Exit-Strategie wohin?

Die erste Woche des völligen Shutdowns von Wirtschaft und Gesellschaft ist vorbei. Das Land liegt in Agonie, die Wirtschaft weitgehend im komatösen Zustand. Während schon erste Politiker wie Wissenschaftler mahnen, eine Exit-Strategie zu entwickeln, errechnen Wirtschaftsforschungsinstitute Szenarien, wie hoch die eigentlichen Kosten dieses Massenexperiments zur Eindämmung einer Pandemie ausfallen könnten. Als der Bundesfinanzminister Anfang des Monats seinen Haushaltsentwurf vorlegte, erntete er ob der dort noch proklamierten Schwarzen Null nur noch ungläubiges Kopfschütteln. Auch die kurz danach publizierte Wachstumsprognose, die eine Schrumpfung der Wirtschaftsleistung um 5% voraussagte, mangelte es stark an Seriosität und hatte die Dramatik der Situation nicht aufgenommen. Das Problem der Politik liegt alldieweil darin, sich an eine Lage herantasten zu wollen, für die es keine Vorbilder gibt. Regierungsvertreter pendeln zwischen dem Verteilen von Beruhigungspillen und dem Vertrauen auf bewährte Instrumente der Krisenbewältigung. Die Führung des Landes unterschätzt damit die Schäden, die entstehen.

Es sollte eine Reminiszenz an das legendäre Versprechen während der Finanzkrise 2008 sein. Olaf Scholz und Peter Altmaier versprachen bei ihrer gemeinsamen Pressekonferenz, dass kein Arbeitsplatz durch das Coronavirus verloren gehen werde. Die Vorboten aus den USA strafen solche Erklärungen Lüge. So haben sich beim wichtigsten Handelspartner die Arbeitslosenmeldungen binnen einer Woche verzehnfacht, 3,3 Millionen Amerikaner stellten einen Erstantrag auf Arbeitslosengeld – Zahlen, wie es sie nie gegeben hat. Sicher, Deutschland ist anders. Der Arbeitsmarkt und das Wirtschaftsrecht kennen eine Reihe von Stabilisatoren. Hierzu gehören der weitreichende Kündigungsschutz wie das Kurzarbeitergeld, das in diesen Tagen in einem noch vor kurzem unvorstellbaren Maße greift. Doch solche Instrumente wirken nur kurzfristig dämpfend, da sie die Unterbeschäftigung auffangen. Fasst die Wirtschaft nicht innerhalb weniger Monate wieder Tritt, geht die Kurzarbeit in Arbeitslosigkeit über.

Viele Unternehmen mussten in den letzten Wochen eine Vollbremsung hinlegen. Ihre Umsätze und Absatzmärkte sind binnen Tagen weggebrochen, Lieferketten funktionieren nicht mehr. Gleichzeitig mussten die Belegschaften in den Büros ausgedünnt, in den Überstundenabbau und Zwangsurlaub geschickt werden. Arbeitsfähigkeit lässt sich vom Homeoffice weit schwerer herstellen als im Großraumbüro, das erfahren jetzt Beschäftigte, die vorher von den Möglichkeiten der Heimarbeit schwärmten. Doch die wichtigste Größe von Unternehmen ist der Umsatz, hierdurch entsteht die Liquidität, aus der alles bezahlt wird. Keine Maßnahme kann jedoch dauerhaft Umsatzverlust auffangen. Brechen die Verkaufszahlen ein, ist es nur eine Frage von wenigen Wochen, bis ein Unternehmen vor dem Bankrott steht, wenn das Eigenkapital schneller schmilzt als Schnee in der Sonne. Aktuelle Prognosen jedenfalls gehen davon aus, dass bis auf wenige Branchen die Unternehmen teils riesige Verluste am Jahresende ausweisen werden.

Die Eingriffe der Politik, so martialisch sie auch daher kommen mögen, wirken da in Teilen eher unbeholfen. Unternehmen mit frischer Liquidität zu versorgen ist das eine. Die Bedingungen der KfW für die Kreditvergabe wurden so weitgehend gelockert, dass die Hausbank oft nur noch mit 10% ins Ausfallrisiko gehen muss. Doch auch das ist in einer solch dramatischen Situation zu viel. Ein Mittelständler in einer Größenordnung von 20 bis 50 Millionen Euro Umsatz benötigt leicht einen zusätzlichen Liquiditätsbedarf von 2 -4 Millionen Euro. Das wären 200.000 bis 400.000 Euro zusätzliches Risiko für die Banken in ihren Büchern und das machen viele nicht.

Die Regeln der KfW haben es jedoch noch weiter in sich. Bisher verlangt der Staat eine Rückzahlung der gegebenen Kredite binnen 5 Jahren, doch das könnte noch zu einem erheblichen Problem werden, sowohl bei der Beantragung als auch bei der späteren Tilgung. Der Zuschnitt passt also nicht. Die Instrumente sind zu sehr auf kurze temporäre Korrekturen ausgelegt denn auf Konsolidierung in einer aufgeheizten Lage.

Strategien gegen die unternehmerische Überschuldung

Zwar stundet der Staat inzwischen umfangreich Steuer- und Sozialabgabenzahlungen, formloser Antrag genügt. Doch der Zahlungsaufschub währt bis spätestens zum Ende des Halbjahres, also in 3 Monaten. Dann kommt die Lawine entweder mit erdrückender Wucht auf die Unternehmen zu oder es muss um weiteren Aufschub ersucht werden. Das dahinterstehende Problem: Stundungen bauen wie Kredite nur Verbindlichkeiten auf, welche die Bonität weiter erodieren lassen und die Insolvenz befördern.

Es gibt zwei wirksame Strategien, eine solche Todesspirale aufzuhalten. Unternehmen müssen frisches Kapital bilden, doch dies gestaltet sich naturgemäß in Krisenzeiten schwierig. Im Gegenteil, bisherige Kapitalgeber versuchen aus ihren Anlagen zu flüchten und ihr Geld abzuziehen. Der Staat könnte dies auffangen, in dem er sich selbst beteiligt. Doch die Vorgaben hierfür sind rigoros. So bietet das Bundesland Hessen unter eng begrenzten Bedingungen stille Beteiligungen, wenn gleichzeitig private Geldgeber in mindestens selbiger Höhe einsteigen. Ein Kriterium, das in 2020 selten erfüllt werden kann. Zudem verlangt der Staat in solchen Fällen eine Rendite von 9%, die damit weit unter der durchschnittlichen Ertragskraft von Klein- und mittleren Unternehmen (KMUs) von gut 5% liegt. Derartige Bedingungen wirken eher krisenverschärfend denn beruhigend. Überhaupt zeigt die Finanzkrise, dass dem Staat die Anpassung an veränderte Bedingungen sehr schwer fällt. Bis heute hat es der Bund nicht vermocht, seine Beteiligung an der Commerzbank wieder zu veräußern.

Mit dem derzeitigen Instrumentenkasten wird es zu einem umfangreichen Sterben von Unternehmen kommen, dazu bedarf es keiner hellseherischen Fähigkeiten. Die Politik steckt in einem Entscheidungsdilemma, aus dem es keinen guten Ausweg gibt. Deswegen wirken die Maßnahmen auch so altbacken und wenig angepasst, weil sie den Rollback fürchtet. Je freigiebiger mit öffentlichen Mitteln umgegangen wird, desto mehr Mitnahmeeffekte und Verschwendung wird es geben. Das mag jetzt nebensächlich erscheinen, doch schon in 2021 wird Politikern ihre Inkompetenz vorgehalten werden, wenn die Vielzahl jener herangezogen wird, die zu Unrecht Fördermittel erhalten haben.

Stellen wir an dieser Stelle die zweite Strategie für einen Moment zurück. Das ifo-Institut geht für 2020 von einer Schrumpfung der Wirtschaft um bis zu 21% aus, ein auch heute noch unvorstellbar erscheinendes Szenario. Dennoch hält der Autor dieser Zeilen genau dies für sehr valide. Rund zwei Monate Produktionsausfall gerade in den besonders umsatzstarken Monaten der meisten Branchen kosten weit mehr als ein Sechstel des jährlichen Outputs. Die Automobilindustrie, das Rückgrat des produktiven Gewerbes, wird auch im Mai die Kapazitäten nicht wieder hochfahren, alle wichtigen Absatzmärkte leiden erheblich unter den Auswirkungen von Corona. Zudem werden so weitreichende Investitionsentscheidungen nur unter positiven Vorzeichen für Haushalte wie Unternehmen getroffen. Ein Hauptabnehmer der Produktionen sind die Mietwagengesellschaften. Doch Sixt & Co. machen ihr Geschäft zu einem hohen Anteil an Flughäfen. Wird nicht geflogen, braucht auch keiner Rent a Car. Die Zulieferindustrie trifft es in der Breite.

Die Sorge um den Arbeitsplatz schränkt die Investitionserwartungen am Bau erheblich ein. Hinzu kommen politische Entscheidungen, die Neubauten in manchen Gegenden nicht mehr rentabel erscheinen lassen. Doch neben dem industriellen Kern der deutschen Wirtschaft, Automotive, Pharmazie und industrielle Ausrüstungsgüter spielt die Bauwirtschaft eine Hauptrolle für das Bruttoinlandsprodukt (BIP). Und so geht es reihum: Das Modegeschäft verliert diesjährig die umsatzträchtigen Frühjahr- und Sommerkollektionen, die sie zwar auf Lager haben, aber nicht mehr rechtzeitig in den Verkauf bringen können. Insolvenzen drohen gerade hier in der Breite. Das Dienstleistungsgewerbe hängt in progressiver Weise an der Industrie und wird deswegen hart getroffen.

Deutschland wie Europa verfügen nicht über Leuchttürme der neuen Industrie, die auf Namen wie Google, Facebook, Microsoft oder Amazon hören. Statt die Gründer dieser Unternehmen zu verteufeln, hätten Politik und Gesellschaft die vergangenen zwanzig Jahre nutzen können, um solche Stabilisatoren auch in Europa zu entwickeln. Leider echauffiert man sich hierzulande und in Blogs lieber über die Milliarden eines Jeff Bezos und den angeblichen Egoismus dieser Reichen.

Prognosen

Über den weiteren Verlauf von Krise, öffentlichen Einschränkungen und Wirtschaftsentwicklung lassen sich nur Annahmen treffen, die kurzfristig anzupassen sind. Erste Erkenntnis, so Kanzleramtsminister Helge Braun am Wochenende: das öffentliche Leben bleibt mindestens bis Ende April im Koma. Die Planungen der nächsten Monate werden wesentlich davon bestimmt, ob eine schnelle Erholung zu erwarten ist. 2010, nach der tiefsten Rezession der Nachkriegsgeschichte, lief der Motor kurz nach der Finanzkrise wieder auf vollen Touren, die Auftragsbücher füllten sich so schnell, wie sie sich zuvor geleert hatten. Eine Prämie für Kleinwagen und eine ausgedehnte Kurzarbeitergeldregelung sorgten damals für den notwendigen Puffer, so zumindest die Legende. Dass der für die Exportindustrie so wichtige Markt für Ausrüstungsgüter in Ostasien schnell wieder Fahrt aufnahm, ist der andere Teil der Geschichte.

Es sind erhebliche Zweifel angebracht, ob dies auch 2021 so sein wird. Schon vor der Coronakrise zeigten sich deutliche Ermüdungserscheinungen in den Wachstumskurven. China ist inzwischen hoch verschuldet, weshalb das kommunistische Regime auf Konsolidierung setzt. Die meisten der in Deutschland produzierten Güter haben lange Investitionszeiträume, Sättigung führt zu Nachfragerückgang. Während die Finanzkrise die Weltregionen in unterschiedlicher Härte getroffen hat, erleben alle wesentlichen Länder durch das Coronavirus eine nationale Tragödie. Über Jahre wird man beschäftigt sein, mit den Folgen für Menschenleben, Gesellschaft und Wirtschaft fertigzuwerden. Wichtige Länder wie die USA, Deutschland oder Brasilien haben den Peak der Infektionen wie Erkrankungen noch nicht erreicht, sondern werden erst im zweiten Quartal voll getroffen. Zudem bleibt einstweilen hypothetisch, wie sich eine Lockerung der Beschränkungen auf die Infektionen und Gesundheitswesen auswirken würden. Die vorherrschende Theorie lautet „Tanz“ und geht von einem Wechsel zwischen stärkeren Restriktionen und deren Lockerung über Monate aus. Unter solchen Bedingungen erscheint eine schnelle Erholung illusorisch.

Die ersten Äußerungen von Wirtschaftstheoretikern, wie einer drohenden Depression zu begegnen sei, rangieren von interessant (Peter Bofinger, Michael Hüther: Negativ-Steuer) bis zu den Enttäuschungen, die der Makroökonom Flassbeck produziert. Enttäuschend deshalb, weil der emeritierte Hamburger Professor in seinem bekannten Fahrwasser bleibt. Der Vulgär-Keynesianer empfiehlt wenig überraschend eine erhebliche Stützung der Nachfrage durch großzügigere Transferzahlungen und die Begleitung durch die Notenbank. Flassbeck lässt in seinen Ansätzen nie erkennen, dass er mehr ist als ein Nationalökonom, der nur in den Landesgrenzen von Volkswirtschaften denken kann und Erfahrungswerte aufzunehmen bereit ist. Dass die ultra-lockere Geldpolitik eines Jahrzehnts die strukturellen Probleme darbender Volkswirtschaften der Eurozone nicht bekämpft, sondern nur Placebos zu hohen Preisen verteilt hat, findet keinen Eingang in die Theorien des Herausgebers von „Makroscop“. Allerdings: Erst müssen die ad hoc-Maßnahmen der Krisenbekämpfung wirken, bevor die zweite Phase der Konjunktursteuerung starten kann. Versagt die Politik hier – und die Zweifel hieran sind nicht zerstreut – wird der Wiederaufbau umso schwerer.

Die wichtigste Wahrheit sollte zu Beginn stehen: es werden nicht alle Unternehmen und Arbeitsplätze gerettet werden können. Und das ist auch richtig so. Wirtschaftskrisen sorgen immer auch für einen Reinigungsprozess, Übertreibungen werden ausradiert wie dies aktuell an den Börsen oder im überhitzten Markt des Weltfußballs geschieht. Das viele Geld, das der Staat in den Wirtschaftskreislauf schießt, wird möglicherweise dazu führen, dass Zombieunternehmen entstehen, also solche Betriebe, die mittelfristig keine echte Überlebenschance am Markt haben. Die Unterscheidung zu treffen, welches Unternehmen Stützung verdient, ist schon in normalen Zeiten schwer zu treffen. Unter solch chaotischen Bedingungen wie der Coronakrise ist eine verantwortungsvolle Wirtschafts- und Wachstumspolitik unmöglich.

Erfahrungsgemäß liegen der Politik die großen Konzerne näher als die Kleinunternehmen und Mittelständler. Fairerweise muss konstatiert werden, dass die gegenwärtigen Pakete versuchen, die Angebote nach Größenklassen zu strukturieren. Der Bund ist über die KfW wie direkte Beteiligungen durch das Bundeswirtschaftsministerium für große und mittelgroße Unternehmen bis runter auf 20 Millionen Euro Umsatz zuständig, die Länder richten ihre Angebote an Klein- und Kleinstunternehmen. Doch wenn sie nicht passgenau sind, nützen sie nur bedingt.

Damit sind wir zurück bei der zweiten Strategie. Darlehen und Stundungen helfen Unternehmen kurzfristig über Liquiditätsengpässe hinweg, belasten aber die Ausgaben sehr bald erheblich. Bisher besitzt der Staat keine Instrumente, auf Steuerzahlungen wie Sozialabgaben zu verzichten. Schlimmer: aus gut motivierten Gründen hat die Politik in den letzten Dekade die Auflagen für die Organe einer Kapitalgesellschaft verschärft und den rechtlichen Schutz des Managements durch den Mantel der Rechtspersönlichkeit der Aktiengesellschaft und GmbH beseitigt. Vorstände und Geschäftsführer haften persönlich, vulgo mit ihrem Privatvermögen, für die rechtzeitige und vollständige Entrichtung von Steuern und Sozialabgaben. Werden diese nicht bezahlt, steht der Zwangsvollstrecker nicht am Eingangsportal, sondern vor dem Privathaus. Naheliegender Weise werden die Geschäftsführer im Zweifel eher die Buchhaltung anweisen, die Steuerpflichten zu bedienen als die Ansprüche von Lieferanten zu befriedigen.

Die Ideen von Peter Bofinger und Michael Hüther für eine Negativ-Steuer für Unternehmen bieten da mehr Potential als die oben erwähnten Vorschläge von Flassbeck. Die beiden Ökonomen schlagen vor, rückwirkend für 2019 die Einkommensteuer für Gewerbebetriebe und Selbständige um 25% zu senken und einen Verlustrücktrag auf die vergangenen zwei Geschäftsjahre und in der Höhe unbegrenzt zu ermöglichen. Für die Körperschaftsteuer sollte ein Reduktionssatz von 40% auf die Vorauszahlungen gelten.
Der Staat wird sich also damit befassen müssen, wie er KMUs von den dramatisch steigenden Verpflichtungen durch Steuern und Sozialabgaben ein Stück entlastet. Parallel werden gegenwärtig Programme zur Kostenreduzierung erarbeitet. Es ist eine einfache Rechnung: je stärker die Ausgabenseite von Sachkosten wie Mieten, IT-Aufwendungen, Werbung und Vorleistungen entlastet werden kann, desto geringer können die Einschnitte beim Personal ausfallen. Der Staat könnte hier einen Beitrag leisten – durch Abgabenverzicht.

Die Politik fährt wie so oft in Krisen auf Sicht. Obwohl die geschnürten Pakete beispiellos gigantisch ausfallen, fehlt es an der problemorientierten Feinjustierung. Die Liquiditätsseite fest im Blick, wird die unternehmerische Substanz fahrlässig vernachlässigt, was das Insolvenzrisiko rasant ansteigen lässt. Deutschland steht vor einem Berg unbekannten Ausmaßes.

{ 109 comments… add one }
  • GerdHeiner 29. März 2020, 20:52

    Die Beantwortung der hier gestellten Fragen koennte eine baldige Lockerung der Restriktionen bewirken:

    https://www.youtube.com/watch?v=LsExPrHCHbw

    • CitizenK 29. März 2020, 22:37

      Wie passt das zu der Entwcklung in Italien, Frankreich, Spanien und USA?

      • GerdHeiner 30. März 2020, 00:49

        Die offiziellen Zahlen spiegeln nicht die Wirklichkeit wieder und die derzeitigen Tests sind nicht valide. Vermutlich haette die jetzige mediale Begleitmusik bei vorjaehrigen Grippewellen die gleiche Hysterie ausgeloest:

        https://www.youtube.com/watch?v=w-uub0urNfw

        Aktuell aus dem New England Medicine Journal:

        https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMe2002387

        On the basis of a case definition requiring a diagnosis of pneumonia, the currently reported case fatality rate is approximately 2%.4 In another article in the Journal, Guan et al.5 report mortality of 1.4% among 1099 patients with laboratory-confirmed Covid-19; these patients had a wide spectrum of disease severity. If one assumes that the number of asymptomatic or minimally symptomatic cases is several times as high as the number of reported cases, the case fatality rate may be considerably less than 1%. This suggests that the overall clinical consequences of Covid-19 may ultimately be more akin to those of a severe seasonal influenza (which has a case fatality rate of approximately 0.1%) or a pandemic influenza (similar to those in 1957 and 1968) rather than a disease similar to SARS or MERS, which have had case fatality rates of 9 to 10% and 36%, respectively.2

  • Stefan Sasse 29. März 2020, 23:11

    Cool, ich bin verantwortlich, dass der Staat keine Risikorücklagen für eine Pandemie gebildet hat? Danke für nichts. Da habe ich doch gleich richtig Lust den eigentlich interessanten Artikel zu durchdenken und zu diskutieren. Nicht.

    • Stefan Pietsch 30. März 2020, 01:09

      Worauf nimmst Du jetzt genau Bezug?

      Ich könnte gerade einen Artikel über das Sandmännchen schreiben und Du würdest darin einen persönlichen Angriff finden.

      • GerdHeiner 30. März 2020, 08:06

        D’accord!

      • Stefan Sasse 30. März 2020, 10:00

        „Leider echauffiert man sich hierzulande und in Blogs lieber über die Milliarden eines Jeff Bezos und den angeblichen Egoismus dieser Reichen.“

        • Stefan Pietsch 30. März 2020, 10:38

          Sehr pauschal, Stefan. Amazon und das Ersuchen um Spenden ist vergangene Woche ein Thema gewesen. Und genau so hast Du es ja schließlich geschrieben, was ist darin ein Angriff?

          • Stefan Sasse 30. März 2020, 10:51

            „Deutschland wie Europa verfügen nicht über Leuchttürme der neuen Industrie, die auf Namen wie Google, Facebook, Microsoft oder Amazon hören. Statt die Gründer dieser Unternehmen zu verteufeln, hätten Politik und Gesellschaft die vergangenen zwanzig Jahre nutzen können, um solche Stabilisatoren auch in Europa zu entwickeln. Leider echauffiert man sich hierzulande und in Blogs lieber über die Milliarden eines Jeff Bezos und den angeblichen Egoismus dieser Reichen.“

            Du sagst: wir haben die Stabilisatoren nicht, weil wir X tun. Und X ist, was ich getan habe.

            • Stefan Pietsch 30. März 2020, 10:57

              Nein. Ich meine schon, dass sich Europa darüber Gedanken machen muss, warum wir in der neuen technischen Welt so abgehängt sind. Offensichtlich bieten wir nicht die Bedingungen, die moderne Unternehmen entstehen lassen. Wir leben von jahrhundertealter Technik. Das ist ein Problem. Krisen decken die Schwächen eines Systems / Staates / Organisation schonungslos auf. Genau unter solchen Aspekten gilt es Krisen auch zu nutzen. Das fällt uns schwer. Italien hat es eine Dekade nicht vermocht, sich aus der selbst verschuldeten Falle, in der das Land nicht erst seit der Finanzkrise steckt, zu befreien. Politik und Gesellschaft sind unfähig, mutige, befreiende, große Schritte zur Verbesserung der Rahmenbedingungen zu unternehmen. Auch in Deutschland haben wir es uns ein ganzes Stück bequem gemacht.

              Zu dem, was Du als Angriff empfindest: sowohl Du als auch ich haben nur die Möglichkeit, Verhältnisse und Entwicklungen zu kommentieren, kritisch oder wohlwollend zu begleiten. Es ist zwangsläufig, dass die Schaffung neuer unternehmerischer Imperien einhergeht mit dem Entstehen großer Vermögen. Das bedingt einander. Du könntest auch sagen, Du willst kein Google und Amazon auf europäischen Boden. Das ist eine Position. Doch Du kritisierst lieber die Symptome.

              • Stefan Sasse 30. März 2020, 13:57

                Ich stimm dir doch völlig in der Sache zu. Ich bin der letzte der sagt, die Digitalisierungspolitik der vergangenen Jahre wäre gut gewesen.

                1) Nein, die Bildung mehrstelliger Milliardenvermögen ist keinesfalls eine zwingende Begleiterscheiung der Entstehung neuer Unternehmen.
                2) Warum leugnest du zwei Kommentare lang, dass du mich hier angreifen wolltest?
                3) Du hättest den Punkt problemlos ohne überzogene persönliche Attacken machen können. Wie du es jetzt in diesem Kommentar auch getan hast. Warum du in deinen Artikeln immer volle Abteilung Angriff fährst und dann in den Kommentaren sachlich und differenzierst bist ist mir unbegreiflich.

                • Stefan Pietsch 30. März 2020, 14:17

                  Das hat wenig bis nichts mit Digitalisierungspolitik zu tun.

                  1) Bisher hat jede technische Revolution einen neuen Geldadel hervorgebracht. Man kann das aufgrund des historischen Beweises als eine zwingende Bedingung ansehen.
                  2) Wollte ich nicht, weil das nicht mein Stil in Artikeln ist, einzelne „unter Feuer“ zu nehmen. Was sich übrigens schon durch meine Rangfolge erklärt: Gesellschaft und Blog.
                  3) Der Artikel war bewusst von mir sehr sachlich gehalten. Viel mehr geht nicht.

  • popper 30. März 2020, 09:29

    In einem Staat, in dem sich die Exekutive an die Spitze einer „Bewegung“ setzt und die Judikative weitgehend ausschaltet, ist kein Rechtsstaat mit intakter Gewaltenteilung mehr. Das lässt sich auch nicht mit „Corona-Krise“ wegerklären. Ich teile, mal von den üblichen unvermeidlichen, unsachlichen Seitenhieben abgesehen, in weiten Teilen Ihre Einschätzung, was den wirtschaftlichen Schaden betrifft, Herr Pietsch. Was mich aber wundert ist, dass Sie zu den massiven Rechtsverstößen auf Bundes- und Länderebene nichts zu sagen haben. Offensichtlich befürworten Sie den starken Staat, der mit inzwischen bekannten, zweifelhaften Daten und Zahlen sowie zweifelhafter wissenschaftlicher Expertise, Maßnahmen gegen jede Verhältnismäßigkeit durchzuexerzieren sucht, die grundrechtswidrigen Zwang auf die Bürger ausüben und diesen Staat in seinen Grundfesten erschüttern.

    • Stefan Pietsch 30. März 2020, 09:36

      Lieber Herr popper, erstmal danke für den Hinweis. Trotz Corona ist meine Zeit auch am Wochenende begrenzt, ich beschränke mich daher weitgehend auf Aktualität. „Exit-Strategie wohin? ist dahingehend ein Fortschreibung von „Whatever it Takes“. Dass ich derzeit nichts zu den rechtlichen Eingriffen schreibe, hat damit zu tun, dass es gegenwärtig kein Problem ist, das auf den Nägeln brennt. Es ist mir jedoch nicht egal. Aber es wird eine Weile dauern, bis ich darauf eingehe.

      Die Bundes- und Landesregierungen handeln aufgrund bestehender Gesetze, wobei der Rechtsrahmen weitmöglich gedehnt wird. Ich halte es in Grenzen für notwendig, hätte mir jedoch in Teilen ein anderes Vorgehen gewünscht. Ich respektiere, wenn dies anderen Sorgen bereitet.

      • Stefan Sasse 30. März 2020, 10:01

        Ja, so sehe ich das im Großen und Ganzen auch.

        • popper 30. März 2020, 11:02

          Lol…

      • popper 30. März 2020, 10:27

        Bundes- und Landesregierungen handeln aufgrund bestehender Gesetze, wobei der Rechtsrahmen weitmöglich gedehnt wird.

        Das ist so nicht ganz richtig. Es handelt sich weitgehend um Verordnungen, die sich angeblich aus dem IfSG ergeben. Ich finde die Aussage eines Verfassungsjuristen im Verfassungsblog zuteffend: „Das Feiern der quasi-freien Entscheidungsgewalt der Exekutive, nach dem Motto „endlich ohne Beschränkungen und viel Debatten durchregieren“, ist ebenso undemokratisch. Das Parlament funktioniert und spielt weiterhin eine wesentliche Rolle. Es darf sich nicht selbst verzwergen. Die CDU/CSU Fraktion hielt es nicht für nötig eine Fraktionssitzung – online oder offline – über das größte Hilfspaket der deutschen Geschichte abzuhalten; ein schlechtes Zeichen“ (s. https://verfassungsblog.de/bitte-keine-alternativlosigkeit/). Diese Art der Selbstermächtigung der Exekutive könnte verheerend für unser Land sein.

        • Stefan Pietsch 30. März 2020, 10:51

          Nochmal: ich bin in dieser Bewertung durchaus nahe bei Ihnen, nur halte ich den Zeitpunkt für falsch. In einem Monat sind wir ein ganzes Stück weiter. Ich maße mir jedoch nicht an, beurteilen zu können, was gesundheitspolitisch notwendig ist. Ich möchte nur definitiv keine Situation, wie wir sie gegenwärtig in Italien, Madrid und New York erleben. Ich habe dazu eine Verbundenheit zu diesen Ländern / Städten und es emotionalisiert mich.

          • popper 30. März 2020, 11:27

            Ihre Emotionalität teile ich, Herr Pietsch. Sie ist aber hinsichtlich der Gründe, einigen Besonderheiten in diesen Ländern geschuldet. In Italien,Spanien sterben jedes Jahr Menschen in einem Ausmaß, das im europäischen und weltweiten Vergleich außergewöhnlich ist und seit Jahren war. Das hat seine Gründe nicht in COVIT-19, sondern in seinen länderspezifischen, strukturellen Gegebenheiten (marodes, kaputtgespartes Gesundheits- und Krankenhaussystem, Krankenhauskeime in einem alle Vorstellungen sprengenden Ausmaßes, Antibiotika-Resistenz sowie Überalterung der Gesellschaften und eine Umweltverschmutzung im Bereich der Lombardei, die erhebliche Vorerkrankungen und Belastungen der Atemwege provoziert. Zu New York kann ich nur feststellen, dass nach den Fallzahlen des Hopkins Instituts haben wir in den USA 143.055 Testpositive (nicht Kranke)und New York City hat 776 Verstorbene bei über 8 Mio. Einwohner. Was ist daran dramatisch?

            • Ariane 30. März 2020, 11:55

              Könntest du wohl so freundlich sein und mir auch nochmal die besonderen Probleme für Wolfsburg schildern?

              Ein Ausbruch in einem Heim für Demenzkranke und das Wolfsburger Krankenhaus ist mittlerweile halb lahmgelegt und nimmt gar keine neuen Fälle (ob krank oder nicht) an.

              Ist da die Luftverschmutzung einfach so groß oder nur übertriebene Dramatik?

              • popper 30. März 2020, 14:02

                Was willst Du damit sagen, dass alle Heime und Krankenhäuser überlastet sind, nur, weil in Wolfsburg das so ist. Mein Gott, Ariane, halte dich doch an Fakten, die das Gesamtlage widerspiegeln und komm nicht mit einem Einzelfall, der vielleicht in der Presse hochgejazzt wird, wie die 1000 Toten an einem Tag in Italien, aber nichts beweist. Meine Frau ist in einem großen Krankenhaus in Karlsruhe beschäftigt. Da liegen momentan auf der Station vier Kranke mit starken Atemwegserkrankungen, die positiv getestet sind. Was beweist das jetzt. Ich sag es dir ganz klar: GAR NICHTS!

    • CitizenK 30. März 2020, 10:17

      „gegen jede Verhältnismäßigkeit“

      Hätten sie warten sollen, bis Zustände wie in I/F/ES die Maßnahmen verhältnismäßig erscheinen lassen?

      Ein unfrisierter Gedanke: Ich kann mir keine schlimmere Einschränkung der Freiheitsrechte vorstellen, als im Sauerstoffzelt zu liegen in der überforderten Klinik oder gar im Sarg oder dies bei nahestehende Menschen erleben zu müssen.

      • popper 30. März 2020, 10:47

        …keine schlimmere Einschränkung der Freiheitsrechte vorstellen, als im Sauerstoffzelt zu liegen in der überforderten Klinik oder gar im Sarg oder dies bei nahestehende Menschen erleben zu müssen.

        Mit solchen Horrorgeschichten, die keinerlei sachliche Grundlage besitzen, kann man alles rechtfertigen. Jeder sollte sich weigern, derart abwegige Beschreibung in die Welt zu setzen. Kein Szenario in der Welt rechtfertigt sowas. Wir haben bei bereits absinkenden Verläufen von Atemwegserkrankungen in Deutschland und Europa weltweit über 700.000 COVIT-19 Testpositive (nicht Erkrankte) und etwas über 30.000 Tode. Sonst haben wir jährlich weltweit Atemwegserkrankungen mit Corona und anderen Viren von mehreren Millionen und Tode in Millionenhöhe. 2017/18 hatten wir allein in Deutschland 25.100 Tode. Hat das solche Horrorgeschichten ausgelöst und warum nicht, wenn wir jetzt bei nicht einmal 100.000 Testpositive 500 Todesfälle haben, den nicht klar ist an was sie tatsächlich gestorben sind. Da reicht schon der gesunde Menschenverstand aus, um sich zu fragen, ob das verhältnismäßig ist.

        • Ariane 30. März 2020, 11:33

          Herrje, mit deinem gesunden Menschenverstand ist es aber nicht mehr weit her.
          Ich finde, wenn wir schon aus gesundheitlicher Notwendigkeit Grundrechte einschränken, könnten wir gleich Nägel mit Köpfen machen, denn die „ist doch nur wie Grippe“-Verharmlosung/Einstellung halte ich mittlerweile genauso gesundheitsgefährdend wie Coronaparties.
          Wir sollten froh und dankbar sein, dass Covid kein Grippevirus ist. Da ist die Risikogruppe nämlich bei kleinen Kindern UND alten Menschen gleichmäßig verteilt. Bevor du zuviel über Hysterie und Panikmache lästerst, solltest du überlegen, was DANN hier los wäre, da könntest du mit deiner Propaganda vermutlich von Glück sagen, wenn du nur unter Hausarrest und Zensur stehst und nicht schon die brennenden Fackeln vor deiner Tür aufleuchten.

          • Stefan Pietsch 30. März 2020, 12:13

            Ariane, bitte…

            • Ariane 30. März 2020, 12:53

              Tschuldigung.

              Aber trotzdem^^
              Irgendwie hat diese Pandemie auch immer soviel kosmisches Unglück im Gepäck. In einem norddeutschen bäuerlich geprägten Flächenland ist es eh schon nicht gut, wenn ein Krankenhaus in einer „Großstadt“ wie Wolfsburg ausfällt – erst recht nicht wenn plötzlich auch noch Schneeregen ist. Wir Norddeutschen sind nämlich nun wirklich überhaupt keine geübten Schneefahrer, da ist es schon gut, dass gerade sowenig Verkehr ist. Hab die Karre an einem kleinen Hang beim Abbiegen auch erstmal dreimal abgewürgt. Und sowas läuft ja unabhängig von Todesraten und Virusgeschehen. Nur klappt das da noch besser mit der föderalistischen Zusammenarbeit.

              • Stefan Pietsch 30. März 2020, 14:23

                Wo liegt Wolfsburg? Ist das die Stadt, die selbst die Bahn des Öfteren nicht findet?

                Aber ich sehe nicht Deinen Punkt und vielleicht habe ich nicht alles gelesen. Wolfsburg hat einen Aufnahmestopp verhängt, so viel weiß ich. Das kommt vor und verleiht nicht unbedingt ein Gefühl von Sicherheit. Ich bin völlig dafür, dass wir alles tun, Zustände wie in Italien zu verhindern. Zwar denke ich, nicht absolut die richtigen Mittel gewählt zu haben, aber nun sind wir in eine Richtung marschiert. Mitten in einer Krise die Strategie zu wechseln geht selten gut.

                • Ariane 30. März 2020, 16:43

                  LOL stimmt, Wolfsburg ist eigentlich so unbedeutend, dass da immer die Züge einfach durchfahren statt anzuhalten, kommt jedenfalls häufiger vor.

                  Aber hier in Norddeutschland – noch mehr vermutlich im Osten – ist das halt ein riesiges Problem. In Niedersachsen ist Wolfsburg eine Metropole genau wie Hannover. Mehr ist hier nicht.
                  Ich weiß nicht mal, ob das direkt zusammenhängt, aber in Wolfsburg haben sie einen großen Krankheitsausbruch in einem Pflegeheim und gleichzeitig wenige Fälle von erkranktem Personal im Krankenhaus.
                  Ergebnis: Das KH nimmt gar nix mehr an und versucht vermutlich jeden, der noch drin ist und nix mit Covid hat, panisch loszuwerden (weil hier nix so gut organisiert läuft wie in SH seufz). Außer Covid arbeiten sie gerade an einer Notlösung für die Notfall-Kinderstation.

                  Und genau das ist halt die Gefahr, ganz unabhängig von Fallzahlen und Todesfällen wegen Covid. Ich war noch nie selbst in Wolfsburg, aber es ist zu vermuten, dass da eines der besten Krankenhäuser Niedersachsens steht und schon ist jedes andere Gesundheitsproblem viel gefährlicher.
                  Gilt auch für kluge Landesregierungen und reibungslose Bundesland-Zusammenarbeit. Ich musste schon wieder lachen, weil ich im „Schneechaos aka 4 Flocken“ gedacht hab, dass denen hoffentlich wieder eingefallen ist, dass es klüger ist, wenn ich im Falle eines Unfalls, in Bremen behandelt werde statt in Verden oder gar Hannover. Sind halt die Kaskadeneffekte und nicht die Fallzahlen, die alles verkomplizieren und gefährlicher machen als das reine Covid-Problem.

                  Und bevor wir über Lockerungen der Maßnahmen auch nur nachdenken, müssen wir diese Kaskadeneffekte eindämmen. Es braucht nämlich auch Zeit zur Neuorganisation dafür und wir haben/hatten wir Gott sei Dank viel Vorsprung dafür. Wenn wie im Elsass plötzlich die Hütte brennt, kommt keiner mehr dazu, den Umbau durchzuführen. Also nein, die Politik soll bitte nix anderes tun als an der Umstrukturierung wegen Covid zu arbeiten und vorher nicht mal andenken, wann und wie man irgendwas lockert. Dafür ist genau der richtige Augenblick, WENN sich alle an den Ausnahmezustand gewöhnt haben und kein Chaos mehr herrscht, dann kann man gucken, was wieder aufgemacht wird.

              • Stefan Pietsch 30. März 2020, 14:28

                Ich bin ein ganzes Stück bei Herrn popper. Wir nehmen gegenwärtig ein bisher nie gekanntes Maß an Einschränkungen hin, nehmen enorme Schäden in Kauf. Das sollte erstens für etwas gut sein und zweitens lässt es sich nur begrenzt aufrechterhalten. Wenn gestern (Peter Altmaier) und heute (Markus Söder) führende Politiker davon sprechen, die Maßnahmen erst bei einem Absinken der Infektionen aufheben zu können, dann fehlt ihnen das Verständnis für die Grenzen der Politik. Irgendwann zwischen Ende April und Anfang Mai wird gelockert werden müssen. Gibt es bis dahin keine deutliche Trendumkehr, waren die bisherigen Maßnahmen katastrophal falsch.

                • popper 30. März 2020, 14:40

                  Es freut mich echt, Herr Pietsch, dass wir hier mal einer Meinung sind. Ich teile Ihre Auffassung hinsichtlich der Maßnahmen und ihrer Wirkungen, wenn nicht umgesteuert wird, voll und ganz. Die Politik ist völlig von der Rolle.

                • CitizenK 30. März 2020, 16:29

                  Jetzt würde ich aber doch gern wissen, welche Maßnahmen Ihrer oder poppers Meinung nach richtig (gewesen) wären. Den Zeitpunkt für die Strategie von Taiwan und Südkorea haben wir ja verpasst.

                  • Stefan Pietsch 30. März 2020, 17:05

                    Uns scheinen aus kulturellen Gründen die erfolgreichen Strategien dort nicht möglich gewesen zu sein, das ist richtig. Auch, wenn dies wahrscheinlich effektiver gewesen wäre als ein ganzes Land in Quarantäne zu schicken. Aber es ist wie bei den Sicherheitskontrollen am Flughafen: wir wissen zwar, dass ein 89jähriger an den Rollstuhl gefesselter kleiner Mann nicht als Terrorist taugt, aber wir behandeln ihn wie den netten Mitbürger mit Migrationshintergrund, der beim Besteigen der Maschine Koranverse zitiert. Bloß niemanden diskriminieren.

                    Wie geschrieben: Mitten in einer Krise wechselt man nicht die Strategie, das ist meist fatal.

                    • Ariane 30. März 2020, 17:13

                      Naja, der äußere Eindruck kann halt trügen. Dass es mir mal (versehentlich natürlich) gelungen ist, ein kleines Messer in ein Fußballstadion zu schmuggeln, ist der Beweis, dass ich überhaupt keine Ähnlichkeit mit Fußballhooligans habe 😉

                  • Ariane 30. März 2020, 17:09

                    Und wenn ich bedenke in welchen chaotischen Anarchozustand Niedersachsen beim Zusperren verfallen ist, sollten die nicht auch noch gleichzeitig nachdenken, was sie wieder aufmachen und das ähnlich chaotisch angehen.
                    Da brauchts dann echt keine Covid-Katastrophe mehr, sondern sie müssen zuerst die Klapsmühlen wieder in den Normalbetrieb bringen (und sich vermutlich selbst einliefern)^^

              • popper 30. März 2020, 14:34

                Übrigens:

                „So hat in der Zwischenzeit der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI) bestätigt, dass testpositive Verstorbene unabhängig von der wirklichen (und kausalen) Todesursache als „Corona-Todesfälle“ gezählt werden („Bei uns gilt als Corona-Todesfall jemand, bei dem eine Coronavirus-Infektion nachgewiesen wurde“). D.h. auch Menschen, die mit Corona (und nicht an Corona) verstorben sind, werden in der Statistik aufgeführt. Hiermit wird nicht nur gegen ein Grundgebot der Infektiologie verstoßen, sondern auch gegen datenethische Grundsätze. Die Daten aus Italien zeigen, dass über 99% der Verstorbenen eine oder mehrere chronische Vorerkrankungen aufwiesen. Daher sollten auch die italienischen Daten kritisch hinterfragt werden und die verfälschten Statistiken nicht als Blaupause für Maßnahmen Anwendung finden. (hier: https://www.risknet.de/themen/risknews/covid-19-und-der-blindflug/)

                Sollte man das nicht in seine Überlegungen einbeziehen oder machen wir weiter wie bisher und nötigen einer Gesellschaft Maßnahmen auf, die Daten verfälschen und damit mehr schaden als nützen.

                • Erwin Gabriel 2. April 2020, 13:02

                  @ popper 30. März 2020, 14:34

                  Zum Thema Daten:

                  Ich habe eine Erkältung, und seit ein paar Tagen einen leichten, trockenen Reizhusten. Also Anruf beim Arzt:
                  „Ja, das könnte Corona sein, aber auch nur eine normale Erkältung. Haben Sie Fieber?“

                  „Nein.“

                  „Hmm – bleiben Sie am besten 14 Tage daheim in Quaratäne, und melden Sie sich nochmal, falls Sie Fieber oder Atemnot bekommen. Sie werden nicht getestet, weil die Labore dafür keine Kapazitäten freihaben; wir testen im Moment nur Leute, die länger als 15 Minuten nachgewiesenen Kontakt mit einem Corona-Kranken hatten.“

                  So wird es zumindest schwer, ein genaues Bild zu zeichnen von dem, was in Deutschland vor sich geht.

                  • Ariane 2. April 2020, 13:47

                    Ja, das ist auch echt schwierig. Ich hab zwischendurch Stress-Symptome und bin nicht mal sicher, ob ich mich körperlich oder „nur“ stressbedingt krank fühle. Oder Covid hab, ohne es zu merken. Doof.

                    Immerhin: solange du und ich ohne ärztliche Hilfe zurechtkommen, ist es gehupft wie gesprungen, bleibt eh nur auskurieren und gesund/gesünder werden. Sollen ja eh alle möglichst isoliert zu Hause hocken und damit tut man ja gerade ein gutes Werk!

              • popper 30. März 2020, 14:58

                Auch darauf weisen Fachleute hin:

                Ein weiterer Aspekt sind die sicherlich gutgemeinten, aber teilweise sehr aggressiven Behandlungs­methoden, die bei Covid19-Erkrankten vermehrt zum Einsatz kommen. Hierzu zählt insbesondere die Verabreichung von Steroiden, Antibiotika und anti-viralen Medikamenten (oder eine Kombination davon). Bereits bei der Behandlung von SARS-1 Patienten zeigte sich, dass das Ergebnis mit einer solchen Behandlung oft schlechter und tödlicher war, als ohne eine solche Behandlung.

                • TBeermann 30. März 2020, 16:19

                  Und das könnte nicht zufällig daran liegen, dass vor allem die schwersten Fälle mit diesen Methoden behandelt wurden, um die es schlecht stand und deren Überlebenschancen gering waren, während stabile Personen, deren Überlebenschance gut war, nicht so behandelt wurden?

                  • Ariane 30. März 2020, 17:02

                    Das ist im Übrigen immer so. COPD (diese Lungenkrankheit) und Krebs etc. werden auch so behandelt.
                    Da gibt es auch keine direkte Heilung, sondern man kann nur alles mögliche in die Körper hineinpumpen, die ihm helfen, das von selbst in den Griff zu bekommen. Oder verhindern, dass den Kranken ein Schnupfen den Rest gibt.

                    Was mich positiv überrascht hat: Mittlerweile sind wir soweit, dass wir ja direkte Mittel gegen Virenerkrankungen wie zb Ebola oder AIDS vorzugehen. Ich vermute, deswegen gucken sie gerade an dieser Front besonders, was man da auch gegen Covid nutzen könnte (bitte die Ärzte! und nicht Trump). Viren sind nun mal nahezu unzerstörbare Biester.
                    Das beste Mittel ist sie durch Impfung auszurotten (böser Blick zur Masernparty-Fraktion) oder wie bei Grippe immer Impfstoffe anzupassen.

                    • popper 30. März 2020, 21:24

                      Soll ich das so verstehen, Ariane, dass Du der Auffassung bist, der Zweck heiligt die Mittel. Mein Vater ist vor fast 60 Jahren mit 50 Jahren verstorben, weil ein Chefarzt meinte, bei einer gewöhnlichen Hepatitis unkonventionelle Mittel anzuwenden zu müssen und ein Medikament verabreichte, das dazu führte, dass mein Vater nach 3 Wochen tot war. Leider werden auch heute noch solche Fehlbehandlungen mit Erde zugedeckt. Das kann niemand befürworten. Gut meinen ist nicht gut getan. Und Prof. Dorsten tut das, was er seit Jahren tut, auf den „Sechser im Lotto“ warten. Es spricht einiges dafür, dass ihm das mit unserem Gesundheitsminister und Frau Merkel endlich gelingt. Wer allerdings weiß, welche dubiose Rolle dieser Herr beim Schweinegrippe-Hype spielte, ist von seinen Expertisen nicht mehr so ohne weiteres zu überzeugen. Wenn er für dich dennoch eine Autorität in der Sache darstellt, kann und will ich dir das nicht ausreden.

                    • Ariane 30. März 2020, 22:36

                      Das mit Deinem Vater tut mir wirklich sehr leid. Mein Beileid.

                      Dann kann ich auch verstehen, dass Du nicht viel Vertrauen in die Medizin/forschung hast.

                      Und ich kannte den Drosten übrigens nicht, bevor wir hier das Coronaproblem hatten und ich bin nur interessierte Laiin, ich hab keine ob der was draufhat oder nicht.

                      Meine Hauptquelle gerade am Anfang war eher, dass ich gerne auf Spektrum die Medizinartikel lese: https://www.spektrum.de/
                      Und da ein paar Schreiberlingen auf Twitter folge. Weiß ich natürlich auch nicht, ob die nicht völligen Quatsch schreiben, aber dadurch hatte ich ein bisschen Wissensvorsprung, weil die schon im Januar Artikel zu „Oh in China gibts einen neuen Virus“, der jetzt untersucht wird“ hatten.
                      Das macht mich auch nicht zur Expertin, aber ich bin dadurch mit den Begriffen und Methoden zumindest ein bisschen vertraut, so dass ich den ganzen Kram, der jetzt plötzlich geschrieben wird, zumindest ansatzweise einordnen kann.

                      Also ich kann deine Vorurteile absolut verstehen, aber ich bitte dich trotzdem, gut auf dich aufzupassen und nicht leichtsinnig zu sein 😉

                    • popper 31. März 2020, 10:52

                      Du kanntest Prof. Drosten nicht, dann schau dir mal dieses Video an: (https://youtu.be/Rr9OpH7ceYc ). Darin geht es um die Schweinegrippe 2009, darin taucht neben Prof. Drosten auch Dr. Wodarg auf, der 2009 als als Chef des Unterausschusses für Gesundheit im Europarat amtierte und damals einen Untersuchungsausschuss über die Schweinegrippe einberief.

                      Und Ariane, ich sprach von einem Chefarzt nicht von der Medizin/forschung. Wenn eine Person bei der Feuerwehr versagt, macht das nicht die gesamte Feuerwehr verdächtig und wertlos. Meine Kritik geht dahin, dass aus der Tatsache, dass, wenn schwerkranke Menschen auf den Corona Virus COVIT-19 positiv getestet werden, in Ermangelung geeigneter Impfstoffe, nur die helfen bei Viruserkrankungen, Medikamente erhalten, die teilweise kontraproduktiv sind, schwere Nebenwirkung haben und mitunter zum Tode führen oder sonstige Schäden verursache, wie z.B. damals bei der Schweinegrippe. Solche therapeutischen Fehleinschätzungen rühren daher, dass hier keine klare Anamnese vorliegt und Schwerstkranke unter die Corona-Patienten eingeordnet werden, obwohl gar nicht untersucht wird, welche Haupterkrankung vorliegt. Das Gleiche geschieht bei Verstorbenen, die COVIT-19 positiv sind. Obwohl deren Todesursache nach den medizinisch-wissenschaftlichen Kriterien nicht untersucht und festgestellt wurde. Und mit Verlaub, die Zeitschrift „Spektrum“ ist populärwissenschaftlich aufbereitet und eher geeignet, Otto-Normalverbraucher das Gefühl zu vermitteln, bei wissenschaftlichen Themen mitreden zu können. Sie bewegt sich, was Corona betrifft, mit den übrigen Medien im Mainstream der veröffentlichten Meinungen, die das Vorgehen der Regierung unterstützen, bzw. rechtfertigen.

                      Ich habe keine Vorurteile in dieser Sache. Ich ordne Daten und Maßnahmen nur anders ein, weil mir keiner erzählen kann, dass bei 60.000 positiv getesteten und 550 Toten in Deutschland in der 12 Woche 2020, bei rapide gesunkenen Atemwegserkrankungen ein dramatischer Verlauf festgestellt werden kann, wenn 2017/18 bei 9 Millionen Arztbesuchen und 25.100 Toten kein Hahn danach krähte und Horrorszenarien an die Wand malte. Wenn damals bei 25.100 Toten das Gesundheitssystem nicht überlastet war, warum dann bei einem 50-zigstel alles im Epidemie-Chaos enden soll. Da muss mir keiner erzählen dass sei halt bei COVIT-19 etwas ganz anderes. Was bitte ist da anders als in den Jahren zuvor. Ganz einfach, die Infizierten und Toten sind extrem geringer, trotz COVIT-19. Und wenn offizielle Stellen immer noch vor einem Corona-Tsunami warnen und damit das Narrativ der Regierung und ihre völlig unverhältnismäßigen, zum großen Teil grundgesetzwidrigen Maßnahmen zu rechtfertigen, die zudem unsere Wirtschaft stranguliert und das öffentliche Leben fast lahmlegt, dann kann ich nur sagen: Verarschen kann mich auch selbst.

                  • popper 30. März 2020, 19:30

                    Sie bewegen sich hier auf sehr dünnem Eis. Aus rein medizinischen und ethischen Gründen ist es grundsätzlich abzulehnen, Schwerstkranke quasi als Versuchskaninchen zu selektieren, nur weil man sich darauf festlegt, bei testpositiven COVIT-19 Patienten sei davon auszugehen, diese trügen einen ultimativen Grund in sich, an dem sie ohnehin zu sterben drohen. Ärzte, die so handeln würden, wären völlig ungeeignet, ihren Beruf verantwortungsvoll auszuüben. Was Sie hier in Erwägung ziehen, die Behandlung könnte damit begründet sein, ist bei genauem Hinsehen nichts als reine Willkür. Man schießt sozusagen mit Kanonen auf Spatzen (Corona-Viren) und hofft wenigstens einen zu treffen. Der wert des Lebens ist nicht gegeneinander abzuwägen. Die Inkaufnahme schwerster Schäden mit teilweise letalen Folgen ist grundsätzlich inakzeptabel und verträgt sich nicht mit dem Hippokratischen Eid.

                    • popper 30. März 2020, 19:32

                      Die Replik, 30. März 2020, 19:30 richtet sich an @TBeermann nicht an dich Ariane.

                    • Ariane 30. März 2020, 20:30

                      Ähm ja also.
                      So wird das übrigens natürlich nicht gemacht oder wirklich, wenn sonst gar nichts mehr geht.

                      Bei Medikamenten, die sonst gegen Ebola oder Aids eingesetzt werden, hat man den großen Vorteil, dass die schon zugelassen sind und man daher Wirkung und Nebenwirkung gut abschätzen kann. Sowas kommt schon häufiger vor oder wird zufällig entdeckt. Viagra wurde auch nicht als Potenzmittel erfunden, sondern wegen ner anderen Sache. Migräne? glaub ich.
                      Also das ist schon die schnellste und sicherste Methode.

                      Würde dir wirklich mal den Drosten-Podcast oder ähnlich seriöse Quellen empfehlen. Auch ganz abseits von Covid klingen da recht absurde Vorstellungen über Medizin und Medizinforschung heraus. Ist übrigens auch ein hochspannendes Thema, auch wenn meine spleenigen Spezialkenntnisse im Bereich Medizinhistorie nicht so gut fürs Gemüt sind^^

          • popper 30. März 2020, 14:16

            Ariane, ich versuche ja zu verstehen, was dich bewegt und nehme das auch ernst. Aber bitte doch nicht so. Du verennst dich in einer Argumentationsschiene, die Fakten nicht mehr differenziert wahrnehmen will. Ich mache mir genau solche Sorgen wie Du, nur bewegt sich meine Wahrnehmung entlang den Fakten, die von Tag zu Tag deutlicher zutage treten. Unser Regierungshandeln ist in eine Falle geraten und setzt auf autoritäre Krisenmaßnahmen, die weniger auf Gesundheitsschutz als auf die Erzwingung politischen Gehorsams zielen. Das ist eine fatale Entwicklung für unser Land und die Menschen. Deshalb sind deine Ausfälligkeiten wenig hilfreich. Du magst mich für einen Ignoranten halten, zumindest redest Du so, aber glaube mir bitte, dass es mir allein um die Sache geht und um das, was ich für vernünftig halte. Nicht im luftleeren Raum, sondern anhand von Fakten. Die kannst Du bekämpfen, widerlegt sind sie damit nicht.

            • Ariane 30. März 2020, 16:52

              Ich weiß, du meinst es nicht so böse, wie es bei mir gelegentlich ankommt.
              Aber mittlerweile und wenn ich mir ansehe, was die Medien da gerade veranstalten, bin ich wirklich zur Überzeugung gelangt. So eine Pandemie-Gefahr lässt sich auf Gefühlsebene viel leichter verstehen als mit Zahlen und Vernunft und bisher bekannten Fakten.
              Dummerweise sind Gefühle schwer zu regulieren, weswegen es durchaus sein kann, dass ich durchgedreht wirke, obwohl ich es nicht bin.

              Nur ein Beispiel: Du weist immer wieder auf die Zahlen von Testpositiven und Sterberaten etc. hin
              Aber hast du schon mal überlegt, wieviel Testkapazität denn so in zb Rumänien vorhanden ist oder im größten Flüchtlingslager der Welt? Das ist keine Panik-Hysterie sondern pure Logik: Vermutlich werden wir das erst sehr spät im Nachhinein wissen, was da abgeht, weil da nichts anderes übrigbleibt als die Toten zu zählen. So wie das bei der Spanischen Grippe passiert ist, da gabs auch keine Kapazität, herauszufinden, wer denn nun wirklich am Virus gestorben ist.

              Und wenn einem diese Fakten bewusst werden, ist hysterische Panik nun mal die vernünftigste und logischste Reaktion überhaupt. Die Ordnung ist gerade auf den Kopf gestellt, so ist es.

  • GerdHeiner 31. März 2020, 00:21

    Ein sachlicher Beitrag, der zur Beruhigung beitragen sollte:

    https://www.youtube.com/watch?v=5ywN_UsXFpc

    Es sei denn, man versteht eine Pandemie-Gefahr viel leichter auf der Gefühlsebene als mit Zahlen und Vernunft und bisher bekannten Fakten.

    • Ariane 31. März 2020, 00:48

      Ähem. Ich bin durchaus zu Vernunft und Logik fähig. Es wäre nett, wenn man mir das nicht abspricht, nur weil ich mal erwähne, dass ich tatsächlich – oh Wunder – auch Gefühle hat.
      Das eine schließt das andere nicht aus. Wer nur auf Vernunft und Zahlen setzt und sein Herz dabei ausschaltet, sollte gerade besser nicht irgendwo in verantwortlichen Positionen herumhängen.

  • Ariane 31. März 2020, 01:33

    So. Dann komme ich mal endlich zum eigentlichen Artikel. Für diejenigen, die mich nicht für völlig durchgeknallt halten und nicht mal Torte im Gepäck haben.

    Das Problem der Politik liegt alldieweil darin, sich an eine Lage herantasten zu wollen, für die es keine Vorbilder gibt. Regierungsvertreter pendeln zwischen dem Verteilen von Beruhigungspillen und dem Vertrauen auf bewährte Instrumente der Krisenbewältigung. Die Führung des Landes unterschätzt damit die Schäden, die entstehen.

    Aber hallo, absolute Zustimmung. Ich kann mich gar nicht entscheiden, welche Sache mehr unterschätzt wird: globale Pandemiekatastrophe oder der dadurch ausgelöste Wirtschaftszusammenbruch. Medientechnisch scheinen die Leute (Journalisten & Politiker) da noch sehr an ihren Schreibtisch-Modellen festzuhängen.
    Ich erlebe das Drama ja nun eher aus der Maschinenraum-Perspektive (auch noch meistens in irrelevantem Handelszeug) und das ist ein Witz, dass der Staat seine bisherigen Instrumente hernimmt und die nicht mal auf Totalzusammenbruch anpasst. Genauso, dass die Medien sich eher auf irrelevante Probleme wie Lieferketten oder Inflation oder sonstwas sorgen.
    Hab gerade den Bericht vom Sachverständigenrat zum BIP gefunden bei SpOn

    Nach diesem aus Sicht der Forscher wahrscheinlichsten Szenario normalisiert sich die wirtschaftliche Lage über den Sommer wieder.

    Also tut mir ja leid, aber ich halte das für dramatisch untertrieben. Keiner weiß, was in zwei Wochen ist, es ist aber absehbar, dass nicht alles gleichzeitig wieder zum 2. Mai aufgeht und alle eine Party feiern und in die Geschäfte strömen.
    Gestern hab ich im Podcast gehört, dass die KfW (oder sonstwer) erstmal einen Businessplan von nem kleinen Friseurladen sehen will, bevor sie Geld rausrückt. Das ist doch totaler Schwachsinn. Geht vielleicht mit bestehendem Zeugs schneller, aber dann muss man das auf Totalzusammenbruch anpassen und alle Regeln locken, da ist auch nichts mehr mit Mitnahmeeffekten. Da sind ausnahmslos alle betroffen, vielleicht außer den Systemrelevanten und die hätten halt gerade einen Bonus verdient. Wenn die Läden dicht sind und selbst das offene Zeug sich langsam totläuft, sind die Probleme im Lagerbereich oder Produktion total schnuppe und andersrum.

    Also ja, die Lage ist absolut einzigartig und unvorhersehbar über uns zusammengebrochen. Und es wäre wirklich beruhigend zu wissen, dass denen da im Führerhaus des Wirtschaftsbootes mal der Ernst der Lage klar ist und die nicht an irgendwelchen Instrumenten herumbasteln, die sie rumliegen haben und die überhaupt nicht für den Totalzusammenbruch geeignet sind. Schon gar nicht, wenn sie die nicht mal vernünftig anpassen. Eine Angst vor Mitnehmeffekten ist gerade völlig lächerlich, selbst Durchwinken in der Pandemie dauert viel zu lange und die Hilfe, die dabei kommt, ist unzureichend. Und irgendwie auch Psychoterror, wenn Betriebe und Selbständige, die überhaupt keine Ahnung von Staatshilfen haben, erstmal gezwungen sind, herauszufinden, welche Möglichkeiten es gibt (und natürlich machen Land und Bund und bestimmt auch Landkreis jeder wieder ihr eigenes Ding) und dann auf Seiten geleitet werden, die erstmal alle zusammenkrachen oder wie in Berlin in Warteschlangen zur Warteschlange.

    Also es ist dringend Zeit, dass Merkel mal laut „Ausnahmezustand“ brüllt, damit auch auf Wirtschaftsebene mal der Gedanke aufhört, das wäre hier nur ein kurzfristiges Konjunkturproblem. Das ist lächerlich, vor allem für eine Exportnation wie Deutschland, selbst wenn hier wieder alles aufmacht, wissen wir nicht, wie es im Ausland weitergeht.
    Das ist schon fast ein Ding der Unmöglichkeit, die Produktion, Lieferung und Verteilung von wichtigem Medizinzeug (und Nahrung und so) zu organisieren und sicherzustellen.
    Drosten warf heute im Podcast noch das Problem auf, dass das mit mehr Tests auch schwierig wird, weil sie dafür Extraktionsmittel etc. brauchen und es schwer ist, die zu bekommen und heranzuschaffen. Großartig.

    Also so geht es nicht weiter. Wenn wir so tun, als wär gar nix los, fliegt uns das alles um die Ohren und schlimm genug, dass der Wirtschaftskram nur das zweitgrößte Problem ist.
    Aber hier müssen wirklich mal die großen Kaliber ran. Und wenn es erstmal so etwas ist, wie jedem Betrieb oder direkt jedem Mieter in Deutschland für zwei Monate die Miete zu erlassen und die Vermieter zum Staat zum Bezahlen schicken, dann hat man schon mal viel Leute weniger, die die knappen Behördenstrukturen belasten (und wenn der Staat Vermieter ist, spart man sich das ganze Problem).

    Zwangsurlaub für alles irrelevante Arbeiten, das gerade noch stattfindet, wäre meiner Meinung nach auch eine gute Idee. Wir müssen halt erstmal die Neustrukturierung vernünftig organisieren, was die Versorgung an Medizinzeug und anderen wichtigen Gütern angeht. Das läuft alles total improvisiert auf Kleinstebene ab, da muss der Staat mal dringend die Kräfte bündeln.

    Wie es weitergeht, ist ja ziemlich unmöglich vorherzusagen. Am 2. Mai eine Großparty wird es wohl nicht, ich mag ja wie Kassandra klingen, aber ich halte es für möglich, dass einige Branchen (wie zb Tourismus, Eventveranstaltungen, andere Massendinge) für deutlich mehr Zeit pausieren müssen.

    • Stefan Sasse 31. März 2020, 09:16

      Ich weiße darauf hin dass BaWü fest damit plant, am 20.4. den Regelunterricht fortsetzen zu können.

      • CitizenK 31. März 2020, 10:02

        … und die Abschlussprüfung sind ab 18. Mai fest eingeplant.

        Dass die Schüler (und auch Lehrer) dafür in überfüllten Bussen und Bahnen anreisen müssen, hat man offenbar noch nicht bedacht. (Wie Ariane richtig feststellt: Man kann sich von den Routinen einfach noch nicht lösen). Vielleicht hilft öffentliches Bewusstmachen?

        Dabei ist die psychische Belastung der Schüler noch gar nicht im Kalkül. Sind solche Prüfungsergebnisse vergleichbar mit den von den Vorjahren? Möglicherweise klagt eine(r) wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes und alle Prüfungen werden für nichtig erklärt?

        • Stefan Sasse 31. März 2020, 10:57

          Da die Korrekturen vereinfacht wurden, sind sie das eh nicht.

          • Ariane 31. März 2020, 14:31

            Schalten sie morgen wieder ein, wenn der Norden das ganze Schuljahr aufgibt und der Süden Anfang Mai Prüfungen abhält und sich dann die Frage stellt, ob diese „Notabschlüsse“ bundesweit gleichwertig anerkannt werden. Seufz.

            • Stefan Sasse 31. März 2020, 18:06

              Scheiß Bildungsföderalismus, echt.

            • Erwin Gabriel 2. April 2020, 13:08

              @ Ariane 31. März 2020, 14:31

              Schalten sie morgen wieder ein, wenn der Norden das ganze Schuljahr aufgibt und der Süden Anfang Mai Prüfungen abhält und sich dann die Frage stellt, ob diese „Notabschlüsse“ bundesweit gleichwertig anerkannt werden. Seufz.

              Ich finde das auf einer ziemlich skurilen Ebene ziemlich witzig 🙂

              Wenn’s nur nicht gleichzeitig so bitter wäre…

        • Ariane 31. März 2020, 14:38

          Als ich neulich mit Stefan S. und einigen anderen der südländischen Lehrerbubble in einer Twitter-Diskussion war, war man sich höchst uneinig darüber, ob man erst die Großen oder die Kleinen wieder ins Freie entlassen sollte. Und sowas müsste eigentlich zumindest europaweit überlegt werden, weil es blöd wäre, wenn in Ba-Wü plötzlich Massen von kleinen Kindern frei herumlaufen. Hm.

          Also so eine Pandemie stellt einen wirklich vor eigentlich unlösbare Probleme. Weiß selbst nicht, ob ich daran verzweifeln soll oder mich dankbar auf diese Ablenkungen stürzen soll. Und lande mal wieder bei: Beides^^

      • Ariane 31. März 2020, 14:29

        BaWü fest damit plant, am 20.4. den Regelunterricht fortsetzen zu können.

        Klar, da sitzen hauptsächlich Männer, deren Job auch noch über den Mai hinaus total sicher sind. Die sind noch total unberührt vom buchstäblichen und wirtschaftlichem Existenzkampf, der woanders schon längst tobt und planen einfach den „Apokalypse ist nach Ostern vorbei“-Fall.

        Während ich etwas aufatme, weil bis Mai soweit alles improvisiert abgesichert ist. „Solange nicht unvorhergesehen etwas dazwischen kommt“ – Ähem. Ich sag mal, „irgendwas ist immer“ ist auch gerade stark untertrieben.
        Aber die Traumtänzer hab ich erstmal abgehakt, sollen die sich untereinander damit beschäftigen und mir einfach nur noch die Lösung verraten, wenn sie eine gefunden habe (wie bei meinem Autoproblem).
        Das ist echt ein Genderding, Apokalypse und die Männer erklären mir hier ständig ihre Theorien, wie ich morgen mit einem sicheren Auto, rechtlich sauber und mit Versicherungsschutz zum Einkaufen fahre.

        Hm. Immerhin sind sie beschäftigt, während andere versuchen, die Probleme der Pandemie-Organisation in den Griff zu kriegen. Auch recht, solange sie nicht alles verkomplizieren oder schlaubergerische Artikel schreiben. Seufz.

        Daher mein Rat: Lass dich davon nicht verrückt machen, ich gehe davon aus, irgendwann fällt auch den Bildungspolitikern auf, dass man nicht nach den Osterferien ganz normal weitermachen kann.

        • Stefan Sasse 31. März 2020, 18:06

          Ich mach mich damit nicht verrückt. Ich bin nur abwechselnd ungläubig und amüsiert.

          • Erwin Gabriel 2. April 2020, 13:09

            Stefan Sasse 31. März 2020, 18:06

            Ich mach mich damit nicht verrückt. Ich bin nur abwechselnd ungläubig und amüsiert.

            geht mir genauso

    • Stefan Pietsch 31. März 2020, 09:49

      Der Punkt ist eher – und wurde im Artikel thematisiert – dass bald eine Lösung für viele Unternehmen her muss, die nicht auf den Namen „Kredit“ hört. Für Großkonzerne wie Klein- und Kleinstunternehmen gibt es dazu bereits Möglichkeiten, die tragfähig sein könnten, doch vieles bleibt im Einzelfall betragsmäßig zu klein. Die Masse befindet sich dazwischen.

      • Stefan Sasse 31. März 2020, 10:57

        Was hältst du von der Idee, dass der Staat per Notenbank einfach die prä-Covid-19-Bilanz fortschreibt?

        • Stefan Pietsch 31. März 2020, 11:29

          Ich wüsste nicht, wie das gehen sollte. Frankreich friert alles ein, aber die haben auch einen anderen Rechtsrahmen. Löhne und Gehälter müssen ebenso weitergezahlt werden wie Mieten und sonstige Verpflichtungen aus Dauerschuldverhältnissen. Das erste Problem ist, dass den Zahlungen keine Gegenleistungen gegenüberstehen. Zudem kommt es durch das Einfrieren zu noch größeren Verwerfungen. Viele Unternehmen haben ja nicht aufgehört zu arbeiten, sondern arbeiten mit angezogener Bremse.

          Der rechtlich und praktisch sauberste Weg wäre, wenn der Staat sämtliche durch Corona verursachte Einnahmeausfälle ausgleichen würde. Als Grundlage würde der Umsatz der vergangenen 5 Jahre dienen. Das wäre allerdings gigantisch teuer und bürokratisch. Außer Deutschland könnte sich das kaum ein Staat wirklich leisten.

          Eingriffe durch die Notenbank sehe ich naturgemäß kritisch. Die Euro-Rettungspolitik der vergangenen 10 Jahre war nicht rundheraus eine Erfolgsstory, denn dazu würde die Lösung eines Problems zählen. Doch wer vor 10 Jahren am Fliegenfänger hing, ist auch 2020 noch in der Bredouille. Der Preis dafür war vielfältig. Nun noch draufzusatteln, würde unsere zukünftigen Probleme erheblich verschärfen.

          Henryk Müller hat vor gut einer Woche interessante Gedanken formuliert. Seine Gedanken sind nicht absolut abwegig, denn wie bei der Wiedervereinigung sind praktisch über Nacht wesentliche Märkte weggebrochen. Es bleibt das zentrale Fakt: In Verlustsituationen benötigen Unternehmen Eigenkapital, nicht vor allem Darlehen. Wenn es Teilverstaatlichungen geben sollte, braucht es einen Plan zur Re-Privatisierung, sonst zerstören wir unsere Wirtschaftsordnung. Außer einigen Theoretikern kann das niemand ernsthaft wünschen.

          • Stefan Sasse 31. März 2020, 13:05

            Ja, eine Übernahme des Verdienstausfalls meine ich auch. Wie denkst du könnte das vonstatten gehen? Wie du schon sagst ist der Finanzaufwand riesig, und wo kommen diese Kredite her wenn nicht von der Notenbank?

            Siehe auch Diskussion hier https://www.theatlantic.com/ideas/archive/2020/03/we-need-start-tossing-money-out-helicopters/608968/

            • Stefan Pietsch 31. März 2020, 14:23

              Die einzigen, die derzeit ein veritables Problem haben, sind Unternehmen. Sie müssen Mitarbeiter weiter bezahlen, die weit mehr Freizeit zur Verfügung haben, leiden aber gleichzeitig unter Einnahmeverlusten.

              Das Finanzamt weiß am besten Bescheid und könnte die Abwicklung beispielsweise im Rahmen der monatlichen Umsatzsteuervorauszahlung übernehmen. Da der Umsatz nach den einzelnen Klassen erklärt wird, könnte beispielsweise schon im April nicht nur die Umsatzsteuer festgelegt werden, sondern eben ein Umsatzverlustausgleich vorgenommen werden. Der Programmieraufwand sollte zu bewältigen sein:

              Umsatz deklariert März 2020: 50
              Mittelwert Umsatz 2015-2019: 100
              steuerpflichtiger Schadensersatzanspruch, ausgeglichen über die Umsatzsteuervorauszahlung: 50.

              So ungefähr. Weder wäre dann eine gesonderte Erklärung des Steuerpflichtigen notwendig noch komplizierte individuelle Berechnungen des Finanzamtes. Wie gesagt, der Haken: extrem teuer. Das BIP beträgt 3,4 Billionen Euro, nehmen wir einen Verlust des BIPs von 15% an, dann müssten 0,5 Billion Euro binnen Monaten ausgeschüttet werden. Da ist das bisherige Modell mit weitgehenden Bürgschaften noch mit Abstand günstiger.

              Der Bund müsste an den Kapitalmarkt herantreten. Da die Börsen gerade hohe Verluste verzeichnen, flüchtet das Kapital. Selbst eine halbe Billion Euro müssten auf dem deutschen Markt untergebracht werden können. Am besten wären die Kredite in einem Sondervermögen zu bündeln und über 20 bis 50 Jahre zu tilgen. Zur Tilgung ließe sich – nach (!) Auslaufen des Solidaritätszuschlages für alle – eine Sonderabgabe für 10 Jahre festlegen. Der Rest muss über den allgemeinen Steuereinnahmen ab 2031 getilgt werden.

              Das kann nur für Deutschland eine Lösung sein. Staaten wie Italien treibt diese Krise ohnehin näher an den Staatsbankrott. Ich habe dafür einen möglicherweise gangbaren Ausweg aufgezeigt, in dem die Notenbanken einen Teil oder alle ins Portfolio genommenen Staatsschulden streicht. Das sollte jedoch in Abstimmung zwischen der Fed, der EZB und der Bank of Japan erfolgen, um die Verwerfungen auf den Kapitalmärkten möglichst gering zu halten.

              • Ariane 31. März 2020, 16:34

                Das Finanzamt weiß am besten Bescheid und könnte die Abwicklung beispielsweise im Rahmen der monatlichen Umsatzsteuervorauszahlung übernehmen

                Mal kurz Insidernachrichten von meinem Vater, der auch noch für Soloselbständig zuständig ist.
                Die sitzen da jetzt mit den paar Leuten, die keine Kinderbetreuung oder Altenversorgung im Büro und stemmen Fax, Post und überlastete Telefonleitungen.
                Während die anderen (und seine Frau) zu Hause mit Spezial-Laptop (erstaunlicherweise haben die sogar einige davon rumliegen) irgendwie HomeOffice machen. Und nebenbei Kinder und Altenbetreuung neu organisieren. Und alle haben da zusätzlich schon seit 3-4 Wochen die offizielle Anweisung, Kontaktsperren einzuhalten.

                Weiß ja nicht, wo es woanders aussieht, die in SH machen das wohl ganz gut. Mein Vater meinte, das Chaos lichtet sich langsam. Nur kein Amt arbeitet halt gerade irgendwie in Normalbetrieb, die sind selbst total im Verwaltungschaos mit Notbetrieb ziemlich plattgemacht.

                Und hier in Niedersachsen macht ja jeder, wie er will. Mein Mann muss ständig alle Zulassungsstellen im Umkreis (auch noch Bremen UND Niedersachsen) abtelefonieren, um zu fragen, ob die sich jetzt mal entschieden haben, wie sie gerade arbeiten wollen.

                Also wenn man hier was von Behörden oder anderen externen Leuten (Steuerberater, Buchhaltung, Telefonfirmen, Versicherungen) will, hört man meist erstmal nur andere verrückte Chaosgeschichten.
                Und kein Schwein kriegt irgendwas geregelt, wenn diese Stellen sich noch nicht sortiert haben. Das muss eigentlich als erstes geschehen. Seufz.

              • Stefan Sasse 31. März 2020, 18:04

                Die Idee eines Lastenausgleichs 2.0 finde ich eh charmant.
                Aber was würden Staaten wie Italien tun? Einfach untergehen? Oder haben die Optionen?

                • Stefan Pietsch 31. März 2020, 18:26

                  Ich hatte ja schon geschrieben, Krisen wirken dort verschärfend, wo vorher schon Probleme waren.

                  Ich halte Italien so nicht für tragfähig. Und es gilt, was ich auch sonst immer sage: eine instabile Lage wird nicht dadurch stabil, in dem man versucht, den instabilen Zustand aufrecht zu erhalten. Mindestens die letzten 30 Jahre haben gezeigt, dass Italien eher schlecht als recht mit dem hohen Schuldenniveau leben kann. Politik und Gesellschaft fehlen sämtliche Handlungsmöglichkeiten und gerade jetzt tötet es Menschen. Ich liebe dieses Land, für mich ist Italien unheimlich faszinierend und ich war schon traurig, als die Azzurris die Qualifikation für die WM 2018 verpassten. Ich denke, es muss dringend geholfen werden.

                  Den Weg über Eurobonds halte ich dabei für nicht gut. Gemeinsame Haftung bedeutet immer auch Mitbestimmung, sonst funktioniert es nicht. Und ich glaube nicht, dass sich die Italiener von Deutschen vorschreiben lassen wollen, wie hoch ihre Rentenzahlungen sein dürfen. Genauso wenig sinnvoll halte ich Transfers, sie haben entweder den Charakter von Almosen (ohne Verpflichtung zur Gegenleistung) oder erhöhen wiederum die Verschuldung. Die Italiener sind ein stolzes Volk, das eine gute Wirtschaftsstruktur und viel Tradition besitzt. Wir sollten sie nicht beleidigen.

                  Nein, der einzig dauerhaft tragfähige Weg für eine selbständige Volkswirtschaft geht nur über den Weg der Entschuldung. Doch Italien kann sich nicht mehr aus eigener Kraft entschulden, die Vorstellung, Rom würde über 50 Jahre Kredite abtragen und Generationen eine Zukunft vorenthalten, ist illusorisch. Und aus meiner Sicht nicht wünschenswert. Deswegen sollte die EZB die in ihren Büchern befindlichen Staatsschulden streichen, was allerdings für alle Mitglieder der Eurozone (einschließlich Deutschlands) gelten würde. Eventuell müsste Italien darüber hinaus über einen Schuldenerlass verhandeln, aber das wäre dann der Preis für die Vergangenheit. Damit das seriös funktioniert, sollte es ein abgestimmtes Verhalten der großen Notenbanken geben.

                  Ich habe nirgends eine andere Idee gelesen, die überzeugend wäre. Wer an einen jahrzehntelangen Schuldenabtrag glaubt, der weiß nichts von der Geschichte. Allerdings muss die Eurozonen-Partner davor geschützt werden, dass sich ein Land unseriös verhält, das bedeutet, im Gegenzug müsste es strengere Verpflichtungen zur Haushaltsdisziplin geben. So ein Akt ist auf Generationen nicht wiederholbar.

                  • Ariane 1. April 2020, 08:50

                    Ich hab dazu mal eine Frage:

                    Ist das Problem mit Italien nicht eher, dass die Zinsen und die Tilgung so schwierig sind?
                    Oder können die wirklich gar nichts mehr aufnehmen bzw kriegen einfach kein Geld?

                    Es sind ja immerhin Staaten, die können nicht einfach „schließen“ wie eine Firma, die pleite geht. In so einer Notlage würden sie ja vermutlich erstmal alles akzeptieren und sich hinterher um das Problem kümmern, denk ich mir zumindest. Oder können sie wirklich richtig kein Geld mehr kriegen und müssten dann zb darauf verzichten, mehr Medizinzeug einzukaufen.

                    Das wäre ja ein erheblicher Unterschied!

                    • TBeermann 1. April 2020, 09:24

                      Es kann tatsächlich sein, dass sie kein Geld mehr bekommen.

                      Die Euro-Staaten können sich aktuell nur noch über die Finanzmärkte verschulden und da die Staaten Zentraleuropas (und besonders Deutschland) gemeinsame Anleihen ablehnen, auch nur jedes Land für sich selbst. Das heißt, jedes Land ist der individuellen Risikobewertung der Investoren ausgeliefert.

                      Das war ja schon in der Finanzkrise Mitte der 2000er das Problem, dass die gleichen Banken, die man gerade mit viel Staatsknete gerettet hatte, plötzlich die Staaten nicht mehr als Kreditwürdig ansahen, die sie gerettet hatten (und die nicht zuletzt wegen dieser Rettung verschuldet waren).

                      Eine direkte Finanzierung über die EZB wird auch vor allem von den Mitteleuropäern blockiert. Schon vor 10-15 Jahren wurden deshalb nur alte Anleihen aufgekauft (mit anderen Worten: Die Banken nochmals von potenziell problematischen Altlasten befreit), in der Hoffnung, dass danach neue Anleihen gezeichnet werden.

                    • Stefan Pietsch 1. April 2020, 09:59

                      Nein. Das Thema ist volkswirtschaftlich komplex. Je höher der Schuldenstand eines Landes, desto sensibler gestaltet sich die Re-Finanzierung am Kapitalmarkt. Die typischen Bonds laufen ja zwischen 2 und 10 Jahren, müssen also permanent abgelöst werden. Krisen schlagen schneller und heftiger auf den Kapitalmarktzins durch. Dazu werden die Bonds gehandelt, sie haben damit einen Kurs. Für Anleger sind solche Anlagen kritischer, weil sie schwanken und damit weniger berechenbar sind – für institutionelle Anleger, die eine Sicherung benötigen damit schwieriger als deutsche Anleihen. Die Zentralbank kann zwar Einfluss auf Zins und Ausgabekurs nehmen, aber sie manipuliert damit meist zum Schaden der privaten Anleger. Auf die Dauer beschädigt eine solche Geldpolitik die Glaubwürdigkeit einer Institution.

                      Es geht aber weiter. Zinsen belasten den Staatshaushalt. Damit die Belastung bei steigendem Verschuldungsgrad gleich bleibt, müsste der Zins eigentlich sinken – ein Paradoxon. Tatsächlich steigt in der langfristigen Betrachtung die Haushaltsbelastung, was eben auch nur eine begrenzte Zeit durchzuhalten ist. Dann verlangt die demokratische Politik die Flucht in die weitere Verschuldung. Diesen Effekt konnten wir zuletzt mit der Wahl einer populistischen Partei beobachten, die ihren Wählern auch ohne Corona Verschuldung versprach als gäb’s kein Morgen.

                      Dazu verschulden sich Staaten zum Großteil beim eigenen nationalen Bankensystem. Damit sind Staat und Banken Blutsbrüder. Es gibt zwei wesentliche Gründe, so zu handeln: erstens erweitern Bonds im Portfolio aufgrund der Regeln die Refinanzierungsmöglichkeiten der Bank, sie kann mehr Kredit schöpfen und ihre Bilanzsumme erhöhen. Zweitens sorgt auch politischer Druck dafür, selbst dann Anleihen zu zeichnen, wenn dies nicht die beste Option für die Bank ist. Kommt der Staat nun in Krisen in eine schwierige Lage, strahlt das auf den Bankensektor aus, er ist zurückhaltender bei der Kreditvergabe an Unternehmen als es ohne Bonds der Fall wäre.

                      Damit wird das allgemeine Zinsniveau in einer Volkswirtschaft maßgeblich von den Zinsen auf die nationalen Staatsanleihen bestimmt. Ein italienisches Unternehmen zahlt im Gegensatz zu einem deutschen Unternehmen bei sonst gleichen Bedingungen einen höheren Spread. Das schwächt natürlich deren Konkurrenzfähigkeit, denn die meisten Unternehmen können sich nicht einfach global eine beliebige Bank suchen. Die Folge: es kommt zu mehr Unternehmensinsolvenzen, weniger Unternehmensgründungen und Abwanderungen von Kapital und Menschen. Die Einflussmöglichkeiten der Zentralbank enden spätestens beim Markt für Unternehmensanleihen, was die EZB in den vergangenen Jahren erfahren musste.

                      Historisch betrachtet können Staaten langfristig nicht ihre Schulden tilgen. Das gelingt vielleicht mal für die Dauer einer Dekade. Doch bei über 800 Staatspleiten in den letzten 800 Jahren verringerte sich die Staatsschuld zum Großteil durch Bankrott (also Zahlungsausfall) und Inflation. Beides möchten wir im europäischen Währungsraum nicht, weil es die Seriosität aller angreift. So tanzt man ohne Lösung um das Problem, dass mehrere Mitglieder so hoch verschuldet sind, dass sie nach den Regeln eigentlich nicht teilnehmen dürften. So gibt es dann Auflagen, die unterschiedlich eingehalten werden. Ich habe es Italien und Griechenland in der Vergangenheit zum Vorwurf gemacht, dass sie nicht einmal den Versuch unternommen haben, eine solide Haushaltsstruktur zu entwickeln. Sie taten sich schwer, aus ihren Krisen zu lernen. Aber Fakt ist auch, dass eine Politik der soliden Haushaltsfinanzen nur ein Kriterium unter mehreren ist. So hat mich die soziale Entwicklung durchaus geschockt.

                      Gerade die Südländer verteilen ihre Sozialabgaben überproportional an die oberen Schichten, nicht an die unteren 20%. Das hat damit zu tun, dass der wesentliche Teil, Renten und Pensionen, im wesentlichen gemäß früheren Erwerbseinkommen fließt. Doch wer im aktiven Arbeitsleben mehr verdient hat, ist auch vermögender und bezieht häufiger zusätzliche Einkünfte. Die Sozialsysteme Griechenlands und Italiens fußen maßgeblich auf dem Rentensystem. Sie haben keine tragfähige Absicherung in Fällen von Arbeitslosigkeit und sonstigen Lebenskrisen, weshalb die Dinge so aussehen wie sie aussehen.

                      Natürlich ist das erkannt, aber Politik und Gesellschaft sind auch sehr gelähmt. So hat die Troika im Falle Griechenlands mehrmals angemahnt, ein modernes Sozialsystem aufzubauen, was jedoch nicht gelungen ist. Denn die relativ großzügigen Renten in beiden EU-Ländern müssten in Perspektive zugunsten von anderen Transfereinkommen abgeschmolzen werden. Das ist eine Verteilungsfrage, die sich in Demokratien meist nur durch „Mehr Geld für alle“ beantworten lässt. Genau diesen Schluss hatte eben auch die Fünf-Sterne-Bewegung gezogen.

                      Italien wird auch nach Corona wieder in existenzielle Krisen fallen. Das wird schon in den nächsten 5-8 Jahren wieder passieren. Wir hatten die New Economy-Blase, wir hatten die globale Finanzkrise und nun Covid-19. Jede Krise ist die Chance zu lernen, sich und seine Systeme neu zu justieren. Zugegeben, Italien ist blockiert, es fehlt an Geld. Aber das Land ist immer noch reich, seine Bürger zählen zu den vermögendsten in Europa, zumindest die im Norden und im Latium. Bittere Armut gibt es im gesamten Süden des Landes, aber das ist weder durch die EU noch den Euro entstanden. Es ist eben nie gelungen, diese Probleme in den Griff zu bekommen, schon gar nicht mit viel Geld. Im Gegenteil, es hat das Land gespalten.

                      Ich bin aber überzeugt, dass mehr finanzielle Freiheit ein Baustein ist, Wirtschaft und Gesellschaft neu auszurichten. Einen anderen muss der Rechtsrahmen liefern. Italiener besitzen keine Rechtssicherheit. Nicht, weil das Justizsystem „kaputtgespart“ worden wäre, sondern weil die Regeln über Instanzen und die Normen so verschachtelt sind, dass die Prozessergonomie zu kurz kommt.

                    • Stefan Sasse 1. April 2020, 11:05

                      Danke!

                  • Ariane 1. April 2020, 09:31

                    Danke.

                    Also wie sie irgendwann das Schuldenproblem lösen, ist mir ehrlich gesagt ziemlich schnuppe. Das ist ja mehr ein Problem des Wollens und nicht des Könnens.

                    Aber wir können doch zumindest in der Eurozone uns jetzt nicht hinstellen und sagen, sorry ihr Italiener, aber wir geben euch kein Geld, um auch nur dringendst benötigte medizinische Dinge einzukaufen.
                    Oder erstmal lustige Bedingungen stellen, nach dem Motto: Geld nur, wenn ihr vorher am Gesundheitswesen spart. Öh?

                    Das ist wie auf Kleinstebene oder größere Unternehmen, über die Stefan P. geredet hat. In so einer Großkatastrophe MUSS man erstmal die normalen Maßstäbe und Routinen über Bord werfen und kann nicht eingebunkert am Schreibtisch sitzen und so tun, als wäre nix los.

                    • Stefan Pietsch 1. April 2020, 10:05

                      Natürlich, das eine ist die Notfallversorgung und Krisenbekämpfung. Nur, auch Italien will das mit langfristigen Ausrichtungen verquicken und verlangt die Einführung von Euro-Bonds. Nur hat das eine mit dem anderen nichts zu tun.

                      Italien kann sich weiterhin am Kapitalmarkt versorgen, dazu gibt es schnelle Kassenkredite (ELA) über die Europäische Zentralbank. Dass Italiens Krankenhäuser aktuell nicht bestens ausgestattet sind, lässt sich nicht über Nacht heilen, so guten Willens man auch sein mag. Ich würde jede (!) Nothilfe an Italien im Augenblick befürworten, aber so genau weiß ich nicht, was wirklich geleistet werden kann.

                    • Ariane 1. April 2020, 10:27

                      Danke, auch nochmal für die genaue Erklärung.

                      Die Lage ist halt auf jeder Ebene einzigartig und ich denke, die Notenbanken haben zumindest (als einzige) die Möglichkeit das Geldproblem zu lösen. Auch Deutschland häuft ja einen riesigen Schuldenberg an, also die ganze Welt hat gerade dasselbe Problem.

                      Irgendwelche Sonderbonds, die man dann erstmal stilllegt würden ja zumindest in der Akutsituation helfen, da kann man später immer noch überlegen, wie man in Zukuft weitermacht.
                      Aber in so einer Lage ist das Geldproblem halt einfacher zu lösen, als Patienten und Beatmungsgeräte zu verteilen – auch weil wieder alle dasselbe Problem haben.

                    • Stefan Pietsch 1. April 2020, 10:43

                      Ich bin auf Google nochmal die Nachrichtenlage durchgegangen. Es sehe zwar Meldungen, dass Italien unbedingt Eurobonds möchte, ich sehe aber nicht den Anlass, der da beispielsweise wäre, dass das Land kein Geld am Kapitalmarkt bekommt. Zudem kauft die EZB weiterhin italienische Anleihen auf. Ich wüsste also schon gern, worin das (Finanz-) Problem liegen sollte.

                    • Stefan Sasse 1. April 2020, 10:54

                      Genau.

                    • Ariane 1. April 2020, 11:06

                      Also die Börsennachrichten hab ich in diesem Chaos nicht mehr weiterverfolgt, aber zumindest bei den Anfangscrashs sind ja sogar alle aus Gold und ähnlich sicheren Anlagen geflohen, weil nun mal JEDER AUF DER GANZEN Welt Liquidität braucht. Selbst die Saudis (die ja nun wahrlich nicht arm sind) sollen wohl Cash besorgt haben, weil sie ja mitten in größter Wirtschaftskrise aller Zeiten einen Ölkampf führen.

                      Und das weltweite Liquiditätsproblem lässt sich von den Notenbanken nun mal erheblich schneller und einfacher lösen als das weltweite Gesundheitsproblem.
                      Tja, ein paar Wochen und schon ist Geld mal nicht mehr das einzige was zählt, sondern nur noch das zweitgrößte Problem der Welt. Wer hätte das gedacht.

                  • Stefan Sasse 1. April 2020, 10:49

                    Hey, ich widerspreche dir nicht. Danke für die Infos soweit. Ich hatte dich nur eher auf der Seite der Gegner einer Schuldenstreichung. Argumentiertest du nicht bei Griechenland immer dagegen? Wo liegt da der Unterschied?

                    • Stefan Pietsch 1. April 2020, 11:45

                      Zwei Überzeugungen: 1) Ein instabiler und auf Dauer nicht tragfähiger Zustand muss in etwas Neues, Stabilisierendes überführt werden. 2) Unser Handeln besteht aus Geben und Nehmen. So funktioniert es am Besten. Wer Schulden erlassen bekommt, die er zuvor ungesteuert aufgebaut hat, muss eine Gegenleistung erbringen und glaubhaft machen, eine solch prekäre Lage nicht erneut entstehen zu lassen.

                      Diese Aspekte kamen mir immer zu kurz. Wir sprechen immer nur von Schuldenstreichen, aber nicht, was der Handel dabei sein soll. Eine Maßnahme muss immer Vor- als auch Nachteile für alle Beteiligten beinhalten.

                      Letztes Jahr schrieb ich – was Griechenland einschloss:
                      Staaten müssen ihre Schulden restrukturieren dürfen, wenn sie als nicht mehr tragfähig erachtet werden. Das gilt für die Länder an der südlichen Peripherie Europas, Frankreich befindet sich in einem Grenzbereich, den es nur durch enorme innenpolitische Anstrengungen verlassen kann. Im Gegenzug müssen Banken, die durch eine Entastung der Staatshaushalte in Turbulenzen geraten, gestützt und rekapitalisiert werden, damit sie nicht wie heute bereits als Katalysator für die Realwirtschaft ausfallen.

                      Eine solche tiefgreifende Reform ist nicht kostenlos. Einerseits wird der europäische Steuerzahler haften, andererseits die Bürger der entschuldeten Länder. Denn es ist klar, ein heftiger Schuldenschnitt zusammen mit hohen Auflagen für die zukünftige Krisenfinanzierung und Hinterlegungskosten für institutionelle Anleger, die Staatstitel begehen – auf diese Art werden die Zinskosten in die Höhe schnellen und die Möglichkeiten zur Verschuldung beschnitten. Ein solches Programm würde demokratische Staaten zwingen, sich vorrangig über Steuern und Abgaben zu finanzieren und sich aus den Finanzmärkten als Spieler ein Stück weit herauszuhalten. (..)

                      Die Titel der europäischen Staaten sind im Portfolio der Bank höchst ungleich verteilt. Das Anleihenkaufprogramm der EZB richtet sich nach den Anteilen am Eigenkapital der Notenbank. Die Titel hoch verschuldeter Staaten sind damit gemessen an den Gesamtschulden der Eurozone deutlich überrepräsentiert, die vergleichsweise soliden deutschen Schuldverschreibungen dagegen decken fast den gesamten freien Markt ab. Kein Akteur an den Finanzmärkten noch verantwortlicher Politiker rechnet damit, dass diese Anleihen je wieder an den Börsen gehandelt werden. Finanz- und währungspolitisch macht es auch wenig Sinn, wenn sie bei Auslaufen gegenüber der Notenbank getilgt werden. Es ist stillgelegte Staatsschuld und so sollte es auch bleiben. Auch nach einem Streichen der Beträge sollten die Schulden von Italien, Griechenland und Spanien restrukturiert werden, um Freiraum zu schaffen.

                    • Stefan Sasse 1. April 2020, 15:54

                      Was mich immer so gestört hat – sag Bescheid, wenn dir die Kritik bekannt vorkommt – ist das ständige Moralisieren, das sich als was Besseres fühlen, das den anderen sofort was vorwerfen. Das ist es, was mir…was auch immer das Gegenteil von zu kurz kommen ist.

                    • Stefan Pietsch 1. April 2020, 16:06

                      Das hat auch etwas mit Empfindsamkeit zu tun. Gerade Griechenland und in anderer Form Italien haben sich vor allem als Opfer geriert. Anders als mit Irland funktionierten die Absprachen mit der Troika auf politischer Ebene nicht. Dublin ging mit dem Rettungsschirm wesentlich professioneller um, während Athen jede Zusammenarbeit als Angriff auf die nationale Souveränität ansah und vor allem zwei Ziele verfolgte: frisches Kapital zu bekommen (klar) und einen Schuldenschnitt.

                      Ich merke es gerade in der Zusammenarbeit mit Banken immer wieder: der Verlust von Vertrauen durch absprachewidriges Verhalten oder gar Betrug führt immer zu einer harten Haltung der Kapitalgeber. Das ist sowohl betriebswirtschaftlich vernünftig als auch menschlich.

                      Ich denke nicht, dass ich moralisiert habe. Ein Schuldner oder derjenige, der neue Kredite möchte, muss zuerst seine Ernsthaftigkeit und Vertrauenswürdigkeit belegen. Ja, so etwas mag mancher als moralisierend empfinden. Nur sind solche Vorleistungen nicht auf einzelne Staaten begrenzt.

                    • Stefan Sasse 1. April 2020, 18:03

                      Naja, dasselbe sage ich natürlich auch ^^ Schuld sind immer die anderen.

                    • Stefan Pietsch 1. April 2020, 18:22

                      Nein, man hat sich den Rotstift zu sehr betont. Das wird ja allgemein zugestanden. Aber demokratisch verfasste Staaten mit komplexer Rechtsordnung tun sich auch schwer, Systeme umzugestalten oder neu abzubauen, die nicht allein das Ziel haben, mehr Geld in die Umverteilungsmaschine zu pumpen.

                      Die Dinge sind nicht einfach, das ist keine ideologische Frage.

                    • Stefan Sasse 1. April 2020, 19:53

                      Da bin ich völlig bei dir.

                    • Ariane 1. April 2020, 17:27

                      Ich hätte ja lieber darauf verzichtet, aber es ist mir in dieser Großkatastrophe ein kleiner Trost, dass sie wieder mal beweist, wie wichtig Moral gerade in Notzeiten ist.

                      Und ich als Tugendradikale stehe auch dazu, eine linkgsgrünversiffte Moralapostelin zu sein 😉

                    • Stefan Sasse 1. April 2020, 18:04

                      Club der linksgrün versifften Gutmenschen.

  • Ariane 31. März 2020, 13:41

    Der Punkt ist eher – und wurde im Artikel thematisiert – dass bald eine Lösung für viele Unternehmen her muss, die nicht auf den Namen „Kredit“ hört.

    Dummerweise hängt das alles miteinander zusammen. Kaum hatte ich mich beruhigt, dass mein Mann im soliden Kleinstadt Mittelstands-Autohaus in der Krise die finanzielle Seite absichern wird, brach da das Chaos aus, weil die ohne Staatshilfen auch nicht lange kommen. Und die sind für die Klein-Soforthilfen schon knapp wieder zu groß. Seufz.
    Und da wir noch im „Haushalt zusammenwerfen“-Modus sind, haben wir noch das Glück, dass wir selbst im Worst-Case wirtschaftlich überleben könnten.

    Nur das halbfertige Haus passt so gar nicht in die Apokalypsenplanung.
    Funfact: Als wir gestern herauszufinden versuchten, ob wir bei all den Rohbauversicherungen denn nun auch gegen Feuer abgesichert sind, stellten wir fest, dass wir vermutlich tatsächlich gegen die Apokalypse (Aussperrung, Ausschreitungen etc.) versichert sind.
    Tjoa ähm, wer hätte gedacht, dass das gerade wichtiger ist als ne Feuerversicherung *lol*

  • cimourdain 31. März 2020, 15:54

    Ich habe mir den Vorschlag von Bofinger und Hüther zur Reduktion der Einkommen/Körperschaftsteuer UM (bei Ihnen steht AUF [vorletzter Absatz, Satz 2], wäre schön, wenn Sie das nachträglich ändern können) 25/40% angesehen. In der Darstellung ist der verlinkte Artikel lobend erwähnenswert: bestehende Maßnahmen werden gezeigt, Intention und Kosten werden anhand konkreter Zahlen erläutert, sogar Fallstricke diskutiert. Trotzdem (oder gerade deswegen) finden sich Haare in der Suppe:
    – Es wird davon ausgegangen, dass der Gewerbetreibende/Selbständige keine weiteren Einkünfte hat, was nicht sehr realistisch ist. Lässt sich sicher durch ein Faktorverfahren bei der Einkunftsart lösen. (Wobei offen bleibt, ob jemand der 2019 negative Einkünfte aus Gewerbe hatte, dann nachzahlen muss ?)
    – Diese Subvention bevorzugt große, einträgliche Betriebe überproportional. In der Landwirtschaft hat genau diese Methode zu Marktverzerrung und Oligopolen geführt.
    Besser vom System her ist eine Vereinfachung des Steuer-Rücktrags. Das hat nur den Nachteil, dass diese Maßnahme erst mit der Veranlagung der Jahressteuer 2020 also im Laufe des Jahres 2021 oder sogar erst 2022, greift. Für Liquiditätsengpässe ist das natürlich zu spät.

    • Stefan Pietsch 31. März 2020, 16:14

      Ich hatte es als interessanten Ansatz angeführt, so ganz durchdrungen ist es noch nicht. Allerdings bin ich generell Anhänger des Konzepts einer NIT (Friedman), von daher voreingenommen. 🙂 Prinzipiell benötigen wir Lösungen, die Unternehmen Kapital zuführen, ohne Kredite zu sein. Die Gefahr von Krediten betonen – so unterschiedlich die Ausrichtungen sind – sowohl Bofinger/Hüther als auch Flassbeck.

  • Ariane 31. März 2020, 18:29

    Der rechtlich und praktisch sauberste Weg wäre, wenn der Staat sämtliche durch Corona verursachte Einnahmeausfälle ausgleichen würde. Als Grundlage würde der Umsatz der vergangenen 5 Jahre dienen. Das wäre allerdings gigantisch teuer und bürokratisch. Außer Deutschland könnte sich das kaum ein Staat wirklich leisten.

    Also ich muss sagen, da kommt ein bisschen mein radikaler Pragmatismus durch. Wir sind uns ja alle einig darin, dass der Staat irgendwie das Geld verteilen muss. Das sind halt Staaten mit anderen Möglichkeiten, die werden das schon „herbeizaubern“ und dieses Problem stellt sich auch nicht sofort.

    Im Gegensatz zur Not, in die aktuell die komplette Wirtschaft geraten ist. Wir schaffen es ja nicht mal, alles auf das gesundheitliche Pandemieproblem auszurichten und das ist halt gerade der Haupt-Wettlauf.
    Damit das gelingt, muss man erstmal Kapazitäten woanders freischaufeln, da kann man die Leute und Unternehmen nicht mit hundert Angeboten (die ständig nachkorrigiert werden) und merkwürdigen Kreditkonditionen und irgendwelchen Prüfungen aufhalten. Das ist ja teils schon wieder das nächste Gesundheitsproblem, weil ständig alle zu Krisensitzungen eilen und hier im bräsigen Niedersachsen ist mal gar nix mit Digitalisierung und Videokonferenzen. Und uns gehts noch gut, wir sind hier bisher besorgt, dass ein Fall auftritt und schon steckt der halbe Ort in Quarantäne und kann nur noch telefonieren. Die Gefahr gibts ja auch noch.

    Für Norddeutschland wurden gerade Zahlen bekannt gegeben:
    Die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit (BA) sprach heute von rund 41.400 Betrieben in Niedersachsen und 5.600 in Bremen. Dies entspreche in etwa einer Verzehnfachung gegenüber der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009/2010
    Das ist absolut dramatisch und in SH siehts wahrscheinlich noch viel schlimmer aus, da kommt die ganze Kohle nur durch Tourismus und Klimbim an den Küsten. Da sind sonst nur Bauernhöfe und marode Industriereste.

    Das sind viel zuviele verzweifelte Leute (weil ja auch noch Pandemie ist!), die auf Behörden treffen, die vor lauter Problemen selbst Schwierigkeiten haben, den Betrieb irgendwie aufrecht zu erhalten. Da liest man nix von, aber ich gehe davon aus, dass auf oberer Ebene ein Beamtenverschiebe stattfindet, weil einige Behörden nicht mehr arbeiten (Zulassung), während andere überrannt werden (Gesundheitsämter, Finanzämter, Agentur für Arbeit)

    Ich würde eher bei den Fixkosten ansetzen und wie gesagt, erstmal Mieten, Schuldenbedienung, Löhne etc. für zwei Monate übernehmen. Dann hat man die Masse erstmal abgesichert und die Banken, Vermieter und Arbeitgeber wenden sich an den Staat oder sind am besten der Staat.
    Das sind zum Einen weniger Leute und zum Anderen besser ausgestattete Unternehmen oder Menschen, die mehr Erfahrung darin haben, vom Staat Gelder zu bekommen.

    Und was meiner Meinung nach ABSOLUT verhindert werden muss: dass wirtschaftlich verzweifelte Menschen beim Gesundheitsamt anrufen und nach Staatshilfen fragen, während die Leitung für die Pandemie freibleiben muss oder den Notruf wählen wegen nicht lebenswichtiger Fragen.
    Zumindest in Niedersachsen werden jeden Tag zig neue Hotlines für alle möglichen Probleme aufgesetzt, um die wichtigen Leitungen freizuschaufeln. Und ich mach ähnliches gerade privat und gratis *heul*

    Also so geht das nicht, da muss die Bundesregierung mal die Prioritäten verkünden und verhindern, dass jeder an irgendwelchen Freak-Alltagsproblemen scheitert, die normale Problemlösungen unmöglich macht.

    Das Nadelöhr „Behörden und andere externen Stellen“ muss auf jeden Fall weg, weil es auch noch schnell gehen muss. Und dann kann der Staat überlegen, wie er das Geld herbeizaubern will, aber bitte erst, wenn jeder im Mai noch Haus und Hof hat. Seufz.

    • Stefan Pietsch 1. April 2020, 10:36

      Das klingt erstmal nachvollziehbar, besitzt aber keine Struktur und Systematik. Wir können das Coronavirus als einen Akt höherer Gewalt wie Hagel, Erdbeben und andere Naturkatastrophen ansehen, wo im Grunde niemand haftet und Versicherungen und Staat Entschädigungen in begrenztem Umfange leisten. Das ist bisher immer die bevorzugte weil günstigere Variante gewesen. Das kann man so sehen. Genauso plausibel ist die Betrachtung als vom Staat herbeigeführter Schaden, denn er untersagt die wirtschaftlichen Aktivitäten und schränkt die grundrechtlichen Freiheiten ein. In diesem Falle wäre jedoch vom Verursacher Schadensersatz in voller Höhe zu leisten.

      Dein Vorschlag, der Staat solle Mieten und die Schuldentilgung für einen begrenzten Zeitraum übernehmen, ist nicht Fisch noch Fleisch. Ausgerechnet Vermietern und Banken wird der Umsatz garantiert, sie werden von Ausfällen freigestellt, während die sonst Geschädigten auf ihren Umsatzverlusten weitgehend sitzen bleiben. Das ist eine völlige Ungleichbehandlung. Entweder der Staat garantiert für sämtliche Verlustausfälle oder gar nicht und beschränkt sich auf Hilfen ohne Anerkenntnis einer eigenen Schuld. Der Mix macht es ungerecht.

      • Ariane 1. April 2020, 11:30

        Das klingt erstmal nachvollziehbar, besitzt aber keine Struktur und Systematik.

        Ähm. Also ich sag mal so. Die Tatsache, dass ich meinen Gebrauchtwagen „bis auf weiteres“ nicht zulassen kann und dass den ganzen Mittwochvormittag ein Stromanbieter! telefonisch nicht erreichbar ist (es läuft nicht mal ein Band!) nehme ich mal als Beweis, dass die Strukturen zumindest hier in Niedersachsen gerade als „nicht mehr vorhanden“ angesehen werden müssen.

        Und eine globale Pandemie, die den Staat zwingt, jegliche öffentlichen Kontake zu verbieten muss man wohl als einen „Akt höherer Gewalt“ ansehen. Da sind nun mal auch wirklich sämtlich alle betroffen, sowohl gesundheitlich oder wirtschaftlich, wer ist denn gerade nicht betroffen? Die Nichtbetroffenen verdrängen das Problem halt aktuell noch und schreiben Artikel, in denen sie überlegen ob Geld vs Menschenleben nicht mal unbedingt diskutiert werden müsste. Kann mir doch keiner erzählen, dass solche Leute nicht sofort ihre Meinung ändern, wenn sie plötzlich selbst gut ein Beatmungsgerät brauchen könnten. Seufz.

        Also ja, alle sind ausnahmslos betroffen und brauchen die Hilfe des Staates. Das gilt auch in wirtschaftlicher Hinsicht (das was jetzt nicht betroffen ist, macht meiner Meinung nach zuwenig Gewicht, um das wieder rauszurechnen).
        Eigentlich stehen wir also nur noch vor der Frage, wie der Staat das Geld ausschütten kann und wenn er zb nur noch Banken und Vermieter erstmal Kohle rüberreicht, geht das erheblich einfacher, als wenn er alle Mieter und Schuldenbediener Deutschlands unterstützen will. Und diese Situation haben wir nun mal gerade. In Berlin sitzen sie für die Kleinst-Soforthilfe vermutlich immer noch in der Warteschlange und das wird einfach nur durchgewunken.
        Das ist nun mal einfach nicht effizient. Kapitalisten lieben doch Effizienz und Optimierung! 😉

        • Stefan Pietsch 1. April 2020, 11:53

          Ich fühle mich gegenüber dem institutionellen Vermieter benachteiligt, wenn der seine Umsätze garantiert bekommt, ich aber nicht. Das ist ungerecht, weil es an jeder Begründung fehlt.

          Im Haftungs- und Versicherungsrecht geht es genau um solche Fragen. Wer hat’s verursacht? Der Staat hat einseitig und meist nur über das Ordnungsrecht die weitgehenden Einschnitte verfügt. Ob sie in der Form notwendig sind und waren, werden wir erst in ein paar Monaten wissen. Jedenfalls hat er agiert. Üblicherweise muss derjenige, der agiert, in einem Rechtsstaat für die finanziellen Konsequenzen aufkommen. Wenn ich z.B. den Betrieb schließen muss, weil irgendein Schädling eingedrungen ist oder das Gebäude abgefackelt wurde, muss ich dennoch Gehälter zahlen und den sonstigen Verpflichtungen nachkommen und kann mich nicht dadurch exkulpieren, dass ich das, was zum Shutdown führte, ja gar nicht verursacht hätte.

          Deswegen wäre es konsequent, wenn der Staat sämtliche Einnahmeausfälle übernehmen würde.

          • Ariane 1. April 2020, 12:02

            Ich fühle mich gegenüber dem institutionellen Vermieter benachteiligt, wenn der seine Umsätze garantiert bekommt, ich aber nicht. Das ist ungerecht, weil es an jeder Begründung fehlt.

            Nur zur Klarstellung, ich meine wirklich ausnahmslos alle Vermieter Deutschlands. Vom Privatmann bis hin zum Staat als Vermieter.
            Dann müssten natürlich auch die Privat-Vermieter sich beim Staat melden und 2 Monate Mietausfälle geltend machen. Aber man hätte zumindest mal einen effizienteren Weg gefunden, anstatt Millionen Leute (die ja wirklich in ihrer Existenz getroffen sind) auf zusammenbrechende Webseiten zu führen.
            Und auch ein Privatvermieter kann die Zeit zwischen Ausfall und Rückerstattung einfacher überbrücken als Menschen, die von heute auf morgen keine Einnahmen mehr haben und auf den Fixkosten herumsitzen.

            Das ist natürlich nicht DIE Lösung für alle Wirtschaftsprobleme der Welt, aber zumindest denen, die in echten Existenznöten stecken, wäre damit viel mehr geholfen als nur Räumungsklagen zu verbieten (und übrigens gesetzlich darauf hinzuweisen, dass die Miete natürlich weitergezahlt werden muss und jeder möge doch erstmal mit seinem Vermieter verhandeln)
            Sieht man ja an kik, adidas & co., nur die Großmieter können es sich leisten, ihre Vermieter einfach mal so über die Aussetzung von Mietzahlungen in Kenntnis zu setzen. Jeder mit weniger Kohle wird zum Betteln gezwungen, das kanns halt auch nicht sein.

            Und diese Probleme haben wir eben auch auf jeder Ebene, es ist also wirklich eine Frage der Effizienz, wie man den verzweifelten Leuten erstmal die Last abnimmt und sie den Wohlhabenderen aufdrückt, die mehr Möglichkeiten haben, sich das Geld vom Staat zurückzuholen. (oder wie Banken & Großunternehmen verpflichtet sind, größere Cashreserven für Notfälle parat zu haben)

    • Dennis 1. April 2020, 18:16

      Zitat Ariane:
      „Wir sind uns ja alle einig darin, dass der Staat irgendwie das Geld verteilen muss. Das sind halt Staaten mit anderen Möglichkeiten, die werden das schon „herbeizaubern“ und dieses Problem stellt sich auch nicht sofort.“

      Klaro, staatlicherseits Schulden machen geht immer. A propos immer: Wenn diese Lösung ’ne gute Idee ist, warum machen wir das nicht einfach IMMER? Der Staat schüttet beliebig Geld in die Gegend und alle werden reich. Einfach so, ohne Arbeit und Kapital.

      Das Herbeizaubern ist also das geringste Problem. Der Finanzminister bestellt das Zeugs bei den geldschöpfenden Institutionen, die schieben das rüber und fertig ist der Lack.

      Die schlechte Nachricht: Das Hauptproblem lautet nicht „kein Geld mehr“ sondern „keine Produktion mehr“. Wie gesagt: Wenn „Geld statt Produktion“ ne gute Idee wäre, würd ich das einfach IMMER machen. Spazierengehen für alle und das for ever.

      Funzt aber nicht, denn durch die „Maßnahmen“ geht nicht Geld sondern Wohlstand effektiv verloren. Punkt, aus, Ende 🙁

      Die Frage ist also: Wie verteilen wir die Verluste? und nicht etwa: Wie machen wir die Verluste durch Zauberei ungeschehen? Der Begriff „Lastenausgleich“ ist hier ja schon verschiedentlich angesprochen worden. Darum wird’s gehen, indes eine Debatte auf die man politischerseits nitt unbedingt geil ist, weil eher heikel^.

      • Ariane 2. April 2020, 11:58

        Ich glaube, das hier ist dein Denkfehler:
        Das Hauptproblem lautet nicht „kein Geld mehr“ sondern „keine Produktion mehr“.

        Das Hauptproblem ist weder das eine noch das andere, sondern eher „Pandemische Bedrohungslage und deswegen gar nix mehr“

        Mit Produktion kann man nix anfangen, wenn kein Laden mehr auf hat und man die Teile nicht heranschaffen kann. Sachen zusammensammeln und dann verteilen schaffen wir gerade nur mit Müh und Not, wenn es um Medizingüter geht. Kriegst ja gerade nicht mal Menschen real an einen Ort, um das ganze zu organisieren.

        Geld ist gerade nicht mehr das größte Problem der Welt, sondern zweitrangig. Gerade wenn wir nur auf Staaten und Notenbanken gucken. Hat zudem den Vorteil, dass es auf dieser hohen Ebene eh nur virtuell existiert und blitzschnell über Kontobewegungen hin und hergeschoben werden kann. Typischer Fall von „Wenn man tot ist, hilft einem Geld auch nicht mehr“
        Und die europäischen Staaten haben das ja durchaus kapiert, um das gesundheitliche Wohlergehen aller Menschen zu schützen, schlagen sie ja alles kurz und klein, was im Weg steht und lösen diesen Fullstop selbst aus. Und betonen immer wieder, dass der Staat auch die finanziellen Probleme der Mensche lösen will. Immerhin! Das sind allerdings schon zwei Mammutaufgaben gleichzeitig, Geldverteilung und „herbeischaffung“ ist aber immer noch einfacher als reale Medizinprodukte und Menschen, die damit umgehen können.

        Es wäre also schön, wenn bei den Herren in den Schreibtischstuben diese Erkenntnis ankommt und sie sich gefälligst freuen, hier ein Problem zu haben, das sich einfacher lösen lässt. Dann hätten wir auch mehr Kapazitäten für das eigentliche Problem frei und könnten das effektiver angehen.
        Und ich bin stinksauer, wenn ich darauf erst warten muss, bis die Schreibtischherren erst ganz persönlich betroffen sind, nur weil sie nicht aus dem Fenster gucken. Dann rennen sie nämlich auf jeden Fall los und erzählen „hey, wir haben hier ein großes Problem!“ Ach was.

  • Dennis 1. April 2020, 08:55

    Zitat Ariane:
    „Da sind sonst nur Bauernhöfe und marode Industriereste.“

    Drägerwerk in Lübeck ? Was wären wir ohne die, heutzutage.

    Von Schwartauer Marmelade ganz zu schweigen. Für mein Frühstück absolut systemrelevant (insbesondere Heidelbeere), grad in diesen Zeiten.

    Zitat Ariane:
    „da kommt die ganze Kohle nur durch Tourismus und Klimbim an den Küsten.“

    Okay, im Vergleich schon. Die Tourismusintensität – bezogen auf die Einwohnerzahl – ist nach MeckPom die zweithöchste in deutschen Landen. Indes ein mühseliges und arbeitsintensives Geschäft. Viel Kohle blieb da am Ende des Tages auch bisher nicht hängen 🙁 anders als in der kapitalintensiven Industrie. Wenn die Autoindustrie und alles was da dran hängt unten im Ländle, also bei Stefan Sasse ^, dicht macht, wird mehr gejammert – die fallen tiefer.

    Also, das wird – bei relativer Betrachtung – womöglich so bleiben:

    https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Schleswig-Holstein-Ein-Abo-aufs-Glueck,gluecksatlas156.html

    Keine Ahnung, warum das so ist, aber da bist du ja Expertin.

    Ein Proff aus Kiel ist da angeblich auch noch Experte, nennt man wahrscheinlich Glückologe oder wie auch immer:

    https://www.kn-online.de/Nachrichten/Schleswig-Holstein/Forscher-erklaert-Deshalb-ist-das-Glueck-in-Schleswig-Holstein-zu-Hause

    Der sagt, es läge nicht unwesentlich an den Genen. Hmmmmm

    Zitat Ariane:
    „Und dann kann der Staat überlegen, wie er das Geld herbeizaubern will,“

    Die gute Nachricht: Geld herbeizaubern kann man immer, wird auch seit Menschengedenken gemacht. Geld ist kein physisches Gut sondern etwas rein Abstraktes, Gedachtes. Die Geldschöpfer müssen nur die Bilanz verlängern und fertig ist der Lack. Was man da reinschreibt, is eh egal. Der Systemanker ist der GLAUBE an die Werthaltigkeit – und nicht irgendwelche Goldbarren die irgendwo im Keller rumliegen. Den gedachten Geldwert zu erhalten wenn die Realwirtschaft gekillt wird, wird allerdings schwierig – sehr schwierig. Der berühmte Spruch, dass man Geld nicht essen kann, hat was für sich – sehr viel sogar.

    • Ariane 1. April 2020, 10:57

      Drägerwerk in Lübeck ? Was wären wir ohne die, heutzutage.

      Auch wieder wahr^^ Ich komme allerdings aus dem Landkreis neben Kiel und die Region wurde in den letzten Jahrzehnten ziemlich komplett auf Tourismus oder Kurort umstrukturiert. Mein Geburtsort Rendsburg ist in der Zeit zum ziemlichen Ghetto geworden, weil Industrie am Kanal nicht mehr gefragt ist, da wohnen jetzt die Leute, die sich an den Küstenorten die Miete nicht leisten können/wollen wie meine Mutter.

      Wenn die Autoindustrie und alles was da dran hängt unten im Ländle, also bei Stefan Sasse ^, dicht macht, wird mehr gejammert – die fallen tiefer.

      Da mein Mann selbst in einem (soliden) Autohaus arbeitet, war ich wirklich schockiert als ich hörte, die müssen auch nach Staatshilfen gucken. Bei einem gutgehenden Unternehmen, das logischerweise das meiste Geld mit teuren Neuwagen verdient, hätte ich eher gedacht, dass sie später in Folge des Konjunktur-Rückgangs Schwierigkeiten bekommen und nicht in dieser Frühphase. Also selbst ich „Hysterikerin“ habe das Ausmaß wirklich unterschätzt.

      Der sagt, es läge nicht unwesentlich an den Genen. Hmmmmm

      Nun tja, muss zugeben, ich kann über die Absurditäten, die diese Pandemie ständig produziert, immerhin gelegentlich noch herzhaft lachen. Aber ich hab ja sogar eine Apokalypsenversicherung für ein unfertiges Haus!

      Die gute Nachricht: Geld herbeizaubern kann man immer, wird auch seit Menschengedenken gemacht.

      Nein, „man“ kann das eben nicht, sondern nur Notenbanken. Noch sind wir nicht an dem Punkt, an dem ich meinem Vermieter einfach Toilettenpapier oder Mehl anbieten kann, wenn ich die Miete nicht mehr zahlen kann. Bei einem persönlichen Beatmungsgerät wäre es vermutlich schon wieder etwas anderes, aber das hat – gerade jetzt – erst recht niemand ungenutzt im Keller herumliegen.
      Leider Gottes gelten ja nicht mal dieselben Schwarzmarktregeln wie im Krieg, von diesem im Rückblick hochgefährlichem Richtfest, sitzen wir nämlich noch auf Bergen von hartem Alkohol herum. ^^

  • popper 1. April 2020, 10:31

    Natürlich könnten wir die wirtschaftlichen Verwerfungen, aber auch die im privaten Bereich durch Kurzarbeitergeld etc. locker schultern. Die Staaten müssten nur wollen und sich von den falschen Ideologien der Geldpolitik lösen. Ich habe das hier schon oft beschrieben. Bei dieser ganzen Debatte um Euro- oder Corona-Bonds mischt sich die Unkenntnis über die Funktionsweise eines Geldsystems mit den Instinkten eines Juristen, der über rudimentäre BWL-Kenntnisse verfügt. Wenn Deutschland weiterhin mit solchen „Juristen“ in Regierung, Presse und Parteien nach Brüssel fährt, wird die Eurozone und damit auch die EU zerbrechen. Die stets gehörte Behauptung, durch Eurobonds würde eine Haftungsunion entstehen und deren Kosten würden den deutschen Steuerzahler belasten, ist von dem gleichen Unverständnis befallen. Denn, sollten Italien und andere Länder über Eurobonds höhere Staatsausgaben tätigen und dann nicht zurückzahlen können, bezahlt der deutsche Steuerzahler keinen einzigen Euro davon. Die EZB weist einfach ein geringeres Eigenkapital aus, das war es. Es gibt kein Gesetz, das bestimmt, dass die europäischen Steuerzahler bei negativem Eigenkapital der EZB einspringen müssten. Die „Haftungsunion“ ist nur ein willkommenes Konstrukt für politisches Theater, das davon ablenken soll, dass Deutschland die fehlerhafte Konstruktion der Eurozone abermals missbrauchen will, um sich die Ressourcen der „Partnerländer“ anzueignen, mit denen wir uns angeblich solidarisieren. Dass die Premiers der betroffenen Länder aggressiv darauf reagieren, sollte niemanden wundern.

    • Stefan Pietsch 1. April 2020, 10:46

      Warum versuchen nicht andere Länder „sich die Ressourcen von Deutschland anzueignen“, wie Sie schreiben? Wir haben 10 Jahre Niedrigstzinspolitik und Anleihenerwerb durch die EZB hinter uns und die Probleme dieser Länder sind immer noch die gleichen wie Anno 2010. Da könnte man doch auf den Gedanken kommen, dass die Medizin falsch war.

      • popper 1. April 2020, 13:04

        Ja, Herr Pietsch, die Medizin der Deutschen war falsch, sie hat diese Länder ruiniert und versucht es in der Corona-Krise gleich wieder.

        • Stefan Pietsch 1. April 2020, 14:31

          Welche Medizin der Deutschen? Bitte mit Quellenangaben. Meines Wissens nach hat Deutschland keine irgendwie geartete Durchgriffshaftung auf die italienische Gesetzgebung oder den öffentlichen Haushalt. Aber vielleicht haben Sie da ja mehr Informationen.

          Belegt ist die Änderung der Geldpolitik. Und belegt ist die Verärgerung der EZB-Spitze, namentlich in Person ihres ehemaligen Präsidenten Mario Draghi über die Verschleppungen in seinem Heimatland. Verärgert darüber, dass die Geldpolitik den Krisenländern Zeit gekauft hat, damit diese Reformen im Wirtschaftsbereich, Arbeitsrecht und der juristischen Bearbeitung durchführen, die jedoch nicht genutzt wurde.

  • Ariane 1. April 2020, 23:01

    Mal ein kurzes Front-Update aus dem norddeutschen „Ausland“:

    Ich sehe mich in meiner Annahme bestätigt, dass es unten auf Kleinstebene am besten mit der Umstellung auf „Pandemie-Apokalypse“ klappt:
    Mein Supermarkt hat einige Dinge zwar wieder etwas zurückgefahren (plündernde Horden sind hier halt nicht zu erwarten), hat aber jedes Mal andere tolle Ideen. Mittlerweile gibt es vor den Einkaufswagen einen Stand, wo jeder sich Schutzhandschuhe besorgen kann (wird auch gut genutzt, erste Masken sind auch schon zu sehen) und eine Ecke für Lebensmittel, die man spenden kann oder deren MHD bald abläuft, weil die Tafel ja auch nicht mehr normal funktioniert. Außerdem haben sie einen sehr freundlichen Sicherheitsmann, mit dem ich mich schon angefreundet hab.

    Die Webseiten von Landkreis und Stadt sind schon auf Corona angepasst und bemühen sich über diesdas und jenes zu informieren. Dummerweise auch über erste Probleme in der Kanalisation aufgrund der Toilettenpapierkrise. Hm. Ich muss mir also auch noch Sorgen um explodierende Toiletten machen, das muss ja nun nicht sein.
    Aber wie gesagt, auf Kleinstebene läuft es!

    Die Landesregierung hingegen erweckt immer noch einen konfusen Eindruck. Die offizielle Internetseite macht mich schon wahnsinnig, die erweckt den Eindruck, als wenn Stefan Weils Sohn sie aus dem Keller im Homeoffice betreibt, da läuft immer noch der Newsticker, wo Infiziertenzahlen neben Schlesienpreisträgern stehen. Wenn man sich ansieht, was die kommunalen Ebenen machen, ist das wirklich ein Armutszeugnis.

    Die Kontaktverbots-Regeln ändern sich immer noch täglich. Bremen hat sich wohl beschwert, dass ihre Baumärkte überrannt werden, also ist Weil eingeknickt und öffnet ab Samstag auch wieder für Privatleute, um (Zitat) „das Risiko besser zu verteilen“. Hm. Vielleicht nicht die beste Idee, wenn wir mittlerweile in ganz Norddeutschland diverse Probleme in Altenheimen haben

    Aus Schleswig-Holstein allerdings mal wieder sehr gute Nachrichten. Die wollen nicht nur den Weltuntergang gut geplant über die Bühne bringen, sondern Lübeck ist das Zentrum der Pandemierettung, die Dräger-Werke liefern die ersten Beatmungsgeräte aus und es gibt jetzt einen ersten Antikörpertest, der schon marktreif ist.

    Als Info für Stefan Sasse und andere bildungspolitisch Interessierte:
    SH hat wohl die Abiturvorbereitung an Mecklenburg-Vorpommern übergeben und es soll wohl um den Monatswechsel zwischen April und Mai losgehen mit mehreren Nachschreibterminen.
    Hier findet man übrigens den Entschuldigungsbrief der Ministerin an die SchülerInnen und andere Briefchen an Bildungsmenschen.
    Zitat: Sollte es aus Gründen des Infektionsschutzes noch nicht möglich sein, nach den Osterferien mit den Abiturklausuren zu starten, haben wir auch einen Zeitplan vorbereitet, der eine weitere Verschiebung ermöglicht.

    Also SH ist immerhin auf alles vorbereitet!

    Ansonsten muss ich schon zugeben, dass mir langsam die Isolation ein bisschen aufs Gemüt drückt, weil man nur mal beim Einkaufen oder Rein/Rauslaufen andere Leute sieht. Hab mich wirklich gefreut, dass ich ab Montag wieder bei meiner Freundin babysitten darf 🙂
    Und da das gerade im Fernsehen lief: Wir müssten mal dringend darüber reden, was für eine Lobby die Bauern haben! Ich sehe ja ein, dass wir ein Ernteproblem haben, aber die ganze Wirtschaft geht gerade den Bach runter und die jammern öffentlich darüber, dass ihre gut geschulten Niedriglöhner nicht aus dem Ausland einreisen dürfen, um hier in Sammelunterkünften zu leben! Für systemirrelevante Erdbeeren, wenns jedenfalls noch Kartoffeln oder so wären!

    • Stefan Sasse 2. April 2020, 09:34

      Danke für das Update.

      • Ariane 2. April 2020, 16:45

        Oho, auf Twitter las ich übrigens erste Gerüchte, dass Ba-Wü nun doch ins Grübeln gerät, den Regelbetrieb nach Ostern wieder aufzunehmen.

        Der Norden ist mal wieder ein paar Schritte voraus:
        Neue Abitur-Pläne: Hamburger Schüler starten Online-Petition
        Schulsenator Ties Rabe hat den Beginn der Abiturprüfungen um fünf Tage verschoben. Gegen diese Pläne formiert sich neuer Widerstand vonseiten der Schüler. Sie habe eine neue Online-Petition für eine weitere Verschiebung des Abiturs gestartet.

        Bleibt spannend: Abitur fällt aus wegen Schülerstreik wäre ja irgendwie auch lustig^^

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