Meine Wahl: SPD – die Dagegen-Wahl

Seit Wochen liegt die Wahlbenachrichtigung nun schon im Flur und jedes Mal, wenn ich daran vorbeigehe, seufze ich. Es gibt in diesem Jahr keine Partei, mit der ich soweit übereinstimme, dass ich sie frohen Herzens oder gar begeistert wählen kann.

Daher habe ich mich an meine Wahlentscheidung langsam angenähert und muss ein wenig ausholen, um dies zu erläutern.

Meine Familiengeschichte mütterlicherseits ist eine recht typische Geschichte des sozialen Aufstiegs in der Nachkriegszeit. Meine Oma ist 1931 geboren und in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen. Sie hatte nie die Chance auf eine größere Schulbildung und hat unter schwierigsten Bedingungen fünf Kinder alleine großgezogen und nebenbei gearbeitet. Meine Mutter und ihre Geschwister haben alle einen soliden Schulabschluss und eine solide Lehre (Altenpflegerin, Elektriker etc.), mit denen man sich zu der Zeit problemlos eine geruhsame Mittelstandsexistenz aufbauen konnte. Meine Generation ist somit die erste, die recht behaglich aufwachsen konnte und bei der die Grenzen nach oben recht offen sind. Ich habe mich zwar letztendlich gegen ein abgeschlossenes Studium entschieden, theoretisch hätte ich aber durchaus Kernphysikerin, Hedgefondmanagerin oder Flugzeugbauerin wie meine Cousine werden können.

Ich fühle mich dem verpflichtet und es ist ein Grund dafür, warum mir in der Politik ein Auge für „die kleinen Leute“ und höhere soziale Durchlässigkeit sehr wichtig sind. Da linke wirtschafts- und sozialpolitische Themen Priorität genießen, schwankte ich in meiner Wahlentscheidung beständig zwischen der SPD und der LINKEn, während bei den Grünen der Schwerpunkt eher auf anderen Themen liegt.

Allerdings liegt mein zweites Hauptaugenmerk auf progressiven Ideen. Ich bin eine idealistische Zukunftsfanatikerin. Ich will positive Visionen, weitergehende Gleichberechtigung für alle, die bisher zu kurz kommen, ich will den Mars besiedeln und mich mit selbstfahrenden Elektroautos fortbewegen. Und Jetpacks will ich natürlich auch!

Obwohl diese Ideen früher eigentlich ein Spezialgebiet der Sozialdemokratie war, finden diese Positionen heute zu wenig politischen Widerhall. Alleine der Stil von LINKE und SPD verführen häufig dazu, sich umzublicken und nach Heerscharen von Kohlekumpeln und Fließbandarbeitern zu suchen. Neue Technologien und Ideen werden mir viel zu häufig skeptisch auf Problematiken untersucht, ohne das Potenzial zu erkennen, dass sie ebenfalls bieten können. Es geht mir gar nicht darum, dass in der Zukunft alles automatisch super wird. Aber dann müssen neue Lösungen her, anstatt eine neue Technologie schlicht abzulehnen, das empfinde ich eher als Denkfaulheit. Wenn es zum Beispiel zum Problem wird, dass Arbeitnehmer abends und am Wochenende an geschäftlichen Emails sitzen, dann muss so etwas ins Arbeitsrecht übernommen werden, anstatt die Schuld dafür dem Internet zu geben. Wenn Verbrennungsmotoren Menschen und Umwelt krank machen, sollte man – anstatt ein Verbotsdatum zu suchen – vielleicht erstmal den Nahverkehr kostenlos anbieten und jede Kreuzung mit Leihfarrädern pflastern oder andere Visionen für die Fortbewegung der Zukunft entwickeln.

Zum Glück für SPD und LINKE haben sie auf diesem Feld relativ wenig Konkurrenz zu fürchten. Einige Ideen finden sich auch bei den Grünen oder der FDP wieder, aber da müsste ich wiederum viele Abstriche bei Wirtschaft und Sozialpolitik machen.

Den Ausschlag für die SPD gab letztlich die Frage, was ich mit meiner Wahl verhindern möchte. Da ist zum Einen die  AfD zu nennen, die ich am liebsten überhaupt nicht im Bundestag sehen möchte. Dafür brauche ich eine Partei über der 5%-Hürde.

Der zweite Punkt ist, dass ich eine schwarz-gelbe Regierung verhindern möchte. Ja, die FPD kommt heute moderner und demütiger daher und die Welt würde wohl nicht sofort untergehen. Für mich gilt die FDP aber häufig auch als Verstärkungung für CDU-Positionen, die ich ablehne, wie zum Beispiel europäische Integration und wirtschaftsfreundliche Politik. Mit einer Oppositionspartei wie der LINIKEn ist mir da allerdings wenig geholfen und nur die SPD bietet die Chance auf andere Regierungskoalitionen.

Als dritter Punkt wäre vielleicht noch zu nennen, dass ich auch gerne die Union statt in der Regierung in der Opposition sehen würde, aber dazu bräuchte es wohl ein mittelgroßes Wunder. Aber auch dafür bietet die SPD als einzige die Chance für andere Koalitionen, wobei mir die genaue Farbwahl sogar recht egal wäre. Eine Ampel erscheint mir ähnlich erstrebenswert wie R2G.

Ich muss zugeben, ich bin mit der Arbeit der großen Koalition nicht gänzlich unzufrieden. Ja, es ist recht phantasielos und Stefan Pietsch hat nicht Unrecht, wenn er Erschöpfungserscheinungen ausmacht und neue Impulse herbeisehnt. Andererseits hat man eine solide und recht skandalfreie Regierung, der man durchaus zutrauen kann, mit Krisen jedweder Art umgehen zu können. Ich bin so zufrieden mit Angela Merkel, dass ich im Grunde heilfroh bin, dass nicht alle in der Union so sind wie sie – sonst müsste ich noch an meiner politischen Gegnerschaft zweifeln. Nahles macht meiner Meinung nach einen sehr guten Job und ich fange sogar an, Vorzüge bei Frau von der Leyen zu entdecken. Selbst bei mir konnte also niemand eine Wechselstimmung über das Normalmaß hinaus entfachen.

Zum Schluss möchte ich noch anmerken, dass ich die gesamte Wahlkampagne der SPD auf sovielen Ebenen für so grandios vermurkst halte, dass ich ihnen aus Trotz fast doch noch die Stimme entzogen hätte. Egal wie das Ergebnis am Sonntag ausfällt, mein größter Wunsch an die SPD ist zunächst, dass man sich ab Montag Gedanken um die Wahl in vier Jahren macht und dann einen besseren Job macht.

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  • CitizenK 23. September 2017, 09:41

    @ Ariane

    „die gesamte Wahlkampagne der SPD auf sovielen Ebenen für so grandios vermurkst..“

    Ja, aber ich ziehe daraus einen anderen Schluss. Der Wahl“kampf“ (die Angelsachsen nennen das treffender Campaign) sollte die Wahl nicht entscheiden, allenfalls mehr Aufmerksamkeit bringen für Leute, die sich sonst nicht so für Politik interessieren.

    Noch eine Frage: Hast Du eine Erklärung dafür, warum heute der soziale Aufstieg über Bildung nicht mehr so möglich ist wie in den 70ern? BaföG gibt es ja immer noch, sogar Meister- und Schüler-BaföG. Schuldgeld- und Lernmittelfreiheit jedenfalls im Prinzip, und für Klassenfahrten und Theaterbesuche gibt es Zuschüsse vom Amt oder vom Freundeskreis der Schule.

    Obwohl ich auch (interessant, wie viele hier sind mit ähnlicher Biografie) vom sogenannten „Bildungsaufbruch“ seinerzeit profitiert habe, könnte ich nicht schlüssig erklären, was heute so anders ist.

    • Ariane 23. September 2017, 10:30

      Ja, aber ich ziehe daraus einen anderen Schluss. Der Wahl“kampf“ (die Angelsachsen nennen das treffender Campaign) sollte die Wahl nicht entscheiden, allenfalls mehr Aufmerksamkeit bringen für Leute, die sich sonst nicht so für Politik interessieren.

      Klar, aber die Parteien sollten schon auch Werbung für sich machen, also ich erwarte da schon etwas mehr. Ich fand die Themensetzung bei der SPD schlecht und unglaublich konfus. Erst sollte soziale Gerechtigkeit im Vordergrund stehen, dann ging es plötzlich um Aufrüstung und Atomwaffen in Deutschland, dann um Merkel und Hubschrauberflüge. Ist für mich schon ein Zeichen dafür, dass die SPD keine klare Haltung hat und sich lieber auf Nebenkriegsschauplätzen austobt. Und die kurze Anfangseuphorie bei der Ernennung von Martin Schulz konnte man so gar nicht ausnutzen und hat sie eigentlich total selbst verstolpert.
      Die SPD wird nie nicht meinen Wunschwahlkamp führen, aber etwas Vernünftiges, bei dem ich nicht alle zwei Tage meinen Kopf auf den Schreibtisch hauen möchte, wäre mir schon lieb.

      Noch eine Frage: Hast Du eine Erklärung dafür, warum heute der soziale Aufstieg über Bildung nicht mehr so möglich ist wie in den 70ern? BaföG gibt es ja immer noch, sogar Meister- und Schüler-BaföG. Schuldgeld- und Lernmittelfreiheit jedenfalls im Prinzip, und für Klassenfahrten und Theaterbesuche gibt es Zuschüsse vom Amt oder vom Freundeskreis der Schule.
      Obwohl ich auch (interessant, wie viele hier sind mit ähnlicher Biografie) vom sogenannten „Bildungsaufbruch“ seinerzeit profitiert habe, könnte ich nicht schlüssig erklären, was heute so anders ist.

      Puh, das wäre ja eigentlich eine ganze Artikelserie wert. Ich glaube nicht, dass es gar nicht mehr möglich ist übrigens – fast alle Migrantenfamilien aus Rumänien, Ex-Jugoslawien oder der Türkei, die ich kenne, spielen das auch durch, nur um 20-40 Jahre versetzt 😉
      Einerseits ist man natürlich irgendwann „oben“ angekommen. Die ganze Schulzeit meiner Oma lag im und kurz nach dem Krieg, da gab es einfach Wichtigeres als Lernen, da ist der Schritt bis zu mir mit Abitur natürlich leichter, während ich meinen Kindern höchstens noch ein akademischeres Umfeld bieten könnte. Ich glaube, der größte Unterschied findet sich in der Generation meiner Mutter. Als Altenpflegerin oder Verkäuferin muss man sich heute ganz schön abstrampeln, um zur soliden Mittelschicht zu zählen. Mit solide Mittelschicht meine ich, finanziell so gut aufgestellt zu sein, dass man sich um die Finanzierung der normalen Grundbedürfnisse wenig Sorgen zu machen braucht. Wenn dann noch Kinder, Scheidung etc. dazukommen, landet man schnell weiter unten, wo man deutlicher knapsen muss. Und ich glaube, man konnte auch leichter aufsteigen. Meine Mutter hat zb Hauptschulabschluss und eine Lehre als Verkäuferin. Die hat halbtags in einem Immobilienbüro ausgeholfen. hat das nötige Wissen dazu angesammelt und wurde dann Immobilienmaklerin – sowas ist heute ein Studienfach! Mittlerweile haben wir ein kleines Handelsunternehmen und machen so ziemlich dieselbe Arbeit – nur dass ich Abitur und eine Ausbildung habe, in die man mit Hauptschulabschluss gar nicht erst reinkommt.
      Also ich denke, so ein sozialer Aufstieg ist immer noch möglich. Nur für denselben Lebensstandard müsste man heute eine Stufe höher anfangen und imo gibt es mehr Sollbruchstellen, die schnell dazu führen können, dass es eher nach unten als nach oben geht.

  • Stefan Pietsch 23. September 2017, 10:00

    Historisch betrachtet ist es so, dass jede Regierung ihre Zeit hat(te). Ich meine, dass die Zeit von R2G inzwischen abgelaufen ist. Wir stehen vor einer neuen Ära, die Menschen spüren heute bereits die Veränderungen: in ihrer Arbeitswelt, durch die Migration, die gestiegenen Sicherheitsanforderungen, die digitalen Neuerungen im Privaten, die Erledigung der eigenen Finanzgeschäfte egal ob Überweisungen, Sparen oder Kreditaufnahme, die Suche nach einem neuen mobilen Untersatz.

    Parteien, die wehmütig die alte Zeit beschwören und die vor 40 Jahren erprobten Konzepte neu anwenden wollen, sind dafür denkbar schlecht vorbereitet. Ich bin ein heimlicher Fan der Ampel, weil die FDP dazu das Neue einzubringen weiß, am ehesten die Bedürfnisse und Notwendigkeiten für wirtschaftlichen Fortschritt kennt. Die SPD muss noch eine neue Rolle als Vertreterin von Arbeitnehmerinteressen finden, das hat sie nicht, so lange sie ihre Politik am gewerkschaftlich organisierten Industriearbeiter im 10.000-Mann-Betrieb ausrichtet. Aber sie hat am ehesten die Fähigkeit, notwendige Kompromisse zu finden.

    Die Große Koalition mag in Summe gute Arbeit geleistet haben (ich sehe das eigentlich nicht so, dazu wurde zuviel umverteilt und sich auf früheren Leistungen ausgeruht), aber es sind keine neuen Impulse zu sehen. Der Wahlkampf der Union ist inhaltsleer, ihre führenden Köpfe nähern sich dem Rentneralter oder sind weit darüber. Bei der SPD sieht es keinen Deut besser aus, dahinter schlimmer. Andrea Nahles ist mit ihren Ende 40 der Twen im Kabinett, kein Vergleich zu Frankreich.

    Manche meinen ja, Jugend sei kein Wert an sich. Das stimmt nur bedingt. Wertet man Lebensläufe aus, so haben die herausragenden Köpfe ihre Erfindungen vor ihrem 40. Lebensjahr gemacht, haben Unternehmen gegründet und zum Erfolg geführt, haben experimentiert und neu entdeckt. Im Alter wird man für das Risiko der Jugend belohnt, aber man treibt nicht mehr. Wenn Parteien keine U40jährigen mehr in wichtige Positionen bringen können, fehlt ihnen etwas Fundamentales. Wahrscheinlich wirkt allein schon deshalb die FDP so jung und frisch, dass viele Menschen ihr die Sünden der Vergangenheit verziehen haben.

    Selbst einfachere Tätigkeiten sind heute enorm komplex geworden. Als Beispiele möchte ich statt Putzfrau und Dachdecker die Hotellerie und die Logistik anführen. Kein Hotelbucher macht sich Gedanken, welche Komplexität hinter einer Onlinebuchung stehen. Portale sind einzurichten, ständig anzupassen und zu pflegen. Detaillierte Rahmen- und Geschäftsbesorgungsverträge sind zu überwachen und zu steuern, attraktive Brands zu gestalten. Mit einer einfachen Bildung durch Haupt- oder auch Realschule ist man auf diese Tätigkeiten denkbar schlecht vorbereitet. Und das sind oft Jobs, die auch nur ein Durchschnittseinkommen erbringen. Die Anforderungen, die wir heute für normale Aufgaben mitbringen müssen, sind wegen unserer eigenen Ansprüche außerordentlich hoch. Oder wollen wir zukünftig wieder auf Online-Buchungen und Suchmaschinen verzichten?

    In der Logistik sieht es nicht anders aus. Eine Lieferung von A nach B bringen? So einfach ist das nicht. Deadlines sind zu beachten, der Frachtführer und Supplier ist passgenau zu wählen, Preise ändern sich im Minutentakt, Zoll- und Einfuhrbestimmungen sind längst eine Wissenschaft für sich, die nur Spezialisten beherrschen, von mittel gebildeten Menschen aber ausgeführt werden. Für einen Durchschnittslohn sind gute Schulbildung und betriebliche Ausbildung längst nicht mehr genügend.

    Die meisten sind in diese Welt hineingewachsen, aber auch mancher macht sich Illusionen. Das Tempo, so steht zu befürchten, wird in den nächsten Jahren noch radikal angezogen. Wir müssen lernen, Computer und Roboter zu beherrschen, denn sonst beherrschen sie uns. Die erste Gruppe wird auf dem Sonnendeck sein, die andere darunter. Wie bereiten wir die Ignoranten auf die neue Welt vor?

    • Ariane 23. September 2017, 11:06

      Ja, wir müssen halt erstmal die Union irgendwie loswerden.^^
      SPD geführte Koalitionen hätten unterschiedliche Vorteile. Bei R2G würde der Schwerpunkt sicherlich auf Sozialem liegen, während eine Ampel bestimmt die modernste Lösung ist. Ich wäre mit beiden Optionen zufrieden.

      Ich stimme dir in deiner Analyse der großen Koalition auch durchaus zu. Nur die aktuell möglichen Alternativen gefallen mir nicht. Meiner Meinung nach würde bei Schwarz-Gelb die Modernisierung komplett unter den Tisch fallen und mit Jamaika hätte man vielleicht zwei kleine Parteien für die Modernisierung, aber das kann ich mir einfach nicht vorstellen. Da nehme ich halt, was ich kriegen kann. Aber ich wäre eben dafür, dass die SPD sofort am Montag ein Team zusammenstellt, dass sich vier Jahre lang nur mit der nächsten Wahl beschäftigt, Koalitionsoptionen auslotet, Themen setzt, Kandidaten überlegt etc. pp.

      Auch in der Analyse des veränderten Arbeitsumfeldes gebe ich dir recht. Klar da treten ganz neue Probleme auf, aber es gibt eben auch ganz gewaltige Vorteile. Da ist mir häufig der Blick auch einfach zu nostalgisch. Kohlekumpel in einer Zeche unter Tage war ja vielleicht lange ein sicherer Job, aber wir können doch eigentlich froh und glücklich sein, dass heute nicht mehr soviele Menschen einer solch gefährlichen, kraftraubenden Arbeit nachgehen müssen. Und es ist ja nicht so, dass Jobs einfach verschwinden, es wachsen auf der anderen Seite auch ganz neue Jobs nach. Die aber eben individueller sind. 100 selbständige Computerfachleute sind schwerer gewerkschaftlich zu organisieren als 100 Bergleute in einer Zeche.

      Und klar, Jugend an sich ist kein Wert. Ich brauch auch keine Regierung von Berufsjugendlichen, aber die Mischung ist wichtig. Diversität! 25jährige haben andere Erfahrungen und Sichtweisen als 65jährige, Frauen andere als Männer und Migranten andere als alteingesessene Deutsche. Wenn irgendeine Gruppe zu sehr überhand nimmt, verengen sich auch automatisch die Sichtweisen, Positionen, Diskussionen.

      Kleiner Fun Fact am Rande: Ich bin gespannt, wie sich das mit den neuen Technologien weiterentwickelt und schaue schon immer neugierig auf meinen kleinen Stiefbruder, der gerade 14 geworden ist. In meiner Kindheit/Jugend waren Computer ja noch ganz neu, wir haben ständig damit experimentiert und rumgeschraubt und ich glaube jeder in meiner Altersklasse hat mit irgendwelchen Spielen Englisch gelernt, weil es damals häufig gar keine deutschen Übersetzungen gab. Da haben die heutigen Jugendlichen das ganze schon etwas pfannenfertiger serviert 😉

      • FrageZeichen 23. September 2017, 11:58

        @Pietsch
        Das habt ihr produziert. Für solche Leute seid allein ihr neoliberalen verantwortlich. Die käuen eins zu eins die ganze stupide Propaganda runter die ihr denen eingetrichtert habt.
        Lies es dir wiederholt durch. Der ganze Stuss kommt aus eurer Propaganda.

  • FrageZeichen 23. September 2017, 10:43

    Bereits Sasse kam in seinem letzten Artikel relativ naiv daher. Bei Ariane verwundert die „Qualität“ des obigen Artikel dann auch nicht. Sie bleibt ihrem bisherigen Niveau treu. Insofern zeigt sie durchaus Kontinuität.
    Besonders erheiternd fand ich die Stelle an der sie ihre herbeiphantasierten Möglichkeiten in dieser Gesellschaft beschreibt („hätte ALLES werden können“).
    Nur kurz zum letzten Punkt: Ich habe promovierte Chemiker erlebt, die in der EDV-Doku den ganzen Tag Benutzerhandbücher (für Interne) zusammengekloppt haben. Handbücher die keiner gelesen hat. Verdienst dabei? Circa 2000,- Euro brutto. Der arme Mann wurde dann auch noch von vielen Kollegen für sein hartes Schicksal „ausgelacht“. Noch Fragen?

    Die Geschichte von den Aufstiegsmöglichkeiten ist längst der Realität vor einem ständig drohenden Absturz gewichen. Viele erwischt es dabei völlig unerwartet bei einer Abteilungsschließung oder einer Insolvenz. Anschließend merken die Verblendeten dann, dass den Erzählungen vom Fachkräftemangel keine Substanz innewohnt. Es findet sich nichts „Neues“.
    Es spielt übrigens keine Rolle mehr ob jemand kompetent oder inkompetent ist. Den Menschen hierzulande wird ganz aggressiv gezeigt, dass „jeder austauschbar“ ist. Und wenn man sich das Beispiel Merkel anschaut: Es wird auch gezeigt, dass man jede noch so dumme Blondine installieren kann.

    Ich habe selbst erlebt wie hochkompetente Führungskräfte durch Nullnummern ersetzt worden sind. Die Folgeprobleme gingen dann zulasten der Kunden und des Unternehmens. Lernerfahrung der Geschäftsführung dabei? Null.

    Pietsch hat weiter oben verklausuliert die weitere Entwertung des lohnabhängigen Menschen durch fortschreitende Automatisierung angedeutet. Leider versteckt er sich dabei hinter verschleiernden Formulierungen. Auch das wird ein weiteres Debakel auslösen. Niemand im politischen Führungsbereich ist darauf vorbereitet. Scheibchenweise werden wir weitere gesellschaftliche Katastrophen erleben.

    Besonders problematisch an den Positionen von Sasse und Ariane finde ich: Beide wollen Verfassungsfeinde wählen. Viele haben nämlich vergessen, dass SPD und CDU kurz vor Ende der Legislatur noch mal die Verfassung geändert haben. Wohlwissend dass die Großkoalitionäre bald die notwendige verfassungsändernde Mehrheit verlieren.
    Die Verfassungsänderungen wären nicht so schlimm gewesen, wenn die eingebrachten Gesetze nicht ganz klar verfassungswidrig wären.
    Und wer Verfassungsfeinde wählt, der steht selbst nicht mehr auf den Boden unserer Verfassung oder nimmt diese schlicht nicht ernst. Und das ist eben nicht nur naiv. Das ist auch charakterlos.

    • Logos 23. September 2017, 12:22

      Habe in Ihrem Kommentar kritisch nach Fragwürdigem gesucht.
      Ergebnis: nichts gefunden.

      Aber harte Wahrheiten sind hier [] nicht gern gesehen. []
      Was Sie zum Fachkräftemangel schrieben, kann ich nur unterstreichen. Es gibt ihn in dieser Form nicht. Den Fachkräftemagel, den es hauptsächlich gibt, ist ein Mangel an Fachkräften, die bereit sind, sich für Hungerlöhne ausbeuten zu lassen. Und dieser Fachkräftemangel sollte auf gar keinen Fall beseitigt werden.

      Das verlogene Geschwafel vom angebl. Fachkräftemangel soll nur dazu dienen, billige ausländische Facharbeiter ins Land zu holen, um auf diese Weise das Lohndumping noch weiter zu verstärken.

      [E: Ich möchte nicht, dass die Kommentarspalte in Pöbeleien abdriftet. Es sollte zumindest der Versuch erkennbar sein, eine sachliche Debatte ohne Beleidigungen, Belehrungen oder allgemeines Rumgepöbel zu führen. ]

      • Logos 23. September 2017, 12:51

        Noch deutlicher als mit

        „Aber harte Wahrheiten sind hier [ ] nicht gern gesehen. [ ]“

        hätte meine Feststellung kaum bestätigt werden können. [1]
        q.e.d.

        [1] Die erste Ausnehmung: meintwegen. Aber die zweite äußert nur die Tatsache, dass Pietsch Fragezeichens Kommentar gelöscht hätte, wenn es sein Artikel gewesen wäre. Warum werden auch hier Fakten zensiert?

        • Ariane 23. September 2017, 13:08

          Fakten? Gehört zu deinen zahlreichen Talenten nun auch die Kunst des Wahrsagens und Gedankenlesens? Ich bin dir für deine Hilfestellung wirklich dankbar, trotzdem lösche ich jeden weiteren Kommentar in dem du Stefan Pietsch benennst, ohne dass er an der Diskussion teilnimmt, künftig komplett und kommentarlos. Eine Einladung zur zensurfreien Fortführung der Debatte auf deiner eigenen Seite nehmen Stefan P. und ich aber gerne an.

          • Logos 23. September 2017, 13:16

            []
            Die Löschung bleibt und nur ich verspreche mein Kommen. Per Google lässt sich schnell lernen, wie man eine eigene Seite im Internet erstellt und dort hineinschreiben kann, was man mag.

            • Logos 23. September 2017, 13:27

              Danke Ariane, dass auch sie sich so offenkundig in die Reihe meinungsdiktatorischer Zensoren stellen, die unliebige Fakten unterdrückt!

          • Logos 23. September 2017, 13:32

            Wir lernen:
            beide Fragen von Ariane waren geheuchelt.
            Sie wollte keine Antwort.
            Als sie dennoch eine erhielt, hat sie diese gelöscht.

    • Logos 23. September 2017, 12:32

      []
      [E: s.o. Und lebe deine Fixierung auf Stefan P. doch bitte woanders aus und schon gar nicht in Diskussionssträngen, in die er überhaupt nicht eingebunden ist. ]

      • Logos 23. September 2017, 12:45

        schon gar nicht in Diskussionssträngen, in die er überhaupt nicht eingebunden ist
        Fakt ist: das geht gar nichts anders, weil Pietsch in seinen Artikeln PER SE SÄMTLICHE meiner Kommentare löscht! EGAL wie sachlich die sind!

        Aber schön, dass die Fratze der Zensur nun auch hier so offen ihr häßliches Haupt erhebt, dass jeder es sehen kann.

        • Ariane 23. September 2017, 12:59

          Unfug. Es gibt kein Grundrecht darauf, Stefan dann einfach irgendwo an unpassenden Stellen anzupöbeln. Im Gegenteil, ich wäre froh und glücklich, wenn du all deine Kritikpunkte einmal zusammenfasst und auf deiner eigenen Seite veröffentlichst. Es ist also vollkommen unnötig, Kritik an Usern, die im jeweiligen Diskussionsstrang nicht auftauchen, woanders reinzukübeln.

          • Logos 23. September 2017, 13:09

            []
            C&P: Ich bin dir für deine Hilfestellung wirklich dankbar, trotzdem lösche ich jeden weiteren Kommentar in dem du Stefan Pietsch benennst, ohne dass er an der Diskussion teilnimmt, künftig komplett und kommentarlos. Eine Einladung zur zensurfreien Fortführung der Debatte auf deiner eigenen Seite nehmen Stefan P. und ich aber gerne an.

            • Logos 23. September 2017, 13:29

              Endlich erhebt die Fratze der Zensur ganz offen ihr häßliches Haupt!

    • Ariane 23. September 2017, 13:15

      Öhm, erstmal schön zu sehen, dass mir Leser auch nach längerer Schreibpause treu bleiben.

      Besonders erheiternd fand ich die Stelle an der sie ihre herbeiphantasierten Möglichkeiten in dieser Gesellschaft beschreibt („hätte ALLES werden können“).
      Ich denke, es ist deutlich geworden, dass ich im Gegenzug zu meinen Vorfahren eben die Möglichkeit gehabt hätte, alles zu werden. Bei entsprechender Neigung hätte ich eben Kernphysik studieren können, weil es nicht die Notwendigkeit gab, schnell das Haus zu verlassen und Geld zu verdienen. Ich halte mich nicht für intelligenter als meine Eltern. Ich hatte eben die relativ leichte Möglichkeit, zb mein Abitur zu machen und sie nicht.

      Besonders problematisch an den Positionen von Sasse und Ariane finde ich: Beide wollen Verfassungsfeinde wählen
      Gerade heutzutage sollte man die Definition von Verfassungsfeinden nicht so weit wählen, wie du es tust.

      • FrageZeichen 23. September 2017, 14:32

        Verfassungsfeind ist, wer die Verfassungs nachhaltig beschädigt und zersetzt. Und das tun CDU und SPD nun schon seit über einem Jahrzehnt willentlich.
        Lediglich das Establishment benutzt den Begriff „Verfassungsfeind“ doch sehr schlampig. Da werden schon mal auf Verdacht einige Parteien als verfassungsfeindlich tituliert, die nie die Verfassung verletzt haben und dies auch nie im Sinn hatten.
        CDU und SPD haben sich dagegen eklatanter Verfassungsbrüche und -aushebelungen bereits schuldig gemacht.
        Durch die Politik von CDU und SPD steht unsere Verfassung ständig zur Disposition. Nicht durch irgendeine Linkspartei oder AfD oder NPD oder oder …..
        Man sollte Parteien (CDU/SPD) mit verfassungsfeindlicher Gesinnung deshalb nicht unterstützen indem man diese wählt. Solche Parteien würden das also Belohnung empfinden. Auf Verfassungszersetzung sollte allerdings unbedingt die Sanktion des Souveräns folgen. Sofern man die Verfassung überhaupt noch für schützenswert hält. Mein Eindruck ist da allerdings ein anderer.

  • Stefan Pietsch 23. September 2017, 10:56

    @Ariane

    Du kannst auch Kommentare löschen, wenn sie volksverhetzenden Charakter annehmen §130 StGB).

    • Logos 23. September 2017, 12:13

      In welche Ausführungen glauben sie „volksverhetzenden Charakter“ hineindichten zu können[]?

      • FrageZeichen 23. September 2017, 14:39

        @Logos
        Der Pietsch ist doch eigentlich ganz lustig mit seinen kleinen und großen Intrigen. Lass ihn doch. Diese Plattform ist es doch eh nicht wert.
        Aber trotzdem besten Dank für die Solidarität. Das spricht für dich.

        Das sich die Fachkräftemangellüge so lange halten konnte ist durchaus beeindruckend und spricht Bände. Die Gleichschaltung der Medien hat wirklich drastische Ausmaße angenommen.

  • Derweg 23. September 2017, 13:11

    Solange es Menschen wie die Autorin gibt, hat die SPD überhaupt keinen Gruund irgendwas zu ändern. Wo die Autorin Gemeinsamkeiten bei SPD und Linke sieht, weiß wohl nur sie selbst und eigentlich, hat sie in ihrem Artikel nur Gründe aufgezählt, warum man die SPD nicht wählen sollte. Im Übrigen schmälert jede gültig abgegebene Stimme die nicht an die afd geht das Ergebnis dieser Partei und zwar unabhängig davon, ob diese Partei im Bundestag landet.

    • Ariane 23. September 2017, 13:40

      Solange es Menschen wie die Autorin gibt, hat die SPD überhaupt keinen Gruund irgendwas zu ändern.
      Damit hast du natürlich nicht ganz unrecht 😉
      Es ist allerdings unrealistisch, eine Partei zu finden, die 100% mit den eigenen Wünschen übereinstimmt. Meine totale Wunschpartei gibt es nicht, also muss ich so oder so Kompromisse eingehen. Und in diesem Jahr passt die SPD am besten zu meinen Wünschen einer kommenden Regierung, ohne dass sie für etwas steht, dass meinen Werten komplett entgegensteht.

  • Logos 23. September 2017, 13:25

    Solange es Menschen wie die Autorin gibt, hat die SPD überhaupt keinen Gruund irgendwas zu ändern.
    Außer einem „genug“ zwischen „es“ und „Menschen“ hätte ich es nicht treffender formulieren können.

    Ergo:
    Wer möchte, dass sich die SPD bessert, darf sie [jetzt] nicht wählen! Denn nur wenn der Druck durch die Wählerschaft groß genug ist, wird sich diese ändern. Druck wird durch Nicht-Wahl erzeugt, nicht durch Zustimmung.

    • Ariane 23. September 2017, 13:50

      Damit hast du recht. Allerdings ist eine Veränderung in der SPD eben nur einer meiner Wünsche. Daneben wünsche ich mir ja auch noch, dass die AfD, die FDP und am liebsten auch noch die Union nicht an die Regierung kommen und die bekomme ich nur mit der SPD aktuell unter einen Hut und das ist mir eben noch ein Stück wichtiger.

  • Logos 23. September 2017, 14:15

    ENDLICH einmal einen Ansatz für eine Sachdiskussion! Und wissen Sie was? In fast allen Ihren zuletzt geäußerten Wünschen stimme ich Ihnen ausdrücklich zu!

    Auch ich wünsche mir nicht nur eine bessere SPD, die dem Anspruch des „S“ im Namen wieder gerecht wird, sondern ebenso, dass AfD, die FDP und die Union nicht an die Regierung kommen! Ich hätte nie gedacht, eine solche Übereinstimmung mit Ihnen ermitteln zu können.

    Wir sind uns also in diesen Zielen einig.
    Nur über den Weg dahin sind wir uneins.

    Warum wählen Sie nicht „die LINKE“? Welcehn Gründe sprächen dafür?
    1) Stimme nicht verschenkt
    2) gleichzeitig würden Sie die SPD unter Druck setzen
    3) Stimme für die LINKE ist beste Stimme gegen die AfD, besser als SPD!
    4) Eine bessere Opposition zur FDP als DIE LINKE ist realistisch kaum zu erwarten. In jedem Fall besser als SPD
    Ergo:
    mit DIE LINKE kommen die all Ihren Zielen wesentlich näher.

    Und noch eine Überlegung:
    So sehr ich auch die FDP hasse und Schwarz-Gelb[/d] verabscheue:
    eine weitere GroKo wird der SPD den Todestoß versetzen.
    Die wird dann völlig ihre Glaubwürdigkeit verlieren.
    Schon jetzt sind die Zerfallserscheinungen unübersehbar.
    Die SPD ist in einer GroKO DER Verlierer.
    Sehen Sie sich die Partei von Hollande an: praktisch nicht mehr existent.
    haben sich selbst aufgrund von Verrat der eigenen Ideale zerlegt.

    Wenn Ihnen also noch irgend etwas an der SPD lieb und teuer ist,
    dann ist es ein Gebot der Logik, diese nicht zu wählen, sondern die LINKE.
    Nur so können Sie zur Rettung der SPD beitragen.

    Denken Sie mal drüber nach!

    • FrageZeichen 23. September 2017, 14:49

      Sollte man die SPD wirklich retten?
      Ich denke, das wäre kein guter Ansatz. Großparteien die es nicht so genau mit der Verfassung nehmen, die sollte man doch eher vom Markt fegen.
      Oder eine Analogie aus der Privatwirtschaft: Der Betrügerkonzern VW als Beispiel. Wäre es wirklich sinnvoll diese Betrüger zu retten? (So wie man das ja aktuell tut). Bekommt man dann nicht noch mehr Betrug?

      Mit der SPD ist es wie bei jeder Trennung: Man wird wohl mit der Tatsac he leben müssen, dass man sich auseinandergelebt hat. Lasst die SPD einfach sterben.
      Eure Projektionen bzgl der alten Tante sind alle sicherlich sehr romantisch. Nur haben die mit der Realität doch überhaupt nichts zu tun.
      Fakt ist und bleibt: Die SPD hat die Lohnabhängigen verraten und verkauft. Die Politik des Lohndumping führt jetzt endgültig mit Frankreich zu einem Rattenrennen um die niedrigsten Löhne und die niedrigsten Sozialstandards.
      SPD und CDU haben also die poltischen Rahmenbedingungen für eine Massenverelendung der europäischen Nationen gelegt.
      Das ist unverzeihlich.

      • Ariane 23. September 2017, 15:46

        Mal abgesehen davon, dass ich dir in puncto Verfassungsfeindlichkeit der Union/SPD deutlich widerspreche:
        Gibt es denn irgendeine gangbare Alternative zur SPD oder einen Wunsch von dir außer „SPD und Union sollen sterben gehen“?
        Ich lese ja schon heraus, dass ein deutscher Macron nicht so deine Wunschvorstellung ist. Im aktuellen, politischem Klima kann ich mir ein plötzliches, extremes Erstarken der LINKEn oder eine neue Super-Linkspartei auch nicht vorstellen.
        Von daher würde es mich schon interessieren, wie deine Wunschvorstellung nach dem Tod der SPD aussehen würde oder ist das eher so ein vager Wunsch nach Revolution?

        • FrageZeichen 23. September 2017, 16:16

          Mit dem Absterben der Altparteien würde das Entstehen neuer Parteien einhergehen. Diesen Prozess versuchen die korrupten Großparteien derzeit mit viel Korruption und Propaganda zu verhindern. Deshalb auch die Meinungskartelle.
          Ich bin dagegen für einen Umwälzungsprozess. Die derzeitige Scheindemokratie, die verfassungsfeindliches Gedankengut für tolerierbar hält, ist nicht im Sinne des Erfinders.
          Tatsächlich repräsentieren die Großparteien nur noch ihre eigenen Interessen und die Interessen der Parteienfinanciers. Man hat sich vom demokratischen Gedankengut schon vor einiger Zeit entfernt. Es geht schlicht um die Karrieren einiger weniger. Auf Kosten des Volks.
          In der repräsentativen Demokratie geht es aber konzeptionell um die Interessensvertretung von Bevölkerungsmehrheiten. Da müssen wir hin. Heute haben wir das überhaupt nicht.

          • Ariane 23. September 2017, 16:47

            Mit dem Absterben der Altparteien würde das Entstehen neuer Parteien einhergehen.
            Hm. Also mal ganz naiv gefragt: 1. irgendwelche neuen Parteien und die Richtung wäre dir egal? und 2. Was hindert die neuen Parteien dann daran, sich in „normale Parteien“ wie du sie siehst zu verwandeln?

            Ich habe prinzipiell nichts gegen Neugründungen von Parteien und finde, zum Beispiel, dass die Entstehung der LINKEn zum damaligen Zeitpunkt eine gute Idee war. Was du beschreibst, klingt mir allerdings mehr nach dem normalen Lauf der Dinge als nach Verschwörung. Auch die SPD, die LINKE, die AfD und vermutlich auch jede andere Partei wurde mit dem Ziel neugegründet, um Bevölkerungsmehrheiten oder bestimmten Stimmungen in der Bevölkerung Ausdruck zu verleihen.

            • FrageZeichen 23. September 2017, 17:06

              Hauptproblem ist heute: Die Menschen haben keine Repräsentanten ihrer Interessenslage zur Auswahl.

              Deshalb müssen Alternativen etabliert werden. Und wir hatten in den letzten Jahren bereits neue Parteien in die Parlamente einziehen sehen.

              Die Linkspartei als SPD-Nachfolgepartei hast du bereits erwähnt.
              Für die jungen Menschen gibt es die Piratenpartei und ich empfehle jedem Youngster diese auch irgendwie zu unterstützen. Diese Partei hat sehr viel geleistet in der kurzen Zeit ihrer politischen Präsenz. Das ist lobenswert.

              Für die Konservativen empfehle ich aktuell die AfD. Es handelt sich um eine relativ solide Angelegenheit, wenn man die noch junge Parteigeschichte bedenkt.

            • FrageZeichen 23. September 2017, 19:53

              noch im Detail:
              1. irgendwelche neuen Parteien und die Richtung wäre dir egal?
              Die Menschen benötigen eine gewisse Auswahl. Also ja und ja.
              2. Was hindert die neuen Parteien dann daran, sich in „normale Parteien“ wie du sie siehst zu verwandeln?
              Im Zshg mit dem Ende der Altparteien würde ich mir eine beginnende Politisierung wünschen. Die Menschen sind ja entpolitisiert, weil das Zweiparteienkartell (CDU/SPD) jede Wahl zu einer Farce macht.
              Was würde dann die neuen Parteien daran hindern korrupt zu werden?
              Antwort: Der Wähler sanktioniert die korrupten Parteien. Er wäre ja damit bereits erfolgreich bei der Vernichtung der Altparteien gewesen. Er wüsste also um seine Macht bescheid. Das wäre die Hoffnung.

              • Ariane 23. September 2017, 22:19

                Ok danke. Ist nicht meine Position, aber jetzt kann ich das besser verstehen.
                Ich stelle mir so ein System aus vielen Kleinstparteien für Spezialinteressen allerdings ziemlich unpraktikabel vor. Ich als Bürger und Wähler habe ja schon mehrere Interessen und Wünsche an eine Regierung, ich tue mich ja schon mit 5 Parteien schwer, weil eine Partei zb eine gute Position bei policy hat und mir bei der anderen Partei die Sozialpolitik besser gefällt. Mit 25 Spezialparteien würde ich mich bestimmt überfordert fühlen.
                Und wie regieren die dann? So mit Koalitionen wie heute? Mir schießt da irgendwie so ein wahnwitziges Bild in den Kopf, dass man die Piraten für Digitalthemen an der Macht hat und meinetwegen die LINKE für Sozialpolitik und wenn im Nahen Osten Chaos ausbricht, fällt vielleicht auf, dass man gar keinen Spezialisten für Außenpolitik an der Hand hat. ^^

                • Glaukon 24. September 2017, 07:59

                  Meiner Meinung nach geht da auf Landesebene das Hamburger Wahlrecht sehr viele Schritte in die richtige Richtung. Dort hat man nämlich gleich mehrere Stimmen, die man verteilen kann wie man möchte.

                  Wenn man faul ist oder sich keine weiteren Gedanken machen will, gibt man einfach alle einer Partei nach Wahl. Man kann sie aber auch auf mehrere Parteien verteilen oder sogar konkreten Kandidaten geben, um sie auf der jeweiligen Landesliste weiter nach vorn zu wählen, falls man jemanden aus der zweiten Reihe für geeigneter hält als das auf die vorderen Plätze gesetzte Personal.

                  Das erfordert zwar einen mündigen und gut informierten Wähler und wird sicher noch viel zu wenig richtig genutzt, aber begegnet recht elegant dem Problem, dass Leute sich bei keiner Partei mehr zu 100% zuhause fühlen.

                  • Stefan Sasse 24. September 2017, 08:07

                    Ich halte überhaupt nichts von diesen komplexen System mit Kumulieren und Panaschieren. Für den „mündigen informierten Bürger“ ist das sicherlich geil, aber es ist Gift für die Wahlbeteiligung und damit die Gesundheit der Demokratie.

    • Ariane 23. September 2017, 15:35

      Ich hätte nie gedacht, eine solche Übereinstimmung mit Ihnen ermitteln zu können
      Na, siehste mal 😉

      Warum wählen Sie nicht „die LINKE“? Welcehn Gründe sprächen dafür?
      Politisch stehe ich meistens recht mittig zwischen dem Realoflügel der LINKEn und dem linken Flügel der SPD. Und du hast mit deiner Aufzählung ebenfalls nicht unrecht und mit all diesen Gründen werde ich mich bei schwarz-gelb sicherlich auch trösten. Dieses Jahr sprechen für mich hauptsächlich 2 Gründe gegen die LINKE:
      1. Um schwarz-gelb zu verhindern, brauche ich eine Partei mit dem Willen (und der Chance) zur Regierung. Eine bessere Opposition und Erneuerungschance für die SPD wäre da für mich nur ein Trostpreis.
      Und am allerliebsten wäre mir ja irgendeine SPD-geführte Koalition. Klar, danach sieht es gerade nicht aus, aber erstens weiß man ja nie (höhö) und zweitens müssten Alternativen rechnerisch erstmal wieder in Sichtweite kommen, damit sich alle Seiten ernsthaft damit auseinandersetzen. Und ich glaube nicht, dass die Zeit für R2G absolut und für immer abgelaufen ist. Ist natürlich einfacher eine Zusammenarbeit auszuschließen, wenn das sowieso nicht möglich ist.
      2. Während ich wirtschaftlich ein Stückchen näher an der LINKEn dran bin, sind meine Positionen bei Außen- und Sicherheitspolitik absolut entgegengesetzt zur Parteimeinung. Das wirkt sich bei Bundestagswahlen immer negativer für die LINKE aus.

      Und dann gibt es noch einen halben Grund. Da ich in Niedersachsen wohne, liegt hier bereits die nächste Wahlbeteiligung herum und da sind die Chancen für die LINKE besser. 😉

      • Logos 23. September 2017, 19:15

        Fragezeichen schrieb:
        „Sollte man die SPD wirklich retten?
        Ich denke, das wäre kein guter Ansatz.“
        Ich denke, da hat er Recht.
        Seit rund 100 Jahren ist die SPD die Verräter-Partei.
        Die verdient keine Rettung.
        Also wählen Sie die ruhig in den Untergang!

  • bevanite 23. September 2017, 17:03

    Ich hatte für die diesjährige Wahl lange mit der SPD geliebäugelt, und zwar aufgrund zweier Dinge: die Einführung des Mindestlohns und die Mietpreisbremse – beides Reformen, die es unter Schwarz-Gelb nicht gegeben hätte und die man auf das Haben-Konto der SPD schreiben kann. Allerdings wurden diese beiden Reformen ja auch wieder etwas verwässert, und dann kam noch das Netzwerksdurchsuchungsgesetz, was wieder zu Punktabzug führt. Auch in Sachen Integration und Einwanderung kam bislang von der SPD nicht viel Innovatives, was insofern enttäuscht, da sie Anfang der Neunziger zusammen mit den Grünen die einzigen waren, die ein modernes Einwanderungsgesetz wollten. Rein von ihrer Wählerschaft her – als klassische Arbeitnehmerpartei, die auch unter Migraten beliebt ist – wäre die SPD eigentlich auch die einzige Partei, die den Spagat aus offenen Grenzen, Integration und Sozialstaat wagen und glaubhaft vertreten könnte. Auf Kommunal- und Länderebene sind mir da durchaus einige fähige Leute bekannt, aber ganz oben?

    Was die morgige Wahl betrifft, tendiere ich aktuell tatsächlich das erste Mal in meinem Leben zur Linkspartei, v.a. weil sie mir derzeit als der einzige echte Gegenpol zur AfD erscheint. Sie haben etwa angekündigt, die AfD politisch ähnlich zu isolieren wie die Schwedendemokraten in Schweden (m.E. die einzig richtige Taktik), von daher geht die Gleichsetzung der beiden Parteien nicht auf. Klar, meine Vorbehalte bezüglich der alten DDR-Systemkader und einiger außenpolitischer Positionen (v.a. zur Krim-Krise/Russland) und Beißreflexe (bezüglich USA/Naher Osten) sind natürlich immer noch da. Ich habe allerdings das seltene Glück, dass die Kandidaten der sächsischen Landesliste recht integer wirken und mir Leute wie Caren Lay oder Katja Kipping im Bundestag lieber sind als Inge Höger oder Norman Paech. Außerdem orientieren sich die autoritären Charaktere, Nostalgiker und Putin-Ultras unter den Wählern zumindest bei dieser Wahl in Richtung AfD, was vielleicht einer Modernisierung der Linken förderlich sein könnte. Zudem: wenn wir eine Rechtsaußen-Partei in den Bundestag bekommen, braucht es auch ein solides Gegengewicht.

    • Ariane 23. September 2017, 20:27

      Danke für Deinen Kommentar. Die Überlegungen kann ich gut verstehen. Ich habe insofern wirklich das Glück, quasi zweimal wählen zu dürfen und ich denke bei der Landtagswahl werde ich auch die LINKE wählen. Laut Prognosen liegt sie in Niedersachsen immer knapp um die 5% und da FDP und AfD etwas besser geschätzt werden, wäre es mir auch als reine Opposition wichtig, dass die LINKE ebenfalls vertreten ist. Und ja, mein geheimer Wunschtraum ist es auch, dass die AfD vielleicht einige „Spinner“ von der LINKEn abgreift und sie so moderner und vielleicht sogar koalitionsfähiger wird.

      Auch in Sachen Integration und Einwanderung kam bislang von der SPD nicht viel Innovatives, was insofern enttäuscht, da sie Anfang der Neunziger zusammen mit den Grünen die einzigen waren, die ein modernes Einwanderungsgesetz wollten.
      Ja. Ich glaube, es ist kein Zufall, dass Merkel morgen wohl auch die 16 Jahre Regierung klarmachen will. Nach 16 Jahren Kohlregierung musste Rot-Grün damals sozusagen erstmal aufräumen und liegengebliebenes modernisieren. Mein Lieblingsbeispiel dafür ist immer Vergewaltigung in der Ehe, die erst 1997 hauptsächlich auf Betreiben der SPD, Grünen und LINKE/PDS strafbar wurde. Das war ein langer Kampf und das Gesetz an sich ist keine riesige Umwälzung, aber es gehört eben zu den „Kleinigkeiten“, die bei anderen Mehrheiten dann aufgearbeitet werden.

      Man muss Merkel vielleicht zugute halten, dass sie sozusagen bei „Gefahr“ größere Umwälzungen möglich gemacht hat, so dass dafür kein Regierungswechsel nötig war. Atomausstieg, Mindestlohn und Ehe für alle fallen mir da ein. Das erfreut das konservative Herz nicht, aber es ist clever, denn solche Themen können zu gegebener Zeit Zugpferde für eine Wechselstimmung sein.
      Trotzdem habe ich das Gefühl, dass es langsam Zeit wird für frischen Wind, nur die möglichen Alternativen sagen mir eben nicht genug zu und ich bin überzeugt, dass so eine Erneuerung erst dann wirklich stattfinden kann, wenn die Union aus der Regierung raus ist.

      • Stefan Pietsch 23. September 2017, 20:56

        Geschichte wiederholt sich nicht. 1994 wartete eine Riege machthungriger SPD Spitzenleute auf die Ablösung von Kohl und dem abgehalfterten Johannes Rau in NRW. Über den Bundesrat hatte die SPD eine veritable Blockademehrheit. Wir kennen keinen im Dunstkreis der aktuellen Führung, der dieser Beschreibung (machthungrig, strategisch raffiniert) entspricht. Von einer Blockadeposition in der Länderkammer ist man ein ganzes Stück entfernt und nun drohen auch noch die 6 Stimmen Niedersachsens verloren zu gehen.

        An der Schwächung der SPD-Position willst Du Dich aktiv beteiligen, denn dort geht es Schwarz-Gelb gegen Rot-Grün. Jede Stimme für eine andere Partei schwächt das eigene Lager. Niedersachsen ist mit Sicherheit der falscheste Ort, ein Zeichen für eine starke Opposition zu setzen. Da geht es schlicht um die Macht.

        • Ariane 23. September 2017, 22:05

          Jein, die Optionen sind unheimlich schwer einzuschätzen in Niedersachsen. Ich hab extra nochmal nachgesehen, hier nachzulesen.
          CDU 37% – SPD 32% – Grüne 10% – FDP -6% – LINKE 5% AfD 7%
          FDP, LINKE und AfD sind alle im Fehlertoleranzbereich der 5%-Hürde, die BTW sorgt sicher auch noch für Verschiebungen, da kann noch eine Menge passieren. Und da die drei Kleinen so nah an der 5%-Hürde liegen, sehe ich meine Stimme nicht verschenkt an, wenn dadurch zb die LINKE reinkommt und die Chancen für AfD und FDP sinken 😉

  • Stefan Sasse 23. September 2017, 17:17

    R2G oder Ampel, alles andere ist Quark für 2021. Hoffen wir mal das Beste…

  • Ralf 23. September 2017, 18:57

    @ Ariane

    Also ich kann viele Deiner Argumente nachvollziehen. Politisch liegen wir, glaub ich, auch nicht weit auseinander. Auch ich bin nicht wirklich happy mit dem Angebot der Parteien in diesem Jahr. Ich schwanke meist zwischen den Gruenen und der LINKEN, hadere aber mit der Technologiefeindlichkeit, die sich oft bei den linken Parteien findet und bei der Tendenz dieser Parteien, zu sehr nach hinten und zu wenig nach vorn zu schauen. Die FDP ist da in der Tat progressiver und sieht oft mehr die Chancen und nicht nur die Risiken bei neuer Technologie. Soweit stimme ich sogar In Dubio zu. Allerdings steht fuer mich persoenlich zumindest ausser Zweifel, dass – sollten die „Liberalen“ in eine Schwarz-Gelbe Koalition einziehen – Lindners Truppe kein Leuchtturm der Moderne und der Buergerrechte werden wird. Vielmehr wird die FDP – ganz wie frueher – allein auf Steuersenkungen fuer die Reichsten und Leistungskuerzungen fuer die Aermsten setzen. Und auf die verfehlte Deregulierungspolitik, die vor der fatalen Bankenkrise en vogue war und direkt zu dieser globalen wirtschaftlichen Katastrophe gefuehrt hat.

    Bei den Gruenen finde ich viele Politiker sympathisch. Ich mag die Idee von Nachhaltigkeit; ein Konzept, das ich in erster Linie mit den Gruenen verbinde. Mich stoert ein mehr an Regulation auch nicht, solange sie den Menschen dient und mehrheitsfaehig ist. Ich glaube nicht, dass die Buerger inakzeptable Freiheitseinbussen hinnehmen mussten durch die Gurtpflicht im Auto, die Helmpflicht auf dem Motorrad oder dem Rauchverbot in Kneipen und Restaurants. Auch der Veggie-Day waere nicht das Ende der Welt gewesen (und ich sage das als ueberzeugter Fleischesser und Gemuesefeind). Um eine bessere Welt zu schaffen, muessen wir manchmal unseren inneren Schweinehund ueberwinden und ein Stueck weit Regulation kann da ganz hilfreich sein. Das ist nun sicherlich keine Einladung an den Staat unser gesamtes Leben in jeglicher Hinsicht im Detail totalzuregulieren. Aber insgesamt hab ich mit den Ansaetzen und Ideen zumindest des linken Fluegels der Gruenen weniger Probleme. Ausser der Unaufgeschlossenheit gegenueber modernen Technologien und der staendigen Bedenkentraegerei gegenueber dem Fortschritt, wie oben bereits erwaehnt. Aber wer seine Stimme heute den Gruenen gibt, der waehlt damit wahrscheinlich Schwarz-Gruen oder (Gott bewahre) eine Jamaika-Koalition. Schwarz-Gruen wuerde wohl das Ende der Gruenen als linker, progressiver Partei bedeuten. Die konservativen Kraefte um Leute wie Kretschmann und Palmer wuerden die Partei uebernehmen. Die Gruenen wuerden so den Prozess vollenden, den die SPD spaetestens 2002 vollzogen hatte: Die Entwicklung von einer linken Partei, mit einem Auge auf die Noete und Beduerfnisse der kleinen Leute hin zu einer Mitte-Rechts-Partei, die sich in erster Linie um die Interessen der Wirtschaft und derer, denen es bereits seit vielen Jahren gut geht kuemmert. Ein Votum fuer die Gruenen waere folgerichtig ein Votum dafuer, dass ich in Zukunft weniger Auswahl habe. Noch eine Partei weniger, die fuer mich in Frage kaeme.

    Gaaaanz, ganz kurz hab ich uebrigens vor einigen Monaten sogar mal mit dem Gedanken gespielt meine Stimme Angela Merkel zu geben. Mich hat ihr Mut beeindruckt fuer die in Ungarn massenhaft gestrandeten Fluechtlinge die Grenzen zu oeffnen. Das war extrem unpopulaer bei ihrer eigenen Klientel und trotzdem aus meiner Sicht der einzig richtige Schritt. Aber am Ende konnte ich es einfach nicht mit meinem Gewissen vereinbaren eine Kanzlerin waehlen, die die EU mit immer weitergehenden Austeritaetsforderungen beschaedigt, mit der Eurobonds und eine weitere europaeische Integration niemals moeglich sein werden, die Probleme konsequent aussitzt ohne sie je zu loesen und deren politische Ueberzeugungen so solide zu sein scheinen wie ein Wackelpeter. Und eine Stimme fuer Merkel waere eben auch eine Stimme fuer Wolfgang Schäuble, fuer Thomas de Maizière oder (Gott bewahre) fuer Ursula von der Leyen.

    Und dann gibt es noch die SPD. Stefan Sasse und auch Du hast Dich bekannt dort Dein Kreuz machen zu wollen. Die Argumentation, dass die Grosse Koalition besser sei als Schwarz-Gelb oder Jamaika scheint bei euch beiden im Vordergrund der Wahl zu stehen. Und ihr beide schliesst eure Wahlempfehlung mit einem fast identischen Satz ab: Mit der Hoffnung, dass die SPD in den kommenden vier Jahren eine erfreuliche Transformation durchmachen wird und wir in vier Jahren statt des diesjaehrigen Trauerspiels eine moderne links-liberale Partei mit progressiven Zielen, Lust am Regieren und einen ueberzeugenden, charismatischen Kandidaten haben werden. Diese Hoffnung in allen Ehren, aber dass sie sich erfuellt, ist so gut wie ausgeschlossen. Erstens deshalb weil ueberzeugende, charismatische Kandidaten nicht vom Himmel fallen. Wie In Dubio richtigerweise an anderer Stelle festgestellt hat, ist bei der SPD weit und breit kein Nachwuchs in Sicht. Manuela Schwesig haette in diesem Jahr Verantwortung uebernehmen koennen, aber hat sich lieber nach Mecklenburg-Vorpommern verkruemelt. Und dass Andrea Nahles ausreichend Charisma und politische Statur hat die SPD aus dem Tal der Traenen zu fuehren, darf stark angezweifelt werden. Als ich hier in diesem Blog zum ersten Mal den Vorschlag las, Nahles koenne die SPD-Spitze uebernehmen und in 2021 die Kandidatin sein, ist mit ehrlich gesagt fast mein Handy aus der Hand gefallen. Ich finde die Vorstellung ehrlich gesagt absurd. Andrea Nahles hat Erfahrung und ist eine fliessige, gut vernetzte Parteisoldatin, aber sie hat einfach nicht das politische Profil und den Charme, den es braucht breite Waehlermassen zu ueberzeugen. Zu den personellen Problemen der Sozialdemokraten kommen politische. Einen echten Schwenk ins linke Lager sehe ich nirgends kommen. Politiker und Parteimitglieder, die dafuer standen, sind bereits massenhaft aus der Partei ausgetreten und mittlerweile stabil bei der LINKEN oder gleich ganz aus der Politik raus. Die die nach jahrelangen Grabenkaempfen bei der SPD geblieben sind, sind die Anhaenger und politischen Erben von Schröder, Müntefering und Steinmeier. Damit ist die kuenftige Ausrichtung der Partei klar. Wer anderes annimmt, steht in der Pflicht darzulegen, woher der projizierte Wandel kommen soll.

    Und hier moechte ich ein Angebot machen fuer einen moeglichen Prozess, der wirklich einen Wandel bei der SPD bewirken koennte. Einen Wandel, von dem ich annehme, dass auch Du und Stefan Sasse ihn willkommen heissen wuerden. Und zwar waere ein Wandel moeglich, wenn die SPD bei dieser Bundestagswahl total und vernichtend scheitert. Ein Ergebnis unter 20%. Das waere der einzige Weg die Fuehrungsmannschaft auszutauschen und die politische Strategie der vergangenen zwei Jahrzehnte konsequent zu hinterfragen. 2005 verpasste die SPD diese Chance, denn Schröder hatte ja ein einigermassen akzeptables Ergebnis eingefahren. Also blieb die alte Clique um Müntefering und Steinmeier an Bord. Und als Steinmeier scheiterte, dachten alle vielleicht sei dies nur eine bedauerliche Ausnahme, ein Unfall. Also blieb die alte Clique an Bord und stellte Steinbrück auf. Und als auch Steinbrück krachend scheiterte, hiess es „naja, wenigstens waren wir ein paar Prozentpunkte besser als beim letzten Mal“. Vielleicht befand man sich ja in einer langsamen Wiederaufstiegsphase. Und so uebernahm Gabriel, wiederum mit einer inhaltlich im wesentlichen unveraenderten SPD. Das zeigte sich z.B. an der vehementen Unterstuetzung von noch mehr Freihandelsabkommen (eigentlich mehr Grosskonzernschutzabkommen) wie CETA oder TTIP. Und als klar wurde, dass mit Gabriel kein Blumentopf zu gewinnen sei, wurde Martin Schulz auf den Schild gehoben. Dessen „Vorteil“ war, dass er in der Bundespolitik voellig unbekannt war und durch seine Stellung in Bruessel praktisch nie irgendwelche Positionen zu deutschlandspezifischen Problemen bezogen hatte. Dass das ein „Vorteil“ ist, das muss man sich als Waehler mal auf der Zunge zergehen lassen. Und nach ein paar leeren Phrasen zur sozialen Gerechtigkeit, die nie konkret ausgefuellt wurden, stuerzte auch Schulz ab. Wer glaubt, dass die Sozialdemokraten endlich den erhofften Wandel hin zu einer Partei fuer die Menschen, fuer den Normalbuerger machen werden, wenn man sie jetzt nur so stark wie moeglich macht, geht aus meiner Sicht eine fatal schlechte Wette ein. Das Gegenteil wuerde passieren. Sollte es ein „ordentliches“ Ergebnis fuer die SPD geben, sagen wir in den hohen Zwanzigern oder gar in den niedrigen Dreissigern (eigentlich kein tolles Ergebnis im historischen Vergleich, aber die Ansprueche in diesem Jahr sind wohl eher gering), wird es eine Fortsetzung der Schröderisierung geben. Weshalb sollte sich eine Partei veraendern wollen, wenn sie das Gefuehl hat erfolgreich zu sein? Nein, Veraenderung folgt in der Politik immer nur auf vernichtende Niederlagen. Ein Blick in die USA zeigt das, wo es eines krachenden Wahlverlusts fuer Hillary Clinton und die Praesidentschaft von Donald Trump bedurfte, um die Zentristen in der Fuehrung der Demokratischen Partei zu schwaechen. In der Folge begannen viele junge Parteimitglieder sich wieder zu begeistern. Viele stellen sich zur Wahl. Insgesamt wird die Partei dadurch konsequent nach links gezogen. Aber ohne das Trauma der Wahl in 2016 waere nichts davon passiert. Manche hier im Blog haben auch mit Macron argumentiert. Ich bin persoenlich kein grosser Macron-Fan, weise aber trotzdem darauf hin, dass auch Macron nicht moeglich gewesen waere ohne einen fast vollstaendigen Kollaps der etablierten Parteien. Wer die SPD vor sich selbst bewahren will und will, dass diese Partei irgendwann einmal wieder politikfaehig wird, sollte ihr also eigentlich die Pest an den Hals wuenschen bei der kommenden Wahl. Sackt die Partei unter 20%, waere ein Neuanfang moeglich. Die alten Eliten wuerden aus der Fuehrung verdraengt. Junge Wilde wuerden nachruecken und sich in den kommenden vier Jahren einen Namen machen koennen. Auch ein Christian Lindner, dessen Name gegenwaertig staendig genannt wird, fiel schliesslich nicht vom Himmel, sondern arbeitete an seinem Profil lange vor dieser Bundestagswahl. Und eine Grosse Koalition wird immer moeglich sein. Auch wenn die SPD am Ende mit 18% dasteht. Wem es wirklich in erster Linie darum geht Schwarz-Gelb zu verhindern – wie mir scheint Stefan Sasses und Dein Hauptargument – der muss bewirken, dass die FDP so wenige Prozente wie moeglich holt. Dieses Ziel laesst sich erreichen, indem man fuer jede beliebige Partei stimmt, die die Fuenfprozenthuerde mit Sicherheit ueberspringen wird (ausser der FDP und der CDU logischerweise), also zum Beispiel auch die LINKE.

    Ich hadere an vielen Punkten mit der LINKEN. Ihr Personal in der zweiten und dritten Reihe ist in der Tat manchmal etwas fragwuerdig. Und viele ihrer Forderungen angefangen von einem bedingungslosen Grundeinkommen bis hin zu einem NATO-Ausstieg lehne ich ab. Aber keine dieser Forderungen haben irgendeine Chance auf Umsetzung. Insofern muss ich mir darueber keine Gedanken machen. Aber die SPD wird sich Gedanken machen muessen, sollte die LINKE am Sonntag deutlich dazugewinnen, waehrend sie selbst unter 20% landet. Wem die Waehler wegrennen, der muss sich neu orientieren und sein Wahlprogramm hinterfragen. Und wer langfristig eine Rot-Rot-Gruene Koalition will, der investiert seine Stimme nicht schlecht bei der LINKEN; die einzige Partei, die garantiert nicht in anderen Koalitionen enden wird. Und so habe ich in diesem Jahr meine Stimme der LINKEN gegeben. Nicht aus Begeisterung. Mehr aus Kalkuel.

    Schwieriger ist zu formulieren, welche Regierungskoalition ich mir fuer die Zukunft erhoffe. Mir scheint es gibt leider nur schlechte Moeglichkeiten. Fuer das Land waere es kurzfristig sicher zu wuenschen, dass es fuer Schwarz-Gelb nicht reicht. Aber dann gaebe es wieder die Grosse Koalition und damit kaum eine Chance fuer die SPD sich zu erneuern. Das wiederum waere langfristig schrecklich. Oder es reicht fuer Schwarz-Gelb und das Land macht einen Rechtsruck, den sich gerade viele Arme ueberhaupt nicht leisten koennen. Aber so koennten die Sozialdemokraten wenigstens in die Opposition gehen und dort mit neuen jungen Kraeften wieder erstarken. Moeglicherweise waere eine Jamaika-Koalition das beste, in der die Gruenen die FDP konsequent ausbremsen koennten. Aber eine solche Koalition wuerde sich wohl rasend schnell selbst zerlegen. Und Neuwahlen wuerden wohl anstehen, bevor neue Kraefte in der SPD ausreichend Profil gewinnen konnten. Wie gesagt, wirklich gute Alternativen gibt es diesmal aus meiner Sicht nicht. Keine Ahnung welche von drei schlechten Moeglichkeiten ich mir wuenschen soll.

    • Stefan Sasse 23. September 2017, 19:04

      Ich stimme dir in deiner Analyse völlig zu. Mich hielt bei Grün erst die Vorstellung von Jamaika oder Schwarz-Grün zurück, dann die Tatsache, dass sie sichere Opposition sind und schwarz-gelb möglich schien. Zudem macht die SPD die mit Abstand beste Europapolitik.

      Klar hätte ich gerne eine andere SPD; ich denke, da sind hier im Blog alle einig. Aber ich kann nur wählen, was zur Wahl steht. Und es gibt halt weder unsere Wunsch-SPD, noch eine glaubwürdige liberal-progressive Modernisierungspartei, noch eine neue, zur Machtübernahme fähige Linke, die ich wählen könnte. Also nehme ich diejenigen, denen ich am ehesten Regierungsverantwortung zu übertragen bereit bin.

      • Stefan Pietsch 23. September 2017, 19:42

        Ich halte von der Prognosefähigkeit von Linken (hoffentlich bekanntlich) sehr wenig. Als die FDP 2013 unterging, prognostizierten Linke, eine Neubelebung des Liberalismus sei nur möglich, wenn die Partei dem Neoliberalismus und den Vorstellungen von Steuersenkungen abschwören würde, also einen völligen, nicht allein personellen, sondern auch programmatischen Bruch mit der Westerwelle-Ära. Für Christian Lindner und die verbliebene Führungsschicht kam ein zurück zur sozialliberalen Zeit nicht in Frage. Seltsamerweise steht die Partei trotz 4 Jahren in der außerparlamentarischen Opposition fast so gut da wie am Ende der Nullerjahre. Warum sind die linken Prognosen nicht aufgegangen?

        Ähnlich bei der SPD. Jedes erfolgreiche Unternehmen macht sich zentrale Gedanken, welche Zielgruppen es bedienen will. Je punktgenauer dies gelingt, desto erfolgreicher ist ein Unternehmen. Mitten in einem langen Konjunkturaufschwung und einer Phase, wo die übergroße Mehrheit ihre persönlichen Verhältnisse besser einschätzt als wenige Jahre zuvor, zettelt die langjährige Regierungspartei eine Gerechtigkeitsdebatte an. Egal ob Kommunikationswissenschaftler oder Politologen, alle sehen eine solche Strategie als höchst dümmlich an.

        Das linke Lager will auf den nun schon länger anhaltenden Rechtstrend in den meisten westlichen Demokratien mit einer dezidiert linken Positionierung antworten? Wo soll darin die Erfolgschance liegen? Bei einer hohen Wahlbeteiligung 2017 sind selbst die Stimmen verteilt, die man in der demokratischen Diaspora vermutete. Welche Wählerschichten soll die SPD angehen? Die 10% der Linken? Die 7% der Grünen? Kleinvieh macht zwar auch Mist, macht aber niemals reich.

        Welche jungen Wilden sollen in der SPD nach oben drängen? Die Ex-Jusos, die in bürgerlichen Kreisen nicht das beste Image besitzen? Wer nur einmal Unternehmen geführt hat, weiß, dass dazu Erfahrung gehört. Mit einer Riege von politischen Azubis anzutreten, scheint kein Erfolgsmodell zu sein. Wer hofft, dass die SPD ihre gesamte Führungsriege nach der Wahl entsorgt, der hofft auch, dass die Sozialdemokraten das politisch Zeitliche segnen. Alles andere ist Augenwischerei und hat mit Lebensrealitäten nicht das Geringste zu tun.

        • Ralf 23. September 2017, 20:58

          Warum sind die linken Prognosen nicht aufgegangen?

          Erstens hat sich die FDP nach dem katastrophalen Ergebnis 2013 zunaechst erstmal recht behutsam von ihrer alten ultra-neoliberalen Strategie abgesetzt, auch wenn sie anschliessend bald wieder ins alte Muster zurueckkehrte, als es bereits schon wieder bergauf ging. Ich kann mich erinnern, dass damals in der Presse im Zusammenhang mit Christian Lindner z.B. immer wieder ueber eine moegliche Oeffnung der Liberalen hin zur SPD, und damit zu einer Rueckkehr zur Sozialliberalen Koalition als Moeglichkeit geredet wurde. Und Lindner bezeichnete, wenn ich das richtig erinnere, auch die sklavische Bindung seiner Partei an die Union als Fehler. Diese Punkte betreffend halte ich Ihre Analyse, dass sich die FDP ueberhaupt nicht veraendert haette und jetzt trotzdem obenauf schwimmt, fuer falsch.

          Und dass die linken Prognosen nicht aufgegangen sind, haengt in erster Linie damit zusammen, dass die FDP enormen Rueckenwind aus den Medien bekommen hat. Die Partei ist systematisch wieder in den Bundestag geschrieben worden. Die Aufmerksamkeit, die die Partei in den letzten Monaten bekam, war dramatisch viel hoeher als es eine Partei, die nicht im Bundestag vertreten ist, normalerweise erwarten darf. Und die Medien lieben natuerlich Comeback-Geschichten, bei denen ein Phoenix aus der Asche steigt. Diese Geschichten haben einfach ein tolles Narrativ, mit Hoehen und Tiefen, Krise und Leidenschaft. Das mochten schon die alten Griechen. Ohne die Dauerpraesenz von Lindner in der Presse und im Fernsehen waere die FDP heute tot. Aber bis zu einem gewissen (relativ niedrigen) Grad ist Medienpraesenz direkt proportional zu Umfragewerten. Addieren Sie diesen Grad zu den etwa 5-6% Stammwaehlerschaft, die in diesem Jahr auch nicht von groesseren Skandalen von ihrer Stimmabgabe fuer die FDP abgehalten werden (in der Vergangenheit siehe Silvana Koch-Mehrin, Jorgo Chatzimarkakis, Rainer Brüderle etc.) und Sie kommen in etwa zu dem guten Ergebnis, das Lindners Truppe dieses Mal erwarten darf.

          Mit erfolgreicher Politik fuer die Menschen hat es auf jeden Fall nichts zu tun. Die FDP war in den vergangenen vier Jahren ja garnicht im Bundestag und auch in den Laendern war sie fast ueberall aus den Parlamenten geflogen.

          Welche Wählerschichten soll die SPD angehen?

          Die linksliberale Schicht nahe der Mitte, die sich ein funktionierendes Gemeinwesen wuenscht, mit hervorragend ausgestatteten Schulen, mit befahrbaren Strassen, mit leistungsfaehigen Universitaeten, mit einem billigen oder gar kostenlosen oeffentlichen Nahverkehr, mit modernen Buergerzentren ohne lange Wartezeiten, mit Investitionen in zukunftstraechtige Technologien, mit einem Kampf gegen den Klimawandel, ohne Kinderarmut, mit stabileren Arbeits- und damit Lebensverhaeltnissen, mit bezahlbarer Kinderbetreuung, mit hoeheren Loehnen fuer Krankenschwestern, Altenpfleger und andere hart arbeitende Schichten. Selbstverstaendlich kann die Politik nicht einfach einen Hebel umlegen und das alles von heute auf morgen bewaeltigen. Aber man kann ein Zukunftsziel definieren, eine Vision fuer das Land vorschlagen, und dann Schritt fuer Schritt Massnahmen umsetzen, die ein Umfeld schaffen, in dem diese Vision Wirklichkeit werden kann. Viele derer, die diese Vision teilen, waehlen heutzutage CDU (manche sogar FDP), weil sie die SPD als inhaltsleer und unglaubwuerdig, die Gruenen als zu hippiehaft und die LINKE als die ehemalige SED empfinden. Bei Merkel weiss man wenigstens was man kriegt. Aber diese Waehlerschichten koennen wieder eingesammelt werden. Davon bin zumindest ich ueberzeugt.

          Welche jungen Wilden sollen in der SPD nach oben drängen? […] Wer hofft, dass die SPD ihre gesamte Führungsriege nach der Wahl entsorgt, der hofft auch, dass die Sozialdemokraten das politisch Zeitliche segnen.

          Nun, die FDP hat genau das gemacht. Sie hat ihre gesamte Fuehrungsriege radikal entsorgt. Westerwelle trat auch vor seinem Tod nicht mehr parteipolitisch in Erscheinung. Alt-Granden wie Genscher sind ebenfalls nicht mehr am Leben. Ehemalige Minister oder Parteivorsitzende wie Irmgard Schwaetzer, Edzard Schmidt-Jortzig, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Wolfgang Gerhardt oder Klaus Kinkel spielen politisch keinerlei Rolle mehr. Vom aktuelleren Fuehrungsteam aus den 2009-2013 Jahren ist auch keiner mehr uebrig. Oder haben Sie in letzter Zeit viel von Rainer Brüderle, Dirk Niebel, Philipp Rösler oder Daniel Bahr gehoert? Die gesamte Fuehrungsmannschaft aus der Zeit der letzten Schwarz-Gelben Koalition ist im Abfalleimer der Geschichte entsorgt worden. Mit Lindner (und zwar mit Lindner allein, denn ausser Lindner gibt es in der FDP – moeglicherweise neben dem alternden Kubicki – niemanden mit Profil) hat man den Wiederaufstieg geschafft. Weshalb sollte das der SPD nicht gelingen?

          Und ja, das koennte durchaus etwas dauern, bis sich die SPD wieder aufrappelt. Moeglicherweise nicht vier sondern acht Jahre. Auch Lindner wurde ja nicht in 2013 entdeckt, sondern galt schon damals als Westerwelle hinschmiss als solider Kandidat fuer den Parteivorsitz. Mir persoenlich war damals schleierhaft, weshalb sich die Partei fuer Rösler entschied. Aber wenn oben nach einer katastrophalen Wahl erstmal die Koepfe rollen, dann entstehen freie Plaetze. Da koennen sich dann junge Kraefte versuchen und sich ein Profil aufbauen. Auch bei der CDU hat das uebrigens nicht viel anders funktioniert, als die Alt-Granden in der Spendenaffaire versanken und mit Merkel nach und nach juengere Politiker nachrueckten. Klar war das vor 12 Jahren. Diese juengeren Politiker sind nun auch alle etwas gealtert …

          • Ralf 23. September 2017, 21:02

            Bei den Waehlerschichten, die die SPD ansprechen sollte, habe ich noch die, die sich eine starke, vereinte EU wuenschen, vergessen.

          • Stefan Pietsch 24. September 2017, 07:18

            Sie können einen Kommentar gerne auch als Beitrag einstellen lassen. Ich kann das auch mit Verweis, dass dieser von Ihnen ist.

            Ich denke Sie machen zahlreiche Fehler in der Bewertung.

            (1) Sie unterstellen, dass die SPD sich für in 8 oder vielleicht sogar 12 Jahren aufstellen soll, natürlich links. Doch jede Planung, die einen Zeitraum von 5 Jahren überschreitet, ist reine Kaffeesatzleserei. Auch in der Politik wird es bei 8 Jahren und mehr reines Harakiri. Die Kanzler Schmidt und Schröder wurden nicht so lange aufgebaut, auch Merkel nicht. Wer 8 Jahre sagt, kann auch leicht 16 Jahre sagen, es macht keinen Unterschied.

            (2) Wenn Sie von der Führungscrew in Reserve sprechen, dann müssten wir diese kennen. Selbst auf mehrfache Nachfrage fällt niemanden auch nur ein einziger Name ein. Angela Merkel war ein paar Jahre Generalsekretärin und damit im Führungsgremium, bevor sie sich den Parteivorsitz schnappte. Dann nennen Sie bei der Union Namen wie Röttgen, die niemals in den engen Dunstkreis der Macht kamen. Umgekehrt gehörte Schäuble schon in den Achtzigerjahren zur Führungsreserve. Jens Spahn (37) und Julia Klöckner sind nun schon länger bekannt.

            (3) Sie glauben, zur Führung einer Partei reichten gute Ideen. Das ist Quatsch. Die Führung von Menschen muss man lernen. In der Politik lernt man das durch die Übernahme eines Ministeriums oder einer Landesregierung (hohe Kunst), Spitzenjob in der Partei (sowohl Merkel als auch Stoiber führten ihre Parteizentralen als Generalsekretäre) oder einer sonstigen Behörde. Wenn Sie das akzeptieren würden – was Sie nicht tun – so wüssten Sie, wer in spätestens 8 Jahren als aussichtsreicher Kanzlerkandidat in Frage käme. Wenn Sie da niemanden sehen, dann gibt es da auch keinen und dann sind die genannten zwei Legislaturperioden Makulatur. Sie spielen mit der Existenz der Partei.

            (4) In knapp 70 Jahren Bundesrepublik schaffte die Union 3 Dauerkanzlerschaften (rund 16 Jahre, Merkel bis 2021 mitgezählt), dazu noch zwei kleinere. Die SPD hat als Längstes 8 Jahre Helmut Schmidt zu bieten, 7 Jahre Schröder und 5 Jahre Brandt. Schon an der Aufzählung könnten Sie das Kardinalproblem der Partei erkennen. Sie ist für längeres Regieren nicht gemacht. Das gilt für ihre Brüder und Schwestern in den europäischen Partnerländern genauso. Sie planen also den Super-Höhepunkt in einem Jahrzehnt und kümmern sich nicht um das Heute. So kann man natürlich auch das politische Leben anlegen. Das Kernproblem linker Parteien ist, dass sie nicht die Geduld und Konstanz für zuverlässiges Regieren aufbringen. Und Sie möchten auf 8 oder 12 Jahre eine Führungsspitze aufbauen.

            Der Generationenwechsel kommt ohnehin. Die heutige Spitze ist über 60, in 10 Jahren wären sie über 70, also absurd anzunehmen, da würde kein Austausch erzwungen. Nur können das auch farblose Figuren in Form eines Albig, Bürgerschrecke wie Nils Annen oder Franziska Drohsel sein. Charmeure wie ein Klaus Wowereit sind selten und erst recht bei der SPD zu finden. Sie wollen auch noch beides: dezidiert links und Charismatiker. Probieren Sie es mal mit Schnitzen.

            (5) Der Vorwurf an die FDP ist, dass sie ihr Programm nur leicht variiert habe. Sie war übrigens nie so neoliberal, wie Sie sie sehen. Sie wollte zwar ein moderneres Steuersystem, da ist aber inzwischen Realismus eingekehrt. Ansonsten war Christian Lindner Generalsekretär und hat das Thomas Dehler-Haus mit seinen Mitarbeitern geführt, während Westerwelle und Rösler mit ihren Ministerien beschäftigt waren. Anschließend führte er die Landtagsfraktion in NRW. Kubicki ist nicht nur seit Jahrzehnten Landeschef in Schleswig-Holstein, sondern führt auch eine renommierte Anwaltskanzlei. Das waren keine Amateure, die nach 2013 die Partei übernommen haben. Und genauso wird inzwischen die Nachwuchsführung in den Ländern aufgebaut mit Nicola Beer, Katja Suding oder Lencke Steiner – übrigens alles Personen, die mehr als ein Engagement bei der Roten Liste in ihrer Vita haben.

            Sie kümmern sich um die SPD in 10 Jahren, die nach Möglichkeit eine LINKE light sein sollte mit Nato-Mitgliedschaft, aber ohne Hartz-IV. Wahrscheinlich wird zwischenzeitlich eher Christian Lindner Kanzler, als dass es die SPD mit einer solchen Strategie schafft, einen veritablen Kandidaten aufzubauen. Die Union wird in den nächsten Jahren ihre Spitze umbauen, möglicherweise tritt sie 2021 mit einem sehr attraktiven Kandidaten oder Kandidatin an, der auf den Namen Spahn, Klöckner, Kramp-Karrenbauer oder McAlister hört. Die FDP hat währenddessen ihre Führungsfragen für längere Zeit gelöst und strahlt Jugend und Modernität aus. Unter den Bedingungen ist es eben auch nicht ausgeschlossen, dass die Linken noch 16 Jahre auf den nächsten Höhepunkt warten müssen.

            Mir kann’s egal sein. Ich bin nicht so anspruchsvoll, als dass ich nicht mehrheitsfähige Konzepte in der derzeitigen Parteienlandschaft finden würde. Aber ich denke, dass die SPD mit ihrem dauernden Programmstreit und nach der einen Eierlegendenwollmichsau ihre Chancen verpasst und am Ende in der Bedeutungslosigkeit versinkt. Denn ernsthaft: die meisten Menschen haben nicht 10 oder 16 Jahre Zeit, bis sich eine Partei neu orientiert hat.

            • Logos 24. September 2017, 16:15

              Sie [die FDP] war übrigens nie so neoliberal, wie Sie sie sehen
              Nein, „selbstständlich“ nicht:
              Der Pabst ist auch nicht katholisch und
              die Erde doch eine flache Scheibe!

          • Stefan Pietsch 24. September 2017, 07:38

            Zu den Wählerschichten:

            Sie glauben, es gibt noch die Wählerschichten wie in den 1970er Jahren (denn schon später waren solche Konzepte nicht mehr politisch erfolgreich): Menschen, die vor allem einen umfangreichen Staat um sich haben wollen, nur überwachen darf er natürlich nicht. Dabei machen Sie keinen Unterschied, ob die wesentlichen Leistungen eigentlich in Ländern und Kommunen erbracht werden. Beispiel kostenloser Nahverkehr: die Leute sind längst nicht mehr so dumm zu glauben, das wäre echt kostenlos. Wenn Busse und Bahnen in Frankfurt ohne Preis nutzbar wären, dann wird die Grunderwerbsteuer angehoben, damit die Mieten steigen. In den letzten Jahren war es auch beliebt, die öffentlichen Gebühren anzuheben, was anschließend nur Kopfschütteln bei den Bürgern verursachte. Dann gibt es noch die Gewerbesteuer, was aber schon in der Vergangenheit dazu führte, dass große und kleine Unternehmen in die Peripherie gegangen sind, anders gäbe es Städte wie Ratingen, Bad Vilbel, Darmstadt, Böblingen oder Frechen nicht. Die zahlen dann nicht für den öffentlichen Nahverkehr, dafür pendeln die Großstädter dann aufs Land. Natürlich passiert das nicht unter dem Brennglas, aber die Leute sind heute schlauer als früher. Und wer nicht den Preis benennen kann, besitzt schon keine Glaubwürdigkeit.

            Nein, die Schicht, die den Staat um sich haben will, ist nicht mehrheitsfähig, das zeigt der Erfolg der FDP seit 1998 und dafür steht der Wandel der Grünen.

            Zum Schluss: Sie hätten auch schreiben können, die Linken haben sich geirrt. Es gibt einen Bedarf für eine neoliberale Partei. Es ist dabei zweitrangig, ob dies durch die Veränderung der gesellschaftlichen Schichten resultiert, wie ich sie anhand soziologischer Studien belegt habe, oder weil es von den Medien gepusht wird (wozu Sie außer Überlegungen nie einen Beleg gebracht haben, z.B., dass erst Lindner häufiger in Talkshows auftauchte und dann die Umfragen für die Liberalen anzogen). Es spielt keine Rolle, ob ein Bürger vor dem Wahlzettel eigentlich SPD ankreuzen will, aber indoktrinierterweise dann bei der FDP sein Kreuz macht. Auch solche Stimmen werden gern genommen.

        • Ariane 23. September 2017, 22:46

          @Dubio
          Ähnlich bei der SPD. Jedes erfolgreiche Unternehmen macht sich zentrale Gedanken, welche Zielgruppen es bedienen will. Je punktgenauer dies gelingt, desto erfolgreicher ist ein Unternehmen.
          Ich glaube, dieser Unternehmensvergleich trägt nur bis zu einer gewissen Grenze. Es ist das Wesen der Volkspartei, dass sie nicht präzise auf diese Interessen oder jene kleine Wählergruppe zugeschnitten sein kann, sondern ein breites Spektrum bedienen muss. Das sind für die SPD eben traditionell der Mittelstand und „die kleinen Leute“
          Nur weil die meisten Leute mit ihrem Leben eher zufrieden sind, kann die SPD sich nicht zurücklehnen, das kann die CDU machen und tut sie ja auch gekonnt. Aber Deutschland ist ja nicht 100% sorgenfrei.
          Und statt nun diffus von sozialer Gerechtigkeit zu reden und sich von jedem hüpfenden Floh ablenken zu lassen, sucht man sich eben ein Themenbeispiel, um das man beständig herumtanzt. Irgendeine Altenpflegerin, die immer nur für ein Jahr befristet angestellt ist, wenig verdient und sich in einem stressigen Job kaputt schuftet. Stefan hatte da ja auch mal was skizziert.
          Und die SPD konnte das doch mal. 2005 hat die Schröder-SPD den Herrn Professor Kirchhof mit seinen Statistiken über die durchschnittliche Fertilitätsrate von 1,5% so grandios (und gnadenlos) zerlegt, da hat Frau Merkel heute noch ein Trauma davon. Ich glaube in den Debatten und Feiertagszuschläge wurde auch ständig die Krankenschwester und der Polizist hervorgekramt. Ich bin gar nicht so der riesige Schröderfan, aber der Wahlkampf war grandios (oder ich empfinde es nur so, weil es meine erste Wahl war, kann auch sein^^)

          Mit solchen Beispielen können die Leute mehr anfangen als mit sozialer Gerechtigkeit (das ist wirklich so diffus, können sie gleich Freibier nehmen). Gibt doch viele, die frustriert sind, weil die Jobs befristet sind, weil sie denken, sie verdienen zuviel oder ihr Job ist für den Verdienst zu stressig. Die kann man mit so einer Geschichte alle einsammeln und an einem oder zwei Beispielen konkrete Forderungen formulieren. Und wenn jeder SPD-Heini ein Jahr lang vor jedem Mikro eine traurige Geschichte erzählt, werden sich schon die passenden Kandidaten finden.

          Ist ja immer schwer zu sagen, aber ich glaube mit einer guten Kampagne wären für die SPD durchaus 5-10% mehr drinnen ohne dass man an Personal und Priorität etwas ändert. Wenn sich da auch noch was ergibt, könnte das durchaus zu signifikanten Verschiebungen führen. Stefan S. hatte da ja auch einige gute Ideen. Die SPD müsste halt nur mal in die Hufe kommen, anstatt sich immer selbst ein Bein zu stellen^^

          • Stefan Pietsch 24. September 2017, 09:03

            Ich glaube, dieser Unternehmensvergleich trägt nur bis zu einer gewissen Grenze.

            Eine Bitte: jeder Linke (bitte entschuldige, dass ich Dich da jetzt subsummiere), der sich befleißigt fühlt, Vergleiche von Politik mit Unternehmen zurückzuweisen, schluckt dies fünfmal runter. Politik wie Unternehmen besteht aus dem Führen von Menschen. Nach unterschiedlichen Zielen, in unterschiedlicher Organisationsform, ja. Aber es gehören immer die gleichen Führungseigenschaften dazu: Durchsetzungsstärke und -willen, Lösungsorientierung, Zielvorgaben, Teamfähigkeit. Führung muss man lernen, in Unternehmen wie der Politik. Weder lässt sich ein Unternehmen allein mit guten Ideen und Visionen zum Erfolg bringen noch eine Partei oder politische Institution. Den wenigsten ist das Talent in die Wiege gegeben.

            Seit Schröder glaubt die SPD, wenn wir uns nur alle lieb haben und niemand zu sehr ausbüxt, dann werden wir auch vom Wähler geliebt. Irgendwann. Ende der Basta-Politik. Dummerweise war es der Basta-Kanzler, der zuletzt die SPD auf Augenhöhe mit der Union brachte. Auch Merkel gilt als knallhart in ihrer Umgebung. Und sie hat ihren Vorgänger gekillt, genauso übrigens wie Westerwelle seinerzeit den lieben Gerhardt.

            Nicht die SPD hat 2005 den letzten guten Wahlkampf gemacht, es war die Person Schröder. Er hat die Schwachstelle Kirchhoff ausgemacht, nicht die Strategen im Willy Brandt-Haus (die wahrscheinlich zum Großteil entlassen gehören, so wie sie in den letzten 12 Jahren dahindilettiert haben). Menschlich nicht sympathisch, politisch aber ungemein erfolgreich.

            Meine Behauptung war stets: Hätte Merkel damals ihren Konkurrenten Merz zum Kandidaten für das Amt des Finanzministers gemacht, wäre das Desaster nicht passiert. Da zeigt sich der Unterschied zwischen Profitum und Amateuren in der Politik.

        • Stefan Sasse 24. September 2017, 08:09

          Warum ich eine linkere Positionierung empfehle? Weil da Raum ist. Die leicht rechte Mitte ist voll, die leicht linke Mitte leer.

          • Stefan Pietsch 24. September 2017, 08:42

            Das mag sein – oder auch nicht. Ein großer Teil der Wähler, welche die SPD vor 15 Jahren groß gemacht und die den anfänglichen Hype um Martin Schulz angeheizt haben, wählen heute CDU, FDP oder AfD. Wenn die Partei ehrlich ist, muss sie sich fragen, was sie falsch gemacht hat, diese Bürger an diese Parteien zu verlieren. Wenn im Saarland, was in manchen Punkten immer repräsentativ für die alte Bundesrepublik war, die Hälfte der SPD-Sympathisanten sagt, sie habe die Nähe zur LINKEN abgeschreckt, dann lässt sich das nicht einfach ignorieren.

            Die Hälfte der Wähler ist über 50. Diese Hälfte ist überwiegend in sicheren Verhältnissen, hat Vermögen und denkt an den Übertrag an die inzwischen volljährigen Kinder nach. Sie fühlen sich wohl wie es ist. Und die SPD glaubt, mit Kostenlosangeboten für Kita, Bildung und Vermögensabgaben diese Leute zu erreichen. Ich halte solche Überlegungen für abenteuerlich.

            Alle Erwartungen an die zukünftige Sozialdemokratie gründen sich auf Hoffnungswerten ohne gedeckte Schecks. „Weg vom Neolib, Besinnung auf die Stammwähler“. Hallo Basis: die Stammwähler der SPD machen gerade noch 20% aus, alles andere muss man sich von der Konkurrenz holen! Es gibt keine ominösen Wählerschichten im zweistelligen Prozentbereich, die nur darauf warten, von einer deutlich links gewendeten SPD abgeholt zu werden! Ältere Leute wollen darüber hinaus Sicherheit. Wie heißen eigentlich die führenden Sicherheitspolitiker der Linken? Maas? Ha, guter Witz! Bei Grünen und Linkspartei fällt mir nicht mal mehr ein Witz ein.

            • Ariane 24. September 2017, 09:00

              Das liest sich aber nun schon deutlich so, als sollte die SPD einfach noch eine CDU werden.(Dabei sind die ja schon nah beieinander) Politik für zufriedene, finanziell gut situierte Menschen ab 50, die sich nur Sorgen um Einbrecher und Kriminalität machen.

              Das ist exakt die Beschreibung der typischen CDU-Wähler.

              • Stefan Pietsch 24. September 2017, 09:15

                Liebe Ariane, löse Dich von der Vorstellung, dass Du die Mehrheit bist. Wenn Du im Leben Erfolg haben willst, ob in Unternehmen, in NGOs oder der Politik, musst Du Dich von der Vorstellung lösen, dass Deine Interessen an erster Stelle stehen.

                Auch in der Politik gibt es selten Monopole. Außerhalb der Stammwählerschaft sind die Wähler äußerst flexibel und stimmen nach Persönlichkeiten, Images und Angeboten. Wenn Du meinst, oh, das ist ja CDU, dann ist das eine Arroganz, die sich eine Partei, die Volkspartei sein will, nicht leisten kann. Leute wie ich sehen neben der FDP auch die Union, die SPD und die Grünen als interessante Kandidaten. In Deiner Arroganz sagst nimmst Du mich jeden schon von Beginn an raus. 2013 hätte ich eine SPD mit einem Kandidaten Steinbrück und einem Steinbrück-Programm und Steinbrück-Personal gewählt. Wie Du weißt, waren dabei zwei Bedingungen nicht erfüllt. Aber die SPD konkurriert prinzipiell um meine Stimme.

                Und so kenne ich einige, z.B. Erzieherinnen (klassische SPD-Klientel), die derzeit mehrheitlich CDU wählt. Und der Glaube, die Union würde jetzt so einfach die mittige Position räumen, ist nichts mehr als eine unbegründete Hoffnung. Darauf vertrauen die bayrischen Sozialdemokraten seit Jahrzehnten. Wenn nur der Strauß weg wäre, wenn nur endlich der Stoiber. Na ja, jetzt hofft man auf eine Ende von Seehofer. Linke scheinen echt eine Ersatzreligion zu brauchen.

                • Ariane 24. September 2017, 10:29

                  Liebe Ariane, löse Dich von der Vorstellung, dass Du die Mehrheit bist. Wenn Du im Leben Erfolg haben willst, ob in Unternehmen, in NGOs oder der Politik, musst Du Dich von der Vorstellung lösen, dass Deine Interessen an erster Stelle stehen.
                  Ich glaube keineswegs, dass ich die Mehrheit bin und meine Interessen an erster Stelle stehen. Aber ich glaube, du machst es dir da zu einfach. Du betrachtest die Parteien wie ein neues Kleidungsstück, das man sich kaufen möchte.
                  Wahlentscheidungen werden aber fast immer von mehr beeinflusst als den eigenen Interessen. Sonst würde es reichen, einmal die Wahlprogramme durchzurechnen und nachzusehen, bei wem man die meisten Steuern spart und dafür die besten Leistungen erhält. Oder einmal den Wahlomat durchspielen und die Partei auf dem 1. Platz zu wählen.
                  Es ist durchaus häufig zu beobachten, dass Wähler gegen ihre eigenen Interessen entscheiden oder andere Aspekte hineinspielen.

                  Ein persönliches Beispiel: Ich war ein großer Freund der Mütterrente, obwohl mich das absolut nicht betrifft und ja sozusagen meine Steuergelder dafür verwendet werden. Ich wusste aber, dass es für Menschen wie zb meine Oma eine große Hilfe sein kann und fand auch das Konzept gut, Erziehungsarbeit mit in zu „entlohnende Leistungen“ zu nehmen. Genauso guckt meine Oma nicht nur darauf, wer ihr die meiste Rente, beste Pflegeleistungen etc. verspricht, sondern überlegt auch, welche Politik mir und damit meiner Generation weiterhilft.
                  So funktionieren Gesellschaften. Auch zufriedene 50jährige haben Familien, Freunde, Feinde und beziehen diese häufig in Wahlentscheidungen hinein.

                  Dein Unternehmensvergleich funktioniert da, wo es um Vermarktung geht. Das sehe ich ähnlich, Politik bietet etwas an, zu dem eben auch gehört, etwas gut und mit dem richtigen Personal zu verkaufen. Aber das Angebot ist ganzheitlicher als eine schicke Jacke.
                  Da ist meine Position ähnlich wie bei der Moralfrage: Politik definiert unser Zusammenleben im deutschen Staat – deswegen halte ich sie auch untrennbar mit Moral, Werten und Visionen verwoben.

                  • Stefan Pietsch 24. September 2017, 10:46

                    Du kaufst auch nicht nur ein Produkt, weil es billig ist. Sonst wäre Apple nicht die teuerste Marke. Nur hast Du gefragt, warum die SPD mit der Union konkurrieren sollte. Vielleicht, weil die Partei Merkels Marktführer ist? Welche Wähler willst Du als Linke gewinnen – und bitte ohne diese Abstraktion, wie dies Ralf versucht hat. Diese Leute muss es geben (und zwar mehr als ein paar hunderttausend) und diese wählen derzeit mit hoher Wahrscheinlichkeit eine andere Partei – mit 50%iger Wahrscheinlichkeit CDU. Willst Du diese Leute gewinnen, in dem Du sagst, es ist gerade alles Mist, wir werden das völlig anders machen, die Steuern erhöhen, Vermögen und Erbschaften belasten und dann bekommst Du auch mehr? Du meinst, die Stimme für eine Partei habe auch etwas mit Werten zu tun – warum agieren aber vor allem die linken Parteien als Basarhändler, welche sehr punktuell aufzählen können, um welchen Euro-Wert welcher Wähler entlastet wird (belastet werden irgendwelche mysteriösen Reiche) und welche Leistung wie der einzelne erhält?

                    Ich war am Montag auf der Kundgebung der FDP in Frankfurt. Ich habe dort nicht erfahren, ob und welchen Steuerentlastungsbetrag ich erhalte, wenn ich mein Kreuz bei den Liberalen mache. Ich finde dazu auch ziemlich wenig im Wahlprogramm. Ich habe aber viel von Haltungsfragen vermittelt bekommen. Leider konnte ich das Abschlussstatement von Lindner nicht einstellen, aber er hat genau beschrieben, welche Wähler die FDP will. Der ängstliche und der Wutbürger zählen definitiv nicht dazu.

                    Ich wähle auch gegen meine Interessen, was auch immer die sind. Nur sehe ich eben keine Gesellschaft aus kleinen Leuten.

                    • Logos 27. September 2017, 09:30

                      Ich wähle auch gegen meine Interessen, was auch immer die sind.
                      Halte ich für eine glatte Unwahrheit.

                    • Stefan Pietsch 27. September 2017, 09:58

                      []
                      Bitte keinen neuen Streit anfangen

          • Logos 24. September 2017, 16:19

            Warum ich eine linkere Positionierung empfehle? Weil da Raum ist. Die leicht rechte Mitte ist voll, die leicht linke Mitte leer.
            Ein noch opportunistischere Haltung ist mir selten untergekommen.
            Innere Überzeugung? Keine Spur.

            Wenn DIE PARTEI das Motto „Inhalte überwinden“ vertritt, dann hat diese damit doch nur Ihre Haltung vorweggenommen, Herr Sasse.
            Wenn DIE PARTEI ein Witz sein soll, dann doch Ihre Haltung nicht weniger.

        • Logos 26. September 2017, 13:57

          Ich halte von der Prognosefähigkeit von Linken … sehr wenig.
          Haltungen sind irrelevant. Außer die von Kontraindikatoren wie ihnen.
          De facto ist die Prognosefähigkeit von Neoliberalen im allgemeinen und Pietsch im Besonderen was Wirtschaft anbetrifft miserabelst:
          KEINE einzige der großen Wirtschaftskrisen haben Neolibrale prognostiziert. Als diese da waren konnte Neoliberale die nicht analysieren und hatten auch keine Lösungsvorschläge.
          Warum? Weil die neoliberale Ideologie das nicht her gibt.
          Gemäß deren Glaubensdogmen tendieren Märkte zum Gleichgewicht.
          Wie irre diese Zeiten sind, lässt sich daran erkennen, dass solche himmelschreiend Inkompetente die wirtschaftliche Deutungshoheit an sich gerissen haben.

    • Ariane 23. September 2017, 21:51

      @Ralf
      Erstmal vielen Dank für Deinen Kommentar, das ist ja fast ein eigener Artikel^^

      Ich stimme dir grundsätzlich in Deiner Analyse zu, würde aber gerne auf einige Punkte gesondert eingehen:
      Zu Merkel: ganz ehrlich und jetzt kommt sicher ein kollektiver Ohnmachtsanfall, aber ich mag sie. Ich fand ihre Entscheidung bezüglich Ungarn ebenfalls mutig und so blöd das klingt aber irgendwie wahrhaft christlich. Wird der Union ja gerne vorgeworfen, das C im Namen nicht zu ehren und ich finde, mit dieser Aktion hat sie es widerlegt. Und ich mag auch ihre Art, die Bescheidenheit und auch das Nüchterne. Ich fand es auch super, wie knapp sie damals Sarrazin mit seinem Buch abgekanzelt hat, während die Republik in so heller Aufregung war. Und international finde ich ihre Besonnenheit oft sehr wohltuend, gerade wenn aus anderen Ländern eher so Haudraufs und Egoshooter wie Trump kommen – oder denk nur mal an Sarkozy und Berlusconi! Wenn es eine reine Merkelpartei gäbe, wäre ich bestimmt großes Fangirl.^^ Aber wie du ja auch schreibst, schleppt sie den ganzen CDU-Anhang mit sich herum, de Maizière kann ich auf den Tod nicht ausstehen und die CSU-Leute gehören da ja auch noch mit rein!

      Mit der Hoffnung, dass die SPD in den kommenden vier Jahren eine erfreuliche Transformation durchmachen wird und wir in vier Jahren statt des diesjaehrigen Trauerspiels eine moderne links-liberale Partei mit progressiven Zielen, Lust am Regieren und einen ueberzeugenden, charismatischen Kandidaten haben werden. Diese Hoffnung in allen Ehren, aber dass sie sich erfuellt, ist so gut wie ausgeschlossen
      Naja klar wünschen Stefan und ich uns eine progressive, moderne Super-SPD, aber ich denke wir wissen beide, dass schon ein kleiner Schritt in diese Richtung ein Erfolg wird. Und du hast vielleicht auch mit allem recht, was du zum nötigen Niedergang der SPD für die Transformation schreibst und wenn das am Sonntag in die Hose geht, werde ich mich auch damit trösten.
      ABER^^ das ist so eine merkwürdige Lust am Untergang, die hier häufig auch bei anderen Kommentatoren mit durchschimmert. Klar, Schwarzgelb, Rechtsruck, Kanzlerinrücktritt und Spahn als neuer Kanzler, Zusammenarbeit mit der AfD und vielleicht noch Rentenkürzung um Milliardäre zu entlasten – die Umfragewerte für die SPD würden in die Höhe schnellen, ohne dass sie irgendetwas tut außer laut Zeter und Mordio zu schreien. Mein Land und mein Leben in diesem Land sind mir aber eigentlich zu wertvoll, um auch nur indirekt zu etwas beizutragen, was ich nicht haben will, nur damit die SPD mal wieder in die richtige Spur kommt.
      Ich wähle diese Leute, damit die ihren Job machen und das Land regieren. Am besten in der Regierung, sonst halt in der Opposition, und ich habe schon die Erwartung und den Anspruch, dass das möglichst kompetent geschieht. Ja, ist langweilig und ich würde mir auch anderes wünschen. Aber ist halt zum Großteil solide Regierungsarbeit, ohne dass man sich Sorgen machen muss, dass bei irgendwelchen Krisen sofort Panik ausbricht oder irgendwelche Dummheiten veranstaltet werden. So ein Dilettantenstadl wie es mit der FDP teilweise war, erfüllt für mich einfach nicht den Mindestanspruch, den ich habe.^^

      Und zweitens: ich glaube auch nicht daran, dass die SPD mit einem miesen Wahlergebnis in der Opposition plötzlich zu einem Schmetterling wird. Auch beim letzten Mal Opposition wurde hier und da ein bisschen gewerkelt, aber es war ja beileibe kein großes Aha-Erlebnis. Und bei einem Katastrophenergebnis von 15% oder so, würde vielleicht alles hinweggefegt werden. Wie du aber selbst schreibst, gibt es dahinter keine natürlichen Nachrücker (wie es zb Lindner bei der FDP war). Da müssten erstmal neue Leute ausgegraben und etabliert werden, dann würden die Flügelkämpfe richtig losbrechen usw. Das kann vielleicht sogar mehrere Legislaturperioden dauern, wenn man Trümmer zusammenkehren will. So eine langjährige Therapie- und Selbstfindungsphase würden der SPD vielleicht gut tun, aber was machen wir denn in der Zwischenzeit? Sollen wir Spahn und Lindner dann nochmal 16 Jahre lang das Land überlassen? Wir brauchen die SPD doch, wenn ein Politikwechsel stattfinden soll oder glaubt hier jemand ernsthaft, die LINKE und die Grünen können das alleine wuppen?

      Also so geht das doch nicht. Die ganze Debatte driftet doch schon völlig ins Absurde. Ausgerechnet Stefan und mir, die wir uns zur SPD-Wahl bekennen, wird vorgeworfen mit unserer Stimme der SPD eigentlich zu schaden oder gar die SPD oder ganz Deutschland in den Abgrund zu treiben. Das ist eine Partei, die sollen das Land regieren und nicht irgendwie ein suchtkranker Patient, der erst in der Gosse landen muss und dann jahrelang in einer Therapieeinrichtung wiederhergestellt wird. Ich zumindest habe nicht die Geduld, mehrere Legislaturperioden lang bei der Selbstfindung zuzusehen, sondern möchte in Bälde Aussichten auf einen Politikwechsel.

      • Ralf 23. September 2017, 23:03

        @ Ariane

        Erstmal vielen Dank für Deinen Kommentar, das ist ja fast ein eigener Artikel^^

        Hatte mit dem Gedanken gespielt bei Stefan Sasse anzufragen, ob er den Text als Artikel veroeffentlichen wuerde. Aber am Ende dachte ich, wenn er die Email zu spaet liesst, dann macht es keinen Sinn mehr (nach dem Wahlsonntag ist der Beitrag nicht mehr ganz so aktuell). Und ich weiss auch nicht, ob Texte von aussen so unbedingt erwuenscht sind. Es liesst sicher nicht jeder meine Beitraege so gern wie ich selbst … 😀

        Den Namen Jens Spahn hab ich uebrigens ganz ehrlich gesagt zum ersten Mal in den News gehoert, als er kuerzlich englischsprachige Hipster als eine der groessten Bedrohungen fuer die Bundesrepublik Deutschland ausfindig gemacht hatte. Danach hab ich wieder nichts mehr von ihm gehoert. Dass der jetzt gleich Kanzler wird, halte ich folglich fuer eher weniger wahrscheinlich … 😉

        Deine Ausfuehrungen zu Angela Merkel verstehe ich uebrigens sehr gut. Wie gesagt, ich hatte ja selbst ganz kurz mal ueberlegt ihre Entscheidung die Grenzen damals fuer die Fluechtlinge geoeffnet zu haben mit meiner Stimme zu belohnen. Und ich mag auch ihre unpraetentioese, bescheidene Art. Eine angenehme Abwechslung nach Schröder, der sich im Armani-Anzug und Cohiba im Mund ablichten liess. Leider ist die Frau in der CDU und macht unter anderem furchtbare Europapolitik, mit der ich einfach ueberhaupt nicht leben kann …

        Deine Meinung, die SPD duerfe nicht dramatisch scheitern, weil sie andernfalls entweder (1) moeglicherweise ganz zerfiele oder eben (2) nicht mehr als halbwegs konstruktive Kraft fuer die Regierung zur Verfuegung stuende („Schreckgespenst Schwarz-Gelb“), teile ich weniger.

        Zu 1) Parteien verschwinden normalerweise nicht einfach. Ausser den italienischen Christdemokraten ist, glaub ich, in unserer Zeit keine grosse Partei jemals verschwunden (und die italienischen Christdemokraten waren tief, tief in die Mafia verstrickt). Als 2005 die Gruenen totgeschrieben wurden, waren sie ein paar Jahre spaeter ploetzlich sogar als potentielle Kanzler im Gespraech. In Dubio wird nicht muede zu wiederholen, wie alle der FDP das Totengloecklein gelaeutet hatten und jetzt ist sie schon wieder da. Als die Spendenaffaire das gesamte Fuehrungspersonal der CDU abraeumte, sah es aus als waere die Partei am Ende. Nicht lange darauf waere Edmund Stoiber Bundeskanzler geworden, wenn Schröder nicht von Flut und Irakkrieg gerettet worden waere. Wie ich schon zuvor in Antwort auf In Dubio schrieb: Die Medien lieben Comeback-Stories. Auch die SPD wuerde eine kriegen. Verlass Dich drauf! Und die Partei hat eine grosse Zahl an Mitgliedern. Wenn oben erstmal Positionen frei werden, dann wird es auch Bewerber geben, die diese Positionen fuellen wollen. Denk mal an die CDU-Spendenaffaire. Wer waren denn Angela Merkel, Friedrich Merz, Norbert Röttgen, Ursula von der Leyen, Hermann Gröhe oder auch Christian Wulff vorher? Als oben die Koepfe purzelten, sahen viele eine Karrieremoeglichkeit. Manche setzten sich durch, manche fielen auf die Nase, manche wurden weggelobt. Ein Wettbewerb halt. Im Ergebnis bekam die CDU mit Angela Merkel eine politisch enorm erfolgreiche Parteivorsitzende, die morgen zum vierten Mal in Folge zur Kanzlerin gewaehlt wird. Ich kann nicht erkennen, weshalb der SPD nicht aehnliches gelingen sollte.

        Zu 2) Das Schwarz-Gelbe Schreckgespenst wird ohnehin kommen. Wenn nicht in 2017 dann eben in 2021. Die SPD kann in der Grossen Koalition nur verlieren. Wenn die Fuehrungsmannschaft der Sozialdemokraten nicht endlich ausgetauscht wird oder zumindest vehementen parteiinternen Gegenwind bekommt, dann wird sich die Abwaertsspirale der Genossen fortsetzen. Und je schwaecher die SPD wird, umso staerker werden sich Gruene zur CDU hin orientieren und umso staerker wird sich die LINKE in der Totalopposition einigeln. Wenn es keine Regierungsperspektive gibt, dann suchen sich die Parteien eben woanders Optionen. Dann wird die SPD diesmal vielleicht 23% bekommen. In vier Jahren wirst Du wieder vor Schwarz-Gelb warnen und nach vier weiteren Jahren Grosse Koalition wird die SPD nur noch bei 20% landen. Und vier Jahre spaeter wirst Du wieder vor Schwarz-Gelb warnen und nach vier weiteren Jahren Grosse Koalition wird die SPD nur noch bei 16% landen. Und so weiter. Irgendwann wird die SPD selbst mit Deiner und Stefan Sasses Stimme die Schwarz-Gelbe Koalition nicht mehr verhindern koennen. Und dann wirst Du Deinen Kanzler Spahn und Vizekanzler Lindner bekommen. Falls Du da anderer Ueberzeugung bist, waerst Du in der Pflicht darzulegen, woher eine ploetzliche Trendumkehr fuer die SPD kommen sollte, wenn sie immer weiter in Grossen Koalitionen bleibt, in denen sie als Partner immer kleiner wird, waehrend das Fuehrungspersonal im wesentlichen immer das gleiche bleibt. Am Ende kriegst Du das Ergebnis, das Du am meisten fuerchtest – halt nur vier oder acht Jahre spaeter. Und die Chancen zur Wiederauferstehung werden fuer die SPD auch nicht eben gerade besser, wenn die Partei weiter langsam vor sich hin siecht. Welcher junge Mensch tritt denn in eine solche Partei ein oder will sich in einer solchen Partei engagieren?

        • Stefan Sasse 24. September 2017, 08:10

          Schick mir so was. Ich lese relativ regelmäßig Mail.

      • Blechmann 24. September 2017, 01:39

        „Zu Merkel: ganz ehrlich und jetzt kommt sicher ein kollektiver Ohnmachtsanfall, aber ich mag sie. Ich fand ihre Entscheidung bezüglich Ungarn ebenfalls mutig und so blöd das klingt aber irgendwie wahrhaft christlich. Wird der Union ja gerne vorgeworfen, das C im Namen nicht zu ehren und ich finde, mit dieser Aktion hat sie es widerlegt.“

        Ich finde diese Interpretation geradezu erstaunlich, man hört sie ja öfter. So als wenn ich sage: Oh, Trump hat im Wahlkampf schon 37 Babys geküsst, er muss unglaublich kinderlieb sein. Ein Politiker ist ein Schauspieler. Ein Darsteller. Er oder sie spielt eine Rolle von der er oder sie glaubt, dass sie beim Wähler ankommt.

        Wieviele Menschen sind wohl gestorben, als Merkel die Versorgung mit Nahrung und Medikamenten in den Flüchtlingslagern einstellen ließ? Die werden es ja nicht alle bis Europa geschafft haben, die Kranken und Schwachen, die Alten und die Kinder werden zum Teil nicht überlebt haben und das waren 3 Millionen Leute in den Lagern. Deutschland ist drittgrößte Nation im Waffenexport. Wie christlich ist das? Merkel handelt human, wenn es sich für sie selbst politisch auszahlt. Sonst nicht.

        Die Entscheidung in Ungarn war ein genialer Coup, keine Frage, und es hat sich für sie bezahlt gemacht. Ob es sich für die Flüchtlinge bezahlt gemacht hat, ist eine ganz andere Frage. Die Chance, dass die EU in der Sache gemeinsam handelt, die hat sie verspielt. Ohne das können wir aber schlicht nichts erreichen. „Wir lösen die Probleme vor Ort“, schon klar. Merkel rettet die Welt, notfalls auch allein. Ist sie doch die Anführerin des freien Westen.

        • Ralf 24. September 2017, 02:02

          Alles nicht falsch, aber man muss auch realistisch bleiben. Merkel kann nicht im Alleingang die Probleme aller Fluechtlinge loesen und fuer eine „gesamteuropaeische“ Strategie gab es nie eine Perspektive (siehe z.B. Ungarn und Polen). Einem signifikanten Teil der Fluechtlinge ist dank Merkel aber zweifellos geholfen worden. Eine Million Menschen, die nicht mehr unter katastrophalen humanitaeren Bedingungen hinter Stacheldraht oder in irgendeinem Bahnhof dahinsiechen. Diesen Menschen sind im Wettlauf mit dem damals kommenden Winter in kuerzester Zeit Behausungen verschafft worden. Diese Menschen sind ernaehrt worden. Diese Menschen sind human versorgt worden, wo es notwendig war mit Medikamenten oder im Krankenhaus. Und vielen sind Integrationsangebote gemacht worden, wie z.B. Sprachkurse und die Politik bemueht sich zum ersten Mal seit vielen Jahren wirklich um echte Integration. Wer wie ich etwas aelter ist, kann noch Vergleiche anstellen mit der Situation der Gastarbeiter in den 80ern. Vieles ist seither besser geworden. Und nein, es ist nicht alles perfekt. Und es ist absolut berechtigt zu fragen, was wir bzw. die Regierung Merkel an Beitrag dazu geleistet hat, dass die Fluechtlingsstroeme ueberhaupt erst losbrachen. All das gehoert zu einer vollstaendigen Biographie dazu. Und ich bin nun auch nicht gerade als grosser Merkel-Fan bekannt. Aber an manchen Stellen hat die Bundeskanzlerin absolut richtig gehandelt. Und zu einem fairen politischen Diskurs gehoert aus meiner Sicht, dass man dort Beifall klatscht wo gute Arbeit geleistet worden ist. Ausdruecklich auch dann, wenn die gute Arbeit vom politischen Gegner kommt.

          • Rauschi 24. September 2017, 07:39

            Diesen Menschen sind im Wettlauf mit dem damals kommenden Winter in kuerzester Zeit Behausungen verschafft worden. Diese Menschen sind ernaehrt worden. Diese Menschen sind human versorgt worden, wo es notwendig war mit Medikamenten oder im Krankenhaus. Und vielen sind Integrationsangebote gemacht worden, wie z.B. Sprachkurse und die Politik bemueht sich zum ersten Mal seit vielen Jahren wirklich um echte Integration.
            Ich bin immer wieder überrascht, das diese Taten Frau Merkel zugeschrieben werden. Welchen Anteil hatte Sie daran? Von unserer Kanzlerin kam nach dem Satz „Wir schaffen das“ genau Null.
            Als Aktive vor Ort kann ich Dir ja die damaligen Geschehnisse mal schildern. Bei uns hat sich ein Verein gegründet, der Freiwillige zusammen geführt hat und denen Aufgaben zugewiesen hat, die von niemandem der Politik angegangen werden wollten oder konnten. Was kam an finanzieller Unterstützung von der Regierung? Nichts, ausser warmen Worten. Hier war das Geschrei dann aber gross, als die Turnhallen in Beschlag genommen werden sollten. Da musste dann die Stadt Grundstücke kaufen, um dort die Container aufzustellen,
            Erst dafür zu sorgen, das die Flüchtlinge in den Lagern fast verhungern um sich dann als „christlich“ dar zu stellen, das war der Hit der Politikwerbung. Wenn sie gesagt hätte, wir schaffen das, weil wir z.B. den Ländern und Kommunen massiv Personal und Geld zukommen lassen und weil wir alle Hebel in Bewegung setzen, das die Menschen hier ankommen, das wäre alles immer noch nicht christlich, aber zumindest rational gewesen. Aber nicht mal das ist passiert, deswegen kann ich ehrlich gesagt diese Sympathie für Frau Merkle in keiner Weise nachvollziehen, schon gar nicht unter einem christlichen Gesichtspunkt.

            *wirklich ratlos*
            Gruss Rauschi

            • FrageZeichen 24. September 2017, 07:57

              Schön, das hier einige Kommentatoren mal etwas für Aufklärung sorgen und dem unsinnigen Führerkult um Merkel etwas entgegensetzen.

              Ansonsten: Die meisten plappern einfach bewußtlos irgendeine Propaganda nach. Deswegen wird ja die Murksel ins Positive verklärt. Mit der Realität hat die Verklärung der Murksel ja nichts zu tun.

              • Rauschi 24. September 2017, 08:15

                Mit der Realität hat die Verklärung der Murksel ja nichts zu tun.
                Ich gehe davon aus, das die meisten die Problematik mit den Flüchtlingen nur aus der Presse und damit extrem verkürzt kennen. Sprachkurse, die wurden von Verein organisiert, inclusive Material, das aus Spenden finanziert wird. Kinderbereuung, Fahrten zu Ämtern und Krankenhaus, auch das macht alles der Verein, vor Ort ist 3 mal die Woche für einen halben Tag jemand von Ausländeramt, bei ca. 200 zu betreuenden Menschen, da kann sich jeder selbst aurechnen, ob das langt oder nicht.
                Diese Stelle wird allerdings von Landkreis bezahlt und nicht vom Bund. Welchen Anteil hat jetzt die Regierung an den ganzen tollen Taten, die ja tatsächlich vollbracht wurden? Das hat geklappt, trotz fehlender Unterstützung, nicht wegen</b< einer Frau Merkel an der Spitze.

                Gruss Rauschi

            • Stefan Sasse 24. September 2017, 08:13

              Manchmal frag ich mich echt was ihr raucht. Merkels Anteil daran:
              1) Die Entscheidung die überhaupt reinzulassen
              2) Die Mittel lockerzumachen, die all die Maßnahmen benötigt haben
              3) Die Verwaltung (Exekutive) anzuweisen, all diese Maßnahmen aktiv zu unterstützen
              4) Schaffung komplett neuer Infrastruktur, in welcher sich diese Hilfe überhaupt entfalten konnte.

              Selbstverständlich ist es Quatsch, das zu einer Ein-Merkel-Show zu machen, aber was genau ist euch damit gedient, das genaue Gegenteil zu machen und völlig unhaltbaren Quatsch von einer tatenlosen Merkel zu progagieren? Wie wäre es einfach mal mit Differenzierung?

              • Rauschi 24. September 2017, 08:20

                1) Die Entscheidung die überhaupt reinzulassen
                2) Die Mittel lockerzumachen, die all die Maßnahmen benötigt haben
                3) Die Verwaltung (Exekutive) anzuweisen, all diese Maßnahmen aktiv zu unterstützen
                4) Schaffung komplett neuer Infrastruktur, in welcher sich diese Hilfe überhaupt entfalten konnte.

                Wann genau wurden denn da Mittel locker gemacht? Wie die aktive Unterstützung aussieht, das habe ich oben geschrieben, aber auch dafür braucht es Personal, das an anderer Stelle fehlt.
                Die Infrastrucktur musste rein von den Gemeinden vor Ort geschaffen werden, da gabe es nur einen Erlass des Kreise, Ihr müsst soviel aufnehmen. Wo Ihr die unterbringt, ist euer Bier, deswegen mussten ja die Turnhallen her halten. Ich bin wirklich aktiv dabei und denke, ich kann das sehr wohl beurteilen, woher die HIlfe kam. Wann waren Sie zuletzt in einem Flüchtlingsheim oder haben mit einem gesprochen?

                Gruss Rauschi

              • Rauschi 24. September 2017, 10:44

                Wie wäre es einfach mal mit Differenzierung?
                Ich überlege schon länger, mal einen Artikel darüber zu schreiben, von meinem eigenen Erleben mit dieser Krise und meiner Einordnung des Umgangs damit.
                Mit Kontextualisierung, Differenzierung unf Kontrektisierung, das gehört alles zu einer Anasyle dazu, Interesse?

                Gruss Rauschi

              • Logos 24. September 2017, 15:57

                Für das, was Sie da geschrieben haben, gibt es einen Begriff:

                P R O P A G A N D A

                Meinetwegen auch „fake news“.

                Sie fabulieren wie der Blinde von der Farbe. Wie die häßliche Wirklichkeit aussieht hat Rauschi aus erster Hand berichtet. Rauschi arbeitet da aktiv mit. Während Sie vom grünen Tisch schwadronieren aber von der rauen Realität keinen blassen Schimmer haben.

                Wie wäre es einfach mal mit Differenzierung?
                Wie wäre es einfach mal mit einem Minimum als Wahrheitstreue, Realitätsbewußtsein und Sachkompetenz? Ist nichts für Sie, Herr Sasse? Dacht ichs mir doch. Propagandamärchen bedienen aber von Anderen Differenzierung einfordern. *kopfschüttel*

        • Ariane 24. September 2017, 08:26

          Die Entscheidung in Ungarn war ein genialer Coup, keine Frage, und es hat sich für sie bezahlt gemacht.

          Das sehe ich eben ganz anders – sogar gegenteilig. Und da wir Merkel nun schon länger als Kanzlerin kennen, glaube ich auch nicht, dass sie sich taktisch irgendwie verkalkuliert hat.
          Die Entscheidung hat sie bei Leuten wie Ralf und mir beliebt gemacht – wir stehen aber soweit im linken Lager, dass daraus keine Wählerstimmen entspringen. In ihrem eigenen Lager ist aber doch ein ziemlicher Aufruhr losgebrochen. Fällt ja schon hier unter den Kommentatoren auf: Ralf und ich klatschen Beifall, die konservativen Dubio und Erwin Gabriel sind eher entsetzt^^
          Das hat der AfD wieder Auftrieb gegeben, Seehofer hat sie wochen- und monatelang mit der Obergrenze unter Druck gesetzt und der rechte CDU-Flügel war da näher bei ihnen – es gab ja sogar schon Spekulationen, ob sie Merkel als Kanzlerin vielleicht „absetzen“ (sprich einen anderen Unionsler in den Wahlkampf schicken). Aber es ist ja die Union – als die Wahl näherrückte wurde das befriedet, weil man dann doch lieber geschlossen auftritt und gewählt wird. Also einen genialen Coup, der sich für sie auszahlt, sehe ich nicht.

          • Blechmann 24. September 2017, 16:36

            „Also einen genialen Coup, der sich für sie auszahlt, sehe ich nicht.“

            Der einzige potentielle Gegner für Merkels Kanzlerschaft war die SPD. Bei der hat sie Stimmen damit abgegriffen und sich somit eine weitere Legislaturperiode gesichert. Die Stimmen für die AfD sind ihr nicht gefährlich. Außerdem hat sie sich damit zur Moral-Ikone stilisiert, unsere Kanzlerin mit Herz. Hätte sie das nicht gemacht, wäre sie von der SPD von links attackiert worden, vielleicht mit Erfolg.

            Es gab doch auch schon begeisterte Artikel hier von Dubio über die Wendigkeit der CDU und wie sie damit die Mitte besetzt. Wen hätte die CDU denn statt Merkel ins Rennen schicken sollen? Das war doch nie eine realistische Option. Solange Merkel den Wahlsieg und damit die Posten sichert, wird sie auch nicht abgesägt.

  • Logos 24. September 2017, 14:09

    Selbstredend habe ich alternative Ideen, die ohne die SPD auskommen. Sogar ohne CDU. Kommt auch ganz ohne AfD aus. Aber das dürfte wohl deutlich zu progressiv sein, als das Sie solche Ideen akzeptieren würden. Sowiet sind Sie [noch?] nicht. Ob Sie jemals dahin kommen vermag ich nicht zu sagen. Gut wärs. Aber womöglich ists dann zu spät.

    Zumindest eines ist derzeit klar: wenigstens manche SPD -Wähler sind schlauer als die der CDU. Während die CDU selbst bei noch so mieser Politik gegen die eigenen Bevölkerung von ihren Anhängern gewählt wird lassen sich zumindest manche SPD-Wähler nicht weiter für dumm verkaufen und an der Nase herumführen. Die besitzen zumindest die Intelligenz, um dieser Verräterpartei (die CDU udn Grünen sind nicht weniger Verräter-Parteien) den Rücken zu kehren.
    Aber diese Schläue ist eben nicht allen SPD-Wählern gegeben.
    Die Anderen versetzen der SPD den wohlverdienten Todesstoß.

    .oO(vielleicht sollte ich deswegen auch die SPD wählen, damit sie endlich untergeht.
    Zu spät: habe DIE PARTEI gewählt, die manche hier in ihrer Inkompetenz und schlichtem Weltbild für eine Witzpartei halten. Die werdens wohl nie kapieren.)

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