Westerwelle dachte, er könnte Deutschland einfach aus der Sache raushalten oder nur mal ein öffentliches Statement abgeben. Es hieß ja auch, er musste überredet werden, nicht mit Nein zu stimmen.

                Und er saß im Sicherheitsrat der UNO, da erwarte ich doch, dass a) nicht spontan abgestimmt wird, sondern man sich zumindest mit den Verbündeten abspricht und b. dass man vorher mal jemanden fragt, zb den Verteidigungsminister, was das denn für Konsequenzen hätte.

                Die folgende Verwirrung darum, dass deutsche Schiffe aus dem NATO-Mittelmeerverbund abgezogen werden mussten und man sich über Überflugsrechte stritt (und Deutschland mit Ramstein ist – meine ich – quasi DAS Drehkreuz, sprach auf jeden Fall dafür, dass man sich nicht zuviele Gedanken über die Konsequenzen des Nichthandelns gemacht hat.

                Meine Überlegung war nun eher, ob die FDP das schon länger als seit Lindner mit den Konsequenzen nicht so drauf hat oder sich doch irgendwie pazifistische Grundströmungen erkennen lassen. Dass ich bzw wir uns ernsthaft diese Frage stellen, spricht auf jeden Fall für unsere haltlose Politiknerdigkeit^^

  • derwaechter 19. Mai 2020, 10:15

    4)
    Die Kommentare die auf die nicht inflations- relatierten Effekte eingehen scheinen das nicht so dramatisch zu sehen, weil das reine Schauen auf die Inflationsrate eh schon lange und offiziell aufgegeben worden sei.

    Hier z.B. bei Bloomberg:

    „The ECB should be able to clear this bar pretty easily. It’s obvious to any casual observer of central-banking matters that policy makers weren’t fixated solely on inflation as they launched QE at the start of 2015. There are dozens of speeches and papers in which members of the ECB’s Governing Council and officials look at areas such as income, wealth distribution and financial stability. If these points need repeating for the sake of satisfying a court in Germany, so be it.“

    https://www.bloomberg.com/opinion/articles/2020-05-05/german-constitutional-court-issues-a-dangerous-verdict-for-ecb

  • CitizenK 19. Mai 2020, 15:49

    Es gibt Indizien. Im Falle Kundus gab es ein Fehlereingeständnis („hätte nie passieren dürfen“) und kein Motiv.
    Syrien: Hilfsorganisationen haben in mehreren Fällen die Koordinaten der Kliniken an die Assad-Truppen gemeldet, um sie zu schützen. Daraufhin wurden sie bombardiert.

  • CitizenK 19. Mai 2020, 20:09

    @Stefan Sasse

    Merkel mit Putin gleichzusetzen, ist nicht nur falsch, sondern gefährlich. Wenn das so wäre: Warum sollten wir unser System dann noch verteidigen?
    Unter denen, die es zerstören wollen, sind viele Putin-Versteher.

    • Stefan Sasse 19. Mai 2020, 20:18

      Nichtsdestotrotz sollten wir Raum für Zwischentöne lassen. Ich habe Marcs Haltung ja auch attackiert. Nur eben auf Basis dessen was er sagt, nicht auf Basis dessen, was sich leichter attackieren lässt.

      • Ariane 20. Mai 2020, 13:48

        Ja, ich denke man muss erstmal einen common ground finden. Wie zb „wir wollen nicht, dass irgendjemand stirbt“.

        Dann kann man meiner Meinung nach erst vernünftig darüber diskutieren, welche Unterschiede es zwischen Putin, Merkel und den Saudis gibt. Ich bin auch nicht so erfreut, wenn ich höre, ich wäre ein Saudi-Versteher. Nur heißt das ja im Umkehrschluss auch nicht, dass ich gleich sämtliche Beziehungen zu Saudi-Arabien abbrechen will und vielleicht noch Iranfreundin werde oder so^^

    • Marc 20. Mai 2020, 17:16

      Gefährlich sind für mich Ideologien, die Menschen objektivieren und ihnen die Würde absprechen. Genau das sehe ich aber im Umgang mit Putin oder anderen erfolgreich enthaupteten Ex-Staatsführer wie Saddam oder Gaddafi. Klar, das sind keine Unschuldslämmer, aber das sind Trump, Macron, Merkel und Co auch nicht. Sie alle haben Gemeinsamkeiten, dass sie über Staaten herrschen und in offenen und verdeckten Staatsaggressionen verstrickt sind. Und diese ist lang, bei allen Staaten. Weshalb soll es das Tabu geben, diesen Schattenbereich vergleichen zu dürfen? Wieso bin ich gefährlich? Ich selbst sehe mich als unangenehm an und werde das auch bleiben. Ich reibe tausendmal lieber in Merkels Politikwunden herum, als dass ich mich mit den Verfehlungen Putin auseinandersetze. Ich habe mit Putin nichts zu tun und ihn als Gefahr für uns hochzupuschen ist zu viel der Ehre für ihn. Merkels Politik betrifft mich immer direkt.
      Wir leben nicht in einem Hoolywood Film, in dem Gut gegen Böse kämpft. Wir sind nicht so gut, wie wir es gerne hätten, und die anderen sind nicht so böse, wie es propagiert wird.

      • CitizenK 20. Mai 2020, 17:35

        @ Marc

        Mit „gefährlich“ meinte ich nicht Putin (obwohl er das auch ist mit seiner Großmacht- und Rüstungspolitik), sondern: nicht zu sehen, dass Merkel KEIN vergleichbar autoritärer Machthaber mir Großmacht-Ambitionen ist. Hier werden Oppositionelle nicht eingesperrt oder auf offener Straße erschossen, Fernsehsendern nicht die Lizenzen entzogen, wenn sie zu regierungskritisch werden.

        Ich bin nicht naiv, habe die Geschichte er USA im Kopf von Mexiko über Kuba und Vietnam bis Mittelost. Auch die Kolonialgeschichte unserer Nachbarn (Indien, Indochina, Algerien).

        „Wertegemeinschaft“ sollte man nicht zu euphemistisch verwenden, aber auch nicht nur zynisch. Aber dass im Vergleich die Rechte des Individuums mehr zählen, der Rechtsstaat (bei allen Mängeln besser funktioniert), Kritik an der Regierung viel eher möglich ist usw.

        Und: Unser Staat stellt keine Gebietsansprüche an Nachbarn, führt keine unerklärten Kriege. Hält keine Militärparaden mit Raketenbatterien und Stechschritt-Kolonnen ab. Lässt Kindergartenkinder nicht in Spielzeugpanzern herumfahren. Verehrt nicht einen ehemaligen Machthaber, der für Millionen Tote verantwortlich ist, darunter viele seiner eigenen Anhänger.

        Diese Unterschiede nicht zu sehen, das finde ich gefährlich. Weil es dann keinen Grund mehr gibt, Tendenzen von Extremisten entgegenzutreten, die ihr Vorbild in Russland sehen und in diese Richtung (teilweise sogar mit Waffengewalt) agieren.

  • CitizenK 20. Mai 2020, 12:53

    Enthaltungen haben ein schlechtes Image: Entscheidungsschwäche, Lavieren. Ich sehe Enthaltungen grundsätzlich nicht so negativ. Zu sagen „Ich mache nicht mit, weil ich es für falsch halte, will euch aber nicht im Wege stehen“ ist für mich in manchen Fällen durchaus akzeptabel.

    Die UNO ist eine Organisation, in der ein Staat wie Saudi-Arabien den Vorsitz im Menschenrechtssausschuss innehaben kann. Mehr muss man dazu nicht sagen. Die Vollversammlung – das ist doch Theater. Die Saudis drücken Resolutionen durch gegen Israel, mit dem sie sonst ziemlich gut können – schon wegen Iran. Der wiederum ist den Deutschen (Wirtschaft! Export!) sehr wichtig, siehe Atomabkommen und Rettungsversuche. Obwohl dieser jenen Staat, dessen Sicherheit „deutsche Staatsräson“ sein soll, vernichten will und mittels Hilfstruppen im Libanon und Syrien existenziell bedroht. Der deutsche Vertreter stimmt mit gegen Israel. Heuchelei? Rückversicherung gegen Terrorakte? Ich weiß es nicht. Jedenfalls ein Schmierenstück.

    Zur Abschreckung: Wenn Putin die „Interessen seines Landes“ (Marc) gegenüber den Balten mit den gleichen Mitteln vertreten würde wie in der Ostukraine, hätte die EU dem mit oder ohne USA kaum etwas entgegenzusetzen. Trump und „Mourir pour Tallinn?“ – kaum vorstellbar.

    • Ariane 20. Mai 2020, 13:45

      Zu sagen „Ich mache nicht mit, weil ich es für falsch halte, will euch aber nicht im Wege stehen“ ist für mich in manchen Fällen durchaus akzeptabel.

      Ja, meine Kritik war auch eher, dass man da völlig naiv irgendwie rangegangen ist, ohne sich über die Konsequenzen Gedanken zu machen.

      Das war auch nur ein kurzes Zeitfenster, dass die UNO überhaupt mal gebräuchlich war. Das ist jetzt schon wieder zu. Die USA werden von einem Psychopathen regiert und Russland und China haben wenig Lust auf Kooperation. Und die anderen haben da eh wenig zu sagen.

      Schrieb ich oben ja auch. Deutschland hat – im Gegensatz zu den anderen – überhaupt keine Erfahrung darin, wie man außenpolitische Interessen definiert und anerkennt und durchsetzt, ohne einen Krieg anzuzetteln. Wir existieren als Land einfach noch nicht lange genug. Das sind nun mal eigentlich jahrhundertelange Entwicklungen und die hat Deutschland nicht. Und da wir bisher auch nur gut darin waren, die Welt in Schutt und Asche zu legen, weiß ich auch nicht, ob es so eine tolle Idee wäre, eine ganz eigene Außenpolitik zu finden.

      Muss ja auch nicht sein eigentlich. Wir sind die letzten 70 Jahre gut damit gefahren, uns anderen Bündnissen anzuschließen. Die EU, die NATO, Frankreich. Dummerweise sind die größeren Bündnisse mittlerweile ziemlich untauglich, weil die Welt sich verändert hat und die Bündnisse ebenfalls noch aus dem Kalten Krieg stammen.

      Ich für mich (als Bündnis-Befürworterin) würde ungerne aus der EU oder der NATO austreten oder die nicht mehr ernstnehmen. Ich würde dann lieber mit den alten Verbündeten weitermachen, vor allem mit Frankreich.
      Ich bin ein großer Befürworter der deutsch-französischen Achse und die Franzosen haben immerhin Erfahrung in der Außenpolitik und logischerweise dieselben EU-Interessen wie wir. Und einen Präsidenten, der mit uns zusammenarbeiten will. Hurra!

      Das wäre ja schon mal ein Anfang. Danach könnte man ja vielleicht mal überlegen, was die EU oder die Nato noch so für Interessen haben könnte. Wie eben das Baltikum schützen bzw beruhigen, weil die nach der Krimsache logischerweise in Panik verfallen sind.

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