Abtreibungen, dominante Männer und Bürgerkriege in der Krise der Meinungsfreiheit – Vermischtes 07.11.2019

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Sie werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten.

1) „Ich wollte nicht mehr leben“ (Gesprächsprotokoll)

Ich habe in der Provinz Gegharkunik studiert. An der Universität lernte ich meinen Mann kennen. Nach dreizehn Jahren heirateten wir. Weder Freunde noch Familienmitglieder konnten sich vorstellen, dass wir uns jemals scheiden lassen. Damals wünschte ich mir, bei meiner Schwiegermutter zu leben, denn wir hatten eine gute Beziehung. Als ich meine erste Tochter bekam, ahnte ich noch nichts. Wir benannten sie nach ihrer Großmutter. Doch die fragte nur: ‚Warum eine Tochter, warum kein Sohn?‘ Dann starb mein Schwager. Meine Schwiegermutter hatte drei Söhne: Einer war nun tot, der zweite geschieden, der dritte mein Mann. Ich war wieder schwanger. Meine Schwiegermutter hatte bereits zwei Enkelsöhne, und auch ich sollte einen Jungen bekommen, der das Familienerbe weiterführt. Ich machte einen Ultraschall: erneut ein Mädchen. Damals war meine Tochter sieben Monate alt, und meine Schwiegermutter kümmerte sich lieber um die Enkelsöhne als um sie. Zu dem Zeitpunkt machte ich den Haushalt, obwohl ich mich nicht gut fühlte. Als ich abends mit meinem Baby im Bett lag, musste ich mich erbrechen. Meine Schwiegermutter wollte, dass ich trotzdem mitesse. Mein Mann kam nach Hause, küsste erst seine Mutter, danach mich. Dann schrie meine Schwiegermutter: ‚Deine Frau spricht nicht mit mir!‘ Daraufhin prügelte mein Mann mich. Meine Schwiegermutter nahm alle Kissen und Decken von unserem Ehebett und machte in einem anderen Raum das Bett für ihren Sohn. Ich verbrachte die Nacht eingewickelt in ein Badetuch. Als meine Schwiegermutter forderte, dass ich abtreiben soll, verließ ich weinend das Haus. Ich vertraute mich der Schwester meiner Schwiegermutter an, doch die verpfiff mich. ‚Warum lüftest du unser Geheimnis?‘, schrie meine Schwiegermutter, als ich wieder zu Hause war. (Luisa Willmann, SpiegelOnline)

Ich verlinke diese Erzählung anstatt den ebenso empfehlenswerten Erklärartikel derselben Autorin, weil trotz all der bedrückenden Fakten aus letzterem die Erfahrung aus erster Hand noch bedrückender und einschneidender ist. Was mir angesichts der katastrophalen Zustände dieses toxischen Patriarchats besonders hervorhebenswert scheint ist die Rolle der Frauen in der Legitimierung und Fortführung dieses Systems. Es ist ein nicht auszurottender vulgärfeministischer Mythos, dass das Patriarchat einzig und allein durch Männergewalt entsteht und aufrechterhalten wird.

Tatsächlich basiert es schon immer darauf, dass Frauen willfährige Helfer sind (genauso wie die Mehrzahl der Männer, die ebenfalls Opfer dieses Systems sind; das Patriarchat schadet allen). Gründe dafür sind vielfältig und im Kern menschlich. Wer sein ganzes Leben in einem bestimmten Wertesystem aufgewachsen ist, selbst darunter gelitten und gewaltige Opfer zu seiner Aufrechterhaltung gebracht hat, wird sich schwer tun, wie die oben beschriebene Schwiegermutter plötzlich das bisherige Leben als Irrtum zu begreifen. Das ist generell viel verlangt, von jeder Person. Es erinnert mich an die Diskussion unter einem anderen Post über das fundamentale Ändern der eigenen Meinung; es heißt immer auch, seine eigene Vergangenheit zu verleugnen beziehungsweise zu verurteilen. Erneut, das schaffen nur wenige.

Damit stellt sich aber auch die Frage, wie man gegen diese Problematik vorgeht. Durch Migration kommt sie ja auch durch die Hintertür wieder in Deutschland an (wo sie gerade in christlich-konservativen Kreisen sowieso nie weg, sondern allenfalls verdeckt war). Ich denke, die einzige Möglichkeit hier ist, den gesellschaftlichen Konsens zu ändern. Dafür braucht es laute und klare Bekenntnisse, gerade von Autoritätspersonen, und eine stetige Aufklärungsarbeit. So was passiert nicht über Nacht, und es ist anstrengend. Aber es ist notwendig, um dieses millionenfache Leiden zu verhindern.

2) The real reason Kamala Harris is tanking

The real reason she’s falling is that the more voters learn about Harris‘ decade-and-a-half record, first as a San Francisco prosecutor and then as the California attorney general, the more they recoil. And rightly so. Harris has long billed herself as a „progressive prosecutor.“ To most people, that would strike as oxymoronic. But to her this meant using the carceral state that conservatives like to tackle social problems that progressives care about. She’s got the mindset of a cop who wants to save you not from the bad guys but yourself. „She repeatedly fought for more aggressive prosecution not just of violent criminals but of people who committed misdemeanor and ‚quality of life‘ crimes,“ Reason’s Elizabeth Nolan Brown noted after an exhaustive look at Harris‘ record. What kind of „quality of life“ crimes did she crackdown on? Panhandling, prostitution, graffiti, loitering, driving under the influence, and living in an unapproved homeless encampment. This issue set would have made former New York Mayor and now Trump confidante Rudy Giuliani proud. It is also one that targets people of color the most. Of all people, Harris should have understood that, especially since she was railing against mass incarceration and its disparate impact on poor and black communities at Yale University in 2006, when she was San Francisco’s district attorney and launching her „quality of life“ crackdown. But her most notorious „quality of life“ crusade that disproportionately targeted people of color was against school truancy. She first launched it as the district attorney of San Francisco, an office she won after defeating her truly progressive boss who had alienated police unions with his alleged softness on crime, and then scaled it up when she became California’s attorney general. (Shika Dalmia, The Week)

Die Parallele für Kamala Harris ist für mich ziemlich eindeutig: Sie ist der Jeb Bush der Democrats. Ebenso wie der Bruder des 43. US-Präsidenten war Harris auf dem Papier eine starke Kandidatin. Weiblich, mit Migrationshintergrund, aber gleichzeitig mit einer die moderate Mitte ansprechenden tough on crime-Verganhenheit; what’s not to like?

Wie Bush musste Harris die Erfahrung machen, dass sie schlichtweg aus der Zeit gefallen ist. So unvorbereitet, wie Jeb Bush 2016 in die offene Kreissäge von Trumps Kritik am Irakkrieg lief und völlig damit auf dem falschen Fuß erwischt wurde, dass seine Positionen nicht mehr Mainstream sind, so wurde Harris dieses Jahr davon überrascht, dass ihre Vergangenheit als Staatsanwältin kein asset, sondern eine schwerwiegende Belastung waren.

Ihre konstruierte Wandlung zur progressiven Vorkämpferin nahmen ihr nicht genug Leute ab, und es gibt ohnehin akzeptable Alternativen dafür, so dass sie keine Nische besetzen kann. Manchmal hat man einfach Pech. Da können sich Bush und Harris ja mal beim Kaffee drüber austauschen.

3) Civil War Begins When the Constitutional Order Breaks Down

Violence is the magical substance of civil war. If, by definition, political groups in opposition have also abandoned the legitimacy of the old order, then a successor constitutional order with working politics cannot be birthed without violence. Hence violence is the only force that can bring about a new order. This is why all memorable civil wars, and all parties, enthusiastically embrace violence. The character of civil war is existential. The breakdown of the old order forces frightening prospects on society. If constitutions represented a collective source of authority, in its violent replacement are suddenly two opposing and inimical pretenders, each crying for both allegiance and punishment. Moreover, one party’s victory is the inevitable loss of the other’s way of life. Hence in such conflicts, the entire society must choose sides, and it is an all-or-nothing choice. Moderates and undecided, and those peaceful fence sitters all are forced to join warring factions. In civil war, perhaps the greatest violence, in the heart, is the aggressive coercion to join a warring cause. War becomes a great, mutual ritual of resolution between enemies-once-brothers. Here, longstanding customs and norms, paradoxically, come right into play. While old political norms may have been discarded, old conflict norms again take center stage. If there is to be a war, certain expectations, even hallowed traditions come into play: How battle should be formed, and also too, the pathways battle resolves. (Michael Vlahos)

Der Artikel ist unbedingt in seiner Gänze empfehlenswert; Vlahos legt eine konsequent durchdachte Theorie der Eskalation zum Bürgerkrieg dar. Diese ist zwar aus amerikanischer Sicht geschrieben, aber allgemein genug, dass sie für alle Leser relevant sein dürfte. Ich möchte an dieser Stelle vor allem auf zwei Punkte Bezug nehmen.

Der erste ist, dass die politische Gewaltbereitschaft, die Vlahos zurecht als Grundbedingung für den Ausbruch des Bürgerkriegs nennt, aktuell noch völlig einseitig ist. Es ist der extreme Rand der extremen Partei der Republicans, die aktuell eine Begeisterung für politische Gewalt haben und von denen die Chose aktuell ausgeht. Das mag sich ändern, falls etwa die Antifa plötzlich zu einer anerkannten Strömung bei den Democrats wird (analog dazu, wie in den letzten Jahren white-supremacy-Terroristen zu anerkannten Mitgliedern der Basis wurden), aber danach sieht es gerade nicht aus. Solange dürfte der Bürgerkrieg zumindest auf sich warten lassen.

Ebenso spannend ist der Vergleich mit dem Antebellum-Kongress, der in Vlahos Artikel nur sehr implizit vorkommt. Ich habe das in meiner Kurz-Besprechung von Joanna B. Freemanns „Field of Blood“ bereits angesprochen, dass der Bürgerkrieg 1861-1865 in just dem Moment ausbrach, in dem die politische Gewalt, die über Jahrzehnte nur von einer Seite ausgeübt wurde (den damals noch konservativen, südstaatenzentrierten Democrats), von der anderen Seite (den damals neuen, im Nordwesten und Mittleren Westen aufgetauchten progressiven Republicans) erwidert wurde. Als die eingeübte Praxis der permanenten Einschüchterung und des politischen Terrorismus nicht mehr funktionierte, griffen die Südstaaten zum Mittel des Krieges.

Die Lektion daraus ist ernüchternd. Entweder man lässt die Republicans heute mit ihrer Gewalt durchkommen, oder man riskiert den offenen Konflikt. Beide Alternativen sind zutiefst unattraktiv. Ich wüsste gerne einen Ausweg aus dem Dilemma. Irgendetwas, das die GOP wieder auf den Weg der Demokratie und der Vernunft bringt, bevor der Laden auseinanderfliegt. Aber ich sehe immer weniger, wie das funktionieren soll.

4) Tweets

Ich habe dieses Fundstück hauptsächlich als weitere Belege dafür, wie heuchlerisch die ganze Debatte um „Meinungsfreiheit“ aus dem rechten Spektrum ist. Es geht einzig und allein darum, dass man selbst sich als Verlierer einer Debatte begreift (nicht zu Unrecht im Übrigen). Aber genauso wie ich vor wenigen Jahren in einem Zustand permanenter Verärgerung war, weil meine Meinung zu Griechenlandkrise, Hartz-IV und Finanzkrise alles, aber nicht konsensfähig war. Man fühlt sich da ständig als unterdrückt, als mundtot gemacht und was weiß ich. Aber es ist halt einfach die Konsequenz, eine Meinung zu vertreten, die nicht mehrheitsfähig ist. Da muss man durch das Tal der Tränen oder die Klappe halt halten, wenn man das Echo nicht verträgt. Aber das hat nichts mit Einschränkung der Meinungsfreiheit zu tun, das ist einfach nur ein sozialer Effekt.

5) Most 2020 Candidates Have Something In Common: Their Supporters Also Like Warren

Denken Männer, die eine ,unberührte‘ Frau wollen, sie hätten ein alleiniges Recht auf den Körper ihrer Partnerin?

So ist es. In meinem Buch finden Sie das Zitat eines inzwischen veralteten Bundesgerichtshofurteils. Da haben lauter Männer entschieden, dass es als Ehefrau beim Sex nicht reicht, sich passiv zur Verfügung zur stellen, sondern die Frau sollte auch aktiv mitmachen. Darauf hätte der Mann ein Recht. Diese Dominanz der Männer ist das eigentliche Thema.

Sie schreiben, die Dominanz der Männer gefährde das Überleben der Menschheit.

Ja. Typen wie Trump oder Bolsonaro sind eine Gefahr für die Menschheit geworden. Wir erleben in der Politik den Dominanz-Typus par excellence. Bei Vergewaltigungen geht es um den Dominanzanspruch der Männer, die glauben, Frauen hätten ihnen zur Verfügung zu stehen. Und darüber hinausgehend geht es mir um die Dominanz der Männer, die glauben, alles, selbst die die Natur, müsse sich ihnen unterordnen. Die glauben, sie könnten ihre Ego-Ansprüche überall ausleben. Beides muss miteinander vernetzt werden. […]

Inwiefern?

Ein wenig beachteter Punkt ist Erziehung. Wie wurden früher Jungen und Mädchen erzogen? In den Zeiten der Stammhalter wurden die Mädchen weniger geliebt und mehr geschlagen. Das war vor vierzig Jahren noch so. Jetzt sind wir beim Umgekehrten: Die Jungen werden weniger geliebt und mehr geschlagen. Die Krise der Jungen ist augenfällig. Wir haben noch nie einen so großen Leistungsabstand zwischen Jungen und Mädchen gehabt, schulisch und auch an Universitäten. Und das hat ganz stark mit einem Defizit der Väter zu tun. Mehr als die Hälfte der Jungen haben keine starke Beziehung zum Vater. Weil er sich aus dem Staub gemacht hat, oder weil er nur körperlich anwesend ist – weil er einfach seine Rolle nicht ausfüllt. Das ist ein Hauptfaktor für die Krise der Jungen.

Und die Mädchen?

Die haben ganz überwiegend eine liebevolle Mutter, die sich kümmert. Das steigende Selbstbewusstsein der Frauen, das überall spürbar ist, hat zur Halbierung der Vergewaltigungen in der Ehe beigetragen. Die Frauen lassen sich nicht mehr unterkriegen. Sie sind nicht mehr abhängig vom Mann, haben einen Job, stehen stark da. Völlig anders als noch vor 30, 40 Jahren. (Johanna Dürrholz, FAZ)

Wie bereits in Fundstück 1 angesprochen: Das Patriarchat schadet allen. Die ständige Gewalt – verbal wie körperlich – die in der toxischen Männlichkeitsvorstellung als zentrales Merkmal der Männlichkeit gilt, reproduziert sich danach ständig. Und das findet sich, wenig überraschend, in den Kriminalitätsstatistiken wieder. Gewalt ist männlich, und damit auch Gewaltverbrechen. Wenig überraschend geht die Kriminalitätsrate in der ganzen westlichen Welt überall dort seit mittlerweile Jahrzehnten stetig zurück, wo das Patriarchat auf dem Rückzug ist. Und ebenso wenig überraschend hält sich in den konservativsten Gegenden auch am ehesten die entsprechende Verbrechensrate.

Es ist auch spannend zu sehen, wie Pfeiffer völlig zurecht die Frage der Erwerbstätigkeit betont. Das spannende hier ist, dass es sich dabei um ein genuin liberales Projekt handelt; es ist der ständige innere Widerstreit der CDU seit mittlerweile 15 Jahren, dass sie zwar einerseits im Geiste der neoliberalen Reformära (man denke nur an die Amtszeiten von der Leyens und Schröders im Familienministerium) die Frauenerwerbsquote erhöhen, auf der anderen Seite aber die traditionelle Einernährerfamilie erhalten wollen. Diese Quadratur des Kreises zerreißt die Partei nachhaltig; eine weitere praktisch nie diskutierte offene Flanke, in die die AfD stößt.

7) „Bedrohte Meinungsfreiheit“ – Wenn rechte Märchen in die Mitte sickern.

Jemand, der in einer feministischen Gruppe sitzt und rechtsradikales Zeug von sich gibt, wird bestimmt“ „keinen Spaß“ haben (er wird dann nämlich Widerspruch ernten), jemand der in einer FPÖ-Ortsgruppe sitzt und für die multikulturelle Gesellschaft eintritt, wird auch „keinen Spaß“ haben (er kann dann nämlich froh sein, wenn er nur Widerspruch erntet). Aber wo steht geschrieben, dass die Wahrnehmung meiner Meinungsfreiheit, nämlich das Vertreten von Meinungen im Kreis von Andersdenkenden auch noch Spaß machen muss? Wer groß von Meinungsfreiheit faselt und damit meint, dass er von Widerrede verschont zu werden habe, der hat eben von Meinungsfreiheit nichts verstanden.  […] Als hätte man rechtsradikalen Unfug in den letzten Jahren zu viel ausgegrenzt. Als wäre nicht das Gegenteil der Fall: verständnishubernde Demokraten haben den Verhetzern Bühne um Bühne geboten und viele ihrer Auffassungen stillschweigend in den öffentlichen Diskurs einer ganzen Gesellschaft sickern lassen. Das ist nicht passiert, weil man zu viel Widerstand gegen den autoritär-rabiaten Ungeist geleistet hat, sondern natürlich, weil man zu wenig geleistet hat. […] Das sind Demokraten und Liberale im Zustand der Selbstaufgabe. Schon Meinungsumfragen werden so gestaltet, dass sich die Rechtsextremen bedanken können. Wie etwa die absurde Zahl, dass 63 Prozent der Deutschen finden, dass man heute nicht mehr seine Meinung frei sagen dürfe. Allerdings wurden da die Probanden in einer sehr umständlichen Frage gefragt, ob es tatsächlich so sei, „dass man aufpassen“ muss, wie man sich wozu äußere. Nun, siehe oben, natürlich muss man das. Man musste das immer schon und zwar nicht, weil irgendwelche Meinungen real oder auch nur symbolisch verboten wären, sondern weil man eben überlegen muss, ob man den Streit, den man vom Zaun bricht, jetzt haben will oder nicht. Von daher ist es ja nur logisch, dass die Zahl derer, die zustimmen, eher hoch ist. Ich würde dem ja auch zustimmen – schließlich schicke ich auch nicht jeden Tweet ab, den ich formuliere. Manchmal sind es die lustigsten und provokantesten Tweets, die ich lösche. (Robert Misik)

Ich finde die ganze Diskussion um die angeblich bedrohte Meinungsfreiheit offen gesagt zum Kotzen. Wie in Fundstück 4 bereits angesprochen ist die Meinungsfreiheit nicht gefährdet. Ein großer Teil der Bevölkerung macht gerade nur die äußerst unangenehme Erfahrung, von der Mehrheit zur Minderheit zu werden und die eigenen Privilegien zu verlieren. Die ganzen so wortreich bejammerten Folgen – der ständige Widerspruch, die Abstempelung zum Ewiggestrigen, und so weiter – sind denjenigen, die immer schon aus einer Minderheitenposition argumentiert haben, bestens bekannt. Diese haben jetzt die befriedigende Erfahrung, den Kulturkampf gewonnen zu haben. Klar ist das ätzend. Aber es ist TEIL von Meinungsfreiheit, Demokratie und Pluralismus, nicht ihre Gefährdung. Die Forderung nach einer Stasis der öffentlichen Debatte und Schutz vor Widerspruch ist keine Forderung zum Schutz von Meinungsfreiheit, sondern ihrer Gefährdung.

8) Sanktionen sind weiterhin richtig

Geben heißt, bereit zu sein, dem Sozialstaat etwas zurückzugeben. Bereit zu sein, wieder selbst für sich zu sorgen. Bereit zu sein zu arbeiten. Auch wenn die Arbeit nicht der Traumjob ist. Denn was sollen eigentlich Geringverdiener sagen, die jeden Morgen aufstehen, mit ihren Kindern frühstücken, einer schlecht bezahlten Arbeit nachgehen, abends noch einen Nebenjob machen, damit es für den kleinen Urlaub an der Adria reicht? Diese Menschen leisten so viel und haben oft nicht viel mehr Geld als diejenigen, die für die Solidargemeinschaft wenig leisten. (Anita Fünffinger, Tagesschau)

Ich möchte nur diesen winzigen Ausschnitt kurz diskutieren, weil ich diese Argumentation für die so ziemlich dümmste halte, die man in dem ganzen Komplex um Hartz-IV und Sanktionen bringen kann (und ich bin dankbar, dass Stefan Pietsch in seinem Artikel da weitgehend drauf verzichtet hat). Wie sollen Geringverdiener hier reagieren? Höhere Gehälter und bessere Arbeitsbedingungen fordern selbstverständlich. Prekäre, beschissen bezahlte Beschäftigung wird nicht dadurch besser, dass es unter einem eine Gruppe gibt, die noch mieser dran ist. Diese Art des Klassenkampfes von oben ist eine jahrtausendealte Tradition, und sie sollte von Medien wie der Tagesschau kritisiert, nicht befördert werden. Leider ist das eher Mainstream. Das hat übrigens nichts mit der Einschränkung meiner Meinungsfreiheit zu tun, das zu kritisieren. 😉

9) Warum die höhere Kaufprämie für E-Autos ein Eigentor für die deutsche Automobilbranche werden könnte // Führt die Kein-Autokauf-Prämie ein!

​Diese Prämienerhöhung kann massiv nach hinten losgehen, wenn in 1-2 Jahren ein extrem günstiges E-Auto, zum Beispiel aus China, auf den deutschen Markt kommt und die Prämie ebenfalls in Anspruch nimmt. Man stelle sich beispielsweise etwa Ein/Zwei-Personen-Pods in der Größenordnung von Smarts oder Citroens Ami One vor, die für 2.000 bis 3.000 Euro Endpreis dank Prämie unter anderem(!) den Zweitwagenmarkt „ruinieren“. Und eine Marktstufe höher gut(!) ausgestattete elektrische Erstwagen für um die 10.000€ dank Prämie… Der E-Automarkt -und damit also der gesamte künftige Automarkt- wird am unteren Marktende entschieden, also auch am Preis. Hohe Prämien öffnen den deutschen Heimatmarkt massivst für Angreifer von unten, die damit ihre Margen sichern können. (Die deutschen Hersteller stecken dabei längst in der hochpreisigen SUV-Falle fest. (Am schlimmsten sieht es bei BMW aus.)) Wenn die E-Auto-Prämie 1/5 oder mehr(!) des Preises senkt, dann ändert das alles. Wenn es dagegen nur ein 1/10 des Preises ausmacht (deutsches E-SUV), dann ist die Wirkung für Kunden & Anbieter nicht mehr so hoch. Also: Das Untere Marktsegment wird jetzt spannend. Zum einen, weil Elektromobilität (nicht nur, aber vor allem) an dieser Stelle neue Formfaktoren, also neue Arten von Vehikeln, erlaubt. Und zum anderen weil an dieser Stelle aufgrund der höheren Stückzahlen die Mobility-Softwareplattformen der Zukunft entstehen werden. (Marcel Weiss, Neunetz)

Eine andere Idee wäre allerdings noch wirksamer für den Klimaschutz: Statt allen Bürgern 6.000 Euro zu geben, die sich ein E-Auto kaufen, könnte der Staat auch jedem Bürger über 18 Jahren eine Prämie für jedes Jahr zahlen, in dem er oder sie kein Auto besitzt. Denn wenn wir es mit der Mobilitätswende ernst meinen, reicht es nicht, sämtliche Autos mit Verbrenner durch Autos mit E-Motor zu ersetzen. Die Verkehrsinfrastrukturprobleme in den urbanen Zentren dieser Welt werden damit nicht gelöst. Und das ökologischste Auto ist nach wie vor eins, das gar nicht erst gekauft wird – egal, wie es angetrieben wird. Statt den Autoverkehr zu subventionieren, sollte die Bundesregierung daher lieber sträker den autolosen Verkehr subventionieren – beispielsweise durch fahrscheinlosen Nahverkehr. Schade, dass es dafür in Deutschland keine mächtige Lobby gibt. (Stephan Dörner, T3N)

Wir sehen in den beiden zitierten Artikeln die zwei Kernprobleme deutscher Mobilitätspolitik.

Problem 1 ist, dass die Interessen der deutschen Autobauer, Veränderungen möglichst lange zu verschleppen und Steuergelder als Subventionen für überkommene Geschäftsmodelle abzuziehen, dank deren Lobbykraft praktisch alles dominieren und den nötigen Wandel damit verhindern, bis der Zusammenbruch der Branche (statt „nur“ ihre schmerzhafte Umgestaltung) nicht mehr aufzuhalten sind. Ich kann mich erinnern, darüber geschrieben zu haben.

Problem 2 ist, dass diese Politik dazu führt, dass das Auto als Verkehrsmittel generell ideologisch überhöht und absolut gesetzt wird, eine ideologische Verblendung, die Deutschland mit den USA teilt. Die Konsequenz daraus ist, dass alternative oder einfach nur bessere Verkehrsmittel keine Chance haben. Stichworte dafür wären eine Förderung des ÖPVN auf der einen und des Fahrradverkehrs auf der anderen Seite, die beide keine Subventionen für irgendwelche neuen, unerforschten Technologien brauchen würden, sondern bereits seit Jahrzehnten existieren.

10) Hochrangiger Beamter strafversetzt – Grüne fordern Aufklärung

Sachsen-Anhalt braucht Zuwanderung, wenn es politisch und wirtschaftlich nicht an Bedeutung verlieren will – das ist die unmissverständliche Botschaft einer aktuellen Studie des Leibniz-Instituts für Länderkunde. Die Untersuchung kam im Sommer dieses Jahres zum Abschluss und stellt der Landesregierung Sachsen-Anhalts kein gutes Zeugnis aus. Veröffentlicht wurde sie bisher nicht – dafür hat ein hochrangiger Beamter seinen Job verloren, unter dessen Führung die Studie 2017 in Auftrag gegeben worden war. Der Leiter des Referats Demografische Entwicklung und Prognosen wurde strafversetzt, wie die „Mitteldeutsche Zeitung“ berichtet. Regierungskreise bestätigen dem SPIEGEL den Vorgang. Zudem wurde ein Disziplinarverfahren gegen den Beamten eingeleitet. Das zuständige Ministerium für Landesentwicklung unter Thomas Webel (CDU) beantwortete der Zeitung keine Fragen zu dem Fall und verwies auf den Persönlichkeitsschutz. Die Studie werde „geprüft“. Dem Bericht zufolge war der nun versetzte Referatsleiter jahrelang öffentlich als Experte für Demografieprognosen aufgetreten und habe „über Zusammenhänge von Überalterung, Geburtenraten und Zuwanderung referiert“. Inzwischen soll er als Referatsleiter für die „Sicherung der Landesentwicklung“ arbeiten. (SpiegelOnline)

Während der arme Bernd Lucke die Blätter der Republik rauf und runter bedauert wird, weil er eine Vorlesung nicht halten konnte, wird auf der anderen Seite ein Beamter strafversetzt, weil seine Schlussfolgerungen der politische Meinung seiner konservativen Vorgesetzten nicht entsprachen. Nur interessiert das natürlich deutlich weniger, weil er sich, anders als Lucke, nicht auf seine privilegierte Stellung im Diskurs stützen kann. Dieser Vorgang ist für mich die beste Illustrierung, warum ich diesen Aufstand um Lucke für völlige Spiegelfechterei halte.

11) „Wir sind so verblieben, dass er uns rechtzeitig Bescheid geben würde“ (Interview mit Walter Momper)

Für die ganze Welt kam die Maueröffnung am Abend des 9. November 1989 überraschend, vor allem auch jener Satz von Günter Schabowski, wonach „seines Wissens nach“ die neue Reiseregelung ab sofort, unverzüglich, gelte. Waren Sie auch überrascht?
Nein, so überrascht war ich nicht, denn wir hatten am 29. Oktober ein Treffen mit Günter Schabowski, das Manfred Stolpe vermittelt hatte. Bei diesem Treffen hat er, am Ende eines sehr langen und aufschlussreichen Gesprächs, gesagt: Im Übrigen, wir werden Reisefreiheit geben. Da habe ich ihn angeschaut und gefragt: Was meinen Sie denn damit? Na ja, sagte er, jeder, der reisen und abhauen will, kann reisen und abhauen. Und jeder, der zurückkommen will, kann auch wieder zurückkommen. […]

Wie ging es weiter bei dem Gespräch am 29. Oktober?
Wir fragten Schabowski: Was glauben Sie, wie viele Menschen kommen werden? Er antwortete: Och, da sollten wir uns mal keine Sorgen machen. Das könnten sie steuern. Es hätten überhaupt nur zwei Millionen DDR-Bürger einen Pass, und bis die alle ihr Visum hätten, das würde dauern. […]

Das war ja nun keine Kleinigkeit.
Es gab ein paar große Probleme, die man der Reihe nach benennen konnte. Das wichtigste war natürlich: Wie transportieren wir die Leute? Die BVG sagte gleich: Wir können das. […]

Die BVG muss damals besser funktioniert haben als heute.
Die hatten mehr Fahrzeuge als heute, da war kein Mangel dran, aber die haben das schon ganz gut hingekriegt. […]

Da waren Sie als Regierender Bürgermeister offenbar näher an der Realität als Schabowski. Sie ahnten, dass die Leute nicht warten würden, bis der Pass gestempelt wird.
Klar, das war doch offenkundig. (Gerd Appenzeller, Tagesspiegel)

Ich halte dieses Interview vor allem aus historischer Sicht für interessant. Ja, die Öffnung der Grenze kam für den Westen nicht so überraschend, wie das gerne im Narrativ behauptet wird; sie hatten etwa eine Woche Vorwarnung. Wesentlich spannender als diese Anekdote finde ich zweierlei.

Einerseits, wie realistisch und pragmatisch die westdeutsche Verwaltung das Problem sah. Sie kalkulierten durch, wie viele Besucher kommen würden, stockten die BVG auf (die damals, Beamtenstruktur und vernünftige Finanzierung sei dank, noch leistungsfähig war) und bereiteten zusätzliche Grenzübergänge vor. Es ist staatliches Handeln auf Verwaltungsebene in Bestform. Genau so soll das sein. Angesichts der heutigen Zustände in Berlin geradezu ein Scherz.

Andererseits, wie völlig unrealistisch und ahnungslos die Knallchargen im Osten über ihr eigenes Land waren. Die westdeutschen Behörden konnten die Konsequenzen der ostdeutschen policy aus einer beiläufigen Ankündigung deutlich besser abschätzen als die Stäbe der Planwirtschaftler. Wenn so etwas nicht eine absolute Verdammung des DDR-Systems ist, dann weiß ich nicht, was.

{ 113 comments… add one }
  • R.A. 7. November 2019, 15:46

    7.) „Jemand, der in einer feministischen Gruppe sitzt und rechtsradikales Zeug von sich gibt, wird bestimmt“ „keinen Spaß“ haben …“
    Völliger Strohmann.

    Bei den aktuellen Bedrohungen von Meinungsfreiheit geht es NICHT darum, ob jemand „seinen Spaß“ hat oder ob er von irgendwelchen Leuten Widerspruch kriegt.

    Sondern es geht darum, ob er wegen einer Meinungsäußerung seinen Job verliert, auf die Schnauze bekommt, sein Auto abgefackelt wird, er bei Facebook gesperrt wird oder er nicht mehr an öffentlichen Einrichtungen (Unis) auftreten darf. Es geht also darum, daß er in seinen Rechten geschädigt wird.
    Dagegen gibt es kein Recht auf Ausbleiben von Widerspruch oder gar „Spaß haben“.

    Bei 10.) wäre zu prüfen, ob die geäußerten Meinungen mit den Dienstpflichten kollidiert sind. Nur dann wären die Disziplinarmaßnahmen zu rechtfertigen, ansonsten wäre das auch ein Fall für „Meinungsfreiheit eingeschränkt“.

  • Ariane 7. November 2019, 17:00

    zu 1)
    Tatsächlich basiert es schon immer darauf, dass Frauen willfährige Helfer sind (genauso wie die Mehrzahl der Männer, die ebenfalls Opfer dieses Systems sind; das Patriarchat schadet allen).
    Jep, bzw ist es eigentlich noch schlimmer. Diese Dinge (gilt zb auch für Beschneidung oder Zwangsehen) sind Familienaufgaben und damit traditionell Frauensachen, sie sind damit die Ausführenden und Kontrolleure. Das Schlimmste, was ich dazu je gelesen hab, war über Indien, wo sie die Mädchen einfach verhungern lassen.
    Mit den eigentlichen Taten haben die Männer meist gar nichts mehr zu tun, die kommen erst ins Spiel, wenn es Probleme gibt.
    Und ja Änderungen gehen da nur in Kleinarbeit, positive Rollenvorbilder, Aufklärung und ganz wichtig! Hilfen für Aussteiger.
    Das Problem ist ja, dass Menschen sich immer Legitimierungen für Gewalt einfallen lassen. In ihrem Denkrahmen handeln sie ja rational, da sind Mädchen im Gegensatz zu Jungen wertloser, da ist die Vagina eine schmutzige Sache, die abgeschnitten und zugenäht werden muss usw.
    Und das dauert wirklich lange, solche Dinge aus den Köpfen herauszubekommen.

    zu 3)
    Ich weiß nicht, obs genau dazu passt. Aber ich finde Wut und Gewalt spielen beim Rechtspopulismus eine ziemlich große Rolle. Lust an der Grausamkeit hast du es mal genannt, glaub ich. Ist übrigens auch meine Theorie, dass das ein Grund sein könnte, warum Männer eher drauf abfahren.
    Man hat das in den Reden, wenn Höcke da „mal eben“ von wohltemperierter Grausamkeit redet. Aber noch mehr ist es mir aufgefallen, wenn man sich anguckt, was bei Friday for Hubraum oder in den Kommentaren zu Luisa Neubauer (die Friday for Future-Aktivistin) abgeht. Das wimmelt nur so von Gewaltfantasien, als wenn sie sich richtig daran berauschen, wie so ein Wettbewerb, wer sich die schlimmste Mordfantasie ausdenkt.
    Oder man denke an das Drama, was sich an der mexikanischen Grenze mit den Kindern abspielt. Das läuft ja gar nicht so verdruckst und sie schämen sich nicht mal, sondern feiern sich eher dafür, ne geile und besonders grausame Strafaktion „erfunden“ zu haben.
    Und es ist ja auch nur logisch, dass diese unterschwellige Wut und Gewaltfantasien, die da häufig durchscheinen auch häufiger in körperlicher Gewalt enden. Ich finde diese Entwicklung höchst beunruhigend und abstoßend.
    Und es ist extrem schwer, den richtigen Umgang damit zu finden. Gerade weil es sich häufig so hochschaukelt. Es gibt ja gar nichts, was diese Wut irgendwie befriedigen kann.
    Ich fand zb auch vor dem Bürgerkrieg, dass sich die Fronten da immer mehr verhärtet hatten, wäre der Norden fünf Jahre früher „widerspenstig“ geworden, hätte man das vielleicht – ganz vielleicht – noch auf anderem Weg lösen können.

    zu 7)
    Die Überschrift finde ich ja ein bisschen wohlfeil, Frauen hatten bisher nur weniger Gelegenheit, zur Zerstörung der Welt beizutragen^^
    Ansonsten spricht Pfeiffer viele wichtige Punkte an. Obwohl ich es nicht ganz so schwarz sehe und es optimistischer sehe. Zum Beispiel die Entwicklung, Gewalt total zu verurteilen, ist noch sehr neu. Heute ist das selbstverständlich, dass man seine Kinder nicht schlägt, aber noch vor 10 Jahren war das ziemlich „normal“. Da hat sich der Konsens sehr schnell komplett neu ausgerichtet.
    Und ich finde auch nicht, dass die Männer stehengeblieben sind. Ich glaube, in der Summe hat sich da echt viel getan. Das fällt nur nicht so auf, weil die Machokultur so wahnsinnig laut ist und „moderne“ Männer (wir brauchen da mal nen vernünftigen Begriff^^) das eher leise im persönlichen Bereich machen, zb indem sie sich stärker in die Kindererziehung einbringen. Da hat sich innerhalb einer Generation eigentlich schon wahnsinnig viel getan.

    Der Spiegel hatte neulich ein ganz interessantes Interview zu Femiziden und unterschiedlichen Phasen, die dahin führen: https://www.spiegel.de/panorama/justiz/femizide-vom-liebesschwur-zum-mord-wie-risikobeziehungen-eskalieren-a-1285904.html
    Da fand ich besonders spannend, dass die ersten Phasen wie Stalking, Kontrollwahn usw. kaum Unterschiede in den Geschlechtern hatten, erst beim Mord hat man da einen riesigen Gegensatz.

    • Stefan Sasse 7. November 2019, 17:07

      1) Sehr gute Punkte, danke!
      3) Absolute Zustimmung, und noch als Ergänzung: Diese Gewaltphantasien aus dem rechtsradikalen Raum sind auch oftmals sexualisiert. Vergewaltigungsfantasien gibt es da im Dutzend billiger.
      7) Danke für die Ergänzungen!

      • Ariane 7. November 2019, 17:45

        Diese Gewaltphantasien aus dem rechtsradikalen Raum sind auch oftmals sexualisiert. Vergewaltigungsfantasien gibt es da im Dutzend billiger.
        Jep, passt auch gut zu 7, ich denke das hat viel mit (körperlicher) Kontrolle zu tun. Und ich glaube, wir (als mainstreamige Öffentlichkeit) sehen vielleicht nur die Spitze des Eisbergs. Vor einiger Zeit wurden mal Whatsapp-Chats geleakt von so nem superrechten AfDler: die haben abgestimmt, ob sie lieber Anne Frank oder Sophie Scholl vergewaltigen wollen. Ich meine, wie kaputt kann man sein? Ich verstehe echt nicht, was mit den Leuten los ist.
        Genauso mit den Geheimchats bei 8chan oder so, das geht da viel härter ab, das erfahren wir nur erst, wenn einer davon losrennt, um wirklich Menschen zu erschießen.

        Tja, was soll man da tun? Klar, Strafverfolgung, Gesetzesverschärfungen usw. aber das eigentliche Problem ist ja die Wut, die da rumbrodelt.
        Und ganz ehrlich: es macht auch was mit einem. Ich bin ja keine Öffentlichkeitstante und auch echt kein Schisser, aber ich passe enorm darauf auf, dass politische Äußerungen wie hier oder bei Twitter nur über Accounts laufen, die nicht mit meinem realen Leben verbunden sind. Egal wie winzig meine Reichweite ist, man weiß ja nie ob da nicht doch ein Bekloppter rumläuft. Ich würde durchdrehen, wenn ein Verrückter irgendwie einen Wutanfall über einen meiner Tweets bekäme und mal eben meine Adresse googlen könnte. Also als Einschüchterungstaktik wirkt das auf jeden Fall.

        • Stefan Sasse 7. November 2019, 22:46

          Ich hab das auf Twitter ja auch ausgebreitet, aber die Forderung Seehofers, die Gamerszene zu untersuchen, ist nicht blöd. Der Verfassungsschutz sollte ruhig die Chan-Foren prüfen.

    • Stefan Pietsch 8. November 2019, 11:04

      Diese Dinge (gilt zb auch für Beschneidung oder Zwangsehen) sind Familienaufgaben und damit traditionell Frauensachen, sie sind damit die Ausführenden und Kontrolleure.

      Diese kommen vorrangig in islamisch geprägten Ländern und Menschen dieses Kulturkreises vor. Wenn sie nach Deutschland einreisen, sind sie herzlich willkommen und wir schauen gnädig bei ihren Riten weg. Und dass die Vorkämpfer wider die Bescheidung gegen den Akt bei Männern demonstriert hätten, ist mir bisher auch entgangen.

      Aber ich finde Wut und Gewalt spielen beim Rechtspopulismus eine ziemlich große Rolle

      Hm, warst Du mal auf einer Linken-Demo? Hast Du Dir mal im Hambacher Forst Fäkalien auf den Kopf kippen lassen? Nee? Mach‘ mal, dann treffen wir uns wieder.

      Die Überschrift finde ich ja ein bisschen wohlfeil, Frauen hatten bisher nur weniger Gelegenheit, zur Zerstörung der Welt beizutragen

      Thatcher? Tansu Çiller? Benazir Bhutto? Cristina Kirchner? Irgendwer?

      • Ariane 8. November 2019, 12:15

        Diese kommen vorrangig in islamisch geprägten Ländern und Menschen dieses Kulturkreises vor.

        Ganz klares nein! Sie kommen vornehmlich in alten patriarchalen Strukturen vor, sind aber total losgelöst von Religionen. Das Problem von Mädchen-Abtreibung oder Mädchenmord ist zum Beispiel im asiatischem Raum besonders extrem. Und Armenien wie hier im Beispiel ist übrigens zu 95% christlich.
        Beschneidungen sind ganz überwiegend in bestimmten Regionen Afrikas verbreitet und zwar sowohl in christlichen als auch muslimischen Regionen.

        Und nein, wenn irgendwelche Einwanderer das hier praktizieren, wird auch nicht gnädig weggesehen, praktischerweise haben wir hier die Infrastruktur wie Aufklärung, positive Rollenvorbilder, Aussteigerhilfen nämlich schon da. Hier sind das ja isolierte Vorfälle. Aber in einem armenischen Dorf muss man die Struktur von Grund auf verändern.

        Und dass die Vorkämpfer wider die Bescheidung gegen den Akt bei Männern demonstriert hätten, ist mir bisher auch entgangen.

        Ähm. Es steht dir übrigens frei, morgen gegen Beschneidung von Männern auf die Straße zu gehen.
        Und um nicht völlig durchzudrehen, setze ich mal wohlwollend voraus, dass du einfach ahnungslos vor dich hinplauderst und nicht weißt, dass eine Beschneidung von Frauen anders abläuft:
        Dort werden die Schamlippen und die Klitoris abgesäbelt und die verbliebenen Stümpfe dann zugenäht, ein winziges Loch zum Urinieren lässt man da. Wenn bei Männer-Beschneidungen der ganze Penis abgesäbelt würde und nur ein kleiner Stumpf zum Urinieren bleiben würde, wäre der Aufruhr sicherlich größer.

        Und weil es so schön zu meinem ersten Punkt passt: Es gibt übrigens Überlegungen, dass bei Männerbeschneidungen der religiöse Aspekt erst hinterher aufgepropft wurde und das ganze am Anfang eher praktische Gründe hatte, weil Wüstensand und Vorhäute nicht ganz so gut zusammenpassen.

        • Stefan Pietsch 8. November 2019, 14:21

          Ja, jetzt ist auch mal gut. Deine Detailtreue in diesem Bereich ist zumindest von mir nicht erwünscht. 🙂

          Beschneidung ist im juristischen Sinne eine körperliche Misshandlung, wobei der Gesetzgeber nicht unterscheidet in „schwere Misshandlung“ und „besonders schwere Misshandlung“. Du magst da trennen und den Kampf erst der „besonders schweren Misshandlung“ ansagen. Und wenn es die nicht mehr gibt, kann man sich ja dem anderen widmen. Nur ist das für mich als rechtsgläubigen Bürger nicht so einfach. Das Gesetz trennt zwischen „Zulässig“ und „Nicht zulässig“. Ein bisschen zulässig gibt es da nicht.

          Beschneidungen sind ganz überwiegend in bestimmten Regionen Afrikas verbreitet und zwar sowohl in christlichen als auch muslimischen Regionen.

          Gut, dann gehe dahin und führe Deinen Kampf. Hier gibt es das Problem ja nicht, da habe ich Dich doch richtig verstanden? Oder kennst Du einen einzigen Fall eines Christen in Deutschland, der seine Tochter beschneiden ließ?

          • Dennis 9. November 2019, 00:51

            Ich zieh mal Zitate aus zwei Beträgen von Stefan Pietsch zusammen:

            Zitat:
            „Ja, jetzt ist auch mal gut. Deine Detailtreue in diesem Bereich ist zumindest von mir nicht erwünscht. “

            Eine gewisse Detailtreue sollte schon erwünscht sein, IMHO, denn
            1) Fußnägelbeschneiden
            2) Zirkumzision
            3) female genital mutilation

            um nur mal drei Beispiele zu nennen, watt das B-Wort so alles umfassen kann, sind halt verschiedene Sachen. Namentlich gehören auch 2) und 3) genauso wenig in dieselbe Begriffskiste wie 1) und 2), zum Beispiel. Aber möglicherweise ist ja Gender-Mainstreaming in diesem Fall mal angesagt, weil’s ideologisch passt.

            Zitat:
            „Beschneidung ist im juristischen Sinne eine körperliche Misshandlung, wobei der Gesetzgeber nicht unterscheidet in „schwere Misshandlung“ und „besonders schwere Misshandlung“.

            Stimmet nitt. Es handelt sich bei 2) grundsätzlich um Körperverletzung. Den Begriff „schwere Misshandlung“ gibt es juristisch als Tatbestand genauso wenig wie „besonders schwere Misshandlung“. Misshandlung ohne Klassifizierung schon, aber nicht in diesem Zusammenhang. Ihre juristische Expertise, die offenbar beides nicht trennt, ist dementsprechend ziemlich daneben.

            Also, den Belehrungsversuch „im juristischen Sinn“ lieber weglassen, wenn Sie umgangssprachlich meinen.

            Juristisch wird im Übrigen 2) und 3) komplett unterschiedlich behandelt, was kulturhistorisch übrigens auch so zu sehen und u.a. deswegen begründet ist. Für 3) gibt es einen eigenständigen Paragrafen namens „Verstümmelung weiblicher Genitalien“, geht also über den allgemeinen Tatbestand Körperverletzung hinaus.

            2) gilt als nicht schwere, also „einfache“ Körperverletzung (ohne dass die Handlung im Gesetz ausdrücklich benannt wird), in die Eltern bei Minderjährigen im Rahmen ihres Sorgerechtes unter gewissen Voraussetzungen, die nicht zwingend medizinisch sein müssen, also auch religiös geprägt sein können, einwilligen können. Das war juristisch lange Zeit lediglich h.L., nunmehr aber im BGB ausdrücklich kodifiziert; ist also wie ein medizinischer chirurgischer Eingriff zu beurteilen, der auch eine Körperverletzung darstellt, durch Einwilligung aber diesen Straftatbestand rechtswirksam verliert.

            All das ist für 3) NICHT einschlägig.

            Zitat:
            „Das Gesetz trennt zwischen „Zulässig“ und „Nicht zulässig“. Ein bisschen zulässig gibt es da nicht.“

            Zirkumzisionen aus religiösen Gründen sind i.d.R zulässig.

            Zitat:
            „Diese kommen vorrangig in islamisch geprägten Ländern und Menschen dieses Kulturkreises vor. Wenn sie nach Deutschland einreisen, sind sie herzlich willkommen und wir schauen gnädig bei ihren Riten weg.“

            Das ist doppelstöckig daneben. Wenn 2) gemeint ist, ist gnädig hinweg gucken nicht notwendig, weil rechtskonform. Auf 3) folgt Freiheitsstrafe ohne Wenn und Aber. Der xenophobe Blödsinn im AfD-Stil mit „Einreise“ und „Islam“ passt eh nicht.

            Zitat
            „Und dass die Vorkämpfer wider die Bescheidung gegen den Akt bei Männern demonstriert hätten, ist mir bisher auch entgangen.“

            Mir auch. Aber warum sollten die das tun ?

      • sol1 9. November 2019, 01:38

        „Wenn sie nach Deutschland einreisen, sind sie herzlich willkommen und wir schauen gnädig bei ihren Riten weg.“

        Blick ins StGB gefällig?

        § 226a Verstümmelung weiblicher Genitalien

        (1) Wer die äußeren Genitalien einer weiblichen Person verstümmelt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.
        (2) In minder schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

        Tatsächlich allerdings schauen wir gerne weg, wenn es nicht um fremde Riten geht, sondern um Intimoperationen unter dem Etikett der Ästhetik:

        https://www.spektrum.de/news/beschneidung-und-schoenheitsoperation-laesst-sich-kaum-noch-trennen/1680740

        „Und dass die Vorkämpfer wider die Bescheidung gegen den Akt bei Männern demonstriert hätten, ist mir bisher auch entgangen.“

        Dir ist vor allen Dingen entgangen, daß es 2012 zu dem Thema eine Abstimmung im Bundestag gab, bei der der Widerstand gegen eine Legalisierung der Beschneidung bei Knaben vor allem aus den linken Parteien kam, während Union und FDP diese Regelung fast einhellig durchwinkten.

        • Stefan Sasse 9. November 2019, 11:05

          Das liegt daran, dass es Stefan nur um Provozieren geht.

          • sol1 9. November 2019, 16:01

            Er erinnert mich an Edgar Wallace. Wenn der bei seinen Krimis nicht weiterkam, setzte er eine Drehscheibe in Gang undmachte weiter, wo der Zeiger stehenblieb: „Frauenleiche in der Themse“, „Geheimgang im Schloß“, „Testament taucht auf“, „Gift im Tee“…

            Auf ähnliche Weise beschwört dein Blogkollege irgendwelche Feindbilder, wenn mal wieder die Argumentation hakt: Umweltschützer, Linke, FeministInnen…

            • Stefan Pietsch 9. November 2019, 16:14

              Das ist halt der Grund, warum ihr Linken so diskussionsuntauglich seid.

              • sol1 9. November 2019, 21:58

                „…diskussionsuntauglich…“

                Ich bin nicht dafür verantwortlich, daß du versucht hast, das Thema Beschneidung in ein untaugliches Links-Rechts-Schema zu pressen.

                Ich werde mich allerdings davor hüten, deshalb wilde Verallgemeinerungen über die Diskussionstauglichkeit von Liberalkonservativen anzustellen.

        • Stefan Pietsch 9. November 2019, 14:54

          Interessanter ist doch die Verfolgung eines Delikts. Warten Sie, ob ich es noch zusammenbekommen… eine bestimmte Straftat wird doch nur als Kavaliersdelikt betrachtet.

          2013 trat unter der damaligen konservativ-liberalen Koalition eine Strafverschärfung in Kraft, federführend von der CDU-gestellten Bundesministerin Kristina Schröder gezeichnet. Die rot-grünen Bundesregierungen von 1998 – 2005 waren bei dem Thema eher tatenlos. Der Gesetzesentwurf wurde mit dem Anstieg der Fallzahlen begründet.

          Die Organisation SOS Kinderdörfer sieht in Deutschland eine gewisse Gefährdungslage der Verstümmelung von Mädchen. Dem entgegen stehen die in der Kriminalitätsstatistik erfassten Fallzahlen. Sowohl im Jahr 2018 als auch davor wurden nur 4 (in Worten: vier) Fälle Verstümmelung weiblicher Genitalien nach § 226a StGB verfolgt.
          https://www.sos-kinderdoerfer.de/getmedia/33a02d47-14a9-476c-8d7f-a74709511024/Weltkarte-Verbreitung-Genitalverstuemmelung-FGM.jpg
          https://www.bka.de/DE/AktuelleInformationen/StatistikenLagebilder/PolizeilicheKriminalstatistik/PKS2018/BKATabellen/bkaTabellenFaelle.html?nn=108686

          Dir ist vor allen Dingen entgangen, daß es 2012 zu dem Thema eine Abstimmung im Bundestag gab, bei der der Widerstand gegen eine Legalisierung der Beschneidung bei Knaben vor allem aus den linken Parteien kam, während Union und FDP diese Regelung fast einhellig durchwinkten.

          Das ist wohl als Witz entlarvt. Die Grünen wollten eine gesetzliche Regelung zur Zulassung von Beschneidungen.
          https://www.welt.de/politik/deutschland/article108274182/Gruene-wollen-Beschneidung-gesetzlich-regeln.html

          Typisch links: immer auf der richtigen Seite stellen wollen…

          • sol1 9. November 2019, 15:54

            „… eine bestimmte Straftat wird doch nur als Kavaliersdelikt betrachtet.“

            Wann von wem?

            „Bis 2013 erfüllte nach deutschem Recht die Verstümmelung weiblicher Genitalien nur den Straftatbestand der Gefährlichen Körperverletzung (§ 224 StGB), ob eine Verstümmelung weiblicher Genitalien auch als schwere Körperverletzung (§ 226 StGB) gewertet werden konnte, war nicht abschließend geklärt.[91][230][231] Eine Erhöhung des Strafrahmens kam in Frage, wenn (insbesondere bei der Verstümmelung der Geschlechtsteile minderjähriger Frauen beziehungsweise Mädchen) auch noch eine Misshandlung von Schutzbefohlenen § 225 StGB in Idealkonkurrenz gegeben war.“

            https://de.wikipedia.org/wiki/Weibliche_Genitalverst%C3%BCmmelung

            „Die Grünen wollten eine gesetzliche Regelung zur Zulassung von Beschneidungen.“

            Nicht „die Grünen“, sondern Renate Künast und Volker Beck.

            Wie tatsächlich abgestimmt wurde, läßt sich mit zehn Sekunden Googeln herausfinden:

            https://www.bundestag.de/parlament/plenum/abstimmung/abstimmung/?id=169

  • Erwin Gabriel 8. November 2019, 00:28

    @ Stefan Sasse on 7. November 2019

    Wer groß von Meinungsfreiheit faselt und damit meint, dass er von Widerrede verschont zu werden habe, der hat eben von Meinungsfreiheit nichts verstanden.

    Wer großartig herumfaselt, dass es bei der Diskussion um Meinungsfreiheit nur darum geht, keine Widerrede zu erhalten, hat eben von Meinungsfreiheit nichts verstanden.

    Als hätte man rechtsradikalen Unfug in den letzten Jahren zu viel ausgegrenzt. Als wäre nicht das Gegenteil der Fall: verständnishubernde Demokraten haben den Verhetzern Bühne um Bühne geboten und viele ihrer Auffassungen stillschweigend in den öffentlichen Diskurs einer ganzen Gesellschaft sickern lassen.

    Wenn ich mich hier um 2015 herum dahingehend geäußert habe, dass eine ungebremste Zuwanderung Probleme mit sich bringt, hat das mit „rechtsradikalem Unfug“ überhaupt nichts zu tun. Dennoch haben Leute wie Du, Ralf und andere mich teilweise in die rechtsradikale Ecke zu stellen versucht. Das Schema ist in solchen Fällen stets das Gleiche: Man bekommt zuerst ein Label aufgeklebt, dann wird auf das Label draufgehauen.

    Es geht doch nicht darum, dass ständig rechtsradikale durch die Gegend wabern, und die „konservativen Demokraten“ ihnen nach dem Mund reden. Das Problem ist vielmehr, dass die sogenannten „Progressiven“ auch dann missliebige Diskussionen als „rechts“ diskreditieren, wenn sie sinnvoll sind, aber nicht ins eigene Weltbild passen.

    Beispiel Lucke: Das ständigen Niederbrüllen und Beleidigen als Faschist und Nazi gegenüber Prof. Lucke hat genauso wenig mit Meinungsfreiheit zu tun wie das Agieren der SA zu Beginn der 30er Jahre.

    Das sind Demokraten und Liberale im Zustand der Selbstaufgabe. Schon Meinungsumfragen werden so gestaltet, dass sich die Rechtsextremen bedanken können. Wie etwa die absurde Zahl, dass 63 Prozent der Deutschen finden, dass man heute nicht mehr seine Meinung frei sagen dürfe.

    Nun, dass man seine Meinung nicht überall frei sagen darf (so sie nicht dem Mainstream entspricht), glaube ich, meine Frau, meine Töchter (auch die, die nicht daheim wohnen), mehr als zwei Drittel meiner Nachbarn etc. – praktisch alle meiner Generation, die ich kenne (ergänzende Info: ich wohne auf dem Land). Wahrscheinlich alle Nazis, Faschos und AfD-Wähler …

    Meine ganz persönliche Erfahrung ist, dass man mit Label-Vergabe praktisch jeden mundtot machen kann, und dass viele das nutzen.

    Wenn Du allerdings als „Einschränkung der Meinungsfreiheit“ nur gelten lässt, dass einer eingesperrt wird, so wie er seinen Mund aufmacht, dann steht alles zum Besten. Aber wenn man Ausgrenzung, Beleidigung, Bedrohung von Gesundheit, angedrohte Sachbeschädigung, Verlust des Arbeitsplatzes oder Shitstorms dazu zählt (die mich immer an das Verbrennen amerikanischer Flaggen im Iran erinnern – kaum einer kann dort richtig englisch bzw. hat das angesprochene Problem in der Regel nicht mal ansatzweise verstanden, aber eine amerikanische Flagge zur Hand), dann ist inzwischen Holland in Not.

    Und um das noch einmal klarzustellen: Ich rede nicht nur von links gegen rechts, sondern sehe das Problem (offenbar anders als Du) auf beiden Seiten des politischen Spektrums. Von rechts vielleicht krasser und gewalttätiger, dafür von linker Seite eher subtiler und von der breiten Mitte akzeptiert.

    PS: Scheiße, wenn man so wie in Sachsen-Anhalt mit einem Beamten umgeht, nur weil er offensichtliche Selbstverständlichkeiten formuliert. Hat aber nichts mit Bernd Lucke zu tun – Dein versuch, die Dinge miteinander zu verknüpfen, um den Demos gegen Lucke Akzeptanz zu verleihen, ist mal wieder sehr populistisch.

    Falls Dich die fehlende Berichterstattung dazu nervt, liegt das nicht daran, dass alle Journalisten „rechts“ sind; sie sind einfach unprofessionell und größtenteils feige.

    • Stefan Sasse 8. November 2019, 08:06

      Niemand verbietet dir, deine Meinung zu sagen. Du wirst auch nicht mundtot gemacht. Du erntest halt sehr viel Widerspruch. Das ist unangenehm und mag bei dir und Gleichgesinnten eine Kosten-Nutzen-Abwägung starten. Aber deine Meinungsfreiheit ist nicht gefährdet. Du darfst alles sagen. Genauso, wie mich Stefan Pietsch permanent in die linke Ecke stellt, sobald ich nicht das Hohelied des unregulierten Marktes singe, wirst du in die rechte Ecke gestellt, wenn du Rassismus-nahe Äußerungen tätigst. Das mag der Diskussion nicht zuträglich, unzutreffend und verletzend sein; eine Einschränkung der Meinungsfreiheit ist es nicht. Nirgendwo wirst du für deine Meinung belangt. Der Staat diskriminiert dich nicht, weil du Merkel nicht zustimmst. Versuch mal, in Russland öffentlich gegen Putin oder in der Türkei gegen Erdogan zu sein; da siehst du, wie fehlende Meinungsfreiheit aussieht.

      • Erwin Gabriel 11. November 2019, 19:10

        @ Stefan Sasse 8. November 2019, 08:06

        Du wirst auch nicht mundtot gemacht. Du erntest halt sehr viel Widerspruch.

        Du irrst Dich. Wenn ich mich ungeschickt verhalte, werde ich mundtot gemacht, ausgegrenzt, verliere meinen Job – für Aussagen, die noch unter Helmut Kohl Regierungspolitik waren, wird man heute geächtet, beleidigt, und bedroht.

        Mag sein, dass wir das einfach nur unterschiedlich definieren: Das wird, anders als im Dritten Reich oder in der DDR, nicht vom Staat befohlen. Aber es wird geduldet, und von Ministern wie Heiko Maas aktiv gefördert.

        Aber deine Meinungsfreiheit ist nicht gefährdet. Du darfst alles sagen. Genauso, wie mich Stefan Pietsch permanent in die linke Ecke stellt, sobald ich nicht das Hohelied des unregulierten Marktes singe, wirst du in die rechte Ecke gestellt, wenn du Rassismus-nahe Äußerungen tätigst.

        Nun ja, die Unterstellung gegenüber einem anderen, links zu sein, ist irgendwas zwischen Beschreibung und Kompliment. Die Unterstellung gegenüber einem anderen, rechts zu sein, ist irgendetwas zwischen Beschreibung, Beleidigung und Ausgrenzung.

        Und „… wenn ich Rassismus-nahe Äußerungen tätige …“ ist ein schönes Beispiel für den Mechanismus: Ich tätige keine Rassismus-nahen Äußerungen, aber Deine Aussage unterstellt mir da Gegenteil.

        Die Beispiele Linnemann (Deutschkenntnisse als Voraussetzung für den Schulbesuch) oder IG Metall (Anleitung zum Entfernen von AfD-Mitgliedern aus ihren Jobs) haben wir schon durchgekaut. Auch die Veränderung der Sprache und damit der Denkmuster durch Versuche, bestimmte Begriffe zu unterdrücken, geht in diese Richtung – nur weil irgend jemand einen Begriff als No go deklariert, hat er noch lange nicht Recht. Ich meine hier nicht den „Negerkuss“ oder das „Zigeunerschnitzel“, sondern beispielsweise diese Unsitte, jeden, der hier einreist, als „Flüchtling“ zu bezeichnen.

        Du gehst ständig auf die Manipulationen der Rechten los, und bist gegenüber den Manipulationen der Linken fast blind – zumindest liest sich das hier so. Mich nervt beides.

        • Stefan Sasse 11. November 2019, 19:18

          Ich mache dich aber nicht mundtot, sondern gebe dir ein Forum in meinem Blog. Dieser Widerspruch sollte dir auffallen. Und über meine Zuschreibungen von dir und umgekehrt können wir diskutieren und tun das auch. Das ist alles, aber nicht mundtot machen. Das ist mein Punkt.

          • Erwin Gabriel 12. November 2019, 02:18

            Wehret den Anfängen

            • Stefan Sasse 12. November 2019, 06:49

              Ok. Der Vorwurf, dich mundtot zu machen, während ich dir ein Forum biete, ist ein „wehret den Anfängen“, aber ich übertreibe mit meinen Warnungen vor der AfD???

              • Erwin Gabriel 12. November 2019, 14:00

                @ Stefan Sasse 12. November 2019, 06:49

                Der Vorwurf, dich mundtot zu machen, während ich dir ein Forum biete, …

                Zum einen: Ich habe nicht DIR vorgeworfen, mich mundtot zu machen, aber pauschalisierte Nazi-Vorwürfe gegen mich gab es durchaus von anderer Seite – duirekte und (wie gelegentlich bei Ralf) eher indirekte. Hat Dich übrigens nicht gestört, wie es scheint. Und so etwas hat nichts mit der kritischen Auseinandersetzung gegen ein Argumten zu tun.

                Ich habe auch gesagt, dass es keine staatlich betriebene Meinungsunterdrückung ist, sondern eine Masche, durch die Vergabe von Labels einen anderen zu diskriminieren und sich einer Diskussion zu entziehen (bekanntes und aktuelles Beispiel war Carsten Linnemann mit seinem Schul-Deutsch). Einer der größten Fans dieser Methode ist Heiko Maas, unser Außenminister. Die Kanzlerin war hält sich da inzwischen zurück.

                … ist ein „wehret den Anfängen“, …

                ja

                … aber ich übertreibe mit meinen Warnungen vor der AfD???

                Schade, dass Du ein so schlechter Zuleser bist.

                Das, was ich Dir immer sage, ist, dass es keinen Sinn macht, die Wähler und die Parteiführer in einen Topf zu schmeißen. Wenn die anderen Politiker nicht auf die Probleme der Leute hören und die dann zur AfD rennen, braucht sich niemand beschweren.

                Ich habe hier aber auch des Öfteren geschrieben, dass mit Leute wie Bernd Höcke und Alice Weidel regelrecht Angst machen, dass sich Höcke meiner Einschätzung nach für den nächsten Führer hält, und dass jede Kooperation so jemandem nicht geht und für die CDU tödlich wäre. Und das sage ich als jemand, der unter Bernd Lucke bei der AfD mal sein Kreuz gemacht hat.

                Wenn Dir das nicht reicht, weiß ich auch nicht.

                frustrierte Grüße

                • Stefan Sasse 12. November 2019, 16:09

                  Ich bin auch frustriert. Weder nenne ich dich einen Nazi, noch pauschal alle Wähler der AfD.

  • Stefan Pietsch 8. November 2019, 10:47

    1) „Ich wollte nicht mehr leben“ (Gesprächsprotokoll)

    Das ist ein sehr untauglicher Versuch, ein Relikt des Feminismus aufrecht zu erhalten. Erst vor einigen Tagen erschien auf SPIEGEL Online ein langes Interview, in dem ein Sozialforscher behauptet, die heutigen Männer wären in Paarbeziehungen größtenteils Hauskater, die sich den Wünschen der Frau unterordnen würden. Was ziemlich konform geht mit meinen Beobachtungen, aber die werden die nicht sonderlich interessieren.

    Die meisten Zahlen und Studienergebnisse sprechen gegen Deine immer wieder kolportierte Behauptung. Beziehungen werden meist von Frauen eingeleitet und von Frauen beendet, noch dazu in immer schnellerer Abfolge. Männer leben weit länger im Hotel Mama als Frauen. Frauen verlassen weit häufiger die heimatlichen Gefilde als Männer.

    Aber ja, Männer sind die Brutalos.

    5) Most 2020 Candidates Have Something In Common: Their Supporters Also Like Warren

    It’s a mess! Das Kandidatenfeld der Demokraten besteht aus Zwergen, die einen Bulldozer und Wahlkampfmaschine bezwingen wollen. Gut, wenn jetzt ein Michael Bloomberg übernehmen sollte, der weiß, wie Erfolg geht. Zwerge wissen das nicht.

    Das Patriarchat schadet allen.

    Welches Patriarchat? Seit 40 Jahren fördern wir Mädchen und haben behauptet, männliches Verhalten (Aggression, Durchsetzungsvermögen u.ä.) sei schädlich. Viele Frauen begreifen sich heute als die Creme und nicht den Teil. Reine Frauenteams treten so auf der Stelle, dass viele Frauen fordern: wir wollen jemand ohne Pferdeschwanz.

    Man sieht es doch wieder beim Casting der SPD: die meistenteils dominanteren, bekannteren, populäreren Männer müssen sich hinter Quotenfrauen verstecken. Und die einzige Nicht-Quotenfrau durfte nicht ins Rennen einsteigen wegen einer Albernheit. Das ist die Frauenwelt im Jahr 2019.

    8) Sanktionen sind weiterhin richtig

    Es ist nur das, was weithin bei jenen gärt, die früher SPD und LINKE gewählt haben. Die fühlen sich veralbert, wenn sie morgens um 6 aufstehen, abends um 18 Uhr nach Hause kommen und dazwischen unter schlechten Bedingungen 10€ die Stunde verdient haben, während andere manchmal sogar mehr netto haben, obwohl sie Nine-to-Five zuhause waren. Wenn es für (zu) viele nicht lohnt, zu arbeiten und der Job darauf abgeklopft wird, ob sich das Aufstehen lohnt, läuft etwas fundamental falsch. Und das liegt nicht an zu niedrigen Löhnen, das liegt an der falschen Konzeption des Sozialen wie Steuerlichen.

    Milton Friedman war klug. Die SPD ist es nicht.

    Stichworte dafür wären eine Förderung des ÖPVN auf der einen und des Fahrradverkehrs auf der anderen Seite

    So lange Beamte den ÖPNV verantworten und das Durchschnittsalter der Deutschen bei gleichzeitiger Gewichtszunahme steigt, wird es damit nicht. Es war übrigens nicht die Autoindustrie, die so laut nach Subventionen für E-Autos geschrien hat, sondern die sonst dem Individualverkehr kritisch gegenüberstehenden Grünen. Du solltest keine Geschichtskittung betreiben.

    11) „Wir sind so verblieben, dass er uns rechtzeitig Bescheid geben würde“ (Interview mit Walter Momper)

    Eine langjähriger linker Politiker, der sein gesamtes (!) aktives Leben im Staatsdienst verbracht hat, lobt sein eigenes Handeln und den öffentlichen Dienst und Du siehst das als Beleg für die Güteklasse der Beamten. Surreal, oder?

    • Stefan Sasse 8. November 2019, 13:23

      1) In dem Artikel geht es um Armenien…? Aber schön, dass du dich mit patriarchalischen Gewalttätern solidarisierst, egal wo sie leben. Lässt ja tief blicken.
      5) Bloomberg! lol
      Aber gut dass du deine Klischees alle beieinander hast.
      8) Ja, und das was falsch läuft sind zu niedrige Löhne. Das Rennen nach unten ist Klassenkampf von oben. Das sehen nur Leute nicht, die immer FDP wählen.
      Ne klar, die Autoindustrie will keine Subventionen, die nehmen die nur zähneknirschend…
      11) Nicht mehr als du, der ständig seine eigene Karriere als Beleg für seine Weltsicht heranzieht.

      • Stefan Pietsch 8. November 2019, 14:43

        1) Ich finde Gewalttäter gut. Manchmal muss man dem anderen was auf die Nüsse geben, dann klappts auch wieder mit dem Denken.
        5) Bloomberg? Zehnmal um den Erdball besser als all die anderen Nasen, die Warrens, Bidens, Sanders. Und Trumps sowieso. Aber der hat ja immerhin bewiesen, dass er Wahlen gewinnen kann. Das steht bei den anderen Nasen, obwohl hoch betagt, ja immer noch aus.
        8) Ihr Linken werdet in diesem Leben nicht mehr verstehen, wie das mit den Löhnen und dem Markt funktioniert. Leider kauft ihr nie bei eBay und lasst euch auch ansonsten jeden Schrott andrehen.
        Du hast behauptet, die Autoindustrie habe nach Subventionen verlangt. Auch ein Problem, zu verstehen, wo der Unterschied zwischen etwas fordern und etwas mitnehmen liegt? Frag‘ doch heut‘ Abend mal deine Tochter, die kann Dir sicher noch etwas beibringen.

        11) Wenn ich mein Leben lang bei BMW zugebracht hätte und schreiben würde, BMW baut die geilsten Autos, fändest Du das wahrscheinlich nur bedingt überzeugend, oder?

        • Stefan Sasse 8. November 2019, 18:11

          1) Du hast sie doch nicht mehr alle.
          5) Warren und Sanders sind Senatoren. Bloomberg war Bürgermeister. Wo genau liegt für dich sein Qualifikationsvorsprung „Wahlen gewinnen“?
          11) Der Mann hat sein Leben in der Verwaltung zugebracht, vermutlich hat er da mehr Ahnung von als du und kann es besser beurteilen. Aber Gottkaiser Pietsch hat ja für alles Qualifizierung.

          • Stefan Pietsch 8. November 2019, 19:07

            1) Sollte eigentlich jederzeit ohne Smiley als Witz erkennbar sein. Stefan, Stefan…

            5) Als Plus von Warren hast Du ausgemacht, dass sie auch die Republikaner von innen kennt. Damit hat sie nur wahrlich kein Alleinstellungsmerkmal.

            Ich denke, eine der größten Städte der Welt wie New York zu regieren, ist schon ein bisschen höher zu gewichten als zum Senator gewählt zu werden. NY ist schließlich nicht Bellmore.

            Zudem hat der Mann etwas Echtes von Dauer aufgebaut. Bloomberg weiß zu organisieren. Ohne Bankrott.

            11) Momper hat ein paar wenige Jahre mit äußerst überschaubarem Erfolg regiert. Haut mich echt um.

            • Stefan Sasse 9. November 2019, 11:00

              1) Ist es leider nicht.
              5) Sie ist die einzige Kandidatin, die mal bei den Republicans aktiv war.
              Ich glaube nicht, dass Bloomberg aktuell eine große constituency hat. Der liegt völlig quer zu allem, was die Basis gerade bewegt.
              11) Tja, kann halt nicht jeder der Größte Abteilungsleiter aller Zeiten sein.

              • Erwin Gabriel 11. November 2019, 19:14

                @ Stefan Sasse 9. November 2019, 11:00

                Ich glaube nicht, dass Bloomberg aktuell eine große constituency hat. Der liegt völlig quer zu allem, was die Basis gerade bewegt.

                Manchmal hat die Basis Unrecht.

                • Stefan Sasse 11. November 2019, 19:18

                  Klar, aber was hilft es dir, wenn du ihre Stimmen brauchst?

                  • Erwin Gabriel 12. November 2019, 02:21

                    @ Stefan Sasse 11. November 2019, 19:18

                    Klar, aber was hilft es dir, wenn du ihre Stimmen brauchst?

                    Was hilft es der Basis, wenn sie sich den Kandidaten nach Streicheeinheiten-Quotienten aussucht, und dann hat sie vier weitere Jahre Trump vor der Nase?

                    • Stefan Sasse 12. November 2019, 06:46

                      Nichts natürlich. Aber es hilft ja der AfD-Basis auch nicht, Streicheleinheiten von Nazis zu kriegen und dann in der Diktatur zu enden. Aber ich hab gelernt, dass man die Wähler nicht beleidigen darf, sondern auf sie zugehen muss.

                    • Erwin Gabriel 12. November 2019, 14:22

                      @ Stefan Sasse 12. November 2019, 06:46

                      Nichts natürlich. Aber es hilft ja der AfD-Basis auch nicht, Streicheleinheiten von Nazis zu kriegen und dann in der Diktatur zu enden.

                      Ich glaube zwar nicht, dass das in einer Diktatur enden würde, aber man sieht ja an anderen (beispielsweise osteuropäischen) Ländern, dass man auch innerhalb des demokratischen Systems eine Menge Spielraum in eine hässliche Richtung hat.

                      So gesehen ist die Parteibasis der AfD genauso vernagelt wie die der Democrats.

                      Aber ich hab gelernt, dass man die Wähler nicht beleidigen darf, sondern auf sie zugehen muss.

                      Wie schön – ein Fortschritt…

                      Ja, die Wähler sollte man nicht beleidigen (von der Partei habe ich nichts gesagt 🙂 ).

                    • Stefan Sasse 12. November 2019, 16:13

                      Nichts anderes mache ich. Aber: Einen Teil der Wähler darf ich auch beleidigen. Wähler, die sagen: Ich will Gewalt, ich will Diktatur, ich will einen Abschied von Grund- und Menschenrechten, die beleidige ich nach Herzenslust. Du hoffentlich auch.

    • Ralf 8. November 2019, 22:52

      It’s a mess! Das Kandidatenfeld der Demokraten besteht aus Zwergen, die einen Bulldozer und Wahlkampfmaschine bezwingen wollen. Gut, wenn jetzt ein Michael Bloomberg übernehmen sollte, der weiß, wie Erfolg geht.

      Yep. Ein weiterer Multimilliardär ist genau was die Demokratische Partei jetzt braucht. Howard Schultz und Tom Steyer sind ja beide sehr erfolgreiche Vorbilder und überhaupt kann man nie genug Milliardäre im Rennen haben. Mit etwas Glück nimmt Bloomberg, dessen Favorability-Ratings im Vergleich zu seinem Bekanntheitsgrad bemerkenswert kümmerlich sind, Joe Biden ja gerade genug Stimmen weg um Warren zur Demokratischen Kandidatin zu machen. Das wäre ein großer Erfolg. Und wenn einer weiß, wie Erfolg geht, dann ist es Bloomberg …

      • Stefan Sasse 9. November 2019, 11:04

        😀 😀 😀
        Exakt.

      • Stefan Pietsch 9. November 2019, 15:00

        Sie selbst haben gefeixt und sich gefreut, dass der Niedergang von Joe Biden auf das Konto von Elizabeth Warren einzahlt. Dabei haben Sie klar erkennen lassen, dass es um Ihre eigene politische Agenda geht und nicht darum, dass ein allseits akzeptabler Kandidat ins Rennen geschickt wird. Es ist sicher richtig, dass Bloomberg und Biden sich gegenseitig kannibalisieren würden. Nicht richtig ist jedoch, dass bei einem möglichen Verzicht von Biden Warren die bessere Alternative von dessen Anhänger wäre.

        Das ist genau das, was Sie fürchten: dass nicht Warren, sondern ein Mainstream-Kandidat das Rennen macht.

        • Ralf 9. November 2019, 15:44

          Nicht richtig ist jedoch, dass bei einem möglichen Verzicht von Biden Warren die bessere Alternative von dessen Anhänger wäre.

          Elizabeth Warren ist die zweite Präferenz der gegenwärtigen Unterstützer von Joe Biden …

          https://fivethirtyeight.com/features/biden-supporters-used-to-say-sanders-was-their-second-choice-now-they-say-warren/

          Wenn man also nicht Sie, sondern die Biden-Supporter fragt – und ich halte die Meinung der Biden-Supporter für erheblich relevanter als Ihre – dann ist ganz offensichtlich nach deren in mehreren unabhängigen Umfragen bestätigten Aussage Elizabeth Warren der beste Alternativ-Kandidat. Ihre Angewohnheit Daten, die nicht in Ihr Weltbild passen, zu ignorieren in Ehren, aber das ist nun mal leider ein Fakt.

          Nun mögen Sie monieren, dass Michael Bloomberg zum Zeitpunkt dieser Umfragen noch garnicht zur Debatte stand und dass Bloomberg, wenn er in den Umfragen mit eingeschlossen wird, möglicherweise in Zukunft die neue Nummer 2 der Biden-Supporter würde. Allerdings deutet gegenwärtig nichts darauf hin. Und die Umfragen, die es zu Bloomberg gibt, stimmen pessimistisch:

          https://fivethirtyeight.com/features/how-seriously-should-we-take-michael-bloombergs-potential-2020-run/

          Das ganze ist also gegenwärtig nicht mehr als eine Wishful Thinking-Luftblase Ihrerseits. Fernab von Daten. Abseits der Realität.

          • Stefan Pietsch 9. November 2019, 16:12

            Ich an Ihrer Stelle hätte mich eher einer anderen, direkt adressierten Frage gewidmet:

            Das ist genau das, was Sie fürchten: dass nicht Warren, sondern ein Mainstream-Kandidat das Rennen macht.

            Sie haben zweifellos Recht: meine Meinung interessiert nicht. Doch wen es die Demokraten ein zweites Mal wegen der Unmöglichkeit ihres Kandidaten verbocken, wird die ganze Welt ihnen Vorwürfe machen. Nur sie nicht. Hauptsache in Schönheit sterben.

            • Ralf 9. November 2019, 16:28

              Warren liegt in gegenwärtigen Umfragen im Durchschnitt 7,3 Prozentpunkte vor Trump im direkten Vergleich.

              https://www.realclearpolitics.com/epolls/2020/president/us/general_election_trump_vs_warren-6251.html

              Sie argumentieren also mal wieder abseits von Daten, weil Sie Warren halt nicht mögen.

              Joe Bidens Kampagne hat übrigens große Finanzierungsprobleme, weil sich im Volk unter den normalen Menschen nicht genug Spender finden, denen die Unterstützung dieses Kandidaten etwas wert ist. Deshalb öffnet er jetzt im Widerspruch zu früheren Ankündigungen doch seine Taschen für Super-PACs, so dass Milliardäre und Großkonzerne wettmachen können, was ihm an Grassroots-Support fehlt …

              https://www.politico.com/news/2019/10/25/joe-biden-super-pac-fundraising-058022

              Das erinnert übrigens fatal an Hillary Clinton, die genauso wie Biden auch kaum Spender im normalen Volk fand. Und deshalb zur Kandidatin der Banken und Großkopferten wurde. Genauso wie Biden bezog auch sie ihre Stimmenübermacht in erster Linie von den African Americans im Süden, die dann am Wahltag nicht zur Urne gingen. Genauso wie bei Biden fehlte auch bei Clinton der Enthusiasmus der Basis. Den Warren übrigens hat. Genau wie Sanders.

              • Erwin Gabriel 11. November 2019, 19:23

                @ Ralf 9. November 2019, 16:28

                Sie argumentieren also mal wieder abseits von Daten, weil Sie Warren halt nicht mögen.

                Nun, die „Daten“ haben gesagt, dass Hillary Clinton Präsidentin wird. Da können wir doch eine gewisse Unschärfe annehmen.

                Dann ist es auch nicht nur bei den Democrats, sondern etwa auch bei der SPD zu sehen, dass sich die Mitglieder linker Parteien gelegentlich mit Themen beschäftigen, die für das Gros der Wählerschaft nicht ausschlaggebend sind.

                Die Republikaner versuchen, die nächste Wahl zu gewinnen – scheiß auf das Arschloch von Kandidat, solange er Präsident wird. Die Demokraten werden offenbar nicht die Person ins Rennen schicken, die die besten Chancen auf den Wahlsieg hat, sondern die Person, die den Demokraten vor der Wahl am besten übers Köpfchen streichelt. Und sie werden deshalb verlieren.

                • Stefan Sasse 11. November 2019, 22:22

                  Nein, die Umfragewerte haben eine etwa 70%ige Chance ergeben, dass sie die Wahl gewinnt. Dass das als „sie wird es“ interpretiert wurde, war der Fehler derjenigen, die die Daten nicht richtig gelesen haben. *Asche auf mein Haupt*

                  Die Republicans beschäftigen sich permanent mit Themen, die das Groß der Wählerschaft nicht interessieren. Abtreibung ist für >80% der Amerikaner kein Thema. Die Scheißmauer interessiert außer den krassesten Basis-Radikalinskis keine Sau. Und so weiter. Nur ist das in der derzeitigen Polarisierung irrelevant. Die Leute wählen „einen Democrat“ oder „einen Republican“, recht egal, welche Position derjenige genau vertritt.

                • Ralf 11. November 2019, 22:33

                  Nun, die „Daten“ haben gesagt, dass Hillary Clinton Präsidentin wird.

                  Nein, das haben die Daten nicht gesagt.

                  Seriöse Poll-Aggregatoren wie FiveThirtyEight haben am Tag vor der Wahl einen Sieg von Clinton mit einer Wahrscheinlichkeit von 66% beziffert. Im Umkehrschluss heißt das, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von 33% ein Trump-Sieg vorhergesagt wurde. Das entspricht der sehr realistischen Wahrscheinlichkeit bei einem einzigen Würfelwurf entweder eine eins oder eine zwei zu würfeln. Diese Wahrscheinlichkeit ist dann auch eingetreten. Alles nichts besonders. Die Umfragen trafen das Endergebnis ziemlich genau.

                  Das Problem scheint mehr zu sein, dass die Medien offensichtlich nicht in der Lage waren mathematische Wahrscheinlichkeiten zu interpretieren. Oder die Geschichte vom Wahlschock, den keiner vorhersehen konnte, spannender fanden als die Realität. Aber das ist dann eine völlig andere Baustelle …

                  • Stefan Sasse 11. November 2019, 23:13

                    My point exactly. Aber darüber habe ich eine Artikelserie geschrieben. Bei der schien man es für sinnvoller zu erachten, in den Kommentaren Clinton zu bashen, anstatt auf die Argumentation zu achten. Schade.

                    • Erwin Gabriel 12. November 2019, 02:32

                      @ Ralf

                      Bitte entschuldigt meine unpräzise Formulierung.

                      Worauf ich hinauswollte: Wenn Du– nach den Wahrscheinlichkeitsbrechnungen zur Clinton-Wahl – allen Ernstes der Meinung bist, dass ein jetziger Vorsprung Warrens vor Trump in Meinungsumfragen von 7,3 % irgendeine Aussagekraft hat, kann ich Dich nicht mehr ernst nehmen.

                      @ Stefan

                      Ich hatte Deine Aussagen damals schon gut verstanden. Wenn Du es bei den Erklärungen belassen hättest, anstatt Hillary ständig in den Himmel zu heben, hätte es auch keine Reaktion (die Du jetzt Bashing nennst) gegeben. Es gab Gründe, dass Hillary verloren hat, und die lagen in ihrer Person.

                    • Stefan Sasse 12. November 2019, 06:47

                      Die jetztigen Umfragen zu X vs. Trump sind Umfragen für die Tonne.

                      Was ich auch geschrieben habe. Aber es gab eben auch eine ganze Menge Gründe, die nicht in ihrer Person lagen. Und die leugnet ihr beharrlich.

                    • Stefan Pietsch 12. November 2019, 09:53

                      Eine Direktwahl ist eine Personenwahl. Worin sollen sonst die Gründe für eine Wahlniederlage liegen, wenn nicht in der Person? Leute wie Marco Rubio waren in der Wahlkampfführung sicher nicht ungeschickter als Hillary und wurden von Trump plattgemacht.

                      Dazu hat Clinton eindeutig Fehler in der Kampagne als auch in der Organisation gemacht, die ihr auf die Füße fielen. Offensichtlich war sie überfordert. Wenn Frauen mehrheitlich jemanden wählen, der sich als Frauenverächter und Frauenbelästiger outet, muss man für die Gründe einer Niederlage nicht lange suchen. Auch, wenn es nur die Wählergruppe der weißen Frauen war – fast so schlimm wie alte weiße Männer.

                    • Stefan Sasse 12. November 2019, 12:50

                      Erneut: Ich habe hinreichend beschrieben, dass Fehler gemacht wurden. Einen ganzen Artikel sogar. Nur gab es eben auch eine ganze Reihe von systemischen Ursachen, und die liegen wesentlich schwerer.

                    • Ralf 12. November 2019, 13:18

                      Wenn Du– nach den Wahrscheinlichkeitsbrechnungen zur Clinton-Wahl – allen Ernstes der Meinung bist, dass ein jetziger Vorsprung Warrens vor Trump in Meinungsumfragen von 7,3 % irgendeine Aussagekraft hat, kann ich Dich nicht mehr ernst nehmen.

                      @ Erwin Gabriel

                      Du wirfst Zahlen durcheinander, die nichts miteinander zu tun haben. Die 33% bei Trump waren die Wahrscheinlichkeit die Wahl zu gewinnen. Die 7.3% bei Warren sind der tatsächliche Stimmenvorsprung.

                      Hätte Hillary Clinton bei der Wahl 2016 gegen Donald Trump einen tatsächlichen Stimmenvorsprung von 7,3% besessen, dann hätte sie das Electoral College mit einem erdrutschartigen Sieg gewonnen und der Immobilienmogul hätte ausgesehen wie George McGovern (tatsächlich lag Clintons Vorsprung national nur bei 2%).

                  • Erwin Gabriel 12. November 2019, 14:30

                    @ Stefan Sasse 12. November 2019, 12:50

                    Erneut: Ich habe hinreichend beschrieben, dass Fehler gemacht wurden. Einen ganzen Artikel sogar.

                    Ja. Alles in die Richtung „Ja, sie hat Fehler gemacht, aber …“

                    Das Ergebnis war denkbar knapp, sie hat sogar das Popular Vote gewonnen. Den Wählern ein bisschen mehr Wärme, ein bisschen weniger intellektuelle Überheblichkeit gezeigt, eigene Fehler nicht wegleugnen, bis der Arzt kommt, hätte ihr zum Sieg geholfen.

                    Ich dachte stets, dass Hillary die falsche Kandidatein sei. Ich glaube das noch immer. Aber ich habe damals Trump für den besserenKandidaten gehalten – da habe ich mich geirrt (falls Dich das tröstet).

                    Nur gab es eben auch eine ganze Reihe von systemischen Ursachen, und die liegen wesentlich schwerer.

                    • Stefan Sasse 12. November 2019, 16:13

                      Das ist ja genau mein Punkt…? Die systemischen Ursachen sind zentral?

    • sol1 9. November 2019, 01:50

      „Es war übrigens nicht die Autoindustrie, die so laut nach Subventionen für E-Autos geschrien hat, sondern die sonst dem Individualverkehr kritisch gegenüberstehenden Grünen. Du solltest keine Geschichtskittung [sic!] betreiben.“

      Die Geschichtsklitterung betreibst du.

      „Die erfolglose Kaufprämie der Bundesregierung wollen wir durch ein Bonus- Malus-System in der Kfz-Steuer ersetzen. Das heißt: Rein elektrische Fahrzeuge sollen eine Gutschrift erhalten, während Spritschlucker stärker an den ökologischen Kosten beteiligt werden.“

      https://www.gruene.de/artikel/klimaschutz-sofortprogramm-fuer-den-sommer-2019-was-jetzt-zu-tun-ist

    • Erwin Gabriel 12. November 2019, 14:09

      @ Stefan Pietsch 8. November 2019, 10:47

      Aber ja, Männer sind die Brutalos.

      Ja. Weißgott nicht alle, und meine Frau hat mir auch schon mal in den Magen geboxt, als wir zusammen einkaufen waren und ich einer Schönheit hinterher starrte, aber grundsätzlich: Ja.

      Häusliche Gewalt mag vin beiden Seiten ausgehen, aber dass eine Frau ihren Mann krankenhausreif schlägt, oder ihn an der Anhängerkupplung durch die Straßen schleift, habe ich noch nicht gehört; in die andere Richtung gab es das schon öfter. Wenn es zwischenmenschlich brutal wird, ist in der Regel die Frau das Opfer und der Mann der Täter.

      Mag auch sein, dass Frau gegenüber einem Mann mal einen Spruch raushaut, oder ihn in seinen hübschen Po kneift. Wenn es zu einer vergewaltigung kommt, ist (egal, ob das Opfer männlich oder weiblich ist) die Wahrscheinlichkeit doch sehr hoch, dass es sich beim Täter um einen Mann handelt.

      Ist genetisch bedingt. 🙂

      • Stefan Pietsch 12. November 2019, 14:17

        Mein Thema war: Frauen dominieren die Beziehungen. Sie entscheiden maßgeblich über Beginn, Verlauf und Ende. Es gibt manche Männer, die damit nicht zurecht kommen. Aber genauso wenig, wie wir stehlende Arbeitnehmer mit Notwehr entschuldigen sollten, sollten wir nicht darüber hinwegsehen, dass Frauen typischerweise die Fäden in der Hand halten.

        • Erwin Gabriel 12. November 2019, 14:34

          @ Stefan Pietsch 12. November 2019, 14:17

          Mein Thema war: Frauen dominieren die Beziehungen.

          Nun ja, die meisten. Da bin ich durchaus bei Ihnen.

          … sollten wir nicht darüber hinwegsehen, dass Frauen typischerweise die Fäden in der Hand halten.

          Kenne ich. Ich schaffe da Geld ran, und meine Frau verhindert, dass ich es wieder ausgebe 🙂

      • Stefan Sasse 12. November 2019, 16:10

        Nein ist es nicht. Es ist kulturelle Prägung.

  • Ralf 8. November 2019, 20:45

    Die Parallele für Kamala Harris ist für mich ziemlich eindeutig: Sie ist der Jeb Bush der Democrats.

    Kamala Harris ist kein Stück der Jeb Bush der Democrats.

    Jeb Bush war völlig unvorbereitet im Jahr 2016, ging sorglos in die Primaries, weil er glaubte, er hätte praktisch einen Anspruch auf die Nominierung, war ein einschläfernder Redner ohne Begeisterung und Enthusiasmus und hatte außer bei den reichen Spendern, die seinen Familiennamen mochten, keinerlei Unterstützung im Volk.

    Kamala Harris hingegen hatte zum Zeitpunkt ihres Eintritts in das Rennen eine solide Unterstützerschaft im Elektorat und hat eigentlich – und sehr anders als Bush, der zum Beispiel völlig erstaunt wirkte, als er nach seiner Einschätzung des Irak-Abenteuers seines Bruders gefragt wurde – keinen krassen Fehler gemacht. Kamala Harris‘ Kampagne ist auch nicht kollabiert wegen ihrer Tätigkeit als Staatsanwältin, wenngleich ihr Wirken dort wirklich nichts ist, worauf man stolz sein könnte.

    Wenn Du wirklich unbedingt einen Vergleich mit einem Republikaner von 2016 anstellen willst, dann ist Kamala Harris der Marco Rubio von damals. Jemand der eigentlich von allen als ok empfunden wurde. Jemand mit dem keiner ein Riesenproblem hatte. Aber jemand der niemands erste Wahl war. Harris hat versucht eine Kampagne der Mitte zu fahren. Nicht das System wirklich radikal verändern wie Sanders oder Warren. Aber doch deutlich progressiver sein als der zurück in das 20. Jahrhundert strebende Joe Biden. Nicht hip und flippig sein wie Andrew Yang. Aber auch nicht so bodenständig wie Amy Klobuchar. Alles bei ihr ist irgendwo in der Mitte. Genau wie das bei Marco Rubio vor drei Jahren war. Diese Strategie sollte ihr alle Wege offenhalten. Wählbar sein für Schwarze. Wählbar sein für Frauen. Wählbar sein für Zentristen. Wählbar sein für Progressive. Dazu ist Harris ungleich professioneller, gewitzter und spontaner als Jeb Bush es jemals war. Einzig ihre Strategie funktioniert in einem zunehmend polarisierten Elektorat nicht. Die Schwarzen fürchten nichts mehr als eine Wiederwahl von Donald Trump und setzen deshalb voll auf den Kandidaten, dem sie die größten Chancen zurechnen den Immobilienmogul zu schlagen. Und das ist Umfragen zufolge Joe Biden. Weiße Frauen hingegen mögen die vorwärtsgerichtete, transformierende Agenda von Elizabeth Warren. Zentristen mit Sinn für progressive Ideen streben zu Buttigieg. Und die jungen Idealisten gehen zu Sanders und Yang. Kamala Harris sitzt äquidistant zwischen allen Stühlen. So wie Rubio 2016.

    Aber ganz sicher nicht wie Jeb Bush.

    • Stefan Sasse 9. November 2019, 11:00

      Du hast völlig Recht, Marco Rubio ist der bessere Vergleichspunkt. Asche auf mein Haupt.

  • Ralf 8. November 2019, 20:57

    zu 3)

    Das mag sich ändern, falls etwa die Antifa plötzlich zu einer anerkannten Strömung bei den Democrats wird (analog dazu, wie in den letzten Jahren white-supremacy-Terroristen zu anerkannten Mitgliedern der Basis wurden), aber danach sieht es gerade nicht aus.

    Keine Ahnung, warum Du immer wieder sowas schreibst. Das liest sich so, als wenn es durchaus vorstellbar sei, dass die Antifa zu einer anerkannten Strömung der Democrats werden könnte, dass es aber nur im Augenblick halt gerade nicht so aussieht. Aber bereits morgen schon könnte das ganz anders sein. Weiß man halt nicht so genau. Also vielleicht propagieren die Democrats im nächsten Jahr schon den Linksextremismus.

    Tatsächlich ist ein Szenario, in dem die Democrats linksextreme Terroristen umarmen, eine völlig absurde, frei aus der Luft gegriffene Spinnerei. Mit der selben Berechtigung könntest Du spekulieren, dass möglicherweise bald in der CDU eine starke, in der Partei anerkannte Strömung entsteht, die das deutsche Rechtssystem durch die Scharia ersetzen will. Könnte ja theoretisch sein. Ausschließen kann man das ja nicht.

    Aber wenn man alles, was man nicht mit 100%iger Gewissheit ausschließen kann als plausibles Zukunftsszenario verkauft, verabschiedet man sich aus der rationalen Debatte.

    • Stefan Sasse 9. November 2019, 11:02

      Nö, das ist schon so gemeint wie du auch schreibst: völlig unvorstellbar aktuell, aber wenn das passiert, dann würde die Argumentation greifen. Ich kann ja schlecht sagen, dass es völlig ausgeschlossen ist, weil es das nicht ist. Aktuell, für den Wahlkampf 2020, ja. Aber who knows? Ich erwähnte es mehr der Vollständigkeit halber und um ein billiges „gotcha“ seitens Pietsch, Gabriel et al auszuschließen 😉

      • Ralf 9. November 2019, 13:32

        Naja, dann freue ich mich über Deinen vermutlich bald erscheinenden Artikel zur möglicherweise bevorstehenden Eroberung Bielefelds durch die Marsianer. Schließlich lässt sich ja auch das nicht mit absoluter Sicherheit ausschließen …

        • Stefan Sasse 9. November 2019, 16:32

          Oh come on.

          • Ralf 9. November 2019, 19:15

            Ok, mit Bielefeld hab ich vielleicht übertrieben. Bielefeld gibt’s ja bekanntermaßen nicht. Also sagen wir die Marsianer erobern Magdeburg …

            • Erwin Gabriel 11. November 2019, 19:27

              🙂

  • Ralf 8. November 2019, 21:01
  • Ralf 8. November 2019, 21:18

    zu 8)

    Was mich darüber hinaus noch interessiert ist, was eigentlich die Qualifikation von Anita Fünffinger ist, darüber zu schreiben, welche Jobs Hartz IV-Empfänger gefälligst im Interesse der Gesellschaft anzunehmen hätten. Schreibt sie aus eigener Erfahrung? Hat sie Hartz IV bezogen und ist dann mit gutem Beispiel vorangegangen und hat bei Kik an der Kasse gearbeitet? Oder am Fließband? Oder bei Amazon in der Packstation? Jahre lang? Bevor sie zur Tagesschau wechselte? Falls nicht, sollte sie vielleicht mal einen Artikel schreiben in einem Feld, in dem sie sich auskennt.

    • Stefan Sasse 9. November 2019, 11:03

      Expertise ist nicht nötig, um was zu schreiben. Ich hab auch nie zum Klimawandel geforscht und schreib dazu. Da muss ich sie in Schutz nehmen. Stuss schreiben darf sie auch ohne einschlägige Erfahrung.

      • Ralf 9. November 2019, 12:17

        Schreiben darf sie was immer sie möchte. Nur ernst genommen werden sollte sie nicht.

        • Stefan Sasse 9. November 2019, 12:33

          Wie gesagt, das hängt nicht von ihrem Hintergrund ab. Ich nehme ihre Äußerung nicht ernst, weil die Äußerung bescheuert ist. Sie wäre das auch, wenn sie zehn Jahre Erfahrung als Niedriglöhnerin hätte.

          • Ralf 9. November 2019, 13:26

            Das Ausmaß, in dem ich jemanden ernst nehme, hängt schon ganz stark vom Hintergrund ab. Ich erinnere mich beispielsweise an eine Debatte mit einer Rentnerin in den USA, in der sich die Frau vehement für einen weitgehend ungeregelten Kapitalismus aussprach, obwohl ihr Rentenportfolio gerade im Zuge der Finanzkrise einen dramatischen Verlust eingefahren hatte, weswegen sie dann fünf Jahre länger arbeiten musste, als sie ursprünglich geplant hatte. Ich erinnere mich an Debatten mit Studenten in den USA, die die extrem hohen Studiengebühren verteidigten, weil sie der Meinung waren, dass sie nur deshalb die besten Universitäten der Welt haben. Auch wenn sie bis an ihr Lebensende mit Schulden werden leben müssen. Diesen Meinungen kann man zustimmen oder man kann sie ablehnen. Aber ich habe Respekt vor Menschen, die den Mut und die Überzeugung haben Dinge zu verteidigen, obwohl sie direkt und stark negativ von ihnen betroffen sind.

            Eine verwöhnte Tagesschau-Redakteurin hingegen, die im Alfa Romeo zur Arbeit fährt, sich dort einen Kaffee nimmt und eine Semmel schmiert und anschließend schreibt, Hartz IV-Empfänger sollten gefälligst die unattraktiven Niedriglohnjobs annehmen, mit denen sie ihre Familien nicht ernähren können, ist da nicht besonders ernst zunehmen. Ähnlich wie Frau Kramp-Karrenbauer, die erzählt, wir Deutschen müssten endlich mehr Mut zu Verantwortung haben, und damit meint, anderer Eltern Söhne sollten irgendwo in der Welt für irgendwas auf Schlachtfeldern verbluten, während sie in ihrem heimeligen Büro sitzt und gefahrfrei an ihrer nächsten Rede schreibt …

            Ein Journalist sollte erlebt haben, worüber er schreibt oder sich zumindest tief eingearbeitet haben, mit einer Vielzahl betroffener Menschen gesprochen haben. Ich hab Peter Scholl-Latour z.B. immer sehr gerne gelesen. Der war wenigstens bei den ganzen Kriegen dabei, über die er berichtet hat. Der hat auf Schlachtfeldern geschlafen und im Zelt geschrieben. Nicht daheim am heimeligen Kamin oder im Hauptststadtstudio. Das ist echter Journalismus aus erster Hand gewesen. Im Unterschied zu einer Besserwisserkolumne für einen Zweiminuten-Auftritt in der Tagesschau.

    • Stefan Pietsch 9. November 2019, 15:08

      Gegenfrage: Welche Tätigkeit sehen Sie für einen Hauptschulabbrecher als angemessen, der 9 Jahre keinen Job gefunden hat? Was ist da aus Ihrer Sicht zumutbar? Die meisten Menschen auf dieser Erde würden liebend gern einer Tätigkeit nachgehen wie bei Kik an der Kasse oder bei Amazon an der Packstation zu sitzen. Das Problem: die meisten Menschen auf dieser Erde haben nicht diese Gelegenheit und müssen stattdessen körperlich schwierige Arbeit bis zur totalen Erschöpfung verrichten, kommen stinkend und mit kaum einem Dollar in der Tasche nach Hause.

      Was ist zumutbar? Nur das, was ein Promovierter sich in Deutschland vorstellen kann?

      • Ralf 9. November 2019, 15:46

        Gegenfrage: Welche Tätigkeit sehen Sie für einen Hauptschulabbrecher als angemessen

        Die Frage ist nicht mir zu stellen, sondern dem Hauptschulabbrecher.

        • Stefan Pietsch 9. November 2019, 16:06

          Und wenn er antwortet: keine? Oder Vorstandsvorsitzender? Nach 9 Jahren Taten- oder Erfolglosigkeit sollte jeder das Recht verwirkt haben, selbst frei wählen zu können.

          • Ralf 9. November 2019, 16:39

            In einer liberalen Gesellschaft verwirkt niemals jemand das Recht selbst frei wählen zu können. Erstaunlich dass man das einem Liberalen heute wieder erklären muss.

            Wenn der Hauptschulabbrecher keinerlei berufliche Tätigkeit ausüben will oder nur „Vorstandsvorsitzender“ als angemessen empfindet, dann werden wir diese Haltung als Gesellschaft hinnehmen müssen. Derjenige sollte dann halt auf niedrigem Niveau alimentiert werden, wie wir das ja auch bereits heute in der Realität schon tun. Zwingen kann man niemanden zu seinem Glück. Und wenn er schwarz arbeitet, wird er bestraft werden.

            Allerdings ist absurd anzunehmen, dass die Mehrheit junger Hauptschulabbrecher eine Karriere als Nichtstuer anstrebt. Diesen Menschen muss man Perspektiven aufzeigen. Und man muss Geduld haben. Man muss Angebote machen.

            Allerdings komme ich hier wieder auf unsere vorherige Diskussion zurück. Wenn es zum Abbruch der Hauptschule kommt, ist es oft bereits zu spät. Eigentlich müssten wir viel früher einschreiten. Die Milieus, aus denen diese Abbrecher kommen, dürften garnicht existieren. Aber es sind exakt diese Armutsmilieus, die Hartz IV produziert hat.

            Sie versuchen hier also ein Problem zu lösen mit dem Werkzeug, das das Problem selbst zuvor geschaffen hat.

            • Stefan Pietsch 9. November 2019, 17:21

              Sie wollen etwas, was nicht miteinander vereinbar ist: sie wollen große Freiheit gerade für die Mitbürger, die wenig Mittel haben – was schon schwierig ist – und gleichzeitig wollen Sie genau für diese den absoluten sozialen Schutz. Das steht schon begrifflich in Konflikt.

              Ja, jemand soll frei wählen können. Diese Freiheit sollte unbeschnitten bleiben, das ist meine liberale Position. Nur, dann wollen Sie noch das Gegenteil: derjenige soll nicht die Konsequenz seiner Entscheidung tragen, nämlich für sein Auskommen selbst sorgen zu müssen. Hier greifen Sie dann auf die absolute Sicherheit: der Staat habe gerade jenen, die für sich das Maximum an Freiheit in Anspruch nehmen, nämlich nichts zu tun, absolute Sicherheit gewähren.

              Staaten mit engem sozialen Netz haben für den einzelnen weniger Freiheit im Angebot und weisen solche, die Leistungen von der Solidargemeinschaft ebenso eng an, was sie zu tun haben – siehe Skandinavien.

              Sie können wählen: mein Freiheitsmodell oder Ihr Sozialmodell. Aber keinen Bastard des Optimums aus beidem. Wenn Sie beides kreuzen wollen – und das tun wir aus guten Gründen – werden Sie dem Sozialempfänger seine Freiheit beschneiden müssen.

              Ich konstruiere bewusst Extrembeispiele, um einen Sachverhalt zu klären. Solche Beispiele sind nicht dafür da, die Realität abzubilden, sondern sich Klarheit über eine Position zu verschaffen. Dieses Mittel nutze ich auch beruflich.

              Sie können also davon ausgehen, dass ich einem typischen Hartz-IV-Empfänger nicht unterstelle, als Berufsziel Vorstandsvorsitzender zu haben. Soweit die Verhältnisse geklärt?

              • Ralf 9. November 2019, 18:41

                Sie können also davon ausgehen, dass ich einem typischen Hartz-IV-Empfänger nicht unterstelle, als Berufsziel Vorstandsvorsitzender zu haben. Soweit die Verhältnisse geklärt?

                Das ist mir schon klar. Ich habe Ihren „Vorstandsvorsitzenden“-Punkt als flapsige Analogie für wesentlich realistischere Fälle verstanden, in denen ein Hauptschulabbrecher möglicherweise Ansprüche hat, gehaltlich oder was die Berufswahl angeht, die im real-existierenden Arbeitsmarkt nicht möglich sind. Etwa die Versteifung darauf KfZ-Mechaniker werden zu wollen, meines Wissens nach eine sehr populäre Ausbildung, wo sich die Arbeitgeber wahrscheinlich für Kandidaten mit einem erfolgreicheren Hintergrund entscheiden würden, so diese denn zur Verfügung stehen.

                Hier greifen Sie dann auf die absolute Sicherheit: der Staat habe gerade jenen, die für sich das Maximum an Freiheit in Anspruch nehmen, nämlich nichts zu tun, absolute Sicherheit gewähren.

                Hier müssten Sie erklären, was Sie mit „absoluter Sicherheit“ meinen. Mit der fehlenden Definition dieses Kampfbegriffs geht Ihr Argument nämlich zu Boden.

                Das Bundesverfassungsgericht hat Ihnen ja gerade erklärt, dass der Staat auch dem Arbeitsverweigerer durchaus „absolute Sicherheit“ gewährleisten muss, falls mit „absoluter Sicherheit“ das Überleben, die Wohnung, ein Mindestexistenzminimum gemeint ist. Nun meinen Sie mit „absoluter Sicherheit“ möglicherweise nicht das Überleben, sondern ein auskömmliches Einkommen mit spürbarem Luxus hier oder dort. Also das was manche, insbesondere beim Kipping-Flügel der LINKEn und bei manchen Grünen, unter einem „bedingungslosem Grundeinkommen“ verstehen. Aber für ein bedingungsloses Grundeinkommen dieser Ausgestaltung habe ich nie argumentiert. Wie Sie vielleicht aus früheren Debatten wissen, lehne ich ein solches bedingungsloses Grundeinkommen kategorisch ab.

                Was also ist dann „absolute Sicherheit“? Die absolute Sicherheit, die meiner Meinung nach allen Bürgern gewährt werden muss, ist das soziokulturelle Existenzminimum. Ein Existenzminimum, das auf sehr niedrigem Niveau eine begrenzte Teilnahme am öffentlichen Leben erlaubt. Das ist im übrigen auch die Position des Grundgesetzes. Das können Sie ein „bedingungsloses Grundeinkommen“ nennen, aber der Debatte würde eine solche Begriffsverwendung schaden, denn beim Begriff „bedingungsloses Grundeinkommen“ dürfte so ziemlich jeder ein völlig anderes Bild vor Augen haben (eben die Modelle von LINKEn und Grünen, die eine dramatisch andere Ausstattung vorsehen).

                Im Grunde haben wir in der real existierenden Welt ohnehin bereits weitestgehend mein Modell. Denn Menschen, die halbwegs intelligent und motiviert sind, finden immer Wege eine Arbeit legal abzulehnen, wenn sie diese Arbeit nicht machen möchten. Für die, die nicht intelligent sind, gibt es ganze Anleitungsschriften im Internet. Die die wirklich hochmotivierte Arbeitsverweigerer sind, die kriegen Sie mit Sanktionen also sowieso nicht. Die die Sie treffen können mit Sanktionen, sind die Schwächsten von allen: Die die krank sind. Die die psychologische Probleme haben. Die die geistig instabil sind. Und die, die aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse oder aus juristischer Unkenntnis heraus garnicht verstehen, was von ihnen erwartet wird.

                • Stefan Pietsch 10. November 2019, 11:48

                  In jedem Bereich des Lebens haben wir Möglichkeiten, Menschen zu kooperativen Verhalten zu zwingen. Obwohl es eine allgemeine Schulpflicht gibt und der Staat generell verpflichtet ist, Kinder im schulpflichtigen Alter zu unterrichten, kann der Staat einzelne zeitweise vom Unterricht ausschließen. Schlechte Noten, Klassenbucheinträge, Klassen- und Schulverweise und am Ende sogar die Rundumbetreuung an der Kandare. So habe ich vor kurzem das Konstrukt kennengelernt, sozial völlig inkompatible Kinder betreut ins Ausland, z.B. nach Spanien zu bringen, wo sie unter anderen Umständen aufwachsen.

                  Eltern haben ein ganzes Instrumentarium, Kinder zu lenken. Arbeitgeber wie Arbeitnehmer haben Maßnahmen im Kasten, den Vertragspartner zur Kooperation zu zwingen. Das gleiche gilt in Liebesbeziehungen etc.

                  Das Bundesverfassungsgericht hat geurteilt, auch in Bezug auf Transferempfänger darf der Staat diese Möglichkeiten haben. Wer nicht kooperiert, dem kann die Leistung gekürzt werden. Warum Sie gegen etwas opponieren, was uns in jedem Bereich gegeben ist, verstehe ich nicht.

                  Die Mitarbeiter im Jobcenter sagen immer in Reportagen, die meisten Kunden würden sich kooperativ verhalten und mitarbeiten. Aber es gibt eine harte Klientel, die alles verweigern würde. Diesen kommt man nur mit Strafen am Portemonnaie bei, wenn überhaupt. Für diese Gruppe ist das Instrument der Sanktionen gedacht. Nicht zufällig sind von Sanktionen einige wenige mehrfach und Jüngere überproportional betroffen – also Menschen, die nicht so leicht in der Spur laufen.

                  Dass Sie den Schutz und die Nachsicht durch den Staat höher ziehen als die Liebe von Eltern, gehört zu Ihren Mysterien. Sie waren wahrscheinlich auch derjenige, der in der Klasse den Schreihals verteidigt haben, der alle anderen vom Lernen abhielt und nur nervte. Lasst doch, schwere Kindheit, Elternhaus …

                  • Ralf 10. November 2019, 12:42

                    Warum Sie gegen etwas opponieren, was uns in jedem Bereich gegeben ist, verstehe ich nicht.

                    Weil es offensichtlich erfolglos ist, weil es das Grundgesetz und unseren Anspruch an Menschlichkeit verletzt, weil es himmelschreiende Ungerechtigkeiten schafft und am allerschlimmsten:

                    Weil es das Problem, das es zu lösen versucht, nicht löst sondern vergrößert, verstetigt und auf die nächste Generation überträgt.

                    Hartz IV hat Armutsmilieus eskalieren lassen. Und die Folge sind noch mehr Hartz IV-Empfänger. Die Folge sind Kinder, die schon ab der Geburt qua ihrer Herkunft keine andere realistische Chance haben als selbst Hartz IV-Empfänger zu werden. Die Schaffung und Ausweitung von Armutsmilieus macht in unserer real-existierenden Welt Armut erblich. Wer das bekämpfen will, muss diese Milieus auflösen. Und der erste Schritt dazu ist diese Milieus nicht weiter zu vergrößern. Genau das tut aber Hartz. IV.

                    Aber es gibt eine harte Klientel, die alles verweigern würde. Diesen kommt man nur mit Strafen am Portemonnaie bei, wenn überhaupt.

                    Sie schränken ja selber ein: „Wenn überhaupt“. In der Realität heißt das, in der Regel kommt man dem Problem garnicht bei. Man schafft lediglich neue Probleme, die der Gesellschaft dann an anderer Stelle auf die Füße fallen.

                    Dass Sie den Schutz und die Nachsicht durch den Staat höher ziehen als die Liebe von Eltern, gehört zu Ihren Mysterien. Sie waren wahrscheinlich auch derjenige, der in der Klasse den Schreihals verteidigt haben, der alle anderen vom Lernen abhielt und nur nervte. Lasst doch, schwere Kindheit, Elternhaus …

                    Schön zu sehen, dass Ihnen kein Argument zu blöd ist.

                    • Stefan Pietsch 10. November 2019, 13:54

                      Sie lassen sich keinen Schritt auf meine Argumentationslinie ein, nämlich dass zur Durchsetzung korporatistischen Verhaltens auch die Möglichkeit von Sanktionen erforderlich sind. Das ist in jedem Bereich des Zusammenlebens so und damit liegt kein Grund vor, ausgerechnet bei ohnehin Abgehängten eine Ausnahme zu machen. Der Ansatz, nur durch Überzeugung, nur mit Streicheleinheiten erreicht man nie alle. Im Gegenteil: Jede Gemeinschaft funktioniert in ihrer Gesamtheit nur dann, wenn eben auch die Möglichkeit der Bestrafung besteht.

                      Weil es offensichtlich erfolglos ist, weil es das Grundgesetz und unseren Anspruch an Menschlichkeit verletzt, weil es himmelschreiende Ungerechtigkeiten schafft

                      Karlsruhe hat eben entschieden, dass es nicht die Menschenwürde verletzt. Da sollten wir zur Befriedung der Gesellschaft irgendwann man den Deckel drauf machen.

                      Stellen Sie sich einen 23jährigen Hartz-IV-Empfänger vor, der nebenher studiert (ich weiß, rechtlich etwas schwierig). Die universitären Regeln schreiben vor, dass bei einem Täuschungsversuch sämtliche bisher erworbenen Prüfungen hinfällig sind. Für Studenten im Examen bedeutet das den K.O. Dieser junge Mann wird in der Abschlussprüfung bei einer Täuschung erwischt. Jetzt wird er vor die Wahl gestellt: entweder die vorgeschriebene Strafe oder Verzicht auf 30% seiner Hartz-IV-Bezüge für die Dauer von 3 Monaten.

                      Mit Sicherheit wird jeder zur Alternative 2 greifen. Nun ist Ihr Argument, mit dem Streichen des ALG-2 bei pflichtwidrigem Verhalten läge ein Verstoß gegen die Menschenwürde vor. Gegenfrage: was ist es denn, einem Uniabsolventen Jahre seines Lebens und des Lernens und seine berufliche Zukunft zu nehmen? Doch gegen diese Art der Bestrafung hat noch kein LINKEN-Politiker aufbegehrt.

                      Sie sollten ab und zu Statistiken studieren. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen wie Hartz-IV-Empfänger hat seit der Einführung deutlich abgenommen – das Gegenteil Ihrer Behauptung. Ja, wir haben Schwierigkeiten der Aktivierung, aber das ist kein Problem der Sanktionen. Und ein Kind, das bei Einführung der Arbeitsmarktreformen im Vorschulalter oder in der Grundschule war, ist heute kaum erwachsen. Dass wir einen Bodensatz aus Dauerempfängern haben, resultiert aus dem schon lange bestehenden System des Wegschließens, zuvor durch die Sozialhilfe und der Arbeitslosenhilfe. Auch aus diesen Systemen kamen Betroffene nicht heraus. Sie waren noch erfolgloser als das 2005 eingeführte Arbeitslosengeld 2.

                      Dass Milieus eskalieren, wie Sie schreiben, hat viel mit der Zunahme der Migration aus arabisch und türkisch stämmigen Kreisen und deren Eigenabschottung zu tun. Nicht ohne Grund ist deren Anteil an den H4-Empfängern drastisch gewachsen.

                    • Ralf 10. November 2019, 15:37

                      Sie lassen sich keinen Schritt auf meine Argumentationslinie ein, nämlich dass zur Durchsetzung korporatistischen Verhaltens auch die Möglichkeit von Sanktionen erforderlich sind.

                      Ich lasse mich nicht auf diese Argumentationslinie ein, weil diese Argumentationslinie falsch ist. Bestrafungen lösen das Problem nicht. Das sagen uns die Zahlen (siehe unten).

                      Stellen Sie sich einen 23jährigen Hartz-IV-Empfänger vor, der nebenher studiert (ich weiß, rechtlich etwas schwierig).

                      Sie kommen immer mit diesen realitätsfernen Beispielen, die durch ihre Abgehobenheit keinerlei echten Beitrag zur Debatte leisten.

                      Klar würde der Student in Ihrem Beispiel gerne die 30%-Sanktion wählen. Dafür käme er dann einen Monat lang bei Mami und Papi oder bei Oma und Opa unter. Oder er arbeitet mal einen Monat lang schwarz. Das ist nicht eine Option derer, die Sie in der realen Welt am ehesten mit Sanktionen treffen. Nämlich die, die krank, psychisch verwirrt, drogenabhängig oder der deutschen Sprache nicht mächtig sind und garnicht verstehen, was der Staat von ihnen will.

                      Sie sollten ab und zu Statistiken studieren. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen wie Hartz-IV-Empfänger hat seit der Einführung deutlich abgenommen – das Gegenteil Ihrer Behauptung.

                      Die Zahl der Langzeitarbeitslosen hat auf die Hartz IV-Reformen nach der Einführung 2003 zunächst garnicht reagiert. Beziehungsweise sie ist weiter angestiegen. Das steht im Gegensatz zur Zahl der mehr „reguläreren“ Kurzzeitarbeitslosen. Dann ging die Zahl mit einiger Verspätung zwischen 2007 und 2008 moderat zurück, möglicherweise eine Folge der 58er Regelung, die damals auslief und die ältere Arbeitslose aus der Statistik strich. Seit 2009 hat die Zahl der „reguläreren“ Kurzzeitarbeitslosen in Deutschland im Zuge der guten Konjunktur um ein Drittel abgenommen. In dieser Zeit ist der prozentuale Anteil der Langzeitarbeitslosen eher gestiegen. Nach wie vor wird übrigens eine wesentliche Gruppe innerhalb der Langzeitarbeitslosen, nämlich ältere Arbeitslose, einfach nicht mitgezählt in der Statistik. Die tatsächliche Langzeitarbeitslosigkeit dürfte also deutlich höher liegen als in den öffentlichen Zahlen reflektiert.

                      Die obigen Zahlen stammen aus der Abbildung 2 der folgenden Publikation:

                      https://statistik.arbeitsagentur.de/Statischer-Content/Arbeitsmarktberichte/Personengruppen/generische-Publikationen/Langzeitarbeitslosigkeit.pdf

                      Fazit: Das Sanktionsregime von Hartz IV hat die Langzeitarbeitslosigkeit mitnichten reduziert.

                      Gegenfrage: was ist es denn, einem Uniabsolventen Jahre seines Lebens und des Lernens und seine berufliche Zukunft zu nehmen?

                      Bleiben Sie zur Abwechslung mal beim Thema.

                      Und ein Kind, das bei Einführung der Arbeitsmarktreformen im Vorschulalter oder in der Grundschule war, ist heute kaum erwachsen.

                      Ein Kind, das im Januar 2004 fünf Jahre alt war, hat in diesem Jahr seinen 20. Geburtstag gefeiert. Also genau die Generation der perspektivlosen Hauptschulabbrecher, die Sie zwei Kommentare zuvor noch beklagt hatten.

                      Dass wir einen Bodensatz aus Dauerempfängern haben, resultiert aus dem schon lange bestehenden System des Wegschließens, zuvor durch die Sozialhilfe und der Arbeitslosenhilfe.

                      Keine Frage, dieser Bodensatz hat existiert. Allerdings drücken Sie sich auch in diesem Thread vor der Erkenntnis, weshalb eigentlich Millionen Menschen, viele davon gut ausgebildet und fleißig arbeitend, in Deutschland bis Mitte der 2000er Jahre arbeitslos wurden und weshalb die Gesellschaft bei diesen Prozessen einfach zugeschaut hat. Stichwort Globalisierung. Stichwort Automatisierung. Stichwort Rationalisierung. Stichwort Outsourcing. Und so weiter. Nichts davon brach alternativlos über uns herein, sondern diese Prozesse waren von den Eliten bewusst gewollt, weil sie trotz dem immensen Schaden, den sie unseren Gemeinschaften zufügten, den Profit dieser Eliten dramatisch auf Kosten des kleinen Mannes steigerten.

                      Dass Milieus eskalieren, wie Sie schreiben, hat viel mit der Zunahme der Migration aus arabisch und türkisch stämmigen Kreisen und deren Eigenabschottung zu tun.

                      Ich bestreite nicht, dass es hier einen Zusammenhang gibt. Aber wenn Sie mal einen dieser Elendsbunker, in denen die Verlierer unserer Gesellschaft wohnen, persönlich betreten würden, würde Ihnen auffallen, dass da auch viele Bio-Deutsche wohnen. Im Osten Deutschlands sind es sogar fast ausschließlich Bio-Deutsche. Die Schuld für die soziale Verwahrlosung unserer Gesellschaft nur den Migranten auf die Schultern zu laden, greift also zu kurz und wird dem Problem nicht gerecht.

                    • Stefan Pietsch 10. November 2019, 16:40

                      Die Argumentation ist die Grundlage des Urteils vom Dienstag! Der Staat dem die Möglichkeit bleiben, über Sanktionen Hartz IV-Empfänger zur Mitarbeit zu zwingen, die sich nicht kooperativ verhalten. Sie mögen das nicht für richtig halten, das weiß ich seit Jahren, aber seit Dienstag ist es amtlich: damit stehen Sie in Opposition zu dem, was unser Grundgesetz zulässt – und was die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung wie der Arbeitsmarktexperten in Wissenschaft und Behörden für richtig findet.

                      Ihr Argument ist, dass Sanktionen die Menschenwürde tangieren, weil sie Empfänger (kurzzeitig und in Kenntnis der Folgen) finanziell unter das Existenzminimum drücken. Doch die Menschenwürde, bitte, ist nicht allein monetär definiert. In dem einen Fall wird einem Bürger wenig für kurze Zeit genommen. Im anderen wird ihm der gesamte Wert seiner Ausbildung und seiner Zukunft von einer Sekunde auf die andere entrissen, weil er sich in einem Moment (und nicht über Monate) falsch verhalten hat.

                      Doch die Strafandrohung hat eine sehr stark disziplinierende Wirkung. Mit Sicherheit betrügen weniger Menschen im Examen, wenn ihnen die Folgen bewusst sind als wenn es keine Folgen hätte. Und genauso verhält es sich mit den Sanktionen im Sozialrecht: sie disziplinieren. Welcher Langzeitarbeitslose, der entweder bei 3 Bewerbungsgesprächen durchgefallen ist, nach 3 Monaten eine Stelle wieder verloren hat oder erst keine Lust hat, sich mit Jobcenter-Mitarbeitern zu unterhalten, die er als inkompetent ansieht, wird ohne die Furcht vor Kürzungen noch Termine wahrnehmen? Diese Leute sind, wir kennen es von der früheren Sozialhilfe her, völlig verloren. Woher kommt denn das Gefühl von Schülern in Hartz-IV-Haushalten, das Geld kommt vom Amt und nicht von einem Unternehmen? Sie sehen an ihren Eltern, dass man auch ohne Arbeit, auch ohne gute Noten, auch ohne Schulabschluss Geld bekommt. Für einen Hauptschulabgänger sind 424 Euro plus bezahlte Wohnung sehr viel Geld. Der merkt nur erst viel später, wenn es zu spät ist, dass das eben nicht viel ist.

                      Der Erfolg bei der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit durch die Arbeitsmarktreformen lässt sich am Vergleich mit unserem Nachbarland Frankreich festmachen, das ein mindestens ähnlich dichtes Netz von Sozialleistungen besitzt. Während in Deutschland der Anteil der Langzeitarbeitslosen von 2005 bis 2018 von 53% auf 41% zurückgegangen ist, blieb der Anteil in Frankreich mit 40% absolut stabil. Auch im Vergleich zum OECD-Schnitt ist die Entwicklung überragend (32 zu 29 Prozent).

                      Genau darauf kommt es doch an: dass die Langzeitarbeitslosigkeit nicht überproportional ausfällt um das zu verhindern, was Sie kritisieren: nämlich das abgehängte Schichten wachsen. Das geht nur über Arbeit und nicht Transfers.
                      https://data.oecd.org/unemp/long-term-unemployment-rate.htm

                      Also genau die Generation der perspektivlosen Hauptschulabbrecher, die Sie zwei Kommentare zuvor noch beklagt hatten.

                      Auch hier verbreiten Sie Falsches. Ohne Schulabschluss waren 2005 über 8% der Absolventen, jetzt sind es 6,6%, unter den Biodeutschen lediglich 5,4%. Es wird besser, nicht schlechter am unteren Rand der Skala.

                      Allerdings drücken Sie sich auch in diesem Thread vor der Erkenntnis, weshalb eigentlich Millionen Menschen, viele davon gut ausgebildet und fleißig arbeitend, in Deutschland bis Mitte der 2000er Jahre arbeitslos wurden und weshalb die Gesellschaft bei diesen Prozessen einfach zugeschaut hat. Stichwort Globalisierung. Stichwort Automatisierung. Stichwort Rationalisierung.

                      Das ist Quatsch, denn davon waren alle Industrieländer betroffen, und alle hatten zeitweise die gleichen Ausprägungen. Nur bekamen selbst die Skandinavier wesentlich schneller die Kurve als Deutschland. Es gibt statistisch in den langen Reihen keinen Beleg für Ihre These, das ist Dichtung. Und Deutschland ist zudem noch eine einkommensegalitäre Gesellschaft. Auch Ihre Elitenthese ist Unsinn.

                      Die Schuld für die soziale Verwahrlosung unserer Gesellschaft nur den Migranten auf die Schultern zu laden, greift also zu kurz und wird dem Problem nicht gerecht.

                      Da missverstehen Sie mich. Mir geht es nicht um Schuldzuweisung, sondern um Konsequenzen von Politik und gesellschaftlichen Entwicklungen. Und wieder – das zeigt der neuste Bildungsreport – ziehen vor allem Menschen ohne Bildung nach Deutschland, die über Jahrzehnte hohe soziale Kosten, nicht zuletzt in Bildung verursachen werden. Und dann sind Sie wieder da und beklagen die Folgen auf Bildung und Sozialausgaben.

                      Ich habe übrigens mal zur Entwicklung der Schulabbrecher etwas Interessantes gelesen: danach wäre es aus unterschiedlichen Faktoren unmöglich, die Zahl der Schulabbrecher unter eine Schwelle von 5% zu drücken. Ich weiß nicht mehr, warum das genau so ist und habe es nicht validiert. Aber sollte es zutreffen, dann liegt Deutschland mit 5,4% bei den Schülern ohne Migrationshintergrund ganz gut. Jetzt müssen wir noch das andere in den Griff bekommen.

                    • Stefan Sasse 10. November 2019, 19:31

                      Moment mal: Behauptest du gerade, es sei grundgesetzwidrig, die Sanktionen abzuschaffen?!

                    • Ralf 10. November 2019, 17:08

                      Doch die Menschenwürde, bitte, ist nicht allein monetär definiert. In dem einen Fall wird einem Bürger wenig für kurze Zeit genommen. Im anderen wird ihm der gesamte Wert seiner Ausbildung und seiner Zukunft von einer Sekunde auf die andere entrissen,

                      Die Menschenwürde ist nicht ausschließlich monetär definiert, aber der monetäre Aspekt ist ein essentieller Bestandteil der Menschenwürde.

                      Im übrigen nehmen die Arbeitsagenturen niemandem den gesamten Wert seiner Ausbildung. Also bleiben Sie bitte endlich beim Thema.

                      Der Erfolg bei der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit durch die Arbeitsmarktreformen lässt sich am Vergleich mit unserem Nachbarland Frankreich festmachen

                      Ich hatte Ihnen gerade die Zahlen genannt und eine offizielle Quelle dazu verlinkt. Es gibt keinen Erfolg bei der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit.

                      Genau darauf kommt es doch an: dass die Langzeitarbeitslosigkeit nicht überproportional ausfällt um das zu verhindern, was Sie kritisieren: nämlich das abgehängte Schichten wachsen. Das geht nur über Arbeit und nicht Transfers.

                      Nö. Das geht erfahrungsgemäß weder über Arbeit noch über Transfers. Bei dem weit überwiegenden Teil der Langzeitarbeitslosen ist der Zug bereits lange abgefahren. Die kriegen Sie nie mehr in Arbeit. Egal was Sie tun. Das liest sich ziemlich eindeutig aus den Zahlen.

                      In die Zukunft schauend lässt sich das Problem nur bewältigen, wenn nicht mehr wieder große Zahlen an Langzeitarbeitslosen entstehen. Dann werden die jetzigen Langzeitarbeitslosen langsam und hoffentlich menschenwürdig versorgt aus dem System wachsen. Und es werden eben keine neuen mehr hinzukommen. Allerdings bedarf es dafür der Abschaffung des Armutssystems Hartz IV. Denn es ist dieses System, das permanent neue Verlierer produziert und die Milieus der Abgehängten stetig ausweitet und verhärtet.

                      Ohne Schulabschluss waren 2005 über 8% der Absolventen, jetzt sind es 6,6%, unter den Biodeutschen lediglich 5,4%.

                      Eben hatten Sie sich noch bitterlich über diese 6,6% beklagt. Jetzt sind sie scheinbar kein Problem mehr. Entscheiden Sie sich mal.

                      Das ist Quatsch, denn davon waren alle Industrieländer betroffen

                      Ja. Die Arbeitslosigkeit ist auch überall gewachsen. Auch in Skandinavien.

                      https://fred.stlouisfed.org/series/SWEURTOTADSMEI

                    • Stefan Pietsch 10. November 2019, 20:18

                      Quatsch, ich schreibe doch die ganze Zeit, dass der Staat die Möglichkeit haben darf, die Mitarbeit zu erzwingen durch Sanktionen. Nicht, dass er es muss.

                  • Stefan Sasse 10. November 2019, 15:56

                    Jein. Kinder können zwar vom Unterricht ausgeschlossen werden, aber nicht vom Lernprozess. Wer Unterrichtsausschluss hat, muss jeden Morgen in die Schule kommen, Aufgaben für die an dem Tag unterrichteten Fächer abholen, den Stoff eigenständig bearbeiten und bei Unterrichtsende alles wieder abgeben.

            • Erwin Gabriel 11. November 2019, 19:32

              @ Ralf 9. November 2019, 16:39

              [Nach 9 Jahren Taten- oder Erfolglosigkeit sollte jeder das Recht verwirkt haben, selbst frei wählen zu können.]

              In einer liberalen Gesellschaft verwirkt niemals jemand das Recht selbst frei wählen zu können. Erstaunlich dass man das einem Liberalen heute wieder erklären muss.

              Grundsätzlich bin ich bei Dir, solange die frei Wahl nur Folgen für den Betreffenden hat. Die Wahl „ich lasse mich von anderen aushalten“ ist in dem Moment eine unanständige, wo es Alternativen gibt, sich selbst über Wasser zu halten.

  • Ralf 8. November 2019, 21:22

    Statt allen Bürgern 6.000 Euro zu geben, die sich ein E-Auto kaufen, könnte der Staat auch jedem Bürger über 18 Jahren eine Prämie für jedes Jahr zahlen, in dem er oder sie kein Auto besitzt.

    Bin selbst nie auf diese Idee gekommen, aber das ist mal ein sinnvoller Vorschlag … ^^

    • Stefan Sasse 9. November 2019, 11:03

      Bin mittlerweile schon öfter drüber gestolpert.

    • Erwin Gabriel 11. November 2019, 19:34

      @ Ralf 8. November 2019, 21:22

      [Statt allen Bürgern 6.000 Euro zu geben, die sich ein E-Auto kaufen, könnte der Staat auch jedem Bürger über 18 Jahren eine Prämie für jedes Jahr zahlen, in dem er oder sie kein Auto besitzt.]

      Bin selbst nie auf diese Idee gekommen, aber das ist mal ein sinnvoller Vorschlag … ^^

      Echt jetzt? Dann kaufe ich mir drei Autos, lasse meine Töchter damit fahren, und die kassieren die Prämie. Sehr sinnvoll.
      🙂

      • Stefan Sasse 11. November 2019, 22:23

        Wenn das Arbeitsamt es schafft, einem Haushalt nachzuweisen, ob da ein Auto vorhanden ist, dann schaffen wir das auch für eine Prämie.

        • Erwin Gabriel 12. November 2019, 14:15

          Stefan Sasse 11. November 2019, 22:23

          Wenn das Arbeitsamt es schafft, einem Haushalt nachzuweisen, ob da ein Auto vorhanden ist, dann schaffen wir das auch für eine Prämie.

          Der Haushalt meiner Tochter hat kein Auto. Sie leiht sich den Wagen der Mutter, wenn sie ihn braucht. Und was wäre mit mir, wenn ich keinen eigenen Wagen habe, weil ich ein Firmenauto habe?

          Das, was Du erreichst, ist nie die Umsetzung der Intention solch einer Regelung, sondern immer nur der Wortlaut.

          • Stefan Sasse 12. November 2019, 16:11

            Das mit dem Leihen reduziert die Zahl der zugelassenen Autos, das ist ja genau das Ziel des Vorschlags. Das wäre ja super.

  • Peter Zeller 10. November 2019, 11:50

    Vielleicht könnte man einfach mal kapieren, daß seit wenigstens 40 Jahren nicht mehr „abgetrieben“ wird, es wird eine beginnende Schwangerschaft abgebrochen.

    Es findet auch kein Kindesmord statt. Ein Embryo oder ein Fetus ist noch nicht nicht einmal ein Säuling, geschweige denn ein Kind.

    • Stefan Sasse 10. November 2019, 15:56

      Ich teile deine Ansicht, aber es ist nur eine Lesart und Meinung.

      • Ralf 10. November 2019, 16:24

        Sorry, das ist keine Meinung. Das ist ein biologischer Fakt.

      • Peter Zeller 10. November 2019, 17:05

        Entschuldige bitte, was davon „ist nur eine Lesart und Meinung“ ? Werden Feten weiter abgetrieben ? Werden da Kinder gemordet ?

      • Stefan Sasse 10. November 2019, 19:30

        Die Frage, ab wann menschliches Leben beginnt – mit der Empfängnis, nach drei Monaten, nach sechs. mit der Geburt, mit zwei Jahren, whatever – ist nicht biologisch, sondern nur ethisch zu klären.

        • Ralf 10. November 2019, 20:14

          Die Frage ist sehr wohl biologisch zu klären. Problematisch wird’s nur wenn Übernatürliches, wie z.B. eine Seele, erfunden wird und deren “Existenz” zur Beurteilung herangezogen wird. In letzterem Fall haben wir uns allerdings aus der rationalen Debatte verabschiedet und offensichtlich keinen Anspruch mehr zu einem wissenschaftlich nachvollziehbaren Ergebnis zu kommen. Da steht man dann in der selben Reihe wie Flat Earther, Chemtrail-Verschwörungstheoretiker und Vakzingegner und sollte auch genauso behandelt werden.

          • Stefan Sasse 11. November 2019, 16:20

            Ich sehe das nicht so, für mich ist das tatsächlich eher eine Frage des Wertbilds. Aber ich bin inhaltlich bei dir; für mich ist bis recht kurz zur Geburt irrelevant.

            • Peter Zeller 11. November 2019, 17:27

              Stefan Sasse,
              sie wechseln einfach das Thema. Es geht um die Frage, wird heute noch abgetrieben. Die Antwort lautet klar Nein. Wissen Sie überhaupt, was Abtreibung ist ? Das ist zB die Engelmacherin mit der Instillation von Seifenlösung in die Gebärmutter, die Schwangere hat gute Chancen, an einer Infektion bzw Sepsis oder an einer Hämolyse zu Sterben. Oder der angebliche Medizinstudent, der mit dem scharfen Löffel die Gebärmutter ausschaben will und sie dabei perforiert mit anschließendem Tod durch Bauchfellentzündung. All diese Frauen trauten sich nicht ins Krankenhaus, weil sie wußten, daß sie etwas Verbotenes getan hatten, aus Angst vor dem Staatsanwalt.

              Als die Pille erfunden wurde, waren Sie noch lange nicht auf der Welt. Sie haben keine Ahnung, was es für eine Familie zB in Oberschwaben, bedeutete, wenn die ledige Tochter schwanger war.

              Vielleicht verstehen Sie jetzt, was Abtreibung war.

              • Stefan Sasse 11. November 2019, 17:53

                Wenn ich das Thema gewechselt habe, dann nicht aus böser Absicht. Ich dachte, wir reden von Schwangerschaftsabbrüchen und bis zu welchem Monat diese erlaubt sein sollen, unter Berücksichtigung der ethischen Fragestellung, ab wann ein Fötus ein Mensch ist. Ich bin absolut für legale Schwangerschaftsabbrüche und habe dabei umgangssprachlich den Begriff „Abtreibung“ benutzt. Mir geht es um medizinische Eingriffe in der Klinik. Das sollte eigentlich hinreichend klar sein. Ich bin mir daher nicht sicher, was genau dein Problem mit meinen Aussagen ist.

                • Peter Zeller 12. November 2019, 09:24

                  Sprache bestimmt auch das Bewußtsein. Es wird nicht abgetrieben. Die Verwendung des Wortes ist gedankenlos und auch falsch. Das Wort wird in allen Medien benutzt, um den Schwangerschaftsabbruch in die Nähe des Schmutzigen, Unerlaubten zu rücken. Es ist ein erkämpftes Recht der Frauen, und dieses hat Gott sei Dank dazu geführt, daß die damaligen elenden Zeiten vorbei sind, auch wenn viele in der CDU dahin zurück wollen.

                  • Stefan Sasse 12. November 2019, 12:44

                    Hatte ich bisher nie so gesehen, aber danke für den Hinweis. Werde mich bemühen, es nicht mehr zu verwenden.

                    • Peter Zeller 13. November 2019, 09:08

                      Danke. Übrigens: Vom Jüngeren der beiden Jünger-Brüder, gibt es einen sehr schönen Text: „Sprache und Denken“.

                      Friedrich Georg Jünger: Sprache und Denken 232 Seiten Vittorio Klostermann Frankfurt am Main 1962

  • Stefan Pietsch 10. November 2019, 18:02

    @Ralf

    Die Menschenwürde ist nicht ausschließlich monetär definiert, aber der monetäre Aspekt ist ein essentieller Bestandteil der Menschenwürde.

    Das würden die meisten Menschen auf diesem Globus bestreiten. Und auch ein Kind hat Würde ohne Geld zu besitzen.

    Ich hatte Ihnen gerade die Zahlen genannt und eine offizielle Quelle dazu verlinkt.

    Aber Sie haben es anscheinend nicht verstanden. Vorab Grundsätzliches: wer umfangreiche und eventuell internationale Vergleiche anstellen will, sollte auf harmonisierte Zahlen zurückgreifen. Dort werden nationale und zeitlich begrenzte Erhebungsunterschiede eliminiert, was auch Ihren Aufwand reduziert, philosophieren zu müssen (oder zu können).

    Sie bieten zwei Auswertungen an. Zum einen zeigen Sie die Relation der Langzeitarbeitslosen im Verhältnis zu allen Arbeitslosen. Da stagniert die Entwicklung. Der „Hartz-IV“-Effekt hat aber zuvor stattgefunden. Dazu ist zu konstatieren, dass der Wert seit dem immer noch besser ist als zu Beginn des Jahrtausend, als Deutschland sich in einer wirtschaftlichen Boomphase befand. Was Sie bei der Bewertung übersehen: während die Arbeitslosigkeit auch im Boom relativ hoch war, ist sie seit 2010 auch in absoluten Zahlen niedrig. Dementsprechend ist auch die Langzeitarbeitslosigkeit niedriger als sonst in Boomphasen.

    Dies ist umso erstaunlicher, da doch die Anzahl der Erwerbstätigen seit dem um (aus dem Kopf) 5 Millionen gestiegen ist. Millionen mehr Erwerbstätige, dafür wesentlich weniger Kurzzeit- und sogar Langzeiterwerbslose – wie anders lässt sich eine Erfolgsgeschichte umschreiben? Kein anderes OECD-Land hat so eine Entwicklung zu bieten.

    Die Zweite Auswertung, die Sie anbieten, ist die absolute Zahl der Langzeiterwerbslosen. Diese hat von 2005 bis 2009 drastisch und danach weiter kontinuierlich abgenommen und das, obwohl seit 2010 weit mehr schwerer Vermittelbare auf den deutschen Arbeitsmarkt strömten.

    Übrigens ist es in Boomphasen meist umgekehrt: der Anteil der Langzeitarbeitslosen im Verhältnis zur Summe der Arbeitslosen nimmt zu, nicht ab, weil die Integration von Menschen, die länger als 1 Jahr erwerbslos waren, schwerer ist. Als erstes werden immer die abgeräumt, die gerade arbeitslos geworden sind.

    Dann bieten Sie wieder so eine zweifelhafte Statistik aus Schweden an. Da wird die Zahl der Erwerbslosen in Bezug auf 1000 Schweden gerechnet. Das ist irreführend, denn es bleibt offen, woraus die Bezugsgröße besteht: ist der Anteil Nicht-Erwerbsfähiger gestiegen, wie hat sich die Erwerbstätigkeit entwickelt usw.

    Wenn Sie nach OECD-Zahlen (die kommen von den nationalen Statistikbehörden) die deutsche und die schwedische Kurve seit 1970 nebeneinanderlegen, so lassen sich 3 Phasen erkennen:

    1) Von 1970 bis Anfang der 1990er Jahre liegt die Arbeitslosigkeit in Schweden unter der in Deutschland.

    2) Von 1994 bis 1998 liegt sie über dem deutschen Wert, bis die schwedische Regierung Arbeitsmarktreformen ergreift und die Arbeitslosigkeit deutlich herunterdrückt.

    3) Seit 2006 sinkt die Arbeitslosigkeit in Deutschland schneller als in Schweden und schneidet die Kurve ausgerechnet in der Finanzkrise (die Deutschland härter trifft). Seit dem liegt Deutschland mit 3,1% deutlich unter Schweden mit 7,4%.

  • Stefan Pietsch 10. November 2019, 18:04

    @Ralf

    Die Entwicklung der Arbeitslosenquoten ist also im langfristigen Trend sehr stark von Arbeitsmarktreformen getrieben, die über längere Zeiträume wirken. Und nicht über industrielle Entwicklungen.

  • Stefan Pietsch 10. November 2019, 18:05

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