Vermischtes 22.06.2019 – Bodo Ramelow verbietet AKKs SEK das Gemüseessen auf Youtube

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Sie werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten.

1) AKK vs. GG

Dass Kramp-Karrenbauer hier „autoritäres Denken offenbart“ (Kuzmany), ist inhaltlich nicht überraschend. Es war immer absehbar, dass die Debatte über Flucht und Migration und die damit verbundene Verschiebung des gesellschaftlichen Diskurses nach rechts (an dem Kramp-Karrenbauer kräftig mitgewirkt hat, siehe hier, hier und hier) nicht zuletzt dazu dient, den Boden zu schaffen für die Beschneidung der Freiheitsrechte im Innern, dass sich also die salonfähig gewordene Härte nach außen irgendwann auch gegen missliebige Eingeborene richten würde. Dass Kramp-Karrenbauer ihre orbanistischen Neigungen so ungeschickt zu Markte trägt, verwundert allerdings etwas. Falls, was theoretisch möglich wäre, Kramp-Karrenbauer einen Blackout hatte und sie sich beim Schlagwort-Bingo verplappert hat, hätte sie diesen Fehler natürlich zugeben können. Statt dessen schickte sie zwei Tweets ab, die alles noch schlimmer machten. In einem davon behauptete sie im ersten Satz, man unterstelle ihr Dinge, die sie nicht gesagt hat, um im zweiten Satz dann das zu sagen, was sie angeblich nicht gesagt hat. Das PR-Desaster komplettierte schließlich ein Bindestrich-Vergesser, der laut Twitter-Bio „digitalpolitischer Sprecher der CDU/CSU Bundestagsfraktion“ ist (klingt ein bisschen wie Transgender-Referent des Vatikans). Der behauptete, Kramp-Karrenbauer habe sich „für eine Regulierung ausgesprochen, die wir offline selbstverständlich haben“, obwohl „wir“ diese siehe oben, selbstverständlich nicht haben. (René Martens, Altpapier)

Die autoritären Instinkte der CDU traten im Zusammenhang mit dem Rezo-Video so deutlich zutage wie zuletzt zu den Zeiten, in denen Wolfgang Schäuble Innenminister war. Nur anstatt in eine aufgeregte Atmosphäre des „Anti-Terror-Kriegs“ hineinzustoßen, wie das bei Schäuble der Fall war, sind wir inzwischen halt eine Dekade weiter. Und die Zeiten sind ziemlich avers gegenüber obrigkeitsstaatlichen Ausflügen. Das Ironische daran ist, dass die CDU das eigentlich weiß – schließlich instrumentalisierte sie den Vorwurf in den letzten Jahren geschickt gegen die Grünen, indem sie sie in den Ruch stellte, mit der Macht des Staates von oben in die Freiheiten der Bürger dirigieren zu wollen. Warum AKK glaubte, dss ihre eigene Partei dagegen immun sei und die deutsche Öffentlichkeit diese kognitive Dissonanz einfach hinnehmen würde, ist mir unklar.

Es ist auch deswegen bezeichnend, weil es ein ziemlich verzweifeltes Um-sich-Schlagen ist. Die CDU befindet sich in einer ähnlichen Krise, wie die SPD dies zwischen 2005 und 2009 war, und sie weiß es. Mit dem realen Szenario konfrontiert, künftig bei Wahlen unter 30% abzuschneiden, kriecht bei vielen Funktionären die blanke Panik hoch. Verständlicherweise. Mich faszinieren die Parallelen zum Abstieg der SPD ungemein. Genauso wie bei der Sozialdemokratie war es gerade nicht der Altkanzler beziehungsweise die Altkanzlerin, unter die gewaltigen Verluste entstehen.

Sowohl Schröder 2005 als auch Merkel 2017 verloren zwar gegenüber ihrer jeweils vorhergehenden Wahl, aber beide stabilisierten ihre Parteien auf dem Stand nach der großen innerparteilichen Kontroverse – Agenda2010 hier, Flüchtlingspolitik dort – auf einem recht hohen Niveau. Es sind ihre jeweiligen Nachfolger (Müntefering/Steinmeier auf der einen Seite, AKKauf der anderen), unter denen eine rapide Auflösungserscheinung stattfindet. Die Gründe dafür werden noch zu untersuchen sein.

2) Die Rezipient*in, das Alien. Rezo, die CDU und die Geschichte der Medi­en­angst

Begründet ist die Angst vor den Rezipient*innen aber, weil die Medi­en­ge­schichte zeigt, dass die Rezep­tion von Medien selten einfach zu kontrol­lieren ist. Aktive Rezipient*innen beschränken die Macht der kultu­rellen Hege­monie durch Medien; das betrifft Politiker*innen, die sich in einem bestimmten medialen Umfeld bewegen, vernetzen und dazu beraten lassen genauso wie die eigent­li­chen Medienproduzent*innen. Medien sind eben keine „ideo­lo­gi­schen Staats­ap­pa­rate“, wie Louis Althusser 1977 sagte, nicht einmal da, wo sie komplett unter staat­li­cher Kontrolle stehen. Das Internet ist keines­wegs das erste Medium, das über (national-)staatliche Grenzen hinweg wirk­same (Gegen-)Öffentlichkeiten produ­ziert. Durch die Geschichte der Medien zieht sich die Frus­tra­tion der Politiker*innen und Produzent*innen, dass ihre Inter­views, Texte, Filme, Radio­fea­tures nicht „richtig“ gelesen, gesehen oder gehört werden. Wie es ein Bericht der briti­schen Kolo­ni­al­ver­wal­tung in Sambia einmal ausdrückte: „Listeners were depres­singly adept at missing the point.“ Diese Frus­tra­tion hat sich noch verstärkt, seit es die Demo­kra­ti­sie­rung der medialen Produk­ti­ons­mittel margi­na­li­sierten Gruppen ermög­licht, über die begrenzten Öffent­lich­keiten alter­na­tiver Medien hinaus breite gesell­schaft­liche Diskus­sionen anzu­stossen oder zu beein­flussen. […] Die These von aktiven Rezipient*innen speist sich nicht zufällig aus den anti­ras­sis­ti­schen Cultural Studies; eine zweite, ebenso wich­tige medi­en­theo­re­ti­sche Tradi­tion ist die femi­nis­ti­sche. Beide mussten gegen eine Medi­en­for­schung anschreiben, die in ihrer rechten wie linken Vari­ante massen­me­diale Kultur nur als Nieder­gang von einer idea­li­sierten bürger­li­chen Öffent­lich­keit zu – je nach poli­ti­scher Ausrich­tung – kultu­rellem Verfall oder massen­ma­ni­pu­lie­render „Kultur­in­dus­trie“ analy­sierte. Margi­na­li­sierte Rezipient*innen wurden in solchen Erzäh­lungen als Teil des Problems ausge­macht – so hiess es in der Weimarer Repu­blik, Frauen würden zerstreut neben ihrer Haus­ar­beit Radio hören statt, wie die Männer rich­ti­ger­weise, konzen­triert und reflektiv. Wie sich heraus­stellen sollte, waren Frauen viel­mehr Vorreiter einer Praxis des Hörens, die sich mit zuneh­mender Inte­gra­tion des Radio­ap­pa­rats in den Alltag durch­setzen sollte. Die femi­nis­ti­sche Medi­en­re­zep­ti­ons­for­schung fragte dementspre­chend nach der Bedeu­tung des Medi­en­kon­sums als in den lebens­welt­li­chen Alltag einge­bun­denes soziales Handeln. Wie die Cultural Studies greifen sie dabei auf die Ideo­lo­gie­theorie von Antonio Gramsci und die medi­en­theo­re­ti­schen Über­le­gungen Walter Benja­mins zurück, die die Ambi­va­lenz neuer massen­me­dialer Tech­no­lo­gien betonten – das stän­dige Schil­lern zwischen ihrem eman­zi­pa­to­ri­schen und auto­ri­tären Poten­tial. (Robert Heinze, Geschichte der Gegenwart)

Passend zu Fundstück 1 ist auch, dass angesichts der Herausforderung durch die Jugend auf die üblichen Muster zurückgefallen wird, das jeweils aktuelle Ding für wahnsinnig schädlich zu erklären. Es ist immer dasselbe. Ob Roman oder Radio, Fahrrad oder Comic, Fernsehen oder Computer, Rock’n’Roll oder Internet, irgendetwas ist immer, was die Jugend tut und die Alten nicht verstehen und bedrohlich finden. Die Herausforderung der alten Ordnung kommt immer durch die junge Generation, die Verteidigung der alten Ordnung notgedrungen durch die alte, und gegenseitiges Unverständnis prägt den Graben, der sich dazwischen auftut. Man kann daran arbeiten, ihn durch Verständnisversuche und Gesprächsangebote zu überbrücken, aber zuschütten lassen lässt er sich nicht. Eines aber zeigt uns die Geschichte aber auch: Der Widerstand der Alten, egal wie heftig, hält die neuen Entwicklungen nie auf.

3) Klimaprämie statt CO2-Steuer

Eine bescheidene Wohnung braucht – selbst ungedämmt – weniger Heizöl als das vollverglaste Penthaus des hochbezahlten Managerpaares. Die bescheidene Pendlerin fährt ganz sicher keinen spritfressenden SUV, sondern einen Kleinwagen oder Bus und Bahn – und das vermutlich schon ihr ganzes Leben lang. Sie macht weder Flugreisen rund um den Globus, noch Kreuzfahrten und wenn sie sich ihre Gemüsesuppe kocht, dann vermutlich nicht mit aus der Südsee eingeflogenen Kochbananen oder Wasserkastanien. Sie wird mit ihrem Lebensstil die klimagerechten Emissions-Grenzen wahrscheinlich nicht mal ausschöpfen. [….] 57 Mrd. Euro gibt der Staat jedes Jahr für klimaschädliche Subventionen aus. Das wären immerhin 700 Euro im Jahr pro Kopf. 60 Euro pro Monat. Eine prima Klimaprämie! Und man stelle sich vor, man würde die derzeit oft steuerbefreiten Klimaschädlinge wie Kerosin, Diesel, Benzin und Heizöl an den verursachten Klimawandel-Folgekosten realistisch beteiligen, was würde dann passieren? Ja genau: Die „ungedämmte Pendlerin“ hätte plötzlich deutlich mehr Geld in der Tasche. Allerdings wird sie sich dann trotzdem noch überlegen, ob sie ihr Geld für einen Flug nach Mallorca ausgibt, denn der wird dann nicht mehr für 19 Euro zu haben sein. Ohne kostenlose Provinz-Flughäfen und mit Klimaschaden bepreiste Treibstoffe sind solche Preise nicht mehr zu schaffen. Dafür würden endlich die Unternehmen auf die – technisch bereits entwickelten, aber derzeit eben noch teureren – erneuerbaren Energieträger umsteigen. Das Managerpaar dagegen müsste für sein rücksichtsloses Flug-, Fahr – und Heizverhalten in Zukunft deutlich mehr bezahlen. (Claudia Kemfert, Capital)

Ich habe ehrlich gesagt nicht die geringste Ahnung, welches der verschiedenen diskutierten Modelle – Klimaprämie, CO2-Steuer oder was auch immer – das beste ist. Ich bin froh darüber, dass es diese Diskussion überhaupt gibt. Wenn die Wirtschaftszeitungen zu Foren darüber werden, WAS man tun soll, anstatt OB man etwas tun soll, ist viel gewonnen.

Mit diesem Vorwort zum eigentlichen Artikel. Ich denke Kemfert hat in jedem Fall einen Punkt, der hier in der Diskussion auch schon aufkam: die Emissionen werden vor allem von den wohlhabenderen Schichten verursacht, weniger von der breiten Masse. Entsprechend sollte auch ein Abgabenmodell gestaltet sein. Ich bin aber immer etwas skeptisch bei Modellen wie dem der Klimaprämie, weil das „du zahlst erst mal mehr und kriegst am Ende eine Prämie“ immer schwer in die alltägliche Finanzplanung zu integrieren ist. Kemfert suggiert, dass das quasi die Idee ist, aber woher weiß die Niedriglöhnerin aus dem Artikel denn, wann sie wie viel Geld genau bekommen wird? Kann man damit planen? Ist das realistisch? Solche Systeme machen immer sehr viel Aufwand. Aber ansonsten gilt mein erster Absatz: klingt sinnvoll, Kommentatoren mit mehr Sachverstand bitte an die Tastaturen!

4) Kavanaugh defender Amy Chua’s daughter gets Supreme Court job with Kavanaugh

Three days after President Trump nominated Brett Kavanaugh as his pick for the Supreme Court, the Wall Street Journal published an op-ed by Amy Chua, a Yale Law professor better known as the author of the 2011 parenting memoir “Battle Hymn of the Tiger Mother,” who praised Kavanaugh as a mentor to young women. Chua, a member of the school’s clerkships committee, had placed eight women with Kavanaugh, including her daughter Sophia Chua-Rubenfeld, who had been accepted to serve with Kavanaugh, then a circuit court judge. Some critics called the op-ed self-serving, arguing that Chua was simply setting her daughter up for a Supreme Court clerkship once Kavanaugh was confirmed. (Dylan Stableford, Yahoo News)

Ich sage nicht, dass Chua-Rubenfeld nur wegen der Leistung ihrer Mutter den Job bekommen hat. Sicher ist sie auch eine kompetente Juristin. Nur ist die Geschichte wieder einmal ein Beispiel dafür, dass den conservatives Sitten und Anstand einfach egal sind. Wie bereits bei der Nominierung Kavanaughs gab es Alternativen, die mindestens genauso qualifiziert waren und die ohne den baggage des jeweiligen Kandidaten auskommen würden. Im Fall der Nominierung Kavanaughs war die Umstrittenheit ja gerade der Punkt. Er wurde nominiert, WEIL er einen problematischen Hintergrund hatte, nicht TROTZ. Im Fall Chua-Rubenfelds dürfte es mehr ein allgemeines Schulterzucken sein. In der Medienblase von FOX und Co wird es niemals ein Thema werden, und wenn die andere Seite sich ärgert, wird das eh nur noch als Bonus gesehen.

5) Steely Women in a World of Wobbly Men

Most British prime ministers since Margaret Thatcher have wanted to be Thatcher in one way or another. Tony Blair hoped to emulate not just the longevity of her tenure but also the impact she had on the country. Cameron would have liked to remake the Conservative Party in his own image, as she remade it in hers. Theresa May simply wanted to be as formidable as Thatcher had been, a steely woman in a world of wobbly men. Even Gordon Brown, with his ceaseless personal ambition, believed that politicians only get a few chances to make a lasting difference and he longed to take the opportunities on offer as effectively as she had. The fact that they all failed in these lofty goals shows how powerfully the Thatcher story has been mythologised. […] This pattern is now repeating itself among the farcically long list of would-be contenders for the Tory leadership. They all, in their different ways, want to be another Thatcher. And they are all desperate to demonstrate that they won’t be another May. […] The problem with this prospectus is that it is hard to imagine any politician being more resolute than May. Remember, she thought she was Thatcher too. She went at it with an iron determination not to be deflected from her course. And look where that got her. What are the levers they can pull which she couldn’t? Parliament has shown that it does not take kindly to being bullied on the question of Brexit, and the Speaker is barely on speaking terms with the executive. Talk of proroguing Parliament to force through a no deal Brexit before 31 October is surely for the birds. Ignoring the views of the judges is not a way to avoid being troubled by them; it’s what gets you into trouble with them. The Irish government is not going to budge any more than the Brexit negotiators in Brussels are. In any case, Westminster’s authority barely extends to the devolved parts of the UK these days, let alone any further afield. Trying to browbeat the civil service doesn’t make sense unless the goal is to get nothing done at all. (David Runciman, London Review of Books)

Ich las jüngst das herausragende Buch „Der Mythos des starken Führers“ (Original), das genau diese Thematik aufgreift. Kaum eine Vorstellung hält sich so widerspenstig wie die Idee, dass „starke“ Regierungschefs die besten Regierungschefs seien, wobei Stärke dann gerne mit markigen Gesten gleichgesetzt wird. In Großbritannien will jeder immer Thatcher sein, wie der Artikel oben schön herausarbeitet, ohne dass irgendjemand groß darüber nachdenkt, was Thatcher eigentlich genau getan hat und wie. Auch in den USA ist diese Vorstellung weit verbreitet; Trump lebt ja praktisch von nichts anderem als von der Machismo-Idee der „Stärke“. Von Russland, Venezuela, der Türkei oder anderen von Autokraten regierten Staaten brauchen wir überhaupt nicht erst anzufangen.

Wie aber sowohl der obige Artikel als auch das empfohlene Buch gut herausarbeiten, sind es gerade solche Regierungschefs, die nicht versuchen diesem Klischeebild des „starken Führers“ zu folgen, die Ergebnisse bringen, ganz besonders in Demokratien. Dort, wo die jeweiligen Ressortchefs von kompetenten Leuten besetzt sind, die einen gewissen Freiraum haben, und wo eine kollegiale Atmosphäre herrscht, dort passieren auch ernsthafte Reformen. Scheinbar starke Führer, die dafür sorgen müssen, dass um sie herum nur Idioten am Werk sind, gehören sicherlich nicht dazu.

Uns wäre allen geholfen, wenn wir uns von diesem Idealbild verabschieden und stattdessen ernsthafte Regierungsarbeit mehr gouttieren würden. Das Grundgesetz hat den Kanzler nicht ohne Grund zum Ersten unter Gleichen gemacht, und die amerikanische Präsidentschaft ist nicht grundlos durch die Gewaltenteilung vom Kongress abgeschottet. Natürlich ist das Amt des Regierungschefs immer eines mit großer Machtfülle und Verantwortung. Aber wir haben genügend Beispiele dafür, wo dieses Modell an die Wand lief. Man denke nur an die ganzen Möchtegern-Alphamännchen, deren politische Kadaver Angela Merkels politischen Karriereweg säumen, oder Gerhard Schröders Erben, die alle glaubten mit einem markigen Gesichtsausdruck und „Basta“ sei Politik gemacht und auf die Art die SPD ins politische Grab navigierten.

6) Machtverlust – warum weiße Männer überall Empörung wittern

Was in der sogenannten Debattenkultur wirklich falsch läuft? Dass Kritik zunehmend mit Empörung verwechselt wird. Blättert man durch die von weißen Männern dominierten Feuilletons großer deutschsprachiger Zeitungen oder scrollt durch die Tweets ebenso reichweitenstarker Meinungsmacher, dann ist Empörung das Wort der Stunde. Sie ist das Phänomen, das die tiefenentspannten Autoren, die sich eigentlich ganz anderen Themen widmen wollen, nachts wach liegen lässt. Denn die Empörung ist überall: Feuilletonisten entdecken sie hinter jedem kritischen Wort, hinter jedem Widerspruch, hinter jeder Position, die von der ihren abweicht und von mehr als drei weiteren Personen im Netz geteilt wird. Feminist*innen sprechen sich gegen den Auftritt eines misogynen Starphilosophen aus? Empörung! Eine Hamburger Kita bittet Eltern, ihre Kinder im Fasching nicht mehr als „Indianer*innen“ zu verkleiden? Empörung! Es wird sich über die Menge nahezu identischer Essays weißer Männer über Empörung lustig gemacht? Empörung! […] Kommentare mit Titeln wie „Entpört euch!“ bilden mittlerweile ein eigenes Genre. Die Autoren erheben sich über den vermeintlichen Mob, dem es nicht um Diskurs, Korrektur oder Aufklärung gehen kann, sondern dessen einziges Anliegen es sein muss, den nächsten ehrenwerten weißen Mann an den allseits gefürchteten Social-Media-Pranger zu stellen und ihn mit einem gänzlich unverdienten Stakkato an überzogener Kritik zu attackieren. „Gewalttätig“ nennen manche Kollegen diese Kritik. Vielleicht fühlt sich das wirklich so an, wenn man das erste Mal im Leben hinterfragt wird. Ja, es könnte weh tun, sich mit der Kritik in der Tiefe auseinanderzusetzen, statt sie als Empörung abzutun. Denn am Ende dieser Beschäftigung könnte stehen, dass die eigene Position  nicht die reflektierteste ist. […] Jenen, die jetzt online und offline den Diskurs mit eigenen Analysen und Argumenten mitbestimmen wollen, den bislang weiße Männer nahezu allein dirigierten, wird also häufig unterstellt, sie wollten den Diskurs zerstören. Eine ernsthafte Beschäftigung mit ihren Thesen findet selten statt. Denn da ihre Positionen meist links, feministisch, herrschafts- und systemkritisch sind, bedeutet dies, dass dabei notwendigerweise auch jene angesprochen und in die Pflicht genommen werden, die in einer kapitalistischen und patriarchalen Gesellschaft über die meiste Macht verfügen. Weiße Männer stehen als Gruppe deshalb häufig im Zentrum einer solchen Kritik. Das finden diese – wenig überraschend – gar nicht gut. Ihre Reaktionen klingen stets so aufgebracht, als sei eben nicht eine Gruppe, sondern sie ganz persönlich und zu Unrecht kritisiert worden. (Nicole Schöndorfer, Edition F)

Der (noch wesentlich längere und in seiner Gänze empfehlenswerte) Artikel spricht ein relevantes Thema an: Die permanente Delegitimierung des Protests und der Themen von Frauen und Minderheiten. Es ist ein altbekanntes Muster, dass die Kritik, die einen selbst betrifft, gerne als unzutreffend charakterisiert wird. Da erklären dann wohlstandssaturierte Manager, dass es keine sozialen Probleme in Deutschland gibt, verknöcherte Patriarchen befinden dass die Frauenemanzipation jetzt ja wohl mal abgeschlossen sein müsse und so weiter.

Das heißt nicht, dass Leute, die nicht betroffen sind, kein Mitspracherecht haben. Selbstverständlich können sich Millionäre zu Hartz-IV äußern, Männer zum Feminismus, Erwachsene zu Kinderthemen, Lehrer zum Klimawandel und was der Themensprünge nicht mehr sind. Aber was ein Problem ist ist eben die Delegitimierung der Themen durch die „herrschende Klasse“ (aus Mangel an besseren Begrifflichkeiten, hat jemand eine Idee wie man da den Marx’schen Duktus umgehen kann?).

Umgekehrt gilt natürlich auch, dass Betroffenheit alleine nicht zum Experten macht (auch so eine fixe Idee, die wie der Mythos des starken Führers nicht aus den Köpfen geht). Aber natürlich sind diese Diskussionen immer deswegen so toxisch, weil Identitäten und Lebensrealitäten direkt betroffen sind. Jeder ist der Held seiner eigenen Geschichte, und wer hört schon gerne, dass er privilegiert, möglicherweise sogar eine unterdrückerische Rolle einnehmend ist? Das zu überwinden ist schwierig.

7) Ignoriert den Osten!

Wissen Sie, wie viele Leute in Brandenburg wohnen? In Sachsen? In Thüringen? Es sind zusammen etwa 8,6 Millionen. Das sind etwa 10 Prozent der Bevölkerung. Diese Zahl wird hier in Erinnerung gerufen, weil in diesen drei Bundesländern im Herbst Wahlen anstehen. Aus den aktuellen Wahlumfragen geht hervor, dass die AfD in allen drei Ländern stärkste Kraft werden könnte. Die Rechten freuen sich schon auf einen „blauen Herbst“ und alle anderen Parteien bereiten sich, soweit es ihnen möglich ist, auf die Rückwirkungen auf die Bundespolitik vor. Der Wahlschock aus dem Osten, so lautet die These, die derzeit überall in Berlin zu hören ist, wird die politische Agenda noch einmal durcheinanderwirbeln. Das Klimathema wird dann wieder an Bedeutung verlieren, zugunsten von Migrationsthemen. Das wirft eine Frage auf: Inwieweit soll sich die Republik eigentlich vom Osten – genauer gesagt: von den Regionen im Osten, in denen die AfD stark ist – die Themen aufzwingen lassen? […] Diese Frage stellt sich nicht nur in Deutschland. In fast allen Industrieländern hat sich in den abgehängten Regionen ein Protestpotenzial herausgebildet, dass zum politisch handelnden Subjekt wird. Donald Trump wäre nicht Präsident, wenn er nicht die Staaten des Mittleren Westens für sich gewonnen hätte. Der Brexit hätte nicht stattgefunden, wenn der Norden Englands nicht dafür gestimmt hätte. Der Wirtschaftsgeograf Andrés Rodríguez-Pose von der London School of Economics hat das revenge of places that don’t matter genannt. Die Rache der Orte also, die ökonomisch betrachtet eigentlich keine Rolle spielen. Es ist natürlich ein Versagen der Politik, dass es solche Orte überhaupt gibt. Nach Daten des Ifo-Instituts leben in den östlichen Bundesländern so wenig Menschen wie seit 1905 nicht mehr, im heutigen Westdeutschland hingegen hat sich die Bevölkerung mehr als verdoppelt. Wäre die Einwohnerzahl in Ostdeutschland genauso gewachsen wie in Westdeutschland, würden im Osten heute rund doppelt so viele Einwohner leben. Dresden und Leipzig wären jeweils Millionenstädte. (Mark Schieritz, SpiegelOnline)

Ich bin unsicher ob ich so weit gehen würde die Schieritz und seine journalistische Zuspitzung unterstützen, den Osten quasi abzuschreiben. Aber ein bisschen Perspektive wäre gut. Tatsächlich hat er völlig Recht damit, dass hier eine Minderheit die Agenda zu bestimmten versucht. Und während es das absolute Recht der Ostdeutschen ist, auf die desolate Lage aufmerksam zu machen und etwa Struktur- und Regionalförderung zu verlangen (die auch sinnvolle policy wäre), brauchen sie nicht damit zu kommen, dass die Wahl der AfD aus rassistischem, nostalgisch-verklärtem Reaktionismus in irgendeiner Art und Weise einen Dialog nötig machte. Sein Kreuz bei Rechtsextremen zu machen um seine generelle Unzufriedenheit auszudrücken ist kein Gesprächsangebot, es ist eine Trotzreaktion. „Mir egal, wenn alles zugrunde geht, hauptsache du gehst auch zugrunde.“ Das ist eine toxische Mentalität, die man wahrlich nicht zu unterstützen braucht.

8) „Die Zeit der Ausgrenzung ist vorbei“ (Interview mit Bodo Ramelow und Daniel Günther)

SPIEGEL ONLINE: Rote Socken, SED-Nachfolger, Extremisten – das war über Jahre der CDU-Sound, wenn die Rede auf die Linkspartei kam.

Günther: Die Zeit der Ausgrenzung ist vorbei. Klar wünsche ich mir, dass Mike Mohring als Sieger bei der Landtagswahl in Thüringen durchs Ziel geht. Und klar ist auch, dass Bodo Ramelow in vielen Fällen völlig entgegengesetzte politische Ansichten vertritt. Aber ich akzeptiere diese Unterschiede, und wir beide geben uns persönlich nicht noch einen mit. Das zeichnet ihn aus.

Ramelow: Der Bundesrat ist in seiner Zusammensetzung so bunt wie nie, trotzdem kommen wir zu gemeinsamen Ergebnissen. Für mich ist das ein positives politisches Zeichen. Wir beweisen auf Dauer, dass wir willens und in der Lage sind, Kompromisse zu schließen.

Günther: Wir brauchen kompromissfähige Politiker. Wenn es Mehrheiten künftig vornehmlich über Dreierbündnisse gibt, wie etwa wir beide sie anführen – Jamaika bei uns, Rot-Rot-Grün in Thüringen – oder über andere, immer neue Konstellationen, dann kann die Erwartungshaltung doch nicht mehr sein, dass Wahlprogramme einer Partei eins zu eins umgesetzt werden.

SPIEGEL ONLINE: Wann gibt es die erste Koalition von CDU und Linken auf Landesebene?

Günther: Es gibt keine politischen Schnittmengen zwischen CDU und Linken. Daher halte ich nichts von solchen Gedankenspielen.

Ramelow: Ich habe keinen Grund, darüber zu spekulieren. Bei Sachthemen rede ich natürlich mit Christdemokraten. Aber ich strebe keine Koalition mit der CDU an. (Sebastian Fischer/Kevin Hagen/Christian Teevs, SpiegelOnline)

Szenen wie die obige machen einem Hoffnung, finde ich. Natürlich werden CDU und LINKE nicht miteinander koalieren. Aber für eine Koalition der Anständigen reicht es allemal. Es ist beruhigend zu sehen, dass das deutsche politische System noch immer funktional ist, was die überparteiliche Zusammenarbeit hinter den Kulissen angeht. Anders als in den USA, Frankreich oder Großbritannien gibt es bei uns nicht einen riesigen politischen Block, der effektiv die demokratisch-parlamentarische Arbeit aufgegeben hat. Zumindest noch nicht.

9) Nach SEK-Festnahmen: Caffier informiert Innenausschuss

Drei der jetzt beschuldigten Polizeibeamten sollen sich über mehrere Jahre – mindestens seit April 2012 – Munition aus Beständen des LKA beschafft haben und an den vierten Festgenommenen weitergegeben haben. Der soll Kontakt zur Prepper-Szene haben. Alle vier sollen gegen das Kriegswaffen-Kontrollgesetz verstoßen haben. Außerdem wird ihnen ein Verstoß gegen das Waffengesetz und Betrug vorgeworfen. Der Begriff „Prepper“ ist vom englischen „to be prepared“ („vorbereitet sein“) hergeleitet. Gewöhnliche „Prepper“ sind Menschen, die sich gegen Katastrophen und Krisen aller Art schützen wollen – von Unwettern über den Zusammenbruch der staatlichen Ordnung bis hin zum Untergang der Zivilisation („Doomer“). Dazu horten sie Nahrungsmittel, Versorgungsgüter und manchmal auch Waffen. Unter den „Preppern“ gibt es echte Vorsorge-Profis, aber auch Verschwörungstheoretiker aller Art. Die Bewegung kommt aus den USA und wächst angesichts von Klimawandel, Kriegsangst und Terrorbedrohung auch in Deutschland. (Stefan Ludmann, NDR1)

Endlich mal wieder einer von diesen Einzelfällen, die keinesfalls auf ein Muster von Rechtsextremen in den Sicherheitsbehörden verweisen.

10) Prozess um Tod eines Vierjährigen endet mit Geldstrafe

Der Student wollte nicht länger im Stau warten und als „Abkürzung“ die Busspur nehmen: Als der 23-jährige Autofahrer vorschriftswidrig rechts an den wartenden Fahrzeugen vorbeizog, lief plötzlich von einer Mittelinsel aus ein Kind von links auf die Fahrbahn. „Ich versuchte noch auszuweichen, aber ich habe den Jungen mit meinem Seitenspiegel getroffen“, sagte der Student am Mittwoch unter Tränen vor dem Amtsgericht Tiergarten. Er erfasste das vier Jahre alte Kind tödlich. […] Der 23-Jährige befuhr nicht nur vorschriftswidrig die Busspur. Er war laut einem Gutachten auch erheblich zu schnell unterwegs. Es seien bis zu 74 Stundenkilometer gewesen. Bei einem angemessenen Tempo von 30 km/h wäre der Zusammenprall mit dem Jungen vermeidbar gewesen, hieß es. Der Student wurde der fahrlässigen Tötung schuldig gesprochen. Eine Strafe von 200 Euro (40 Tagessätze zu je fünf Euro) erging, zudem ein Fahrverbot von einem Monat. Der Angeklagte habe sich falsch verhalten. Es sei aber auch von einem Fehlverhalten der Mutter auszugehen. Der Staatsanwalt hatte eine Strafe von 350 Euro (70 Tagessätze) gefordert. (Kerstin Gehrcke, Tagesspiegel)

Ich hatte letzthin einmal davon geschrieben, dass das deutsche Recht Autofahrer bevorzugt behandelt, und dafür einigen Widerspruch bekommen. Was ich damit gemeint habe sind genau solche Beispiele wie oben. Natürlich werden Autofahrer nicht in dem Sinne bevorzugt, dass die Justiz bei Gesetzesverstößen mal Fünfe gerade sein lässt. Aber die lächerlich niedrigen Strafen, die Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung in Deutschland haben, gerade im internationalen Vergleich, sind real.

Das betrifft viele Bereiche. Nehmen wir mal alleine Tempolimits. Wo sie existieren, ist ihr Bruch ein Kavalliersdelikt. Nicht nur sind Strafzahlungen nach einem festen Katalog statt nach dem Einkommen – und so für den rasenden CEO im Porsche nicht einmal eine Erwähnung wert -, sie erlauben auch hohe Verstöße praktisch straffrei. Die Toleranz der Blitzer ist hoch, und bis 21km/h zu viel sind die Folgen üblicherweise völlig vernachlässigbar.

Auch andere Vergehen wie etwa Drängeln und Bedrängen haben praktisch keine Konsequenzen, genauso das Befahren von Standstreifen und vieles mehr. Das deutsche Recht ist ungeheur tolerant und nachlässig gegenüber Autofahrern, wie es das in vielen anderen Bereichen nicht ist. Ich will hier gar nicht in den Chor des Social-Media-Prangers einstimmen und für den obigen Fall ein „ab in die Zelle und den Schlüssel weg“ fordern, wie es diverse Leute tun. Aber die Gestaltung des Rechts ist gleichzeitig Normensetzung, und man sollte sich als Gesellschaft schon fragen, welche Botschaft man schicken will.

11) Bitte, bitte mehr Verbote!

Egal ob Veggie Day, Amazon-Retourenvernichtungsverbot, das Kastrieren unbetäubter Tiere, CO2-Steuer oder was auch immer; es schreien die politischen Kommentatoren auf: „Verbot, Verbot!“ Man müsste entgegnen: Ja klar, Verbote. Was denn sonst? Es braucht nicht weniger Regulierung, sondern mehr. Bitte, bitte noch mehr Verbote! Und bei Grenzübertritt fette Strafzahlungen. Geld ist die einzige Sprache, die Konzerne verstehen. Wenn man Herstellern nicht verbietet, ihren chemischen Schrottzucker in süchtig machende Lebensmittel zu kippen, wird sich nichts ändern. Jedes Jahr erkrankt hierzulande eine halbe Million Menschen an Diabetes Typ 2. Insgesamt sind es rund sieben Millionen Deutsche. Das kommt nicht durch Sellerieknabbern zustande – und es lässt sich nicht durch wohlmeinende „Esst mehr Sellerie“-Kampagnen irgendwelcher Bundesministerien in den Griff kriegen, solange eine ganze Werbeindustrie suggeriert, dass Milchschnitte, Knoppers und andere Kunstprodukte Lebensmittel seien, bloß weil man sie in den Mund stecken und herunterschlucken kann. Freiheit nennen es jene Politiker, denen das Wohl der Agrarindustrie – nur ein Beispiel – näher ist als das Wohl der Wähler. Wie lächerlich. Was ist denn der Staat? Wann genau fing das eigentlich an, dass das Verbieten tabuisiert wurde? Kann es sein, dass die am Diskurs beteiligten gar nicht merken, dass der Staat auf dem Fundament von Verboten steht? Man kann die Grundrechte nämlich auch so lesen: Was alles nicht erlaubt ist. (Mely Kiyak, Zeit)

Keiner der ständigen Verbotskritiker, die den Grünen das früher so erfolgreiche Label der Verbotspartei anhefteten, hat ein Problem mit Verboten. Sie hatten nur ein Problem mit Verboten, die Dinge betreffen, die ihnen wichtig waren. Kiyak hat aber völlig Recht damit zu sagen, dass die Begrenzung das konstituierende Merkmal des Staates ist. Und man muss sich auch klar machen, dass etwa die Grünen ja nicht nur monothematisch Dinge verbieten wollen, das ist eine konservative Karikatur. Sie stehen ja auf der anderen Seite auch für das Erlauben von Dingen und das Öffnen von bisher existierenden Grenzen.

 

{ 96 comments… add one }
  • CitizenK 22. Juni 2019, 07:53

    Zu 10: Das Verhalten der Justiz spiegelt allerdings auch die Einstellung einer Vielheit. Wer geblitzt wurde, erzählt das grinsend auf der Party – und die meisten lachen mit. Während beim Alkohol ein langsames Umdenken einsetzt, sind „Geschwindigkeitsübertretungen“ immer noch gesellschaftsfähig.

    Wenn die Grünen wie erwartet in der nächsten Bundesregierung sitzen, wird sich zeigen, ob sie es ernst meinen oder wie Kretschmann in BW die grünlackierte CDU geben.

    • Stefan Sasse 22. Juni 2019, 08:08

      Letzteres ist eine reale Befürchtung.

      Guter Punkt übrigens mit dem Alkohol; der hat in den letzten 20 Jahren einen rapiden gesellschaftlichen Werteverfall erlebt.

  • Stefan Pietsch 22. Juni 2019, 09:36

    1) AKK vs. GG

    Die autoritären Instinkte der CDU

    Während die SPD in all ihren Regierungszeiten ein vergleichsweise chaotischer Haufen war (die Agenda 2010 hätte Schröder ohne die sehr kräftige Unterstützung der Union niemals durchbekommen) und jedes Jahr einen wanken ließ, ob die Regierung überlebt, sind Konservative wohltuend stabil. Wie überall im Leben – dahin kommst Du noch – ist immer auch ein gewisses Maß an autoritären Verhalten und Handeln notwendig.

    3) Klimaprämie statt CO2-Steuer

    Wenn die Wirtschaftszeitungen zu Foren darüber werden, WAS man tun soll, anstatt OB man etwas tun soll, ist viel gewonnen.

    Das haben sie meist getan, nur hast Du davon nichts mitbekommen. Wirtschaftszeitungen sind und waren nie Presseorgane der Unternehmen. Und nur wo Veränderung ist, lässt sich auch Geld verdienen, steigen die Margen. Wissen Ökonomen, wissen nicht die Sozialisten aller Art.

    die Emissionen werden vor allem von den wohlhabenderen Schichten verursacht, weniger von der breiten Masse. Entsprechend sollte auch ein Abgabenmodell gestaltet sein.

    Wenn das so ist, würde sie ja die Tonnen-Besteuerung entsprechend treffen. Was willst Du also beim Abgabenmodell „gestalten“? Da bist Du schon wieder bei der Subventions- und Klientelpolitik, die dem Klima so gar nicht hilft.

    Ansonsten gilt wie bei der neuen Vorbildnation Schweiz: erst wird kassiert, dann erstattet. Erstaunlich, dass ausgerechnet Du als Linker die Vertragstreue des Staates in Zweifel ziehst… 😉

    6) Machtverlust – warum weiße Männer überall Empörung wittern

    Gerade die letzten Proteste der angesprochenen „Minderheiten“ (Frauen als Minderheit!!!) waren nur lächerlich zu nennen. Der Kolumnist Thomas Fischer war mir leider zuvorgekommen: Reduzierter Steuersatz für Menstruationsprodukte und gleiche „Bezahlung“ von Amateurfußballerinnen mit professionellen Zirkusakteuren, alberner geht’s wahrscheinlich nur für Feministinnen immer.
    https://www.spiegel.de/panorama/justiz/feminismus-skandale-am-rande-des-nervenzusammenbruchs-kolumne-a-1273150.html

    8) „Die Zeit der Ausgrenzung ist vorbei“ (Interview mit Bodo Ramelow und Daniel Günther)

    Ein politisch ziemlich dämliches Interview von einem herausragenden Wichtigtuer in der CDU. Ausgerechnet in Wahlkampfzeiten sich darum bemühen, parteipolitische Unterschiede einebnen zu wollen, hat entweder etwas von parteiischer Boshaftigkeit oder Naivität. Bei Daniel Günther wahrscheinlich von beidem etwas.

    10) Prozess um Tod eines Vierjährigen endet mit Geldstrafe

    Bemerkenswert, dass Du für Strafverschärfungen eintrittst. Tatsächlich ist das deutsche Strafrecht ziemlich maßvoll gegenüber jedem Delinquenten. Das gilt für Mörder, Betrüger, Sexstraftäter, Kleinkriminelle, Drogenhändler, Asylbetrüger und auch Verkehrsteilnehmer. Verächter des Rechtsfahrverbots werden ebenso wenig zur Rechenschaft gezogen, wie Unglücksspanner oder Autofahrer, die weit unter der vorgegebenen Höchstgeschwindigkeit bleiben.

    Wenn Du öfter auf deutschen Straßen unterwegs wärst, würdest Du möglicherweise feststellen, dass in Zeiten von hohen Spritpreisen und überfüllten Straßen Raser häufig nicht das zentrale Problem darstellen.

    Und was den Unterschied macht zwischen 120 km/h und 141 km/h, wissen selbst nur wenige Verkehrsexperten zu erklären. Es ist allerdings bemerkenswert, dass in geschwindigkeitsbeschränkten Zonen die Polizei selten in 60 km/h-Zonen misst – zu viele Autofahrer und selbst die ach so Anständigen liefen Gefahr, ihren Führerschein zu verlieren. In den 80er und 100er-Zonen ist die Ausbeute finanziell kräftig, bei über 120km/h wird es für die Behörden schon wieder eher uninteressant. Und so sind die Blitzer aufgestellt.

    • Stefan Pietsch 22. Juni 2019, 09:38

      Rechtsfahrgebot natürlich.

    • Cimourdain 23. Juni 2019, 05:56

      1) Solange es die eigenen Leute sind, die dieses autoritäre Verhalten ausüben. Zu Details siehe Fundstück 11).
      3) Randbemerkung: Wirtschaftszeitungen sind selbstverständlich Prsseorganen vn Unternehmen (Verlagen), die auch noch zum großen Teil von anderen Unternehmen dafür bezahlt werden, dass sie Propaganda (Werbung) in deren Sinne machen.
      10)Kein Verkehrsexperte, aber der Unterschied zwischen 120 km/h und 141 km/h sind 38 % mehr Bremsweg. Unangepasste Geschwindigkeit ist die häufigste Ursache für Verkehrsunfälle mit Todesfolge.

      • Stefan Pietsch 23. Juni 2019, 06:56

        1) So denkt halt ein Linker. Ohne Autorität lässt sich keine Organisation, keine Menschen führen. Nie war die SPD besser sortiert als unter dem mit harter Hand regierenden Parteivorsitzenden Lafontaine.

        2) Die WiWo (WirtschaftsWoche) wurde einstmals als volkswirtschaftliche Zeitung gegründet.

        10) Eher nicht.
        https://www.sueddeutsche.de/wissen/smartphones-und-ablenkung-das-sind-die-groessten-gefahren-im-autoverkehr-1.2875941
        https://www.bussgeldkatalog-mpu.de/bussgeld/sicherheit-im-strassenverkehr/10-haeufigsten-unfallursachen.php

        • CitizenK 23. Juni 2019, 12:01

          Das Gefahrenpotential dieser Faktoren steigt exponentiell mit der Geschwindigkeit. Das ist eigentlich unmittelbar einsichtig.

          • Stefan Pietsch 23. Juni 2019, 12:28

            Wenn das so einsichtig ist, warum wenden Sie es nicht an?

            In einem Rechtsstaat wird jedes Vergehen gesondert und einzeln behandelt. Die 30, 50, 120 € zahlt ein Delinquent allein für das Übertreten der Geschwindigkeitsbegrenzung. Nicht für irgendeine Gefährdung, nicht wegen des Nichteinhaltens des Sicherheitsabstandes. Deswegen ist die Strafe ja auch nicht nach der Geschwindigkeit selbst, sondern nach der Höhe der Übertretung gestaffelt. Ob Sie statt 100 km/h 121 km/h oder statt 130 km /h 151 km/h fahren, macht keinen Unterschied, obwohl nun ja mehrfach darauf hingewiesen wurde, dass die Gefahr mit der Geschwindigkeit exponentiell steigt.

            Fürs Schwarzfahren bekommen Sie auch alleine 60€. Zeigen Sie dazu noch eine gefälschte Karte, kommen noch Betrug und Urkundenfälschung auf die Rechnung. Auch der Schwarzfahrer kann nicht sagen, mit den 60€ sei alles abgegolten.

            Eigentlich alles sehr einsichtig.

            Übrigens: in der Schweiz müssen Sie fürs Schwarzfahren zwischen 90 und 130 Franken löhnen, nebst Aufwandsentschädigung. Das geht richtig ins Geld. Wenn ich Sie richtig verstehe, möchten Sie ja nun den Bußgeldkatalog der Eidgenossen gerne auf Deutschland übertragen. Na denn! Ich verstehe nur nicht, warum so viele Linke dafür kämpfen, Schwarzfahren völlig zu „entkriminalisieren“. Die Helvetier machen’s doch gut.

            • CitizenK 23. Juni 2019, 14:03

              Versuchen Sie doch mal, beim Thema zu bleiben. Am Anfang wenigstens bei jedem 2. Beitrag?

              • Stefan Pietsch 23. Juni 2019, 14:09

                Da Sie offensichtlich schon am Anfang den Faden verloren haben: Stefan kritisierte, dass das Auto im Ordnungs- und Strafrecht noch privilegiert behandelt würde. Meinen Einwand, das habe generell mit dem niedrigen Strafenkatalog in Deutschland zu tun, konterten Sie mit einer Debatte, wie schädlich schnelles Fahren sei. Während ich immer wieder auf das eigentliche Statement zurückkomme verlieren Sie sich in einer Debatte, die einfach nur populistisch ist – sachfremd, realitätsfremd. Bleiben Sie also bitte beim Thema, das da lautet: bestraft Deutschland nur im Straßenverkehr nachlässig oder ist das nur Symptom des gesamten Ordnungs- und Strafrechts?

                • CitizenK 23. Juni 2019, 14:30

                  Auf meine Argumente sind Sie nicht eingegangen, stattdessen kommen Sie mit Schwarzfahrern, ein völlig anderes Thema. Schwarzfahren stellt keine Gefahr für Gesundheit oder Leben von Menschen dar, das Zu-Schnell-Fahren dagegen schon. Mir geht es nicht um Bußgeldkataloge, sondern um Problembewusstsein. Sie spielen die Gefährdung durch schnelles Fahren herunter. Weil Sie selbst gern zu schnell fahren?

                  Immer wieder tauchen in Unfallberichten auf „völlig freien Straßen“ Fußgänger, Radfahrer oder Autos aus Seitenstraßen auf. Die sind dann tot, wenn einer mit 180 über eine solche Straße brettert.

                  So wie heute noch bei Tempo-Überschreitung hat man früher feixend erzählt, wenn man „blasen“ musste, und alle lachten mit. Das hat sich geändert, glücklicherweise. Beim Rasen steht dieser Bewusstseinwandel noch bevor.

                  • Stefan Pietsch 23. Juni 2019, 15:06

                    Nochmal: Sie haben auf meinen Kommentar geantwortet und beschweren sich dann, dass ich nicht auf Ihre Argumente eingehen würde, die wenig in Bezug zu meinem Ansatz stehen. Etwas strange.

                    Niemand bezweifelt, dass Autofahren im Allgemeinen und schnell fahren im Besonderen gefährlich ist. Aber: wenn wir jedes Risiko ausschließen wollen, dann darf man nunmal nicht schneller als 8 km/h fahren. Alles andere ist gefährlich.

                    Mir geht es nicht um Bußgeldkataloge, sondern um Problembewusstsein.

                    Hallo? Manchen Sie einen Zeitungsaufruf. Dieser Debattenansatz klingt wie 70er Jahre. Und natürlich links. Vorbild, Vorangehen, Symbol. Die typischen Instrumente aus dem linken Baukasten gegen jeden Freiheitsgedanken. Nämlich die Freiheit des anderen, auch das tun zu dürfen, was einem selber nicht gefällt und den eigenen Werten widerspricht.

                    Einfach mal wieder Autofahren, rate ich da. Die Fahrer, die schneller als mit der Richtgeschwindigkeit unterwegs sind, sind meist in der Minderheit.

                    Und zum Schluss fehlt mir jede Abgrenzung, schön alles durcheinander. Die Schweiz, Schwerstkriminelle, die Autorennen veranstalten, solchen, die etwas schneller als erlaubt fahren und solchen, die auf freier Strecke ohne Tempolimit mal Gas geben. Ein bisschen sortiert darf’s schon sein, erst recht wenn der Vorwurf ergeht, beim Thema bleiben zu sollen.

                    • CitizenK 24. Juni 2019, 10:04

                      „Links…70er…gegen jeden Freiheitsgedanken…“

                      Das mag ja für mich zutreffen, okay. Aber welche Motive vermuten Sie hinter den Tempolimits in den USA? Dort greifen Ihre Linken-Ressentiments ja nun nicht.

                    • Stefan Pietsch 24. Juni 2019, 11:08

                      Passt!

                      Ich weiß nicht, ob Sie je in den USA waren. Das Tempolimit gibt es dort, seit es Autos gibt. Oder kurz danach. Geschwindigkeitsbegrenzungen gehören für die Amerikaner zu den wenigen Verkehrsregeln, in einem Land, wo schon 16jährige immer den Führerschein machen konnten und zur Fahrerlaubnis nur das unfallfreie Überqueren einer Kreuzung gehören. Die Amerikaner verschärfen nicht wie wild das Tempolimit, es gilt eben seit Anbeginn der Zeit. Ansonsten ist im Straßenverkehr ziemlich viel erlaubt. Andere Länder, andere Sitten.

                      So streng ist es übrigens auch nicht. Wer sich strikt an die Begrenzungen hält, wird meist zum Verkehrshindernis. Der Verkehr fließt so 10 Meilen schneller, egal ob in der Stadt (da vielleicht 5 Meilen) oder auf den Highways . Als ich das erste Mal dort einen Mietwagen fuhr und von Newark nach New York rübermachte, überholte mich fast jeder.

                      Trotz der vielen Fahrten wurde ich ein einziges Mal wegen zu schnellen Fahrens, nämlich auf einer ziemlich geraden und freien Landstraße, gestoppt. Parktickets erhielt ich viel mehr. Jedenfalls, der freundliche Beamte behauptete, ich sei 12 Meilen zu schnell gewesen. Das würde $50 kosten, bar zu entrichten. Ich behauptete, das Geld nicht zu haben. Okay, dann müsse ich zum nächsten Wachstelle. Wieviel ich denn hätte. Meine Behauptung: so $20.

                      Es war weiter amüsant: Ich kramte vorne im Auto nach dem Geld, während der Beamte ein paar Meter entfernt stand. Er fragte noch, ob meine Frau nicht noch Geld habe. Nein, meine Frau hat kein Geld! Während dessen schob ich das Portemonnaie unter den Sitz. Am Ende waren alle zufrieden: der Beamte, weil der einem Temposünder $20 abgenommen hatte und der Temposünder, weil er billig davongekommen war.

                      Im Prinzip bestrafen die USA Falschparken härter als zu schnell fahren. Aber wenn ich Sie richtig verstanden habe, war das nicht so Ihr Ansatz. Es zeigt, dass Ihre Methode fehl geht, leider probieren Sie es immer wieder: man kann aus einem System nicht ein Steinchen herausbrechen und sagen: das hätte ich gerne. Sie müssen schon die tragenden Elemente, mindestens, nehmen.

                      Deutschland hatte halt nie ein allgemeines Tempolimit, dafür regeln wir wie verrückt. Was manche Verkehrsplaner heutzutage machen, lässt sich da nur noch mit Schikane umschreiben.

                      Auch in Chile beispielsweise gilt ein allgemeines Tempolimit. Aber hey, das Land ist extrem dünn besiedelt und wenn Sie auf den weiten Flächen 20, 30 km schneller als erlaubt fahren, interessiert das niemanden. Und mehr brauch’s eben auch nicht.

                    • CitizenK 24. Juni 2019, 12:46

                      „Haben wir immer so gemacht“ war mir als Begründung immer schon zu wenig. Linke denken halt gern, andere fahren gern schnell Auto.

                    • CitizenK 24. Juni 2019, 13:26

                      Ach, und noch was: Die Geschichte mit dem Polizisten. Einen willkürlich-schikanös handelnden Polizisten so auszutricksen, find ich gut. Einem konsequenten Verfechter des Rechtsstaates müsste sie allerdings noch nachträglich die Zornes- und die Schamröte ins Gesicht treiben.

                    • Stefan Sasse 24. Juni 2019, 16:16

                      Nice.

                    • Stefan Pietsch 24. Juni 2019, 13:41

                      Okay, wir sind im Bereich der (vermeintlichen) Lebensweisheiten angekommen. So lange selbsternannte Weltverbesserer nicht regieren, ist mir das lieb. Wenn der revolutionäre Geist linker Spinner dazu führt, dass Rechtspopulisten vom Schlage eines Salvini an die Macht kommen, die das Handwerk wesentlich besser beherrschen als die linken Naivlinge, werde ich echt sauer. Das hat uns schon einen Donald Trump eingebrockt und demnächst einen Boris Johnson.

                    • Stefan Pietsch 24. Juni 2019, 13:51

                      Der Polizist war nicht schikanös, der war nett. Das ist halt amerikanische Mentalität. Diesen Typus Bulle, wie er oft in europäischen Medien skizziert wird, habe ich nur bei einigen Grenzbeamten kennengelernt. Ein analoges Beispiel habe ich übrigens mal auf der Autobahn bei Würzburg erfahren.

                      Als die Autobahn 4-spurig wurde, habe ich einen Dauerlinksfahrer rechts überholt, nicht rowdymäßig im Sprint, aber zügig – wie man halt überholen soll, nur eben links. Eine Zivilstreife aus Düsseldorf winkte mich daraufhin raus. Ob ich wüsste, warum sie mich angehalten hätten. Nijet. Sie haben rechts überholt. Kann nicht sein. Doch.

                      Das ist der Zeitpunkt, wo man als kluger Bürger einlenken sollte und nicht unnötig die Staatsgewalt provozieren. Folglich: war mir nicht bewusst. Kurze Belehrung, nicht Wiedertun, Zeitverlust, Reue. Das wars. Und warum? Sehen Sie, Bayern – NRW, klingelts? Hätten die beiden Beamten das Vergehen (100€, 1 Punkt) verfolgen wollen, hätten sie es umständlich ihren bayrischen Kollegen übergeben müssen. Zu mühselig.

                      Die Lehre aus der Geschicht‘: Auf die Bequemlichkeit der Beamtenschaft ist Verlass gewiss!

                    • Stefan Sasse 24. Juni 2019, 16:17

                      Du warst halt auch weiß, da sind amerikanische Polizisten tatsächlich wohl recht nett. Einen Schwarzen hätten sie wegen der Geschwindigkeitsübertretung vielleicht gleich erschossen. – Deine Anekdoten sind ja unterhaltsam, aber anekdotische Evidenz ist die schlechteste Evidenz.

                    • CitizenK 24. Juni 2019, 17:13

                      Anders, nicht unbedingt schlecht. Anekdoten können erhellend sein wie ein Schlaglicht, eine Karikatur, die ja auch keine Evidenz beansprucht.

                    • Stefan Pietsch 24. Juni 2019, 16:39

                      Typisch Stefan! Erstens, ich war nicht nur weiß, sondern bin es immer noch. 🙂 Zweitens hättest Du auch anführen können, dass ich Tourist war und zu denen ist man gemeinhin ja nett. Aber nein, es ist der Rassismus.

                      Es war in Arizona oder Utah, also ganz schlimmes rotes Gebiet. Mann, Mann, Mann!

                      Die Anekdoten dienten keinem evidenten Zweck. Es sollte etwas über die Mentalität im Straßenverkehr vermitteln.

                • CitizenK 23. Juni 2019, 18:40

                  Hier der rote Faden:

                  Stefan Sasse hinterfragt ein mildes, nachsichtiges Gerichtsurteil über einen Raser , bei dem ein Kind zu Tode kam. (Die Einwendungen von Ralf, bedenkenswert wie immer, überzeugen mich in diesem Fall nur teilweise).

                  Ich sehe hinter dieser Milde der Justiz die Einstellung einer auto-vernarrten Mehrheit, die Tempoüberschreitungen als Kavalierdelikt abtut. Das hielt ich für falsch und gefährlich und forderte einen Bewusstseinwandel analog der „Promille“-Problematik. Rasen sollte wie Fahren unter Alkohol sozial geächtet und strenger bestraft werden.

                  Darauf Sie: Schnellfahren sei „nicht das zentrale Problem“ und zitieren einen SZ-Artikel. Meinen Einwand, Rasen potenziere diese Gefahrenfaktoren, können und/oder wollen Sie nicht widerlegen. (Stattdessen: Falschparker).

                  Daraufhin begründe ich , warum auch Falschparken gefährlich sein kann. Sie gehen nicht darauf ein. (Stattdessen: Schwarzfahrer).

                  Ich bin beim Thema geblieben. Es ist diese scheinbar selbstverständliche Dominanz der Autofahrer gegenüber anderen, schwächeren Verkehrsteilnehmern, gegen die ich mich wende. Dazu gehört auch das vermeintliche Recht, schneller als erlaubt zu fahren. Blitzer werden zerstört, die gegenseitige Warnung ist Volkssport und wird als gegenseitige Hilfe verstanden.

                  In unserem Wohngebiet waren in einer Straße die Gehwege ständig kreuz und quer zugeparkt, trotz Kindergarten, Seniorenwohnheim, einer Einrichtung für behinderte Menschen mit Rollstühlen.

                  Unsere Bestrebungen, diesen Missstand zu beheben, führte zu einer heftigen Gegenreaktion mit Unterschriftensammlung, Leserbriefen und einer Protestaktion, angeführt von einem Rechtsanwalt (!) – dabei wollten wir nur den rechtskonformen Zustand wieder herstellen – und unterstützt von einem Stadtrat der GRÜNEN. Wenn’s um Parkplätze geht, kennen die deutschen Autofahrer keine Parteien mehr. Heute parken die Autos auf der Straße, nur der Rechtsanwalt beharrt auf seinem „Recht“. Anzeigen wird von den Anwohnern als Denunziation gesehen.

                  Es ist diese scheinbar selbstverständliche Dominanz der Autofahrer gegenüber anderen, schwächeren Verkehrsteilnehmern, gegen die ich mich wende. Dazu gehört auch das vermeintliche Recht, schneller als erlaubt zu fahren. Blitzer werden zerstört, die gegenseitige Warnung ist Volkssport und wird als gegenseitige Hilfe verstanden.

                  Es stimmt schon: Was den Amis die Waffen, ist den Deutschen das Auto. Rationale Diskussionen sind da kaum möglich.

                  • Stefan Pietsch 23. Juni 2019, 19:29

                    Ich denke Sie sind bei dem Thema Auto ziemlich blind und einseitig, Ihre sehr ablehnende Haltung haben Sie ja häufig zu Protokoll gegeben. Sie sehen eine besondere Milde, lassen jedoch jeden Vergleich, ob international oder im Strafrechtsgefüge unterm Tisch.

                    Tatsächlich ist ein Straf- und Ordnungsrechtsystem ein sehr sensibles Gebilde. In Deutschland findet es die überwältigende Mehrheit der Juristen sehr gut austariert. Es sind vornehmlich Laien, die sich einzelne Aspekte herauspicken. So habe ich schon bei der Verschärfung des Sexualstrafrechts argumentiert und bei der Linie bleibe ich. Ihre Linie sehe ich nicht und Sie scheinen sich auch keine Mühe zu geben, eine aufzuzeigen. Sie ärgern sich über bestimmte Fälle, doch das Recht hängt sich nicht an Einzelfällen auf, sondern versucht einen Ausgleich über alle.

                    Die meisten Vergehen werden international härter bestraft, dies betrifft insbesondere solche gegen die körperliche Unversehrtheit. Sie argumentieren darüber hinaus inkonsistent. Wenn es Ihnen ein Anliegen ist, Delikte gegen Leib und Leben besonders zu gewichten, weil hier ein nicht wieder gutzumachender Schaden entsteht, müssten Sie entsprechend nachsichtig bei Vermögenssachen argumentieren. Warum sollten z.B. Steuerhinterzieher hart angepackt werden? Das deutschsprachige Ausland ist da erkennbar großzügiger.

                    Also, das ist Rosinenpickerei ohne Verständnis für das System.

                    Zur Blindheit: ich kann die mobile Situation in zwei der größten Städte Deutschlands auch im historischen Maßstab gut vergleichen. Sowohl in Frankfurt als auch Berlin hat über die letzten 25 Jahre eine deutliche Parkraumverknappung stattgefunden. Sogenannte „Grüne Wellen“ gibt es seit vielen Jahren nicht mehr, die ein schnelleres und schadstoffärmeres Fortkommen ermöglichen würden. In Berlin gibt es inzwischen auf wichtigen innerstädtischen Straßen Tempo-30-Zonen. Auch der Bußgeldkatalog erfuhr Verschärfungen, für Vielfahrer ist der Verlust des Führerscheins seit der letzten Reform leichter möglich. Denn ja, auf vielen Straßen wechseln die Tempolimits wild herum, ein versehentliches Zu-Schnell-Fahren ist da immer möglich. Und ob Sie in einer 120er-Zone 121 km/h fahren oder das Schild verpassen, wo es auf 100 km/h springt, macht eben einen Punkt in Flensburg aus – von 8 möglichen.

                    Obwohl ich sicher schon im Bereich von Millionen Kilometer in meinem Leben gefahren bin, hatte ich noch nie einen Unfall, wo nur ein Mensch verletzt wurde oder eine Schramme abbekam. Ich hatte 4 Totalschäden, an einem davon war ich schuld – allerdings nicht wegen zu schnellen Fahrens. Ich bin schnell unterwegs, aber kein Raser, kostet schließlich nur Geld. Dass die Temponadel die 150 km/h überschreitet, kommt eher selten vor. Einen SUV hat man ja schließlich nicht zum Rasen. 🙂

                    P.S.: In der von Ihnen geschilderten Situation sollte es eigentlich keine Probleme bereiten, Park- und Halteverbotszonen zu erwirken und eben auch abschleppen zu lassen. Das wirkt eigentlich meistens Wunder.

              • Stefan Pietsch 23. Juni 2019, 14:11

                Das eigentliche Thema ist der Punkt, wo Sie sich nicht festlegen wollen. Wie ist also Ihre Antwort? Und warum? Sie hantieren mit der Schweiz als Vergleich, der aber nur bei einem eng ausgewählten Bereich gelten soll. Das hat nichts von Systematik, nichts von Objektivität, nichts von Rechtsstaatlichkeit. Also worüber wollen Sie eigentlich diskutieren?

        • Dennis 23. Juni 2019, 17:54

          Zitat Stefan Pietsch
          “ 1) So denkt halt ein Linker. Ohne Autorität lässt sich keine Organisation, keine Menschen führen. Nie war die SPD besser sortiert als unter dem mit harter Hand regierenden Parteivorsitzenden Lafontaine.“

          Hmmm…, dann denkt der Lafontaine also nicht wie ein Linker, ist also keiner.

          • Stefan Pietsch 23. Juni 2019, 19:38

            Lafontaine war immer ziemlich herrisch. Das galt für seine Zeit als Ministerpräsident ebenso wie als Finanzminister und später in seiner Zeit bei der WASG und LINKE. Seinen Beitritt zur Wahlalternative, die einen prominenten Namen benötigte, machte er davon abhängig, dass das Zusammengehen mit der PDS Bestandteil des Programms wurde. Auch als Parteivorsitzender bei den Post-Kommunisten hatte er einen sehr autoritären Ruf. My God, das ist doch nicht unbekannt!

            • Dennis 24. Juni 2019, 07:48

              Zitat Stefan Pietsch:
              „My God, das ist doch nicht unbekannt!“

              Richtig. Jetzt müssten Sie nur noch den Logikmangel in Ihrer Argumentation betreffend „Lafontaine“ einerseits und der Replik „so denkt halt ein Linker“ andererseits bezüglich der zuvor angesprochenen Autoritätsfrage begreifen und alles wird gut.

              • Stefan Pietsch 24. Juni 2019, 08:37

                Kein Logikbruch, der besteht nur auf der Platine von Linken. Denn tatsächlich wehren sich Linke gegen jede Form autoritärer Führung, wie Sie ja selbst bestätigen. Wie lange war Lafontaine Parteivorsitzender? Wie lange Müntefering? Noch heute schimpfen SPD-Funktionäre wie Parteimitglieder über den „Basta“-Kanzler so wie früher über Helmut Schmidt, der auch mit harter Hand führte. Das Verhältnis der Grünen zu ihrem einstmaligen Vormann Joschka Fischer brach am Tag des Machtverlusts. Anders als rechte Regierungen zerbrechen linke immer an inneren Widersprüchen. Das gilt nicht nur in Deutschland. In Frankreich stellte die PS in der Nachkriegszeit gerade zweimal den Präsidenten. Doch gerade am Scheitern Francois Hollandes arbeitete die innerparteiliche Opposition fleißig mit. Und in Italien haben Linke den Rechten immer wieder in den Sattel geholfen – wegen Undiszipliniertheiten an der Macht.

                • Stefan Sasse 24. Juni 2019, 08:48

                  Bestreite ich nicht. Die Rechten waren schon immer besser darin als die Linken – weil sie eben autoritäre Instinkte haben. Die helfen bei der inneren Kohäsion, aber sie helfen halt mal echt gar nicht, wenn es um Rechtsbrüche, Minderheitenschutz und Demokratie geht. Da waren die Linken schon immer besser.

                  • Stefan Pietsch 24. Juni 2019, 09:05

                    Was Du beschreibst und meinst, ist tatsächlich Disziplin. Autoritär klingt halt negativer.

                    Dazu passt eine Auswertung der WELT. Über 80% der Parlamentarier haben einen Hochschulabschluss, konträr zur Bevölkerung. Aber in linken Parteien – Grüne und LINKE insbesondere – ist die Abbrecherquote höher. Doch die Beendigung eines Studiums hat viel mit Disziplin zu tun.

                    Nun hat einer dieser Schulabbrecher gute Chancen, in der SPD zum Parteivorsitzenden aufzusteigen.

                    Willst Du behaupten, unter Rechten würden mehr Rechtsbrüche passieren? In Italien präsentiert sich die linkspopulistische 5-Sterne gerade als besonders unfähig zu regieren. Schaut einfach auf die Chaoten…

                    • Stefan Sasse 24. Juni 2019, 16:14

                      Du kannst 5 Sterne natürlich das Label „links“ ankleben, aber das macht sie nicht dazu.

                      Davon abgesehen: Ja, Rechte haben mehr Disziplin, keine Frage. Aber sie sind AUCH autoritärer. Beides zwei Seiten derselben Medaille, du kriegst selten beides getrennt.

                    • Stefan Pietsch 24. Juni 2019, 16:33

                      Ich kenne keine politische Einordnung, wo 5-Sterne als rechts geführt wird. Tatsächlich stehen sich beide Koalitionspartner konträr gegenüber. 5-Sterne will Sozialpakete, Lega Steuererleichterungen. 5-Sterne ist besonders in den ärmeren, einkommensschwachen Regionen, also im Süden stark, die Lega im reichen Norden. Wie Du darauf kommst, die 5-Sterne seien nicht links, erschließt sich mir nicht. Weil es Spinner sind und die rechts sein müssen?

                    • Cimourdain 24. Juni 2019, 22:43

                      Könnte die niedrigere Abbrecherquote unter konservativen Parlamentariern auch daran liegen, dass diese eher geneigt sind auf „unkonventionelle“ Mittel zurückzugreifen wie: Netzwerke (Studentenverbindungen), Institutionsbestechung, wie bei dem US-Skandal um gekaufte Abschlüsse, plagiierte Abschlüsse ( vor Giffey fast ein Monopol von Konservativen und Liberalen) ?

                    • Stefan Sasse 25. Juni 2019, 05:59

                      Ich würde sagen: auch, aber sicherlich nicht hauptsächlich.

                    • CitizenK 25. Juni 2019, 06:02

                      Bei Überfliegern ist die Abbrecherquote jedenfalls hoch. Ein Studium um jeden Preis durchzuziehen ist für mich nicht unbedingt ein Qualitätsmerkmal, ..eher so 7oer, bürgerlich, gegen jeden Freiheitsgedanken. Viele außerordentliche Talente haben eine sehr wechselvolle Berufsbiografie.

                    • Cimourdain 25. Juni 2019, 04:43

                      Nachtrag zur Abbrecherquote: Eine größere Rolle spielen die niedrigen absoluten Zahlen. Wir sprechen hier von 5-10 % der Fraktion. z.B. bei den GRÜNEN wären das 4-7 Personen mit abgebrochenem Studium aus diesen Zahlen irgendeinen Trend zu erstellen oder gar psychologische Schlüsse zu ziehen ist statistischer Hokuspokus.

                    • Stefan Sasse 25. Juni 2019, 05:59

                      Natürlich ist es das.

                    • Stefan Pietsch 25. Juni 2019, 06:25

                      @Cimourdain

                      Ich wüsste nicht, wo eine Studentenverbindung helfen könnte, ein angefangenes Studium auch zu beenden. Auf das Naheliegende kommen Sie nicht: dass bestimmte politische Einstellungen auch etwas mit Werten und Charaktereigenschaften zu tun haben, dass Organisationen wie Parteien bestimmte Typen von Menschen begünstigen. So halte ich Niels Annen für einen klassischen Politiker dieses Typs. Obwohl er in der Zeit keine herausragenden Ämter innehatte, studierte er von 1994 – 2008 ohne Abschluss, brach dann ab, bevor er Schmalspur 2010 noch einen Bachelor erwarb. Immerhin. Der heutige Juso-Chef scheint seinem Amtsvorgänger darin nachzufolgen.

                      Sicher sind die Zahlen niedrig, aber dennoch stechen sie hervor und bestätigen eine Erwartung, die zumindest ich hatte.

                    • Stefan Pietsch 25. Juni 2019, 06:31

                      @CitizenK

                      Ein Studium durchzuziehen, bedeutet vor allem Disziplin. Ich habe keinen (ehemaligen) Bummelstudenten kennengelernt, dem ich diese Charaktereigenschaft attestiert hätte. Und Entschuldigung: nach 8, 10 oder mehr Semestern zu behaupten, man habe erkannt, dass das Jeweilige nicht das Richtige für einen sei, zeigt vor allem die Schwächen der Person: keine Disziplin, keine realistische Selbsteinschätzung, verschwenderischer Umgang mit Ressourcen wie Zeit und Geld (vor allem das der anderen).

                      Solche Leute möchte ich weder in Führungspositionen haben noch von ihnen regiert werden.

                    • Rauschi 25. Juni 2019, 07:16

                      Solche Leute möchte ich weder in Führungspositionen haben noch von ihnen regiert werden.
                      Dann bleibt ausserhalb von Bayern nur die Afd, die hat einen sehr hohen Professorenanteil.
                      Ob das ein gutes Kriterium für eine Wahlentscheidung ist? Für mich eher weniger, die Standpunkte halte ich für das ausschlaggebende Kriterium. Aber jeder, wie er braucht. Nur dumm, das der Wähler gar keinen Einfluss auf Listen etc hat, Sie dürfen da gar nicht mitreden. Was nützt dann Ihre Äusserung?
                      https://www.sueddeutsche.de/politik/neuer-bundestag-das-sind-deutschlands-volksvertreter-1.3720219
                      Allerdings sind die Wähler der Grünen überwiegend Akademiker und die Wähler der FDP die Ältesten.
                      [Mit einem Durchschnittsalter von 54,3 Jahren sind FDP-Wähler demnach am ältesten, während die Grünen die jüngste Wählerschaft mit 48,1 Jahren verbuchen. Seit dem Jahr 2000 sind deren Wähler im Durchschnitt aber acht Jahre älter geworden und damit so schnell gealtert wie bei keiner anderen Partei…
                      Über den höchsten Bildungsstand verfügen – gemessen am Anteil der Fachhochschul- und Universitätsabsolventen – die Grünen.]
                      https://www.faz.net/aktuell/politik/bundestagswahl/diw-studie-fdp-ist-seniorenpartei-akademiker-waehlen-gruen-15112924.html

                    • CitizenK 25. Juni 2019, 11:20

                      „Was kannst Du“ – fragt man in USA, Canada, Australien, Neuseeland. „Welchen Abschluss haben Sie“ – fragt man in Deutschland.

                      Wenn ein Verfechter von entrepreneurship diese deutsche Behördenmentalität verteidigt, irritiert mich das ziemlich.

                      Ich habe viele dumme Menschen mit Abitur und und abgeschlossenem Studium kennengelernt – und viele Kluge ohne diese Papiere, dass ich auf formale Bildung nicht mehr ganz so viel gebe.

                      Viele erfolgreiche Menschen sind Studienabbrecher:
                      https://www.studienabbrecher.com/sub-examina-portal/prominente-abbrecher

                    • Stefan Pietsch 25. Juni 2019, 12:27

                      Manchmal frage ich mich, ob Sie einfach Lust haben oder ob meine Texte so schwer verständlich sind. Jedenfalls ist an Ihre Replik nicht nur so ziemlich alles falsch – ein ganzes Stück Heuchelei ist auch dabei.

                      Ich sprach davon, dass zur erfolgreichen Beendigung eines Studiums Disziplin notwendig ist. Wer 10 Jahre ohne Abschluss studiert, hat die garantiert nicht. Sie führen als Beispiele ausschließlich Persönlichkeiten, die kurz studiert und dann sich selbständig gemacht haben. Da benötigt man tatsächlich keinen Titel.

                      Apropos:
                      … worauf schauen Sie, wenn Sie zum ersten Mal zu einem anderen Arzt gehen? Doch nicht, ob er ein „Dr.“ davor hat? Seltsamerweise ist das den meisten wichtig, obwohl es sich nur um eine Schmalspur-Promotion handelt.

                      … verlangen Sie nicht von Ihrem Handwerker einen Meistertitel?

                      … haben Sie in der Werkstatt noch nie nach dem Meister gefragt?

                      … werden nicht bei der Klimadebatte „zahlreiche Wissenschaftler“ bemüht, die geforscht haben müssen, damit man darauf politische Statements begründet? Wurde nicht genau das mir von einigen (linken) Kommentatoren bei einem Artikel abgesprochen?

                      In den von Ihnen genannten Ländern werden sogenannte Recommendation Letters verfasst. In Deutschland ist es Arbeitgebern untersagt, Negatives über ihre ehemaligen Angestellten zu verbreiten und sei es der Art: der kann den Job nicht. Ein Arbeitszeugnis hat wohlwollend auszufallen. Wollen Sie das ändern?

                      Woher soll ein Fremder also wissen, dass jemand etwas kann?

                      Die klugen Leute ohne Studium waren sicher älter. Da heute fast jeder studiert (hat), ist es nicht mehr sonderlich wahrscheinlich, unter Nicht-Akademikern noch besonders Kluge zu finden. Und das viele sehr junge Unigänger nicht unbedingt die Hellsten in der Birne sind, können Sie Woche für Woche bei der Quiz-Sendung „Wer wird Millionär?“ beobachten. Das macht’s nicht besser – viele ohne Abitur sind noch beschränkter.

                    • CitizenK 25. Juni 2019, 13:25

                      Ihre Repliken auf meine Beiträge beginnen oft mit „Darin ist fast alles falsch“. Ich muss also ein ziemlich dummer Mensch sein. Trotz Diplom, bestätigt meine These 😉

                      Bei Ärzten und schon gar nicht bei Zahnärzten achte ich schon lange nicht mehr auf den Doktortitel. Dass viele das immer noch tun, dafür kann ich nichts.

                      Den Meistertitel wollte Ihre Lieblingspartei doch eigentlich abschaffen? Wenn irgend möglich, verlasse ich mich auf Empfehlungen. Insgesamt aber halte ich die Meisterprüfung für eine wichtige Qualifikationsgarantie und Wirtschaftsliberale und OECD auf dem Holzweg.

                      Die Praxis bei Arbeitszeugnissen müsste dringend geändert werden. Nur, wie? Dass kriminelle Kassierer, Krankenkassen-Angestellte und unfähige oder gar mörderische Krankenpfleger woanders ohne weiteres anfangen und weiter Schaden anrichten können, ist nicht zu begreifen. Wer ist schuld? Die unabhängige Justiz. Der Personalercode („Zufriedenheitscode“) ist eine sehr unbefriedigende Lösung.

                      Jüngere Leute ohne Abitur sind selten geworden. In dem Punkt kann ich Ihnen vollumfänglich zustimmen. Und nun , habe ich den Test bestanden – oder muss ich für künftige Beiträge meine Abschlusszeugnisse vorlegen?

                    • Stefan Pietsch 25. Juni 2019, 14:02

                      Und nun , habe ich den Test bestanden – oder muss ich für künftige Beiträge meine Abschlusszeugnisse vorlegen?

                      Bestanden. Kann ich gelten lassen. 🙂

                      Meistertitel ist auch ein Titel, auch wenn er einigen nichts bedeutet – FC Bayern.

                      Ein akademischer Titel ist nur der Einstieg. Auch bei mir zählt längst der Werdegang, niemanden interessiert die Abschlussnote. Und bei leergefegten Arbeitsmärkten kann man es sich des Öfteren ohnehin nicht mehr leisten zu schauen, ob am Anfang noch ein akademischer Titel steht. Alles eine Nachfragesache.

                      Wir gehen ja zu immer mehr Unehrlichkeit. Mit dem AGG wurden ja nicht weniger Menschen wegen ihres Geschlechts oder Alters diskriminiert, nur sagte man es ihnen nicht mehr. Dabei ist Ehrlichkeit besser: wenn ich weiß, dass ich keine Chance hatte, weil man eine Frau oder jemanden Jüngeres mochte, sagte einem das immerhin etwas, nämlich dass man sich um die Qualifikation keine Sorgen machen muss. Oder man kam früher noch ins Gespräch, was im Vorstellungsgespräch falsch gelaufen war und konnte es korrigieren. Doch heute sagt Ihnen kein Unternehmen mehr, warum Sie aus dem Rennen geflogen sind.

                      Was Sie aufzählen, sind Extremfälle. In Führungspositionen ist es längst üblich geworden, Referenzen vorzulegen. Dort kann sich der zukünftige Arbeitgeber erkundigen, was für ein Typ man ist. Wir haben alle Stärken und Schwächen, die Frage ist, ob die Stärken passen und die Schwächen nicht so sehr zum Tragen kommen.

                    • CitizenK 25. Juni 2019, 14:51

                      Diese Unehrlichkeit finde ich auch problematisch: Man weiß nicht mehr, woran man ist. Gut gemeint ist halt auch hier nicht gut gemacht.

                      Und damit sind wir nun doch auf dem Feld der Philosophie angekommen, bei Kant. So aktuell ist der Bursche.

                    • Cimourdain 25. Juni 2019, 15:59

                      Ich habe mir die ‚WELT‘-Zahlen nochmal angesehen. Die deutlich niedrigere Abbrecherquote bei der Unionsfraktion ist in Kombination mit der Fraktionsstärke immerhin ein Indiz dafür, dass Konservative weniger geneigt sind, diese Personen aufzustellen/zu wählen als andere. Und das deckt sich prächtig mit der anekdotischen Evidenz hier im Forum: Während CitizenK und Rauschi eher die Chancen eines sich entwickelnden Talentes sehen, ist der Abbruch für Stefan Pietsch Indiz für einen Charaktermangel (mangelnde Disziplin).

                      Niels Annen ist im Übrigen möglicherweise ein Beleg für den Nutzen von Netzwerken beim akademischen Erfolg. Nach seinem „Schmalspur-Bachelor“ hat er nämlich gleich einen US-Master am renommierten SAIS Graduiertenkolleg hinterhergeschoben. Dieses wiederum steht in enger Verbindung zum Verein ‚Atlantikbrücke‘, bei dem Annen seit 2009 Mitglied ist.

                    • Stefan Sasse 25. Juni 2019, 16:25

                      Die Frage wäre also, ob Konservative eher das Studium durchziehen oder ob Leute, die das Studium durchziehen, eher konservativ werden? ^^

                    • CitizenK 26. Juni 2019, 14:03

                      SIXT hat auch nach 4 Semestern abgebrochen. Das BWL Studium war ihm zu langweilig.

                    • Stefan Pietsch 26. Juni 2019, 11:48

                      @Cimourdain

                      Niels Annen ein gutes Beispiel? Sie müssen doch zuerst fragen, was der Kerl zwischen 1994 und 2008 eigentlich studiert hat? Der SPD-Politiker hätte 1999 fertig sein müssen und nicht über ein Jahrzehnt später. Tatsächlich ist er ja, nach vielen Jahren, am Latinum gescheitert. Lach.

                      Apropos Karriere / Talent: was ist Niels Annen nach vielen Jahren in der Politik und Talentförderung?

                    • Cimourdain 26. Juni 2019, 18:23

                      @StefanPietsch
                      Wir sind uns darin einig, dass Annen sich in den 2000ern nicht die Bohne um sein Studium, aber dafür um seine Juso-Karriere gekümmert hat. Den Studienerfolg hat er dafür eben 2010 mit Hilfe eines Karrierenetzwerks (Atlantikbrücke) nachgeholt.
                      Und jetzt? Ist er Staatsminister im BM für Äußeres, als solcher bisher unfallfrei, und damit in exzellenter Position, wenn einer der ‚richtigen‘ Minister wegfällt.
                      Das würde ich durchaus als Talent für die eigene politische Karriere bezeichnen.

                      Nachbemerkung: Es ist durchaus amüsant, dass derselben Person von Ihnen vorgeworfen wird, ein Bummelstudent zu sein, und von mir, dass er ein Karrierist ist.

                    • Stefan Sasse 27. Juni 2019, 06:17

                      Kann ja beides wahr sein.

                • Dennis 25. Juni 2019, 16:05

                  Zitat Stefan Pietsch:
                  „Denn tatsächlich wehren sich Linke gegen jede Form autoritärer Führung, wie Sie ja selbst bestätigen. Wie lange war Lafontaine Parteivorsitzender?“

                  Vier Jahre (bei der SPD). Deutlich länger als beispielsweise Ludwig Erhard bei den
                  Konservativen 🙂 Der wurde übrigens rüde von den eigenen Leuten gefeuert, ähnlich wie auch Thatcher in GB, um nur mal zwei Beispiele zu nennen. Das Rausschmeißen unabhängig von Wahlen scheint in den besten Familien vorzukommen^

                  Aber okay, Spaß beiseite und nochmal: Aus Ihrer Argumentation folgt logisch, dass Lafontaine kein Linker (gewesen oder aktuell) sein kann, denn:

                  Zitat:
                  „Denn tatsächlich wehren sich Linke gegen jede Form autoritärer Führung“

                  Lafontaine offenbar nicht, denn dann hätte er selbige ja nicht angestrebt.

                  Ferner „bestätige“ ich mitnichten, dass sich Linke gegen jede Form autoritärer Führung wehren. Es scheint mir vielmehr so zu sein, dass das Links-/Rechtsschema bedeutend weniger erklärt, als in der Politsprech vielfach geglaubt wird, insbesondere wenn es um Charaktereigenschaften geht, wovon ja die Rede ist, wenn man auf „autoritär“ zu sprechen kommt. Wer Autoritäten konsequent verneint, landet logisch eher bei der Anarchie (auf halbem Weg im Liberalismus^) mit jeweils diversen Varianten, was wiederum Ideen sind, die z.B. von Marx, der wiederum nitt grad rechts gilt, streng verworfen wurden.

                  Aber es ist natürlich gut, wenn es in der Welt nur zwei Kategorien gibt, die alles erklären 🙂

                  • Stefan Pietsch 26. Juni 2019, 09:34

                    Lafontaine amtierte gut 3 Jahre, von November 1995 bis Frühjahr 1999. Als er nicht Parteivorsitzender war, konnte er auch nur wenig die Autorität der Vorderen akzeptieren. Ich habe nicht gesagt, dass Linke in der Führung nicht autoritär sein könnten – die von mir anfangs genannten Beispiele sprechen ja deutlich dagegen – sondern dass Funktionäre, Mitglieder und Anhängerschaft eine straffe Führung akzeptieren.

                    • Stefan Sasse 26. Juni 2019, 09:59

                      „nicht akzeptieren“, oder?

                    • Stefan Pietsch 26. Juni 2019, 10:21

                      Ja.

                    • Stefan Sasse 26. Juni 2019, 10:30

                      Ja, das ist ja das Dauerphänomen aller irgendwie linken oder alternativen Parteien gegenüber allen irgendwie rechten Parteien. Es ist ja auch kein Geheimnis, wer von denen üblicherweise besser regiert. Schau dir nur mal die Bauchschmerzen an, die so fähige Kanzler und Präsidenten wie Brandt, Schmidt, Johnson, Obama, Clinton und so weiter jeweils bei ihrer Basis auslösten. Das ist völlig absurd und schadet uns auch wahnsinnig. Auf der anderen Seite sorgt es natürlich für eine gewisse Grundhygiene, das ist der Vorteil. Amtsmissbrauch etc. sind so deutlich schwerer. Kriegst nie was ohne Vorteile, nie was ohne Nachteile.

                    • Stefan Pietsch 26. Juni 2019, 11:43

                      Ich würde weder Brandt noch Obama in der Kategorie guter Regierungschef subsummieren. Ein Charismatiker ist nicht automatisch ein guter Leiter, dafür aber Tony Blair und Romano Prodi.

                      Es ist jedenfalls hilfreich beim Regieren, eine stabile Mehrheit hinter sich zu wissen und nicht ständig Energien in innerparteilichen Machtkämpfen zu verpulvern. Ich habe immer mehr Sympathie für linke Regierung gehabt, vielleicht, weil sie so selten sind. 🙂 Hollande war eine Ausnahme. Aber es lässt sich kaum leugnen, dass die Bürger unter konservativen Parteien ruhiger regiert werden.

                    • Stefan Sasse 26. Juni 2019, 13:49

                      Wir können beide gerne mit reinnehmen. Auch Blair und Prodi werden ja von ihrer jeweiligen Basis nicht gerade geliebt.

        • Cimourdain 23. Juni 2019, 20:52

          1) Bitte unterscheiden Sie die Kategorien. Innerer Partei/Regierungs/Firmen Führung ist eine Sache, aber will man ein autoritärer (oder gar Obrigkeits-) Stil als Staats- oder Gesellschaftsorganisation ist – unabhängig vom Links/Rechts Kompass- das Gegenteil von liberal.
          2) … und jetzt Teil der Handelsblatt GmbH & Co KG, die wiederum zur Holtzbrinck Mediengruppe gehört.
          10) Richtige Ergänzung. Ich hatte nur auf tödliche Unfälle geschaut, z.B hier: https://www.abendblatt.de/vermischtes/article207826421/Zahl-der-Verkehrstoten-im-Jahr-2015-erneut-gestiegen.html

          • Stefan Pietsch 23. Juni 2019, 21:20

            ad 1) Davon redet niemand.
            ad 2) ?? Holtzbrinck ist eine Mediengruppe. Keine neue Erkenntnis.

  • CitizenK 22. Juni 2019, 16:53

    „….Raser häufig nicht das zentrale Problem darstellen.“

    Warum gibt es in in traditionell freiheitlichen Ländern wie der Schweiz und den USA strikte Tempolimits und werden Überschreitungen dort so viel strenger bestraft? Tote und Verletzte als Tribut für den Autogott im Autoland. Das Wort Tempo-Sünder“ sagt ja schon: nicht so schlimm, sind lässliche Sünden, Augenzwinkern, wir sind ja alle kleine Sünderlein.

    • Stefan Pietsch 22. Juni 2019, 18:14

      Ich sage, Rasen ist oft in Deutschland nicht das zentrale Problem im Straßenverkehr und Sie antworten, warum dann in anderen Ländern Rasen härter geahndet wird. Finden Sie die Replik logisch passend?

      Die Schweiz bestraft auch wer Daten klaut und sie den Finanzbehörden zugänglich macht. Auch der Aufkauf solcher Daten ist strafbar. Finden Sie, dass wir den Erwerb von steuerrelevanter Daten härter bestrafen sollten?

      In Deutschland wird jemand, der einen anderen Menschen umbringt, manchmal nur mit Bewährungsstrafen geahndet. In den USA werden Mörder oft mit dem Tode bestraft. Meinen Sie, wir sollten die Tötung von Menschen härter bestrafen?

      In Spanien wurden gerade 5 junge Männer wegen gemeinschaftlicher Vergewaltigung einer Frau zu Haftstrafen zwischen 15 und 17 Jahren verurteilt worden. Den Tätern wurde in dem erstinstanzlichen Urteil, das nun revidiert wurde, positiv ausgelegt, dass sich das Opfer nicht ausreichend gewehrt habe. In Deutschland wurde ein ähnliches Vergehen vor wenigen Monaten mit Strafen zwischen 2 und 5 Jahren geahndet. Finden Sie, dass wir Vergewaltigung zu sehr als Kavaliersdelikt handhaben?

      Da Sie meine Begründung anscheinend nicht gelesen haben, nochmal: Der Punkt ist, dass das deutsche Strafrecht sowie die Rechtsprechung Delikte weniger hart bestraft als in anderen Ländern. Das gilt jedoch grundsätzlich. Ich bin offen für eine Debatte, diesen Grundsatz zu verändern und anzupassen. Doch so lange das nicht so ist, würde ich zu schnell fahren nicht zwingend härter bestrafen als, sagen wir, „Schwarzfahren“.

      • CitizenK 22. Juni 2019, 19:56

        Zunächst: Zu schnelles Fahren gefährdet Menschenleben. In sehr vielen Unfallberichten wird als Unfall-Ursache genannt „Unangepasste Geschwindigkeit“. Ob Rasen nun „das zentrale Problem“ ist oder ob es noch „zentralere“ Probleme gibt, sei dahingestellt. Fest steht: Es kostet Menschen Gesundheit und Leben – gegen welches Rechtsgut wollen sie das abwägen?

        Der Blick in andere Ländern soll zum Nach-Denken führen, nicht unbedingt zum Nach-Machen.

        • Stefan Pietsch 22. Juni 2019, 20:17

          Wie gehabt: Cherry Picking. Jemand, der 141 km/h fährt, gefährdet nicht zwingend mehr als jemand, der mit 120 km/h auf der Autobahn unterwegs ist. Das war mein Argument, das Sie geflissentlich übersehen haben – oder darüber hinweggegangen, je nachdem. Ein 75jähriger, der desorientiert in falscher Richtung auffährt, gefährdet tatsächlich direkt Menschenleben – und nur, weil die Politik sich seit ewigen Zeiten weigert, ab einem bestimmten Alter Pflichtprüfungen vorzuschreiben.

          Nochmal: unser Strafrahmen ist sehr ordentlich untereinander abgestimmt. Das habe ich schon anlässlich der Verschärfung des Sexualstrafrechts angeführt. Wenn Sie für härtere Strafen sind, so ist es am sinnvollsten, den Strafrahmen generell hochzuziehen.

          Sie werden auch für Falschparken in den genannten Ländern viel härter zur Kasse gebeten. Die harten Strafen sollen nicht die Gefährdung sanktionieren. Vielleicht erzählen Sie mir mal, inwieweit ein parkendes Auto Menschenleben gefährdet.

          Sie haben eine hohe Abneigung gegen Autofahrer. Liegt es daran, weil Sie sich in einer Großstadt den ÖPNV leisten können?

          • CitizenK 22. Juni 2019, 21:22

            Physik: Schrecksekunde – Reaktionszeit – Bremsweg exponentiell. Fahrschule?

            Gehwegparker gefährden radfahrende Kinder, die auf die Fahrbahn ausweichen müssen. Aber auch alte und behinderte Menschen mit Rollatoren oder Rollstuhl, Eltern mit Kinderwagen. Außerdem stehlen sie den Fußgängern den ohnehin viel zu knapp bemessenen Raum. Regelmäßige Pflichtprüfungen für Ältere halte ich auch für notwendig. Ab 75?

            • Stefan Pietsch 23. Juni 2019, 06:41

              Wiederholt mögen Sie sich nicht an Ihr eigenes Beispiel und die Regeln halten. Sie bekommen ein Knöllchen nicht dafür, dass Sie einen Gehweg blockieren (Spezialfall). In einem solchen Spezialfall wird sowohl die Strafe hochgesetzt, was bis zur Straftat gehen kann, wenn Sie unmittelbar gefährden als auch wird Ihr Fahrzeug abgeschleppt. Das gilt für Autos wie für Fahrräder und Demonstranten, die sich auf Schienen langweilen. Nein, Sie bekommen ein Ticket für Falschparken, selbst wenn Sie an Stellen stehen, wo das Stehenlassen grundsätzlich erlaubt ist.

              Genauso verhält es sich bei Geschwindigkeitsübertretungen. Sie können abends völlig allein auf einer kaum befahrenen Straße unterwegs sein, wo Sie auch 180 km/h fahren könnten, ohne jemanden zu gefährden. Dennoch bekommen Sie Ihr Ticket. Verursachen Sie jedoch durch zu schnelles Fahren einen Unfall, sind Sie mit mehr dabei als 30€ Ordnungsgeld.

              So, wie gesagt, unser gesamte Strafrahmen muss überprüft werden, zumal sich die Gerichte eher am unteren Rand bewegen. Wenn selbst übelste Vergewaltiger wie vor einiger Zeit in Bonn geschehen längst nicht die Höchststrafe erhalten, läuft etwas falsch.

              Nach Ihren Kriterien muss das Fahren unter Alkoholeinfluss generell zur Straftat hochgestuft werden. Denn dadurch werden die meisten Unfälle verursacht. Und leider haben Sie sich nie eingeschaltet, als ich gegen die Totraser wetterte. Aber wenn jemand geringfügig die Geschwindigkeit nicht einhält, ist das ein Diskussionsgegenstand.

              Spätestens mit 65 muss die Fahrtüchtigkeit nachgeprüft werden. In dem Alter ist so mancher schon schwer herzkrank, in seinen Sehfähigkeiten stark eingeschränkt oder gar in den Anfängen einer Demenz.

              • Rauschi 23. Juni 2019, 07:18

                Sie können abends völlig allein auf einer kaum befahrenen Straße unterwegs sein, wo Sie auch 180 km/h fahren könnten, ohne jemanden zu gefährden. Dennoch bekommen Sie Ihr Ticket. Verursachen Sie jedoch durch zu schnelles Fahren einen Unfall, sind Sie mit mehr dabei als 30€ Ordnungsgeld.
                Oder eine Verurteilung wegen Mordes:
                [Im Prozess um ein Autorennen mit Todesfolge in der Berliner Innenstadt sind die beiden Angeklagten erneut zu einer lebenslangen Haft wegen Mordes verurteilt worden. „Die Angeklagten haben aus nichtigem Anlass mit dem Leben anderer Menschen gespielt“, sagte der Vorsitzende Richter des Landgericht Berlins. Die Raser seien selbstverliebt und rücksichtslos gewesen, ihre Fahrzeuge hätten sie förmlich vergöttert.]
                Das hier die hohe Geschwindigkeit die Ursache des Unfalls war, steht wohl eindeutig fest.

                In dem Alter ist so mancher schon schwer herzkrank, in seinen Sehfähigkeiten stark eingeschränkt oder gar in den Anfängen einer Demenz.
                Warum soll so jemand dann bis 67 arbeiten?

          • popper 22. Juni 2019, 22:41

            Schon mal etwas von § 7 StVG gehört?, der der Tierhalterhaftung des § 833 BGB nachgebildet ist. Ein Fahrzeughalter haftet im Falle eines Unfallereignisses allein deshalb, weil er durch das Halten eines Kraftfahrzeugs eine Gefahrenquelle eröffnet. Dabei ist es völlig Wurscht, ob der Halter 18 oder 80 ist.

  • Ralf 22. Juni 2019, 20:02

    Sowohl Schröder 2005 als auch Merkel 2017 verloren zwar gegenüber ihrer jeweils vorhergehenden Wahl, aber beide stabilisierten ihre Parteien auf dem Stand nach der großen innerparteilichen Kontroverse – Agenda2010 hier, Flüchtlingspolitik dort – auf einem recht hohen Niveau. Es sind ihre jeweiligen Nachfolger (Müntefering/Steinmeier auf der einen Seite, AKKauf der anderen), unter denen eine rapide Auflösungserscheinung stattfindet.

    Also gleich mal vorne weg. Deine Beschreibung ist falsch. Die Auflösungserscheinungen bei der CDU haben nicht nach Merkel eingesetzt, sondern während Merkel. Die Bundeskanzlerin trat nicht aus irgendeiner Laune heraus, sondern wegen exakt diesen Auflösungserscheinungen vom Parteivorsitz zurück.

    Deine Beschreibung ist auch bezüglich der SPD falsch. Die Auflösungserscheinungen begannen während der Ära Schröder. Hier zur Erinnerung:

    Februar 2003: Die Union erzielt ihr bestes Ergebnis aller Zeiten bei der Landtagswahl in Hessen. Absolute Mehrheit!

    Februar 2003: Kollaps der SPD in Niedersachsen (fast -15%). Verlust der absoluten Mehrheit. CDU übernimmt die Regierung.

    September 2003: SPD bei der Landtagswahl in Bayern zum ersten Mal in der Geschichte unter 20%

    Juni 2004: PDS bei Landtagswahl in Thüringen fast doppelt so stark wie die SPD

    Juni 2004: Fast 10% Verluste für die SPD bei der Europawahl. Endergebnis ist nur noch knapp über 20%.

    September 2004: CDU gewinnt absolute Mehrheit im Saarland. SPD fährt einen Verlust von 13,6% der Stimmen ein.

    September 2004: Einziger „Lichtblick“ für die SPD in Brandenburg. Die Sozialdemokraten bleiben trotz Verlusten von 7,4% knapp stärkste Partei (vor der PDS, die deutlich hinzugewinnt).

    September 2004: In Sachsen fährt die SPD ihr schlechtestes Ergebnis bei einer Landtagswahl seit 1945 ein. Die Sozialdemokraten landen zum ersten Mal bei unter 10%.

    Februar 2005: Regierungsverlust für die SPD in Schleswig-Holstein.

    Mai 2005: Regierungsverlust für die SPD in NRW. Nachfolgend Kollaps der Schröder-Regierung.

    Aber auch ansonsten sind der Niedergang der CDU unter Merkel und der Niedergang der SPD unter Schröder nicht vergleichbar. Durch Gerhard Schröder verloren die Sozialdemokraten schockartig die Kompetenz bei ihrem Kern/Schlüsselthema („soziale Gerechtigkeit“). Merkel hingegen transformierte die CDU langsam in kleinen Schritten über einen Zeitraum von fast zwei Jahrzehnten hinweg. Zu keinem Zeitpunkt opferte Merkel das Kernthema der Konservativen („Wirtschaft“) und erst durch die Flüchtlingskrise, die der Kanzlerin das Genick brach, wurde die Kernkompetenz in der Inneren Sicherheit bei manchen Teilen des Elektorats infrage gestellt. Auch in anderen Bereichen unterscheiden sich die Situationen von SPD und CDU. Der SPD wurde ein hausgemachtes Problem zum Verhängnis (siehe die Auflösungserscheinungen oben, gipfelnd im Verlust des Stammlandes NRW), während die CDU von einem unverschuldeten (oder zumindest nicht direkt verschuldeten) Schock von aussen („Flüchtlingskrise“) getroffen wurde. In der SPD wurde der linke Flügel komplett zerstört, trat aus oder wurde in die LINKE vertrieben. Die CDU hat ihren konservativen Flügel nie verloren. Es ist kein Zufall, dass der Kampf um den Parteivorsitz bei den Konservativen zwischen Merz („deutsche Leitkultur“), Spahn („Hartz IV ist nicht Armut“) und Kramp-Karrenbauer („Schwule = Inzest“) ausgetragen wurde. Nicht zuletzt: Die CDU ist seit 2005 ununterbrochen an der Regierung. Es ist zu erwarten, dass eine gewisse Parteimüdigkeit im Elektorat einsetzt. Dass die CDU nicht wieder deutlich hinzugewinnen kann, wenn sie erstmal wieder für eine Legislaturperiode in der Opposition ist (z.B. wenn sie vier Jahre einem grünen Kanzler beim Regieren zuschaut), steht erstmal zu beweisen. Bei der SPD brauchen wir über diesen Beweis hingegen nicht mehr zu streiten. 2013 zeigten die Sozialdemokraten, dass sie auch aus der Opposition heraus nicht mehr in der Lage sind deutlich über 25% hinauszukommen. Damit war der Absturz in die Bedeutungslosigkeit vorgezeichnet. Ach ja, und ganz nebenbei: Die CDU kriegt bei aktuellen Umfragen immer noch mehr als doppelt so viele Stimmen wie die SPD, die sich mit großen Schritten in Richtung Einstelligkeit bewegt. Also auch hier nicht wirklich zu vergleichen.

    • Stefan Sasse 23. Juni 2019, 07:39

      Mein Argument bezüglich der SPD ist, dass die Partei auf niedrigerem Niveau, aber über 25% hätte stabilisiert werden können. Ansonsten sehe ich deine Punkte.

      • Ralf 23. Juni 2019, 08:57

        Mein Argument bezüglich der SPD ist, dass die Partei auf niedrigerem Niveau, aber über 25% hätte stabilisiert werden können.

        Mir ist nicht klar, wie Du Dir diese Stabilisierung in der Praxis vorstellst. Eine 25%-Partei kann normalerweise keine mehrheitsfähigen Zweierbündnisse mehr auf die Beine stellen außer der Großen Koalition. Und im Kontext einer 30+%-CDU (wir reden über die 12 Jahre nach Schröder) bedeutet die Große Koalition den Dauerjuniorposten, von dem aus sich die Sozialdemokraten nicht als Volkspartei profilieren können. Bleiben also nur noch Dreierbündnisse als stabilisierende Regierungsoption. Als Hartz IV-SPD ist man aber nicht koalitionsfähig mit der LINKEN. Rot-Rot-Grün fällt also flach. Bleibt lediglich die Ampel und damit der Versuch die Raubtierkapitalismuspartei FDP mit den alternativ-progressiven Grünen in eine gemeinsame Position zu bringen. Der Lindner-Partei ist aber selbst die CDU zu moderat. Wir erinnern uns wie Herr Lindner nach der Wahl 2017 vor der Verantwortung davonlief. Eine Ampel im Bund ist also auch nicht wirklich realistisch. Bleibt noch die Option der Daueropposition ohne Regierungsperspektive. Aber das ist der Garant für ein weiteres Abrutschen von 25%, ganz sicher nicht eine Basis für eine Stabilisierung.

        Wie also soll ich mir Deine Stabilisierung der SPD bei 25% in der Praxis vorstellen?

        • Stefan Sasse 23. Juni 2019, 10:40

          Ich erinnere mich an einen Spiegel-Artikel aus dem Jahr 2005, in dem prognostiziert wurde, dass genau das die neue Zukunft sei: keine Regierung mehr ohne die SPD, ob als Dreierbündnis (Ampel) oder GroKo. Jamaika war damals noch unvorstellbar. Und das war eine Aussicht, die den damaligen Entscheidungsträgern durchaus gefiel. Es kam nicht so, aber ich halte den Grund dafür wesentlich mehr in der beknackten GroKo-Politik als in der Situation selbst.

          • Ralf 23. Juni 2019, 16:13

            Eins zu null für Dich. Ich hätte den Artikel geschrieben haben können. Damals. War genau, was ich damals dachte.

            Im Rückblick war das allerdings nie realistisch. Die FDP hatte keinerlei Interesse Mehrheitsbeschaffer für Rot-Grün zu werden, weil sie mit der CDU noch viel radikalere Politik würde umsetzen können. Die Grünen hingegen schwenkten wieder moderat zurück nach links, was sie vollends inkompatibel mit den Liberalen machte. Damit war die Ampel gestorben. Blieb die Große Koalition. Die wäre nur dann eine stabilisierende Option für die Sozialdemokraten gewesen, wenn sie der größere Partner hätten werden können. Das wurde 2005 verpasst. Und von da ab waren die Erfolge der Koalition die Erfolge der (CDU-)Kanzlerin und die Niederlagen der Koalition waren die Niederlagen der beiden sie tragenden Parteien. Also im Medien-Narrativ. Angela Merkel wuchs in den Himmel und zog die CDU mit. Die SPD stürzte ab. Natürlich stimmt auch, dass Müntefering und Konsorten eine katastrophale Politik gemacht haben. Aber auch ohne diese Politik hätte sich die SPD in der Großen Koalition nicht mehr aufrichten können. Und da es keine realistische andere Machtperspektive gab, war klar, dass die Sozialdemokraten weiter abstürzen würden. Eine Volkspartei ohne Machtperspektive ist eben keine Volkspartei mehr.

            • Stefan Sasse 23. Juni 2019, 17:15

              Du musst bedenken dass 2005 nur 1% zur CDU fehlte und die SPD 2006/2007 Erfolge bei Landtagswahlen hatte. Denk mal an die absolute Mehrheit von Kurt Beck! Aus der Retrospektive sieht das alles eindeutig, ja, aber bis 2009 war für die FDP überhaupt nicht klar, ob es für Schwarz-Gelb reichen würde. Und die Partei war seit 1998 in der Opposition und wollte wirklich, wirklich zurück an die Macht. Ja, es kam alles anders, aber das war damals nicht so klar wie du es jetzt darstellst. 2006 lag die SPD um die 30%, meist knapp drunter, aber grundsätzlich im Zielbereich. Im Verlauf von 2007 lag die SPD oft nur 5% hinter der CDU – deutlich weniger als 2005 zu Beginn des Wahlkampfs. 2008 waren es dann schon so 8-10%. Im Verlauf 2009 stürzten sie dann völlig auf 23-25% ab. Da ist schon eine vierjährige Progression, die sich übrigens – meine zentrale These – auch an der Rente mit 67 festmachen lässt, die 2007 kam. Und natürlich dem Trauma von 2008, als sich die Option mit Beck und R2G zerschoss.

  • Cimourdain 22. Juni 2019, 21:12

    1) und 8) Welche CDU ist es denn nun ? Die die sich als Bollwerk gegen ‚rechts‘ mit Unterstützung aller anderen wählen lässt (wie in Görlitz) oder die, die jetzt schon auslotet, wie sie mit der AfD regieren kann?
    3) Wenn eine Klimaumlage so eingeführt würde, wie sie am einfachsten realisierbar ist ( als Abgabe direkt an der Quelle, nämlich auf die fossilen Energieträger) und diese Abgabe dann (Umlage) direkt wieder gleichmäßig an die Bevölkerung verteilt wird, dann würde diese den jahreszeitlichen Schwankungen im Energieverbrauch ‚hinterherlaufen‘, da diese Erstattung wohl jährlich stattfinden würde. Organisatorisch wäre das über Finanzamt/Krankenkasse(Schweiz) oder Rentenversicherung möglich.
    6) „herrschende Klasse“ ist genau deshalb der richtige Begriff, weil er in der marxistischen Tradition steht. Wenn man nämlich die ganzen albernen ‚der hat das gesagt‘ Mediendebatten auf den interessanten Teil herunterbricht, bleibt die Frage,wieviel Mitsprache diejenigen, die über ökonomisches/soziales/symbolisches/kulturelles Kapital ( diesmal Bourdieu statt Marx) verfügen, dem Rest weitergibt.
    10) So sehr deine Ausführungen über laxe Strafen im Verkehr verständlich sind, zeigt mir der Anlass ( das konkrete Strafurteil), wie leicht man bei Rechtsthemen in die Populismusfalle gerät. Dieses Urteil kam ja in mehreren Schritten zustande( die hier ausmnahmsweise nachvollziehbar sind): Feststellung des Tatbestands ‚fahrlässige Tötung‘. Dafür ist das Strafmaß Geldstrafe oder Haft bis 5 Jahre. Der Staatsanwalt blieb mit 70 Tagessätzen unter der Schwelle, ab der jemand als vorbestraft gilt (90 Tagessätze). Dass der Richter darunter blieb, könnte an der Reue des Angeklagten liegen, die wohl sehr stark zu seiner Resozialisierung beitragen wird. Dass dann der Tagessatz mit 5 € abgerechnet wird liegt daran, dass der Student kein oder nur geringes eigenes Einkommen hat.

    • Stefan Sasse 23. Juni 2019, 08:04

      1),8) Beide existieren nebeneinander her und kämpfen um die Vorherrschaft. Wie die SPD, die die Agenda2010 mit Zähnen und Klauen verteidigt und die SPD, die sie am liebsten rückgängig machen will.

      3) Ja, vermutlich, aber das ist extrem stressig, weil du höhere monatliche Ausgaben und dann einmalig eine Rückzahlung hast. Das ist für Leute mit wenig Einkommen ganz schön heftig.

      10) Die Geldstrafe ist völlig klar woher das kommt.

      • Ralf 23. Juni 2019, 09:38

        Ich finde die Geldstrafe, so wie Cimourdain sie begründet, sehr angemessen. Hättest Du lieber eine Verurteilung gesehen, die zu einer Vorstrafe und damit zum Ruin des Studenten führt? Wäre das bei einem tragischen Unfall wie diesem und einem Täter, der keinerlei vorherige Delikte begangen hat und Reue gezeigt hat, richtiger? Hier hat ein junger Mensch eine Dummheit begangen, wie wir sie alle schon mal begangen haben, als wir selber jung und ungestüm waren. In 99,999% der Fälle passiert nichts. Und den einen, bei dem es zur Katastrophe kommt, sollen wir dann für fünf Jahre ins Gefängnis werfen? Den kleinen Jungen, der hier zum Opfer geworden ist, würde das nicht wieder lebendig machen. Man darf sich auch getrost davon verabschieden, dass das einen signifikanten Abschreckungseffekt hätte, ähnliche Fälle also in Zukunft mit wesentlich geringerer Wahrscheinlichkeit passieren würden. Solche seltenen Katastrophen wird es immer geben. Bei der Verurteilung des Täters muss man trennen, ob kriminelle Energie im Spiel war oder ob jemand spontan eine Dummheit begangen hat. Ob Planung im Spiel war oder ob etwas im Affekt passiert ist. Ob es sich um eine Wiederholungstat handelt oder um einen Erstverstoß. Ob jemand glaubhaft Reue zeigt oder uneinsichtig ist. Und auf dieser Basis muss man dann entscheiden, ob man einen Täter lebenslang schädigt – nichts anderes ist eine Vorstrafe – oder ob man Milde im Strafmaß walten lässt. Ich kann nicht erkennen, dass die Richter hier ihrer Verantwortung nicht angemessen nachgekommen seien.

      • Cimourdain 23. Juni 2019, 21:26

        3) Leider richtig, aber unter den sozialverträglichen Modellen das am besten organisierbare. Und in jedem Fall läuft es darauf hinaus, dass mit Energie verschwenderisches Verhalten mehr oder weniger zum Luxus wird.

  • R.A. 24. Juni 2019, 12:14

    „die Emissionen werden vor allem von den wohlhabenderen Schichten verursacht, weniger von der breiten Masse. Entsprechend sollte auch ein Abgabenmodell gestaltet sein.“
    Ich glaube nicht daß das stimmt. Weil die „breiten Massen“ zwar pro Kopf vielleicht weniger emittieren, dafür aber viel mehr Köpfe sind.

    Ist aber eigentlich egal: Wenn man eine solche Abgabe direkt an die Emissionen bindet, dann zahlt eben genau der mehr, der mehr verbraucht. Das ist alles völlig transparent und gerecht.

    Ich finde es daher völlig absurd da eine zusätzliche Einkommensumverteilung draufzupropfen. Das hat mit dem Thema nichts zu tun, macht die Sache im Zweifelsfall kompliziert und ungerecht.

    • Stefan Sasse 24. Juni 2019, 16:16

      Wie gesagt, ich bin gerade recht agnostisch, was das Modell angeht. Ich denke nur wir brauchen eine Verschiebung der Belastung weg von Faktoren wie Arbeit oder Konsum und hin zu CO2. Am besten wäre, wenn das die Ungleichheit verringert, aber ich nehme sofort auch ein System, das sie auf dem gleichen Level hält. Nur gegen ein regressives System sträubte ich mich.

  • R.A. 24. Juni 2019, 12:21

    „Natürlich werden CDU und LINKE nicht miteinander koalieren. Aber für eine Koalition der Anständigen reicht es allemal.“
    Sie koalieren nicht, aber für eine Koaltion reicht es? Ich verstehe diese Aussage nicht.
    Es sei denn, Du würdest mir in der Bewertung folgen, daß die SED natürlich nicht zu den „Anständigen“ gehört. Aber das würde mich etwas wundern.

    Im übrigen ist das „die Zeit der Ausgrenzung ist vorbei“ das Motto, das man in einigen Jahren auch über die AfD sagen wird. Weil es letztlich keinen echten Unterschied in der mangelhaften demokratischen Qualität zwischen den beiden Pendants links- und rechtsaußen gibt. Und wenn die SPD inzwischen (siehe Bremen) ungeniert ihre Machtmehrheiten linksaußen holt, wird die Union nicht ewig auf ihre Option darauf verzichten.

    • Stefan Sasse 24. Juni 2019, 16:16

      Du kannst gerne deinem Bothsiderismus fröhnen, aber das macht ihn nicht wahrer.

      • R.A. 27. Juni 2019, 09:55

        Du kannst die Anwendung gleicher Kriterien für links und rechts als „Bothsiderismus“ abtun, aber damit weichst Du nur aus.
        „Koalitionsfähigkeit“ oder „Anständigkeit“ lassen sich nur an objektiven Kriterien festmachen, nicht daran, ob es gerade ins Machtkalkül für eine Seite paßt.

  • Stefan Sasse 25. Juni 2019, 05:58

    Stefan, ich mach hier mal einen neuen Strang auf. Du sagtest, dass Strafen in Deutschland generell niedrig sind. Das hab ich bisher so noch nirgends gelesen, aber es ist ein spannender Aspekt. Ich hatte etwa die absurden Gefängnisstrafen in den USA als ein spezifisch amerikanisches Thema gesehen, und die hohen Geldstrafen für Geschwindigkeitsübertretungen in Skandinavien als eine Besonderheit dort. Hast du einen Überblick, wie das aussieht oder woher das kommt beziehungsweise magst einen schreiben? Ich finde das super spannend!

    • Stefan Pietsch 25. Juni 2019, 06:43

      Sicher sind die USA kein guter Vergleich, weil aus verschiedenen Gründen besonders. Aber ich habe auch nur einen fragmentierten Einblick, wahrscheinlich noch am besten in Spanien und UK. Mir fiel der frappierende Unterschied bei einem spektakulären Fall der Vergewaltigung in Spanien auf, der zwei sehr aktuellen Fällen hier ähnelte und wo die Strafen deutlich unterschiedlich ausfielen. Dazu muss man wissen, dass in Deutschland selbst sehr schwere Delikte (außer Mord) nur bis 10 Jahren geahndet werden, in sehr seltenen Fällen zwischen 10-15 Jahren. Die Höchststrafen geben naturgemäß den gesamten Strafrahmen vor. Wer eine schwere Köperverletzung mit 2 Jahren ahndet, kann nicht einen einfachen Diebstahl oder Betrug mit 3 Jahren und mehr bestrafen. Hinzu kommt, dass sich die deutsche Justiz eher an den Mindeststrafen orientiert und von dort aufbaut.

      Etwas Objektives, noch dazu im internationalen Vergleich zu schreiben, ist außerordentlich schwierig. Dazu müsste ich zumindest auf eine Datenbank zurückgreifen können, wo die Strafrechte katalogisiert sind. Hm, am ehesten wäre zu fragen, wie bestimmte Vergehen wie Mord, Körperverletzung, Raub, Betrug und Sexualdelikte bestraft werden. Eine Überlegung ist es wert.

      • Stefan Sasse 25. Juni 2019, 12:24

        Ich finde nämlich generell ein niedriges Strafenniveau gut, daher auch die Frage. Wäre cool!

        • Rauschi 26. Juni 2019, 07:59

          Ich finde nämlich generell ein niedriges Strafenniveau gut, daher auch die Frage.
          Warum? Die Frage sollte doch sein, welches Strafmass führt zu weniger Straftaten und Rückfällen und Anteil der Bevölkerung im Gefängnis. Das wäre dann das sinnvollere System, das anzustreben wäre. Aber so platt, kurze Strafen greift da überhaupt nicht.
          [Wie schafft man es, dass Häftlinge nach ihrer Entlassung nicht rückfällig werden und wieder hinter Gittern landen? Sollen die Straftäter den Knast möglichst gut oder möglichst schlecht in Erinnerung haben? Möglichst gut, sagen die Norweger. Die Rückfallquote in dem skandinavischen Land ist extrem niedrig. FOCUS Online hat in norwegischen Gefängnissen erfahren, warum die Häftlinge nicht fliehen, selbst wenn sie es könnten…
          Nur jeder fünfte Straftäter in Norwegen landet mehr als einmal im Knast, in Deutschland ist es laut einer Studie im Auftrag des Bundesjustizministeriums jeder zweite. Das ist ein eklatanter Unterschied, auch wenn sich die Rückfall-Statistiken in unterschiedlichen Ländern aufgrund unterschiedlicher Erhebungsverfahren schwer vergleichen lassen. ]
          https://www.focus.de/perspektiven/14-laender-14-reporter/14-laender-14-reporter-norwegen-5-gruende-warum-norwegens-haeftlinge-nicht-rueckfaellig-werden_id_9803285.html

    • Cimourdain 26. Juni 2019, 18:54

      Strafmaße sind schwer zu vergleichen, da vielfach nicht einmal die Delikte gleich bestimmt werden. Die Unterscheidung zwischen Mord und Totschlag ist z.B. eine deutsche Besonderheit.
      In Europa gibt es in Bezug auf die höchsten Strafen folgendes Bild: Die Todesstrafe ist abgeschafft, weil nicht mit den Menschenrechten vereinbar; ebenso Körperstrafen. Was lebenslängliche Haft betrifft, so ist das Bild differenziert: Einige Staaten verhängen sie gar nicht mehr, bei der Mehrzahl ist die maximale Regelhaftdauer auf zwischen 10 und 30 Jahren beschränkt ( D: 15 Jahre), in einigen gibt es ein Begnadigungsrecht und wenige (darunter GB) verhängen Haftstrafen ohne jede Möglichkeiten, sie zu Beenden ( Bei diesen ist die Vereinbarkeit mit den Menschenrechten allerdings umstritten).
      Der Blick in andere Weltgegenden (Afrika, Südostasien, arabischer Raum, aber eben auch USA) ist deprimierend. Eine bemerkenswerte Ausnahme stellt Lateinamerika dar: Nicht nur ist in den meisten Staaten die Todesstrafe in Friedenszeiten abgeschafft, in vielen Staaten gibt es auch keine lebenslange Haft mehr.
      Was das konkrete Beispiel gemeinschaftliche Vergewaltigung betrifft, so ist das Starfmaß 2 bis 15 Jahre, in schweren oder besonders schweren Fällen erhöht sich das Mindeststrafmaß auf 3 bzw. 5 Jahre. Der hohe Ermessensspielraum des Gerichts ist auch eine deutsche Besonderheit. ( die imho bei aller Aufregung über einzelne verhängte Strafzumessungen besser ausgewogene Ergebnisse bewirkt)

      • Stefan Sasse 27. Juni 2019, 06:19

        Ich mag das deutsche System auch deutlich mehr als die angelsächsischen Varianten. Danke für die Hintergründe. Ich würde in meiner Argumentation daher tendenziell umschwenken: das Problem ist nicht das laxe deutsche Strafrecht für Autofahrer, sondern die gesellschaftliche Haltung dazu, vieles als Kavaliersdelikte zu sehen. Von Standstreifennutzung über Rasen hin zum Drängeln.

      • R.A. 27. Juni 2019, 09:52

        „Die Unterscheidung zwischen Mord und Totschlag ist z.B. eine deutsche Besonderheit.“
        Nicht wirklich.
        Im Prinzip gibt es diese Unterscheidung eigentlich in jedem Rechtssystem, im angelsächsischen Raum heißt das dann „murder“ vs. „manslaughter“. Auch die Kriterien für die Unterscheidung sind im Kern überall gleich (im wesentlichen geht es um die böse Absicht vs. Versehen).
        Ungewöhnlich ist im deutschen Rechtssystem nur die indirekte Formulierung über die Person statt über den Tatbestand – aber das spielt für die Rechtspraxis keine Rolle.

        • Cimourdain 27. Juni 2019, 16:39

          Stimmt, wobei manslaughter teilweise auch Körperverletzung mit Todesfolge und ( involuntarty manslaughter) fahrlässige Tötung bezeichnen kann.

  • Peter Zeller 25. Juni 2019, 10:34

    Hallo, Herr Sasse, früher war es die Chefarztgattin mit ihrem Merzedes-Coupé, heute ist es das Managerehepaar mit seiner Penthousewohnung. Dabei haben die auf dem Weg zum Penthouse einen Haufen Steuern bezahlt.

    Die Ungleichung: Wenige Superverdiener x Umweltschaden/Nase > sehr viele Wenigverdiener x Umweltschaden/Armennase muß nicht stimmen.

    Alphonse Allais: Il faut prendre l’argent là où il se trouve : chez le pauvres. Ils n’en ont pas beaucoup, mais ils sont si nombreux.

    Gruß

  • Cimourdain 25. Juni 2019, 16:00

    Nachtrag: Launige Wortklauberei zu 1):

    ‚Regime‘ (übertragen): Lenkung, Leitung, Führung „Er führte ein strenges Regime in der Firma“

    Also sind Konservative Befürworter eines ‚autoritären Regimes‘ …

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