Im Spiegel der Flüchtlingskrise

Große Ereignisse und Krisen haben häufig die Eigenschaft, dass sie einer Gesellschaft den Spiegel vorhalten. Das zwingt sie dazu, Fragen offen zu diskutieren, die man bislang im Interesse allgemeiner Ruhe und Wohlverhalten unter den Teppich gekehrt hatte. Denn tatsächlich wird Deutschland, wie Stefan Pietsch das in seinem Artikel formuliert hat, ja ein Wandel aufgezwungen. Es ist eine Debatte, die das letzte Mal zu einer Zeit geführt wurde, als Joschka Fischer noch Außenminister war und der Untergang des Abendlandes durch eine allzu freizügige Visa-Vergabe gekommen schien. Über die Ausmaße dieses Skandals kann man heute nur noch lachen.

Die aktuelle Flüchtlingskrise hat in Deutschland ein weit verbreitetes Unbehagen ausgelöst. Es ist ein Unbehagen an dem von Stefan Pietsch angesprochenen Wandel, den über eine Million syrischer Flüchtlinge praktisch zwangsläufig mit sich bringen werden. Es ist Unbehagen über den Staat, der nicht mehr in der Lage scheint, der Lage Herr zu werden. Es ist ein Unbehagen über die Meinungseliten, deren Ansichten sich oft so sehr von der der „normalen“ Leute zu unterscheiden scheinen. Und es ist ein Unbehagen über die Demokratie, die nicht mehr in der Lage scheint, die Politik ausreichend zu legitimieren. Eine ganze Menge Schein, eine ganze Menge Konjunktive. Sie brechen die Selbstverständlichkeiten und Normen auf, die unseren Alltag für gewöhnlich strukturieren, und zwingen uns, uns den Fragen einer Extremsituation zu stellen.

Ist es etwa absurd, „jedem Menschen, so fremd er auch sein mag, offen und herzlich begegnen zu wollen“? Steht uns hier die Biologie wirklich im Wege, wie Stefan Pietsch postuliert? Ich bin kein Anhänger eines biologischen Determinismus. Wir sind kopfgesteuert genug dass es uns möglich ist, unsere Instinkte gegen das Fremde zu unterdrücken und eine Willkommenskultur bewusst und aus eigenem Willen zu gestalten. Wir haben im September genau das am Bahnhof in München und anderswo sehen können. Hierfür braucht es Gruppendynamik, Vorbilder und Signale. Die euphorische Berichterstattung in vielen Medien und die Äußerungen von Kanzlerin und einzelnen Ministern lieferte genau dieses.

Die vorsichtige Formulierung zeigt bereits, dass dies keine allgemeine Erscheinung war. Besonders die FAZ tat und tut sich als kritisch-pessimistisches Bollwerk gegen die Willkommenskultur hervor, und die CSU, Thomas de Mazière und die AfD bieten in den Reihen der Politik innerhalb wie außerhalb von Koalition und Parlament Kritik am Vorgehen (und das übrigens, ohne dass irgendeiner der Beteiligten deswegen gleich Rassist ist). Die Behauptung, dass gegen den (tatsächlich flüchtlingsfreundlichen) Mainstream kein Kraut gewachsen sei und kein Raum bestehe ist schlicht unwahr. Die Stilisierung zu Opfern einer Meinungsdiktatur steht diesen Pessimisten schlecht, denn sie ist offensichtlich unwahr. Es lohnt sich an dieser Stelle einmal mehr darauf hinzuweisen, dass Meinungsfreiheit nicht Freiheit vor Kritik bedeutet und genausowenig eine Garantie, dass jemand diese Meinung hören will. Es ist die Freiheit, sie auszusprechen, und die wird in Deutschland niemand genommen. Auch ist es jederzeit möglich, die Parteien abzuwählen, die sich diese Politik auf die Fahnen geschrieben haben. Bislang sind die Umfrageverluste der CDU moderat, SPD und Grüne bleiben konstant und die AfD gewinnt etwas. Die Landtagswahlen 2016 werden im Spiegel der Krise zeigen, wie viele Menschen ernsthaft erregt genug sind, um ihren Forderungen elektoralen Nachdruck zu verleihen.

Gleichzeitig sollen die Herausforderungen, vor denen Deutschland steht, nicht klein geredet werden. Der Zuwachs einer Million neuer schwer in Arbeitsmarkt und Gesellschaft integrierbarer Menschen, die zu weiten Teilen weder Deutsch noch Englisch sprechen, ist keine leichte Aufgabe. Dass die Bürokratie an dieser Aufgabe scheitert, ist nachvollziehbar, denn sie ist für diese Zahlen schlicht nicht ausgelegt. Das Unternehmen, das einen fünf- bis sechsfachen Anstieg der Aufträge einfach so bedienen kann existiert schließlich auch nicht. Die Flüchtlingskrise ist eine genuine Krise, nicht, weil sie für Deutschland so gefährlich ist, sondern weil sie eine „schwierige Situation, den Höhe- und Wendepunkt einer Situation darstellt“ (Duden). Es spricht eher für uns, dass wir keine leerstehenden Wohnungen für eine Million Leute haben, denn das ist Ausdruck für die relative Gesundheit Deutschlands, die sich im Spiegel der Krise offenbart. Auch gibt es, wenig überraschend, nicht genügend Lehrer für Deutsch als Fremdsprache. Das liegt daran, dass bislang nur ein bescheidener Bedarf dafür bestand. Auch die Verwaltungsstrukturen für riesige Flüchtlingscamps und ihre entsprechende Verteilung fehlten bislang, weil der Bedarf fehlte. Dies muss nun innerhalb kurzer Zeit gestemmt werden. Und um mit Angela Merkel zu sprechen: wir können das auch schaffen.

An dieser Stelle muss man auch als Vertreter der Willkommenskultur ehrlich genug sein, um zu sagen: Ja, wir schaffen das. Aber es wird weder einfach noch billig. Aber für so etwas hat man einen Staat. Für solche Krisen hat man Haushaltsüberschüsse erwirtschaftet. Und auch wenn ich fast – fast – Mitleid mit Wolfgang Schäuble und seiner dahinschwindenden schwarzen Null habe, so werden wir doch nur auf ein Niveau zurückrutschen, das wir bereits gut kennen. Und ja, am ehrlichsten wäre natürlich eine Steuererhöhung, vielleicht in Form einer einmaligen Solidaritätsabgabe (selbst eine einmalige Abgabe von 1% des Bruttogehalts, die niemand spürt, würde 171 Millionen bringen, mit denen man etwas finanzieren kann). Das ist im aktuellen politischen Klima aber kaum vorstellbar. Der deutsche Staatshaushalt wird so eben das Äquivalent einer leichten Rezession an zusätzlichen Sozialausgaben verkraften müssen, aber glücklicherweise ohne den einhergehenden gleichzeitigen Verlust von Steuereinnahmen durch wegfallende Arbeitsplätze und Produktion. Das wird nicht ohne Reibungen abgehen und nicht billig sein, aber wer behauptet, es sei unmöglich, muss sich einen Alarmisten schelten lassen. Deutschland kann das schaffen.

Werden wir dann, wie manche Optimisten verkünden, binnen kurzer Zeit eine Million motivierter Fachkräfte haben, die nach kurzem Zusatzstudium an die Werkbänke der Republik strömen? Das dürfte eher unwahrscheinlich sein. Stattdessen werden wir wohl Kurse anbieten müssen, werden desillusionierte Flüchtlingen haben, die in Apathie versinken oder in die Kriminalität abrutschen. Das ist nur zu erwarten und kann angesichts der Monumentalität der Unternehmung und der mangelnden Einrichtungen auch kaum anders sein. Aber es wird auch Erfolgsgeschichten geben, Flüchtlinge, die Deutsch lernen, die Ausbildungen machen und, ja, die Ingenieure werden und die Autos der nächsten Generation bei Daimler und VW mitentwerfen, oder vielleicht zumindest einen sauberen Motor. Und es wird eine große Menge geben, die in schlecht bezahlten Dienstleistungsjobs ein karges Auskommen fristet, und das auch nur, wenn die Integrationsmaßnahmen vorher Erfolg hatten. All das ist absehbar, all das ist ist kaum vermeidlich, aber wir haben Einfluss auf die Relationen. Werden wir viele Gewinner haben, oder viele Verlierer? Es hängt von der Qualität der Lösungen ab, die die Bürokratie findet, und an der Bereitschaft der Politik, diese Maßnahmen zu finanzieren.

Stellt sich natürlich die Frage, warum man das Geld überhaupt investieren soll. Was gehen uns schließlich die Flüchtlinge an? Auch hier hält uns die Flüchtlingskrise einen Spiegel vor. Es ist zwar Mode geworden, auf „Gutmenschen“ zu schimpfen und verächtlich über die „moralisierende Weltmacht“ BRD zu reden, aber tatsächlich handelt es sich vor allem um eine moralische Frage. Warum sollten wir die Flüchtlinge aufnehmen? Weil wir es können. Im Gegensatz zum Libanon und zu Jordanien können wir es wirklich und müssen es nicht. Wir haben keine rechtliche Verpflichtung, alle diese Flüchtlinge aufnehmen. Wir könnten uns wie in Griechenland hinter einem Wall aus Paragraphen verschanzen, die Grenze mit Zäunen, Mauern und Wachen verschließen und auf die Einhaltung von Dublin-II pochen, während wir uns gleichzeitig von Verfassungsjuristen erklären lassen, dass der Asyl-Paragraph im Grundgesetz für solche Menschenmengen ja nie wirklich ausgelegt war. Die Bilder von im Winterregen frierenden Flüchtlingen könnten wir genausogut ignorieren wie die Nachrichten von im Mittelmeer ertrinkenden Flüchtlingen in den letzten Jahren auch. Aber genau das tun wir nicht. Die Mehrheit in Deutschland – und es ist eine Mehrheit, egal was FAZ und Pegida auch sagen mögen – hat sich für die Moral entschieden, für die Aufnahme. Vielleicht nicht völlig selbstlos, denn natürlich gefallen wir uns im Spiegel als „gute Deutsche“ posierend, aber wir haben es getan.

Never let a good crisis go to waste“ heißt es, nur halb scherzend, in dem bekannten Sprichwort. Deutschland steht tatsächlich gerade an einem Entscheidungspunkt. Die alte Frage, ob wir ein Einwanderungsland sind, und was das eigentlich konkret bedeutet, schwemmt wieder an die Oberfläche. Der Spiegel der Flüchtlingskrise gibt jedem, der in ihn hineinblickt – und wer kann das bei der Polarisierung gerade vermeiden? – einen mindestens ebenso tiefen Einblick in seine eigenen Ansichten, Vorstellungen und Wünsche wie in die der Flüchtlinge. Wenn ich hineinsehe, sehe ich weder den Berufsoptimismus mancher noch den Berufpessimismus manch anderer. Nach zehn Jahren Merkel-Kanzlerschaft falte ich zum ersten Mal die Hände zur Raute und stimme ihr zu. Wir können das schaffen. Nicht: Wir werden das schaffen. Nicht: Es wird blühende Landschaften geben. Es ist eine prototypische Merkel-Aussage, allem sie umgebenden Grandeur zum Trotz. Wir können. Es gibt keinen Automatismus, keine Garantie. Aber wir können.

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  • CitizenK 26. November 2015, 16:59

    @ Stefan Sasse

    Ich bin sehr dafür, Menschen in Not zu helfen, im Rahmen unserer Möglichkeiten. Wie groß die sind, ist natürlich umstritten und muss diskutiert werden. Mit einer Soli-Abgabe wäre ich einverstanden.

    Eins aber verstehe ich nicht: Woher kam angesichts der für jeden erkennbaren Riesen-Probleme die Begeisterung, der Empfang mit Blumen und Beifall? (Als kämen da „Erlöser“, wie die die FAZ ätzte). Wäre eine „Akzeptanzkultur“ nicht ausreichend? Auch dabei kann man ein freundliches Gesicht machen.

    Nicht nachvollziehbar auch die Haltung der Wirtschaft. Seit Jahren hat sie die Ankurbelung der Binnenkonjunktur durch Anhebung der Sozialausgaben (Hartz-4-Sätze u. a.) abgeblockt. Die Ausgaben für die Flüchtlinge aber sollen nun genau das nun bewirken. Irrational, oder? Kann mir das jemand erklären?

    • Stefan Sasse 26. November 2015, 18:00

      Kognitive Dissonanz?

      Und herrje, was heißt übertrieben? Es war was die Leute in dem Moment gefühlt haben. Genausogut kann man sagen dass bei der WM2006 es übertrieben war und dass eine „Kultur des zurückhaltenden Optimismus“ angebrachter gewesen wäre als der „Welt zu Gast bei Freunden“-Schtick.

  • R.A. 26. November 2015, 17:29

    > Das zwingt sie dazu, Fragen offen zu diskutieren, …
    Leider nicht. Was wir beobachten ist, daß die eigentlich nötige Diskussion fast allseitig verweigert wird. Die Einen ignorieren die Probleme der Zuwanderungssituation, die Anderen negieren die Chancen. Ziele und Maßnahmen werden nicht vernünftig definiert und beschlossen.
    Speziell die „Generaldebatte“ im Bundestag war eine Geisterdiskussion, bei der alle wesentlichen und kontroversen Punkte ausgeklammert wurden.

    > Auch ist es jederzeit möglich, die Parteien abzuwählen, die
    > sich diese Politik auf die Fahnen geschrieben haben.
    Nicht wirklich, da im Prinzip ja alle Bundestagsparteien dieselbe Position in der Flüchtlingsfrage vertreten. Höchstens die CSU macht ein paar Absetzbewegungen, aber es ist nicht sicher, wieviel davon nur Show ist. Wählen kann man sie als Nicht-Bayer ohnehin nicht.
    Wer also eine aus anderen Gründen völlig inakzeptable AfD nicht will, hat keine echte Wahlmöglichkeit mehr.

    > Der Zuwachs einer Million neuer schwer in Arbeitsmarkt
    > und Gesellschaft integrierbarer Menschen, …
    Geschenkt. Eine Million ist machbar, kostet halt etwas Geld und Aufwand.

    Aber dazu müßte man natürlich auch etwas machen. Und während Länder und Kommunen rackern, glänzt die Bundesregierung mit völliger Apathie.
    Das Bauministerium müßte sich um Maßnahmen für schnelleren Wohnungsbau kümmern, das Arbeitsministerium um Änderungen beim Arbeitsmarkt, das Sozialministerium um die Betreuung der Einwanderer, das Bildungsministerium um deren Sprach- und Berufsbildung, der Innenminister um die veränderte Sicherheitslage.
    Aber überall Fehlanzeige. Die machen im Prinzip alle weiter mit ihrer Tagesarbeit, als wäre nichts passiert.

    Und dann vor allem: Die Million ist zu stemmen. Vielleicht auch noch etwas mehr. Aber die Grenzen sind offen und beständig weitere Leute nach Deutschland unterwegs.
    Daß die Regierung so überhaupt keinen Plan hat, wie es hier weitergehen soll – das beunruhigt die Leute zu Recht deutlich mehr als die Frage, wie man die schon eingewanderte Million versorgen kann.

    > Deutschland steht tatsächlich gerade an einem Entscheidungspunkt.
    Korrekt.
    Aber es wird nicht entschieden. Es werden nicht einmal konkrete Varianten formuliert, zwischen denen man sich dann demokratisch entscheiden könnte. Dieselbe CDU, die soeben die Grenzen für beliebige Einwanderung geöffnet hat, lehnt ein Einwanderungsgesetz immer noch ab. Das ist so hochgradig absurd – aber weder die Mitregierungspartei noch die sogenannte Opposition machen es besser.

    • Stefan Sasse 26. November 2015, 18:08

      Dass es die Diskussion nicht gäbe ist schlicht falsch. Sie wird permanent geführt, und überall. Dass beide Seiten dabei nicht gleich verteilt sind stimmt sicherlich, aber es gibt genügend Medien – seriöse wie nicht seriöse – die das Thema sehr pessimistisch beurteilen und keinesfalls eine allgemeine Maulsperre.

      Wenn die Wähler tatsächlich ernsthaft dieses Thema als Riesenpriorität hätten, dann würde es einen Wandel geben. Siehe etwa Atomausstieg.

      Dass die Regierung in die Puschen kommen muss ist ja exakt mein Punkt. Wir KÖNNEN das schaffen. Es ist kein Automatismus.

      Keine Frage.

  • QuestionMark 26. November 2015, 19:47

    Ja, genau, bitte die Dinge diskutieren, die „unter den Teppich gekehrt worden sind“. Es geht um massive „Kontraste“ bei den kulturellen Hintergründen.

    Vielleicht helfen diese beiden (gerade kürzlich berichteten) Kriminalfälle beim Erkenntnisprozess weiter:

    Ehrenmord-Prozess: Sie wollte sich dem Willen der Eltern nicht beugen
    http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/landgericht-darmstadt-verhandelt-ehrenmord-an-lareeb-13934193.html

    In Dessau getötete Syrerin: Das kurze und qualvolle Leben der Rokstan M.
    http://www.mz-web.de/mitteldeutschland/in-dessau-getoetete-syrerin-das-kurze-und-qualvolle-leben-der-rokstan-m-,20641266,32093308.html

    • Stefan Sasse 26. November 2015, 19:56

      Seit wann werden „Ehrenmorde“ in Deutschland „unter den Teppich gekehrt“?

    • QuestionMark 26. November 2015, 20:02

      Der Fokus lag auf den „kulturellen“ Unterschieden. Noch mal lesen!

      Meine These dazu: Ein Großteil der „Neuzugänge“ will sich überhaupt nicht integrieren. Wir haben es da mit Wirtschaftsflüchtlingen zu tun, die hier „ihr Ding“ unter verbesserten wirtschaftlichen Umständen weitermachen wollen.
      Die kriminelle Energie dieser Leutchen dokumentiert sich doch schon bei der Einreise: Die wandern hier illegal ein und nehmen bereits an dieser Stelle keine Rücksicht auf die lokalen Gepflogenheiten.
      Nur so am Rande erwähnt: Es gibt auch legale Wege der Immigration. Das ist offensichtlich mittlerweile in Vergessenheit geraten.
      Wer also bei der „Einreise“ bereits hemmungslos seine kriminelle Energie zur Schau stellt, soll man von dem denn sonst „Integrationswilligkeit“ erwarten. Ich denke, nein.

    • QuestionMark 26. November 2015, 20:11

      Vielleicht hilft das etwas, wenn man der kriminellen Energie auf die Spur kommen will.
      Warum Deutschland so wenige Asylbewerber abschiebt
      „Mehr als 80 Prozent der eingereisten Asylbewerber geben an, keine Pässe oder sonstige Dokumente zu haben. Viele haben Ausweis, Geburtsurkunde und andere identifizierende Dokumente verloren, vor der Einreise nach Deutschland vernichtet oder sie werden den deutschen Behörden nicht vorgelegt.“
      http://www.welt.de/politik/deutschland/article138669557/Warum-Deutschland-so-wenige-Asylbewerber-abschiebt.html

      oder auch das:

      Kein Pass, keine Abschiebung
      Über 80 Prozent der Asylbewerber kommen ohne Ausweispapiere
      http://www.mdr.de/nachrichten/asylbewerber-ohne-ausweis100_zc-e9a9d57e_zs-6c4417e7.html

      • Ant_ 26. November 2015, 20:32

        1.Kulturelle Assimilation zu verlangen ist das genaue Gegenteil eines liberalen Rechtsstaates. Wenn jemand hier anerkannt ist, ist seine einzige Verpflichtung, nicht gegen die hier geltenden Gesetze zu verstoßen, was wer dann unter welchen Umständen auch immer mit wem und mit welcher angegebenen Begründung macht oder nicht macht ist unter dieser Bedingung vollkommen egal. Ein „Ehrenmord“ ist bei einer anderen Familie halt eine „Familientragödie“, nur weil andere Motive angegeben werden. Wie Stefan Sasse schon geschrieben hat ist es selbstverständlich wünschenswert, dass wir so viele Menschen wie möglich auch in eine Erwerbstätigkeit integriert kriegen. Das ist aber eindeutig nicht die Integration, die sie fordern.
        Das jeder hier einfach „sein Ding“ machen kann, ist eine der Grundannahmen, auf denen unsere Verfassung aufbaut und mit Sicherheit kein Skandal, sondern zum Glück so.

        2. Natürlich werfen ein Großteil der Asylbewerber ihre Papiere weg, sobald sie erfahren, wie die Rechtslage hier ist. Wenn man das System so baut, dass das die sinnvolloste Sache ist, die man in so einer Situation tun kann, kann damit rechnen, dass sich Menschen so verhalten. Das ist aber nicht Ausdruck einer kriminellen Energie, sondern des perversen Anreizsystems, das diese Gesetzgebung produziert hat. Und was die legale Einwanderung betrifft: Wenn Flüchtlinge legal einwandern würden, wären sie per definitionem keine Flüchtlinge.

        Ant_

        • QuestionMark 26. November 2015, 20:53

          Es handelt sich auch nicht um Flüchtlinge. Diese Falschinformation wurde von der Propagandamaschine gestreut. Es handelt sich bei den Leutchen zu 99% um illegale Migranten, also um Kriminelle. Und entsprechend müsste man mit den Damen und Herren auch umgehen. Leider wird hier der Rechtsstaat außer Kraft gesetzt. Das Thema „Strafvereitelung im Amt“ hatte ich bereits an anderer Stelle angesprochen.
          Wie auch immer. Die Wähler sollten das ganz klar bei den nächsten Wahlen sanktionieren. Mein Tipp.

          Es geht auch nicht um Totalassimilation. Es geht darum, dass die Damen und Herren unsere Gesetze hier nicht respektieren wollen. Und das dokumentiert sich schon bei der illegalen „Einreise“.

          • Stephan 26. November 2015, 23:14

            Es handelt sich auch nicht um Flüchtlinge. Diese Falschinformation wurde von der Propagandamaschine gestreut. Es handelt sich bei den Leutchen zu 99% um illegale Migranten, also um Kriminelle. Und entsprechend müsste man mit den Damen und Herren auch umgehen.

            Aha. Und was sollen wir mit diesen „Leutchen“ also diesen „Kriminellen“ machen? Sie & ihre Kinder alle einsperren?

  • R.A. 26. November 2015, 20:22

    > Dass es die Diskussion nicht gäbe ist schlicht falsch. Sie wird
    > permanent geführt, und überall.
    Es wird überall etwas gesagt. Aber das ist für mich noch lange keine Diskussion. Dazu würde auch Zuhören gehören, das Bringen von echten Argumenten statt nur Blubberblasen, das inhaltliche Eingehen auf die Anderen und der Vergleich von verschiedenen Varianten.

    Natürlich ist das beim Schlagabtausch von Parteipolitikern nicht immer möglich, da muß auch mal zugespitzt und taktisch agiert werden.
    Aber auch die übrigen Wortmeldungen (am schlimmsten in den „Talkshows“) sind in der Regel nicht besser.

    Eine ordentliche Diskussion ist alleine deshalb kaum möglich, weil systematisch die sehr verschiedenen Themen Einwanderung, Asyl und Flüchtlinge durcheinandergeworfen werden.
    Die berüchtigte „Obergrenze“ ist nur beim Asyl nicht möglich – das trifft aber auf fast niemand der Migranten zu. Bei den Einwanderern sind Qualifikation und Integration oberste Priorität – bei den Flüchtlingen müßte man dagegen darüber reden, wann und wie die wieder nach Hause können und was wir ihnen bis dahin mitgeben könnten. Ganz anderes Bildungsziel.

    > Wenn die Wähler tatsächlich ernsthaft dieses Thema als
    > Riesenpriorität hätten, dann würde es einen Wandel geben.
    Ich habe persönlich keinen Zweifel, daß das Thema bei den Wählern eine Riesenpriorität hat. Die sich aber wegen der Positionsgleichheit aller Bundestagsparteien politisch nicht äußern kann.
    Ich gehe trotzdem davon aus, daß sich das nicht dauerhaft aussitzen läßt – dafür bekommen die MdBs in ihren Wahlkreisen zu viel Druck.

    Aber weil es eben nicht in einem vernünftigen politischen Prozeß diskutiert wird, befürchte ich am Ende einen sehr abrupten Wandel, der zu sehr schlechten und undurchdachten Ergebnissen führen kann.

    Die Deutschen neigen ohnehin dazu, von einem Extrem ins Andere zu fallen. Das könnte hier fatal sein.

    • CitizenK 27. November 2015, 07:04

      @ R.A.

      So sehe ich das auch. Allerdings: „Kontingente“ haben eine eingebaute Obergrenze.

  • Kning 27. November 2015, 10:57

    Ich stimme voll zu: Die Bewältigung dieser Aufgabe wird uns eine Menge Geld kosten und die Gesellschaft fordern. Damit ist es kommunikativ eher ein Verliererthema. Daher ist aus meiner Sicht nicht verwunderlich, dass keine Partei hier reinen Wein einschenken will.

    Ich bin mir sicher, wenn es richtig erklärt und gut gemacht wird, es nach dem zwangsläufig folgenden Aufschrei durchaus Einsicht und Verständnis geben würde – positiv formuliert – die Flüchtlinge führen zu einem Investitionsprogramm in Bildung, Infrastruktur und Wohnungen. Das wird sich zwangsläufig auch positiv im Arbeitsmarkt niederschlagen . An und für sich doch eine Steilvorlage für die SPD…

    • Stefan Sasse 27. November 2015, 16:44

      Nicht wirklich, weil die SPD damit auch die Frage der Finanzierung aufs Tablett bringen müsste. Und da sie sich albernerweise auf die Schwarze Null festgelegt hat, würde die CDU sie gnadenlos für ihren Schuldenhaushalt in die Pfanne hauen. Das ist alles, aber kein Gewinnerthema.

  • Ganduin 27. November 2015, 14:49

    Sag mal, Stefan, warum hast du drüben beim Freidenker die Verlinkungen auf andere Blogs rausgenommen?

    • Stefan Sasse 27. November 2015, 16:45

      Ich hab die Seitenleiste generell aufgeräumt, weil da eine Menge uralter und teils nicht mehr funktionierender Sachen drinhingen, und dabei aus Versehen auch die Linkliste gekillt. Und angesichts dessen, dass es eh nur noch ein Aggregatblog ist habe ich mir dann nicht mehr die Mühe gemacht, das Ding neu aufzusetzen.

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