Demokratische Kaffeesatzleserei

Ein interessanter Kommentar von Ko-Autor Stefan Pietsch zu meinem Artikel bezüglich der Großen Koalition hat mich zum Nachdenken gebracht, und weil wir hier ja schon auch Nachdenkseiten sind, habe ich das Ergebnis davon in diesen Blogpost gegossen. Was, kein Applaus für billige Wortwitze? Ok. Ab in medias res.

Rein aus SPD-Sicht ist das jetzige Verhandlungsergebnis wahnwitzig gut, wenn man nochmal kurz auf das Wahlergebnis guckt.

Das ist der Punkt. Und der Fehler. Ich habe nie verstanden, dass manche Wahlergebnisse so interpretieren. Demokratische Wahlen sollen den Willen des Volkes zum Ausdruck bringen und die Gewählten diesen bestmöglich umsetzen. Das ist mein Verständnis von Demokratie und es ist klassisch. Man kann einiges aus dem Wahlergebnis herauslesen, aber kaum das, was im Koalitionsvertrag steht. Dazu wurde die sozialdemokratische Partei weiter abgestraft, was man nicht zwingend als Auftrag ansehen kann, das eigene Programm 1:1 umzusetzen.

Weißt Du, als Bush im Jahr 2000 unter strittigen Umständen und mit weniger Stimmen als sein Opponent Al Gore die US-Präsidentschaftswahlen gewann, war die einhellige Ansicht, er müsse auf die Unterlegenen zugehen und eine ausgleichende Politik machen. Mehrheit ist eben nicht immer einfach Mehrheit. Dieser Koalitionsvertrag sagt, wir haben nichts verstanden und wir machen weiter wie bisher. Wenn Du das, selbst aus SPD-Sicht gut findest, ist das Deine Sache. Aber ich wie die deutliche Mehrheit der Bevölkerung stören sich erheblich an einer solchen Sichtweise.

Ich halte das für demokratische Kaffeesatzleserei. Die Vorstellung, es gäbe einen „Wählerwillen“, den die Politik erkennen und umsetzen müsse, ist ebenso Unfug wie die Idee, dass es unterschiedliche Mehrheiten gibt, die definieren, wie viel vom eigenen Programm die Partei umsetzen darf. Es ist einer dieser demokratischen Mythen, die ständig kolportiert werden, die aber keinerlei Verankerung in der Realität haben und auch nie hatten.

Das fängt schon mit dem Beispiel des Autors an. Bushs gestohlener Wahlsieg von 2000 führte gerade nicht dazu, dass er eine moderate Präsidentschaft geführt hätte, wie er dies im Wahlkampf noch versprochen hatte, als er wusste, dass sich mit radikalen Botschaften keine Wahlen gewinnen ließen („compassionate conservatism„). Bush begann direkt nach seiner Wahl einen ziemlich unverhohlen rechten Kurs zu fahren, der sich deutlich von dem zentristischen Weg des späteren Clinton unterschied. Dieser reichlich unpopuläre Kurs wurde dann bald von der durch die Anschläge von 9/11 erzeugten Schließung der Reihen hinter dem Präsidenten überdeckt, aber die nicht-existente Mehrheit machte Bush nicht bescheiden; im Gegenteil, sie ließ die Republicans die Macht ausnutzen, solange sie sie halten konnte, wie sie es seit 2016 auch wieder tun. Auch die Democrats nutzten ihre Mehrheiten (die allerdings tatsächlich einer Mehrheit des Wählerwillens entsprangen) von 1992 und 2008 dazu, ihr Programm umzusetzen. Das ist das, was Politiker tun.

Und bevor jemand auf die Größe des Sieges verweist: ganz egal wie groß der Sieg in den jeweiligen Wahlen war, die Wähler sind grundsätzlich danach unzufrieden und wählen den jeweiligen Gegner. Immer. Als Lyndon B. Johnson 1964 die Wahlen mit einem der größten Erdrutschsiege der US-Geschichte erreichte, erzählten danach diverse Leute trotzdem, dass er eigentlich kein Mandat für seine wegweisende Civil-Rights-Politik habe und eine moderate, ausgleichende Politik fahren müsse. Das Narrativ ist immer dasselbe, und es kommt zuverlässig mit jeder Wahl aufs Neue wieder.

Aber das ist blanke Kaffeesatzleserei, was aus mehreren Gründen ärgerlich ist. Einmal gibt es „den Wählerwillen“ nicht; „die Wähler“ sind eine große Masse von Individuen, die aus den verschiedensten Gründen so wählen wie sie wählen. Ein Neonazi, der die AfD wählt weil er darauf hofft, dass sie insgeheim genau seine Partei ist und nur respektabel tut, hat völlig andere Motive als ein enttäuschter protestwählender Sozialdemokrat, der seinen Arbeitsplatz zwischen Agenda2010 und der Ankunft der Flüchtlinge bedroht sieht. Die Demoskopie kann zu einem gewissen Grad versuchen, diese Disparitäten zu analysieren, aber es ist wohl kein Zufall, dass gerade die professionellen Kaffeesatzleser die Demoskopie entschieden ablehnen.

Andererseits wählt man ein Parlament und gegebenenfalls einen Regierungschef über größere Perioden von vier oder fünf Jahren. Wenn in drei Jahren eine neue Krise auftritt oder ein neues Thema sich ins Rampenlicht schiebt, was ist dann „der Wählerwille“? Auch hier wird hauptsächlich Kaffeesatzleserei betrieben. Dazu kommt, dass die Berufung auf den Wählerwillen zuverlässig nur dann geschieht, wenn dieser mit der eigenen Meinung komplementär läuft und die Regierung dieser gerade nicht entspricht, während im gegenteiligen Fall das verführte/ungebildete/sowieso doofe Volk von den verantwortlich und pragmatisch, ja vielleicht gar alternativlos handelnden Staatsmännern und -frauen zu ihrem eigenen Besten ignoriert werden muss. Man muss gar nicht weiter schauen als zu Organen wie der FAZ, die grundsätzlich wenig Probleme damit hatten als eine All-Parteien-Koalition gegen massives Unbehagen aus der Bevölkerung die Agenda2010 durchpeitschte, aber sich in ehrlicher demokratischer Sorge die Haare raufte, als dieselbe All-Parteien-Koalition die Flüchtlinge ins Land ließ (was im Übrigen noch absurder wird wenn man bedenkt, dass diese Argumentationslinie nahtlos von der Kritik der Minderheit gegen die Willkommenskultur mit einer Inszenierung von „wir sind die wenigen die klar sehen“ zu einer selbstgerechten Pose der Volksversteher als „Stimme des vergessenen einfachen Manns von der Straße“ wechselte).

Zuletzt aber muss gesagt sein, dass dieser Idee, dass die Politik nur ausführendes Organ des jeweiligen Wählerwillens sei, schlichtweg nicht der Realität entspricht. Es ist ein Mythos. Wir sind eine BundesREPUBLIK, und wir treffen politische Entscheidungen nicht per Akklamation auf der Agora ( wo im Übrigen Entscheidungen auch nicht gerade im Konsens fielen, sondern hauchdünne Mehrheiten 180°-Wendungen in der Politik vollzogen, aber das ist eine andere Geschichte). Wir wählen Repräsentanten für einen vorher festgelegten Zeitraum, und diese Repräsentanten treffen diese Entscheidungen für uns. Das ist im wahrsten Sinne des Wortes das, wozu Abgeordnete da sind. Deren Entscheidungen mögen einem nicht gefallen. Aber im Gegensatz zu den Journalisten bei der FAZ oder den Schlammschleuderern bei der BILD wurden sie gewählt und besitzen demokratische Legitimation.

Auf der anderen Seite ist es das Recht jedes Bürgers als Individuum und der Presse als Institution, diese Entscheidungen zu kritiseren, zu hinterfragen, zu bejubeln oder lautstark Änderung zu verlangen, ob über einen gesetzten Leitartikel, eine „Volksverräter!“-Brüll-Demo oder einen Kommentar in einem der besten Politikblogs der Republik. Die Politik mag darauf eingehen oder auch nicht. In beiden Fällen ist die Abhilfe, die dem Bürger zur Verfügung steht, die Abwahl der bestehenden Politiker und ihre Ersetzung durch neue.

Es ist an dieser Stelle auch wohlfeil darauf zu verweisen, dass der Bürger die Möglichkeit dazu in der Praxis nicht hat, weil das zur Auswahl stehende Personal von den Parteien in internen Prozessen festgelegt wurde. Das ist ebenso wahr wie irrelevant. Das Gundgesetz gibt den Bürgern nicht nur demokratische Rechte, sondern auch demokratische Pflichten¹. Nirgendwo steht geschrieben, dass nur weil ich in einem Moment gerade mit irgendetwas unzufrieden bin ich plötzlich umwerfen können soll, was andere in Jahren und Jahrzehnten politischer Arbeit aufgebaut haben.

Konkret: Bürger haben das grundgesetzlich verbriefte Recht, sich in demokratischen Parteien zu engagieren. Sie haben kein grundgesetzlich verbrieftes Recht, dass sich die diejenigen Bürger, die lange und harte Arbeit in dieses Engagement investiert haben, von einigen Dauernörglern überstimmen lassen müssen. Deine Partei hat Positionen, die dir nicht gefallen? Dann tritt ein, finde gleichgesinnte und verändere sie von unten. Dass Leute sich ernsthaft darüber beklagen, dass die SPD nicht bereit ist einigen Leuten, die kurz vor knapp eintreten (und danach vielleicht gleich wieder aus) dasselbe Recht zuzugestehen, die komplette Zukunft der Partei zu entscheiden, ist nicht nachvollziehbar.

Und ich schreibe das alles aus Position von jemandem heraus, der nicht Mitglied in irgendeiner Partei ist. Ich habe aus meinen eigenen Gründen ein parteipolitisches Engagement bisher gescheut. Die Vorstellung, ich könnte einer Partei, die in demokratischen Wahlen eine Mehrheit errungen hat, das Recht absprechen Politik zu betreiben ist absurd. Ich kann diese Politik kritisieren und lautstark fordern, sie möge eine andere betreiben. Aber so zu tun, als dürfe sie ihre Politik nicht betreiben, als ob das irgendwie der Demokratie zuwiderlaufe, ist Unsinn, der in einem mythischen Demokratieverständnis fußt, das nichts mit der Realität zu tun hat. Wenn man dann politikverdrossen wird, weil seine eigene Märchenversion nicht umgesetzt wird, ist natürlich schade, aber nicht den Politikern anzulasten, die tatsächlich vorne (oder oben) dafür arbeiten, ihre erklärten Ziele Wirklichkeit werden zu lassen.

¹ Ich möchte diesen Gedanken hier noch etwas näher ausführen. Das Grundgesetz selbst sagt insgesamt sehr wenig zu diesem gesamten Partizipationskomplex. Relevant ist Artikel 21: „Die politischen Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit“, mit dem magischen Zusatz: „Alles Nähere regelt ein Bundesgesetz.“ Das entsprechende Bundesgesetz, auf das hier verwiesen wird, ist das Parteiengesetz, und dieses geht deutlich mehr ins Detail als der eine dürre Satz aus dem Grundgesetz, das nicht viel mehr tut als die essenzielle Rolle der Parteien endlich formal anzuerkennen.

Das Parteiengesetz legt fest, dass Parteien einigen Grundsätzen gehorchen müssen. Sie müssen die freiheitlich-demokratische Grundordnung anerkennen und verteidigen, innerparteiliche Demokratie üben, Transparenz über ihre Finanzen geben und ein für alle zugängliches Wahlprogramm haben. Neben diesen formalen Anforderungen gibt das Parteiengesetz den Parteien einige weitere Aufgaben an die Hand, die sie erfüllen müssen: sie müssen die Öffentlichkeit informieren (das ist bei weitem nicht das Prärogativ der Medien!), sie müssen „zur Übernahme politischer Verantwortung befähigtes Personal herausbilden“, sie müssen sich Wahlen stellen und aktiv zur Übernahme politischer Verantwortung bereit sein (hallo FDP), sie müssen sich selbst der Partizipiation, Kritik und Fragen der Bürger öffnen, etc.

Diese Reihe von Pflichten aus dem Parteigesetz schafft aber gleichzeitig die demokratische Legitimation von Parteien. Wenn ein Bürger nicht daran interessiert ist, sich in die programmatische Entwicklung einer Partei einzubringen oder gar für die Übernahme politischer Verantwortung ausbilden zu lassen, dann überlässt er das jenen, die es tun. Die Kandidatenauswahl findet hier statt, gesetzlich geregelt; nimmt der Bürger nicht daran teil ist das sein gutes Recht, aber er kann sich dann halt auch schlecht darauf berufen, keine Auswahl zu haben. Wer die Verantwortung scheut, übt sie auch nicht aus.

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  • Stefan Pietsch 11. Februar 2018, 17:23

    Ich finde Deine Argumentation nicht stringent. Wenn Du auf die Position gehst, wir würden ja nur Abgeordnete wählen, ist das verfassungsrechtlich richtig. Aber Kandidaten für das Parlament stellen keine Parteiwahlprogramme auf, das tun, wie der Name sagt, Parteien. In dem Moment, wo sie den Bundestag gewählt werden, werden sie zu Vertretern des ganzen Volkes und nicht mehr einer Partei. Daher ist es auch richtig, wenn Fraktionen sich von Partei- und Wahlprogrammen ein Stück lösen.

    Aber genau dazu siehst Du keinen Grund. Im Gegenteil, Du vermischt die verfassungsrechtliche Theorie mit der parteipolitischen Interpretation. Die SPD hat mit den von ihr nominierten Kandidaten ein Programm vorgestellt und wollte dafür Mehrheiten erreichen. Das ist definitiv nicht gelungen, im Gegenteil, die Wähler fanden genau das nicht überzeugend. Würdest Du allein bei Deiner parteipolitischen Argumentation bleiben, so muss man zu dem Schluss kommen: abgewählt. Auch in späteren Verhandlungen ergibt sich kein demokratietheoretisches Argument, warum es dem Demokratiegebot entsprechen sollte, die sozialdemokratischen Ansichten zu einer Mehrheit zu verhelfen. Schließlich hat eine klare Mehrheit das anders gesehen. Volkes Wille ist das nicht.

    Bleibst Du jedoch bei der verfassungsrechtlichen Begründung, ist das Wahlprogramm mit dem Wahltag Null und nichtig. Die Fraktionen bzw. ihre Führung sind frei, ein Vertragswerk der Zusammenarbeit auszuhandeln. Wenn dann die sozialdemokratischen Verhandlungsführer seltsamerweise mit Vorschlägen aufwarten, nur auf Basis des Parteiwahlprogramms verhandeln zu wollen, so passt das nicht zu ihrem grundgesetzlichen Auftrag als frei gewählte Abgeordnete des ganzen Volkes und nicht der SPD oder ihrer Wähler.

    Die unabhängigen Beobachter waren sich jedenfalls im Konzert mit Demoskopen und den Erhebungen am Wahltag einig: die Flüchtlingskrise und der nach Ansicht einer breiten Mehrheit „falsche“ Umgang mit der Migration hat zu einem erdrutschartigen Stimmentzug für die Parteien geführt, die einstmals mit einem kleinen Partner die Regierung stellen konnten.

    Keiner dieser Beobachter behauptete, die Mehrheit wollte damit zu Ausdruck bringen, eine reine Abschottungspolitik zu betreiben. Insoweit gibt es Freiheiten der Interpretation. Der Schluss jedoch, macht doch einfach weiter wie bisher, ist keine Mehrheitsmeinung des Wahlvolkes.

    • Stefan Sasse 11. Februar 2018, 18:10

      Selbstverständlich können sich Abgeordnete vom Parteiprogramm lösen. Das müssen sie ja sogar, wie sollen denn sonst Kompromisse entstehen? Die Abgeordneten sind nicht nur von der Laune des Augenblicks beim Wähler unabhängig, sondern auch von ihrer Partei. Meine Argumentation ist die: Da die Abgeordneten von den Wählern auf Zeit als Repräsentanten gewählt werden, braucht der Wähler etwas, woran er sich orientieren kann, zur Einschätzung des Abgeordneten. Diese Rolle erfüllen die Parteien. Ich muss als Wähler annehmen können, dass ein Abgeordneter das Parteiprogramm soweit möglich als Grundlage für sein Handeln nimmt. Und die Parteien können Abgeordnete auf ihre Linie zu bringen versuchen. Möchte ein Abgeordneter von seiner Gewissensfreiheit Gebrauch machen und diesen Schritt nicht mitgehen steht ihm das frei, aber die Partei kann ihn dafür sanktionieren – schließlich wurde der Abgeordnete üblicherweise mit der Annahme gewählt, die Parteilinie im Großen und Ganzen zu vertreten (Ausnahmen wie Bülow oder Gauweiler bestätigen die Regel).

      Wie du dich sicher erinnerst HAT die SPD aus dem Wahlergebnis die Schlussfolgerung gezogen, abgewählt worden zu sein. Es war die Weigerung der FPD, ihr zu Recht als Wahlsieg wahrgenommenes Ergebnis als Regierungsauftrag zu begreifen, die die Partei überhaupt erst in diese Lage gebracht hat.

      Dass die Flüchtlingskrise entscheidend für den Wahlausgang war bezweifle ich ja gar nicht. Ich finde das nur doof und bin der Meinung, dass andere Themen nun in den Vordergrund rücken sollten.

    • Erwin Gabriel 12. Februar 2018, 23:56

      @ Stefan P.

      In dem Moment, wo sie den Bundestag gewählt werden, werden sie zu Vertretern des ganzen Volkes und nicht mehr einer Partei. Daher ist es auch richtig, wenn Fraktionen sich von Partei- und Wahlprogrammen ein Stück lösen.

      Da kann ich nicht zustimmen. Es wählt ja nicht das ganze Volk alle Abgeordneten zusammen; zumindest die Direktmandate werden von den Wahlberechtigten eines Wahlkreises gewählt. Und Wähler auf dem Land können durchaus andere Interessen haben als Stadtbewohner.

      Und als „Gesamtvolksvertreter“ müsste jeder Abgeordnete außerdem in der Lage sein, wiederum den gesamten Wählerwillen auszumitteln. Das wiederum würde zwangsläufig zu stets 100%igen Abstimmungsergebnissen führen.

      Abgeordnete und Parteien sind Vertreter bestimmter Wählerinteressen (andernfalls würden Parteien keinen Sinn machen). Die Ausmittlung der unterschiedlichen Wählerwillen erfolgt eben in Koalititonsverhandlungen, Lesungen der Gesetze, gemeinsame Gremien etc.

      PS: Als es um Jamaica ging, haben Sie nicht nur die Versuche der FDP verteidigt, ihre Klientel-Politik gegen beispielsweise die Klientelpolitik der Grünen oder der CDU durchzusetzen; Sie fanden es (wie ich ja auch) gut, dass die FDP einen Rückzieher machte, als sie ihre Vorstellungen nicht durchsetzen konnte.

      Wenn die SPD ihre Politik so stark durchsetzen konnte, liegt der Fehler nicht bei der SPD, sondern bei der CDU.

      Viele Grüße
      E.G.

      • Stefan Pietsch 13. Februar 2018, 13:32

        Ich habe versucht deutlich zu machen, dass man entweder verfassungsrechtlich oder politologisch argumentieren kann. Wenn man jedoch beides vermischt, kommt Quark raus. Verfassungsrechtlich ist jeder Abgeordnete dem Wohl des ganzen Volkes verpflichtet. Parlamentarier, die jedoch durch die Macht ihrer Parteien Einfluss erhalten, werden immer Rücksicht auf „ihre“ Wählerschaft nehmen. Nur ist beides auseinanderzuhalten.

        Die FDP hat ihren Ausstieg anhand von fünf Punkten festgemacht, von denen die wesentlichen die Uneinigkeit über den Soli und der andere die Ausweitung der europäischen Transferunion waren. Gegen den Soli sprechen ganz erhebliche verfassungsrechtliche als auch politische Gründe. Angesichts hoher Steuereinnahmen wirkt das finanzpolitische Argument nicht. Das Unwohlsein über eine Transferunion, welche den europäischen Verträgen entgegensteht, steht bereits das politische Argument, nämlich die Entstehung der AfD. Dazu kommt, dass eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung weitergehende Maßnahmen ablehnt, der Deutsche Bundestag hat damit in seiner Mehrheit keinen Rückhalt beim Souverän. Man kann gute Gründe finden, dennoch die europäische Integration voranzutreiben. Was man nicht kann: Parteien, die auf die grundsätzlichen Bedenken in der Bevölkerung hinweisen und darüber auch eine Zusammenarbeit platzen lassen, einen Vorwurf machen.

        Wenn die SPD ihre Politik so stark durchsetzen konnte, liegt der Fehler nicht bei der SPD, sondern bei der CDU.

        Das kann man so sehen, muss man aber nicht. Auch die SPD muss sich, gerade in Regierungsverantwortung, fragen, was bei ihr die Gründe für den Niedergang sind als auch, wohin es eine deutliche Mehrheit des gesamten Wahlvolkes zieht. Immerhin wurde so bei den Liberalen Anno 2010 argumentiert, warum diese nicht ihre Steuererleichterungen bekamen, obwohl es dazu einen Prüfauftrag im Koalitionsvertrag gab.

        • Ariane 13. Februar 2018, 14:00

          Auch die SPD muss sich, gerade in Regierungsverantwortung, fragen, was bei ihr die Gründe für den Niedergang sind als auch, wohin es eine deutliche Mehrheit des gesamten Wahlvolkes zieht.

          Äh? Du machst jetzt ernsthaft der SPD einen Vorwurf daraus, dass sie gut verhandelt hat und viele ihrer Anliegen in den Koalitionsvertrag einbringen konnte???

          • Stefan Pietsch 13. Februar 2018, 15:16

            Wenn Du so willst, ja. Aber es zeigt eher, dass Du Dich in mein Denken nicht hineinversetzen kannst. Nehmen wir an, der HSV wäre auf der Suche nach einem neuen Trainer. Angesichts der prekären sportlichen und finanziellen Lage und auch wegen des schlechten Image des Klubs könnte jemand, der bisher nur mittelprächtige Zweitligisten trainiert hat, einen Vertrag aushandeln, der ihm völlig freie Hand gibt. Der Kandidat erhält vertraglich zugesichert die Erlaubnis, Spezialtrainer nach Gutdünken einzustellen und die Philosophie in allen Jugendmannschaften zu diktieren. Er allein hätte das letzte Wort bei Transfers.

            Am Abend könnte der künftige Trainer voll zufrieden nach Hause fahren und mit seiner Frau feiern, wie toll er verhandelt hätte. In den Gremien des HSV wie bei den Jugendtrainern des Clubs und im Sportvorstand krumelt es dagegen, zahlreiche Angestellte des Vereins stehen davor zu rebellieren oder gar ihre Ämter niederzulegen.

            Bei Bayern München war so eine Situation unter Jürgen Klinsmann. Und da Du fußballaffin bist, weißt Du wie die Geschichte ausgegangen ist. Ein Durchmarsch ist selten ein echter Sieg. Am Ende bestimmt nicht die SPD, sondern der Wähler, ob das gut ist, was die Partei in Regierungsämtern macht. Und wer sich über den Tisch gezogen fühlt, wer sich ausgenutzt fühlt, wer sein Vertrauen missbraucht fühlt, ja der Ariane, ist am Ende besonders wütend und wird nicht ruhen, bis der Opponent erledigt ist.

            Ich hatte bereits geschrieben, dass jede neue Verantwortung mich mit Demut erfüllt. Es geht beim Verhandeln nicht ums Siegen. Das ist nämlich keine Geschichte mit einem Endpunkt. Wo Du heute mehr bekommen hast, den anderen gar gedemütigt, das bekommst Du mit Zins und Zinseszins zurückgezahlt.

            Gerade wenn wir Verantwortung für andere übernehmen, geht es um weit mehr als unsere eigenen Interessen durchzusetzen. Unbestritten scheint zu sein, dass die SPD-Führung am Ende die Union mit ihren Postenforderungen erpresst hat. Schulz & Co. haben sich nur selbst gesehen. Das vergisst kein Eigentümer eines Unternehmens, so etwas vergisst kein Ehepartner oder Freund, so etwas vergisst auch kein Wähler.

            Demut ist etwas, was Linken fremd ist. Leider.

            • Erwin Gabriel 13. Februar 2018, 18:19

              @ Stefan P.

              Gerade wenn wir Verantwortung für andere übernehmen, geht es um weit mehr als unsere eigenen Interessen durchzusetzen. Unbestritten scheint zu sein, dass die SPD-Führung am Ende die Union mit ihren Postenforderungen erpresst hat.

              Warum sollte sie nicht? Hat und hätte die CDU genauso gemacht.

              Schulz & Co. haben sich nur selbst gesehen. Das vergisst kein Eigentümer eines Unternehmens, so etwas vergisst kein Ehepartner oder Freund, so etwas vergisst auch kein Wähler.

              Wenn mich meine Frau betrügen würde, hätte ich auch weniger Hemmungen. Wenn mich ein Geschäftspartner mehrfach über den Tisch gezogen hätte, würde ich es auch bei ihm probieren.

              Als Wähler hätte ich mich gefreut, wenn die FDP ihre Positionen durchgesetzt hätte, die Prozente beim Wahlergebnis wären mir egal gewesen. Und ich kenne genug, die das Gleiche von den Grünen erwartet hätten. Wer sich an den Spieltisch setzt, darf gerne auch versuchen zu gewinnen.

              daumendrückende Grüße
              E.G.

              Demut ist etwas, was Linken fremd ist. Leider.

              • Stefan Pietsch 13. Februar 2018, 20:24

                Sie sind lange genug im Geschäft, um zu wissen: es gibt keinen wirklichen Endpunkt. Der Abschluss eines Vertrages ist der Beginn, nicht das Ende einer Partnerschaft. Und es ist nicht klug, in einem Vertrag allein die eigenen Belange berücksichtigen zu wollen. Bei vielen Verträgen des Privatrechts, insbesondere Eheverträgen, sind solch einseitig abgeschlossenen Vereinbarungen sogar nichtig, wenn ein Partner übervorteilt wird. Wir wissen also sehr wohl, was die Basis einer guten Zusammenarbeit ist. Übrigens: jeder Vertrag kann auch gekündigt werden.
                in den
                Ein Koalitionsvertrag hat überhaupt kein Formerfordernis. Und über die Auslegung wacht kein Richter, sondern das Bundeskanzleramt, das die Gesetzesvorhaben der Ministerien koordiniert und blockieren kann. Nicht zuletzt die SPD hat sich letzten Monaten beschwert, dass genau dies mit einigen Vorhaben des Koalitionsvertrages von 2013 passiert sei. Spannend, wie die Union sich rächen würde, wenn 2019 / 2020 Merkel abgelöst würde und das Bündnis dennoch eine Fortsetzung erführe.

                Ein Vertrag ist eben eine Vereinbarung von Partnern. Genau das hatte ich ja beim Umgang mit der FDP kritisiert. Partner gönnen sich etwas und missgönnen sich nicht das Schwarze unter den Nägeln.

                Nein, ich verhandle nie so, dass ich in Vertragsgesprächen aufs Ganze gehe. Das rächt sich in der Regel schnell.

                • Erwin Gabriel 15. Februar 2018, 11:18

                  @ Stefan P.

                  Da kommen wir, glaube ich, nicht aufeinander. Wenn ich auf ein Produkt oder eine Leistung besonderns angewiesen bin, muss ich jeden Preis akzeptieren; gibt es anderseits einen Überschuss, kann ich den Preis drücken.

                  Die CDU war nach dem Jamaica-Debakel auf die SPD als Partner stark angewiesen, die brauchten aber ein sozialdemokratisches Verhandlungsergebnis. Ohne SPD keine Merkel, ohne diesen Koalistionsvertrag keine Regierung mit der SPD.

                  Ich bin mit den Ergebnissen des Koalitionsvertrags aus anderen Gründen als Herr Sasse weißgott nicht zufrieden (dass ich mich als 60jähriger mehr um die Zukunft der jungen Leute und Familien sorge, und er sich mehr um die Fütterung der Rentner, ist schon skuril). Aber ein Fehlverhalten der SPD kann ich nicht entdecken, eher ein Klammern der CDU an die Macht um JEDEN Preis.

                  es grüßt
                  E.G.

                  • Stefan Pietsch 15. Februar 2018, 14:37

                    Die CDU war nach dem Jamaica-Debakel auf die SPD als Partner stark angewiesen

                    Nö. Wie Michael Spreng die Tage richtig feststellte, war die SPD in einer noch schlechteren Lage. Wenn es eine Partei gab, die Neuwahlen noch mehr fürchten musste als die Union, dann waren es die Sozialdemokraten. Und genau das war die Alternative. Die Christenparteien konnten darauf vertrauen, ihr Wahlergebnis vom 24. September halten zu können. Ganz anders als die SPD: seit dem Herbst signalisierte keine Umfrage eine Verbesserung der Zahlen. Neuwahlen würden die Partei Willy Brandts möglicherweise vernichten.

                    Kein Wunder, dass die SPD-Spitze ihr Glück kaum fassen kann und die Unionsspitze abseits der Kanzlerin teilweise von einer Demütigung spricht.

                    • Erwin Gabriel 15. Februar 2018, 19:07

                      @ Stefan Pietsch 15. Februar 2018, 14:37

                      Wie Michael Spreng die Tage richtig feststellte, war die SPD in einer noch schlechteren Lage. Wenn es eine Partei gab, die Neuwahlen noch mehr fürchten musste als die Union, dann waren es die Sozialdemokraten.

                      Aus meiner Einschätzung irrt Michael Spreng hier (nicht das erste Mal, dass es vollkommen anders lief, als er vorhersagte). Wenn die CDU stärker gewesen wäre, hätte man das gemerkt.

                      Mag sein, dass die SPD mehr Prozente als die CDU verloren hätte, aber ein Großteil der SPD-Mitglieder war bereit, diesen Preis für eine erhoffte Erneuerung zu zahlen.

                      Die Christenparteien konnten darauf vertrauen, ihr Wahlergebnis vom 24. September halten zu können.

                      Das bezweifle ich. Eine Angela Merkel, die gleich zweimal dabei versagt, eine Koalition auf die Beine zu stellen, hätte kein Vertrauen mehr , und innerhalb der CDU wären die Stimmen sehr viel lauter geworden, die sie eh‘ weghaben wollen. Und wie eine Wahl mit Von der Leyen, Klöckner oder sonst wem ausgegangen wäre, hätte in den Sternen gestanden. Jede Umfrage jetzt bezieht sich nur auf eine dann wenig aussagekräftige Situation mit widerspenstiger SPD und einer Kanzlerin Merkel.

                      Ich finde es fast schon widerwärtig, wie viel und was Frau Merkel ihrem Machterhalt und „Platz in den Geschichtsbüchern“ unterordnet, und wieviel Schaden sie bereit ist, anzurichten.

                    • Stefan Pietsch 15. Februar 2018, 19:37

                      Ich habe wenig Sympathie für Menschen, die in ihrem Leben nichts riskieren. Bei Führungskräften verachte ich die Risikoscheu ganz besonders. Schröder wäre in der Situation aufs Ganze gegangen, auch deswegen habe ich ihn geschätzt.

                      Die Umfragen der Union waren seit Herbst immer um die 33 Prozent oszillierend. Es ist richtig, das sagt noch wenig über die tatsächlichen Chancen. Nur, was sollen die Leute denn wählen? Die SPD wäre zu einer Kleinpartei geschrumpft, für die AfD wachsen die Bäume auch nicht in den Himmel. Ich bin sicher, Profiteure von der Krise (oder Abwicklung) der großen Volksparteien wären Grüne und FDP. Beide haben in ihrer Wählerschaft nur noch wenig mit den Parteien gemein, die sie vor 20 Jahren waren.

                      In ihrem letzten Akt wird Merkel zeigen müssen, ob sie gedenkt, ihre Partei zu zerstören oder geordnete Verhältnisse zu hinterlassen. Das Tableau für die Ministerposten sowie die Neubesetzung des Generalsekretärs werden hier wesentliche Fingerzeige geben. Ich bin gespannt.

                    • Ariane 15. Februar 2018, 20:33

                      Das ist jetzt natürlich alles Kaffeesatzleserei, aber für mich steht völlig außer Frage, dass bei möglichen Neuwahlen beide großen Parteien gerupft werden würden und niemand darauf hoffen darf, das alte Ergebnis auch nur zu halten. Ist aber natürlich Spekulation, weil kein Mensch (außer Kassandra Pietsch natürlich) weiß, wie so ein Wahlkampf und mit welchen Leuten das überhaupt ablaufen würde.

                      Als größte Fraktion hat die Union nun mal die Aufgabe zur Regierungsbildung und auch als einzige gar nicht die Möglichkeit, in die Opposition zu gehen und das Regieren irgendwem anders zu überlassen. Wenn sie keine Regierung gebildet bekommt, ist das natürlich ihr Fehler, denn es ist ja eben ihr Auftrag und nicht der einer anderen Partei. Da kommt so ein „die anderen sind alle doof und wollen nicht“ als Ausrede ein bisschen lahm daher. Dass es innerhalb der Partei ruhig bleibt glaube ich auch nicht und dass sich Ergebnisse halten oder gar verbessern lassen, wenn da plötzlich andere Leute vorne stehen ebenfalls nicht.

                      Die SPD verliert so oder so, die Genossen können es ja eh keinem recht machen und die Regierungsbildung kann eigentlich nur noch am Mitgliederentscheid scheitern und dann wären sie quasi schuld und alle Spitzenleute wären auch weg vom Fenster und sie müssten mit dem KühniKevin als Spitzenkandidat antreten oder so.

                      Die FDP hätte imo den Nachteil, dass sie die ganze Chaotik erstmal ausgelöst hat und Lindner sich im folgenden Wahlkampf wohl definitiv vorab festlegen müsste, ob er nun regierungswillig ist oder auf jeden Fall Opposition machen will und das würde wohl je nachdem irgendwo Stimmen kosten, so billig wie im letzten Wahlkampf kommt er meiner Meinung nach nicht mehr davon.

                      Die Grünen, die LINKE und die AfD könnten sich zurücklehnen, weil sie mit dem Hauptchaos nichts zu tun hatten. Obwohl die LINKE ihre eigenen Querelen aufführt und es der AfD vermutlich nicht so gut tut, wenn sich keiner für sie und ihre Themen interessiert.
                      Außer für die Grünen sehe ich da für niemanden irgendwelche Vorteile bei Neuwahlen, mal abgesehen davon, dass viele Bürger von dem Hickhack vermutlich ziemlich genervt wären und man auf gute Wahlbeteiligungen wohl nicht mehr hoffen braucht.

                    • Stefan Pietsch 15. Februar 2018, 22:22

                      Das ist jetzt natürlich alles Kaffeesatzleserei, aber für mich steht völlig außer Frage, dass bei möglichen Neuwahlen beide großen Parteien gerupft werden würden und niemand darauf hoffen darf, das alte Ergebnis auch nur zu halten.

                      Das wurde doch bisher von den Gegnern von Neuwahlen bestritten. Nun spielst Du mir den Ball zu. Genau, aufgrund der bewegten letzten Wochen gehe ich als Befürworter von Neuwahlen davon aus, dass ein Teil der Wähler sich neu orientiert würde. Und das ist die wesentliche Begründung, die für Neuwahlen spricht.

                      Das ist jetzt natürlich alles Kaffeesatzleserei, aber für mich steht völlig außer Frage, dass bei möglichen Neuwahlen beide großen Parteien gerupft werden würden und niemand darauf hoffen darf, das alte Ergebnis auch nur zu halten.

                      Nun mach‘ es Dir nach Monaten nicht so einfach. Die FDP konnte in den Sondierungen praktisch nichts gewinnen. Die Konsequenz, deswegen die Verhandlungen zu verlassen, hat ihr in einigen Milieus Respekt und Zustimmung eingebracht, in anderen möglicherweise nicht. Da jedoch die Union gezeigt hat, dass bürgerliche Werte bei ihr denkbar schlecht aufgehoben sind, könnte sich das als Vorteil für die Liberalen entpuppen.

                      Wenn das Sondierungsergebnis von Union und SPD praktisch das Gleiche ist wie das zwischen den Jamaika-Parteien, dürftest auch Du zu dem Schluss kommen, dass für die FDP keine Beute zu machen war. Und wenn 70% des Koalitionsvertrages original SPD-Wahlprogramm ist, wird das mit Sicherheit den Großteil der Wähler nicht freuen, die Union und FDP gewählt haben. Von den AfD-Anhängern ganz zu schweigen.

                      Was denkst Du, wird die Reaktion sein? Den Koalitionsvertrag hat die CDU maßgeblich verhandelt, sie könnte für das miese Resultat verantwortlich sein. Es könnte also sein – und die Umfragen deuten in diese Richtung – dass die bürgerlichen Wähler zu dem Schluss kommen, dass die Union selbst möglicherweise einen Fehler gemacht hat, weil sie Jamaika nicht zustande gebracht hat. Denn die genannten Fakten sind inzwischen entweder breit bekannt oder im Gefühl vieler Wähler angekommen.

                      Außer für die Grünen sehe ich da für niemanden irgendwelche Vorteile bei Neuwahlen, mal abgesehen davon, dass viele Bürger von dem Hickhack vermutlich ziemlich genervt wären und man auf gute Wahlbeteiligungen wohl nicht mehr hoffen braucht.

                      Das ist nicht gesagt. Eine Mehrheit ist ziemlich angenervt von dem Quark der Parteien. Und je nach Fragestellung hat sich bis vor kurzem eine relative oder absolute Mehrheit für Neuwahlen ausgesprochen. Woher hast Du die Überzeugung, dass die Bürger in Mehrheit froh über das Zusammenpressen von zwei ehemaligen Großkoalitionären sind, die ganz offensichtlich nicht mehr miteinander wollen?

              • Stefan Sasse 13. Februar 2018, 21:35

                Ja, jeder erinnert sich an den Demut Adenauers und Kohls.

                • Erwin Gabriel 15. Februar 2018, 11:10

                  Autsch
                  🙂

            • Ariane 14. Februar 2018, 10:17

              Und wer sich über den Tisch gezogen fühlt, wer sich ausgenutzt fühlt, wer sein Vertrauen missbraucht fühlt, ja der Ariane, ist am Ende besonders wütend und wird nicht ruhen, bis der Opponent erledigt ist.

              Du hast aber auch manchmal eine merkwürdige Sicht auf die Dinge. So ausgenutzt und missbraucht kommt mir die Union nun nicht vor und es ist nun mal Natur der Sache mit seinen Anliegen in Verhandlungen hineinzugehen und dann Kompromisse auszuhandeln und genau das ist passiert und ist ja nicht so, dass die Union nun gar nichts bekommen hat und total über den Tisch gezogen wurde. Mal abgesehen davon, dass beide Partner wissen, dass sie nicht nur untereinander verhandeln müssen, sondern auch noch die gebeutelte SPD-Basis zum Zustimmen brauchen.

              Ich halte es eh für Quatsch, wenn die SPD jetzt nur mit der Hälfte der Wünsche angekommen wäre, aber selbst der schönste Kompromiss hilft ja niemandem weiter, wenn es dann doch nicht zur Zusammenarbeit kommt.

              Demut ist etwas, was Linken fremd ist. Leider.
              Ja, na klar. Deine pauschale Linkenfresserei nervt übrigens furchtbar.

          • Stefan Sasse 13. Februar 2018, 21:32

            Die Vorwürfe ändern sich, der Kern bleibt: die Linken sind schlecht. 😉

            • Stefan Pietsch 13. Februar 2018, 21:50

              Ich sehe nur, dass die SPD mit abnehmenden Zustimmungswerten ein immer Mehr an sozialpolitischen Retros umsetzen wollen und auf weitere Verluste auf der Sympathieskala mit noch mehr Sozial-Kladderadatsch reagieren.

              Erfahrene Abenteurer wissen jedoch: wer im Sumpf steckt, sollte nicht noch wild um sich treten.

              • Stefan Sasse 14. Februar 2018, 09:56

                Ich empfinde vieler ihrer policies nicht als Retros und Kladderadatsch, aber ich stimme dir im Ergebnis definitiv zu.

                • Stefan Pietsch 14. Februar 2018, 11:02

                  Das Schlimme ist, so schrieb es gestern ein Kommentator, dass wir mit der SPD nicht mal mehr Mitleid empfinden. Das trifft’s zumindest bei mir genau. Leider.

                  • Stefan Sasse 14. Februar 2018, 18:35

                    Mitleid haben die eh zuviel, und das gibt’s bekanntlich ja umsonst.

        • Erwin Gabriel 13. Februar 2018, 18:11

          q Stefan Pietsch 13. Februar 2018, 13:32

          Verfassungsrechtlich ist jeder Abgeordnete dem Wohl des ganzen Volkes verpflichtet. Parlamentarier, die jedoch durch die Macht ihrer Parteien Einfluss erhalten, werden immer Rücksicht auf „ihre“ Wählerschaft nehmen. Nur ist beides auseinanderzuhalten.

          Einverstanden. Wie haben Sie (oder besser: wir) das denn bei der FDP beurteilt?

          Die FDP hat ihren Ausstieg anhand von fünf Punkten festgemacht …

          Volle Zustimmung. Ich fand die Richtung gut, die Konsequenz gut, und wäre heute Wahl, würde ich sie wieder wählen. Aber Ihre Argumentation damals betreffs der FDP und heute gegenüber der SPD ist nicht stringent.
          🙂

          es grüßt
          E.G.

          • Stefan Pietsch 13. Februar 2018, 20:12

            Einverstanden. Wie haben Sie (oder besser: wir) das denn bei der FDP beurteilt?

            Das gilt auch für FDP-Abgeordnete. Wiederholung: 2010 wurde den Liberalen ihr Begehren nach Steuersenkungen abschlägig beschieden mit dem Verweis auf die Folgen die globalen Finanzkrise. Und alle jubelten: das sei im Sinne des Gemeinwohls.

            Kann die SPD für sich geltend machen, politische Maßnahmen im aus Gründen der Verfassungsmäßigkeit umzusetzen? Nein, im Gegenteil, manche Absichten des Koalitionsvertrages schrammen haarscharf an den Grenzen der Verfassung entlang. Das Recht scheint die maßgeblich als Sozialpolitiker profilierten Roten nicht besonders zu tangieren. Können sie wenigstens für sich in Anspruch nehmen, in einer elementaren Frage die Mehrheit der Bevölkerung abzubilden? Definitiv nein, sowohl bei der Frage der Migration, des Familiennachzugs als auch in Fragen der europäischen Haftung geht die Partei auf Kollisionskurs zu breiten, nicht zuletzt den eigenen Wählerschichten.

            Aber Ihre Argumentation damals betreffs der FDP und heute gegenüber der SPD ist nicht stringent.

            Wo nicht?

            • Erwin Gabriel 15. Februar 2018, 18:53

              @ Stefan Pietsch 13. Februar 2018, 20:12

              Wo nicht?

              Bei der FDP haben Sie moniert, dass die CDU nicht entgegenkommend genug war. Nun, bei der SPD, war sie es, und es ist Ihnen auch nicht recht.

              verräterische Grüße 🙂
              Erwin Gabriel

              • Stefan Pietsch 15. Februar 2018, 19:30

                Direkt nach der Wahl habe ich hier viel Sympathie für das Schleswig-Holstein praktizierte Verfahren erkennen lassen. D.h. jeder Partner erhält einen Bereich seines Steckenpferdes, kein wirklicher Kompromiss, sondern Zuordnung von politischer Verantwortung. Die Linien hatte ich auch skizziert, es war klar, dass die FDP den Soli und eine Anpassung der Europapolitik bekommen musste, die Grünen „etwas mit Umwelt“. Das genau waren dann auch die Sollbruchstellen.

                Die letzten Monate haben gezeigt, dass Angela Merkels Überzeugungen aufgrund ihrer Prägungen in der DDR und im evangelischen Elternhaus sie sehr nah bei der SPD lokalisieren. Ihre maßgeblichen politischen Entscheidungen sind protestantisch geprägt. Damit ist sie immer ein Fremdkörper in ihrer Partei geblieben, nur gestützt von Anhängern wie Altmaier oder Gröhe, deren politische Tiefe auch überschaubar ist.

                • Stefan Sasse 16. Februar 2018, 09:29

                  Was habt ihr nur mit dieser Obsession, Merkel wegen ihrer Abstammung einordnen zu müssen?

                  • Stefan Pietsch 16. Februar 2018, 10:21

                    Wir wissen ja nicht allein aus der Forschung, wie sehr das Elternhaus prägt bis hin zu weltpolitischen Anschauungen. Nicht von ungefähr wird bei der Bildung und Erziehung der Einfluss der Eltern herausgestellt.

                    Du siehst selbst, dass Ostdeutsche deutlich anders als Westdeutsche wählen. Sie haben weniger Partei- und Organisationsbindungen. Wieso konnte die SED als Identitätsklammer für viele gelernte DDR-Bürger überleben? Warum ist das so, wenn Du die DDR-Prägung aus der Gleichung nimmst?

  • Ralf 12. Februar 2018, 04:51

    Die GroKo hat schon vor der Wahl regiert und war das angestrebte Modell beider grossen Parteien fuer nach der Wahl. Das konnte man etwa beim TV-Duell sehen, wo sich zeigte, dass es keinerlei wichtige politische Unterschiede zwischen CDU und SPD gab und dass die Akteure auch persoenlich gut miteinander konnten. Auch und besonders in der Fluechtlingsfrage hatten beide grossen Parteien voll auf einer Linie gelegen (sogar zusammen mit den Gruenen und grossen Teilen der LINKEN). Eine GroKo war also immer eine plausible und sogar wahrscheinliche Regierungskoalition. Der Waehler wusste das. Und hat trotzdem die CDU zur staerksten und die SPD zur zweitstaerksten Partei gemacht. Der Waehler hat damit eine kristallklare Mehrheit fuer ein “Weiter so” gegeben. Die Mehrheit mag kleiner sein als zuvor (von einem Erdrutsch kann bei der CDU keine Rede sein, eher von einer Normalisierung, da hier FDP-Waehler erwartbar wieder zurueckgeflossen sind relativ zu vier Jahren zuvor und das Ergebnis der Konservativen in 2013 folglich eine viel zu hohe und unrealistische Messlatte darstellt), aber es ist immer noch eine Mehrheit. Daraus koennen die GroKo und Angela Merkel ein glasklares Mandat fuer die Zukunft ableiten. Das mag den einen politisch gefallen und den anderen nicht, aber wir sollten nicht die Mathematik verbiegen. Mehrheit ist Mehrheit. Und die GroKo hat eine Mehrheit.

    • Stefan Sasse 12. Februar 2018, 07:55

      Genau meine Meinung. Beide Parteien haben eine Mehrheit. Keine hat die Koalition vor der Wahl ausgeschlossen. Alles andere ist Kaffeesatzleserei.

    • Stefan Pietsch 12. Februar 2018, 08:14

      Eine sehr originelle Interpretation. Allerdings wundert mich, dass Sie diese nicht generell anwenden. So plädieren Sie seit Jahren für eine Hinwendung der Sozialdemokratie zu Konzepten, die praktisch identisch mit jenen der Linkspartei sind, ohne zu bemerken, dass für die SPD immer noch mehr als doppelt so viele Wähler votieren wie für die Erben Erich Honeckers.

      Fakt ist: als die erste Große Koalition 1966 geschlossen wurde, vereinte sie 87% der Wähler hinter sich. Bei der zweiten Auflage waren es immerhin noch gut 70%. Nun sind es 53%. Fakt ist auch, dass in der langen Geschichte der Bundesrepublik nur die beiden Parteien CDU und SPD mehrheitsfähig waren und den Kanzler stellten.

      Und Sie sagen, nur wenn beide zusammen nicht mal mehr eine Kanzlermehrheit zustande bekommen, dann ist der Zeitpunkt gekommen darüber nachzudenken, ob denn alles so richtig war?

      Fakt ist jedenfalls auch, dass sowohl im Frühherbst als auch nach der Wahl als auch heute sich nur noch eine verschwindende Zahl für die Große Koalition begeistern kann. Das steht in Opposition zu Ihrer sonstigen Argumentation, die ungefähr so geht: Die Zustimmung für eine Koalition wie die GroKo sei ja nur deswegen so hoch, weil da sowohl die Anhänger von Union wie SPD zustimmen, weil sie in jedem Fall regieren. Nun kann sich weit weniger als die Hälfte dieser Wähler (ungefähr 15%) für eine GroKo begeistern, Sie sehen aber genau dafür eine Legitimation. Sie haben auch regelmäßig argumentiert, die Bürger würden ja gar keine Koalition wählen, nun argumentieren Sie genau damit: es wäre allen klar gewesen, dass die beiden miteinander ins Regierungsbett wollen. Schulz hat im Wahlkampf genau das vehement bestritten und seit seiner 100%-Wahl niemals mehr Zustimmung geerntet als am Wahlabend, als der den Gang in die Opposition verkündete.

      Umfragen zeigen übrigens auch ganz deutlich, dass die meisten SPD-Anhänger die Oppositionsrolle für ihre Partei bevorzugen. Nur die Unionsanhänger sind mehrheitlich dafür.

      Können Sie mir die aufgezeigten Widersprüche zu Ihrer sonstigen Argumentation erklären?

      • Ralf 13. Februar 2018, 04:22

        Fakt ist: als die erste Große Koalition 1966 geschlossen wurde, vereinte sie 87% der Wähler hinter sich. Bei der zweiten Auflage waren es immerhin noch gut 70%. Nun sind es 53%.

        Das hat mit dem Aufkommen der kleinen Parteien zu tun, was an den urspruenglichen politischen Lagern relativ wenig geaendert hat. Die FDP ist im Grunde einfach ein Anhaengsel der CDU (deshalb pendeln auch regelmaessig die selben Waehler hin und her zwischen den beiden Parteien, wie bei kommunizierenden Roehren, ohne dass sich das Lager dabei groessenmaessig signifikant aendert, was Sie stets als „Erdrutschverluste“ und „Kantersiege“ missdeuten) und die Gruenen und teilweise die LINKE sind ein Anhaengsel der SPD. Wirklich neu ist nur das Auftreten der rechtsextremen AfD.

        Wenn sich die Parteienlager aber fortgesetzt spalten in immer neue kleinere Gruppierungen, dann brechen fuer die „urspruenglich Grossen“ notwendigerweise langsam die Mehrheiten weg. Alles eigentlich nicht erstaunlich. Aus dieser natuerlichen Entwicklung abzulesen der CDU und der SPD wuerde die Klientel aus fundamentalen inhaltlichen Gruenden verloren gehen, ist aus meiner Sicht eine falsche Deutung. Ein Grossteil der Waehler, die 2017 auf FDP, Gruene, LINKE und auch die AfD ausgewichen sind, duerfte sich einfach mal „was Neues“ in der Regierung gewuenscht haben, so wie das Elektorat auch nach 16 Jahren Kohlregierung des Kanzlers ueberdruessig geworden ist. Diese Waehlerschichten sind nicht endgueltig weg und sie sind vor allem nicht aus inhaltlichen sondern aus Personal-Gruenden weg. Wenn in vier Jahren Annegret Kramp-Karrenbauer gegen Olaf Scholz antritt (meine Prognose), wird die SPD krachend verlieren und sich anschliessend in der Opposition endlich wieder regenerieren koennen (moeglicherweise vier weitere Jahre spaeter wieder eine Macht sein) und ein Haufen von Merkel gelangweilter ehemaliger CDU-Waehler wird wieder zu den Konservativen zurueckkommen, ohne dass sich bei denen inhaltlich auch nur ein Jota aendert.

        Und Sie sagen, nur wenn beide zusammen nicht mal mehr eine Kanzlermehrheit zustande bekommen, dann ist der Zeitpunkt gekommen darüber nachzudenken, ob denn alles so richtig war?

        Nein, das sage ich nirgends. Die Regierungspolitiker sind eingeladen immer und stets nachzudenken, ob denn alles richtig war. Aber wer einen Sieg einfaehrt, hat erstmal nicht viel falsch gemacht. Wenn Sie das Endspiel einer Fussballweltmeisterschaft gegen einen schwachen Gegner nur mit 1:0 statt mit 5:0 gewinnen, sind Sie trotzdem Weltmeister. Merkels CDU ist mit weitem Abstand staerkste Partei geworden. Die SPD trotz aller Verluste zweitstaerkste Kraft. Da gibt es keinen Grund in Sack und Asche zu gehen.

        Fakt ist jedenfalls auch, dass sowohl im Frühherbst als auch nach der Wahl als auch heute sich nur noch eine verschwindende Zahl für die Große Koalition begeistern kann. […] Nun kann sich weit weniger als die Hälfte dieser Wähler (ungefähr 15%) für eine GroKo begeistern

        Wahlen werden nicht bei Umfragen sondern im Wahllokal entschieden. CDU und SPD haben keinerlei Wahlkampf gegeneinander gemacht und bei niemandem duerfte der Eindruck aufgekeimt sein, dass die beiden Partner es nicht gerne erneut miteinander versuchen wuerden. Das aenderte sich erst nach der Wahl, als die Sozialdemokraten ein enttaeuschendes Ergebnis praesentiert bekamen. Nichtsdestotrotz hat eine klare und deutliche Mehrheit der Waehler fuer die CDU und die SPD gestimmt, wohlwissend dass es damit sehr wahrscheinlich eine erneute GroKo geben wuerde. Genau das ist im Endeffekt dann auch passiert. Von einer „boesen Ueberraschung“ fuer den Waehler kann also ueberhaupt keine Rede sein.

        Dass die Buerger im Augenblick besonders wenig zufrieden mit der Idee einer GroKo sind, duerfte im wesentlichen an den Medien liegen, die seit Monaten ueber nichts anderes schreiben als eine angebliche „Schwaeche“ Merkels und „Chaos“ bei der SPD. Die Blaetter muessen halt irgendetwas schreiben, um Zeitungen zu verkaufen. Tatsaechlich sitzt Merkel fest im Sattel (ich hab zumindest bisher nichts von einem Putsch gehoert) und bei den Sozialdemokraten ist die Nachfolge klar geregelt. In ein paar Wochen wird die offizielle Regierungsarbeit beginnen, das politische Berlin wird ruhiger werden und die Medien werden eine neue, andere Sau finden muessen, die sie durch’s Dorf treiben koennen. Dann wird es auch wieder positive Berichte ueber die Regierungsarbeit geben. Die Medien werden zum Beispiel sehr wahrscheinlich erneut ihr Lobpreislied ueber die Bundeskanzlerin als die „starke Frau Europas bzw. der Welt“ anstimmen und in einer „Phoenix aus der Asche“-Story, die die Presse und das Fernsehen so lieben, wird Angela Merkel wiederauferstehen. Dann werden ihre Beliebtheitswerte wieder steigen. Und die Beliebtheitswerte der GroKo ebenfalls.

        Sie haben auch regelmäßig argumentiert, die Bürger würden ja gar keine Koalition wählen, nun argumentieren Sie genau damit: es wäre allen klar gewesen, dass die beiden miteinander ins Regierungsbett wollen.

        Können Sie mir die aufgezeigten Widersprüche zu Ihrer sonstigen Argumentation erklären?

        Ich bin nach wie vor der Meinung, dass Buerger keine Koalitionen waehlen. Das steht auch so in der Verfassung.

        Allerdings gibt es Waehler, die ihre Stimme strategisch vergeben. Waere ich beispielsweise jemand, der insbesondere an einer wirtschaftsfreundlichen Politik interessiert ist, aber definitiv eine neue GroKo ausschliessen will, wuerde ich die FDP waehlen. Die Liberalen so stark zu machen, dass es fuer Schwarz-Gelb reicht, waere der Garant zur Verhinderung einer GroKo. Aehnlich kann ich fuer die andere Seite argumentieren. Waere ich jemand, der insbesondere an einer progressiven, sozialen Politik interessiert ist, aber definitiv eine neue GroKo ausschliessen will, wuerde ich die Gruenen oder die LINKE waehlen.

        Offensichtlich hat die Mehrheit der Waehler aber anders entschieden. Offensichtlich hat die Mehrheit der Waehler die CDU zur staerksten und die SPD zur zweitstaerksten Partei gemacht und diesen beiden Parteien eine klare und deutliche Mehrheit gegeben. Und das in einem Umfeld, in dem es ein offenes Geheimnis war, dass die beiden ein erneutes Buendnis anstrebten. Daraus folgt, dass entweder eine Mehrheit der Waehler die GroKo ausdruecklich will oder dass ihr die Koalitionsfrage gleichgueltig ist. In beiden Faellen kann man der GroKo ein Mandat nicht absprechen.

        • Stefan Pietsch 13. Februar 2018, 13:16

          Für einen Wissenschaftler argumentieren Sie ziemlich frei an allen Fakten und wissenschaftlichen Erkenntnissen vorbei, um auf Ihre gewünschte Zukunftsprognose und Bewertung zu kommen. So geht das aber nicht.

          Sie sehen keinen Rechtsrutsch, weil Sie nur die Anteile von Union und FDP addieren, den Filter auf eine Wahlperiode verengen und eine immerwährende Klausel einbauen. Die AfD ist für Sie lediglich eine mit Steroiden vollgepumpte NPD und läuft daher außerhalb der Bewertung. Und sollten Union und FDP zusammen dennoch größer werden, so sei das kein Rechtsruck, sondern es sind jene Wähler abzuziehen, die wegen der zunehmenden Sozialdemokratisierung Merkel gewählt haben. Auch die Gegenprobe gilt nicht, nämlich die Verluste von SPD, Grünen und LINKE seit Beginn des Jahrzehnts. Es tut mir leid, aber so können wir nicht diskutieren.

          Sie sehen Union und FDP ähnlich wie SPD und LINKE als kommunizierende Röhren, ohne dafür stichhaltige Belege vorzulegen. Als Beweis gilt Ihnen lediglich der Rückgang der FDP und das Anwachsen der Union 2013 (und 2017 zurück). Sie sind dabei jedoch nicht – für Wissenschaftler zwingend! – auf die Gegentheorie verfallen, dass nämlich viele typische FDP-Wähler aufgrund des schlechten Erscheinungsbildes einmalig zur Union gegangen sind. Wie wollen Sie diese These widerlegen?

          Sie sehen die Wählerschaft immer noch relativ homogen und das ist der Kardinalfehler Ihrer Bewertung. Bereits 2005 legte die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung eine soziologische Studie der Wählertypen vor. Ich habe diese mehrfach verlinkt, sie hat keinen bleibenden Eindruck bei Ihnen hinterlassen. Dort umreißen die Forscher den Kern strammer FDP-Wähler mit 11%. Und das war vor 13 Jahren. Seit dem hat sich die Gesellschaft weiter segmentiert, was das Problem der großen Parteien ist. Ihre traditionellen Schichten sterben weg und der Nachwuchs ist anders konditioniert. So sind die Verluste der Sozialdemokratie europaweit nicht personenbedingt und schon gar nicht mit einer politischen Maßnahme wie den Arbeitsmarktreformen in Deutschland verknüpft. Die Arbeiter, immer eine zuverlässige Wählergruppe, sind seit 1990 von 35-40 Prozent auf heute 8% geschrumpft.

          Sie verwechseln Ihre kommunizierenden Röhren mit Schnittmengen. Die Schnittmenge der Union zur FDP bestand immer in ähnlichen Auffassungen zu Steuer-, Finanzpolitik und Eigenverantwortung. Dagegen liegen die Parteien bei sicherheitsrelevanten Themen sowie Bürger- und Sozialrechten teilweise Welten auseinander. Und das war schon immer so. Die Sondierungsverhandlungen haben gezeigt, dass der Graben unter Merkel weit größer geworden ist. Auch aus dieser Entwicklung ziehen Sie keine Erkenntnisse außer der, dass die Liberalen sich nicht hätten so haben sollen. Die Bürger haben aber sehr wohl gesehen, dass die Unterschiede groß sind und werden ihre Schlüsse ziehen. Etwas, was Sie nicht tun wollen.

          Genauso verweigern Sie die Erkenntnis aus unseren Debatten. Sie wollen nie wieder SPD wählen und haben bei der LINKEN ihre politische Heimat gefunden. Sie schwimmen durchaus in deren Teich. Ich wiederum habe trotz fortgeschrittenen Alters nie die Konservativen gewählt (der RCDS zählt nicht). Dennoch behaupten Sie steif und fest, wir beide seien so etwas wie das Anhängsel der ehemals großen Parteien. Ich sehe da nicht, dass Argumente durchdringen. Und so greifen Sie methodisch zu dem Trick, die Union, soweit sie „links“ wird, nicht mehr als „rechte“ Partei zu begreifen. Nach dieser Methode werden Sie immer Recht behalten, das politische Spektrum ist praktisch starr. Eine These, die ich mir so aufbauen würde, würde ich selbst als falsch ansehen. Eine These kann nur unter bestimmten Bedingungen richtig sein, in anderen Fällen ist sie grundsätzlich falsch. Eine These jedoch, die immer passt, ist definitiv falsch. Auch das weiß ein normaler Wissenschaftler. 😉

          Ich bin durchaus genauso skeptisch gegenüber Umfragen wie Sie. Aber Sie wiederum streichen alles außer dem Wahlergebnis und wollen aus 8 Zahlen tiefgreifende Erkenntnisse ziehen. Jede andere Erkenntnis weisen Sie zurück, weil es Ihre Überzeugungen, mehr noch Ihre Hoffnungen, zum Einsturz bringen würde.

          Der Kern der Unionswähler umfasst nur noch 28,5% – ebenfalls häufig erwähnt und genauso häufig von Ihnen ignoriert. Es ist daher faktenlos argumentiert, wenn Sie schlicht davon ausgehen, dass böse Medien für die Stimmenverluste der CDU und CSU verantwortlich seien – immerhin sind die Öffentlich-Rechtlichen der GroKo noch wohlgesonnen, was genau deswegen von Ihnen in Ihrer Analyse ignoriert wird.

          Eine weitere Erkenntnis der politischen Forschung ist auch, dass Parteien, die einmal unter die Marke von 20% gesunken sind, sich davon nicht mehr erholen. Darüber hinaus hat die SPD über zwei Jahrzehnte nicht nur im Bund, sondern auch in den Ländern kräftig verloren. In manchen ist sie nur noch eine Randpartei. Weder in Thüringen noch in Baden-Württemberg hat ihr das Eingehen einer Koalition unter einer vormals kleinen Partei geholfen.

          Sicher wählen Bürger auch nach Koalitionspräferenzen. Doch Anhänger der großen Blöcke tun das typischerweise nicht mit Blick, dann mit der Vormacht des anderen Lagers zusammenzuarbeiten. Das ist schon theoretisch widersinnig. Sowohl in Deutschland als auch Österreich hat man eine solche Kohabition eher als notwendiges Übel genommen und so ist eine solche Zusammenarbeit auch üblicherweise angelegt. Es zeigt sich jedoch an den Umfragen sehr deutlich, dass die Menschen nicht mehr die Zeit für ein Übel sehen. Daher ist die Annahme, die Wähler der SPD oder gar der Union hätten durchaus mit Blick auf eine Fortsetzung der schwarz-roten Regierungsarbeit ihre Stimme so gegeben, ziemlich fern valider Annahmen.

          • Ralf 14. Februar 2018, 02:56

            @ In Dubio

            Sie sehen Union und FDP ähnlich wie SPD und LINKE als kommunizierende Röhren, ohne dafür stichhaltige Belege vorzulegen. Als Beweis gilt Ihnen lediglich der Rückgang der FDP und das Anwachsen der Union 2013 (und 2017 zurück).

            Nein, den „kommunizierende Roehren-Effekt“ zwischen CDU und FDP konnte man nicht nur 2013 und 2017 feststellen. Laut Infratest dimap gewann die FDP auch 2009 mehr als 1.100.000 Stimmen von der CDU, der mit weitem Abstand staerkste Zufluss fuer die Liberalen.

            https://wahl.tagesschau.de/wahlen/2009-09-27-BT-DE/analyse-wanderung.shtml

            Und Infratest dimap ermittelte auch fuer 2005 einen aehnlich starken Waehlerfluss von CDU zu FDP:

            https://www.infratest-dimap.de/fileadmin/_migrated/content_uploads/Hilmer_Mueller-Hilmer_2006.pdf

            Sie sehen keinen Rechtsrutsch, weil Sie nur die Anteile von Union und FDP addieren, den Filter auf eine Wahlperiode verengen und eine immerwährende Klausel einbauen. Die AfD ist für Sie lediglich eine mit Steroiden vollgepumpte NPD und läuft daher außerhalb der Bewertung. Und sollten Union und FDP zusammen dennoch größer werden, so sei das kein Rechtsruck, sondern es sind jene Wähler abzuziehen, die wegen der zunehmenden Sozialdemokratisierung Merkel gewählt haben. Auch die Gegenprobe gilt nicht, nämlich die Verluste von SPD, Grünen und LINKE seit Beginn des Jahrzehnts.

            Ihnen fehlen leider die Belege fuer einen kraeftigen Rechtsruck im deutschen Elektorat. Zum Vergleich laesst sich ein Rechtsruck beispielsweise im amerikanischen Elektorat sehr deutlich nachweisen. Dort sind seit Reagan tatsaechlich sowohl die Republikaner als auch die Demokraten kraeftig nach rechts gerueckt, was sich nach objektiven Massstaeben messen laesst. Der linke Teil des politischen Spektrums hatte seit Bill Clinton praktisch keinen Repraesentanten mehr.

            In Deutschland ist die Lage voellig anders. Da ist zwar auch die SPD von links ins Mitte-Rechts-Lager gerueckt, allerdings hat die linke Flanke der Waehlerschaft immer noch Vertretung gefunden in Form einer gestaerkten LINKEN und gestaerkten Gruenen. Man erinnere sich, dass beide Parteien vor Schroeder nicht wirklich sicher waren vor der 5%-Huerde. Die beiden „kleinen“ linken Parteien haben auch ansonsten Beachtliches geleistet. Beide haben der CDU jeweils ein deutsches Flaechenland entrissen, das die Konservativen viele Jahre lang regiert hatten. Beide stellen gegenwaertig einen Ministerpraesidenten. Die FDP hingegen ist nie auch nur in die Naehe einer solchen politischen Lage gekommen. Im Zuge der Fukushima-Katastrophe wuchsen die Gruenen in der Sonntagsfrage temporaer sogar ueber 25% und waren zeitweise bundesweit zweitstaerkste Kraft. Auch davon ist die FDP zu allen Zeitpunkten meilenweit entfernt gewesen.

            Es hat in den vergangenen Jahren durchaus immer wieder auch Wachstum auf der linken Seite gegeben. Ein kontinuierlicher Rechtstrend ist nicht zu beobachten. Einfach die SPD, Gruene und LINKE zusammenzuaddieren, ist hingegen in der Tat keine zielfuehrende Strategie, um politische Trends festzustellen. Denn die CDU ist unter Merkel von einer Position Rechts hin naeher zur Mitte gerueckt, was sich in vielen einzelnen Punkten zeigte (Aufgabe der Wehrpflicht, Atomausstieg, Ehe fuer alle, kein Widerstand gegen den Mindestlohn, offene Grenzen fuer Fluechtlinge etc.). Sie beklagen diese Entwicklung ja staendig, scheinen aber irgendwie immer nur von sich selbst auf andere zu schliessen. Ihnen mag die Merkel-CDU ja nicht passen, aber anderen gefaellt sie dafuer um so besser. Es waere schlicht absurd anzunehmen, dass die CDU bei einem Linksruck nur Waehler verliert, aber keine Waehler dazugewinnt. Und in der Tat zeigen die Zahlen, dass die CDU ganz deutlich Waehler hinzugewonnen hat. Das ist ja zumindest zum Teil des Problems, das die Sozialdemokraten haben.

            Wie viele Mitte-Links-Waehler mittlerweile fuer die CDU stimmen, liesse sich erst zeigen, wenn Ihr Freund Jens Spahn tatsaechlich mal die Leitung uebernehmen wuerde und eine Fluchtbewegung aus der Mitte zurueck zur SPD und den Gruenen einsetzen wuerde. In der Politik kommt eben jede Bewegung mit einem Preis …

            Und noch ein Wort zur AfD. Die steht in der Tat ausserhalb des regulaeren politischen Spektrums. Deren Waehlerschaft besteht im wesentlichen aus drei im Grunde inkompatiblen Teilen: (1) Ein winziger, verbliebener Rest von Vulgaerkapitalisten, die wegen Lucke und Henkel die Naehe zur Partei gesucht haben. Diese Klientel duerfte groesstenteils wieder zur FDP heimgekehrt sein. (2) Zwei Gruppen von Nationalsozialisten, die voelkischer Glorie anhaengen, sich zutiefst durch Fremdenfeindlichkeit auszeichnen und ansonsten einen starken Sozialstaat (natuerlich nur fuer die mit deutschem Blut) wollen. Letzteres ist das Gegenteil von rechts. Fuer diesen Fluegel steht Bjoern Hoecke. Ich sage hier zwei Gruppen, denn zu diesem Lager gehoeren die Dummen, denen nicht klar ist, wem sie da ihre Stimmen geben genauso wie die ideologisch verhaerteten Faschisten, die aus der NPD und anderen rechtsextremen Gruppierungen kamen, um die AfD zu unterwandern und zu instrumentalisieren. (3) Und dann ist da noch die reine Protestwaehlerschaft, die ueberhaupt keine klare politische Linie vertritt, sondern einfach nur gegen Fluechtlinge ist, aber ansonsten kein Problem mit dem Rechtsstaat, der Demokratie oder der EU hat.

            In all dem passt die AfD nicht zum schwarz-gelben Lager und vor allem vertritt die AfD, wie oben dargelegt, keine reine rechte Politik. Insbesondere was Ihnen so als „rechts“ vorschwebt (mehr Eigenverantwortung, weniger Sozialstaat, Umverteilung von unten nach oben, Abbau von Arbeitnehmerrechten etc.), hat beim weit ueberwiegenden Teil der AfD-Waehler nicht nur keine Zustimmung, sondern trifft auf fundamentale Ablehnung. Einen politischen Trend in die von Ihnen bevorzugte Richtung ist auf ganzer Breite nicht erkennbar.

            Eine weitere Erkenntnis der politischen Forschung ist auch, dass Parteien, die einmal unter die Marke von 20% gesunken sind, sich davon nicht mehr erholen.

            Wo haben Sie das denn her? In Deutschland ist noch nie eine Partei von ueber 20% kommend auf unter 20% gesunken. Ihre Analyse beruht auf unser Land und unser politisches System bezogen auf n = 0 Faellen.

            Sicher wählen Bürger auch nach Koalitionspräferenzen. Doch Anhänger der großen Blöcke tun das typischerweise nicht mit Blick, dann mit der Vormacht des anderen Lagers zusammenzuarbeiten.

            Das war frueher so. Mittlerweile ist eine GroKo nicht mehr die absolute Ausnahme, sondern eine voellig normale Konstellation. Und aus einer GroKo kommend, liegt die Idee einer Fortsetzung der GroKo auch sehr nahe. Das gilt umso mehr, wenn sich die beiden grossen Parteien im Wahlkampf praktisch ueberhaupt nicht attackieren und sich stattdessen in harmonischer Eintracht praesentieren. Gerade konservative und wirtschaftsliberale Waehler wussten, dass Merkel und Schulz wieder miteinander zusammenarbeiten wuerden, es sei denn sie machen die FDP so stark, dass es fuer Schwarz-Gelb reicht. Trotzdem haben sie die CDU wieder zur mit Abstand staerksten Kraft gemacht, waehrend es fuer die traditionelle CDU-FDP-Koalition mal wieder nicht reicht. Offensichtlich ist dem Waehler das Thema Koalition nicht wichtig. Oder es gibt sogar Zustimmung fuer die GroKo. Ein Mandat und eine klare Mehrheit hat die Koalition in beiden Faellen.

            • Stefan Pietsch 14. Februar 2018, 12:09

              Nein, den „kommunizierende Roehren-Effekt“ zwischen CDU und FDP konnte man nicht nur 2013 und 2017 feststellen. Laut Infratest dimap gewann die FDP auch 2009 mehr als 1.100.000 Stimmen von der CDU, der mit weitem Abstand staerkste Zufluss fuer die Liberalen.

              Sicher, nur wiederholt sich dieser Effekt nicht ständig. Diese 1,1 bis 1,4 Millionen Wähler sind die Schnittmenge zwischen den beiden Parteien. Insgesamt überzeugte die FDP jedoch 2009 6,6 Millionen Wähler, wovon 0,6 Millionen direkt von der SPD kamen. Waren das auch „kommunizierende Röhren“?

              Bereits 2013 verlor die LINKE 340.000 Wähler an die AfD – nach Ihrer Beschreibung damals eine Hardcore-Version der FDP. Die Abgänge der SPD beliefen sich dagegen nur auf 160.000. Im Herbst letzten Jahres gewann die AfD weitere 510.000 Wähler von der SPD und 420.000 Wähler von der LINKEn. Das heißt, binnen zweier Wahlen sind 1,5 Millionen Wähler direkt vom linken Lager zu den Rechtspopulisten gewandert, nicht berücksichtigt die hohen Zuflüsse aus dem Lager der Nichtwähler, die weit überproportional zuvor Parteigänger der beiden linken Parteien waren. Mit anderen Worten: jeder vierte Wähler der 5,9 Millionen der AfD stammt unmittelbar aus dem linken Lager. Würden Sie hier konzidieren, dass mindestens diese 1,5 Millionen einen Rechtsschwenk vollzogen haben?

              Sie bleiben, wie es in diesen Fragen Ihre Art ist, außerordentlich vage und verweigern eine objektive Definition, woran man politische Veränderungen messen könnte. So definieren Sie die SPD als Mitte-Rechts, was aber einem Vergleich anhand von Wahlprogrammen nicht standhält. 1994 trat die SPD für eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes ab Einkommen von 60.000 DM ein, 2017 wollte sie eine Erhöhung ab 54.000 Euro. Und schon unter Scharping trat man für ein Einwanderungsgesetz ein und die Förderung von Migranten. Auch damals wollten die Sozialdemokraten die Einheit der Krankenversicherung. Dagegen finden sich wenige Aussagen zur Altersvorsorge.

              Bleibt also nur, dass Sie Linkssein an Personen festmachen. Nur war auch Scharping Seeheimer.

              Die beiden „kleinen“ linken Parteien haben auch ansonsten Beachtliches geleistet. Beide haben der CDU jeweils ein deutsches Flaechenland entrissen, das die Konservativen viele Jahre lang regiert hatten.

              Thüringen ist nicht deswegen an die LINKE gefallen, weil die Partei dort besonders gut performt hätte, sondern weil die SPD die Seiten wechselte. In Baden-Württemberg gewann Kretschmann, weil er der bessere Konservative ist. Und weitgehend isoliert in seiner eigenen Partei. Dagegen haben Sie anscheinend übersehen, dass gerade die Herzkammer der Sozialdemokratie an Schwarz-Gelb fiel, ohne dass dort die Linkspartei Ländegewinne erzielen konnte. Und genauso übersehen Sie, dass die AfD im ehemaligen Gebiet der DDR zur zweitstärksten Partei aufgestiegen ist – in einer Region, wo traditionell die LINKE stark war.

              Sicher ist die Union nach links gerückt. Nur, an dieser Stelle schießen Sie sich ein Eigentor. Ein paar Sätze zuvor beschreiben Sie die SPD als mitte-rechts gerückt. Wenn wir festhalten, dass die Union ebenfalls mitte-rechts steht, so mag es Positionsverschiebungen gegeben haben. Mathematisch bedeutet dies aber, dass nach Ihren Worten die rechte Seite bereits durch die SPD gestärkt worden ist. Das ist das Problem, wenn man schwammig in den Definitionen bleibt. 😉

              Die SPD hat übrigens in den beiden letzten Wahlen gerade 1 Million Wähler an die CDU abgegeben. Da sind die Verluste zur AfD schon weit erheblicher. Ihre Argumentation, dass eine Linksbewegung für die CDU wegen der Stimmengewinne vorteilhaft sei, stimmt also nicht. Hinzu kommt – von Ihnen ignoriert – die hohe Unzufriedenheit in der eigenen verbliebenen Wählerschaft, welche die Konservativen erstmalig in Umfragen unter die 30%-Marke drückt.

              Und noch ein Wort zur AfD. Die steht in der Tat außerhalb des regulären politischen Spektrums.

              Das stimmt ja eindeutig nicht anhand der Zahlen und der Wählerwanderungen. Hier ist bei Ihnen wieder der Wunsch Vater des Gedankens. Es sei denn, Sie definieren auch die LINKE als außerhalb des regulären politischen Spektrums. Dann sollten Sie sich jedoch über Ihre eigene Positionierung Gedanken machen. 🙂 Sie können nicht beliebig nach Ihrem Gutdünken die Bausteine verschieben und glauben, sich nicht selbst zu fangen.

              Fassen wir an dieser Stelle zusammen: Sie behaupten, die SPD habe sich zu einer Mitte-Rechts-Partei gewandelt, was aber keine Verschiebung des Elektorats bedeutet. Und weil die AfD sehr viele Wähler von der SPD und der LINKEN direkt gewonnen hat, bestimmen Sie die Rechtspopulisten flux als außerhalb des regulären politischen Spektrum, sozusagen außer Konkurrenz. Praktisch.

              In all dem passt die AfD nicht zum schwarz-gelben Lager

              Nur ist das allein nicht das „rechte“ Lager. Ein Gauland, eine Alice Weidel oder ein Meuthen sind keine Nationalisten. Die AfD hat zuletzt sehr wohl für Steuererleichterungen, gerade für mittlere Einkommen gestritten und ebenso fordern die Fraktionsvorsitzenden öffentlich mehr Eigenverantwortung, klassische CDU-Themen. Deswegen tut das der Union ja gerade so weh. Sie vergessen auch, dass 2009 die FDP deutliche Gewinne bei Arbeitern und Arbeitnehmern erzielte, die damals ebenfalls sehr deutlich für Steuererleichterungen eintrat. Ihre Gleichung Arbeiter gleich Forderung nach Steuererhöhungen passt so nicht.

              Wo haben Sie das denn her? In Deutschland ist noch nie eine Partei von ueber 20% kommend auf unter 20% gesunken.

              In Fällen, wo Ihnen etwas nicht passt, verengen Sie halt einfach den Fokus:
              https://www.focus.de/politik/deutschland/spd-magische-marke-vergangenheit-zeigt-wie-kritisch-fall-unter-20-prozent-ist_id_8429841.html

              Ein Mandat und eine klare Mehrheit hat die Koalition in beiden Fällen.

              Erstmalig in der Geschichte sinken die großen Parteien in Umfragen unter 50%. Sie sehen das als klares Mandat für eine Koalition, die nie auf dem Wahlzettel stand? Dazu ist weiterhin die Kombination Jamaika deutlich populärer als eine erneute GroKo.

              Die neuesten Umfragen zeigen, dass wir nur noch eine große Partei und daneben 5 mittlere Parteien zwischen 10 und 16 Prozent haben. Das ist, gerade unter Berücksichtigung auch der Verluste an Zustimmung auch für die Union, ein Misstrauensvotum und nicht eine wohlwollende Begleitung.

            • Erwin Gabriel 17. Februar 2018, 22:34

              @ Ralf 14. Februar 2018, 02:56

              …die … einfach nur gegen Fluechtlinge ist

              Das greift, wie so oft bei diesem Thema, viel zu kurz, weil es wieder mal (Kriegs-)Flüchtlinge, Asylsuchende und Einwanderer in einen Topf schmeisst, aber die regierungsseitigen Verstoesse gegen Gesetze in diesem Zusammenhang außen vorlässt.

              Wenn Sie dass differenzierter betrachten, weerden Sie feststellen, dass es in jeder Partei „Flüchtlings“-Befürworter und -Gegner gibt.

              Zumindest stimme ich dahingehend Ihrer Feststellung zu, dass Forderungen wie die nach Sozialleistungen nur für „Biodeutsche“ alles andere als rechts sind.

              es grüßt
              E.G.

  • Kirkd 12. Februar 2018, 10:37

    Was soll auch ein Wählerwille in einer pluralistischen Gesellschaft sein? Schon bei Rousseau war der volonté generale letztlich eine Fiktion, die man durch deliberatives Verfahren ermitteln musste.

    In repräsentativen Demokratien kommt dem am ehesten die Praxis der Regierungsbildung der Schweiz nahe, in der alle grossen Parteien nach einem heiss debattierten Proporz vertreten sind. Ob die Ergebnisse immer dem „Wählerwillen“ entsprechen, lasse ich mal dahingestellt.

    In Deutschland werden Regierungen nach dem Mehrheitsprinzip gewählt, was letztlich bedeutet, dass selbst in Jahren wie 2009, als man sich einig war, dass der Wähler wohl eine schwarz-gelbe Koalition wollte, 45% der Wähler eben jene Koalition nicht wollten. Noch schlimmer war es 2005, als Unionswähler Rot-Grün ablösen wollten, und SPD Wähler Merkel/Merz/Stoiber/Kirchhoff mit kurzfristiger Mobilisierung verhindern wollten. Mindestens 80% der Wähler bekamen etwas, was sie nicht wollten, bei der Mehrwertsteuer sogar 100%.

    Ähnlich geht es Stefan Pietsch, der sicherlich recht hat, wenn er die Verluste der grossen Parteien auf die Flüchtlingspolitik schiebt. Dennoch hat eine deutliche Mehrheit Parteien gewählt, die diese Politik zu verantworten hat.

    Wie Du schon sagst, es ist letztlich Kaffeesatzleserei. In einer repräsentativen Demokratie mit Mehrheitsabstimmung sind die Inhalte Resultate einer von Verhandlungen. Wie jeder aus der Privatwirtschaft weis, hängen die Ergebnisse von Verhandlungen von den handelnden Personen und ihren Machtoptionen, Machtverhältnissen und dem Kontext ab. Die GroKo-Verhandlungen waren letztlich ein Gefangenendilemma. Auf beider Seite hatten die handelnden Personen potenziell ihre Karriere zu verlieren. Während die Verhandlungsführerin im Laufe ihrer Karrie einen Grossteil ihrer inhaltlichen Präferenzen abgelegt hat, stand auf SPD Seite eine vom naturell her stärker inhaltlich fokussierte Verhandlugnsmannschaft, die noch dazu in einem extrem auf Inhalte fokussierten Parteiumfeld handeln muss. Gleichzeitig entsprach es nicht dem sicherheitsbetonten Naturell der Kanzlerin, ihren Machtvorteil bzgl eines desolaten SPD-Ergebnisses bei Neuwahlen auszuspielen und der SPD die Pistole auf die Brust zu setzen. Das Ergebnis ist nur folgerichtig.

    • Stefan Pietsch 12. Februar 2018, 11:13

      Ich finde es echt bemerkenswert, wie viel politischen Schaden in eigener Sache unser linkes Publikum anrichtet. In diesem Sinne sind unzweifelhaft auch die Arbeitsmarktreformen von 2005 und auch Trumps Steuerreform vom Wählerwillen gedeckt, ja, gewollt. Gerade Hartz-IV gilt im Dunstkreis der Linkspartei als illegitim.

      Es scheint, als könne mancher das Glück nicht fassen, das die CDU dem linken Spektrum beschert hat.

      • Kirkd 12. Februar 2018, 11:35

        Ich habe in meinem Beitrag erläutert, (1) warum es meiner Meinung nach keinen Wählerwillen gibt, und (2) dass die Verfassungsordnung und-praxis der Bundesrepublik auch nicht darauf abzielt, einen wie auch immer gearteten Wählerwillen abzubilden.

        Im übrigen bin ich der Meinung dass die CDU sehr schlecht verhandelt hat. Die SPD hat meines Erachtens auch schlecht verhandel, was teilweise daran liegt, dass ich nicht 100% mit der Parteilinie übereinstimme, und teilweise daran liegt, dass ich andere Schwerpunkte und auf eine andere Strategie gesetzt hätte.

        Ablehnen werde ich die Groko aus den im Post zu Stefans vorigen Beitrag angegeben Gründen. Die von Dir unterstellten Glücksgefühle halten sich bei mir in Grenzen. Ich glaube im Gegensatz zu Dir nicht, dass mein Beitrag irgendwelchen politischen Schaden anrichtet.

        • Stefan Pietsch 12. Februar 2018, 11:41

          Da war ich anscheinend missverständlich. Mit dem „politischen Schaden in eigener Sache“ meinte ich die Folgen für die eigene Argumentation. Denn natürlich werde ich mir merken, wer ich nonchalant das Regierungsprogramm gutheißt mit welchen Argumenten.

          Ich hatte zuvor ja geschrieben, verfassungsrechtlich gibt es keinen Wählerwillen, parteipolitisch betrachtet sehr wohl. Je nachdem, wie ich argumentiere, muss ich mich an das Eine oder Andere halten. Argumentiere ich jedoch streng verfassungsrechtlich, gibt es wenig Rechtfertigung, dass (a) die SPD-Vertreter ein auf einem Parteitag beschlossenes Programm durchsetzen wollten und (b) dass ein Mitgliederentscheid – an dem Sie sich ja beteiligen wollen – freien Abgeordneten vorschreiben will, mit wem sie eine Regierung bilden dürfen.

          Das ist alles nicht stringent.

          • CitizenK 12. Februar 2018, 12:24

            Die Wirklichkeit ist auch nicht stringent. Ein Koalitionsvertrag widerspricht den freien Mandat des Grundgesetzes.

            • Stefan Pietsch 12. Februar 2018, 12:36

              Nicht zwingend. Denn nichts spricht dagegen, dass sich Abgeordnete oder sogar Fraktionen auf ein Programm gemeinsamen Handelns verständigen. Zumal die Verpflichtungen aus Koalitionsverträgen nicht eingeklagt werden können – und solche Versuche auch nie unternommen wurden. Anders ist dies zu den Mitgliederentscheiden, die einem imperativen Mandat schon sehr nahe kommen, zumal die Fraktionsführungen praktisch verpflichtet sind, dem Mitgliederauftrag zu folgen.

            • Stefan Sasse 12. Februar 2018, 14:48

              Blödsinn.

          • Kirkd 12. Februar 2018, 12:53

            Ich persönlich bin auch kein Freund von Mitgliederentscheidungen in solchen Fällen. Ich halte sie aber für verfassungsrechtlich vertretbar.

            Da ich das Regierungsprogramm nicht gutheisse, darf ich mich also glücklich schätzen, nicht in Gefahr zu schweben, von Dir mit Vorwürfen inkonsistenter Argumentation konfrontiert zu werden?

            • Stefan Pietsch 12. Februar 2018, 13:33

              Doch, schon. Schließlich störe ich mich nicht an der Schlussfolgerung, sondern der Argumentationslinie. Und unbedenklich sind Mitgliederentscheide eben nicht. Bisher hat das Bundesverfassungsgericht dies einmal durchgewunken, daraus jedoch keinen Grundsatz gemacht.

              • Kirkd 12. Februar 2018, 14:23

                Ich denke auch nicht, dass das Gericht ein dieser Frage einen klaren Grundsatz aufstellen wird. Sie werden sich vorbehalten, Fall für Fall zu betrachten, wie stark der Raum für einzelne Abgeordnete eingeschränkt wird. Letztlich sind – wie so oft im Verfassungsrecht – zwei Rechtsnormen, in diesem Fall die Freiheit des Abgeordneten und die Mitwirkung der Parteien an der politischen Willensbildung, miteinander in Einklang zu bringen. Rechtsmethodisch lässt sich in solchen Fällen meist beides sauber begründen und Gerichte verweisen gerne auf die berüchtigten Umstände des Einzelfalls.

  • Lemmy Caution 12. Februar 2018, 23:39

    Politiker Gestaltungswille ist im Kern Politischer UMGestaltungswille und seit einiger Zeit läuft es halt in diesem Land irgendwie dann doch ziemlich gut. Merkel ist doch sowieso eher dem sozialpolitischen Flügel der CDU zuzurechnen. Das Thema mit den Flüchtlingen hat die doch faktisch zahlenmäßig auf diese spezielle pragmatische Merkel-Mischung aus leiser Bestimmtheit gedeckelt. Außerdem sinken seit Jahren die Geburtenraten in allen Regionen mit Ausnahme von Schwarzafrika dramatisch.
    Die letzten Jahre von Dauerkanzlern waren aus unterschiedlichen Gründen erstaunlich schwach (Adenauer, Schmidt, Kohl). Vermutlich Schicksal, dass sich das jetzt für ein paar Jahre unserer Lebenszeit nicht so inspiriert aber grundsolid ausmerkelt.
    Wirklich Willen für Umgestaltung gibts dann vielleicht nach der nächsten Krise.
    Deutsche Politik ist halt zur Zeit zäh wie Leder. Wenn ich geistig anregende Debatten will, konsumiere ich chilenisches Polit-Fernsehen, aber da gibts eben auch heftigere Problemlagen.

  • Ariane 13. Februar 2018, 11:03

    Absolute Zustimmung. Vermutlich war das schon immer so, aber mich nervt diese Romantisierung der Politik furchtbar und vermutlich ist das sogar viel schädlicher als irgendetwas, was tatsächlich von der Politik umgesetzt wird.
    Das ist ja auch extrem chaotisch, auf der einen Seite kommt ständig das Narrativ, dass alle Politiker eh nur lügen und korrupte Sesselkleber sind und auf der anderen Seite sind die Erwartungen so hoch angesetzt, dass sie sowieso nicht erreicht werden können. Und das ist ja nichts, was ein Privatmensch alleine in seinem Kämmerlein denkt, sondern die Presse und auch die Politiker selbst arbeiten ja häufig an diesem Mythos mit.

    Ich glaube, ein wenig mehr Ehrlichkeit wäre da häufig schon angebracht. Ist jetzt etwas vom Thema weg, aber ich finde es zb bedenklich, wenn die Politiker selbst daran arbeiten, ihre Verantwortlichkeiten (mit voller Zustimmung großer Teile der Bevölkerung) abzugeben. Sei es durch Volksentscheide oder über das Verfassungsgericht.

    • Stefan Sasse 13. Februar 2018, 21:29

      Deswegen versuche ich auch immer, parlamentarische Prozesse zu erklären. Ein Grundproblem ist ja schon, dass die keiner kennt.

  • Kning4711 13. Februar 2018, 14:31

    Ich denke ein wesentliches Element ist, dass eben die Themen, welche die Bürger sehr intensiv bewegen (wie z.B. die Flüchtlingskrise) nicht ausreichend von der politischen Führung geführt werden.
    Die Debatte überlässt man der AfD, den Kommentarspalten der Medien, Bloggern. Ob es den Eliten gefällt oder nicht – das Thema gärt und bewegt Menschen. Leider gelingt es weder der Bundeskanzlerin, noch dem Innenminister, noch einem anderen Spitzenpolitiker das Thema so zu besetzen, dass man das Gefühl habe, man agiere transparent oder habe die Lage im Griff.
    Es wurde in der vergangenen Legislaturperiode so viel politisches Kapital auf Nebenkriegsschauplätzen (ich sag nur PKW Maut) verschwendet, doch die Bürger haben den Eindruck, um Ihre echten Probleme kümmere sich keiner. In Moderationsmethode Merkel ist eine verwaltende aber eben keine gestaltende. Diesen Mangel haben die Wähler durchschaut und sehnen sich nach Gestaltung und Führung.
    Wenn man dann noch den Eindruck hat, man müsse die Parteien zum Regieren tragen, wird es nicht besser. 170 Seiten für einen Koalitionsvertrag, aber dennoch kein zentrales Thema / Projekt Zukunftsentwurf. Ist schon zum Heulen, da strotzt Deutschland vor Kraft, es gäbe unzählige Baustellen, aber eben nicht den „Macher“ der diese angehen möchte. Stattdessen Trübsinn, Kabale und auf Sicht spielen.

    Was den Mitgliederentscheid angeht – ich finde es auch etwas befremdlich dass vierhunderttausend SPD Mitglieder über eine Regierung befinden sollen. Ich frage mich, wofür überhaupt noch Parteivorstände gewählt werden, wenn man die Frage nach Koalitionen auch den Mitgliedern überlassen möchte.

    Das ist wie im Dorfverein. Drei oder vier aktive lenken die GEschicke und binden die Mitglieder ein, entschieden wird aber im Vorstand, sonst ist das Ergebnis in der Regel Murks.

    • Stefan Sasse 13. Februar 2018, 21:33

      Ich wüsste ehrlich gesagt auch nicht, was sie machen sollten. Es sagt sich immer so einfach, man müsse das „debattieren“ oder „zeigen, dass man die Lage im Griff hat“. Wie denn? Debattiert wurde das Thema zigfach hoch und runter, und mit welchem Ergebnis? Und wie zeigt man das?

      • Kning4711 14. Februar 2018, 10:32

        Zunächst wäre es von Vorteil, wenn die Regierung das Thema proaktiv selber zum Thema machen würde. Statt auf Anfragen der Opposition zu reagieren, wäre es in meinen Augen sehr hilfreich, wenn der Bundesinnenminister einen regelmäßigen Flüchtlingsreport erstatten würde. Es wäre auch sehr hilfreich zu wissen, wie Frau Merkel „Wir schaffen das“ messen möchte. Ich bin mir sicher, dass eine eine Menge Erfolgsgeschichten, aber auch Probleme gibt. Es wäre aber deutlich souveräner diese jeweils zu benennen und auch die Maßnahmen zu verdeutlichen die die Regierung treffen möchte. Das alles passiert aber nur im verborgenen und bleibt intransparent. Man hat immer den EIndruck die Regierung schäme sich für Ihre Flüchtlingspolitik und schweigt Sie tot. Führungsstärke geht anders.

        • Blechmann 17. Februar 2018, 21:53

          Na, die befürchten wohl, dass man ihre Politik zerpflücken würde wie eine nasse Zeitung, wenn sie so unklug wären sich der Debatte zu stellen. Im Staatsfunk, wo nur Leute eingeladen werden, die garantiert keine peinlichen Fragen stellen, geht das ganz gut, aber bei einer offenen Debatte, wer weiß? Die Taktik jeden einen Nazi zu nennen, der gegen die muslimische Massenmigration ist, die ist vermutlich gar nicht so schlecht. Ist jedenfalls schwer abzuschätzen.

          • Erwin Gabriel 17. Februar 2018, 22:45

            @ Blechmann 17. Februar 2018, 21:53

            Die Taktik jeden einen Nazi zu nennen, der gegen die muslimische Massenmigration ist, die ist vermutlich gar nicht so schlecht.

            Eine Frage des Standpunktes. Aus Parteisicht mag ich damit einige Leute in die Spur zwingen, ohne sie argumentativ überzeugen zu müssen. Viele andere wenden Merkels Mainstream-Populisten den Rücken zu, ziehen sich in ihre Blase zurück, und wählen zukünftig AfD.

            es grüßt
            E.G.

            • Blechmann 19. Februar 2018, 21:31

              „Viele andere wenden Merkels Mainstream-Populisten den Rücken zu, ziehen sich in ihre Blase zurück, und wählen zukünftig AfD.“

              Damit sind sie politisch neutralisiert und können den restlichen 80% als Feindbild dienen. Passt doch. Problem ist natürlich, dass das auf europäischer Ebene so nicht funktioniert.

  • Ariane 15. Februar 2018, 23:11

    @Stefan P

    Woher hast Du die Überzeugung, dass die Bürger in Mehrheit froh über das Zusammenpressen von zwei ehemaligen Großkoalitionären sind, die ganz offensichtlich nicht mehr miteinander wollen?

    Da ich nicht deine Selbstsicherheit oder gemeiner gesagt Arroganz habe, habe ich überhaupt keine Überzeugung, wie sich das alles sortieren würde. Ich gebe freimütig zu, dass ich hier wild herumspekuliere 😉

    Ich halte auch die aktuellen Umfragen für wenig aussagekräftig. So etwas gab es ja noch nie und kein Mensch (außer du, ja ich weiß^^) hat eine Ahnung, mit wem und welcher Ausrichtung die beiden großen Parteien so einen verkürzten Wahlkampf angehen könnte. Dass beide mit gleichem Personal und Programm einfach weitermachen -> glaub ich nicht wirklich und innerparteiliche Querelen und Chaotik mag der Wähler nun mal nicht. Und andere Personen und Ausrichtungen in so einem spontanen, verkürzten Wahlkampf sind meiner Meinung nach von Natur aus eher chaotisch.

    gehe ich als Befürworter von Neuwahlen davon aus, dass ein Teil der Wähler sich neu orientiert würde. Und das ist die wesentliche Begründung, die für Neuwahlen spricht.

    Mal abgesehen davon, dass ich aktuell alle Umfragen skeptisch betrachte, hab ich noch niemanden getroffen, der ganz anders wählen würde. Höchstens Überlegungen ähnlich wie bei mir, ob man von SPD zu den Grünen wandert. Und ich persönlich bezweifle einfach, dass es soviele Verschiebungen gibt, dass wirklich ganz neue Mehrheiten zustande kämen, bzw ob das überhaupt helfen würde. Ich meine, nähmen wir mal an, es würde für schwarz-gelb reichen, die CDU ist aber immer noch die Merkel-CDU, käme es dann überhaupt zu einer Koalition?

    Da jedoch die Union gezeigt hat, dass bürgerliche Werte bei ihr denkbar schlecht aufgehoben sind, könnte sich das als Vorteil für die Liberalen entpuppen.

    Verständlich, dass das dein Wunsch ist. Aber vielleicht haben die CDU-Wähler die CDU ja auch aus anderen Gründen gewählt^^
    Und wie gesagt, Lindner müsste den Rucksack der abgebrochenen Sondierung die ganze Zeit mitschleppen und könnte nicht so einen lockerflockigen Wahlkampf fahren wie das letzte Mal, sondern müsste viel konkreter werden und das ist nicht gut für Wahlkämpfer.

    Wie gesagt, nett zu spekulieren, aber da ist zuviel unklar, um wirklich ernsthafte Aussagen zu machen und ich denke wir sind uns vielleicht einig, dass Neuwahlen demokratietechnisch und was Politikverdrossenheit angeht, nicht so günstig wären. Weswegen ich sie auch ablehne.

    Es ist fast ein bisschen schade. Aktuell hätte ich sogar das Gefühl, wir könnten diesmal einen richtigen Wahlkampf gebrauchen, es gefällt mir, dass die Berichterstattung wieder in eher normalen Bahnen verläuft. Die Parteien (hier vor allem die SPD^^) produzieren soviel Schlagzeilen, dass jede AfD-Provokation total versandet und die Themen sind imo gerade viel breiter. Da wird auch über kostenlosen Nahverkehr und das Pflegechaos diskutiert, über den Soli, Bürgerversicherung und was weiß ich. So ein Kanzlerduell könnte jetzt direkt spannend sein, weil jetzt mal wirklich etliche konkrete Dinge auf dem Tisch liegen. Vielleicht sollten wir das umkehren und erst alle sondieren lassen und danach einen Wahlkampf starten, dem fehlte es nämlich an diesen konkreten Themen 🙂

    • Stefan Pietsch 16. Februar 2018, 00:14

      Also eins vorweg, ich versuche immer deutlich zu machen, dass ich wenig weiß und in Prognosen nicht besonders gut bin.

      Zu den Umfragen: die FDP wird seit Wochen zwischen 8 und 12 Prozent notiert. Unter Berücksichtigung der Fehlertoleranz bedeutet das eine Zustimmung, die zwischen 7 und 13 Prozent liegen könnte. Die Liberalen sind damit die unsicherste Variable.

      Betrachten wir und sonst die Umfragen, so haben wir eine große Partei und fünf mittlere. Die SPD verliert dabei in alle Richtungen, von der LINKEN über die Grüne bis zu AfD und FDP. Das ist halt so, wenn jemand nicht ganz dicht ist. 😉 In dieser Situation wäre es ein Witz, würde ausgerechnet die SPD einen Kanzlerkandidaten nominieren, dazu sollten wir die Realitäten zur Kenntnis nehmen. Als 2013 die FDP aus dem Bundestag flog, wurden die Vertreter der Partei auch von den Öffentlich-Rechtlichen aus der Berliner Runde ausgeladen. Das war demütigend, aber Anerkennung von Realität. Das sollte nun auch für die Sozialdemokraten gelten.

      2005 hatten wir einen kurzen Wahlkampf von ebenfalls 60 Tagen. Es war einer der besten der jüngeren Geschichte. Im Ernst: ich mache mir nun wirklich keine Gedanken, worüber und mit welchen Kandidaten die Parteien in Neuwahlen gehen sollten. Das ist deren Job, meiner als Blogger ist es, deren Entscheidungen zu kommentieren.

      Ich verstehe wirklich nicht, woher Ihr die Chuzpe nehmt, eine Legitimierung der Großen Koalition abzuleiten. Ein solches Bündnis muss ein Sonderfall bleiben, so sehen es auch die Bürger. Abgesehen von den Umfragen, die bereits zuvor eine Ablehnung der Neuauflage signalisierten, rauschen die Werte gerade für die SPD in den Keller. Die Partei hatte am Wahlabend selbst erkannt, dass sie abgewählt seien. Alles zusammen lässt sich nur schlussfolgern, dass eine überwältigende Mehrheit die GroKo nicht will. Und eine Mehrheit will auch den sofortigen Rücktritt der Bundeskanzlerin.

      Mal abgesehen davon, dass ich aktuell alle Umfragen skeptisch betrachte, hab ich noch niemanden getroffen, der ganz anders wählen würde.

      Ich schon. Nur bringt es uns nichts, uns das gegenseitig vorzuhalten.

      Angela Merkel hätte sehr zu kämpfen, nochmals nominiert zu werden. Der Spitzenkandidat der SPD ist im politischen Aus, Seehofer stände wahrscheinlich bei der CSU nicht mehr auf dem Ticket. Die Grünen haben ebenfalls ihre Spitze ausgetauscht. Ich finde, Neuwahlen dürften für alle Beteiligten eine hochaufregende Geschichte werden.

      Verständlich, dass das dein Wunsch ist. Aber vielleicht haben die CDU-Wähler die CDU ja auch aus anderen Gründen gewählt

      Ich kenne einige CDU-Wähler, ich wohne in einer Stadt, die früher von der CDU dominiert wurde, ich bin in einer Stadt aufgewachsen, die heute schwarz geprägt ist. Ich kenne keinen, der der Union zuneigt und sich eine bessere Sozialdemokratie wünscht. Ich glaube Ariane, Du hast noch wenig Verständnis für unterschiedliche Mentalitäten von Menschen. Dabei finde ich genau das absolut spannend. Ich frage häufig meine Mitmenschen, wie sie über die Dinge denken und warum. Und dabei enthalte ich mich einer eigenen Einschätzung, weil ich nur wissen will, wie andere ticken. Ja, ich bin da ganz toll! 🙂

      Und wie gesagt, Lindner müsste den Rucksack der abgebrochenen Sondierung die ganze Zeit mitschleppen

      Die Zeit heilt Wunden. Ich denke, nach diesem Theater von Union und SPD ist das Thema durch, der Frust scheint in den Umfragen wieder durchzuschlagen und die FDP ihre Talsohle durchschritten. Aber wie gesagt, solche Überlegungen sind absolut zweitrangig und im Kern uninteressant.

      • Ariane 16. Februar 2018, 01:12

        In dieser Situation wäre es ein Witz, würde ausgerechnet die SPD einen Kanzlerkandidaten nominieren, dazu sollten wir die Realitäten zur Kenntnis nehmen. Als 2013 die FDP aus dem Bundestag flog, wurden die Vertreter der Partei auch von den Öffentlich-Rechtlichen aus der Berliner Runde ausgeladen. Das war demütigend, aber Anerkennung von Realität. Das sollte nun auch für die Sozialdemokraten gelten.

        Öh? Kein Zweifel, die Werte der SPD sind gerade im freien Fall und sie würden sicher kein glorreiches Ergebnis bei spontanen Neuwahlen einfahren. Aber natürlich müssten sie irgendeinen Kanzlerkandidaten benennen und es ist ja auch höchst unwahrscheinlich, dass sie nochmal 12% oder so verlieren und aus dem Bundestag fliegen. Also da gehts irgendwie mit dir durch.

        ch verstehe wirklich nicht, woher Ihr die Chuzpe nehmt, eine Legitimierung der Großen Koalition abzuleiten.

        Himmel Hilf! Na weil die eine parlamentarische Mehrheit haben! Dafür machen wir den Krams doch und wählen die Leute ins Parlament. Und jede Partei oder Koalition mit parlamentarischer Mehrheit ist legitimiert. Ob das nun die Große Koalition, Jamaika oder meinetwegen CDU+LINKE+AfD ist. Natürlich kannst du oder auch jeder anderer das unbefriedigend finden, aber du kannst doch der parlamentarischen Mehrheit nicht ihre demokratische Legitimation absprechen, das ist doch Wahnsinn.

        Und eine Mehrheit will auch den sofortigen Rücktritt der Bundeskanzlerin.

        Bitte was? Ohne Neuwahl, einfach so? Gibts dafür irgendwelche Belege? Die hat gerade im September in der letzten Wahl mit Abstand die meisten Stimmen bekommen. Was ist das nun wieder für ein Kokolores?

        Und dabei enthalte ich mich einer eigenen Einschätzung, weil ich nur wissen will, wie andere ticken. Ja, ich bin da ganz toll!

        Ist mir aufgefallen und am meisten bewundere ich natürlich deine demütige Bescheidenheit 😉
        Ich weiß ja nicht, mit was für Leuten du dich so unterhältst, aber vielleicht sind die nicht unterschiedlich genug, wenn die dich zu so weit hergeholten (nett ausgedrück) Thesen führen. Die politikinteressierten Leute, mit denen ich mich unterhalte, interessieren sich überhaupt nicht für die Kanzlerin oder irgendwelche konservativen Revolutionen, weil sie zu sehr mit dem Chaos in der SPD beschäftigt sind. Übrigens sind sie meist notgedrungen trotzdem für die GroKo, weil sie keine bessere Alternative in Kürze sehen. Mein Bekanntenkreis ist nicht ganz so scharf auf dein Wunschtriumvirat aus Spahn-Lindner-Dobrindt ^^

        Und ja, das wäre furchtbar aufregend alles, ein Fest für dieses Blog und die Journalisten. Dummerweise sind Regierungskrisen und Chaos in den führenden Parteien zwar spannend, aber für Land und Leute nicht unbedingt das Beste (schon gar nicht in Deutschland, wo alle bei leisem Rumpeln schon aus dem Häuschen geraten). Mal abgesehen davon, dass wir vielleicht doch irgendwann mal eine echte Regierung bräuchten. Deutschland ist nun mal etwas bedeutender als zb Belgien und kann es sich eigentlich nicht leisten, ein knappes Jahr mal eben mit beschnittenen Kompetenzen zu agieren. Zusätzlich denke ich, dass solche Sperenzchen ein größerer Schlag für die demokratische Legitimität wären als eine wenig beliebte Koalition. Und „lieber keine Regierung als eine doofe“ kann das Land jetzt ja nicht für immer durchspielen.
        Ich zitiere nochmal aus Stefans Artikel: „sie müssen sich Wahlen stellen und aktiv zur Übernahme politischer Verantwortung bereit sein“
        Und wenn man nun wirklich neu wählen lässt, trifft diese Bedingung nicht mehr zu.

        • Stefan Pietsch 16. Februar 2018, 10:42

          Aber natürlich müssten sie irgendeinen Kanzlerkandidaten benennen und es ist ja auch höchst unwahrscheinlich, dass sie nochmal 12% oder so verlieren und aus dem Bundestag fliegen.

          Wieso denn nicht? Nur, weil es mal anders war? Die SPD hat seit bald einer Generation nur Wahlen bestritten, wo sie von vornherein keine Chance auf das Kanzleramt hatte. Nun hat sie von dem schlechtesten Ergebnis ihre Geschichten binnen Wochen in Umfragen nochmals rund jeden vierten Wähler verloren, obwohl es immer heißt, tiefer könne es nicht gehen. Die SPD wäre nicht die erste sozialdemokratische Partei, die in den Rang einer Kleinpartei sinkt. Die FDP hat sich lächerlich gemacht, als sie mit 15% einen Kanzlerkandidaten nominiert hat. Wieso sollte das einer Partei mit 16%-Zustimmung anders ergehen? Die Zuschauer würden sich in so einem „Duell“ doch verschaukelt fühlen: „Frau / Herr XY, mit wem wollen Sie eigentlich eine Regierungsmehrheit zustande bringen?“ Lang anhaltendes Gelächter im Publikum und vor den Bildschirmen.

          Na weil die eine parlamentarische Mehrheit haben!

          Das haben Union, FDP und AfD auch. Oder SPD, FDP, Grüne und Linke. Warum haben die keine Legitimierung, eine Regierung zu bilden?

          Und eine Mehrheit will auch den sofortigen Rücktritt der Bundeskanzlerin.
          Bitte was? Ohne Neuwahl, einfach so? Gibts dafür irgendwelche Belege?

          Herrgott, lest Ihr Linken ab und zu noch Nachrichten? Die bekanntesten Befragungen muss glaubt ihr inzwischen nicht mehr, sondern seht nur noch Fake News.
          https://www.welt.de/politik/deutschland/article172039303/WELT-Trend-46-Prozent-der-Deutschen-wollen-dass-Merkel-sofort-zuruecktritt.html

          Ich weiß ja nicht, mit was für Leuten du dich so unterhältst, aber vielleicht sind die nicht unterschiedlich genug, wenn die dich zu so weit hergeholten (..) Thesen führen.

          Welche weit hergeholten Thesen? Du kommst aus einer Region, die tendenziell links gestrickt ist. Ich wohne im Herzen eines Bundeslandes, das als Querschnitt Westdeutschlands gesehen wird. Im Westen und Süden außerordentlich wohlhabend, im Norden und Osten etwas rückständig und strukturarm mit einer Mischung aus Katholizismus und Protestantismus. Meine „Studien“ sind nicht repräsentativ, aber immer interessant, wie die Menschen „ticken“.

          Deutschland steht vor Weichenstellungen weit über das Jahr 2021 hinaus. International haben wir es mit dem Aufstieg des Trumpismus zu tun, der Neujustierung von Umweltpolitik und Mobilität. Es gilt sich für eine heraufziehende Wirtschaftskrise sich zu wappnen und die richtigen Weichen für die demographischen Verwerfungen der nächsten beiden Jahrzehnte zu stellen. Zu all dem finden sich im Koalitionsvertrag keine Antworten, schon gar keine befriedigenden. Da steht nur, wir geben alles Geld an unsere wahlwirksame Klientel, das wir bekommen können. Falls Du darin eine Weichenstellung erkennst, na denn.

          • Ariane 16. Februar 2018, 14:04

            Wieso denn nicht? Nur, weil es mal anders war?

            Einfach weil es noch genug alte Leute gibt, die immer SPD gewählt haben und das so weitermachen, bis sie unter der Erde sind. Damit sollte die SPD zumindest erstmal safe über der 5% Hürde sein. ^^
            Und um sie wirklich komplett implodieren zu lassen, bräuchte es vermutlich eine weitere Spaltung, dieses neue Superlinksbündnis oder so ein Macronding oder sowas. Denn irgendwo müssen die Mitte-Links-Wähler ja hin und gerade wenn deine Vorhersagen eintreffen, fällt die Merkel-CDU ja aus.

            Das haben Union, FDP und AfD auch. Oder SPD, FDP, Grüne und Linke. Warum haben die keine Legitimierung, eine Regierung zu bilden?

            Wer sagt das denn bitte? So ein Ultrarechtsbündnis würde ich massiv kritisieren, aber natürlich wären die legitimiert. Das sind alles gewählte Abgeordnete, das ist doch der Sinn des Ganzen. Ich blick echt nicht, was du da mit der demokratischen Legitimität für ein Problem hast. Wer wäre denn bitte sonst legitimiert, das Land zu führen, wenn nicht die Leute, die wir da ins Parlament gewählt haben? Da ist doch sonst keiner mehr.
            Das hatten wir schon mal, der Bürger wählt seine Abgeordneten und damit hat sich die Sache und damit sind sie automatisch legitimiert. Das ist dann deren Problem, eine Mehrheit zu organisieren. Und selbst wenn 100% der Wähler meinen, eine große Koalition ist doof, tut das gar nichts mehr zur Sache, solange das seine Abgeordneten ausklüngeln. Wie gesagt, ich versteh da überhaupt nicht, wo du nun ein Problem siehst.

            Herrgott, lest Ihr Linken ab und zu noch Nachrichten? Die bekanntesten Befragungen muss glaubt ihr inzwischen nicht mehr, sondern seht nur noch Fake News.

            Ja wir Linken können nicht mehr lesen und ihr Konservativen nicht mehr rechnen, 46% sind doch keine Mehrheit. Oo
            Ich wüsste auch gar nicht warum denn überhaupt? Weil die Regierungsbildung schwierig ist oder warum soll sie jetzt sofort als Kanzlerin zurücktreten? Vielleicht kann eine geschäftsführende Kanzlerin nicht mal hinwerfen und dann schmeißt Gabriel den Laden oder wie, so ein Spahn dürfte nämlich nicht mal eben zum neuen Kanzler ernannt werden, weil wir (übrigens!) keine Regierung haben. Das findet die Mehrheit der Wähler ja bestimmt total super.
            Ist das so eine merkwürdige Sehnsucht nach Chaos und Apokalypse oder was soll der Quatsch?
            Also manchmal glaub ich echt, wir Deutschen sind zu verwöhnt. Wenn alle Welt Merkel doof findet und die CDU sich neu aufstellen will oder du das willst – bittesehr. Aber sie hat keinen Korruptionsprozess am Hals oder das Parlament belogen oder sonst etwas verwerfliches getan, für einen Kanzler-Rücktritt sehe ich absolut keinen Grund. Mal abgesehen, dass wir ja langsam heilfroh sein müssen, wenn überhaupt noch irgendwer den Laden schmeißen will.

            Welche weit hergeholten Thesen?
            Äh ja. Also zum Beispiel, dass du der großen Koalition ihre demokratische Legitimität absprichst? Dass du der Meinung bist, die Mehrheit will den sofortigen Rücktritt der Kanzlerin? Dass eine deutliche Mehrheit die Union und die Kanzlerin sowieso hasst und in der CDU sind es bestimmt sogar 110%. Dass alle Welt (außer ich linke Socke) ganz dringend eine konservative Revolution mit dem Triumvirat Lindner-Spahn-Dobrindt wünscht.
            Da wirkt einiges befremdlich auf mich und da du ja gerade soviel von Demut gesprochen hast, wäre es ja vielleicht nicht verkehrt, einzukalkulieren, dass deine Meinung nicht automatisch gleich eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung ist.

            Du kommst aus einer Region, die tendenziell links gestrickt ist. Ich wohne im Herzen eines Bundeslandes, das als Querschnitt Westdeutschlands gesehen wird.

            Ähm, ich weiß ja nicht, was dir so vorschwebt, aber ich wohne übrigens nicht in einer linken Kommune und treibe mich in der Freizeit auf Kommunismus-Foren rum oder so 😉
            Mein Bekanntenkreis ist vermutlich etwas jünger und unterschiedlicher als deiner, aber das sind alles recht stinknormale Leute und man munkelt, da sollen sogar CDU-Wähler (sogar Fans der Merkelunion!) darunter sein. Und die dürfen eben auch alle wählen^^
            Ja, ist nicht so einfach gegen Euch Babyboomer mit den glatten Biographien und Reihenhäuschen anzukommen, aber 100% seid ihr dann doch noch nicht.

            • Stefan Pietsch 16. Februar 2018, 15:46

              Einfach weil es noch genug alte Leute gibt, die immer SPD gewählt haben und das so weitermachen, bis sie unter der Erde sind.

              Als ich das bezüglich der CDU gesagt habe, hast Du mir das nicht abgenommen. Dein Argument: wer CDU wählt, ist für Merkel. Eine Splitterpartei kann jedoch nicht den Anspruch erheben, den Kanzler der Bundesrepublik Deutschland stellen zu wollen.

              Denn irgendwo müssen die Mitte-Links-Wähler ja hin und gerade wenn deine Vorhersagen eintreffen, fällt die Merkel-CDU ja aus.

              Das haben sich die Spitzen der französischen PS auch lange gesagt. So lange, bis sie auf das Niveau einer Splitterpartei geschrumpft waren und eine völlig neue Bewegung ohne die alten Funktionäre das Mitte-Links-Lager aufgemischt hat. Manchmal ist Lebenserfahrung ja doch zu etwas nütze. 🙂

              So ein Ultrarechtsbündnis würde ich massiv kritisieren, aber natürlich wären die legitimiert.

              Ehrlich? Unter einer solchen Wertung ist alles legitim, dass die amerikanischen Demokraten Trump mitwählen genauso wie die britischen Tories Corbyn die Amtgeschäfte in 10 Downing Street übergeben. Allerdings fänden es selbst Franzosen irre, würden die Republikaner mit der PS koalieren. In Spanien scheiterten mehrere Versuche zur Bildung einer „Großen Koalition“. Irgendwo auf der Welt scheint man andere Vorstellungen von parlamentarischer Demokratie zu haben als das, was Du verargumentierst.

              Wer wäre denn bitte sonst legitimiert, das Land zu führen, wenn nicht die Leute, die wir da ins Parlament gewählt haben?

              Warum veranstaltet dann die SPD, diese so demokratische Partei, einen Mitgliederentscheid mit dem Ziel, den „eigenen“ Abgeordneten Vorgaben zu machen?

              Demokratie, Ariane, ist ein Entscheidungsinstrument. Das Ziel ist immer, unter einer gegebenen Auswahl eine Entscheidung herbeizuführen. Es liegt in der Natur der Sache, dass so etwas nicht mit einem einmaligen Akt abgehandelt ist. Die Kardinäle im Konklave können ja auch nicht sagen, so, jetzt haben wir ein paar Kandidaten gewählt, einer liegt vor, Zweidrittel sind notwendig, nun einigt Euch mal. Nee, da wird so lange gewählt, bis die Vorgaben erfüllt sind.

              Im Grundgesetz ist zwar festgelegt, dass die Bürger Abgeordnete wählen, nicht aber, dass die eine Regierung bestimmen müssen. Klappt das nicht, wird halt nochmal gewählt. Das Argument, der Bürger habe ja einmal gewählt und das müsse reichen, zieht nicht. Nicht die Gewählten sind dafür verantwortlich, dass das Wählen des Bürgers zu etwas führt, sondern die Bürger selbst. So ist das überall, liebe Ariane. Auch die Eigentümer eines Unternehmens können sich nicht aus der Affäre ziehen, wenn sie sich in einem Wählakt gemäß ihren Anteilen nicht auf eine bestimmte Unternehmenspolitik einigen können. Notfalls greifen Shoot-out-Klauseln, aber das findet auf der Ebene der Gesellschafter, nicht im Unternehmen selbst oder seinem Management, statt.

              Stell‘ Dir also vor, Du bist Gesellschafterin der Deutschland AG. Dann wirst Du Dich mit den anderen Gesellschaftern einigen müssen, wer nun Vorstand der Deutschland AG wird und kannst nicht die Manager beschuldigen, die zwar einen Arbeitsvertrag, aber keine Prokura haben.

              Ja wir Linken können nicht mehr lesen und ihr Konservativen nicht mehr rechnen, 46% sind doch keine Mehrheit.

              Ihr Linken habt wirklich Talent, alle Vorurteile über Euch zu bestätigen. Das ist die relative Mehrheit, ein juristischer Begriff. Nur jeder Zehnte will, dass die Kanzlerin überhaupt nicht zurücktritt. Zur Erinnerung: das ist die Person, die in wenigen Wochen für die Dauer von vier Jahren zur Regierungschefin gewählt werden soll und die breitest mögliche parlamentarische Mehrheit dann hinter sich vereint, nämlich die führenden Parteien der beiden großen politischen Blöcke. Wenn das nicht ein Armutszeugnis ist, weiß ich nicht, wie man so etwas beschreibt.

              Dass du der Meinung bist, die Mehrheit will den sofortigen Rücktritt der Kanzlerin?

              Wie gesagt, das ist keine weit hergeholte These, das ist so eine aktuelle Umfrage zu einer Regierung, die gerade erst beginnen soll.

              Mein Bekanntenkreis ist vermutlich etwas jünger und unterschiedlicher als deiner

              … und damit weit weniger repräsentativ. Da kannst Du ruhig in Deiner Kommune gehen, aber kaum ein Bild von den Meinungen in der Gesellschaft bekommen. 😉

    • Erwin Gabriel 17. Februar 2018, 22:53

      @ Ariane 15. Februar 2018, 23:11

      Und wie gesagt, Lindner müsste den Rucksack der abgebrochenen Sondierung die ganze Zeit mitschleppen.

      Wenn man sieht, wie weit die CDU der der SPD entgegengekommen ist, der FDP aber nicht, kann man Christian Lindner keinen Vorwurf machen.

      es grüßt
      E.G.

  • Erwin Gabriel 16. Februar 2018, 14:27

    @ Ariane 15. Februar 2018, 20:33

    … für mich steht völlig außer Frage, dass bei möglichen Neuwahlen beide großen Parteien gerupft werden würden und niemand darauf hoffen darf, das alte Ergebnis auch nur zu halten.

    Ich stimme zu.

    Als größte Fraktion hat die Union nun mal die Aufgabe zur Regierungsbildung und auch als einzige gar nicht die Möglichkeit, in die Opposition zu gehen und das Regieren irgendwem anders zu überlassen.

    Gab es aber schon mal, als die FDP das CDU-Lager verließ und zur SPD wechselte.

    Die FDP hätte imo den Nachteil, dass sie die ganze Chaotik erstmal ausgelöst hat und Lindner sich im folgenden Wahlkampf wohl definitiv vorab festlegen müsste, ob er nun regierungswillig ist oder auf jeden Fall Opposition machen will

    Da bin ich bei Stefan P. – die FDP hat Haltung bewahrt, ist nicht umgefallen. Und wem die CDU zu links und die AfD zu rechts ist, der hat eigentlich keine andere Wahl.

    es grüßt
    E.G.

    • Ariane 18. Februar 2018, 17:02

      Gab es aber schon mal, als die FDP das CDU-Lager verließ und zur SPD wechselte.

      Ja, aber bei den aktuellen Verhältnissen, muss zwangsläufig die Union die Regierung anführen, außer wir kommen jetzt mit völlig verrückten Konstellationen an. Und sie ist auch die einzige, die im Notfall eine Minderheitsregierung machen könnte. Also an der Union kommt man gerade (zu meinem Leidwesen) nicht vorbei.

      Da bin ich bei Stefan P. – die FDP hat Haltung bewahrt, ist nicht umgefallen. Und wem die CDU zu links und die AfD zu rechts ist, der hat eigentlich keine andere Wahl.

      Ja, das ist der Mythos, ich sehe das wenig überraschend etwas anders. Es gab ja nicht das eine Projekt, das die FDP unbedingt haben wollte und die Union ihnen verwehrt hat, sondern es wurden viele, nicht unbedingt einleuchtende Gründe für den Abbruch genannt. Stefan S. hat Taktik vermutet, ich persönlich hatte eher das Gefühl, dass Lindner oder die Partei an sich überfordert war, überhaupt für sich erstmal konkrete Ziele zu definieren und dann vor einer Regierungsbeteiligung zurückgeschreckt ist.
      Die FPD und ihr macht daraus einen standhaften Heldenmythos, ok.

      Wie dem auch sei: Ich bin der Meinung, dass Neuwahlen auch für die FDP schwierig wären, weil sie eben nicht so wahlkämpfen könnten wie letztes Jahr, sondern sicherlich ständig gefragt werden würden, ob sie denn nun prinzipiell bereit wären, sich an einer Regierung zu beteiligen oder eben nicht. Das zieht Aufmerksamkeit vom normalen Programm ab und jede noch so kleine Festlegung irgendwohin, würde dann vermutlich bei bestimmten Wählern für Unmut sorgen. Weiß ich eben nicht, wie befriedigend irgendwie sowas wie „Wir wollen regieren, aber nur wenn die Union die Kanzlerin absägt und vielleicht noch die AfD plötzlich keine NaziFascho-Partei mehr ist“ dann wäre.
      Und mir persönlich dünkt, dass man sich den Weg zu Jamaika mit den Grünen oder auch nur zu Schwarzgelb ohne konservative Antimerkel-Revolution da ein wenig verbaut hat.

      Alles schwer zu sagen, gerade weil in allen Parteien erstmal Unruhe herrschen würde. Ich persönlich würde es aber auch nicht für komplett unmöglich halten, dass so eine langweilige Merkel mit „sie kennen mich“ in so einer chaotischen Situation vielleicht sogar attraktiver wirkt als im Herbst.

      • Erwin Gabriel 20. Februar 2018, 10:34

        @ Ariane 18. Februar 2018, 17:02

        Ja, das ist der Mythos

        Nicht nur, das ist auch ein Teil der Wahrheit. Nicht der einzige Aspekt, sicherlich, aber ein wichtiger.

        Es gab ja nicht das eine Projekt, das die FDP unbedingt haben wollte und die Union ihnen verwehrt hat, sondern es wurden viele, nicht unbedingt einleuchtende Gründe für den Abbruch genannt.

        Ob die Gründe einleuchten oder nicht, hat sicherlich auch mit dem eigenen Standpunkt zu tun. Letztendlich siehst aber auch Du offenbar mehr als einen Grund.

        Stefan S. hat Taktik vermutet

        Da denke ich, dass er zumindest teilweise Recht hat; Taktik hat sicherlich auch eine größere Rolle gespielt.

        Ich persönlich hatte eher das Gefühl, dass Lindner oder die Partei an sich überfordert war, überhaupt für sich erstmal konkrete Ziele zu definieren …

        Keinesfalls; die FDP hat in vielen Bereichen sehr konkrete Ziele definiert, konkretere als die Union, und (aus eigener Sicht und aus Wahrnehmung ihrer Wähler) für die meisten davon keine, zu wenige oder zu wenig konkrete Zusagen bekommen.

        … und dann vor einer Regierungsbeteiligung zurückgeschreckt ist.

        Da stimme ich wieder zu. Grund war aber meiner Meinung nach nicht das Unvermögen, konkrete Ziele zu definieren, sondern sie in den Jamaica-Verhandlungen konkret umzusetzen. Die FDP ist deutlich stärker auf „Sichtbarkeit“ angewiesen als etwa die CDU. Das wurde – anders als bei den verhandlungen mit der SPD – nicht berücksichtigt.

        Ich vermute außerdem, dass Christian Lindner noch die letzte Merkel’sche Nahtod-Erfahrung in den Knochen steckt. Noch ist die FDP personell nicht stark und robust genug aufgestellt, um sich im laufenden Regierungsbetrieb gegen Merkel durchzusetzen. Da Angela Merkel in politischen Dingen für ihren Egoismus bekannt ist, auch praktisch jede Zusage und jedes politische Versprechen gebrochen hat, war (für mich aus verständlichen Gründen) nicht genug Vertrauen da, sich auf unscharfe Absprachen einzulassen.

        Die FPD und ihr macht daraus einen standhaften Heldenmythos, ok.

        Ja – so wie Ihr versucht, das Gegenteil daraus zu machen :-).
        Ich fand die Entscheidung wirklich gut und richtig.

        … sondern sicherlich ständig gefragt werden würden, ob sie denn nun prinzipiell bereit wären, sich an einer Regierung zu beteiligen oder eben nicht.

        Die Frage ist schon lange grundsätzlich bejaht. Aber „prinzipiell bereit sein, sich an einer Regierung zu beteiligen“ ist nicht das Gleiche wie „grundsätzlich in eine Regierung gehen, egal wie die Politik aussieht“. Das ist Merkels Domäne, damit gewinnt die FDP keinen Blumentopf.

        „Wir wollen regieren, aber nur wenn die Union die Kanzlerin absägt …

        Das ist inzwischen mehrheitsfähig 🙂

        … und vielleicht noch die AfD plötzlich keine NaziFascho-Partei mehr ist“

        Dafür würde reichen, wenn die Nicht-AfD-Mainstream-Parteien sich etwas mehr ums Volk kümmern statt um sich.

        Wenn man Ressentiments gegen zunehmende Überfremdung in der Bevölkerung hat (ob begründet oder nicht), ist als absolutes Minimum ein gerütteltes Maß an permanenter Kommunikation fällig. Dann muss ich vernünftig begründen, was ich da treibe, warum ich die Flüchtlinge hereinlasse, wo die Grenzen sind, welche Maßnahmen ich eingeleitet habe – kurz: ich muss „die Deutschen“ (das wird man doch wohl noch sagen dürfen) mitnehmen.

        Merkel hat, übertrieben formuliert, den Besorgten stattdessen erklärt, dass sie Nazis seien. Das Ergebnis ist nicht nur eine unglaubliche Verrohung in der politischen Diskussion, und eine Spaltung großer Teile der Bevölkerung. Als Ergebnis sind auch sehr viele Verunsicherte in Richtung AfD gerannt, sehr viele Rechtsextreme auch, und ich befürchte, dass mittelfristig doch der eine oder andere Verunsicherte nach rechtsaußen driftet, weil man ihn in der neuen linken Mitte nicht mehr wollte.

        Zwischen den Ohren sind wir nicht alle gleich; deswegen kann ich die Hinwendung zur AfD bei vielen nachvollziehen, selbst wenn ich das wirklich bedaure. Aber Frau Merkel ist wirklich intelligent; sie konnte sicherlich absehen, das etwas in der Art passiert, und hat diese Konsequenzen für den Machterhalt billigend in Kauf genommen.

        Und mir persönlich dünkt, dass man sich den Weg zu Jamaika mit den Grünen oder auch nur zu Schwarzgelb ohne konservative Antimerkel-Revolution da ein wenig verbaut hat.

        Das einzige, was verbaut ist, ist eine Regierung unter Frau Merkel. Und das finde ich gut.

        es grüßt
        E.G.

        • Ariane 20. Februar 2018, 14:17

          Die FPD und ihr macht daraus einen standhaften Heldenmythos, ok.

          Ja – so wie Ihr versucht, das Gegenteil daraus zu machen :-).
          Ich fand die Entscheidung wirklich gut und richtig.

          Ja, ich wollte das jetzt auch nicht nochmal alles durchkauen. Es ist eben erklärungsbedürftig. Und für die FDP an sich wäre es vermutlich umfragetechnisch besser, vier Jahre lang an einer großen Koalition rumzunörgeln als wenn es jetzt direkt Neuwahlen geben würde und sie das Thema wieder an den Hacken haben.

          Merkel hat, übertrieben formuliert, den Besorgten stattdessen erklärt, dass sie Nazis seien. Das Ergebnis ist nicht nur eine unglaubliche Verrohung in der politischen Diskussion, und eine Spaltung großer Teile der Bevölkerung. Als Ergebnis sind auch sehr viele Verunsicherte in Richtung AfD gerannt, sehr viele Rechtsextreme auch, und ich befürchte, dass mittelfristig doch der eine oder andere Verunsicherte nach rechtsaußen driftet, weil man ihn in der neuen linken Mitte nicht mehr wollte.

          Also erstmal halte ich es für Quatsch, dass Merkel alle Besorgten zu Nazis erklärt hat. So ein Unsinn.
          Und desweiteren, mal wieder: In diesem Gemenge ist es nun ja auch ein bisschen schwer, „besorgte Bürger“ von Nazifaschos zu unterscheiden. Allein dieser Ausdruck schon, haben die den gepachtet? Ich bin auch eine besorgte Bürgerin, meine Sorgen sind nur ganz andere und kein Mensch kommt (vernünftigerweise übrigens) darauf, deswegen ein großes Gewese zu veranstalten.

          Und echt mal: wie besorgt soll man denn bitte sein, dass man zu einer Partei rennt, wo der Gauland die Wehrmachtsoldaten feiert, der Höcke über Blutschande referiert, der Gedeon Gedenken an den Holocaust abschaffen will und was weiß ich noch alles? Das ist doch kein Häkelclub, da muss ja doch etwas mehr im Argen liegen, als wegen ein paar Sorgen solche Leute zu wählen.
          Können die ja gerne machen, aber darauf bestehen, dass man gleichzeitig nur irgendwie besorgt ist und mit den Afd-Nazis sonst nichts zu tun haben will, ist doch beknackt. Und ich persönlich bezweifle auch, dass es ausreicht, wenn Spahn oder Lindner ein paar Rechtsaußen-Sprüche kloppen, um die wieder zurückzuholen.

          Das einzige, was verbaut ist, ist eine Regierung unter Frau Merkel. Und das finde ich gut.

          Ja, da beißt sich die Maus aber etwas in den Schwanz, denn das hat die FDP nun mal nicht in der Hand. Womit sie denn doch irgendwie auf Oppositionspartei festgelegt ist. Deswegen erinnert mich das auch an die LINKE, die sind auch total regierungswillig, aber nur wenn die SPD sich radikal ändert.

          Einmal kann man das gut machen und sich für Standfestigkeit feiern lassen. Aber was ist, wenn die Revolutionäre in der Union nicht aus dem Quark kommen? Wenn Merkel weiter vor sich hinregiert und dann vielleicht von jemandem mit ähnlichem Kurs wie Kramp-Karrenbauer abgelöst wird? Kann man alles machen klar, aber ich hab nun mal keine Sympathien für Parteien, die nur darauf gucken, ob die anderen ihr entgegenkommen und sonst lieber in der Opposition hängen bleiben. Und dann noch rumheulen, dass es eine ewige GroKo gibt. Erscheint mir einfach nicht so konstruktiv auf Dauer^^

          • Stefan Sasse 21. Februar 2018, 14:11

            Ich hab schon mal drüber geschrieben wie sehr mich diese Verantwortungslosigkeit ankotzt. „Ihr seid Schuld, dass ich Nazis wähle!“ So ein Bullshit. Dass seid ihr, und ihr allein. Lasst euch ein Rückgrat wachsen.

  • Blechmann 17. Februar 2018, 21:36

    „Zuletzt aber muss gesagt sein, dass dieser Idee, dass die Politik nur ausführendes Organ des jeweiligen Wählerwillens sei, schlichtweg nicht der Realität entspricht. Es ist ein Mythos.“

    Es ist kein Mythos sondern der Anspruch. In der Realität ist es den Regierenden egal was der Wählerwille ist. Aber der Anspruch ist nicht nur, das Volk zu beherrschen, sondern das Volk zu vertreten. Also seine Interessen zu vertreten, seinen Willen politisch umzusetzen. Vom Anspruch her ist ein Präsident/Kanzler kein Wahlkaiser, der für vier Jahre so regiert wie es ihm von Gott oder woher auch immer eingegeben wird. Ich habe jedenfalls noch keinen Politiker gesehen, der so argumentiert hätte. Ich glaube auch nicht, dass die Bevölkerung das so sieht. Es müsste sich mal einer hinstellen und die These vertreten. Ich denke der würde medial geschlachtet.

  • Erwin Gabriel 17. Februar 2018, 22:59

    @ Blechmann 17. Februar 2018, 21:36

    Vom Anspruch her ist ein Präsident/Kanzler kein Wahlkaiser, der für vier Jahre so regiert wie es ihm von Gott oder woher auch immer eingegeben wird. Ich habe jedenfalls noch keinen Politiker gesehen, der so argumentiert hätte.

    Nein, die meisten Politiker argumentieren anders. Aber sie verhalten sich nicht so.

    Aber es gibt auch Ausnahmen: Frau Merkel in ihrem letzten ZDF-Interview, beispielsweise, hat ihren Anspruch, aus sich und nicht aus dem Wunsch der Wähler heraus zu regieren, schon erschreckend deutlich gemacht.

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