Sebastian Kurz schreibt in Australien mit demokratischen Präsidentschaftskandidaten über Rechtsextremismus – Vermischtes 08.01.2020

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Sie werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten.

1) Sehnsucht nach Macht, nicht Programm

Sebastian Kurz war womöglich nicht erfolgreich, weil er ein stringentes, zugleich modernes und urwüchsig konservatives Programm ersonnen hat. Und wo er ein klares Programm hat – in seiner Härte gegenüber Zuwanderern und seiner prinzipiellen Offenheit gegenüber der radikalen Rechten – da eifert ihm ja gerade keiner der denkbaren Unionskanzlerkandidaten nach. Eher ist es andersherum: Ihm wurde nachgesagt, ein schlüssiges Programm zu haben, weil er erfolgreich war. Insofern ist Sebastian Kurz vor allem Projektionsfläche einer Sehnsucht nach Macht. Oder ab und an auch argumentatives Mittel zum Zweck, um der eigenen Kanzlerin einen mitzugeben. Analog dazu verlor die CDU zuletzt womöglich gar nicht Stimmen, weil Merkel so viele Kernthemen der Union aufgegeben hat oder die Partei hat beliebig werden lassen. Noch 2013 hatte sie für die Unionsparteien fast die absolute Mehrheit geholt, da lagen die Familienpolitik Ursula von der Leyens, der zweite Atomausstieg und die Aussetzung der Wehrpflicht nicht lange zurück. Dass Beliebigkeit gar nicht das Problem der Union ist, dafür spricht auch, dass derzeit CSU-Chef Markus Söder populärer wird. […] Söder ist flexibel. Er hatte als bayerischer Umweltminister kurz vor der Reaktorkatastrophe von Fukushima noch längere Laufzeiten für Atomkraftwerke und danach bemerkenswert schnell den Ausstieg gefordert. Er hatte jedenfalls nicht aufbegehrt, als ein Minister seiner Partei, Karl-Theodor zu Guttenberg, das Ende der Wehrpflicht betrieb. Er hatte bis zum Sommer 2018 den harten Asylkritiker gegeben, um dann ebenso hart umzuschwenken. Er geißelt heute die AfD, statt wie zuvor gelegentlich mit ihrer Sprache zu kokettieren. Er umarmt auf einmal Bäume. Und er gibt sich gar keine Mühe, seine Richtungswechsel zu bestreiten. Suchten die Konservativen wirklich weltanschauliche Widerspruchsfreiheit, müsste Söder es schwer haben. Da er es leicht hat, ist Konsistenz wahrscheinlich nicht das, was viele in den Unionsparteien vermissen. (Jonas Schaible, SpiegelOnline)

Ích bin in der Analyse völlig bei Jonas, wobei die Frage offen bleibt, welche Konsequenzen daraus folgen. Erfolg gebiert irgendwelche ex-facto-Erklärungen, das ist offenkundig; nicht nur bei Kurz und Söder. Jonas verweist zu Recht auf die früheren Erfolge Merkels. Was hatten wir Ende der Nuller- und Anfang der Zehnerjahre nicht an Artikeln über das Geheimnis hinter Merkels Erfolg, das Feiern ihrer gewaltigen Erfolge! Damals war es noch eine radikal linke Position, ihr zu unterstellen, dass sie eigentlich gar nichts macht. Inzwischen ist die Kritik ein Standardbaustein konservativer Sonntagsreden. Ich bin zu jung um persönliche Erinnerung zu haben, aber nach meinem Dafürhalten ging es Kohl damals nicht anders. Erst bewundert, dann, ab Mitte der 1990er Jahre, zunehmend kritisiert, hauptsächlich dafür, noch da zu sein.

Generell scheint es mir, als ob wahnsinnig viele Analysen zu Erfolg und Nichterfolg hauptsächlich darauf fußen, dass Erfolg oder Nichterfolg bestehen – reine Zirkelschlüsse. Die AfD ist so erfolgreich, weil sie erfolgreich ist. Die CDU verliert Stimmen, weil sie Stimmen verliert. Die SPD kommt nicht mehr auf die Füße, weil sie nicht auf die Füße kommt. Und so weiter. Auch so ein Genre, neben dem „Partei X muss machen was ich will damit sie Wahlerfolge hat“, das diese Art von Artikeln so häufig beinhaltet.

2) Tweet

Ich wäre wirklich froh, wenn die CDU-Ministerpräsidenten und FDP-Oppositionspolitiker ähnlich schnell mit Verurteilungen rechten Terrors an der Hand wären, wie sie es bei linkem Terror sind. Genausowenig, wie Vollidioten, die Polizisten mit Steinen bewerfen irgendwelches Verständnis oder das Fragen nach ihren Sorgen und Nöten verdienen, genauso wenig verdienen es Leute, die Asylbewerberheime anzünden oder Migranten durch die Straßen hetzen. Leider findet man die gleiche Relativierei auf beiden Seiten. In linken Zeitungen wird gerade hoch und runter diskutiert, ob der Einkaufswagen in die Polizisten gerammt oder geschoben wurde, statt dass man sich auf die common-sense-Lösung einigt, dass Einkaufswagen generell auf Demonstrationen nicht auf Polizeikordons zubewegt werden sollten. Das ist auch nur eine Spielart von Maaßen, der auf irgendwelchen semantischen Spitzfindigkeiten besteht, damit seine Nazi-Freunde Ausländer nicht durch die Straßen gehetzt, sondern nur zu überdurchschnittlich schnellem Laufen animiert haben.

3) Yes, 1.5 Degrees Celsius Is Long Gone as a Climate Change Target

Die merkwürdigen politischen Dynamiken der Klimakrise sorgen dafür, dass Drums – völlig richtiges – Argument hauptsächlich aus der liberalen Ecke kommt, dort aber bedauerlicherweise gerne als Feigenblatt für die eigene Untätigkeit genutzt wird. Denn wenn es ein globales Problem ist, das nur global gelöst werden kann, wo der Beitrag der eigenen Nation insgesamt unbedeutend erscheint, dann muss man ja erst einmal gar nichts tun. Es ist auch nur eine Variante der Lindner’schen Beschwörung zukünftiger Durchbruchstechnologien, ohne irgendeinen Schritt dafür zu tun, dass diese Technologien tatsächlich entstehen.

Umgekehrt besteht oft genug im progressiven Spektrum ein blinder Fleck gegenüber diesen Problemen. Die Kritik daran, individuelle Verhaltensänderungen zu diskutieren (weniger Autofahren, Veggieday, Energiesparlampen etc.) entbehrt ja nicht ihrer rationalen Grundlage, läuft aber natürlich ihrerseits wieder in die Falle des Nichtstuns. Auf der anderen Seite sorgen die beknackten Mechanismen der Identity Politics dafür, dass die eine Seite die Kritik der anderen jeweils in Bausch und Bogen verdammt; so lehnen Liberale und Konservative oft genug auch sinnvolle individuelle, inkrementelle Veränderungen ab, während Progressive ein tiefes Misstrauen gegenüber der Wirtschaft und den kapitalistisch verfassten Staaten haben, die als einzige in der Lage sind, die großen Veränderungen zu bewirken, und hier für Lähmung sorgen. Es ist ein Trauerspiel.

4) The Secret to Joe Biden’s (Hypothetical) Electability

In other words, from one angle, 2020 Biden looks like 2016 Hillary Clinton, if Hillary Clinton were less inspirationally pathbreaking, more corrupt, and a much worse public speaker. […] None of this means that Biden will necessarily be a strong standard-bearer in 2020, let alone that his “electability” advantage is large and certain enough to outweigh his substantive deficiencies. But it is enough to suggest that Biden does possess some genuinely electorally advantageous quality, which may or may not compensate for his myriad liabilities. New political science research published in the Washington Post’s Monkey Cage blog offers some insight into what that quality might be. In the Democratic primary, Biden has proven disproportionately popular with African-American voters. But a new survey from political science scholars at the Universities of Virginia and Montana suggests the former vice-president boasts another source of outsize strength: white voters who resent the political power of African-Americans; or, in the researchers’ more precise phrasing, voters who evince high levels of “white consciousness.” […] All this said, this unique electoral advantage may prove less beneficial than it appears today. For one thing, although Biden has strong support from African-Americans in general, his backing from younger black voters — who, as a group, are less reliable voters but whose turnout rate could tip the balance in critical swing states — appears less robust. For another, it’s far from clear that “white conscious” independents will retain their affinity for Biden once he becomes the standard-bearer of the nonwhite party. But to the extent that Biden is a strong general-election candidate, it is likely because his long résumé has earned him goodwill from African-Americans and “Why isn’t there a white history month?” voters alike. (Eric Levitz, New York Magazine)

An und für sich ist die Erkenntnis, die hier formuliert wird, nicht neu. Bidens Erfolgsrezept wäre exakt dasselbe wie Obamas. Dessen ganze Strategie fußte auch darauf, sich selbst als ungefährlich für das „weiße Gewissen“ zu präsentieren und mit aller Macht zu vermeiden, sich mit der schwarzen Hautfarbe zu identifizieren. Das fällt Biden naturgemäßer noch leichter. Die Gefahr, darüber die junge Basis der Partei zu verlieren, ist natürlich real. Auf der anderen Seite ist, wie Levitz ja auch andeutet, die Gefahr gleichzeitig überschaubar. Diese junge Parteibasis ist unzuverlässig und hat eine geringe Wahlbeteiligung, sieht man einmal von 2018 ab. Bidens Wette ist daher dreierlei: Dass er die Obama-Koalition wieder erwecken kann, dass die Jungen mit „normaler“ Beteiligung wählen (also fast gar nicht) und dass sie ohnehin keine andere Wahl haben, als selbst moderate Democrats zu wählen, weil die Republicans keine Alternative sind. Diese Wette kann durchaus aufgehen. Sie kann aber auch nach hinten losgehen. Wir werden sehen.

5) Finland is considering a four-day week. Is this the secret of happiness?

Although a shorter working week has many benefits, it is not a magic solution. The Wellcome Trust backtracked on plans for a four-day week, saying it would be “too operationally complex”. Gothenberg dropped its six-hour-day experiment because of increased costs. Bosses worry a shorter working week will create staffing challenges and make it harder to serve customers, while employees worry that working less will make them look lazy. These challenges are not insurmountable. Indeed, reduced working days are nothing new. Since the industrial revolution, the number of hours worked has been falling. When working hours in Britain were cut from about 54 hours a week to 48 hours a week in 1919, it had no effect on productivity and competitiveness. Kellogg’s, the US cereal manufacturer, successfully operated a six-hour working-day policy for many years in the middle of the 20th century. It was only dropped because management wanted the firm to have work practices like other companies. It is entirely possible to be happier and more productive and environmentally friendly at work. It might sound too good to be true, but it could be the norm in a few years. (André Spicer, The Guardian)

In unserer fortlaufenden Meta-Diskussion zu kürzeren Arbeitszeiten hier der Verweis auf Finnland, das gerade ein landesweites Experiment in diese Richtung startet. Ich bin ja grundsätzlich ein Verfechter dieser Politik, aber Finnlands landesweite Umsetzung wird uns eine große Menge Datenmaterial geben, auf dessen Basis wir künftige Policy-Schritte dieser Art evaluieren können. Der Blick nach Norden rentiert sich daher. Ich will das an dieser Stelle nur als Hinweis belassen, die Sache im Auge zu behalten. Wenn jemand mehr Kontext zum finnischen Experiment beisteuern kann, gerne!

6) So unfair werden angehende Lehrer*innen behandelt

Ja, dass das ganze System völlig intransparent, ausbeuterisch und darauf ausgelegt ist, alle Menschen mit eigenem Stil oder anderen Blickwinkeln mundtot zu machen und anzupassen, ist mittlerweile nicht mehr mein direktes Problem, denn ich habe mein Ref erfolgreich beendet. Aber dass anscheinend der Konsens gefunden wurde, dass man das System akzeptiert, weil es eben so ist, das ist schon mein Problem. Und weil ich jetzt nicht mehr von den Meinungen meiner Ausbildungsbeauftragten, Schulleiterin, Fachleiter*innen und Seminarleiter*innen abhängig bin, habe ich endlich die Freiheit, diesen Artikel zu schreiben und einmal ganz laut zu sagen: Liebe Bezirksregierung. Ändert endlich dieses System. Denn statt nur die Lehramtsanwärter*innen auf den Prüfstand zu stellen, zu hinterfragen, zu durchleuchten und zu Transparenz anzuhalten, sollte es jemanden geben, der*die genau das Gleiche mit den Ausbilder*innen macht. Es sollte sichergestellt sein, dass die Basis an der Schule stimmt und die Referendar*innen dort eben nicht die Trottel für alle sein müssen, sondern angemessen unterstützt und vor allem ausgebildet werden. Noten sollten nicht nach Lust, Laune und Sympathie vergeben werden, sondern anhand sinnvoller Kriterien, die die Bewertungen transparent und nachvollziehbar machen. Kleine Fehlerchen sollten als menschlich akzeptiert werden. Genau wie der Fakt, dass Schüler*innen eben manchmal nicht zuhören oder langsam verstehen, ohne dass deswegen sofort die Arbeitsanweisung unklar war. Man sagt doch, dass man aus Fehlern lernt. Also lernt ihr doch endlich auch aus euren. (Leia Winter, ze.tt)

Das Referendariat ist eine legendär brutale Ausbildung. Die Intransparenz der Notengebung kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen, ebenso viele andere der im Artikel genannten Kritikpunkte. Ich würde allerdings nicht zu einer solchen Generalkritik ansetzen wollen wie das Winter hier tut. Die größten Probleme im Referendariat, wie ich sie erlebt habe, bestehen in dem beispiellosen Druck, dem man darin ausgesetzt ist, der Unklarheit über die Anforderungen in den „weichen“ Segmenten (wie der angesprochenen Schulleiterbeurteilung) und der gleichzeitigen völligen Hilflosigkeit der eigenen Position.

Das Referendariat war, wie für so viele andere Referendare auch, eine höllische Zeit. Ich bin mehr als froh, dass sie rum ist. Und sie müsste nicht so höllisch sein. Bedauerlicherweise ist es so wie häufig in diesen Systemen, dass das Problem dadurch reproduziert wird, dass die Abgänger nun mit einem „für mich war es schlimm, warum sollte es für dich anders sein“ die Probleme aufrechterhalten. Auch das habe ich leider nur allzu oft erlebt.

Gleichzeitig aber, und das ist die Kehrseite des Ganzen, ist das Referendariat auch eine ungeheuer gute Ausbildung. Wer es mit einer vernünftigen Note übersteht, kann sich auf die Schulter klopfen – das ist alles, aber keine Selbstverständlichkeit, und man hat dafür wirklich etwas geleistet. Auch wenn Seiteneinsteiger das nicht gerne hören, die Ausbildung durch das Referendariat ist ein elementarer Bestandteil des Lehrerdaseins. Wer es nicht gemacht hat, dem fehlt nicht nur etwas, sondern einiges.

7) In eigener Sache

Mit dem heutigen Tag scheide ich beim BR aus – auf eigenem Wunsch [Ergänzung 2.1.20: mit dem 31.12.19 lief mein Beschäftigungsverhältnis formell aus]. Gerade Ihre öffentlichen Äußerungen in jüngster Zeit über die Verantwortung des BR in Zeiten von Fake News und Hate Speech waren für mich nur mehr schwer zu ertragen. Wie kann man sich auf Bühnen stellen und von Werten reden, wenn man diese im Tagesgeschäft aber auch gegenüber dem eigenen Rundfunkrat so eklatant vermissen lässt? Wenn uns Medienmacher etwas von den großen Tech-Konzernen aus dem Silicon Valley unterscheidet, dann doch wohl unser journalistisches Ethos. Als Intendant haben Sie – mehr als jeder andere Amtsträger des Hauses – nicht nur große Verantwortung, sondern auch Vorbildfunktion. Was Sie tun (oder eben nicht tun) setzt den Maßstab dafür, wie sich Ihre Untergebenen verhalten, seien es die Direktoren, der Chefredakteur, bis hin zu jedem einzelnen Redaktionsleiter. Vor drei Jahren hatte ich mich in einem persönlichen Brief an Sie gewandt. Ich hatte versucht, Ihnen die Situation begreiflich zu machen, in der sich meine Familie und ich befinden. Sie hätten uns helfen können, hätten sich aktiv und für alle Welt sichtbar vor Ihren Mitarbeiter stellen können. Der Intendant des Bayerischen Rundfunks, zugleich Vorsitzender der ARD – was für ein Zeichen wäre das gewesen! Stattdessen haben Sie weggeschaut – und das obwohl Sie als einer der Wenigen schon frühzeitig über alle Details, insbesondere über die antisemitischen Motive unserer Angreifer, bestens informiert waren. (Richard Gutjahr)

Genauso wie bereits beim #Omagate-Skandal finde ich es absolut erschreckend, wie disloyal die Intendanten der Öffentlich-Rechtlichen mit ihren „freien“ Mitarbeitern umgehen. Diese Leute leben ohnehin bereits in einem ständig prekären Zustand, weil sie durch ihren Status kaum berufliche Absicherung genießen. Wenn ihnen dann der eigene Sender, für den man (wie in Gutjahrs Fall) Jahrzehnte gearbeitet hat, dermaßen in den Hintern tritt, wenn Probleme auftreten – vor allem mit den mittlerweile zur Gewohnheit werdenden rechten Hetzmobs – dann ist das absolut beschämend. Wozu haben wir denn einen so abgesicherten, von direkter Einwirkung und Kritik weitgehend insulierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wenn dieser diese Sicherheit dann nicht einmal nutzt, um die Pressefreiheit gerade bei den Schwächsten zu verteidigen? Und zwar völlig unbesehen davon, was man so persönlich als Intendant von den jeweiligen Beiträgen hält.

Ein Arbeitgeber verfügt über eine gewaltige Macht, und wie schon Onkel Ben wusste, erwächst aus großer Macht auch große Verantwortung. Dieser Verantwortung kommen Arbeitgeber leider allzu oft nicht nach, wenn sie vorschnell irgendwelchem Druck nachgeben, um ja so wenig Scherereien wie möglich zu haben. Ich schreibe hier ja oft und gerne gegen die widerliche Praxis an, Leuten, die irgendwelche Fehltritte haben, sofort die Existenzbasis unterm Hintern wegzublasen. Ob das irgendwelche Hitlergrüßenden Studenten sind, Leute die rassistische Kommentare machen oder sonst was. Für solche Zwecke gibt es das Mittel der Abmahnung, da muss man nicht sofort mit der Kündigung an der Hand sein. Und auf der anderen Seite gilt, dass man als wohlbezahlter Intendant durchaus mal den Shitstorm aushalten und sich vor seine schwächeren Mitarbeiter stellen kann, auch wenn es unangenehm ist. Das ist nämlich Teil des Jobs und der angesprochenen Verantwortung.

8) Video

Angesichts dieser vollen Ladung Bullshit von FOX News ist mir ehrlich gesagt unklar, wie jemand sagen kann, dass die früher nicht bereits völlig daneben gewesen wären. In den Kommentaren hatten wir diese Diskussion ja jüngst mit Erwin Gabriel. Bereits 2009 behauptete FOX, dass Obama ein „muslimischer König“ gewesen sei, „die amerikanische Flagge hasst“ und den Islam höher wertet als die USA. Dieser Wahn ist eben schon deutlich älter als Trump; viel grundlegender: er hat Trump erst möglich gemacht. Es war jahrelange FOX News Propaganda dieser Art, die die rassistische Tea-Party-Revolution 2010 ermöglichte, und sie war es, die wiederum die weitere Radikalisierung der Partei zu dem Punkt befeuerte, an dem sie den orangen Showmaster wählten. Das kommt nicht aus dem Nichts.

9) One Year in Washington

It is clear there is a shift happening in American politics, one that favors Ocasio-Cortez’s long-term prospects. Trump’s demagogic populism is a part of it, and so is the fact that Americans ages 18 to 24 are more favorably inclined toward socialism than capitalism, that 80 percent of young people think the federal government should address climate change, that over 70 percent say the wealthy should pay higher taxes, and that some of the highest percentages ever recorded call their politics far left or liberal. Post-millennials are majority nonwhite in 13 states and in nearly 40 percent of the nation’s largest metro areas; they are close to majority nonwhite nationwide. Sanders leads by large margins among the young, but also fares better than almost any Democrat against Donald Trump — proof, perhaps, of millennials’ desire for someone liberal and the heartland’s desire for different political ideas. And Ocasio-Cortez is all of these things: Latina, liberal, “authentic,” fluent in social media and popular culture. Outspoken lefties have come and gone before, but often they were like Bernie or, before him, Ralph Nader: rumpled, grouchy, hectoring. For leftists, politics used to be something to avoid, a corrupting drag on the purity of activism. Ocasio-Cortez has changed that. “You hear that trope all the time. ‘I am a workhorse; I am not a show horse.’ But what I think people don’t understand is that educating the public is a part of this job. The most effective public servants are part of our culture. They are just as fluidly part of the conversation as Lizzo or as this movie that you saw,” she said. (David Freelander, New York Magazine)

Ich denke überhaupt nicht, dass das „klar“ ist. Dass es eine langfristige Verschiebung nach links gibt ist eine Theorie, die bald ihren 16. Geburtstag feiert („emerging Democratic majority„, 2004). Ich hoffe definitiv, dass das so kommt, aber es ist far from clear. Freelander macht außerdem den Fehler, die Zustimmung zu Policy-Positionen wesentlich zu hoch zu bewerten. Ich erinnere mich noch daran, wie wir seinerzeit in der Großen Koalition wie besoffen Umfragezahlen hochhielten, in denen >70% der Befragten den Mindestlohn, den Abzug aus Afghanistan und das Ende von Hartz-IV befürworteten und aus diesen Zahlen goldene Aussichten für die diese Positionen als einzige vertretende LINKE ausrechneten. Es kam bekanntlich anders; die Haltung zu einzelnen Policy-Fragen ist für die Wahlentscheidung nämlich praktisch bedeutungslos. It’s all identity politics.

Aber! Auf der anderen Seite sollte man nicht geringschätzen, wie einhellig junge Menschen diese Positionen vertreten. Die politischen Überzeugungen, die in dieser Lebensphase gebildet werden, halten üblicherweise ein Leben lang. Ebenfalls bedeutend sind inspirierende Führungsfiguren wie Alexandria Ocasio-Cortez, die potenziell in der Lage sind, ganze Parteiflügel und darüber vielleicht sogar die Partei selbst neu zu definieren. Menschen wie sie haben das auf der Rechten vollbracht und die republikanische Partei in nur zwei Dekaden zu einer rechtsextremen, antidemokratischen Maschine gewandelt. Da sollte es nicht zu weit hergeholt sein, eine Sozialdemokratisierung der Democrats für möglich zu halten.

10) Bernie Sanders‘ economic adviser says Australia’s bushfires are a climate change ‚wake-up call‘

Kelton is also one of the leading proponents of modern monetary theory, a controversial economic school of thought that holds that governments should simply print more money to finance spending needed to revive the listless global economy – as long as doing so does not cause inflation to soar. This contrasts with conventional economic thinking, which generally holds governments need to finance spending in excess of their incomes by borrowing money. She has little time for the Australian political scene’s obsession with running a budget surplus. “I don’t want to be disrespectful, but it’s economically illiterate,” she said. “It is the wrong way for a government to behave – in other words, prioritising a budget outcome as if the numbers that get churned out of the budget box each year are what matter. “I always say that governments that behave this way are willing to force their economies to balance their budgets and what I would do is the opposite of that – I would use my budget, allow my budget to balance the broader economy. “I don’t care what number falls out of the box at the end of each fiscal year as long as it delivers good macroeconomic conditions. “So if I have full employment, if my inflation rate remains low, I am indifferent to the budget outcome.” (Ben Butler, The Guardian)

Ich habe bereits hier im Blog über MMT geschrieben. Ich denke, wenn die Progressiven sich von der fixen Idee der schwarzen Null und der ausgeglichenen Haushalte lösen, dann wird eine Argumentation wie Keltons oben der entscheidende Baustein der politischen Kommunikation dieses Schritts sein. Dazu ist es nötig, anderen Indikatoren (wie die von Kelton angesprochene Vollbeschäftigung oder niedrige Inflationsrate) als Benchmark zu nehmen und den Haushalt dagegen zu vernachlässigen. Nach Jahrzehnten der Pawlow’schen Konditionierung ist das aber keine leichte Aufgabe. Die eigenen Wähler müssen dabei davon überzeugt werden, dass das so funktioniert. Ich habe da wenig Vertrauen, ehrlich gesagt, aber vielleicht unterschätze ich die Kommunikationsfähigkeiten des einen oder anderen Kandidaten hier.

11) What Should Liberals and Conservatives Write More About?

Still, this should stop. Personal contributions to fighting climate change are pretty near zero, and it’s not controversial to say that we should stop trying to guilt our way to saving the planet. Practically every serious environmentalist is on board with this. On a personal level, you should go ahead and do whatever you want. If that means making a difference by getting rid of your dryer and hanging your clothes on a line in the backyard, then do that. If it means flying to Bermuda, then fly to Bermuda. They’re both perfectly good choices—the first since every little bit helps, and the second since, nonetheless, the only way we’ll make a real dent in global warming is via massive collective action—that is, action at the national and international level. Of course, this is National Review. The only time they mention climate change is when there’s a chance to mock people who take it seriously. Likewise, the only time they mention the plight of the poor is when there’s a chance to write about a program that doesn’t work or a beneficiary who cheated. The only time they mention African Americans is when there’s a chance to defend the police or mock some aspect of modern wokeness. […] That’s what I’d like to see them write more about—from a conservative perspective, of course. But what do they think we progressive writers ignore that we shouldn’t? Perhaps they think I should write more about ways to improve the military. Or ways to keep our borders secure. Or ways to keep universities open to conservative voices. Or something else. That is, I shouldn’t write about these things only when I have a chance to mock conservative hypocrisy or cite a study showing that conservatives are wrong. (Kevin Drum, Mother Jones)

Widmen wir uns zuerst der ersten Hälfte von Drums Argument. Er hat natürlich Recht damit, dass individuelle Verhaltensänderungen erst einmal wenig Effekt haben, aber ich halte dieses Argument gleichzeitig für einen gigantischen blinden Fleck. Man hört es auch gerne aus FDP- und gelegentlich CDU-Kreisen, und erneut, technisch gesehen ist es richtig. Der CO2-Ausstoß kommt hauptsächlich aus Industrie, Energieerzeugung und Transport. Nur globale Lösungen, die hier ansetzen, werden den Klimawandel ernstlich aufhalten können. Aber: Wer glaubt denn ernsthaft, dass Maßnahmen, die die hier benötigten drastischen Einschnitte bringen, keine Auswirkungen auf das individuelle Konsumverhalten haben werden?! Ich sehe den relevanten Wert individueller Verhaltensänderungen vor allem darin, das Bewusstsein zu schaffen und Akzeptanz für diese Änderungen zu generieren, ein Problem, das sowohl Drum als auch Lindner meiner Meinung nach stark vernachlässigen.

Beim anderen Punkt Drums kann ich nur zustimmend nicken und selbst verlegen Nägel kauen; schuldig im Sinne der Anklage. Vermutlich sollte ich wirklich mal mehr über Themen außerhalb meiner eigenen Komfortzone schreiben. Daher hier der Aufruf: Was wollen die Leser von mir hören? Sicherung der EU-Außengrenzen? Haushaltskonsolidierung? Verhindern von Mitnahmeeffekten beim Sozialsystem? Bedrohung durch Linksextremismus? Das wären so spontan einige Sachen die mir einfallen, zu denen ich normalerweise nicht schreibe.

{ 67 comments… add one }
  • Erwin Gabriel 8. Januar 2020, 17:55

    @ Stefan Sasse on 8. Januar 2020

    zu 2)
    Ich wäre wirklich froh, wenn die CDU-Ministerpräsidenten und FDP-Oppositionspolitiker ähnlich schnell mit Verurteilungen rechten Terrors an der Hand wären, wie sie es bei linkem Terror sind.

    Ich auch. Es wäre deutlich glaubhafter, über linksextreme Gewaltexzesse zu schimpfen, wenn man sich über rechtsextreme Gewaltexzesse in gleicher Lautstärke und Tonalität äußert (wenn mich ein Besoffener über den Haufen fährt, ist mir ja auch egal, welche Religion er hat oder welchen Fußballverein der gut findet). Alles andere ist scheinheilig.

    zu 3)
    … so lehnen Liberale und Konservative oft genug auch sinnvolle individuelle, inkrementelle Veränderungen ab, während Progressive ein tiefes Misstrauen gegenüber der Wirtschaft und den kapitalistisch verfassten Staaten haben, die als einzige in der Lage sind, die großen Veränderungen zu bewirken, und hier für Lähmung sorgen. Es ist ein Trauerspiel.

    Ja

    zu 8)
    Mein Englisch reicht normalerweise nicht für die Feinheiten, deswegen schaue ich amerikanische Nachrichtendsender nur in Krisensituationen (und dann in erster Linie CNN).

    FOX hatte ich damals nur für die Debatte der republikanischen Kandidaten im Internet angeschaut. Ich fand den Angriff von Megyn Kelly auf Donald Trump ungewöhnlich heftig, und die Antwort („Only Rosie O’Donnell“) mehr als schlagfertig.

    Ich habe natürlich am Rande mitbekommen, das die FOX-Trump-Feindschaft nicht mehr besteht, aber der „af´rikanische König“ Obama und andere Feinheiten sind mir entgangen.

    • Stefan Sasse 8. Januar 2020, 19:30

      2) Bevor es jemand sagt, gilt natürlich umgekehrt genauso. Ich hasse diese Relativiererei, die gerade so en vogue ist mit Sylvester.
      8) Ja, das war die sehr kurze Phase als FOX Trump nicht geil fand. Aber das war innerhalb kürzester Zeit vorbei. Danke für die Erklärung; ich werd’s nicht mehr aufgreifen.

      • Floor Acita 9. Januar 2020, 12:42

        2) Ich glaube ja, dass sie stattfindet, ist nur irgendwie an mir vorbeigegangen… Ist diese Relativiererei (geschoben etc.) aber auch auf gleicher „Ebene“ vorhanden? Sprich pendants zu Maassen, Amts- und Mandatsträgern von CDU oder FDP etc.? Gibt es darüberhinaus insritutionelle Stimmen (Politik, Medien) die fordern man müsse die Sorgen/Nöte der verunsicherten Connewitzer ernstnehmen etc.?

        • Stefan Sasse 9. Januar 2020, 13:01

          Einige Politiker bei der LINKEn und die einschlägigen Zeitungen.

          • Floor Acita 9. Januar 2020, 17:29

            Nur um Missverständnisse zu vermeiden, „einschlägig“ in welchem Sinne? Reden wir von „Jungle World“ oder Frankfurter Rundschau?

            Und 1st rank LINKE? Mir geht es nicht um Relativierung, sondern um die Frage ob die institutionelle „Rückendeckung“ der linken Gewalt tatsächlich mit derjenigen auf der rechten Seite vergleichbar ist..?

            • Stefan Sasse 9. Januar 2020, 19:20

              jungeWelt und so.

              Nein, nicht 1st rank. Aber das machen die ja auf der Rechten auch so.

              • Floor Acita 10. Januar 2020, 09:27

                It’s bad anyway, da sind wir uns jedenfalls einig…

              • Ralf 11. Januar 2020, 12:57
                • TBeermann 11. Januar 2020, 14:42

                  Es ist ja auch richtig und wichtig über Fehlverhalten der Polizei zu berichten. Es werden nur ständig deine Reihe von Ebenen vermischt, die voneinander unabhängig sind:

                  1. Die Einsatztaktik an diesem Abend war offensichtlich nicht erfolgreich. Da kann man absolut darüber diskutieren, ob ein anderer Ansatz vielleicht einen besseren Ablauf gebracht hätte .
                  Man kann auch darüber sprechen, ob die Eskalation (ähnlich wie beim G7 in Hamburg) politisch gewollt war.

                  2. Auch eine repressive Polizeistrategie rechtfertigt keine Gewalt gegen die Polizei.

                  3. Auch Gewalt gegen die Polizei rechtfertigt keine Gewalt durch die Polizei gegen alles und jeden. Die Polizei hat grundsätzlich das am wenigsten drastische Mittel einzusetzen und vor allem nur gegen Menschen, die auch gegen Gesetze verstoßen haben.

                  4. Und hier der wichtigste Punk: Auch wenn in deer Hitze einer Situation (auf beiden Seiten) Fehlverhalten vorkommen kann, darf die Polizei keine Propaganda verbreiten.
                  An den Behauptungen der Behörden, ihrer Lobbygruppen und politischen Vorgesetzten war ja so ziemlich alles gelogen. Es gab keinen geplanten, orchestrierten Angriff, der brennende Einkaufswagen wurde nicht in die Polizeigruppe hinein geschoben, es gab keine Notoperation, es hat dem verletzten Beamten niemand den Helm vom Kopf gerissen.
                  Und das ist ja leider auch nichts Neues. Bei der rechtswidrigen Räumung im Hambacher Forst berichteten Polizei-Social Media-Kanäle von „Todesfallen“, die nichts anderes waren als Seilzüge, um Lebensmittel in die Baumhäuser zu ziehen, oder dass die Protestierenden den Tod den abgestürzten Journalisten „gefeiert“ hätten. Bei Räumungen wurde von angeblich unter Strom gesetzte Türklinken geschrieben. Bei so ziemlich jedem Castor-Transport gibt es Horrormärchen über Säure-Beutel (oder Säure-Seifenblasen…da hat jemand in Physik echt aufgepasst).

                  5. Hier kommen dann die Medien ins Spiel, die teils bewusst, teils naiv die Behauptungen der Polizei ohne Überprüfung in Echtzeit verbreiten und das immer und immer wieder, obwohl die Polizei in den letzten Jahren immer und immer wieder der Lüge überführt wurde.
                  Im Idealfall sollte man der Polizei vertrauen können. Nach den letzten Jahren glaube ich persönlich eine Polizei-Pressemeldung (gerade im Zusammenhang mit linken Demonstrationen) erstmal nicht und warte, bis sich andere Quellen auch geäußert haben. Es wäre schön, wenn die Journalisten dort auch ihre Arbeit machen und diese anderen Quellen aktiv suchen würden, statt sich zum Lautsprecher der Polizei zu machen, denn die Richtigstellung ein paart Tage später erreicht und interessiert nur noch ein Bruchteil des Publikums.

                • Stefan Sasse 11. Januar 2020, 16:18

                  🙁 🙁 🙁

  • Erwin Gabriel 8. Januar 2020, 17:58

    @ Stefan Sasse on 8. Januar 2020

    Zu 11)

    Was wollen die Leser von mir hören? Sicherung der EU-Außengrenzen? Haushaltskonsolidierung? Verhindern von Mitnahmeeffekten beim Sozialsystem? Bedrohung durch Linksextremismus? Das wären so spontan einige Sachen die mir einfallen, zu denen ich normalerweise nicht schreibe.

    Bis auf den Linksextremismus passt es. Da sind zwar auch viel zu viele Hanf- und Alien-gesteuerte Spackos unterwegs, aber das ist (denke ich) derzeit nicht das wichtigste Thema (und, wie ich gehört habe, soll der Verfassungsschutz in diesem Bereich auch gut funktionieren 🙂 ).

    Was mich persönlich interessiert: Wir brauchen dringend qualifizierte Zuwanderung, um die Funktionalität der Wirtschaft und des Gemeinwesens aufrecht zu erhalten. Wir haben auf der anderen Seite Mangel an bezahlbarem Wohnraum, zu wenig Kita- und Schulplätze etc., sodass wir nicht einfach wie 2015 die Tür für jeden aufmachen können. Wie kriegt man die unterschiedlichen Anforderungen in den Griff? Wie verhindert man, dass die nächste Flüchtlingswelle wieder automatisch fast komplett in Deutschland landet?

    Wäre es möglich, beispielsweise in den afrikanischen Ländern nicht nur Schulen, sondern auch Ausbildungszentren nach westlichen Standards zu bauen, um den Absolventen dann einen erleichterten Einstieg in Europa zu ermöglichen? Nach dem Motto: Du musst Dich nicht ins Mittelmeer stürzen, sondern „nur“ Schule und Ausbildung bestehen? Welche Vorschläge, Möglichkeiten und Ansätze gibt es, um vor Ort Chancen zu bieten statt jeden, der bei drei nicht auf den Bäumen ist, zu „retten“ und anschließend weitgehend sich selbst zu überlassen?

    • CitizenK 8. Januar 2020, 19:10

      Erstmal wäre einiges gewonnen, wenn man die hier Ausgebildeten nicht gleich nach Ausbildungsende abschieben würde, wie oft geschehen. Ebenso gut eingearbeitete Leute, obwohl der Chef verzweifelte Briefe an den MdB schreibt, weil er den Mann oder die Frau braucht.

      Ich weiß, ich weiß: Prinzipien, Rechtsstaat, Gesetz ist Gesetz. Aber Gesetze kann man ändern. Der „Spurwechsel“ lässt das Abendland nicht untergehen.

      • Ralf 8. Januar 2020, 21:49

        Yep … ^^

        • Erwin Gabriel 10. Januar 2020, 10:20

          @ CitizenK 8. Januar 2020, 19:10

          Erstmal wäre einiges gewonnen, wenn man die hier Ausgebildeten nicht gleich nach Ausbildungsende abschieben würde …

          … Gesetz ist Gesetz. Aber Gesetze kann man ändern.

          Unbedingt. Da sind andere Länder deutlich weiter als wir.

    • Stefan Sasse 8. Januar 2020, 19:31

      Zum Teil hab ich das schon mal thematisiert: http://www.deliberationdaily.de/2017/08/pfad-zur-staatsbuergerschaft/
      Aber ich überlege mal ob mir was Vernünftiges einfällt.

  • Ralf 8. Januar 2020, 21:49

    Vermutlich sollte ich wirklich mal mehr über Themen außerhalb meiner eigenen Komfortzone schreiben. Daher hier der Aufruf: Was wollen die Leser von mir hören?

    Ich finde, Du solltest über die Themen schreiben, die Dich bewegen und die Dich interessieren. Ich wüsste nicht, wem Du zu beweisen hättest, dass Du offen für eine Diskussion mit dem politischen Gegner bist. Du hast bereits einen Blog geschaffen, auf dem Du Deine politischen Gegner nicht nur einlädst als Kommentatoren mitzuwirken, sondern wo Du sogar teilweise anbietest, dass diese selber hier Artikel veröffentlichen können. Respekt vor den Positionen des Gegners beweist man nicht durch das Übernehmen seiner Themen, sondern durch eine engagierte Debatte, die hart in der Sache, aber zivil und freundschaftlich im Ton ist und durch die Bereitschaft die eigene liebgewonnene Meinung zu ändern, wenn die Gegenseite die besseren Argumente hat.

    • Stefan Sasse 8. Januar 2020, 21:55

      Der Gedanke ist ja nicht, dass ich gegnerische Positionen wiederhole, sondern tatsächlich aus progressiver Sicht das Thema behandle. Aber ich sehe die Gefahr, die du nennst, auch. Bin etwas unsicher bezüglich der Pros und Cons dieses Ansatzes…

    • Erwin Gabriel 10. Januar 2020, 10:26

      @ Ralf 8. Januar 2020, 21:49

      Ich wüsste nicht, wem Du zu beweisen hättest, dass Du offen für eine Diskussion mit dem politischen Gegner bist.

      Zustimmung. Da ist mehr genug bewiesen.

      Respekt vor den Positionen des Gegners beweist man nicht durch das Übernehmen seiner Themen, …

      Doch, natürlich. Ein Thema ist ja kein Standpunkt.
      Man muss die Standpunkte und Meinungen des Gegners nicht übernehmen, sondern stellt seine eigenen Standpunkte und Meinungen dagegen. Dazu muss man aber über ddas Thema einig sein.

  • cimourdain 8. Januar 2020, 22:29

    1)Kohls Beliebtheit war eine wilde Achterbahn. Erst als provinziell belächelt, 1988 ein ‚lam duck‘, die nur nach aussaß, 1990 der große Schub als ‚Kanzler der Einheit‘, danach die Ernüchterung, er wurde für alle Kosten und Missstände der Einheit und der EU verantwortlich gemacht, und 1998 hatten die Leute einfach genug.

    2)Für jemanden, der gerade ‚3000 Jahre Identitätspolitik‘ geschrieben hat, lässt du dich sehr bereitwillig auf das ‚Bist du für oder gegen die ?‘-Spiel ein. Auch mögliche(!) Steinewerfer haben ein Anrecht darauf, dass die mediale Darstellung den Ereignissen entspricht. Die Übernahme der (einseitig übertriebenen) Polizeidarstellung erfüllte dieses Kriterium nicht und linke Medien können da ergänzen.

    https://juergenkasek.wordpress.com/2020/01/03/connewitz-in-der-silvesternacht-eine-komplexe-erzaehlung-und-ein-stueck-deutsche-debattenkultur/

    3)Vielleicht sind ja die geforderten ‚kleinen‘ Verhaltensänderungen notwendig, um der eigentlich erforderlichen ‚großen‘ Verhaltensänderung ‚Umbau des gesamten Wirtschaftssystem‘ ( Worauf z.B. die Vorschläge der „Schluss mit Wachstum“-Reihe rausliefen.) in der kollektiven Mentalität vorzubereiten.

    6)Ähnliches kann man über den praktischen Teil jeder Berufsausbildung schreiben, die Qualität schwankt da nun mal je nach Betrieb.

    11) Hier einige meiner Leibthemen: Rechtsstaatlichkeit, Wahlsystem, Manipulation von und durch Statistiken, Eurozentrismus/‘lange‘ Globalisierung. Weitere folgen bei Bedarf. Ansonsten würde mich auch interessierren, wie du mit den diskutierten Themen in deiner Lehrtätigkeit umgehst.

    • Stefan Sasse 8. Januar 2020, 22:48

      1) Jepp.
      2) Moment – ich habe kein Problem damit, die inkorrekte Darstellung zu kritisieren. Ich habe ein Problem damit zu sagen, dass es kein Problem sei, Feuerwerkskörper, Steine und Einkaufswagen in Polizisten zu befördern.
      3) Genau mein Punkt.
      6) Wohl.
      11) Stichwort hierzu: der Beutelsbacher Konsens gibt es vor. 🙂

  • Ariane 8. Januar 2020, 22:43

    zu 1)
    Ich mag solche Analysen auch nicht gerne. Sieht man ja auch immer an der SPD, egal was sie machen, sie schaffen sich gerade ab. Die Überschrift, bzw Analyse ist eh immer gleich, völlig unabhängig vom Thema. Und ich finde, es gibt häufig so Dinge, die allein im Medienzirkel entstehen und da weiter vor sich hin kreisen. zu Guttenberg war nur der Sonnyboy, weil die Medien das dauernd geschrieben haben. Oder auch bei Merz, der plötzlich der Hoffnungsträger wurde, das ging auch nur, weil die Medien ständig davon geschrieben haben und beständig an seinen Lippen hängen.
    Das Thema hatten wir schon bei der SPD-Wahl und Kevin Kühnert, manchmal entsteht da so eine parallele Medienerealität, die ein Eigenleben entwickelt.

    zu 4)
    Also mal abgesehen davon, dass ich persönlich Warren favorisiere, hab ich das Gefühl, dass die Zeit für so einen zaghaften, moderaten Wahlkampf eher abgelaufen ist. Das hat in der Regierungsarbeit von Obama nicht funktioniert und bei Hillary auch nicht, muss man vielleicht nicht ein drittes Mal probieren.
    Und die Radikalisierung bei den Republikanern ist in dieser Zeit ja noch weiter vorangeschritten. Wen will man denn da noch erreichen mit so einer „Ich mache euch keine Angst“-Strategie? Da gibt es imo zuviele, die in so einer Freund-Feind-Spirale gefangen sind, da wäre es völlig egal, ob Biden, Warren oder Sanders – oder gar Jesus oder so, auf der Gegenseite auftauchen, die sind immer der Feind.
    Meine Einschätzung kann natürlich auch total falsch sein, aber ich halte es für ziemlich naiv, wenn die Democrats denken, sie müssten nur einen moderaten langweiligen Kandidaten aufstellen und dann wird das alles schon wieder.

    • Stefan Sasse 8. Januar 2020, 22:49

      1) Luhmann hatte da einiges dazu zu sagen.
      4) Das ist auch mein Grundgefühl.

      • TBeermann 9. Januar 2020, 08:33

        4. Ich finde das extrem schwer einzuschätzen, welche Anteile der Bevölkerung sich jetzt wirklich absolut einem der beiden Lager zuordnen und wie sehr sie sich in ihren Wagenburgen verschanzt haben.

        Es gibt ziemlich unbestritten einen Anteil an Republikanern, die Trump ablehnen. Da wäre die Frage, wie viele davon im Zweifelsfall jeden anderen Kandidaten wählen würden oder wenn überhaupt einen Demokraten, dann nur einen nicht all zu Progressiven und sicher niemanden mit weit linken wirtschaftlichen Plänen.

        Auf der anderen Seite hat man bei Hillary Clinton aus gesehen, welche Nachteile es hat, wenn ein(e) Kandidat(in) nicht mal die eigene Basis wirklich mobilisiert und begeistert.

        Und schließlich kommt in den USA dazu, dass die landesweiten Mehrheitsverhältnisse ziemlich bedeutungslos sind und es wie vor gut drei Jahren vor allem wieder auf einige wenige Bundesstaaten ankommen wird. Letztendlich wäre also vielleicht die entscheidende Frage (wenn es vor allem darum geht, eine zweite Amtszeit von Trump zu verhindern), wer in diesen Regionen am ehesten eine Chance hätte, zu gewinnen.

        • Stefan Sasse 9. Januar 2020, 10:30

          Ja, aber die Leute bleiben dann halt daheim. Sie wechseln nicht das Lager. Das ist mein Punkt: um republikanische Wähler zu werben funktioniert nicht wirklich gut. Die eigenen zu mobilisieren ist deutlich wichtiger. Und da ist eben die Frage, ob das mit moderaten oder progressiven Kandidaten am besten geht.

          • TBeermann 9. Januar 2020, 11:13

            Die Frage ist halt, ob es dann für eine Mehrheit in den entscheidenden Wahlkreisen reicht, wenn enttäuschte Republikaner nur nicht wählen oder ihrer Stimme einer dritten Partei geben, aber nicht den Demokraten.

            Klar, du hast auf der anderen Seite das Risiko, dass die eigene Basis so unzufrieden wird, dass sie zuhause bleibt oder eine dritte Partei wählt. Gleichzeitig ist die Basis der Demokraten (Wähler) auch lange nicht so progressiv, wie die Aktiven, die wirklich Parteiarbeit betreiben. Insbesondere die ethnischen Minderheiten sind bei gesellschaftlichen Fragen z.B. oft eher konservativ, teilweise sogar auf Linie der Republikaner.

            • Stefan Sasse 9. Januar 2020, 12:02

              Dasselbe trifft natürlich auch auf die GOP zu.
              Generell gilt: Es gibt weniger Republicans, aber die sind linientreuer. Deswegen ist es für deutlich attraktiver, eine rein aus Basismobilisierung setzende Kampagne zu betreiben. Die Koalition der Democrats ist breiter und diverser und deswegen schwerer zu mobilisieren. Das wird ja gerade auch in der Partei debattiert; AOC etwa ist ja der Meinung, man solle die Koalition gesundschrumpfen.

              • TBeermann 9. Januar 2020, 12:49

                Da kann ich mir nicht wirklich vorstellen, wie das im amerikanischen Wahlsystem funktionieren sollte.

                Das würde ja nur dann Sinn ergeben, wenn man von einer riesigen progressiven Wählerreserve ausgeht, die dann (wieder) demokratisch wählen würde. Und diese Reserven müssten dann auch noch in den Swing-States liegen.

                • Stefan Sasse 9. Januar 2020, 13:01

                  Die meisten Leute wählen ja gar nicht. Wahlbeteiligung ist ja um die 50% rum. Das heißt du kannst aus diesem Reservoir der Nichtwähler schöpfen, das ist gigantisch.

                  • TBeermann 9. Januar 2020, 13:32

                    Das mag sein, aber ich sehe nicht, woher man da den Eindruck nimmt, dass ein (so) großer Teil davon eine progressive(re) Politik will, dass sie die Demokraten bisher nicht gewählt haben und bei einem starken Linksschwenk wählen würden.

                    Und das gilt noch mehr für die Swing-States im mittleren Westen, wo selbst die demokratischen Wähler überwiegend sehr viel konservativer sind, als die inhaltlich bestimmenden Zentren an den Küsten.

                    • Stefan Sasse 9. Januar 2020, 16:06

                      Nun, das ist ja genau der Punkt. Dafür gibt es nicht überragend viele Anhaltspunkte.
                      Aber: Je nach Wahlbeteiligung kommst du halt damit durch. Es gibt genausowenig Wähler, die die stramm rechten Policies der GOP wollen, aber die haben halt eine bessere Basismobilisierung und die loyaleren Wähler (oder ignoranteren, je nachdem wen man fragt).

                    • Ariane 9. Januar 2020, 22:40

                      Ja, es ist halt eine Wette, nur den moderaten Weg hat man halt jetzt erfolglos schon probiert, von daher wäre es vielleicht ne Idee, die andere Richtung zu probieren.
                      Ich würde auch noch ergänzen, dass es für die Republikaner schon seit Clintons Zeiten oder so hieß, die müssten sich mal an Latinos und Schwarze wenden, wenn sie jemals wieder gewinnen wollen. Und sie sind stramm in die andere Richtung gegangen und haben gewonnen.

                      Und: vielleicht sollte man auch noch weiter denken. Denn wenn die Democrats gewinnen, wäre ein beherzterer Kandidat mit entsprechendem Programm vielleicht auch nützlicher als ein Biden, der ähnlich wie Obama mit Republicans arbeiten will, während die gar nicht wollen.

                    • Floor Acita 10. Januar 2020, 09:47

                      „und bei einem starken Linksschwenk wählen würden.“

                      Was ist denn damit gemeint? Reden wir von ökonomischen Forderungen, Themen wie Abtreibung, Homo-Ehe oder Themen wie police brutality / Rassismus etc.? Links kann halt viel bedeuten…

                      Davon hängt nämlich auch stark ab was für Folgen das hat:
                      „Insbesondere die ethnischen Minderheiten sind bei gesellschaftlichen Fragen z.B. oft eher konservativ, teilweise sogar auf Linie der Republikaner.“

                      Hier im übrigen erst mal eine Einschränkung. Die Aussage mag klar sein für >60 jährige, mit jedem Jahrzehnt ändert sich das. Schon bei <40 (nicht erst <30) jährigen nicht-weissen Amerikanern haben progressive Forderungen sehr starken Zuspruch. Das ist Bernies stärkste Basis, stärker als junge Weisse!

                      Aber um den Kreis zu schliessen, was Bernie, AOC, eingeschränkt Warren & co verkörpern und appeal hat ist ihre Kampfbereitschaft! Ja, das ist im Sinne des letzten Artikels auch identity. Aber was gemeint ist, ist das angesichts Trumps, dem Extremismus der GOP, Mitch McConnels etc. man es leid ist immer zu hören zu bekommen "wie soll es bezahlt werden", "ist Träumerei", "ist nicht nachhaltig", was auch immer bevor man dafür in den clinch ging – und zwar völlig egal ob ökonomische, anti-diskriminierende oder gesellschaftspolitische Forderung, während Kriege und Steuererleichterungen für Reiche immer drin sind und durchgewunken werden.

                      Und es gibt durchaus Umfragen in swing- states and districts(!) die diese Sichtweise unterstützen.

                    • Stefan Sasse 10. Januar 2020, 10:33

                      Ich bin extrem skeptisch bezüglich der Aussagekraft der Aussagen, stimme dir aber inhaltlich zu.

                    • derwaechter 10. Januar 2020, 09:55

                      „Ja, es ist halt eine Wette, nur den moderaten Weg hat man halt jetzt erfolglos schon probiert, von daher wäre es vielleicht ne Idee, die andere Richtung zu probieren.
                      Ich würde auch noch ergänzen, dass es für die Republikaner schon seit Clintons Zeiten oder so hieß, die müssten sich mal an Latinos und Schwarze wenden, wenn sie jemals wieder gewinnen wollen. Und sie sind stramm in die andere Richtung gegangen und haben gewonnen“

                      Ich wäre vorsichtiger Schlüsse daraus zu ziehen, dass Trump mit seiner Schiene die letzte Wahl gewonnen hat.
                      Sein Ergebnis war denkbar knapp und bisher einmalig und daher wenig aussagekräftig.
                      Die anderen „Trump-Wahlen“ (v.a. Mid-Terms und viele regionale Wahlen) liefen ja gar nicht so gut für die Republikaner unter Trump.

                      Und die letzten erfolgreichen demokratischen Präsidenten (Clinton und Obama) waren moderate. Sogar Bush war, im Vergleich zu Trump, sehr moderat!

                      Aber am wichtigsten ist m.E. zu schauen, wie die Mid-Terms gewonnen wurden und welche Demokraten in anderen Wahlen in „roten“ oder „lila“ Staaten/Wahlbezirken gewonnen bzw. überraschend gut abgeschnitten haben. Und das waren ganz überwiegend moderate Kandidaten.

                      Progressive Kanditaten wie AOC kommen aus Distrikten i denen die Dems sicher gewinnen. In ihrem Distrikt z.B. lagen die demokratischen Kanditaten immer bei 70-80% oder mehr!
                      Die Mobilisierung dort spielt für die Präsidentschaftswahl gar keine Rolle. Wirklich absolut gar keine Rolle.

                    • Stefan Sasse 10. Januar 2020, 10:33

                      Jepp, das befürchte ich auch.

                    • TBeermann 10. Januar 2020, 11:31

                      @ Ariane: Mir wäre persönlich auch eine Politik à la Warren oder Sanders (wobei ich Warren für geeigneter halte) auch sympathischer. (Ich kann auch bis heute schwer nachvollziehen, dass in den USA Inhalte als linksextrem gelten, mit denen bei uns große Teile der Union kein Problem hätten.)
                      Die Frage ist aber, was im Moment das zentrale Ziel ist: Ein Politikwechsel oder vier weitere Jahre Trump verhindern, in dessen Windschatten das politische und juristische System weiter umgebaut wird.

                      Die Republikaner „brauchen“ die Minderheiten aktuell nicht, weil die sich größtenteils in Regionen aufhalten, in denen die Demokraten sowieso gewinnen. (Das ist halt auch das allgemeine Problem: Wer progressiv denkt, bleibt in der Regel nicht im Bible-Belt, aber nur da würden die Stimmen „wirklich zählen“.

                      Den letzten Absatz sehe ich ähnlich. Der wichtigste Vorwurf, den ich Obama mache, ist das er viel zu viel seiner beiden Amtszeiten damit verschwendet hat, einen lagerübergreifenden Konsens zu finden, während schon lange klar war, das die Republikaner ihn selbst dann abblitzen lassen würden, wenn er ihre Forderungen 1:1 umsetzen wollte.

                      @ Floor Acita: Die Angehörigen von ethnischen Minderheiten sind vor allem gesellschaftlich überdurchschnittlich konservativ, also bei Fragen wie LGBTQ-Rechte, Abtreibung etc. Klar, die Themen Polizeigewalt und Legalisierung von Einwanderung sind etwas anderes, weil sie und ihr Umfeld davon oft selbst betroffen sind.

                      Trotzdem wir die Progressivität der Minderheiten (auch und gerade von den weißen Aktivisten) deutlich überschätzt.
                      Viele wählen die Demokraten, weil sich die Republikaner mit ihrem immer offeneren Rassismus mittlerweile vollkommen von ihnen abgewandt haben.

                    • Ariane 10. Januar 2020, 13:04

                      Die Frage ist aber, was im Moment das zentrale Ziel ist: Ein Politikwechsel oder vier weitere Jahre Trump verhindern, in dessen Windschatten das politische und juristische System weiter umgebaut wird.

                      Ja schon klar und ich nehme auch lieber Biden als nochmal vier Jahre Trump.
                      Aber mir geht dieses Mantra „Nur harmlose, moderate Kandidaten gewinnen Wahlen“ zunehmend auf den Keks. Wer sagt denn das? Eigentlich weiß das keiner, es gilt aber als unumstößliche Wahrheit, die jeder jedem erzählt. Und meiner Meinung ist das letztes Mal schon schiefgegangen.
                      Und mal ehrlich, ich bin ja nicht ganz so tief drin im Vorwahlkampf wie zb Stefan, aber außer dass Biden harmlos und ein Mann ist, scheint er wenig Qualitäten mitzubringen.
                      Das würde wiederum auf einen Wahlkampf à la „Ich bin nicht Trump, will aber sonst nix groß ändern“ hinauslaufen und ich befürchte einfach, dass das ebenfalls zu wenig für einen Wahlsieg wäre.

                    • Stefan Sasse 10. Januar 2020, 14:05

                      Ich habe da derzeit überhaupt keine festgefasste Meinung. Ich bin extrem unsicher. Das britische Experiment ist jetzt nicht eben optimistisch stimmend.

                    • TBeermann 10. Januar 2020, 13:35

                      Das trifft es ganz gut. Biden soll sowohl für die weiße Mittel- bis Unterschicht sympathisch/harmlos genug wirken, hat aber gerade bei schwarzen Wählern sehr hohe Zustimmungsraten (vermutlich nicht zuletzt durch seine Verbindung zu Obama).

                      Wobei ich bei ihm auch eher misstrauisch bin, was von seinem Image als netter Opa noch übrig ist, wenn sich die konservativen Medien erstmal auf ihn einschießen.
                      Dinge wie seine Beteiligung der der Justizreform unter Clinton (die ein Hauptgrund für die hohe Zahl von Gefängnisinsassen in den USA ist) oder auch seine Art, Menschen unangenehm nah zu kommen, könnten sicher auch so vermittelt werden, dass es die Basis nachhaltig irritiert.

                    • Ariane 10. Januar 2020, 15:49

                      Ja, ist auch echt ein Problem, das sich bisher kein wirklich perfekter Kandidat herauskristallisiert. Ich mag Warren, weil ich finde, sie verkörpert so einen Weg in die Moderne am besten, ohne allzu radikal zu wirken. Dafür ist sie eine Frau, was ich im aktuellen Zeitraum durchaus als Problem sehe.

                      Aber wir sollten uns nichts vormachen, der Wahlkampf wird bestimmt noch schmutziger als der letzte, also von der Seite betrachtet, halte ich es für ziemlich egal, wer aufgestellt wird.

                    • derwaechter 10. Januar 2020, 17:02

                      „Aber mir geht dieses Mantra „Nur harmlose, moderate Kandidaten gewinnen Wahlen“ zunehmend auf den Keks. Wer sagt denn das? Eigentlich weiß das keiner, es gilt aber als unumstößliche Wahrheit, die jeder jedem erzählt. Und meiner Meinung ist das letztes Mal schon schiefgegangen.“

                      Na ja, die Empirie ist da recht deutlich. V.a. wenn man umgekehrt schaut. Weder in USA noch UK hat ein linker Kandidat ausserhalb der progressiven Hochburgen in letzter Zeit was gewonnen.
                      Und gerade in ehemaligen Arbeiterhochburgen (klassisch Dem/Labour) schneiden progressive Kandidaten überraschend schlecht ab. Bestes Beispiel Corbyns Ergebnisse im Norden Englands.

                      Clintons war halt nicht nur moderat sondert hatte einen perfect storm gegen sich und hat dennoch nur ganz knapp verloren. Das Ergebnis taugt wie gesagt m.E. (noch nicht) für eine allgemeine Analyse.

                    • Stefan Sasse 10. Januar 2020, 18:07

                      Ich würde mich dieser Analyse, wenngleich traurig, anschließen, solange ich keine besseren Argumente dagegen sehe.

                    • schejtan 10. Januar 2020, 17:16

                      @waechter

                      „Bestes Beispiel Corbyns Ergebnisse im Norden Englands“.

                      Schlechtes Beispiel, weil diese Wahlkreise deutlich pro-Brexit waren 😉

                    • Stefan Sasse 10. Januar 2020, 18:08

                      So oder so: Sein Ergebnis war nicht geil.

                    • TBeermann 10. Januar 2020, 17:17

                      @Ariane: Bei Warren fehlt mir ein Bisschen die Führungsfigur, die ich in ihr nicht wirklich sehe (im Gegensatz z.B. zu Hillary, der ich zumindest 2008 noch zugetraut hätte, inhaltlich deutlich mehr auf den Weg zu bringen).
                      Aber im diesjährigen Feld wäre sie wohl auch meine erste Wahl, wenn es um die Politik geht, die ich mir erhoffen würde.

                      @derwaechter: Gerade im Fall von GB würde das aber den Faktor „Brexit“ nicht berücksichtigen (und diverse Variablen, die Corbyn angreifbar gemacht haben).
                      Du selbst bringst ja das Beispiel Clinton. Wenn man sich anschaut, aus wie wenig Substanz diese massive Ablehnung geworden ist, dann wäre die Frage, ob es irgendeinen Kandidaten gibt, gegen den sich nichts vergleichbares konstruieren lässt.

                    • Stefan Sasse 10. Januar 2020, 18:09

                      Jepp, mit dem Qualifier „dieses Feld, dieses Jahr“ bin ich auch Team Warren. Aber so richtig begeistert hat mich keiner von denen. Und letztes Mal war ich ein Vernunfthillaryaner.

                    • derwaechter 10. Januar 2020, 17:56

                      Natürlich gibt es immer lokale Besonderheiten die einen eins zu eins Vergleich unmöglich machen.
                      Aber ich denke, dass pro-Brexit in Nordengland und MAGA in den industriell geprägten Staaten der USA zu weiten Teilen Ausdruck sehr ähnlicher politischer Ansichten und Gefühle sind.
                      Daher ist der Vergleich schon relevant.

                    • Ariane 10. Januar 2020, 18:36

                      Und gerade in ehemaligen Arbeiterhochburgen (klassisch Dem/Labour) schneiden progressive Kandidaten überraschend schlecht ab. Bestes Beispiel Corbyns Ergebnisse im Norden Englands.

                      Ja, gebe ich dir recht. Obwohl GB vielleicht eher nur so halb als Vergleich taugt.
                      Ich glaube, gerade in Zwei-Parteien-Systemen hat die linke Seite ein „Quadratur-des-Kreises“-Problem. Gerade die alten Arbeiterkreise sind bei dem modernen Kram wie Minderheitenrechte oder Umwelt etc. oft eher konservativ, gleichzeitig gehört das aber natürlich untrennbar zur progressiven Seite. Und ist meines Erachtens auch nötig, um an Mehrheiten zu kommen, nur mit linker Wirtschaftspolitik gewinnt man imo nämlich auch keine Wahlen.
                      Also muss entweder ein Weg gefunden werden, beides zu vereinen (wo Warren btw vielleicht wirklich am besten geeignet wäre) oder wie in Stefans altem Artikel gesagt wurde: man muss beabsichtigt oder zufällig einen Austausch machen.

                      Das ist in einem Mehrparteiensystem natürlich einfacher, wo eine Partei wie zb die Grünen den modernen Kram ohne zuviel anderen Ballast anbieten kann.

                    • schejtan 10. Januar 2020, 19:04

                      @waechter und stefan

                      schon wahr, aber man kann schon davon ausgehen, dass in den angesprochenen wahlkreisen auch ein moderater kandidat ohne deutliche pro-brexit einstellung keine chance gehabt haette. Da gibt es schon bessere beispiele fuer euren punkt, zum beispiel kensington.

                    • Ralf 10. Januar 2020, 21:00

                      ich nehme auch lieber Biden als nochmal vier Jahre Trump

                      Das ist wahrscheinlich kurzsichtig gedacht. Biden, wenn er denn überhaupt gewinnt, was ich persönlich eher zweifelhaft finde, wäre bei seiner Inauguration 78 Jahre alt. Schon jetzt wirkt er auf der Bühne oft verwirrt und redet, als sei er nicht ganz da. In vier Jahren wird er sicher nicht nochmal antreten. Den Demokraten ginge 2024 also der Vorteil des Amtsbonus verloren, wenn der Amtsinhaber nicht wieder im Rennen ist. Und vier Jahre politischer Stillstand, vier Jahre lang noch nicht einmal der Versuch das Land zu verändern, wird auch keine Werbung für die Demokraten sein. Man müsste sich 2024 auf eine vernichtende Niederlage einstellen. Was dann käme, wären acht Jahre Herrschaft der Republikaner. Und schon rein statistisch ist es unwahrscheinlich, dass der nächste Extremist, den die GOP aus dem Hut zaubert, ähnlich inkompetent und ineffektiv sein wird wie Donald Trump. Sehr wahrscheinlich würde man dann einen Präsidenten bekommen, der das demokratische System, das langfristig aus demographischen Gründen für die Republikaner nicht zu halten ist, wirklich und endgültig zerstört. Dann doch lieber nochmal vier Jahre Trump, mit all seiner Unfähigkeit und seinem zielsicheren Stolpern über die eigenen Beine. Sollte Joe Biden die Kandidatur der Demokraten holen, ist der traurige Kompromiss, der die Gefahr für die Demokratie insgesamt minimiert, wohl leider für die Republikaner zu stimmen und das verlorene Weiße Haus mit einem hoffentlich starken Ergebnis für die Demokraten im Repräsentantenhaus zu kompensieren.

                    • TBeermann 11. Januar 2020, 09:00

                      @ Ralf: Man darf den Schaden nicht unterschätzen, den eine weitere Trump-Regierung anrichten würde.

                      Allein Brett Kavanaugh am obersten Bundesgericht wird die USA über Jahrzehnte prägen. Bisher sind die interessanten Fälle noch nicht auf diese Ebene vorgedrungen, aber dann wird sich zeigen, ob die Hoffnungen, er würde in die Verantwortung des Amtes hinein wachsen und nicht nur im Rahmen seiner Partei-Positionen abstimmen.

                      Sollte es eine zweite Amtszeit geben, ist die Gefahr groß, dass Trump einen weiteren Sitz besetzen kann. Ruth Bader Ginsburg ist 86 und eine der liberalsten Figuren am obersten Bundesgericht. Stephen Breyer ist 81 (ebenfalls liberal). Einen dieser Sitze zu drehen, würde die Mehrheitsverhältnisse komplett kippen.

                      Wenn das passieren sollte, könnten die Demokraten mittelfristig Wahlen gewinnen, wie sie wollen. Die Republikaner könnten einfach alle politischen Vorhaben über den Surpreme Court abblocken.

                      Was ansonsten noch passiert, um Regularien in Sachen Umwelt, Arbeitnehmerrechte, Wahlrecht usw. zu schleifen, kommt ja noch dazu. (Zum Beispiel wollen die Republikaner jetzt von „States Rights“ nichts mehr wissen, wo sie selbst auf Bundesebene die Macht haben und zum Beispiel die Frage von Umweltstandards in Kalifornien wird bald die Bundesgerichte erreichen.)

                    • Stefan Sasse 11. Januar 2020, 10:15

                      „State’s rights“ war und ist schon immer eine Lüge gewesen.

                    • Ralf 11. Januar 2020, 11:48

                      @ TBeermann

                      Wenn das passieren sollte, könnten die Demokraten mittelfristig Wahlen gewinnen, wie sie wollen. Die Republikaner könnten einfach alle politischen Vorhaben über den Surpreme Court abblocken.

                      Das wird nicht möglicherweise in der Zukunft passieren, sondern das ist bereits heute schon passiert. Die Extremisten haben bereits heute eine Mehrheit am Supreme Court. Und was würde ein Präsident Biden dagegen ausrichten können? Best Case-Szenario wäre, dass McConnell ihm erlaubt Ginsburg zu ersetzen. Natürlich nicht gegen eine progressive Kämpferin. Die würde er nie gegen die republikanischen Senatsmehrheit, die nicht in Gefahr ist, durchkriegen. Sondern halt gegen einen Zentristen, der manchmal mit den rechten Extremisten stimmt. Und das ist wie gesagt das Best Case-Szenario. Das realistischere Worst Case-Szenario ist, dass die GOP im Senat einfach JEDEN Supreme Court-Kandidaten von Biden blockiert, wohlwissend, dass sie die nächsten Präsidentschaftswahlen gewinnen wird und dann acht Jahre lang weitere Extremisten für das höchste Gericht ernennen kann. Ein Verhalten, das von ihrer Basis, also ihren Wählern, auch lautstark gefordert wird.

                    • Stefan Sasse 11. Januar 2020, 16:17

                      Exakt.

                  • Floor Acita 11. Januar 2020, 09:17

                    Mir ist ehrlich gesagt völlig unklar wozu der Vergleich mit Corbyn Sinn machen sollte. Der Mann hatte Zustimmungsraten von -40%, Bernie bspw. ist einer der,wenn nicht der beliebteste Politiker der USA, keiner der progressiven Kandidaten in den USA hat solche Werte wie Corbyn – die hat Trump! Dann ist rür mich wieder die Frage konkret vs zweidimensionale Achse. Wenn ein Antisemit im weissen Haus sitzt, Biden Sachen sagt wie „some segregationists were really fine people“ und fragwürdige Kindheitsgeschichten über „CornPop“, dafür nicht nur von seinen Zirkeln unterstützt wird, sondern diese versuchen die Kritik von Bernie/Warren/Castro etc Anhängern an dieser Toleranz der Intoleranz mit dem Verweis auf „purity tests“ (amerikanische Variante von „political correctness“) abzuschmettern während Bernie bspw der erste jüdische Präsident der USA wäre – war Corbyn dann „zu links“ oder „zu moderat“ oder meint ihr Biden mit „progressiver Kandidat“ und Warren/Sanders/Castro et al mit „moderat“?

                    Den Einwand von derwaechter verstehe ich auch nicht, denn wenn Brexit MAGA entspricht, wieso sollten dann die Kandidaten die eher auf „identity politics“ setzen (und zwar nach der Definition von bspw derwaechter im Widerspruch zu Stefan Sasses Definition im letzten Artikel), statt ökonomischen Populismus zu betonen?

                    Ich stimme mit Ralf nicht überein, ALLES ist besser als 4 Jahre Trump, aber es geht eben um die Frage electability, ich und Unterstützer der progressiven Kandidaten sehen aus genannten Gründen diese als besser geeignet Trump zu schlagen als die sogenannten moderaten. Diee haben schliesslich wenn man den Vergleich mit der einen UK Wahl wirklich machen will selbst Tausende von Wahlen verloren auf allen Ebenen der USA und des UK. Darüber können wir uns streiten, ich schreibe das nur als Hinweis an TBeermann, denn es ist mitnichten so, dass Progressive einfach jemand „lieber hätten“ obwohl sie klammheimlich wissen, dass Biden bessere Chancen hätte Trump zu schlagen, das ist ein Strohmann.

                    Corbyn’s unklare(!) Position, sein „jein“ zum Thema Brexit waren seine grösste Achillesverse – die Stärke der progressiven Demokraten ist wie vormals erwähnt ihre klare Haltung, ihre Kampfbereitschaft.

                    Corbyn hat ausserdem Forderungen vertreten die inhaltlich schon keine Mehrheiten hatten, Bernie und co vertreten bekanntlich Forderungen die je von mind. 55-60% der Amerikaner geteilt werden. Das alleine ist keine Mehrheit, aber eben sicher auch kein Nachteil, nicht im Vergleich.

                    Für mich sind das 2 verschiedene Welten.

                    • Stefan Sasse 11. Januar 2020, 10:16

                      Bernie ist auch noch nicht der Kandidat. Schau dir mal Hillarys Zustimmungswerte an, bevor sie Kandidatin war…Lass dich davon nicht blenden. Sollte Bernie die Vorwahlen gewinnen, werden seine Beliebtheitswerte rapide einbrechen.

                    • derwaechter 11. Januar 2020, 10:55

                      UK ist natürlich nicht eins zu eins übertragbar. Das hätte ich deutlicher machen sollen Aber eben doch eher als z.B. die meisten Wahlen in Resteuropa und gibt daher ein wenig mehr Anhaltspunkte.

                      Mein Punkt war auch gar nicht so zu tun als seien Corbyns, Sanders, AOC und wie sie alle heissen komplett austauschbar (so wie anderersets natürlich auch die moderaten Kandidaten grosse Unterschiede haben. Obama ist nicht gleich Clinton ist nicht gleich Biden).
                      Mein Punkt ist das m.W. kein linker/progressiver Kandidat welcher Coleur auch immer, ausserhalb der demokratischen Hochburgen etwas gewonnen hätte. Verschiedene moderate Kandidaten hingegen schon (ganz besonders in den Mid-Terms). Und Trump kann man nur schlagen wenn man die „lila“ Wahlbezirke in den Swing States gewinnt. Das ist mit einem moderaten Kandidaten schwer, mit einem linken unmöglich.

                      Und zu guter Letzt: Landesweite Zustimmungswerte o.ä. sind für die Präsidentschaftswahl (nahezu) irrelevant. Dafür sind die Wähler aus demokratischer Sicht viel zu ungünstig verteilt. Landesweit hat Clinton ja schliesslich auch haushoch die Wahl gewonnen.

                    • Floor Acita 11. Januar 2020, 10:56

                      Aber wieso sollte das bei Biden et al dann anders sein und was sagt das über den Vergleich mit Corbyn – war der jemals der beliebteste Politiker des UK..?

                    • Floor Acita 11. Januar 2020, 11:02

                      Aber auch die Umfragen in denswing states / districts favorisieren im Moment Bernie vor Biden vs Trump, kann sein dass die unzuverlässig sind, aber mir ist das trotzdem zu viel Spekulation/“aus der Historie ableiten“/Ariane hat es „mantra“ genannt um mich irgendwie zu überzeugen. Die momentanen, konkreten Indizien deuten auf eine chance der Progressiven, ansonsten kann man im Moment nur abwarten…

                    • derwaechter 11. Januar 2020, 19:17

                      Ich sagen nicht, dass ein moderater Kandidat sicher gewinnen würde, sondern das er wahrscheinlich bessere Chancen hätte.
                      Argumente dafür sind keine Spekulationen oder Mantren sondern Wahlergebnisse. Und zwar nicht nur irgendwelche historischen, sondern auch und gerade diejenigen zwischen Trumps Wahl und heute.
                      Ich habe auch nicht den vollen Überblick aber nach allem was ich mitbekommen habe, gibt es kein Beispiel für einen linken Demokraten der einen umkämpften Wahlbezirk, Gouverneurswahl o.ä. in den letzten Jahren gewonnen hätte. Ich lasse mich da aber mehr als gerne eines Besseren belehren.

  • Ariane 8. Januar 2020, 22:51

    Ach vergessen:

    Daher hier der Aufruf: Was wollen die Leser von mir hören? Sicherung der EU-Außengrenzen? Haushaltskonsolidierung? Verhindern von Mitnahmeeffekten beim Sozialsystem? Bedrohung durch Linksextremismus? Das wären so spontan einige Sachen die mir einfallen, zu denen ich normalerweise nicht schreibe.

    Hm, ich bin unsicher. Ich würde es eigentlich auch ganz spannend finden, solche Artikel zu lesen. Andererseits finde ich es aber auch ziemlich normal, dass sich jede Seite mit eigenen Lieblingsproblemen auseinandersetzt und du hast da schon ein breites Spektrum. Gefahr für Sparer durch Niedrigzinsen ist zb ein Thema, das eher nur auf der konservativen Seite behandelt wird. Ich weiß nur nicht, ob da soviel bei rauskommt, wenn das nun von dir aus progressiver Sicht behandelt werden würde.

    • CitizenK 8. Januar 2020, 23:28

      Der nicht legitimierte Einkommens- und Vermögenstransfer von einer Gruppe zur anderen ist ein Thema auch für Progressive. Wohnen, Vermögenskonzentration usw. Auch staatliche Unterstützung für Kleinsparer wie in Frankreich früher könnte man thematisieren.

  • Floor Acita 11. Januar 2020, 19:01

    nochmal zu 4)

    Ich denke was auch oft vergessen wird in der Diskussion ist die Tatsache, dass Obama zwar relativ moderat/zentristisch regiert hat, aber einen Wahlkampf als linker, kämpferischer Populist geführt hat. Er mag für political operatives / das demokratische Establishment frühzeitig als Moderator erkennbar gewesen sein, aber dem Wähler hat er versprochen „I won’t just govern a little bit different, I want to change the whole game plan“. Er wollte den Wandel und hat Hillary klar von links attackiert und sogar bestimmte „Grenzen“ die das Establishment gerne setzt überschritten (Beide Clintons wegen konkreter Korruption in Kolumbien kritisiert „Justizminister gekauft“). Gegen ihn wurden deshalb zum analogen Zeitpunkt die exakt gleichen Bedenken vorgebracht wie jetzt gegen die progressiven Kandidaten – Obama hat die general nicht nur bekanntlich 2mal gewonnen, sondern auch die districts geholt die Trump trotz popular vote loss den Sieg gebracht haben…

    • TBeermann 11. Januar 2020, 20:03

      Das Interessante wie auch Problematische daran ist aber, dass jeder da allein rein interpretieren konnte, was er wollte.

      Was rückblickend wohl eher gemeint war, war der Versuch, überparteilicher zu agieren und die Lagerpolitik aufbrechen, was er ja gerade am Anfang durchaus versucht (und damit die Phase, in der er eine gestalterische Mehrheit gehabt hätte verschwendet) hat.
      Daneben war die Gesundheitsreform eines der großen Themen, was ja in den USA tatsächlich revolutionär gewesen wäre, wenn man tatsächlich die „Public Option“ so aufgebaut hätte, wie es mal versprochen wurde.

      • Floor Acita 13. Januar 2020, 07:18

        „Was rückblickend wohl eher gemeint war“
        ist irrelevant für die Diskussion um den richtigen Kandidaten. Wichtig ist wie es analog zum „jetzigen“ Zeitpunkt wahrgenommen wurde und da war er eben klar der linke Kandidat.

        „Daneben war die Gesundheitsreform eines der großen Themen“
        wie jetzt auch

        „wenn man tatsächlich die „Public Option“ so aufgebaut hätte“
        und dafür stand er, Hillary war dagegen. Und er wurde folgerichtig als purist und „high in the sky“ betitelt – genau wie die Progressiven heute…

    • Stefan Sasse 12. Januar 2020, 12:31

      Ja, Obama war ein begnadeter Wahlkämpfer. Neben vielem anderen.

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