Streikende Klassenkämpfer – planwirtschaftlich organisiert

Vergangenen Sonntag ist der wiederholte, angeblich längste Bahnstreik der Geschichte zu Ende gegangen. Über eine Woche war der Streit zwischen Deutscher Bahn und der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) Tagesthema in allen Medien. Als der Streik beendet war, stellte sich der Chef der Gewerkschafter mit dem Aussehen eines Schnösels, Claus Weselsky, vor die Presse und verkündete gönnerhaft, das Land benötigte eine Pause. Das Land? Ich jedenfalls nicht. Von mir aus können die Lokomotivführer streiken bis sie schwarz werden. Wer versteht eigentlich noch, worum es in diesem Arbeitskampf geht? Um Lohnprozente? Angeblich hat das Bahnmanagement 4,9% Lohnerhöhung angeboten, was sich nicht so schlecht anhört, zumal die streitbaren Lokführer in den letzten 10 Jahren einige spektakuläre Abschlüsse erzielen konnten. Um Arbeitsbedingungen? Die GDL fordert angeblich eine Stunde Arbeitszeitverkürzung. Das also macht es so dringend, den größten Streik, das angeblich letzte Mittel in der Tarifauseinandersetzung, auszurufen?

Ich bekenne: mir war der Streik herzlich egal. Ich fahre nach Möglichkeit nicht Bahn und nutze für längere Strecken lieber das Flugzeug. Gut, wenn die Lufthansa-Piloten streiken, ist das auch nicht so fein. Aber zum Glück gibt es ja noch andere Airlines.  Meiner Frau geht es da zugegebenermaßen anders, jeden Morgen, wenn ich noch das Bett hütete, wälzte sie schon den aktualisierten Fahrplan der Bahn. Aber irgendwo muss sich ja schließlich der Einkommensunterschied zwischen einem Manager und einer Erzieherin zeigen. Ich kann ihr nicht jeden Nachteil ihrer Jobwahl ausgleichen. Ich weiß, das klingt jetzt ziemlich arrogant, doch angesichts der klassenkämpferischen Verlautbarungen streikender Lokomotivführer und ihrer unterstützenden linken Kämpfer in den Blogs möchte ich mir diesen charakterlichen Luxus leisten.

Nachdem die GDLer ihren Ausstand beendet haben, wurde der Staffelstab an die Kindergärtnerinnen weitergegeben. Obwohl, seit zwei Jahrzehnten bekomme ich eingebläut, dass die professionellen Kinderhüter längst Erzieherinnen heißen. Auf die männliche Ausdrucksform kann man dabei getrost verzichten, schließlich gibt es fast keine Männer in dem Beruf. Und wenn, dann sind sie schwul. Also auch nicht so richtig. Ernst genommen werden jedenfalls meine Geschlechtsgenossen, die sich in den klassischen Frauenberuf verirrt haben, von der Mehrheit der Berufsständischen nicht. Aber um meine Vorurteile soll es hier nicht gehen. Die Fachspezialisten von Verdi fordern die Anerkennung des Erzieherinnenberufs als eine hochprofessionelle Angelegenheit. Der gestiegene Stress würde Berufsangehörige in den Streik, respektive dazu zwingen, frühzeitig aus dem Beruf wieder auszusteigen oder schon 20jährige Anfängerinnen zu langen Krankheitszeiten von 4 und mehr Wochen pro Jahr zwingen. Dieser Belastung könne man nur durch eine absolute tarifliche Höherstufung aller Erzieherinnen Rechnung tragen.

Solche Argumente überzeugen meine Frau schon eher. Würden die die Forderungen von Verdi Realität, so könnte sie sich über ein sattes Plus von gut 300 EUR im Monat freuen. Klingt erstmal nicht schlecht, hätte für mich nur keinerlei Vorteil, da sie sich standhaft weigert, trotz steigendem Einkommen einen höheren Anteil am Haushaltsbudget zu übernehmen. Dennoch habe ich ein Totschlagsargument gefunden: sie möge sich nur die Erzieherinnen vorstellen, die ihre lange Karriere begleitet haben und die teils schon mit der Betreuung von 6 Kleinkindern überfordert sind, dafür aber ihre Krankheitstage strategisch geschickt zwischen Urlaub und wichtigen Repräsentationstagen planen. Der Gedanke, dass 20, 30jährige, die schon ihr eigenes Leben nicht auf die Reihe bekommen, nun auch noch überdurchschnittlich verdienen sollten, erscheint ihr dann doch unerträglich.

Genau betrachtet streikt der Staat in beiden Fällen vor allem gegen sich selbst. Die Bahn ist ein Unternehmen mit 100% Besitzbeteiligung durch den Bund. Der Alleineigentümer wird dabei im Aufsichtsrat von dem Bundesverkehrsminister und ein paar anderen Ministerialen vertreten. Wenn der Bundesverkehrsminister (Name unbekannt) seinen Angestellten mehr Lohn zahlen will, muss er sich mit dem Bundesfinanzminister ins Benehmen setzen, denn der zahlt die Rechnung. Und er muss es auch verkraften, wenn die Bahn es weiterhin nicht schafft, für ihr Dasein selbst aufzukommen. Für Sozialtransferempfänger steht eigentlich das Haus Andrea Nahles, aber die will seltsamerweise nicht auch noch für die sozial benachteiligten Lokführer aufkommen. Doch Wolfgang Schäuble hat momentan andere Probleme, denn eigentlich muss er auch für die Forderungen der Erzieherinnen aufkommen. Außerdem erwarten die Länder und Gemeinden Ausgleich für die Versprechen profilierungssüchtiger Parteifreunde, die Jungeltern ein Menschenrecht auf einen Kinderbetreuungsplatz nebst Erzieherin zugesichert haben, aber sich in den Jahren in ihrer Planwirtschaft verheddert haben.

Spätestens hier wird der Irrsinn System. Der Staat ist ein monopolistischer Anbieter auf dem Markt des Erziehungswesens und setzt den Preis. In den Nullerjahren hat sich die Politik dazu durchgerungen, die Erziehung der nachwachsenden Untertanen nicht mehr den Eltern allein zu überlassen. Da jedoch Deutschland keine Diktatur ist, müssen die Laiendarsteller im Bürgerberuf mit Verlockungen in die heruntergekommenen Einrichtungen des Staates nebst Angestellten mit Beamtenattitüde gelockt werden. Rechtsanspruch und beitragslose Kindergartenjahre setzen hier die Duftmarken. Doch Sozialpolitiker sind bekanntlich Marktverächter und so frönte man der Ansicht, den zwangsläufig steigenden Bedarf nach willfähigen Erzieherinnen, die einigermaßen bezahlt für den eigenen Nachwuchs üben dürfen, durch gutes Zureden erreichen zu können. Es kam den geübten Sozialplanern gar nicht in den Sinn, dass eventuell höhere Lohnversprechen die Nachfrage nach dem Job des Windelnwechselns anregen könnten. Heute steht man überraschenderweise vor dem Phänomen, dass die Zahl der angelernten Betreuer seit Jahren praktisch nicht steigt, obwohl der Staat Arbeitsplatzsicherheit gewährt. Da der Markt, den es nicht geben darf, aufgrund des monopolistischen Anbieters Staat nicht mit steigenden Preisen / Löhnen reagieren darf, lernen Bürgermeister nun den Fluch von Mitarbeiterfluktuation kennen. Manche Erzieherin hat heute mehr Arbeitgeber im Lebenslauf als Geschlechtspartner.

Das ist das Kernproblem: während linke Foren angesichts des sturköpfigen Verhaltens des GDL-Chefs Weselsky schon die linke Revolution heraufbrechen sehen, verweigert sich der Staat als allumfassender Versorger schlicht der marktwirtschaftlichen Erkenntnis. So können wenige Berufsgruppen die gesamte Gesellschaft in Geiselhaft nehmen, weil sich der Staat selbst Alternativen versagt und Alternativen verhindert. Die Alternativen gibt es: Es wäre ein paar hundert Lokführern kaum möglich, das Transportwesen des Landes lahmzulegen, hätte der Staat wie schon vor Jahren von Ökonomen anempfohlen die Bahn privatisiert und lediglich das Schienennetz in der Hand behalten, das wie im Flugverkehr von Staatsbediensteten administriert würde. Oder welche Bedeutung hätten noch Lokführer, würden Züge nicht mehr von Menschen im Führerhaus, sondern von Computern in der Schaltzentrale gelenkt? Leicht vorstellbar: im ersten Fall würden Kunden einfach auf Wettbewerbsanbieter umsteigen, während sich die Deutsch-Bahner um die richtige gewerkschaftliche Vertretung prügeln. Im zweiten Fall müsste sich der Klassenkämpfer Weselsky tatsächlich nach einer neuen Klientel umsehen, die er mit roten Fahnen vertreten könnte.

Bei den Erzieherinnen liegt der Fall ähnlich: hier maßt sich der Staat an, das Angebot, die Regeln zur Ausübung, den Preis des Produkts sowie die Produktionskosten per Diktum bestimmen zu können. Hier lernen die Deutschen und alle Beteiligten die Nachteile der Berliner Planwirtschaft kennen: kein ausreichendes Angebot, mäßige Qualität, willkürliche Gebühren und klagende Arbeitnehmer. Nichts funktioniert, aber das richtig. Ausgerechnet in unserem sonst so planwirtschaftlich organisierten Nachbarland Frankreich funktioniert das Betreuungssystem besser und zwar deshalb, weil hier der Staat eben nicht alles selber regeln will.

Derweil proklamieren die Spartengewerkschaften und ihre merkbefreiten Sympathisanten bei Spiegelfechter und Nachdenkseiten die grundgesetzlich geschützte Koalitionsfreiheit. Wo waren diese Leute eigentlich, als der Staat der Tarifflucht von Unternehmen durch Allgemeinverbindlichkeitsklauseln von Tarifverträgen begegnete und die ungebundenen Betriebe damit einfach in ein Lohnkorsett zwang, was diese gerade ablehnten? Wo waren diese selbsternannten Grundgesetzschützer, als die Politik mit einem Mindestlohngesetz, weit über dem Sozialhilfeniveau, alle Unternehmen zu einem festen Abnahmepreis für Arbeitsleistungen zwang? Auch hier zeigt sich wieder: Linke haben keine unverrückbaren Prinzipien, ihre Werte dienen allein der Opportunität.

Diesen linken Heroen, die immer noch Che Guevara auf ihrem Shirt tragen, erklären die Ausstände gleich zu einem Aufstand gegen das System, welche das Demokratieprinzip ersetzen soll. Proletarier aller Länder, vereinigt Euch! Tatsächlich verlangen Vorbild-Linke wie Oskar Lafontaine und seine Anbeter bei den Nachdenkseiten seit langem nach dem Recht zum Generalstreik, um einem allgemeinen Protest gegen Löhne, Sozialbedingungen und überhaupt die Weltläufe jenseits von Wahlen Ausdruck verleihen zu können. Wie kleine Kinder – und aus dem Pennäler-Alter sind diese Klassenkämpfer im Denken nie herausgekommen – wollen sie einfach aufstampfen können.

Es ist nicht erkennbar, dass die GDL tatsächlich noch ein tarifpolitisches Ziel verfolgt. In ihrem Wahn hat diese Minigewerkschaft auch völlig vergessen, wozu Streiks ursächlich da sind: um ein letztes Druckmittel zur Verhandlungserzwingung zu haben. Nur: wer seit einem Jahr keine Fortschritte in Verhandlungen erzielt, ist schlicht gescheitert, Protesten helfen da kaum, vom eigenen Versagen abzulenken. Außerdem schädigen die Gewerkschafter weniger die Bahn als Millionen unbeteiligte Dritte und ein solches Verhalten ist vom Staat zu untersagen. Da die Bahnbediensteten gegen den Staat und damit auch gegen den Gesetzgeber streiken, war absehbar, wann dieser zu einer Reaktion gezwungen würde. Die Klagen von Weselksy & Co. gegen das Tarifeinheitsgesetz sind da nur kindisch zu nennen.

Es gibt gute Erzieherinnen, sehr gute sogar. Nur leider werden diese entlohnt wie ihre Versager mit hohen Krankheitstagen auf der anderen Seite. Der Staat setzt aus Solidarität das Leistungsprinzip außer Kraft. Und wenn es Leistungszulagen im Tarifrecht gibt, so werden sie mit dem übergeordneten Senioritätsprinzip umgangen. Wenn es aber möglich wäre, gute, leistungsstarke Erzieherinnen exzellent und schlechte Betreuerinnen mies zu bezahlen, würde sich schnell die Spreu vom Weizen trennen. So jedoch frustriert man allein die Befähigten, die ohne Bonus für die Schlechten mitarbeiten müssen.

Doch am Ende wird der Staat wieder alles regeln: das Tarifeinheitsgesetz wird kommen und alle über einen Kamm scheren, zumindest so lange, bis die angekündigten Klagen in Karlsruhe Erfolg haben werden. Und Verdi wird für die Erzieherinnen ein paar Lohnprozente mehr aushandeln –und ein paar zusätzlich Frustrierte zurücklassen. Wir wollen diese Planwirtschaft, leben wir damit. Und neiden wir nicht jenen ihre Freiheit, die sich dem Solidaritätsgedöns mit ihren Mitteln entziehen.

{ 13 comments… add one }
  • Stefan Sasse 16. Mai 2015, 15:00

    Ich nummeriere meine Kritik zwecks der besseren Übersichtlichkeit mal durch.

    1) Die Idee, dass hier „der Staat“ sich selbst bestreike, ist kompletter Unfug. Natürlich könnten die zuständigen Behörden den Lohn einfach ohne Arbeitskampf erhöhen, aber diese Logik ist dieselbe wie wenn ich bei einem IG-Metall-Streik vor den Daimler-Werkstoren sage, dass das ja alles echt unnötig ist weil das Daimler-Managment (die elenden Planwirtschaftler!) die Löhne ja einfach erhöhen könnte. Der Arbeitgeber von Erziehern und Lokführern möchte ihnen nicht mehr bezahlen, und sie wollen mehr. Ob der Arbeitgeber der Staat ist oder ein Unternehmen ist den Leuten doch völlig egal! Es hat auch für den Lohnfindungsmechanismus keinerlei Aussagekraft. Interessant wäre nur die Frage, inwieweit politische Zwänge (mit Blick auf Wählerschichten etc) hier eine Rolle spielen. Bei der Bahn scheint das wenig ein Thema zu sein, weil die Politik sich hier wenig ins operative Geschäft einmischt. Viel merklicher ist diese Fragestellung bei den Erziehern, wo die Kommunen nicht die Freiheit besitzen um solche Verhandlungen souverän zu führen und daher auf Weisung von weiter oben angewiesen sind.

    2) In Deutschland gibt es rund 53.000 Kitas. Von denen sind ein Drittel in öffentlicher Trägerschaft, von diesem Streik betroffen und in irgendeiner Art und Weise staatlich verwaltet. Go figure. Niemand hindert irgendwen daran, private Kitas aufzumachen, und die gibt es ja auch. Mein Sohn war über ein Jahr lang in einer.

    3) Zumindest in der Kita meines Sohnes werden männliche Erzieher nicht mit weniger Achtung bedacht sondern eher als positives Element wahrgenommen. Warum auch nicht? Nicht jeder trägt die Geschlechterklischees der 1950er in seine DNA eingraviert, und schon gar nicht die Generation heutiger Eltern.

    4) Die Logik, warum der Streik nicht zulässig sein sollte, erschließt sich mir nicht. Man hat ewig verhandelt und kam zu keinem Ergebnis, also ist auch kein Streik erlaubt? Gleichzeitig ist er aber nur letztes Mittel, weswegen er auch in keiner anderen Situation erlaubt ist? Häh? Und warum ist für die Rechtmäßigkeit des Streiks von Belang, ob du seine Ziele verstehst (nur zur Info: der GDL geht es darum, als Tarifpartner für alles Zugpersonal anerkannt zu sein und nicht (nur) um Lohnerhöhung; es handelt es sich also um einen recht klassischen Machtkampf). Ich will gar nicht ins Horn der Streikfans stoßen, nur sollte man – die Bewertung, wie sinnig oder angemessen der Streik ist außen vorgelassen – doch bitte einig darüber sein, dass die GDL und ver.di das Recht haben.

    5) Wenn die Tatsache, dass es bei Erzieherinnen faule Eier gibt, die die von ver.di angestrebten Lohnerhöhungen nicht akzeptieren als Argument gegen den Streik und die Berechtigung der Lohnforderungen herhalten muss…

    • Stefan Pietsch 16. Mai 2015, 17:51

      Wofür die Nummerierung? Deine Kritik, Stefan, richtet sich vor allem gegen Punkte, die ich weder geschrieben noch gemeint habe.

      ad 1) Daimler Benz hat meines Wissens nach keinen Haustarif. Die Funktionäre im Verband der Metall- und Elektroindustrie verhandeln die Löhne für über 700.000 Beschäftigte der Branche und wenn dieser einzelnen Unternehmen nicht gefällt, so können sie aus dem Arbeitgeberverband austreten. Die Arbeitgeber haben ein elementares Interesse, die Lohnentwicklung zu begrenzen und sind damit ein natürlicher Kontrapunkt zur IG Metall, die gegensätzliche Interessen verfolgt. Bei der Bahn sind die Verhältnisse nicht so eindeutig. Der Bund ist alleiniger Eigentümer, aber als solcher nicht vorrangig an Gewinnen interessiert. Im Gegenteil: er hat eine natürliche Neigung, Arbeitnehmer im Gegensatz zu anderen Stakeholdern wie z.B. Lieferanten oder Kunden zu begünstigen. Die Bahnbeschäftigten sind bestens organisierte Wählergruppen, Kunden sind es nicht. Und da Politiker als Anteilseigner nicht nach Gewinnen, sondern Stimmenmaximierung bewertet werden, sind ihre Sympathien eindeutig verteilt. Klar wurde das bei der Umwandlung der Bahn von einer Behörde zu einer Aktiengesellschaft und der langjährigen Debatte über die Privatisierung der Bahn, welche von Ökonomen und EU favorisiert wurde.

      Politiker haben deswegen so lange kein Problem, Löhne zu erhöhen, so lange ein Staatsunternehmen dadurch keine Verluste verursacht. Die Interessen von Beschäftigten werden damit höher bewertet als die von Kunden und Steuerzahlern, welche ggf. entlastet werden könnten.

      ad 2): Es gibt kaum private Kindergärten und das hat seinen Grund. Zu den heutigen Rahmenbedingungen lassen sich diese nicht mit wirtschaftlichem Erfolg betreiben, im schlechteren, nicht unwahrscheinlichen Fall sind es reine Zuschussbetriebe. Die Einnahmestruktur sowohl privater als auch öffentlicher Einrichtungen wird zu drei Vierteln von den Zuschüssen des Staates dominiert, die Steuerung der Einnahmen durch leistungsorientierte Beiträge ist damit absolut vernachlässigenswert.

      ad 3): Mag sein, nur hast du halt keine Ahnung, wie intern über diese Erzieher gesprochen wird. Du kannst sicher sein: nicht anders als z.B. Bauingenieure über ihre weiblichen Kollegen reden.

      ad 4): Ich habe nirgends behauptet, die Streiks seien nicht rechtmäßig. Natürlich sind sie das. Auch Gewerkschaften haben ein grundgesetzlich verbrieftes Recht auf Unvernunft. Und selbstverständlich weiß ich, was der eigentliche Kern des Konflikts ist, nur weiß das nur eine Minderheit der Kunden, die von dem Streik betroffen sind. Um es für Dich das Problem ganz deutlich zu schreiben: wenn die IG Metall, um höhere Löhne in der Branche durchzusetzen, die besonders gut verdienenden Unternehmen wie Porsche ins Visier nimmt, dann wird der Vertragspartner Porsche klar in seinem eigentlichen Ziel Gewinn geschädigt und so zum Entgegenkommen gezwungen. Das ist ein typischer Konflikt. Bei der Bahn sieht das anders aus: dem Anteilseigner Bahn geht es weniger darum, ob nun ein Jahresgewinn anfällt oder nicht. Um Vordergrund stehen für die Politik andere Ziele. Und so treffen die Streiks eben nicht den eigentlichen Verhandlungspartner Bahn, sondern Dritte. Doch genau das gilt es in einer rechtsstaatlichen Gesellschaft wenn nicht zu verhindern, so doch deutlich einzuschränken. Daher hat sich die GDL das Gesetz zur Tarifeinheit selbst zuzuschreiben.

      Und noch etwas: ich empfinde Menschen immer als unglaubwürdig, wenn sie nach Opportunität Werte vertreten. Viele Linke sind einfach Heuchler, wenn sie jetzt die Koalitionsfreiheit des Grundgesetzes hochhalten, die sie an anderer Stelle stets mit Füßen treten.

      ad 5): Ich habe geschrieben, wie man solche Probleme lösen kann: leistungsorientierte Vergütungen. In den Erzieherberufen gibt es nicht mehr gute und motivierte Mitarbeiter als in anderen Berufszweigen. Und das wird von Managern wie Wissenschaftlern wie folgt eingeteilt: 20-30 Prozent sind Leistungsträger, dann kommt die große Masse des Durchschnitts und weitere 20-30 Prozent Nieten. Ein Unternehmen hat ein Interesse, die Nieten rauszudrängen, die Leistungsträger mit guten Bedingungen bei Laune zu halten und die Masse – ja mei. Die Löhne pauschal für alle zu erhöhen begünstigt vor allem jene, bei denen es gar nicht nötig und eher auch nicht verdient wäre.

  • Stefan Sasse 16. Mai 2015, 20:40

    1) „Politiker“ haben doch mit den Löhnen aber nicht viel zu tun! Zwar gehört die Bahn dem Staat, aber es ist ja nicht so dass der Bundestag über ihre Lohnpolitik abstimmt. Mir wäre neu, dass Mehdorn seinerzeit bei den Hinterbänklern seine Strategie hätte absegnen lassen. Und die Löhne wurden nicht gerade über die Maßen erhöht. Mag der Vergleich bei der Bahn noch halbwegs passen, so ist er bei Kindergärten völlig daneben, denn das sind keine Unternehmen und sie müssen per Definition keinen Gewinn erwirtschaften. Solche Fragestellungen haben daher wenig Platz.

    2) Kitas für die Elite halt. Aber ja. Kitas, die sich rein aus Gebühren finanzieren, sind für 90% der Bevölkerung nicht finanzierbar.

    3) Selbst wenn. Lässt sich nur ändern wenn es normal wird. Das einfach hinzunehmen und zu sagen „ist halt so“ ist nicht gerade hilfreich.

    4) Stimmt.

    5) Ich bin sehr skeptisch gegenüber den dabei verwendeten Evaluierungsmaßstäben, zumindest in diesem Sektor (keine Ahnung wie gut man dass bei Managern machen kann).

    • Stefan Pietsch 17. Mai 2015, 08:22

      Das Management eines Unternehmens richtet sich nach den Prinzipien aus, dem die Eigentümer folgen. Das ist bei einem Private-Equity geführten Unternehmen anders als bei einem patriarchalischen Mittelständler oder einem DAX-Konzern. Das Going-Public-Ziel von Hartmut Mehdorn war natürlich eng mit dem Bundeskanzleramt abgestimmt, was denn sonst?

      Das generelle Problem ist nicht, dass Private Gewinn erzielen müssen. Was ist schon Gewinn? In einigen Branchen und unter bestimmten Umständen reichen Umsatzrenditen von 2-3 Prozent, dass ist dann i.d.R. ein Bruchteil der Personalkosten. Das ist eine gewisse Größe, aber keine Entscheidende. Nein, ein Unternehmer würde sich doch nie so abhängig von öffentlichen Zuschüssen machen, die der politischen Bestimmung unterliegen. Das ist weder kalkulierbar noch bestimmbar, in solchen Bereichen haben Unternehmer nichts verloren, das ist etwas für Behördenleiter. Du kannst Dir leicht selber ausrechnen, wie hoch eigentlich die Kita-Beiträge sein müssten, damit die Nutzer selber ihre verursachten Kosten tragen. Bei 200 EUR heutigen Kita-Gebühren wären dies 800 EUR effektiv notwendiger Beitrag. Da verwundert es nicht, dass sich Unternehmer auf den High-End-Bereich spezialisieren, wo sie für hohe Beiträge auch exklusive Leistung anbieten können. Daran ist nichts Verwerfliches, es ist die Konsequenz aus den Bedingungen, welche die Politik schafft.

      Ad 2): Wieso sollte das für 90% der Bevölkerung nicht finanzierbar sein? Bevor Du jetzt irgendeine pauschale Antwort raushaust, denke einen Moment über den Sinn meiner Frage nach.

      Ad 3) Männer in Frauendomänen werden so lange nicht normal, so lange sich die Bedingungen nicht nach den unterschiedlichen Bedürfnissen der Geschlechter ausrichten. Genderstreaming ist eine politische Vision, keine der Natur.

      Ad 5): Auf wen kommt es bei der Kinderbetreuung an? Auf die Ansichten der „Profis“ in den Einrichtungen? Wie beim Management gibt es einen, der zählt und der darüber entscheiden sollte, was eine Erzieherin verdient: die Eltern. Erzieherinnen üben im Auftrag der Eltern den Erziehungsauftrag aus, nicht im Auftrag der Gemeinde. In dem kleinen Gemeindekindergarten z.B., wo meine Frau früher gearbeitet hat, gab es nach einigen wenigen Jahren eine zunehmende Clusterung von Neuanmeldungen statt, der gute Ruf meiner Frau hatte sich in der Gemeinde herumgesprochen. Im Gegensatz zu anderen Gruppen war ihre über voll besetzt. Gleiches lässt sich heute über die neue Einrichtung sagen. Selbstredend, dass meine Frau niemals mehr verdient hat als ihre Kolleginnen, die von Eltern eher gemieden werden.

      Warum sollten sich Elternbeurteilungen und Elternverhalten nicht entscheidend in der Entlohnung widerspiegeln? Ich sag‘ Dir den Grund, Stefan: weil diese öffentlichen Einrichtungen so von dem Gedanken der Gleichheit und Solidarität durchdrungen sind, dass die egoistischsten Mitarbeiterinnen das leichteste Leben haben. Sie werden weder zu Sonderdiensten herangezogen, haben die besten Schichten und aufgrund hoher Fehlzeiten die geringste Arbeitszeit, mithin den höchsten Lohn pro geleistete Stunde. Ich weiß, dass ist jetzt alles furchtbar unangenehm und hier schreibt ein in der Wolle gegerbter Neoliberaler, aber das ist die Realität.

  • Stefan Sasse 17. Mai 2015, 21:23

    1) und 2) Genau mein Punkt. Rentabel sind effektiv nur Kitas für den High-End-Bereich, alle anderen notwendig Zuschussbetriebe. Und leisten kann sich Kitabeiträge von 800 und mehr Euro monatlich halt kein sonderlich großer Teil der Bevölkerung.

    3) „Natur“ ist als Argument völlig überschätzt. Wir haben schon ganz andere scheinbar „natürliche“ Konzepte überwunden. Die Idee von bestimmten, „natürlich“ vorgebenen Interessengebieten wird eine weitere solche sein.

    5) Weil die Idee sich zwar auf den ersten Blick bestechend logisch anhört, in der Praxis aber nicht funktioniert. Evaluationen als Grundlage der Entlohnung sind notorisch ungeeignet.

  • In Dubio 18. Mai 2015, 09:56

    Hast Du eigentlich mal daran gedacht, dass der Staat die Plätze bezuschusst? Und warum hängt der Zuschuss eigentlich an der Einrichtung? Wäre es nicht eine Überlegung wert, nicht Einrichtungen pauschal einen Betrag X zu garantieren, sondern die Betreuung über die Eltern Kinderbetreuung zu subventionieren? Kitas verlangen damit einen Betrag, der für sie angemessen ist. Non-Profit-Organisationen kostendeckend, Private gewinnorientiert, die Eltern entscheiden, ob sie nun ihr Kind in eine staatliche Einrichtung geben, wo der Beitragssatz zwischen 700 – 1.000 EUR liegt oder in eine private Einrichtung mit ähnlichen oder eventuell leicht höheren Beiträgen. Die Eltern erhalten monatlich wie Kindergeld eine pauschale Summe zwischen 600 und 800 EUR überwiesen, soweit sie Nachweis erbringen, ihr Kind in einer Kita angemeldet zu haben.

    Hier zeigt sich der Unterschied zwischen dem (Neo-) Liberalen und dem Staatsgläubigen: der Liberale ist der Überzeugung, der Bürger ist selbst in der Lage, Entscheidungen zu treffen. Der Staatsgläubige würde die Verantwortung niemals in die Hand des Untertanen legen.

    Aufgrund des Betreuungsversprechens des Staates klagen Eltern diesen „Zuschuss“ ein. Daraus ein Prinzip zu machen, dieser Gedanke liegt uns als mehrheitlich staatsgläubigen Bürgern fern.

    Du musst langsam anfangen zu thematisieren, wie die der Demotivation junger Menschen im Staatsdienst entgegentreten willst. Es ist keine akzeptable Lösung, allen viel mehr zu bezahlen, weil einige hervorragende Arbeit, viele aber durchschnittliche oder schlechte Arbeit leisten. Da fehlt von Dir jede Antwort darauf. Und warum sträubst Du Dich, die bestimmen zu lassen, welche die ganze Party schmeißen?

    Bei Gemeindekindergärten ist der Bürgermeister eher dem Personalrat als den Eltern verpflichtet. Er wird niemals Mitarbeiter härter anpacken, weil die Fehlzeiten hoch sind oder Kinder nachlässig behandelt werden. Das führt nur zu Ärger mit dem Personalrat und der ist eine Institution. Unternehmen legen sich mit Betriebsräten an zum Wohle der Kunden. Denn wenn ein Unternehmen keine Kunden hat, gibt es nichts in die Kasse. Bürgermeister und Personalräte jedoch bekommen ihr Geld völlig unabhängig von der öffentlichen Leistung, die geboten wird.

    Wie gesagt, ein paar Antworten auf ein paar unbequeme Antworten ständen ganz gut an. Wir haben Jahrzehnte versucht, Probleme mit immer mehr Geld zuzudecken, was den Staat an die Grenze seiner Leistungsfähigkeit gebracht hat. Fangen wir damit an, was zum Leben dazugehört: Prioritäten zu setzen.

    • Stefan Sasse 18. Mai 2015, 17:15

      Selbstverständlich bezuschusst der Staat. Meine private Kita hatte 440 Euro im Monat gekostet, dafür kriegst du die Erzieher nie bezahlt. Deswegen sag ich ja 700-1000 ist realistisch.
      Der Untertan wählt übrigens schon die Kita selbst eigenständig aus. Sofern er die Wahl hat, und genau da liegt der Pferdefuß bei deinem Vorschlag. Angenommen, jede Familie die den Nachweis einer Kita-Anmeldung erbringt bekommt 800 Euro aufs Kindergeld oben drauf. Für die Kitas besteht jetzt absolut null Anreiz, Qualität zu bieten, sogar noch weniger als vorher. Während vorher immerhin der politische Prozess mobilisiert werden konnte, kriege ich nun die Kohle auf jeden Fall, egal wie scheiße meine Qualität ist. Schließlich haben die Eltern ja keine Wahl. Ein race to the bottom der Kitas erhöht deren Gewinnmargen, aber die Eltern müssen ja immer noch die Kinder abgeben und kriegen den Zuschuss nur, wenn sie den Nachweis der Anmeldung auch erbringen. Natürlich würde eine gute Kita ihre Plätze sofort auffüllen, aber ihre Gewinnmarge wäre wesentlich kleiner. Eine flächendeckend arbeitende Discount-Kita, die gerade noch akzeptabel arbeitet (aber eben nicht gut), kann dagegen expandieren wie verrückt und die breite Masse abgreifen. Die gute Kita dagegen müsste, um die Gewinnmarge zu halten, mehr als den Zuschuss verlangen (den unsere Discountkita ja voll abschöpft), womit wir auf niedrigerem Niveau das gleiche Problem reproduziert haben, das du gerade beseitigen wolltest. Ideologisch geprägte Schnellschüsse, besonders bei so tiefgreifenden Reformen, sind nie eine gute Idee.

      • In Dubio 19. Mai 2015, 12:55

        Der Untertan wählt übrigens schon die Kita selbst eigenständig aus.

        Tut er ja gerade nicht, wie Du selber schreibst. Er hat praktisch nur einen Anbieter, wenn Du die christlichen Organisationen herausnimmst, welche nicht verhandelbare Bedingungen verlangen.

        Für die Kitas besteht jetzt absolut null Anreiz, Qualität zu bieten, sogar noch weniger als vorher.

        Wieso das? Ich gehe mal davon aus, dass Eltern ihr Kind gut betreut wissen wollen. So wie ich mich vorher informiere, welches Smartphone ggf. für mich geeignet ist und in Tests am besten abschneidet. Für Unternehmer wird allein dieses Modell interessant, denn sie werden nicht bezuschusst, sie bieten eine freie Leistung an. Und sie konkurrieren. Ekeliges Wort: Konkurrenz. Es ist das, was unseren Wirtschaftsprozess antreibt und was Linke so gerne ausschalten. Konkurrenz ist das, warum sich jemand bemüht Klassenbester zu sein. Momentan gibt es auf dem Erziehermarkt keine Konkurrenz. Alle verdienen weitgehend das Gleiche. Zwischen den Einrichtungen gibt es keine Konkurrenz, Eltern müssen ihre Kinder dorthin geben, wo noch ein (staatlich geplanter) Platz ist. Diesen konkurrenzlosen Zustand findest Du segensreich. Und deswegen bist Du im Herzen ein Linker. Okay, die Ergebnisse sind nicht berauschend, aber das liegt an der schlechten Planung, die kann man ja verbessern.

        Es ist jedenfalls nicht Sache des Staates, sich über Gewinnmargen Gedanken zu machen. Staatliche, Non-Profit-Einrichtungen und Unternehmen werden absolut gleich behandelt. Wichtig ist allerdings auch: staatliche Einrichtungen dürfen nicht gesondert durch Gemeinden subventioniert werden, Verluste führen zur Auflösung der Einrichtung. Und ja, Discount-Kindergärten müssen zulässig sein. Was meinst Du denn, was viele Dorfkindergärten heute anbieten?

        Deine Überlegungen jedenfalls sind bestenfalls etatistisch. Eine hoch qualifizierte Erzieherin mit geringen Ausfallzeiten ist auch bei der Kinderbetreuung weit effektiver und produktiver als jene, welche Dienst nach Vorschrift gepaart mit 20-30 Krankheitstagen pro Jahr arbeiten. Für diese wirst Du eine zusätzliche Kraft einstellen müssen oder die Qualität der Kita leidet. Es lohnt sich dann für Arbeitgeber, Top-Kräfte gut zu entlohnen und Unterschiede zu machen. Doch hier bin ich wieder am Träumen gegen den linken Einheitsbrei.

  • Stefan Sasse 19. Mai 2015, 19:35

    Ich rede auch nicht von den Anbietern, sondern von deren verschiedenen Möglichkeiten. Kitas sind ja keine Ikeas oder Aldis; man kriegt beim gleichen Träger deutlich unterschiedliche Angebote selbst innerhalb der gleichen Stadt. Das ist alles andere als Einheitsbrei.

    Ich bin tatsächlich nicht gegen Konkurrenz. Ich liebe Konkurrenz; deswegen kann ich aus vielen verschiedenen Produkten wählen. Ich bin nur kein Freund, die Konkurrenz über die Löhne zu machen, weil ich der Überzeugung bin dass dies eine ganze Reihe negativer Effekte hervorruft, die man eigentlich vermeiden will. Deswegen machen Unternehmen ja auch Tarifstrukturen; deswegen gibt es die Gehaltsgruppierungen im öffentlichen Dienst.

    • In Dubio 20. Mai 2015, 07:15

      Ich sehe schon, die glaubst tatsächlich, Menschen seien nicht individuell, sondern würden auf der selben Stelle einigermaßen die gleiche Leistung abliefern, wenn sie nur ähnlich qualifiziert seien. Sorry, Stefan, das ist nicht meine Überzeugung nach vielen Jahren Führungserfahrung. Jeder Mensch ist unterschiedlich und arbeitet in unterschiedlicher Qualität und Menge, selbst bei Fließbandjobs. Von anspruchsvoller Arbeit ganz zu schweigen.

      Auch ansonsten reihst Du Dich in den üblichen linken Standard ein: nicht über Löhne konkurrieren. Ja, warum denn nicht?! Noch fast jeder meiner Mitarbeiter wollte das! Das beliebteste Thema von Angestellten mit dem Arbeitgeber: ich werde angesichts meiner Leistung nicht angemessen entlohnt, ich könnte viel mehr machen, ich habe mehr als andere verdient. Was ist das denn, als die Konkurrenz über Lohn?!

      Der Öffentliche Dienst ist der Bereich, welcher die geringste Lohnspreizung zulässt. Das dies der Qualität und der Motivation der Mitarbeiter zu Gute gekommen wäre, behauptet niemand, der je als Kunde oder Bürger mit dem Staat zu tun hatte. Meine Frau verdient ein deutlich überdurchschnittliches Gehalt, wird jedoch entlohnt wie die meisten ihrer Kolleginnen, die häufig fehlen, sich vor Verantwortung drücken und am schlimmsten: keine Bindung zu Kindern und Eltern finden. Meine Erfahrung mit öffentlich Bediensteten ist: viele, gerade Kindergärtnerinnen oder Lehrer, starten mit viel Idealismus in den Beruf. Doch das System raubt ihnen binnen 1-2 Jahrzehnten jeden Idealismus und Enthusiasmus. Wer im Leben erfährt, dass sich Engagement nicht lohnt, frustriert erst und scheidet dann aus. Es ist mit Sicherheit kein Zufall, dass in diesen Bereichen viele Beschäftigte sehr früh den Beruf verlassen.

      Du unterliegst einem Irrtum: nicht Unternehmen machen Tarifstrukturen. Es ist ein großes Interesse von Gewerkschaften, so Angestellte in Raster zu pressen, damit bekommen sie eine Existenzberechtigung. Du fragst Dich sicher, warum Tarifverträge und -Systeme nur noch in wenigen Branchen und Großunternehmen vorkommen und kommst zu der politisch korrekten Antwort: weil die Arbeitgeber so abhängig Beschäftigte besser ausnehmen können.

      Tatsächlich ist es so, dass Du die guten Mitarbeiter nicht halten kannst, wenn Du sie in Tarifverträge presst. Das wird dann durch Zulagen kompensiert, die eben nicht jeder erhält. Nur: warum dann noch Tarifverträge? Sie sind ein Schutz des Mittelmaßes und der Schlechten, nichts anderes. Und diese Lohnkonkurrenz wollen Linke unterbinden, auch wenn es gegen die Natur ist.

  • Maniac 21. Mai 2015, 07:42

    „Tut er ja gerade nicht, wie Du selber schreibst. Er hat praktisch nur einen Anbieter, wenn Du die christlichen Organisationen herausnimmst, welche nicht verhandelbare Bedingungen verlangen.“

    Äh, hast Du schonmal Kinder zur Krippe anmelden müssen? Ich sehe da durchaus mehr als einen Anbieter. Die Gebührensätze sind gleich, aber es gibt hier (auf die schnelle) mindestens 6 durchaus nach unterschiedlichen Mustern, Prinzipien und mit verschiedenen Serviceleistungen arbeitende Anbieter (und da sind sogar die KiLä, die kirchlichen und die von Sozialorganisationen betriebenen Einrichtungen sowie die Tagesmütter und GTPS eigentlich ungerechtfertigterweise als jeweils 1 Anbieter zusammengefasst – tatsächlich würden da durchaus viel mehr Anbieter konkurrieren, aber: ).

    Das Problem ist doch eher, dass man letztlich froh ist, überhaupt einen Platz zu bekommen. Da ist einem der Anbieter doch zunächst völlig egal. Der Wettbewerb scheitert also eher am zu geringen Angebot, als an der staatlichen Bezuschussung.

    Ich würde mir übrigens wünschen, Du, In Dubio, würdest Deinen sehr herablassenden Ton, andersdenkenden, andere Auffassungen vertretenden und andere Lebensvorstellung habenden Menschen gegenüber, etwas mäßigen. Etwas mehr Respekt anderen Lebenswelten gegenüber würde Deine, teilweise ja durchaus nachvollziehbare und in Teilen auch vertretbare, in jedem Fall aber wichtige Position deutlich stärken.

    Gruß, M.

  • In Dubio 21. Mai 2015, 09:18

    Danke für die Teilnahme und auch die warmen Worte zum Schluss. Im Gegensatz zu anderen geht es mir in Blogs nie ums Persönliche, wovor schon ein Pseudonym schützt. Dass ich Respekt vor anderen Positionen empfinde, können Leute ausmachen, wenn sie erfahren, dass ich durchaus auch oppositionelle Argumente zu einer Position bündele. Mir geht es um das Streiten mit Argumenten als Hobby, nicht das Verbreiten von Weltanschauungen. Deswegen dringe ich auch vehement darauf, dass man sich mit einem gerade genutzten Argument beschäftigt und es nicht ignoriert.

    Meine Frau arbeitet seit über 25 Jahren als Erzieherin in verschiedenen Einrichtungen: vom Waldorfkindergarten über eine staatliche Behinderteneinrichtung, Gemeindekindergarten bis zum Betriebskindergarten der Europäischen Zentralbank. Und wir haben Kinder, die vor vielen Jahren betreut wurden. Äh ja, ich habe etwas Ahnung von dem Markt.

    Sie sagen selbst, als Nachfrager haben Sie kaum Angebot. Das ist heutzutage völlig ungewöhnlich, fast alle Märkte sind heute „Nachfragermärkte“. Nur wo der Staat deftig seine Finger im Spiel hat wie z.B. auch bei der Altenbetreuung, besteht ein grundsätzliches Problem, ein Angebot zu finden. Das ist durchaus nicht naturgegeben, wie andere Länder zeigen. Und genauso wenig naturgegeben ist es, dass Erzieherinnen weitgehend gleich bezahlt werden. In Deutschland ja, international: nein. Wer also etwas verändern will, muss hier ansetzen statt pauschal Lohnerhöhungen für alle zu fordern.

  • Stefan Sasse 21. Mai 2015, 13:06

    Es gibt auch eine gigantische Nachfrage an gut bezahlten Jobs. Nur mal so.

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